TRANSPARENZ AUS EINEM GUSS

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1 TITELSTORY Blick in die neue Produktionshalle: KK-Mischer mit Abscheidern versorgen die Spritzgießmaschinen mit Rohmaterial und Masterbatch. TRANSPARENZ AUS EINEM GUSS GRANULATVERSORGUNG FÜR DIE SPRITZGIESSFERTIGUNG Die hohen Anforderungen der Kunden spiegeln sich beim italienischen Kunststoffverarbeiter Intercable in der Fertigungstechnik wider. Für die Granulatversorgung in seinem neuen Spritzgießwerk in Bruneck in Südtirol setzte der Hersteller von Profiwerkzeugen und hochwertigen Kunststoffteilen für die Automobilindustrie auf ein Komplettpaket aus einer Hand. Zu den wichtigsten Anforderungen zählten: eine energiesparende Granulattrocknung, ein vollautomatisch arbeitendes Materialleitsystem sowie eine lückenlose Prozessvisualisierung. Z u den Kunden von Intercable zählen große Energiekonzerne wie Enel oder Eon aber auch alle renommierten internationalen Automobilhersteller. Im Brunecker Werk werden etwa vier Tonnen Kunststoffgranulat täglich auf 37 Spritzgießmaschinen verarbeitet. Die Produktion läuft rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche. Das Gewichtsspektrum der produzierten Teile erstreckt sich hierbei von zwei bis 500 Gramm. Bei der Produktion der hochwertigen Kunststoffprodukte kommen verschiedenste Materialien, wie etwa Polyamide mit sehr hohem Glasfaseranteil (bis zu 50 Gewichtsprozent), PP, PE, ABS, PS und TPE zum Einsatz. Besonders hohe Ansprüche stellt Intercable an die optische und verarbeitungstechnische Qualität der produzierten Teile. Die Hauptaufgabe unseres Unterneh- Autor Stanja Lenhardt-Hlawatsch, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Werner Koch Maschinentechnik, Ispringen, info@koch-technik.de 18 Plastverarbeiter September 2008 mens im Bereich Profiwerkzeuge sehen wir darin, den Elektroinstallateuren und Monteuren von Energienetzen optimale Werkzeuge und Vorrichtungen anzubieten, um ihnen in ihrem gefährlichen Arbeitsbereich unter Spannung die maximal mögliche Sicherheit zu bieten, erklärt Martin Egger, Produktionsleiter bei Intercable. Doch auch im Bereich Automotive hat das Unternehmen die hohen Qualitätsanforderungen der Automobilhersteller zu erfüllen. Für die neue Granulatversorgungsanlage wurde zunächst ein Anforderungskatalog definiert. Auf folgende Kriterien wurde besonderen Wert gelegt: Die einwandfreie Trocknung der Kunststoffgranulate, eine vollautomatische Materialversorgung für 37 Spritzgießmaschinen, ein durchgängig transparenter Produktionsprozess, die Integration einer vorhandenen Trocknungsanlage. Schnell war klar, dass dieses Projekt nur mit einem erfahrenen Partner realisiert werden kann. Früher hatten wir erhebliche Probleme bei der Trocknung unserer Kunststoffgranulate, so Egger. Aufgrund dieser Unzufriedenheit wurde vor etwa zwei Jahren der erste Trockenlufttrockner von Koch Maschinentechnik in Ispringen gekauft. Mit dem Trockenlufttrockner konnten wir zum ersten Mal einwandfreie Trocknungsergebnisse erzielen, erinnert sich Egger. Die Zuverlässigkeit mit der die Anlage arbeitet, und nicht zuletzt die fachgerechte Beratung führte schließlich zur Auftragsvergabe: Für uns war klar, dass wir den Bau unserer neuen Anlage mit Koch realisieren würden. Nach intensiven Beratungsgesprächen wurde ein individuelles Konzept für diese Aufgabenstellung entwickelt. Trockenlufttrockner ist Herzstück der Anlage Anspruchsvolle technische Erzeugnisse aus glasfasergefüllten Polyamiden sind die Spezialität von Intercable. Diese hygroskopischen Rohstoffe nehmen Feuchtigkeit auf und müssen deshalb vor der

