Die europäische und chinesische Textilwirtschaft im Wandel
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- Rolf Becker
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1 Vinh-Tai Tran Die europäische und chinesische Textilwirtschaft im Wandel Vietnam als potentielle Alternative für chinesische und internationale Investoren Diplomica Verlag
2 Vinh-Tai Tran Die europäische und chinesische Textilwirtschaft im Wandel: Vietnam als potentielle Alternative für chinesische und internationale Investoren ISBN: Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2010 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diplomica Verlag GmbH Hamburg 2010
3 1 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung Die Textilwirtschaft als Basis der Industrialisierung Theorien zu Entwicklungsstufen der Textilwirtschaft Produktionsverlagerung Der Welthandel - Textil Die asiatische Textilwirtschaft China Quotenregelungen bzw. Handelsbeschränkungen, Barrieren chinesischer Textilien Verordnung Nr.1217/2007 der Europäischen Kommission Version 18.Oktober Qualifikationskriterien Chinas für den Export Vietnam Die Vietnamesische Textilwirtschaft Vietnams internationale Beziehungen Vietnam seit dem Beitritt zur WTO Die Vietnamesische Wirtschafsstruktur Auslandsinvestitionen Vietnam als Produktionsstandort China als Investitionsstandort Formen der Unternehmensgründung in Vietnam Steuerliche Aspekte in Vietnam Formen der Unternehmensgründung in China Steuerliche Aspekte in China Vietnam als Investitionsstandort? China und Vietnam im Vergleich Wirtschaftliche Entwicklung - Ein Vergleich Guangdong Vietnam Bilaterale Beziehung China-Vietnam Bewertung und Analysen China-Vietnam Ausblick Finanzkrise
4 2 18. Fazit Literaturverzeichnis Online Quellen Abbildungsverzeichnis Anhang Beantragungsformular... 94
5 3 1. Einleitung Lasst China schlafen, wenn China erwacht, wird die Welt erzittern, prognostizierte schon Napoléon Bonaparte ( ) vor rund 250 Jahren. Aus diesem Schlaf wurde China schließlich durch den von Deng Xiaoping 1978 eingeleiteten Prozess von Reform und Öffnung geholt. Der Beginn der Industrialisierung nahm mit der Erfindung der Dampfmaschine in Großbritannien seinen Anfang. Dort und allmählich in anderen europäischen Ländern entwickelten sich die ersten Textil- und Bekleidungsindustrien. Bereits in den 1970er- Jahren und den folgenden Jahrzehnten erkannten viele Ökonomen, dass sich der weltweite Schwerpunkt der Textilproduktion in den asiatischen Raum verlagern wird (Glasmeier 1992: 21f). Mit dem Beginn der Reform und Öffnung Chinas 1978, stand auch die Weltwirtschaft neuen Herausforderungen gegenüber. Besonders die Textil- und Bekleidungsindustrie befand sich seit den 1980er-Jahren in einem Wandel: Dem Anwachsen des Modebewusstseins als Ausdruck des wachsenden Wohlstandes und der neu gewonnenen Lebensqualität. Auch die Vielfalt der Modeaccessoires ist so groß wie nie zuvor und kurbelt die Mode-, Textil- und Bekleidungsindustrie weltweit an. Die wachsende Nachfrage förderte sogleich auch den internationalen Wettbewerb und schuf für China die Basis um zu einem der weltweit größten Anbieter von Textilien zu werden (Eberle 2007: 255, 293; Fangzhiwang ). Das Manko an Knowhow und der niedrige Standard der technischen Anlagen waren Gründe für die seit langem anhaltende niedrige Arbeitseffizienz und unrationelle, kleine Produktionskapazitäten. Durch niedrige Produktionskosten wurde dieses Manko lange bzw. noch immer kompensiert, sodass ein stetiges Wachstum möglich war/ist. Nach
6 4 und nach gründeten ausländische Firmen Produktionsstätten in China und brachten dabei Knowhow mit, das bald auch von den chinesischen Unternehmen adaptiert wurde. Neben der neuen Konkurrenz aus Südostasien zwangen wachsende Produktionskosten - im Zuge der Globalisierung, der allmähliche Wegfall von nationalen und internationalen Handelsregulierungen zum Schutz der (eigenen) lokalen Wirtschaft - die Weltwirtschaft zu einem Umdenken und zu Umstrukturierungen der Betriebe und Produktionsstrategien. Folgedessen kam es allmählich zu Verlagerung der Produktionsstätten in eben diese und andere asiatische Staaten bzw. besonders nach China. Die EU ist neben den USA der größte Einkäufer von Textilien Made in China. Durch den Trend der Globalisierung und den 2001 erfolgten Beitritt Chinas zur WTO steht die Textilwirtschaft in der EU stark unter Druck. Der Konflikt zwischen dem Textilhandel und der Textilproduktion in der EU spitzt sich zusätzlich zu. Einerseits verlangen Länder mit textilerzeugendem Schwerpunkt wie Portugal, Italien und Spanien eine Verschärfung bzw. Wiedereinführung von Quotenregelungen gegenüber China, andererseits fordern Länder mit dominierendem Textilhandel wie England, Deutschland und Dänemark ein rasches Ende der Quotenregelung und jeglicher Importblockaden (Deutsche Welle ; Welt ). Durch den Strukturwandel, sowohl in der EU als auch in China, wird die Frage nach alternativen Investitionsmöglichkeiten und einer Umgehung der Quotenregelungen aufgeworfen. Vietnam, das heute eine ähnliche Entwicklung durchläuft, wie sie einst China während der Periode von Reform und Öffnung Anfang der 1980er-Jahre erlebt hat, wird als potenzielle Alternative zu Investitionen in China gesehen. Für China ist Vietnam nicht nur ein potenzieller Ort für eigene Investitionen und Produktionsauslagerungen, sondern es respektiert auch die Stellung Vietnams in der internationalen Textilwirtschaft als ernst zu nehmenden Mitbewerber (Fangzhiwang ).
