Handreichung zur Formulierung von Lernergebnissen (Learning Outcomes)
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- Babette Althaus
- vor 8 Jahren
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1 Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) Zentrum für Qualitätssicherung und -entwicklung (ZQ) Handreichung zur Formulierung von Lernergebnissen (Learning Outcomes) Mai 2013 I. Hintergrund Im Zuge der Umstellung auf europaweit vergleichbare Bachelor- und Masterabschlüsse wurden in den vergangenen Jahren auf europäischer und nationaler Ebene unterschiedliche Referenzrahmen entwickelt. Sie beinhalten eine für alle europäischen Bildungssysteme gültige Beschreibung von Qualifikationen bzw. Qualifikationsniveaus. Ziel dieser Referenzrahmen ist es, die Entwicklung neuer Studiengänge zu erleichtern und die Anerkennung von Bildungsabschlüssen verschiedenartiger Bildungsstufen und Länder zu verbessern. Für den deutschen Hochschulraum besitzen derzeit vor allem der Europäische Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen (ECR) 1 und der Deutsche Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen (DQR) 2 besondere Relevanz. Ein Kernelement in diesen Qualifikationsrahmen bilden Lernergebnisse. Lernergebnisse spielen insbesondere bei der Ausarbeitung von Modulhandbüchern eine wichtige Rolle. II. Was sind Lernergebnisse? Ganz allgemein gesprochen treffen Lernergebnisse Aussagen darüber, was Studierende wissen, verstehen und in der Lage sind zu tun, nachdem sie einen Lernprozess (zumeist ein Modul) abgeschlossen haben. Im EQR werden drei Kategorien von Lernergebnissen vorgeschlagen: 1. Bei Lernergebnissen kann es sich um die zu erwartenden Kenntnisse bzw. das zu erwartende Wissen der Studierenden nach Abschluss eines Lernprozesses handeln. Unter Kenntnissen und Wissen wird dabei die Gesamtheit an Fakten und Grundsätzen aus Theorie und Praxis verstanden. 2. Weiterhin sind mit Lernergebnissen die zu erwartenden Fertigkeiten der Studierenden gemeint. Unter Fertigkeiten werden sowohl kognitive Fertigkeiten (z.b. logisches, intuitives und kreatives Denken) als auch praktische Fertigkeiten (z.b. Verwendung von Methoden, Materialien, Werkzeugen und Instrumenten) subsumiert
2 Das Zusammenspiel von Wissen/Kenntnissen und Fertigkeiten wird häufig als Fähigkeit umschrieben. 3. Schließlich bilden Kompetenzen eine weitere Kategorie von Lernergebnissen. Verallgemeinernd ist mit Kompetenz das Zusammenspiel aus Kenntnissen, Fertigkeiten und bestimmten Bereitschaften gemeint, um die eigenen Fähigkeiten situationsadäquat einzusetzen. Unter Bereitschaften werden z.b. Haltungen, Einstellungen und Werte verstanden. Bei der Konzeption von Modulhandbüchern des deutschsprachigen Raums hat es sich allerdings durchgesetzt, auch dann von Kompetenzen zu sprechen, wenn es sich streng genommen nur um Kenntnisse oder Fertigkeiten handelt. Die Kompetenzen werden dabei häufig in fachliche und überfachliche Kompetenzen unterschieden: Fachliche Kompetenzen betreffen den Wissenserwerb, wie er traditionell an Hochschulen verstanden wird. Zur Fachkompetenz zählen theoretische und methodische Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Bewältigung fachspezifischer Aufgaben erforderlich sind. Zu den überfachlichen Kompetenzen zählen