2 Verarbeitung sowohl ausreichend als auch kontrolliert getrocknet werden. Aber auch bei nicht hygroskopischen Stoffen kann sich Kondensat an der Granulatoberfläche bilden, welches bei der späteren Verarbeitung zu Problemen führt. Schlierenbildung, Farbunterschiede, Versprödung, Blasenbildung oder die Beeinträchtigung der Festigkeit des Endprodukts bis hin zum Bruch des Teils können die Folge sein. Die Werte müssen besonders stabil sein Schwankungen im Trocknungsgrad und damit verbundene Beeinträchtigungen in der Teilequalität können wir uns nicht erlauben, so Egger. Einen entsprechend hohen Stellenwert nimmt die Trocknungsanlage im gesamten Produktionszyklus bei Intercable ein. Der neu installierte Trockenlufttrockner der Baureihe Eko arbeitet mit einem in sich geschlossenen Kreislaufsystem und ist völlig unabhängig vom Umgebungsklima. Die Taupunktsteuerung, serienmäßig in allen großen Trockenlufttrocknern des Herstellers, gewährleistet einen Taupunkt, der zwischen -30 und -60 ºC liegt. Dieser Taupunktbereich entspricht einem absoluten Wassergehalt von maximal 0,33 bis 0,011 Gramm pro Kubikmeter Luft. Das Kunststoffgranulat wird in diesem Bereich sicher auf die zur Verarbeitung notwendige und optimale Restfreuchte getrocknet. Acht Trocknungsbehälter mit einem Fassungsvermögen von insgesamt Liter wurden bei Intercable installiert. Ein weiterer Trockner mit sechs Behältern und insgesamt 400 Liter Fassungsvermögen, welcher schon vor dem Neu- Intercable produziert hochwertige, isolierte Werkzeuge für Arbeiten unter Spannung, sowie Spezialwerkzeuge und Vorrichtungen für die Elektrotechnik. Für die Automobilindustrie werden unter anderem Stecker und Verschraubungen hergestellt. Plastverarbeiter September

3 TITELSTORY Das vollautomatisch arbeitende Materialleitsystem vom Typ Navigator sichert den rückstandsfreien Materialfluss. Ein Trockenlufttrockner der Baureihe Eko mit Öko-Anlagensteuerung sorgt für zuverlässige und schonende Trocknung der Granulate bei hoher Energieeinsparung. bau im Einsatz war, konnte ebenfalls in die neu konzipierte Granulatversorgungsanlage integriert werden. Um Platz zu sparen und die Materialien gut zugänglich zu machen, wurden die Trockner auf einer speziell konstruierten Bühne positioniert. Eine von der Maschinenzentralförderanlage getrennt arbeitende Förderanlage saugt die Granulate aus dem Materiallager unterhalb der Bühne in die darüber befindlichen Trocknungsbehälter. Wird erneut Material entnommen oder kühlt das Granulat durch Abstrahlung ab, schaltet sich der Behälter automatisch wieder zu. So wird das Material schonend und bei maximaler Energieeinsparung getrocknet. Die Gefahr thermischer Schädigung durch zu lange Trocknungszeiten kann so ausgeschlossen werden. Zusätzlich sorgt die in den Trockenlufttrocknern integrierte taupunktgesteuerte Regenerierung des Trockenbetts für eine deutliche Reduzierung des Energieverbrauchs. Regenerierungen erfolgen nicht in einem zeitlich festgelegten Rhythmus, sondern bedarfsorientiert in Abhängigkeit vom Feuchtegehalt des Granulats sowie von der benötigten Materialmenge. Dies bedeutet eine wesentliche Energieeinsparung gegenüber einer zeitabhängigen zum Beispiel stündlichen Regenerierung. Schonend trocknen und Energie einsparen Die größten Energieverbraucher in Trocknungsanlagen stellen die Heizungen dar. Besonders unnötig und viel Energie verbrauchen Heizungen, die stetig arbeiten. Um den Energieverbrauch möglichst gering zu halten, hat der Ispringer Anlagenbauer energiesparende Trockenlufttrockner der Baureihe Eko sowie eine Öko-Anlagensteuerung entwickelt. Durch Wärmerückführung können je nach Temperatur des zu trocknenden Materials bis zu 30 Prozent, in Verbindung mit der Öko-Anlagensteuerung sogar bis zu 40 Prozent der Energiekosten eingespart werden. Die Anlagensteuerung sorgt dafür, dass thermisch empfindliche Materialien in den Vorratsbehältern nicht übertrocknet werden. Hierzu wird die Temperatur im Trocknungsbehälter kontinuierlich überwacht. Steigt die Temperatur an, weil keine oder nur eine reduzierte Entnahme stattfindet, schließen sich Absperrklappen, die Heizung schaltet ab und der Behälter geht in Ruhestellung. 