Andacht zum Buss- und Bettag am Predigttext Offenbarung 3,14-22 Pfarrer Stephan Sigloch Musik: Iris Allex. Im Namen Gottes des Vaters

Transkript

1 Andacht zum Buss- und Bettag am Predigttext Offenbarung 3,14-22 Pfarrer Stephan Sigloch Musik: Iris Allex Musikalisches Vorspiel Frau Allex Votum Im Namen Gottes des Vaters Zum Anfang Unser Abendgebet steige auf zu dir, Herr, und es senke sich auf uns herab dein Erbarmen. Dein ist der Tag und dein ist die Nacht. Lass, wenn des Tages Schein vergeht, das Licht deiner Wahrheit uns leuchten. Geleite uns zur Ruhe der Nacht und vollende dein Werk an uns in Ewigkeit. Amen. In die Stille finden Umkehren zu Gott. Ich lade Sie ein, sich einen Moment der Stille zu gönnen, sich Gott bewusst auf Gott auszurichten, der uns das Leben schenkt indem wir auf unseren Atem achten: Bewusst tief einatmen und die Gabe des Lebens spüren und wahrnehmen. Weit ausatmen und uns damit Gott anvertrauen, der uns auch den nächsten Atemzug schenken wird Zu ihm, der uns liebevoll ansieht, wenden wir uns in der Stille. Lied EG 171,1-4 Bewahre uns, Gott

2 Psalmgebet Psalm 73 (EG 733) gesungen Ehr sei dem Vater heute Buß- und Bettag. Zwischen Volkstrauertag und Ewigkeits-Sonntag, in der letzten Woche im Kirchenjahr: Am kommenden Sonntag konfrontiert uns das Gedenken an die Menschen, von denen Abschied genommen haben, mit unserer eigenen Endlichkeit. Zugleich erinnern wir die Menschen, die uns begleitet haben und von denen wir im Lauf der Jahre Abschied nehmen mussten. Und damit kommt unsere Lebensgeschichte in unseren Blick die geraden und die holprigen Strecken, was gelungen und was ungelebt geblieben ist, Möglichkeiten, die wir genutzt haben und solche, die durch eine frühere Entscheidung verwehrt waren. Die Erinnerung an die vielen Entscheidungen und Weichenstellungen meines Lebens eröffnet mir einen Zugang zu der nie abschließend beantworteten Frage: Wohin Buße heißt: Umkehr, Umkehren zu Gott wohin soll, wohin kann ich mich wenden mit all dem, was mich bewegt? Lied EG 589,1-4 Meine engen Grenzen Einleitung Buss- und Bettag brauchen wir das? Brauche ich das? Bin ich so selbstsicher und meines Weges so gewiss, dass ich sagen kann: Einen Buss- und Bettag brauche ich nicht?

3 Oder bin ich so selbstbewusst, bin ich mir der Grenzen meines Selbst so bewusst, dass ich selbstkritisch sehe: Gottes Mahnung zur Buße kann und will ich nicht einfach abtun!? 1 Es ist ja merkwürdig: Grade in einer Zeit, in der vieles dem Willen zur dauernden Selbstoptimierung untergeordnet wird, bin ich in der Gefahr, dass ich solche Optimierung vor allem selbst machen will und gegenüber Aufforderungen zu einer geistlichen Selbstkritik eher schwerfällig geworden bin. Der Buss- und Bettag ist ein Zwischenruf! Ein Zwischenruf Gottes der mich infrage stellt und mahnt, wie ich meine Kinder immer wieder einmal in Frage gestellt und gemahnt habe und zwar gerade deswegen, weil ich sie liebhabe und sie mir nicht egal sind. Natürlich haben sie sich beschwert über meine pädagogischen Versuche. Aber ich konnte ihnen immer guten Gewissens sagen: Das sage und mache ich, weil Du mir wichtig bist. Auch wenn ich manchmal in der Wortwahl etwas heftiger geworden bin. Gottes Zwischenruf, der heute Predigttext ist, ist in der Wortwahl auch ziemlich heftig. Um es direkt zu sagen, wird einer Gemeinde darin ordentlich Gottes Meinung gegeigt und gesagt, was er zum Kotzen (V16) findet Text Offenbarung 3,14-22 (Übertragung: Hoffnung für alle ) 14»An den Engel der Gemeinde in Laodizea schreibe: Dies sagt dir der eine, [der Amen heißt =] die Erfüllung aller Zusagen Gottes ist, sein treuer und wahrhaftiger Zeuge. Er ist der Ursprung von allem, was Gott geschaffen hat.