7 5 Durch die Öffnung Vietnams, die zunehmende politische Stabilisierung und den Beitritt zu internationalen Handelsorganisationen ergibt sich für ausländische Investoren einerseits der Vorteil eines günstigen Produktionsstandorts, anderseits die Chance auf einem potenziellen und schnell wachsenden Absatzmarkt Fuß fassen zu können. Dadurch kann der Standort und Beschaffungsmarkt Vietnam als eine mögliche Alternative zu China genannt werden. Dennoch gibt es auch Risiken, die sich infolge der langen Isolation und den natürlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ergeben.
8 6 2. Die Textilwirtschaft als Basis der Industrialisierung Die Textilindustrie ist für viele Entwicklungsländer eine Möglichkeit zur ersten Industrialisierung des Landes. Die charakteristische, serielle Arbeitsabfolge bei der Herstellung von Textilien trägt zu diesem Phänomen bei. Die einzelnen Verarbeitungsschritte werden nacheinander und nicht parallel zu einander durchgeführt. Am Anfang der Produktionskette steht die Aufarbeitung und Verarbeitung von Rohstoffen zu Garnen, welche in einem nächsten Schritt zu textilen Flächen weiterverarbeitet werden. Diese textilen Flächen werden in der Konfektionsstufe je nach Verwendungszweck zu Bekleidung, Heim- und Haustextilien, technischen Textilien oder Autozubehör verarbeitet (Tücking 1992: 12). Hieraus ergibt sich auch ein Konflikt der Definitionen, den es an dieser Stelle zu klären gilt: Unter Bekleidungsindustrie versteht man nur die Herstellung von Bekleidungstextilien. Wo hingegen zu den Begriffen Textilindustrie oder Textilwirtschaft auch die anderen Bereiche in denen Textilien zum Einsatz kommen hinzugezählt werden. In der Praxis erfolgt diese begriffliche Trennung jedoch nicht immer anhand derselben Linie. Diese Auseinandersetzung in der Definition erklärt auch manche Diskrepanzen zwischen einzelnen Daten ohne weitere Präzisierungshinweise. Alternativ wäre der Terminus Textilwirtschaft angebrachter, dieser ist im Wirtschaftsalltag jedoch nicht gebräuchlich (Brockhaus ; Helmes 1996: 4). In dieser Arbeit wird unterschieden zwischen Textilindustrie und Bekleidungsindustrie, bzw. wird der Terminus Textilwirtschaft als Überbegriff für die beiden Industriezweige verwendet. Die oben beschriebene Herstellungskette in der Textilwirtschaft macht es möglich einzelne Produktionsschritte problemlos auszulagern. Diese Auslagerungsfähigkeit ist es auch, die für Entwicklungsländer einen ersten Schritt in Richtung Industrialisierung bedeutet. Somit stellt die Textilwirtschaft eine Starterindustrie für Entwicklungsländer dar (Tücking 1999: 12). Folgende Faktoren ermöglichen die Entwicklung einer solchen Starterindustrie (nach Gereffi 2003: 11):
9 7 Textilien gehören zu den Gütern des täglichen Bedarfs und sind daher ein Produkt, das zur Befriedigung eines Grundbedürfnisses dient. Dem folgend gibt es in jedem Land zumindest eine sehr einfache Bekleidungsproduktion. Mit den jeweils vorhandenen Ressourcen und generell kurzen Amortisierungszeiten ist die Textilwirtschaft ein Industriezweig der Investitionen anzieht. Sie kann schnell auf- und ausgebaut werden und bietet potentielle Möglichkeiten für ihre weiterführende Entwicklung. China hatte vor der Reform und Öffnung eine recht entwickelte aber veraltete Textilwirtschaft zur Deckung der alltäglichen Bedürfnisse. Während der Reform und Öffnung wurde diese Textilwirtschaft schnell für den Export ausgebaut um das nötige Kapital für die Modernisierung anderer Industriezweige zu generieren. Die arbeitsintensiven Fertigungsschritte, die für die Erzeugung von Bekleidungen erforderlich sind, eignen sich besonders gut für die Arbeitsbedingungen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Hier