Abschlussbericht Bau der Mehrzweckhalle Flüchtlingslager Melkadida Abschlussbericht für deutsche Rotary Clubs und den Rotary Gemeindienst Deutschland e.v. sowie für die federführende deutsche Sektion im Länderausschuss Ostafrikanische Länder / D 9200 Vorgelegt von Jesuitenmission Deutschland Oktober 2012
Wir sagen Danke! Die Jesuitenmission dankt deutschen Rotariern, dem RDG und der Deutschen Sektion im Länderausschuss `Ostafrikanische Länder` für ihre Spende in Höhe von 82.000,- Euro für somalische Flüchtlinge. Mit der Spende konnte der Bau einer Mehrzweckhalle in Melkadida, Äthiopien, realisiert werden. Einen besonderen Dank möchten wir aussprechen im Namen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Flüchtlingsdienstes der Jesuiten (JRS) in Ostafrika und im Namen der Kinder, Frauen und Männer, die die Mehrzweckhalle mit Leben erfüllen werden. 2
Hilfe für somalische Flüchtlinge Hilfe für somalische Flüchtlinge durch den Flüchtlingsdienst der Jesuiten (JRS) Der Flüchtlingsdienst der Jesuiten (JRS) ist seit über 28 Jahren in Äthiopien tätig. Während der vergangen Jahre konnte der JRS viel erreichen in der Arbeit mit Flüchtlingen, Asylsuchenden und entwurzelten Menschen. Er arbeitet dabei eng mit den Regierungsorganen und verschiedenen Nichtregierungsorganisationen zusammen. Durch die jahrelange Präsenz im Land kann der JRS für seine Arbeit auf ein solides Netzwerk zurückgreifen. Bis zu 19 Tagen auf der Flucht Als im Sommer 2011 die Flüchtlingswelle aus Somalia immer stärker wurde, mussten die bestehenden Auffanglager für die ankommenden Flüchtlinge erweitert werden: Bokolmayo (entstand 2009), Melkadida (entstand 2010) und Kobe und Helawen (entstanden 2011). Laut dem UNHCR sind die meisten Menschen 18-19 Tage unterwegs, bevor sie in Äthiopien ankommen. Die meisten von ihnen kommen aus ländlichen Regionen. eine Übergangsheimat zu ermöglichen. Die Basis für das Leben nach dem Flüchtlingslager wird hier gelegt. Irgendwie muss es weitergehen Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit des JRS in den Flüchtlingslagern stellt die psychosioziale Betreuung dar. Die Trennung von der Familie, der Verlust der Heimat und vor allem der Verlust von Familienmitgliedern, Unsichterheit über die Zukunft, Isolierung und erfahrene Gewalt und Ungerechtigkeit sind die häufigsten Gründe, aus denen Menschen Hilfe suchen. Und die Betreuung zeigt Erfolge: Der allgemeine Zustand der Menschen in den Lagern hat sich verbessert, das Selbstwertgefühl steigt zusehends. Kinder und Jugendliche verarbeiten ihre Traumata in gemeinsamen sportlichen Aktivitäten und Theaterkursen. 10.460 somalische Flüchtlinge hat die Hilfe des JRS in Äthiopien bisher direkt erreicht. 776.143 Euro Spenden konnten von der Jesuitenmission an den JRS Ostafrika weitergeleitet werden. 80-90% sind unter 18 80-90% der ankommenden Flüchtlinge sind jünger als 18 Jahre alt. Viele haben nie eine Schule besucht oder diese nicht abgeschlossen. Für die Menschen und besonders für die Kinder bedeutet die Flucht Trauma und Entwurzelung. Ein Flüchtling lebt durchschnittlich 5-10 Jahre im Flüchtlingslager. Der JRS konzentriert sich bei seiner Tätigkeit für die Flüchtlinge deshalb auf Nachhaltigkeit und Zukunftsorientierung. Schulunterricht, berufliche Bildungsangebote, psychosoziale Betreuung und Freizeitaktivitäten sind darauf ausgerichtet, den Menschen eine gewisse Normalität und ZAHLEN IM ÜBERBLICK 82.000 Euro stammen aus Spenden deutscher Rotarier über die Deutsche Sektion des Länderausschusses `Ostafrikanische Länder. Bild oben: 532 Männer und Frauen haben bisher an Alphabetisierungskursen für Erwachsene erfolgreich teilgenommen. Bild unten: Gemeinschaft, Vertrauen und Fairness werden über den Sport vermittelt. 3