die Methoden, Sozial- und Personal- bzw. Selbstkompetenz. Die drei Dimensionen könne dabei können folgendermaßen gefasst werden: In Abgrenzung zur Fachkompetenz beinhaltet Methodenkompetenz vom Fach unabhängig einsetzbare Kenntnisse und Fertigkeiten, die es ermöglichen, Aufgaben und Probleme selbstständig zu bearbeiten und deren Ergebnisse zu beurteilen. Soziale Kompetenz umfasst Kenntnisse und Fertigkeiten in Bezug auf Kommunikations-, Kooperations- sowie Konfliktsituationen in verschiedenen Lebenssituationen sowie die Bereitschaft, sich auf diese Situationen einzulassen. Unter Selbst- bzw. Personalkompetenz werden Kenntnisse, Fertigkeiten sowie die Bereitschaft verstanden, eigenständig und verantwortlich zu handeln, das eigene Handeln und das Handeln anderer zu reflektieren und sich weiterzuentwickeln. Lernergebnisse bzw. Kompetenzen treffen folglich Aussagen über die zu erwarteten Kenntnisse, Fertigkeiten und Bereitschaften der Studierenden nach erfolgreicher Beendigung eines Moduls. 2
3 III. Was ist bei der Ausarbeitung von Lernergebnissen/Kompetenzen zu beachten? Es wird empfohlen, pro Modul eine angemessene Anzahl von Lernergebnissen aufzulisten und diese knapp und präzise zu formulieren. Die Liste der Lernergebnisse kann durch einen Satz eingeleitet werden, wie beispielsweise: Durch die erfolgreiche Beendigung dieses Moduls können oder Die Lehrenden sind in der Lage. Lernergebnisse sind mit aktiven Verben zu beschreiben. Verben mit eher unspezifischer Aussage sind zu vermeiden (bspw. wissen oder können ). Lernergebnisse sind daher anhand von Verben zu formulieren, deren angemessene Ausübungen beobachtbar und überprüfbar sind. Bspw. - Die Studierenden sind in der Lage, die Unterscheidung zwischen Programmen und Unterprogrammen zu verstehen => Dies kann nicht direkt in einen Prüfungsauftrag umgewandelt werden ( Verstehen Sie den Unterschied von Programmen und Unterprogrammen? ) Stattdessen lässt sich folgende Tätigkeit konkret überprüfen: Unterteilen Sie Programme in Unterprogramme! Die Lernergebnisse sollten den gewählten Lehr- und Prüfungsformen entsprechen. 3 Die für die Studierenden verfügbare Zeit sowie die aufzubringenden Ressourcen sollten bei der Formulierung berücksichtigt werden im Sinne einer realistischen Einschätzung der Lernzielerreichung. 3 siehe dazu: Martina Kopf, Jana Leipold, Tobias Seidl: Kompetenzen in Lehrveranstaltungen und Prüfungen. Handreichung für Lehrende. In: Mainzer Beiträge zur Hochschulentwicklung 16, Mainz Download unter sowie den Leitfaden Kompetenzorientierung in der Curriculumsentwicklung von Claudia Huschto, Anabela Mendes Passos [in Bearbeitung]. 3
4 IV. Lernergebnisse/Kompetenzen: Anforderungsniveaus, Schlüsselwörter Denkstufe Beispiele 1) Wissen Bekanntes Wissen wiedergeben können. 2) Verständnis Fachbegriffe mit eigenen Worten erklären können. 3) Anwendung Bekanntes auf Unbekanntes übertragen können. 4) Analyse Eine Theorie/Formel etc. in einzelne Teile zerlegen können, um die Einzelteile zu analysieren. 5) Synthese Die zuvor zerlegten Teile zu etwas Neuem zusammenfügen können. 