20 Plastverarbeiter September 2008 Mit Touch Panel kontrolliert trocknen Aber auch eine zu geringe Trocknung der Granulate führt zu Problemen bei der Weiterverarbeitung. Das in den Trocknungsanlagen integrierte Touch Panel mit S7-Steuerung von Siemens löst dieses Problem mit Hilfe der Trocknungsgradüberwachung. Diese ermöglicht dem Einrichter erstmalig eindeutig festzustellen, ob noch weitere Maschinen an den Trocknungsbehälter angeschlossen werden können oder nicht. Wenn ein gewünschter, vorher einstellbarer Trocknungsgrad unterschritten wird, löst die Anlage automatisch einen Alarm aus. Das Touch Panel bietet zusätzlich ein Fenster mit übersichtlicher Darstellung des Taupunktverlaufs der letzten 24 Stunden. Durch Auswerten dieser Aufzeichnungskurve lässt sich die reale Auslastung des Trockners nachvollziehen und der störungsfreie Betrieb nachweisen. Auf dem berührungssensitiven Display des Touch Panels werden alle spezifischen Parameter wie Trocknungstemperatur, Betriebsstundenzähler, Regenerierungstemperatur, Luftmengenregelung, Verweilzeitüberwachung, Durchsatzberechnung und Energiesparsteuerung übersichtlich dargestellt und lassen sich bequem einstellen. Produktionssicherheit durch zuverlässige Materialverteilung Im Zuge des Hallenneubaus hat Intercable seinen Produktionsbereich komplett umstrukturiert. Die neue Spritzgießhalle fasst derzeit 37 Spritzgießmaschinen im KOSTENEFFIZIENZ Energieverbrauch senken Für die Trocknung von Kunststoffgranulaten wird häufig viel Energie benötigt. Die größten Energieverbraucher in Trocknungsanlagen stellen die Heizungen dar. Arbeiten diese stetig, wird nicht nur viel, sondern auch unnötig Energie verbraucht. In der neuen Produktionshalle bei Intercable in Südtirol stehen deshalb energiesparende Trockenlufttrockner der Baureihe Eko, die mit einer Öko-Anlagensteuerung ausgerüstet sind. Durch Wärmerückführung und bedarfsgerechter Steuerung können damit bis zu 40 Prozent der Energiekosten eingespart werden.

4 Rohrsysteme aus Edelstahl und Bögen aus Spezialglas sorgen für eine verschleißfreie Umlenkung der transportierten Granulate. Schießkraftbereich von 35 bis 400 Tonnen mit entsprechenden Erweiterungsmöglichkeiten. Effizienter und sicherer wurde die Materialversorgung unter anderem durch die Einführung des vollautomatischen Materialleitsystems vom Typ Navigator. Damit entfällt die früher aufwendige und auch fehleranfälligere Materialverteilung an manuell zu bedienenden Umsteckbahnhöfen. Mehr als 100 verschiedene Materialsorten werden bei Intercable verarbeitet. Diese müssen zum richtigen Zeitpunkt in exakter Rezeptur und Beschaffenheit an der Bedarf meldenden Verarbeitungsmaschine zur Verfügung stehen. Die Kunststoffgranulate werden in Förderleitungen direkt aus den Trocknungsbehältern an den Navigator herangeführt, welcher ebenfalls platzsparend auf der Bühne installiert wurde. Auf der anderen Seite befinden sich die zu den Verarbeitungsmaschinen abgehenden maschinenbezogenen Förderleitungen pro Bedarfstelle je eine Leitung. Beide Leitungen werden dann in der Mitte zusammengeführt und nochmals überprüft, bevor die Förderung durchgeführt wird. Nach jedem Fördervorgang öffnet sich ein Leersaugventil vollautomatisch um die Leitung mit Frischluft von Granulatresten zu reinigen. Diese Leersaugung stellt sicher, dass bei der nächsten Förderung keine abgekühlten und feuchten Restbestände des zuletzt geförderten Granulats zu den Verarbeitungsmaschinen gelangen können. Bis zu 40 verschiedene Materialien können mit dem Navigator vollautomatisch und zeitsparend auf bis zu 40 Verarbeitungsmaschinen Plastverarbeiter September

5 TITELSTORY verteilt werden. Eventuelle Kupplungsfehler, wie etwa beim manuellen Umsteckbahnhof, lassen sich mit diesem vollautomatischen Materialleitsystem vermeiden. Für die Qualitätssicherung wird jede Material-Maschinenzuordnung gespeichert und archiviert. Die Bedienung kann sogar vom PC des Produktionsleiters aus erfolgen. Blick auf das im Trockenlufttrockner integrierte Touch- Panel mit berührungssensitivem Display. Qualitätssicherung durch Visualisierung Die Folgen von Qualitätsmängeln bergen heute hohe Kostenrisiken für die Industrie. Deshalb rückt das Thema Rückverfolgbarkeit in der Produktion immer mehr in den Blickpunkt der produzierenden Unternehmen. Die hohe Güte unserer Produkte können wir nur durch konsequente Umsetzung unseres Qualitätsmanagement-Systems sowie durch einen zuverlässigen und