sind genügend Arbeitskräfte vorhanden, die auch jederzeit schnell austauschbar sind. Entwicklungs- und Schwellenländer verfügen meistens über viele textile Rohstoffe, wie etwa Baumwolle oder sonstige Naturfasern, was zusätzlich eine große Kostenersparnis darstellt. Kommen Länder, deren Wirtschaft in der Blüte ihrer Entwicklung steht, immer mehr durch günstigere und/oder gleichwertige Produkte aus Entwicklungs- und Schwellenländern, deren wirtschaftlicher Vorteil auf geringen Produktionskosten basiert, unter Wettbewerbsdruck, wird eine Verschiebung der Schwergewichte in den nationalen Textilwirtschaften auf das nächst höhere Segment ausgelöst. Höhere Segmente bzw. Produktionsstufen bedeuteten im Generellen eine Verlagerung in kapitalintensivere Produktionsstufen mit Schwerpunkt auf Qualität und Design, statt Fokussierung auf eine niedrige Preispolitik. Die zweite Entwicklung die sich daraus ableitet, ist die Verlagerung der Produktionen arbeitsintensiver Produktionsstufen. Diese Verlagerung trägt zu der Verschiebung der Welttextilwirtschaft bei, die teilweise unbewusst geschaffen wird, aber zum natürlichen
10 8 Verlauf gehört. Diese vermehrte Produktionsverlagerung trägt andererseits auch zum Wachstum der Entwicklungs- und Schwellenländer bei. Mit wachsendem ökonomischem Entwicklungsstand letzterer und dadurch steigenden Produktionskosten kommt es wiederum zu einer neuerlichen Verlagerung in andere, weniger industrialisierte, Regionen. Der geographische Standort beeinflusst die Produktionskosten, die aus dem Verhältnis zwischen den strategischen Wettbewerbsfaktoren (Höhe der Kosten für Arbeitskräfte, Rohstoffe, Energie, Steuern, Zeit Qualität, Flexibilität etc.) resultieren, maßgeblich. Ein ökonomisch denkendes Unternehmen wählt seinen Produktionsstandort nach dem, langfristig betrachtet, größtmöglich erwirtschaftbaren Gewinn. Weitere subjektive Faktoren wie persönliche Präferenzen und Imagegestaltung spielen außerdem eine Rolle. Als strategische Wettbewerbsfaktoren sind Kosten, Zeit, Qualität und Flexibilität des Landes zu werten (Dietz 2001: 162). Diese natürliche Entwicklung führt in bereits industrialisierten Ländern zum Abbau von Beschäftigtenzahlen in der Produktion und steigender Arbeitslosigkeit. Gegen diese Entwicklung bzw. um sie kontrollieren zu können, gibt es von den Regierungen eingeführte Importzölle auf Billigtextilien, oder veranlasste Quotenregelungen, welche auch häufig auf internationalen Abkommen, wie etwa dem Multifaserabkommen, basieren. 1 Dieses Abkommen richtete sich gegen die natürliche Expansion und Globalisierung der Textilwirtschaft, um einen Zusammenbruch der eigenen lokalen Textilwirtschaft der unterzeichnenden Staaten zu verhindern und einen direkten Einfluss auf das Wachstum der Billigproduzenten und den Abbau der Beschäftigungszahlen in der heimischen Textilwirtschaft zu haben. 1 Multifaserabkommen (MFA) regelt den internationalen Handel mit Textilien zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern. Es ersetzte 1974 das Baumwolltextilabkommen aus dem Jahre 1962, das mehrfach verlängert wurde und durch die Uruguay-Runde (GATT) in die Welthandelsorganisation (WTO) integriert wurde. Als Ziele des Abkommens wurden die fortschreitende Liberalisierung und Expansion des Welthandels, Vermeidung von Störungen in Export- und Importländern und die Sicherung eines zunehmenden Anteils der Entwicklungsländer am Welttextilhandel durch stetige Zunahmen von Textilexporterlösen definiert. Im WTO-Textilabkommen ist ein Stufenplan zur Abschaffung aller MFA- Restriktionen bis zum vorgesehen (Stanford University Library 2010).
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