Ein Einzelschicksal, das berührt Erzählt von Firkite Tarekegn, Mitarbeiter des Psychosozialen Programms Sofia (der Name ist geändert) stammt aus Somalia und lebt im Flüchtlingslager Melkadida im Distrikt Dollo Ado im äußersten Süden Äthiopiens. Wie viele andere Flüchtlinge in diesem Lager steht sie vor einem Berg von Herausforderungen. Neben dem normalen Alltagsleben mit der Sorge um Essen, Kleidung und Unterkunft für ihre sechs Kinder muss sie die eigenen Traumata ihrer Kriegserlebnisse in Mogadischu, Somalia, noch verarbeiten. Ihr Gatte und zwei ihrer gemeinsamen Kinder hat sie in diesem Krieg verloren. Obwohl sie selbst überlebt hat, wurde ihr Leben zerstört und sie durchlebt fast täglich neu die Erinnerung an die Bomben. Mit Angst unterwegs Hungersnot, Furcht vor Gewalt und Krieg, der Verlust ihres Mannes und ihrer Kinder, all das waren Gründe für Sofia, nach Äthiopien zu fliehen. Auch wenn die Entscheidung, Mogadischu zu verlassen, feststand, war es nicht einfach, sie umzusetzen. Es war nicht nur eine teure, sondern auch eine extrem riskante Angelegenheit. Auf der Reise war die Angst vor Schlägerbanden und Rebellengruppen ständiger Begleiter. Endlich angekommen Nach der etwa dreiwöchigen Reise kamen Sofia und ihre Kinder endlich in Äthiopien an, zunächst in Yubo, einem Durchgangslager des UNHCR. Ihre Reise war geprägt von Hunger und Durst. So war die erste Priorität Essen für die Kinder. Später wurden sie in das Flüchtlingslager Melkadida überstellt, wo sie zur Zeit mit 40.000 weiteren somalischen Flüchtlingen leben. Äußerer Frieden - innerlich noch traumatisiert Obwohl Sofia jetzt an einem viel friedlicheren Ort lebt, hat sie noch viel Probleme als Flüchtling, als Witwe und auch damit, mit sich selbst und ihren Gefühlen von Frustration und Schuld zurechtzukommen, weil sie nicht in der Lage war, ihre Familie in Somalia zu schützen. Manchmal fühlt sie sich den Erwartungen ihrer Kinder gegenüber machtlos. Nachts reißen sie oft Albträume aus dem Schlaf. Besonders für Mütter mit Kleinkindern ist die Reise gefährlich und beschwerlich. Neue Hoffnung durch Begleitung Der Zeitpunkt für sie, wieder Hoffnung zu schöpfen, kam, als sie zur Begleitung durch den JRS vermittelt wurde. Zuerst wollte oder schaffte sie es nicht, ihre Probleme mit jemandem zu teilen. Doch mit der Zeit konnte sie mit Hilfe der anderen Witwen in der Gruppe die Idee mehr und mehr akzeptieren, die Hilfe anzunehmen. Jetzt empfiehlt sie die Begleitung jedem, der psychisch und emotional aufgewühlt ist. Durch die Begleitung hat sie heute eine klarere Perspektive für ihr Leben und sie bedauert nur, nicht früher damit begonnen zu haben. Sie hat gelernt, ihre Situation besser zu akzeptieren und sich ihrer inneren Stärke bewusst zu werden. Nun nimmt sie am Alphabetisierungprogramm des JRS für Erwachsene teil, um sich fortzubilden. Sie betrachtet Bildung als Mittel zum Fortschritt und als Lösungskonzept gegen Unwissen, Armut und Krankheit, vor allem unter den Flüchtlingen. Sie wurde auch zur Vertreterin der Frauen in ihrer Abteilung gewählt eine wirkliche Leistung für eine Person, die so viel durchgemacht hat. Sofia ist dem JRS dankbar, dass er ihr geholfen hat, wieder Hoffnung zu schöpfen. Für sie hatte das Leben den Sinn verloren. Mit Unterstützung der Witwen in den Hilfs- und Begleitungsgruppen des JRS und gewinnt Schritt für Schritt ihre Stärke und ihr Selbstbewusstsein zurück. 4