durchgängig transparenten Produktionsprozess realisieren, so Egger. Um eine lückenlose Überwachung des Fertigungsprozesses zu realisieren, wurde das Visualisierungs- System von Koch in das Zentralver - sorgungssystem eingebunden. Mit Hilfe dieses Systems lässt sich die komplette Materialversorgungsanlage via PC überwachen. Die schon vorhandenen Gerätekomponenten wurden steuerungstechnisch komplett in die neue Gesamtanlage integriert. Das Visualisierungs-System verschafft Egger und seinen Mitarbeitern Zugang zu allen Informationsquellen im Feld- und Backoffice-Bereich. Mittels grafischer Darstellung von Echtzeitprozessen am übergeordneten Leitstand lässt sich der gesamte Fertigungsablauf von der Anlieferung des Rohmaterials über Trocknung und Materialverteilung bis hin zum Mischer auf der Verarbeitungsmaschine verfolgen und dokumentieren. Alle relevanten Parameter wie Förderzeit, Materialzuordnung am Navigator oder Dosierrezepturen der Mischer können vom Leitstand aus eingestellt, überprüft und dokumentiert werden. Jede Förderung wird mit Angabe des Materials, der Maschine sowie des Datums und der Uhrzeit an die Datenbank zurückgemeldet und dort abgespeichert. Auf diese Weise kann auch noch Jahre später eindeutig nachgewiesen werden, wann welches Material in welchem Zu- Die hohe Güte unserer Produkte können wir nur durch konsequentes Qualitätsmanagement sowie einen durchgängig transparenten Produktionsprozess realisieren. Martin Egger, Intercable (rechts, links neben ihm Joachim Jost, Technischer Leiter bei Koch) stand von welcher Maschine verarbeitet wurde. Das Visualisierungs-System ermöglicht so die lückenlose Materialrückverfolgung vom Vorratsbehälter bis hin zur Maschine. Ein besonders wichtiger Aspekt für das Südtiroler Unternehmen, welches nach ISO9001:2000 und TS16949:2002 zertifiziert ist und stets nach den aktuellsten Normen produziert. Betriebsbereite Übergabe Der Umzug in die neue Produktionshalle wurde innerhalb einer Woche abgeschlossen. Das Montageteam des Anlagenbauers hat die Granulatversorgungs- anlge komplett mit allen Anschlüssen und Abscheidern vorbereitet und betriebsbereit übergeben, obwohl noch nicht alle Spritzgießmaschinen vor Ort waren. Durch die hervorragende Vorbereitung waren wir in der Lage, die Anlage eigenständig in Betrieb zu nehmen und konnten eine Maschine nach der anderen problemlos anschließen. Seit der Inbetriebnahme läuft die Granulatversorgungsanlage störungsfrei, freut sich Egger über die gelungene Installation, die gleichwohl mit einem immensen Koordinationsaufwand verbunden war. Aufgrund des Umzugs in die neue Halle musste auch das komplette Fördersystem inklusive Rohrleitungen neu konzipiert werden. So hat Koch für den Granulattransport 1,8 Kilometer Edelstahlrohre verlegt. Da Intercable zahlreiche Materialien mit Glasfaserverstärkung (bis zu 50 Gewichtsprozent) verarbeitet, wurden Bögen aus Spezialglas installiert, die für eine verschleißfreie Umlenkung der transportierten Granulate sorgen. Den für die Saugförderung benötigten Unterdruck erzeugen wartungsfreie Drehkolbenvakuumpumpen mit je 4,5 Kilowatt sowie zentrale Sa3-Sicherheitsfilter. Die Filter entfernen Partikel aus der Förderluft ab einer Größe von 2 μm. Bis zu 300 kg/h Material kann so über eine Entfernung von bis zu 100 Meter gefördert werden. Je ein Vakuumsystem ist für die Befüllung der beiden Trocknungsanlagen zuständig. Für die Versorgung der Spritzgießmaschinen steht ein weiteres, getrennt arbeitendes Fördersystem zur Verfügung. Dieses ist zur Sicherstellung eines störungsfreien Betriebs mit zwei Vakuumpumpen ausgerüstet, wobei sich eine der beiden stets im Standby-Betrieb befindet. Die Montage der kompletten Anlage wurde ausschließlich von den Monteuren des Anlagenbauers durchgeführt. Um die hohen Standards der Anlagentechnik auch bei den Installationen zu gewährleisten, werden diese Arbeiten bewusst nicht an fremde Dienstleister vergeben. Koch Halle A3, Stand 3213 Intercable Halle A7, Stand 7303 KONTAKT Intercable, Bruneck/Italien, info@intercable.it 22 Plastverarbeiter September 2008