3 Die Herrenknecht AG in Schwanau

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1 10 3 Die Herrenknecht AG in Schwanau Mit 574 Mio. DM Jahresumsatz und rund 1200 bis 1300 Mitarbeitern weltweit zählt die Firma Herrenknecht zu den marktführenden Unternehmen in der maschinellen Tunnelvortriebstechnik. Das Unternehmen wurde vor 25 Jahren als GmbH gegründet und wechselte die Firmenstruktur zu einer AG in den Jahren 1997 und Dieser Wechsel sollte eine sinnvolle Nachfolgeregelung der gegenwärtigen Unternehmensführung durch einen Vorstand gewährleisten und das Unternehmen mit zusätzlichem Eigenkapital versorgen. Nächster Schritt in diesem Umwandlungsprozeß soll der Gang an die Börse sein. Das Unternehmen gliedert sich in die Produktionsbereiche Großmaschinen und Micromaschinen. Großmaschinen setzt man im Tunnelvortrieb ein, neue Tunnelsegmente werden hinter der Ortsbrust eingebaut, während beim Microtunnelling die neuen Segmente hinten angesetzt und mit dem Rohrstrang nach vorne gepresst werden. 3.1 Die Großmaschinen Herrenknecht stellt im Wesentlichen Großmaschinen mit Flüssigkeitsstützung, Erddruckstützung und Hartgesteinsmaschinen her. Patentiert ist das Mixed Shield, die Stützung der Ortsbrust erfolgt über einen Bentonit-Filterkuchen und Luftdruck. Das Doppelkammersystem ermöglicht eine Regulierung der Druckluftverhältnisse durch eine Druckluftblase hinter einer Tauchwand. Setzungen sind so gut kontrollierbar, was besonders im innerstädtischen Bereich von großer Bedeutung ist, weiterhin können plötzliche Druckschwankungen zum Beispiel durch von der Ortsbrust einbrechende Felsbrocken besser aufgefangen werden. Es können Drücke von bis zu 7 bar und mehr in der Druckkammer aufgebaut werden. Der Transport des Ausbruchmaterials erfolgt über die Bentonitsuspension. Ein Steinbrecher in der Druckkammer zerkleinert, wenn notwendig, das Material auf eine pumpbare Größe. Für das Mixed- Shield-Prinzip ist über Tage eine Separationsanlage zur Aufbereitung der verschmutzten Bentonitsuspension erforderlich.

2 3 - Exkursionsbericht: Herrenknecht AG 11 Abbildung 3.1: Aufbau einer Tunnelbohrmaschine Für bindige Böden eignet sich ein EPB-Schild (Earth Pressure Balanced Shield). Die Stützung der Ortsbrust erfolgt über den zu Brei aufgerührten Boden. Der Stützdruck wird über das Verhältnis abgebauten zu abgeförderten Boden und der Vortriebsgeschwindigkeit geregelt. Der Abtransport des Materials erfolgt über eine Förderschnecke.

3 3 - Exkursionsbericht: Herrenknecht AG 12 Abbildung 3.2: Förderschnecke Für EPB-Schilde können nur Drücke von 2 bis 3 bar aufgebaut werden, weil der Druckunterschied entlang der Förderschnecke abgebaut werden muss. Es ist nicht möglich, einen Steinbrecher im vorderen Bereich einzubauen, daher stellen sich erhöhte Anforderungen an die Eigenschaften des Bodens. Für Sonderfälle kann ein Erddruckschild auch in rolligen Böden eingesetzt werden. Durch Zugabe von Tensiden und Polymeren kann der Boden kurzfristig so konditioniert werden, dass er mit der Schnecke förderbar wird. Die Erddruckschildmaschine kann so auch auf Baustellen eingesetzt werden, wo das Errichten einer Separationsanlage an der Oberfläche nicht möglich ist. Eine Weiterentwicklung stellen Doppelschilde dar. Im Schutz des ersten Schildes kann bereits vorgetrieben werden, während sich der letzte Tübbingring noch im Bauzustand befindet. Während sich die beiden genannten Maschinentypen an dem zuletzt eingebauten Tübbingring abstützen, übertragen Hartgesteinsmaschinen die Kräfte über sogenannte Gripper direkt in den Fels. Herrenknecht setzt dabei im Gegensatz zur Konkurrenz auf die einfach verspannte Maschine. Durch die statisch bestimmte Lagerung werden die Biegemomente längs der Maschinenachse klein gehalten. Es entsteht ein größerer Arbeitsraum für Sicherungsmaßnahmen (z.b. Ankersetzgeräte) hinter dem Bohrkopf, da durch die statisch bestimmte Lagerung die Gripper weiter hinten angeordnet werden können. Abhängig von der Geologie (verwitterter oder intakter Fels) werden Hartgesteinsmaschinen mit und ohne Schild verwendet. Eine besondere Herausforderung stellt die Logistik dar. Der Transport der häufig 2000 t schweren Maschinen über zum Teil enge und kurvenreiche Straßen zum Einsatzort sowie die Montage unter beengten Verhältnissen. Für den Gotthard-Basistunnel mussten die Einzelteile über Autobahn und Landstraße per Schwertransport und über den Vierwaldstätter See per Schiff transportiert werden. Die Tunnelbohrmaschinen werden in einer eigens für diesen Zweck erstellten Montagekaverne zusammengesetzt. Wegen der beengten Verhältnisse war die just-in-time-lieferung das Kernproblem.

4 3 - Exkursionsbericht: Herrenknecht AG Die Micromaschinen Auch im Bereich des Rohrvortriebs bietet Herrenknecht Komplettlösungen an. Mit Pipe Jacking lassen sich Tunnel zwischen 250 mm und 4 m Durchmesser unter Straßen, Flüssen oder Naturschutzgebieten hindurch auffahren. Auch in diesem Bereich werden verschiedene Verfahren je nach Geologie angeboten. Abbildung 3.3: Aufbau einer Kleinmaschine 3.3 Forschung und Entwicklung Ein Forschungsschwerpunkt liegt in der Berechnung der Bohrköpfe mit FE-Simulationen. Verformungen und Spannungen können so dargestellt sowie die Anordnung der Diskenmeißel optimiert werden. Der Hersteller einer Tunnelbohrmaschine muss dem Auftraggeber Verschleißkennwerte garantieren. In der Ermittlung solcher Verschleißkennwerte durch Versuche und Berechnungen liegt ein weiterer Schwerpunkt, da Kennwerte, die nicht mit der

5 3 - Exkursionsbericht: Herrenknecht AG 14 Realität übereinstimmen, einen sprunghaften Anstieg der Kosten nach sich ziehen können. Abbildung 3.4: Vortrag bei Herrenknecht von Dr. Rehm Jedes Tunnelvortriebsvorhaben erfordert umfangreiche Studien, die von der ersten Planungsphase bis zur Ausführung von der Firma Herrenknecht begleitet werden. 3.4 Die Werksführung Nach dem Mittagessen in der Herrenknecht-Werkskantine wurde von Herrn Dr. Rehm ein Vortrag über die Firmengeschichte, die Produktpalette und aktuelle Projekte gehalten. Insbesondere ging er auf den Gotthard-Basistunnel ein, der ja weiteres Exkursionsziel war.

6 3 - Exkursionsbericht: Herrenknecht AG 15 Es folgte eine Besichtigung der Werkshallen, in denen Tunnelvortriebsmaschinen und Rohrvortriebsmaschinen in verschiedenen Produktionsstadien zu sehen waren. Besonders beeindruckend waren die Ausmaße der Durchmesser.