* Zürich, Winterthur. Glasmaler, Reisser, Topograf, Kartograf, Holzschneider, Mathematiker, Schriftsteller und Politiker

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1 Murer, Jos (Jodocus), Zürcher Bannenträger, 1572, Glasmalerei, 66 x 30,5 cm (Objektmass) Bearbeitungstiefe Name Namensvariante/n Lebensdaten Bürgerort Staatszugehörigkeit Vitazeile Tätigkeitsbereiche Lexikonartikel Murer, Jos (Jodocus) Maurer, Jos (Josias, Jodokus, Joss, Jost) * Zürich, Winterthur Zürich CH Glasmaler, Reisser, Topograf, Kartograf, Holzschneider, Mathematiker, Schriftsteller und Politiker Glasmalerei, Holzschnitt, Illustration, Buch Bis auf wenige urkundliche Einträge sind kaum Angaben zur Vita von Jos Murer überliefert. Als Sohn des aus Grüningen 1525 in Zürich eingebürgerten Gürtlers Johannes Murer scheint Jos Murer sein ganzes Leben in der Heimatstadt verbracht zu haben. Auch liegen Ausbildung und Werdegang des vielseitig begabten Künstlers im Dunkeln. Anzunehmen ist, dass er von Hans Asper und den Glasmalern Carl von Egeri und Niklaus Bluntschli, aber auch von Conrad Gessner Anregungen erhielt. Ab 1553 reisst Murer Illustrationen für die Seite 1/5,

2 Erzeugnisse der Buchdruckerei von Christoph Froschauer dem Älteren. Es entstehen Titelumrahmungen, Vignetten, Ansichten und Bildnisse. Für Conrad Gessners fünfbändige Ausgabe Historiae animalium führt Murer Zeichnungen aus heiratet er Barbara Schön, Tochter des Bildschnitzers Caspar Schön aus Speyer. Sie diente vor ihrer Ehe als Magd im Haushalt des Sohnes von Huldrich Zwingli (siehe das Tagebuch von Heinrich Bullinger). In den Zürcher Seckelamtsrechnungen bezieht Murer immer wieder Honorare für Standesscheiben. Wie Joachim von Sandrart berichtet, hat Murer 1571 für das neu erbaute Schützenhaus am Platz in Zürich den Zyklus von 20 Bannerträgerscheiben angefertigt (die 1786 durch Vermittlung Johann Caspar Lavaters an den Fürsten Franz von Anhalt- Dessau nach Wörlitz gelangt sind). 1558, 1570 und 1579 liefert Murer Standes- und Wappenscheiben in den Kreuzgang des Zisterzienserklosters Wettingen, 1559 in denjenigen des Zisterzienserinnenklosters Tänikon. Ein monogrammierter Scheibenriss mit Darstellung des Schwurs der drei Eidgenossen mit Episoden aus der alten Schweizergeschichte in Oberlicht und Sockelzone kann mit grösster Sicherheit Murer zugeschrieben werden (1574, Zürich, Graphische Sammlung der ETH). Auch von seiner Hand stammen möglicherweise die aquarellierten Bannerträgerzeichnungen in der Silberysen Chronik aus dem Kloster Wettingen (Aarau, Kantonsbibliothek). Berühmt wird Murer durch sein kartografisches Schaffen veröffentlichen Christoph Froschauer der Jüngere und der Formschneider Ludwig Fryg der Ältere eine von Murer gezeichnete Landkarte des Zürcher Gebiets, die zweitälteste in ihrer Art (nur Exemplar des Neudrucks von 1568 überliefert) überreicht Murer dem Rat von Zürich eine in Öl ausgeführte Planvedute der Stadt Zürich (verschollen), die ebenso von Froschauer und Fryg als Holzschnitt herausgegeben wird (1576, Zentralbibliothek Zürich, Druckstöcke im Staatsarchiv Zürich) und seither unzählige Neuauflagen erlebt hat. Daneben verfasst Murer insgesamt sieben Dramen: Naboth (um 1556); Belägerung der Statt Babylon (1560); Der jungen Mannen Spiegel (1560); Absolom (1565); Ufferstantnus Unsers Herren (1567); Hester (1567); Zorobabel (1575). Er schmückt diese Werke zum Teil mit kleinen Holzschnitten. Vermutlich verlorengegangen sind die von Conrad Meyer erwähnten, von Murer in Reime übersetzten Psalme Davids (um 1580). Seite 2/5,