4 15 Ich kenne dich genau und weiß alles, was du tust. Du bist weder kalt noch heiß. Ach, wärst du doch das eine oder das andere! 16 Aber du bist lau, und deshalb werde ich dich ausspucken. 17 Du bildest dir ein: Ich bin reich und habe alles, was ich brauche. Mir fehlt es an nichts! Da machst du dir selbst etwas vor! Du merkst gar nicht, wie jämmerlich du in Wirklichkeit dran bist: arm, blind und nackt. 18 Darum solltest du dich endlich um den wahren Reichtum bemühen, um das reine Gold, das im Feuer geläutert wurde. Nur dieses Gold macht dich reich, und nur von mir kannst du es bekommen. Lass dir auch die weißen Kleider von mir geben, damit du nicht länger nackt dastehst und dich schämen musst. Kauf dir Augensalbe, die deine blinden Augen heilt. 19 Bei allen, die ich liebe, decke ich die Schuld auf und erziehe sie mit Strenge. Nimm dir das zu Herzen und kehr um zu Gott! 20 Merkst du es denn nicht? Noch stehe ich vor deiner Tür und klopfe an. Wer jetzt auf meine Stimme hört und mir die Tür öffnet, zu dem werde ich hineingehen und Gemeinschaft mit ihm haben. 21 Wer durchhält und den Sieg erringt, wird mit mir auf meinem Thron sitzen, so wie auch ich mich als Sieger auf den Thron meines Vaters gesetzt habe. 22 Wer Ohren hat, soll hören, was Gottes Geist den Gemeinden sagt.«gedanken I Das ist deutlich! So deutlich und direkt, dass ich es nicht einfach

5 abtun kann. Dieser Zwischenruf Gottes bringt meine Selbstsicherheit durchaus ins Wackeln denn so selbstbewusst bin ich: Ich bin mir dessen bewusst, dass ich manches Mal lau bin, weil ich mich eingerichtet habe in der selbstsicheren Haltung, dass ich alles habe, was ich brauche (V17) Ich stelle mir vor, wie ich jetzt, wo es draußen doch noch kalt wird nach einem langen Spaziergang durchfroren an einer Gaststätte vorbeikomme. Eine heiße Suppe wird mir jetzt gut tun. Die gönne ich mir. Ich setze mich und bestelle. Fröstle. Und freue mich darauf, mich gleich von innen richtig aufwärmen zu können und dann kommt eine lauwarme Suppe da will ich den ersten Löffel gleich wieder ausspucken und das gibt dann auch einen Zwischenruf an die Zuständigen! Will ich das selber sein? Weder kalt noch heiß? Lau? Nicht Fisch, nicht Fleisch? Nichts Halbes und nichts Ganzes? Nicht Ja, ja oder Nein, nein 2? Sondern immer sowohl, als auch oder Naja ein Stück weit und wischi-waschi und niemand weiß, woran er mit mir ist? Nein, lau will ich nicht sein! Gerade nicht an der Basis meines Lebens, im Glauben! Der Zwischenruf Gottes ist mir so beides: Mahnung und Erinnerung erinnert mich an den Menschen, der ich als Bild Gottes 3 sein kann und der ich als Nachfolger Jesu Christi sein will. Lau sein ist hin- und hergerissen sein, sich nicht entscheiden können oder wollen und darin gefangen bleiben, gefangen sein, mich darauf festlegen lassen. Auf diesem Weg will ich

6 nicht bleiben. Zur Freiheit hat [mich] Christus befreit 4, ich will mich nicht wieder in die Unfreiheit einer Knechtschaft des Unentschiedenen begeben. Darum bitte ich: 1. Meine engen Grenzen, / meine kurze Sicht, bringe ich vor dich. / Wandle sie in Weite: / Herr, erbarme dich. 2. Meine ganze Ohnmacht, / was mich beugt und lähmt, bringe ich vor dich. / Wandle sie in Stärke: / Herr, erbarme dich. 3. Mein verlornes Zutraun, / meine Ängstlichkeit bringe ich vor dich. / Wandle sie in Wärme: / Herr, erbarme dich. 4. Meine tiefe Sehnsucht / nach Geborgenheit bringe ich vor dich. / Wandle sie in Heimat: / Herr, erbarme dich. 5 Musik Frau Allex Gedanken II Es fällt mir nicht leicht, diesen Zwischenruf zu hören und ernstzunehmen. Weil er so gar nicht lau, sondern im Gegenteil ganz direkt ist: Du bildest dir ein: Ich bin reich und habe alles, was ich brauche. Mir fehlt es an nichts! Da machst du dir selbst etwas vor! Du merkst gar nicht, wie jämmerlich du in Wirklichkeit dran bist: arm, blind und nackt (V17). So alt diese Worte sind sie treffen mich doch. Das liegt wohl daran, dass die Menschen in dieser Stadt, in Laodizea, nicht so viel anders leben, als wir es tun: Sie leben ziemlich selbst-gewiss in ihrer Stadt, die bekannt ist für ihre Banken, ihren Wollhandel und ihre Ärzteschule sie ist