Die Mehrzweckhalle in Melkadida wurde möglich durch Ihre Spende! Ein Ort der Gemeinschaft Die meisten Flüchtlinge weltweit leben über mehrere Jahre, manchmal sogar mehrere Jahrzehnte in Flüchtlingslagern. Sie brauchen mehr als ein Dach über den Kopf und Lebensmittel. Wenn so viele Menschen zusammenleben, braucht es Orte für Gemeinschaft, Orte der Begegnung. Mehrzweckhalle für Melkadida Im Flüchtlingslager Melkadida leben 41.000 Menschen, Kinder und Erwachsene. Der JRS ist seit November 2011 in Melkadida tätig. Um auf die Bedürfnisse der Menschen vor Ort reagieren zu können, wurde im Lager ein Bereich geplant, auf dem mittlerweile die Mehrzweckhalle, Büros, Toiletten, ein Lagerraum und ein Verwaltungstrakt entstanden sind. Als Mittelpunkt für Versammlung, Beratung, Beschäftigung und Freizeitaktivitäten ist die Mehrzweckhalle eine zentrale und wichtige Einrichtung in Melkadida. Das Zentrum ist das einzige dieser Art auf einem Gebiet von mehrern tausend Quadratkilometern. Es ist so gebaut, dass es mit der Kultur und der Umgebung harmoniert. Im Verwaltungstrakt sind die Büroräume für die JRS-Programme untergebracht. Das psychosoziale Programm, das angeboten wird, fördert zum einen einen aktiven, gesunden Lebensstil, gibt aber auch Hilfestellung für traumatisierte Einzelpersonen. Es ermöglicht außerdem den Teilnehmenden, ihre Fähigkeiten einzubringen und ihr Potential weiterzuentwickeln, um sich in der Gemeinschaft zu engagieren. Sport, Gesundheit, Kultur Egal ob es Veranstaltungen auf dem sozialen oder kulturellen Gebiet, aus den Bereichen Freizeit, Gesundheitsversorgung oder Bildung sind, alles läuft hier zusammen. Zurzeit ist das Gelände ein Ort für Freizeitaktivitäten wie Basketball, Volleyball oder Spiele, den Hunderte von Kindern und Erwachsenen nutzen. Der JRS stellt die Mehrzweckhalle außerdem als Versammlungsort zur Verfügung, so dass Versammlungen von Clanführern, von älteren Menschen, Frauengruppen oder Jugendlichen stattfinden können. Die Mehrzweckhalle ist für die Menschen in Melkadida ein Ort, an dem soziale Kommunikation gefördert wird, in einer Gesellschaft, die seit Jahrzehnten gewaltsam entwurzelt und gespalten wurde. Viele Flüchtlinge tragen schwer unter der Last des Erlebten. Psychosoziale Prgramme helfen ihnen, das Leben wieder zu bejahen und in der neuen Umgebung zurechtzukommen. DIE MEHRZWECKHALLE AUF EINEM BLICK Die Mehrzweckhalle befindet sich auf einem größeren Grundstück, neben einem Verwaltungstrakt, Sanitäreinrichtungen und Toiletten. Die Kosten für den gesamten Komplex betrugen umgerechnet 209.443,87 Euro. Die Kosten für die Mehrzweckhalle betrugen 77.845,71 Euro (Wechselkurs September 2012). Die Differenz zur Spendensumme in Höhe von 82.000 Euro entsteht durch Ausgaben für Elektroinstallationen, die Urbanisierung des Landes und durch Schwankungen des Wechselkurses und Inflation. 5
Die Hilfe geht weiter Auch wenn die Weltöffentlichkeit ihren Blick anderen Weltregionen zuwendet, für die meisten Flüchtlinge wird das Lager in Melkadida auch die kommenden Jahre noch Zuhause sein. Die Programme und Angebote des JRS in Ostafrika richten sich darauf ein. Noch dieses Jahr wird der Grundstein zu einer weiteren Schule gelegt. Die ersten Bauarbeiten beginnen noch 2012, fortgesetzt und abgeschlossen wird der Schulbau 2013. Wir, die Jesuitenmission, bedanken uns für das Vertrauen, das die Mitglieder der Rotary Clubs uns entgegenbringen in der gemeinsamen Arbeit und freuen uns, wenn wir auch den Schulbau in Melkadida gemeinsam realisieren können. Ihre Ansprechpartnerin bei der Jesuitenmission: Kathrin Prinzing (0911) 2346-155 prinzing@jesuitenmission.de Königstr. 64-90402 Nürnberg 6