Nach dem Tod das Leben Predigt zu Joh 5,24-29 (Ewigkeitssonntag 2015)
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- Leander Hofmeister
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1 Nach dem Tod das Leben Predigt zu Joh 5,24-29 (Ewigkeitssonntag 2015) Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen. Liebe Gemeinde, erst kommt das Leben, und am Ende der Tod. In dieser Reihenfolge denken wir, so erscheint es uns logisch. Am Ende des Lebens steht der Tod. Wenn jemand Berühmtes verstorben ist wie vor zehn Tagen Helmut Schmidt, und wir lesen einen Nachruf in der Zeitung, dann ist auch da die Reihenfolge klar: Erst kommt das Leben, noch einmal in schönen Bildern und mit schönen Worten präsentiert, und am Ende das Todesdatum und die Todesursache. Erst kommt das Leben, und am Ende der Tod. So denken wir, so leben wir jedenfalls so lange, bis der Tod selbst an uns herantritt und wir ihm begegnen. Wenn wir nicht mehr bloß über den Tod nachdenken, sondern selbst mit dem Tod konfrontiert sind. Sie, liebe Angehörige, haben das im vergangenen Jahr erlebt. Sie haben einen Menschen verloren, der Ihnen nahestand, mit dem Sie das Leben geteilt haben, und dann ist dieser Mensch verstorben. Manche von Ihnen haben ih- 1
2 re Angehörigen begleitet, noch in den letzten Stunden, und dabei buchstäblich dem Tod ins Auge geblickt. Und dann, als er da war, der Tod, als der letzte Atemzug getan war oder der Anruf kam und die Todesnachricht übermittelt wurde, da war es, als würde die Welt für einen Moment still stehen. Auf einmal war alles andere nebensächlich, der Alltag ganz weit weg, die Uhrzeit völlig egal; auf einmal war der Tod in ihr Leben getreten. Sie sind dem Tod begegnet, und wer dem Tod begegnet, der kann eine erstaunliche Entdeckung machen: Der Tod hat gar nicht das letzte Wort. Das Leben geht weiter. Anders als zuvor, ja, das ist wahr, aber das Leben geht weiter. Irgendwann kommt der Alltag wieder, die Freunde und Verwandten, die sich melden, erinnern einen daran: Es gibt ein Leben, auch nach dem Tod. Und, vielleicht das Wichtigste: Auch die Beziehung zu unsern Verstorbenen geht weiter. Sie sind nicht einfach verschwunden aus unserm Leben. Wir haben sie ja weiter lieb, und dass wir um sie trauern, zeigt ja genau das: Die Beziehung hört nicht einfach auf. Und so beginnt ein Weg, vom Tod zurück ins Leben. Kein einfacher Weg, ein Weg voller Trauer, ein Weg, der 2
3 anstrengend ist, weil man sich erst einmal zurechtfinden muss. Und doch: Es ist der Weg, der durch die Trauer hindurch zurück ins Leben führt. Und dann ist es plötzlich nicht mehr die alte Reihenfolge: Erst kommt das Leben, und am Ende der Tod; nein, der Weg geht weiter, er führt vom Tod zurück ins Leben. Und mitten auf diesem Weg hören wir heute Morgen einen Bibeltext, der das noch einmal dick unterstreicht und gleichzeitig ausweitet. Der Tod hat nicht das letzte Wort, das gilt uns allen, die wir heute Morgen versammelt sind. Es gilt ihnen, liebe Angehörige und ihren Verstorbenen. Und es gilt auch denen, die keinen Angehörigen im letzten Jahr verloren haben. Ich lese Johannes 5, die Verse 24 bis 29. Dort sagt Jesus: 24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. 25 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es kommt die Stunde und sie ist schon jetzt da, dass die Toten hören werden die Stimme des Sohnes Gottes, und die sie hören werden, die werden leben. 26 Denn wie Gott, der Vater, das Leben hat in sich selber, so hat er auch dem Sohn gegeben, das Leben zu haben in sich selber. 3
4 27 und er hat ihm Vollmacht gegeben, das Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist. 28 Wundert euch darüber nicht. Denn es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören werden 29 und werden hervorgehen, die Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Böses getan haben, zur Auferstehung des Gerichts. Liebe Gemeinde, vom Tod zum Leben hindurch gedrungen. So sagt es Jesus. Das ist die Reihenfolge, die er uns gibt, nicht zuerst das Leben und dann der Tod, sondern umgekehrt: Nach dem Tod das Leben. Was für eine Aussicht! Woran macht Jesus diese Aussicht fest? Das erste ist: Wer mein Wort hört Auch in diesem Jahr haben wir bei jeder Beerdigung genau das getan: Auf Gottes Wort gehört. Wir haben auf die Klageworte und Trostworte der Psalmen gehört, auf Hoffnungsworte aus dem Alten und Neuen Testament: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein. Oder Psalm 23: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Oder die Zusage Jesu: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater, denn durch mich. 4