7 im 1. Jahrhundert so etwas wie heute Frankfurt oder Zürich: Eine Stadt der Banken und Handelshäuser, reich und bedeutend. Die Goldschmiede schmelzen ein ausgesprochen reines Gold, Färber bringen ihre berühmte schwarze Wolle auf den Markt, und die Medizin, speziell die Augenheilkunde, experimentiert auf hohem Niveau: Eine Augensalbe aus pulverisiertem Gestein wird erwähnt. 61 Jahre vor Christi Geburt wird Laodizäa durch ein Erdbeben schwer geschädigt. Das Hilfsangebot aus Rom zum Wiederaufbau lehnt der Rat der Stadt jedoch ab mit der Begründung: Wir haben genug eigene Reserven, um unsere Stadt innerhalb kürzester Zeit wieder zur Blüte zu führen: Die Stadt ist reich und hat genug und braucht nichts (vgl. 3,7). Das Selbstbewusstsein der Stadt Laodizea hat sich auf die christliche Gemeinde übertragen. Bei einer christlichen Gemeinde in einer großartigen Stadt wird es sich doch wohl auch um eine großartige Gemeinde handeln. Wir sind reich und haben genug und brauchen nichts 6. Gottes Zwischenruf kritisiert einen Glauben, der keine Früchte trägt, eine zur Schau getragene christliche Existenz, die eher ein schmückendes Beiwerk für Bürgerstolz ist, als wärmender und stärkender Antrieb für Herz, Mund und Hände. Es ist die Kritik an einer Gemeinde, die sich eher mit der Leistung und dem Wohlstand der eigenen Metropole identifiziert, als mit deren Schattenseiten und Abgründen und mit der Vorläufigkeit, der Ratlosigkeit, den Problemen in den christlichen Reihen. Du glaubst du bist reich, weil bei dir der Handel floriert? Du bist nicht reich, arm bist du! Du glaubst, du hast den totalen

8 Durchblick, weil deine berühmten Augenheilkundigen allerlei Pillen und Salben herstellen? Du hast keinen Durchblick, blind bist du! Du glaubst, du trägst die beste Kleidung, ganz nach der neuesten Mode? Du bist nicht elegant gekleidet, bloß und nackt bist du! Die Vorwürfe dringen bis ins Mark: Du weißt (noch) nicht (einmal), dass du (vor meinen Augen) elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß 7. Gottes Zwischenruf öffnet den Blick hinter die Fassade. Nicht, um mich zu quälen, sondern weil er mich lieb hat und mich liebevoll ansieht. Lied EG 11,6-8 [ Das schreib dir in dein Herze ] Gedanken III / seid unverzagt, ihr habet / die Hilfe vor der Tür; / der eure Herzen labet / und tröstet, steht allhier. / [ ] / Er kommt, er kommt den Sündern / zu Trost und wahrem Heil, / schafft, dass bei Gottes Kindern / verbleib ihr Erb und Teil (EG 11,6+8). Denen, die halbherzig geworden sind, sagt der Verlässliche, dessen Name Amen ist (V14): Bei mir findest du die Fülle. Bei mir findest du, was du brauchst: Gold, das im Feuer geläutert ist. Reiches Leben, das dich und andere trägt. Niemand wird aussortiert, jeder wird mitgetragen und alles gewinnt im Laufe der Zeit an Bedeutung. Wer arm ist, bleibt nicht arm, und wer reich ist, lernt seinen Reichtum neu zu schätzen 8.

9 Dieses Versprechen schmeckt nicht lau es ist heiß und stark und wärmt Seele, Geist und Leib. Es erinnert mich an den, der kommt, weil ihn nichts kalt lässt. Und es erinnert mich an den Menschen, der ich als Bild Gottes 9 sein kann und macht mir selbst bewusst wer ich als Nachfolger Jesu Christi sein soll: Ein selbstbewusster Christenmensch, der seine Sicherheit dem Kommen und der Gegenwart Christi verdankt, die mir in meiner Taufe verlässlich zugesagt sind und der sich darauf verlässt, dass Aus Gottes guten Händen / kommt Zeit und Ewigkeit. / Da breitet sich der Himmel aus, / was eng ist, wird nun weit 10. Amen. Lied EG 646,1+5 Aus Gottes guten Händen Zum Abschluss Noch einmal schaue ich dem vergehenden Tag nach und sammle, was gut war, in meine Erinnerung. Fragen bleiben zurück. Ich weiche ihnen nicht aus. Ich gebe das Ungelöste aus der Hand. Ich schließe Frieden mit diesem Tag, wo er hinter meinen Erwartungen zurückblieb, Frieden mit meinen Grenzen. Dich suche ich, Du große Kraft, die mich durch meine Tage und Nächte trägt. Lass mich meine Irrwege erkennen, damit ich den wahren Weg finde.

10 Gib mir das Vertrauen, dass du mich Führst auf allen meinen Wegen. Lass mich aufgehoben sein in dir, wenn der Schlaf mich mit sich nimmt einem neuen Morgen entgegen. Vaterunser (Elmar Gruber) (A.S.Naegeli) Lied EG 673,1-4 Der Abend kommt Segen Musikalisches Nachspiel Frau Allex 1 Die Unterscheidung von selbstbewusst und selbstsicher habe ich ausführlicher in meiner Predigt vom über Lukas 22,31-34 erklärt. Siehe ggfs. unter 2 Vgl. Jesus in der Bergpredigt: Matthäus 5,37: Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Bösen Mose 1,27 4 Galater 5,1: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen! 5 Lied EG Predigt (leider ist der Autor/die Autorin nicht genannt) über Offenbarung 3,14-22 vom ; in: 7 Ebd. 8 Ebd Mose 1,27 10 EG 646,1.