BICYCLE RESEARCH REPORT NR. 154

Transkript

1 BICYCLE RESEARCH REPORT NR. 154 Oktober 2003 Rathaus von Paris / Europäischer Radverkehrverband ECF: Velo City Konferenz 2003 in Paris Metropolen (Paris, London, Berlin) setzen aufs Fahrrad um städtische Lebensqualität und Gesundheit zu verbessern Wichtigstes Ergebnis Zum Inhalt Bürgermeister und Vertreter aus Paris, London, Berlin, Amsterdam und Kopenhagen bekannten sich auf der 14. Velo-City Konferenz in Paris zur Förderung des Fahrradverkehrs. Um ihre Städte vom Autoverkehr zu entlasten und wegen des zunehmenden Bewegungsmangels der Bevölkerung steht die Substitution von Auto- durch Radverkehr jetzt auch in den ganz großen Städten auf der politischen Agenda. Schwerpunkt der 14. Velo-City-Konferenz im September 2003 in Paris mit 780 Teilnehmern aus 45 Ländern war die Zukunft des Fahrrads in den Megapolen. Insgesamt gab es rund 150 Beiträge zu Fahrradnutzung weltweit, zur Integration des Radverkehrs in weiterreichende Politikansätze, zu Strategien und Allianzen und zum Thema wirksame Umsetzung. Wegen der zu hohen Verkehrsbelastungen ziehen aus den großen Städten immer mehr wohlhabende Steuerzahler nach außerhalb. Um die Städte vom Autoverkehr zu entlasten, und insbesondere aus Lärm- und Klimaschutzgründen und im Kampf gegen den zunehmenden Bewegungsmangel, verfolgen jetzt auch Metropolen wie Paris, London und Berlin die Substitution von Auto- durch Radverkehr. Aus Schanghai dagegen wurde berichtet, dass die Stadt die Dominanz des Radverkehrs durch Abbau der Fahrradinfrastruktur in den nächsten Jahren beenden will, und ganz auf Auto und öffentliche Verkehrsmittel setzt. In seiner Eröffnungsrede betonte Bertrand Delanoë, der Pariser Bürgermeister, auf der Velo-City-Konferenz weitreichende Veränderungen der Pariser Verkehrspolitik. Dennis Baupain, der stellvertretenden Bürgermeister, erläuterte, dass die großen Magistralen durch Umverteilung der bislang für den Autoverkehr verfügbaren Fläche zivilisiert werden sollen. Dazu gehöre die in einigen Straßenzügen bereits sichtbare bauliche Abtrennung von 4,50 m breiten Fahrstreifen für Radfahrer und Busse. Eine weitere wichtige Straße, die rue Magenta, wurde in einem Modellversuch am autofreien Tag provi-

2 sorisch umgestaltet. Die 8000 Demonstranten, die vom Eiffelturm über die Champs Elysees zum Rathaus geradelt seien, hätten gezeigt, dass es große Teile der Bevölkerung unterstützten, wenn der Autoverkehr eingedämmt werde. Wichtigste Aufgabe sei es, zu einem entspannteren Verkehrsklima zu kommen, damit sich auch Radfahrer weniger unter Druck fühlen. Ein konkretes Beispiel der Pariser Radverkehrsförderung seien die Leihräder und der kontinuierliche Ausbau von Vermietstationen durch den städtischen Verkehrsbetrieb RATP. In London, so Vizebürgermeisterin Jenny Jones, sei Radverkehr ein absolut lebensnotwendiger Bestandteil, um den in den nächsten Jahren erwarteten Zuzug von weiteren Menschen zu bewältigen. Mit Enthusiasmus setze London auf den Ausbau der Fahrradinfrastruktur, finanziert durch Einnahmen aus der Innenstadtmaut (Congestion Charge). Durch eine zunehmende Zahl von Bobbies on Bike verspricht sich London eine bürgernahe und effizientere Polizei. Auch Berlin, wo der Rad Verkehrsanteil mittlerweile 10% des Gesamtverkehrs umfasst, und beispielsweise rund 20 Millionen (7%) aller S-Bahn- Fahrgäste jährlich ihr Fahrrad mitnehmen, setzt die Stadtentwicklungsplanung nicht zuletzt aus finanziellen Gründen verstärkt auf den Radverkehr, so Friedemann Kunst, Leiter des Referats Verkehrsentwicklung der Senatsverwaltung. Mit vergleichsweise geringem Investitionsaufwand ist ein guter verkehrlicher Erfolg zu erreichen, der allen Bevölkerungsgruppen zugute kommt. Im FahrRat, einer Art runder Tisch, beteiligen sich auf Einladung der Senatsverwaltung die Interessenverbände des Fahrradverkehrs, verkehrsökologischen Gruppen, die Fahrradwirtschaft, Vertreter wissenschaftlicher Einrichtungen und von Behörden, um den Informationsaustausch zu verbessern und den Senat bei der Ausformulierung einer Radverkehrsstrategie zu unterstützen. In Kopenhagen, so berichtete Bürgermeister Jens Kramer-Mikkelsen, habe die langjährige Förderung durch die Stadt dazu geführt, dass in der Innenstadt der Fahrradverkehr dominiere. Die Stadt stelle Leihfahrräder bereit, verbreitere die Radwege, schaffe weitere Fahrradstellplätze, und fördere die Fahrradmitnahme von S-Bahnen und U-Bahnen Aus Amsterdam berichtete Auke Biljsma, der stellvertretende Vorsitzende der Stadtversammlung, von den guten Erfahrungen mit sleeping policemen (Bodenwellen in der Fahrbahn), um den Autoverkehr in den Nebenstraßen zu beruhigen, und von einem umfassenden Programm gegen das niederländische Hauptproblem - den Fahrraddiebstahl: So sei es mittlerweile streng verboten, Fahrräder von Straßenhändlern zu kaufen. Alle Neuräder werden landesweit registriert, die Polizeiüberwachung sei deutlich verbessert worden, und - weil Bicycle Research Report Nr. 154, Oktober

3 Fahrräder oft von Studenten gestohlen worden seien, erhalten die Studentenvertretungen der Hochschulen nun regelmäßig preiswerte aufgearbeitete Fundräder zum Verkauf. Publikationen Bestellung Konferenzdokumentation (CD) in Vorbereitung. European Cyclists Federation ECF, c/o ADFC Grünenstrasse 120 D Bremen Tel.: Fax: Kontakt Isabelle. Bicycle Research Report Nr. 154, Oktober

4 Bicycle Research Report Nr. 154, Oktober

5 Bicycle Research Report Nr. 154, Oktober