6) Beurteilung Eine eigene Arbeit verteidigen können. Abbildung 1: Ebenen der kognitiven Lernzieltaxonomie (nach Bloom 4 ) Denkstufe Schlüsselwörter Fragen und Aufgaben 1) Wissen 2) Verständnis 3) Anwendung 4) Analyse 5) Synthese 6) Beurteilung wiedergeben, beschriften, markieren, aufzählen, zuordnen, nennen, beschreiben vergleichen, erklären, umschreiben, gegenüberstellen, Zusammenhänge aufzeigen, gliedern, charakterisieren auswählen, konstruieren, entwickeln, planen, lösen, identifizieren, berechnen, kombinieren, verknüpfen, implementieren ableiten, analysieren, auswerten, belegen, in Bezug setzen, debattieren, folgern, herleiten, korrigieren, testen, vereinfachen bilden, herstellen, konstruieren, testen, Lösungen vorschlagen, eine Theorie aufstellen, improvisieren, widerlegen kritisieren, bewerten, verteidigen, beweisen, empfehlen, einschätzen, argumentieren, beraten, betreuen, moderieren, sich behaupten Was ist?, Wie passierte?, Nennen Sie alle! Stellen Sie gegenüber!, Geben Sie mit eigenen Worten wieder!, Wie würden Sie zusammenfassen? Was wäre das Ergebnis, wenn?, Welche Beispiele können Sie finden, um? Wie verhält sich zu?, Welche Schlussfolgerungen können Sie ziehen? Schlagen Sie eine Alternative vor!, Konstruieren Sie ein Modell!, Wie könnte man Ihren Plan modifizieren? Was würden Sie empfehlen?, Schätzen Sie die Bedeutung von ein!, Wie lautet Ihre Meinung zu? Abbildung 2: Anwendung der kognitiven Lernzieltaxonomie 5 4 Vgl. Bloom, B. S. (1972). Taxonomie von Lehrzielen im kognitiven Bereich. Handbuch I. Weinheim. 5 Siehe dazu: Müller, Andreas: Task Design. Effektstarke Lernaufgaben in einer kompetenzorientierten Lernkultur: Learning factory, S. 35, 4
5 Best-Practice-Beispiele auf den jeweiligen Anforderungsniveaus nach Bloom: Die Studierenden sind in der Lage, 1. Wissen: elementare Funktionen einer komplexen Variablen zu definieren. 2. Verstehen: Programme in Unterprogramme zu unterteilen. 3. Anwendung: den Vektor- und Matrizenkalkül anzuwenden. 4. Analyse: physikalische Aufgabenstellungen so analysieren und bearbeiten, dass der richtig erkannte Kontext, der notwendige Formelapparat und die mathematischen Umformungen in ein korrektes Ergebnis münden. 5. Synthese: technische Zeichnungen selbständig erstellen und interpretieren zu können. 6. Beurteilung: sicher und fundiert über das Thema gesundheitsschädigende Wirkungen elektromagnetischer Felder & Wellen (Elektrosmog) zu diskutieren. Diese Orientierung an den Lernergebnissen bzw. an den zu vermittelnden Kompetenzen erfordert, dass die Handlungsanforderungen, denen Studierende ausgesetzt sind, im Vordergrund stehen. Es reicht allerdings nicht aus, kompetenzorientierte Qualifikationsziele zu formulieren. Es bedarf vielmehr der Ausrichtung der Formen der Lehr-/Lerngestaltung und des Prüfens auf diese Qualifikationsziele. Die hierfür tragenden Elemente Lernziele, Lehr-/Lernform und Leistungsüberprüfung sollten kohärent zu einander, d.h. aufeinander abgestimmt, sein. Die Lehrform und die Lernaktivitäten müssen also die Lernziele abbilden und fördern und es muss eine Prüfungsform ausgewählt werden, die die Lernergebnisse überprüfen kann 6. 6 Zur Vertiefung und Weiterführung siehe: Claudia Huschto und Anabela Mendes Passos: Kompetenzorientierte Curriculumsentwicklung [in Bearbeitung]. 5