5 Oder aus dem Römerbrief des Apostels Paulus: Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum, ob wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn. Ich lese nun noch einmal die Namen unserer Verstorbenen vor. Wir werden dazu für jeden eine Kerze anzünden. Ich bitte Sie, aufzustehen. (Verlesen der Namen mit Alter und Sterbedatum) Bei jeder Trauerfeier haben wir auf Gottes Wort gehört, und am Ende haben wir das Vaterunser gebetet, das Gebet, das Jesus seinen Jüngern beigebracht hat und gesagt hat: So sollt ihr beten. Es schließt mit den Worten: Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Darin und in all den Trostworten der Bibel kommt immer wieder das eine zum Ausdruck: Gott sorgt für uns, und seine Versorgung und seine Macht endet nicht an der Grenze des Todes, sondern sie reicht über den Tod hinaus. Sie hält eine Zukunft für uns bereit, die größer und schöner ist als alles, was wir uns jetzt vorstellen können. Wir haben diese Worte gehört und zum Hören kommt nun das zweite, Jesus sagt: und glaubt dem, der mich gesandt hat. 5
6 Der Glaube ist die Antwort auf das Gehörte, die Zustimmung zu dem Versprechen, das Gott uns gibt. Gott gibt uns die Gelegenheit zu antworten. Er würdigt uns, indem er auf unsere Antwortet wartet. Geduldig wartet. Er kennt uns gut genug. Er weiß, dass unser Glaube manchmal schwach ist, angefochten auch in der Trauer manchmal angefochten, oder schon vorher, wenn wir Menschen beim Sterben begleiten und fragen: Warum jetzt, warum gerade auf diese Weise? Vieles lässt sich nicht erklären. Manchmal bleiben wir nur stumm zurück. Und der Glaube muss sich neu sammeln, neu hinhören auf das Wort. Aber dieses Wort hat die Kraft uns wieder aufzurichten. Gottes Wort hat die Kraft, unser Herz wieder festzumachen, uns wieder Halt und Orientierung zu geben. Gott selbst ist am Wirken durch seinen Geist, wenn unser Glaube wieder neu gestärkt wird und wir unser Vertrauen auf ihn setzen. Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen. Nach dem Tod ist nicht alles aus. Es folgt das Leben, ewiges Leben. Ewiges Leben ist Leben aus Gottes Gegen- 6
7 wart und in Gottes Gegenwart. Das Besondere ist, dass dieses ewige Leben bereits hier im alten Leben seinen Anfang hat. Schon hier wird etwas deutlich vom Neuen, schon hier ist es erfahrbar, denn schon hier will Gott sich erfahrbar machen. Dort, wo uns sein Wort im Herzen trifft, und stärkt und tröstet, leitet und zurecht bringt dort wird etwas sichtbar und spürbar vom ewigem Leben. Jesus sagt: Der hat das ewige Leben, nicht: Für den wird es dann einmal anfangen. Nein, der hat es. Haben wir das schon begriffen? Ist das in unserem Leben Wirklichkeit? Vielleicht so, dass wir es noch gar nicht bemerkt haben, nur als eine Ahnung, dass da noch mehr ist als das, was ich mit meinen Händen greifen und mit meinen Augen sehen kann. Vielleicht so, dass ich getauft bin und zur Kirche gehöre, aber bisher dachte, dass das vor allem so eine alte, traditionelle Sache ist, die halt irgendwie dazugehört in meiner Familie, in unserem Dorf. Nein, es geht um mehr, es geht darum, den lebendigen Gott kennen zu lernen. In meinem Leben mit seinen Höhen und Tiefen, mit seinen geraden und krummen Wegen, auch mit seinen schwierigen Abschnitten. 7
8 Sie, liebe Angehörige, haben im vergangenen Jahr Abschied nehmen müssen und erlebt, dass wir uns manche Wege nicht aussuchen können. Der Weg vom Tod zurück ins Leben fällt schwer, manche Menschen, die man trifft, sind verunsichert und wissen nicht, wie sie reagieren sollen. Trotzdem möchte ich Ihnen Mut machen, in Ihrer Trauer nicht für sich zu bleiben, sondern den Austausch mit anderen zu suchen. Es tut gut, wenn wir unsere Erfahrungen teilen. Und es tut auch gut, wenn wir uns von Zeit zu Zeit auf andere Gedanken bringen lassen. Sie sind jetzt nicht mehr für ihre Verstorbenen verantwortlich. Sie haben getan, was Sie tun konnten, haben sie begleitet auf ihrem letzten Weg. Jetzt ist ein Anderer für sie verantwortlich, der für sie sorgt und auf sie aufpasst. Der Gott, der sie ins Leben gerufen hat, der hat auch jetzt wieder seine Stimme erklingen lassen und nicht nur wir, auch unsere Verstorbenen haben die Stimme des Sohnes Gottes gehört, und wer diese Stimme hört, sagt Jesus, der wird leben. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen. 8
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