3 Das vielseitige Schaffen Murers spiegelt die besonderen soziokulturellen Umstände im bilderfeindlichen protestantischen Zürich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Einzig die Buchillustration und Glasmalerei waren Kunstgattungen, in denen sich Murer frei entfalten konnte. Murers Holzschnitte zeichnen sich durch die auf das Wesentliche reduzierten Linien und die Parallelschraffuren aus. Dabei gelingt es ihm, Wichtiges vereinfacht wiederzugeben, ohne das Detail ganz zu vernachlässigen. Auch mit der Glasmalerei konnte Murer seine zeichnerischen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Er war der erste Künstler, der neben den römischen auch die schweizerischen Befreiungskriege zu Bildthemen in Glasgemälden erhob. Dazu liess er sich von den Abbildungen in den damals beliebten Chroniken inspirieren. Vielschichtige, manieristisch komponierte Bildprogramme erlauben humanistisch Gebildeten einen Gang durch die Geschichte. Daneben schuf Murer für Klöster auch Scheiben mit christologischen und Heiligen- Darstellungen. Der Einsatz von Blankglas für die Darstellung des Himmels und feine Modellierungen in der Zeichnung sind charakteristisch für seine Arbeiten. Werke: Aarau, Kantonsbibliothek; Erlangen, Universitätsbibliothek (Historia Plantarum, Pflanzenzeichnungen); Glasgemälde, Wörlitz, Sachsen-Anhalt, Gotisches Haus, Rittersaal, Kriegerisches Kabinett, Schlafzimmer des Fürsten; Glasgemälde, Tänikon, Kreuzgang des Klosters; Glasgemälde, Wettingen, Kreuzgang des Klosters; Zürich, Graphische Sammlung der ETH; Zürich, Schweizerisches Landesmuseum; Staatsarchiv Zürich. Barbara Giesicke / Mylène Ruoss, 1998, aktualisiert 2015 Literaturauswahl - Hundert Zürcher Ansichten. [Texte:] Susanna Bliggenstorfer, Clausdieter Schott und Bruno Weber. Zürich: Scheidegger & Spiess, Martina Stercken: «Kartographische Repräsentation von Herrschaft - Jos Murers Karte des Zürcher Gebiets von 1566». In: Bild und Wahrnehmung der Stadt. Hrsg. von Ferdinand Knoll. Linz: Österreichischer Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung, 2004 (Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas 19), S Bernhard Anderes, Peter Hoegger: Die Glasgemälde im Kloster Wettingen. Baden: Baden-Verlag, Arthur Dürst: Jos Murers Planvedute der Stadt Zürich von Seite 3/5,

4 Langnau am Albis, 1975 (Publikationen zur Geschichte der Kartographie 3) - Jos Murer: Sämtliche Dramen. Hrsg.: Hans-Joachim Adomatis [et al.]. Berlin: Walter de Gruyter, 1974 (Ausgaben Deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts. Reihe Dramen 5). 2 Bde - André Jean Racine: Jos Murer. Ein Zürcher Dramatiker aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts [...]. Hrsg.: Stiftung von Schnyder Wartensee. Zürich: Berichtshaus, Paul Boesch: «Jos Murer als Zeichner und Holzschnitt-Illustrator». In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, 9, S Paul Leemann-van Elck, Die Offizin Froschauer. Zürichs berühmte Druckerei im 16. Jahrhundert, Zürich / Leipzig: Orell Füssli, Paul Leemann-van Elck: Der Buchschmuck in Conrad Gessners naturgeschichtlichen Werken. Bern, 1935 (Bibliothek des Schweizer Bibliophilen II/4) - Hans Lehmann: «Das alte Schützenhaus am Platz zu Zürich, sein Fensterschmuck und dessen Ersteller Jos Murer». In: Jahresbericht des Schweizerischen Landesmuseums, 41, S Joachim von Sandrart, L'Academia Todesca [...], Teutsche Academie der Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste, 3 Bde., Nürnberg: Sandrart/Frankfurt a. M.: Meridian, [Nachdruck, Einl. von Christian Klemm, Nördlingen: Uhl, 1994], Bd. 1, S. 253; Bd. 2, S Jos Murer: Der jungen Mannen Spiegel [...]. Zürich: Tobias Gessner, 1560 Nachschlagewerke - Historisches Lexikon der Schweiz. Dictionnaire historique de la Suisse. Dizionario storico della Svizzera, hrsg. von der Stiftung Historisches Lexikon der Schweiz; Chefredaktor: Marco Jorio, Basel: Schwabe, 2002 ff. - E. Bénézit: Dictionnaire critique et documentaire des peintres, sculpteurs, dessinateurs et graveurs de tous les temps et de tous les pays par un groupe d'écrivains spécialistes français et étrangers. Nouvelle édition entièrement refondue sous la direction de Jacques Busse. Paris: Gründ, 1999, 14 vol. - Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst. Dictionnaire biographique de l'art suisse. Dizionario biografico dell'arte svizzera. Hrsg.: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich und Lausanne; Leitung: Karl Jost. Zürich: Neue Zürcher Zeitung, 1998, 2 Bde. - Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, begr. von Ulrich Thieme und Felix Becker, 37 Bde., Leipzig: Seite 4/5,

5 Seemann, Schweizerisches Künstler-Lexikon, hrsg. vom Schweizerischen Kunstverein; red. unter Mitw. von Fachgenossen von Carl Brun, 4 Bde., Frauenfeld: Huber, Johann Caspar Füssli, Joh. Caspar Füesslins Geschichte der besten Künstler in der Schweitz. Nebst ihren Bildnissen, 5 Bde., Zürich: Orell, Gessner und Comp., Johann Caspar Füssli: Geschichte und Abbildung der besten Mahler in der Schweiz. 2 Theile. Zürich: David Gessner, 1755 & 1757 [erste Lieferung 1754] Direktlink Normdaten GND Deutsche Biographie Letzte Änderung Disclaimer Alle von SIKART angebotenen Inhalte stehen für den persönlichen Eigengebrauch und die wissenschaftliche Verwendung zur Verfügung. Copyright Das Copyright für den redaktionellen Teil, die Daten und die Datenbank von SIKART liegt allein beim Herausgeber (SIK-ISEA). Eine Vervielfältigung oder Verwendung von Dateien oder deren Bestandteilen in anderen elektronischen oder gedruckten Publikationen ist ohne ausdrückliche Zustimmung von SIK-ISEA nicht gestattet. Empfohlene Zitierweise AutorIn: Titel [Datum der Publikation], Quellenangabe, <URL>, Datum des Zugriffs. Beispiel: Oskar Bätschmann: Hodler, Ferdinand [2008, 2011], in: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, Zugriff vom Seite 5/5,