6 V. Beispiele Beispiele aus einem Bachelorstudiengang 7 Modul 10: Strafrecht III Kennnummer: work load Kreditpunkte Studiensemester Dauer 360 h 12 LP 4./5. Semester 2 Semester 1. Lehrveranstaltungen Kontaktzeit Selbststudium Kreditpunkte a) Vorlesung Strafrecht V 2 SWS/21 h 69 h 3 LP b) Vorlesung Strafprozessrecht 4 SWS/42 h 138 h 6 LP c) Übung Strafrecht für Fortgeschrittene 2 SWS/21 h 69 h 3 LP 2. Lehrformen Vorlesung und Übung 3. Gruppengröße Vorlesung: 100, Übung: Qualifikationsziele/Kompetenzen Studierende sollen nach Absolvierung der Lehrveranstaltungen in der Lage sein, 5. Inhalte die wichtigsten Delikte des Strafgesetzbuches zu identifizieren und voneinander abzugrenzen, den Ablauf und die Besonderheiten des in der Strafprozessordnung geregelten Strafverfahrens wiederzugeben, zu den materiell-rechtlichen Fragen, die in vorherigen Modulen behandelt wurden, nun auch den prozessualen Teil zu analysieren, anhand von zusammenhängenden Fallkonstellationen, die die wesentlichen Teilbereiche des Strafrechts betreffen, die juristischen Methoden der Fallbearbeitung vertieft anzuwenden, Problembewusstsein für zusammenhängende Sachverhalte im Strafrecht zu entwickeln. Durch das Modul Strafrecht III wird der Überblick über die wichtigsten Delikte des Strafgesetzbuches vervollständigt. Dabei baut das Modul auf dem vorhergehenden Modul des Strafrechts auf, welches schon viele wichtige Delikte behandelt hat. Des Weiteren vermittelt es einen Überblick über den prozessualen Teil des Strafrechts. Das gesamte erlernte Recht des Strafgesetzbuches sowie der Strafprozessordnung wird sodann in einer modulübergreifenden Übung anhand von praktischen Fällen angewendet. 1. Urkundendelikte 2. Aussagedelikte 3. Nichtanzeige geplanter Straftaten 4. Unterlassene Hilfeleistung 5. Widerstand gegen die Staatsgewalt 6. Brandstiftung 7. Korruptionsdelikte 8. Grundzüge des Strafprozessrechts: a) Instanzenzug b) Prozessvoraussetzungen c) Rechte und Pflichten der Verfahrensbeteiligten d) Ermittlungsverfahren, Zwischenverfahren, Hauptverfahren e) Rechtsmittel f) Strafbefehlsverfahren g) Strafprozessuale Grundsätze 9. Wiederholung und Vertiefung der Fallbearbeitung im Strafrecht und der Gutachtentechnik 7 Aus dem Modulhandbuch des Mainzer Bachelorstudiengangs Deutsches und Französisches Recht. 6
7 6. Verwendbarkeit des Moduls Bachelor Deutsches und französisches Recht 7. Teilnahmevoraussetzungen Bestehen der Module 3, 4 und 7 8. Prüfungsformen Klausur (180 min) und Hausarbeit 9. Voraussetzungen für die Vergabe von Kreditpunkten Bestehen der zwei Modulteilprüfungen im Rahmen der Übung: 1 Klausur (180 Minuten) und 1 Hausarbeit Die Gesamtnote der Modulprüfung wird als arithmetisches Mittel der beiden Einzelnoten gebildet. 10. Stellenwert der Note in der Endnote 5,13% 11. Häufigkeit des Angebots Strafrecht V und Strafprozessrecht: alle zwei Semester Übung Strafrecht für Fortgeschrittene: jedes Semester 12. Modulbeauftragter und hauptamtlich Lehrende Dozent/in der Übung für Fortgeschrittene im Strafrecht im jeweiligen Semester (s. JOGU-StINe) 13. Sonstige Informationen Literaturhinweise zur Vorbereitung auf die Veranstaltung können dem elektronischen Vorlesungsverzeichnis JOGU-StINe entnommen werden. Silvia Keiser, M.A. und Andrea Krieger, M.A. Abteilung Studium und Lehre und Zentrum für Qualitätssicherung und entwicklung (ZQ) Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) 7
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