Digitale Teleskopkronen

Transkript

1 61 Digitale Teleskopkronen Die digitale Zahntechnik ist soweit fortgeschritten, dass viele Techniken nicht mehr manuell ausgeführt werden müssen. Dazu gehört auch das Herstellen von Teleskopkronen. Der Autor beschreibt den virtuellen Weg mit der CAD-Software von 3shape. Die Primärteleskope Das CAD-Design beginnt mit dem Anlegen des Auftrags. Im Zahnschema werden die Zähne angegeben, die eine Teleskopkrone erhalten sollen. In diesem Fall die Zähne 11, 12 und 13. Es folgt die Auswahl als TK und die Auswahl des Materials. Die Primärteile können sowohl in NEM als auch in Zirkon hergestellt werden. Es ist auch möglich, die Kronen in Kunststoff auf einem 3D-Drucker zu drucken, um sie dann einzubetten und zu gießen. Das wäre aber wieder ein Schritt zurück in die konventionelle Zahntechnik. Danach erfolgt der Scan-Vorgang. Dieser unterteilt sich in einen Grob- und einen Feinscan. Für den Feinscan wird auf Anforderung des Systems jeder einzelne Stumpf eingescannt. Ist dieser Vorgang abgeschlossen, beginnt das Ausblocken der Stümpfe. Die mit einem Unterschnitt versehenden Bereiche werden rot dargestellt. Weiter folgt das Ausblocken des Stumpfes, ähnlich dem Lackieren bei der konventionellen Herstellung. Der nächste Schritt ist das Einstellen der Einschubrichtung. Dies geschieht virtuell, ähnlich der Festlegung im Parallelometer bei der analogen Verfahrensweise. Anschließend wird der erste Stumpf mit einem Teleskop versehen. Dann wird das virtuelle Teleskop finalisiert. Das entspricht dem Feinmodellieren beim konventionellen Weg. Die beiden anderen Teleskope werden auf die gleiche Weise designt. Der Auftrag ist nun fertig und kann an ein Fräscenter oder in die eigene CAM-Fertigung gesendet werden. Wir lassen alles von externen Dienstleistern fertigen, da diese mit ihren Profimaschinen unseren Qualitätsansprüchen gerecht werden. Hinzu kommt, dass bei entsprechenden Stückzahlen der Preis von Seiten der Industrie durchaus akzeptabel ist. Die Herstellungsdauer beträgt für diesen Auftrag zirka 30 Minuten. Vergleicht man das mit der Arbeitszeit in konventioneller Arbeitsweise, kann man nicht nur vom Erreichen des Autor ZTM Andreas Buschmann Dentaltechnik Buschmann Herten &

2 62 TECHNIK 1 Das eingescannte Modell 2 Der einzelne Stumpf mit den Unterschnitten 3 Der ausgeblockte Stumpf 12 und 13

3 63 4 Das erste Teleskop 5 Das erste fertige Teleskop 6 Das Finish

4 64 TECHNIK 7 Die fertigen Primärteleskope Kosten-Deckungsbetrages sprechen, vielmehr befindet man sich in der Gewinnzone. Und das, je nach Betriebsgröße, bei reduziertem Personaleinsatz. Wir stellen Teleskopkronen in digitaler Arbeitsweise seit 2015 her. Jedoch mit der Einschränkung, dass wir anfangs auch viele Misserfolge hatten. Es bedarf einer gewissen Probe- und Einweisungszeit. Kommen die Teleskope aus dem Fräscenter oder der eigenen Fräsmaschine zurück, werden sie auf das Modell gesetzt und noch einmal leicht nachgefräst. Ein Aufpassen auf dem Stumpf ist nicht erforderlich. Abschließend erfolgt das Polieren. Die Teleskopkronen können zur Gerüstanprobe in die Praxis gehen. Arbeitszeit bis hierher: 60 Minuten. Der eingesparte Materialeinsatz ist hierbei noch nicht berücksichtigt. Die Sekundärteleskope Nachdem die Primärteleskope von der Anprobe aus der Praxis zurückkommen, fertigt man das Überabdruckmodell. Das weitere Prozedere entspricht der konventionellen Arbeitsweise. Im Anschluss werden die Teleskope mit einem Scanspray eingesprüht und erneut eingescannt. Da hierfür kein spezielles Modul verfügbar ist, verwenden wir das Modul der Kronenherstellung. Wir haben einige Zeit experimentiert, um die entsprechenden Passungsparameter heraus zu finden. Inzwischen erzielen wir sehr gute Ergebnisse. Die Sekundärkronen können sowohl teilanatomisch (Regelleistung der Krankenkassen mit vestibulärer Verblendung) als auch vollanatomisch in der Vollguss-Variante oder vollverblendet hergestellt werden. Die Vollguss-Variante ist in diesem Zusammenhang nicht besonders treffend formuliert. Wir gießen schließlich nicht mehr. Das nachfolgende Bild zeigt die Vollgussvariante, die anschließend zur vestibulären Verblendungs-Variante reduziert wird. Sowohl mesial als auch distal befindet sich ein Appendix zur Verbindung mittels Laser oder Lötung an die Modellgusskonstruktion. Ein Aufpassen von Primär- zum Sekundärteleskop entfällt, da die Passung durch das CNC-Fräsen im tausendstel Millimeterbereich stattfindet. Die Sekundärteleskope weisen von innen eine homogene, glatte Oberfläche auf. Professor Dr. Karl-Heinz Körber hält eine Abzugskraft von 5N für den Zahnhalteapparat für unschädlich. Ein Wert für die Abzugskraft von Teleskopkronen sollte nach seiner Auffassung zwischen 5 und 10N bei parodontaler Gesundheit liegen. Den Mittelwert des Sollwertes legt er damit bei 7N fest. Unsere Teleskopkronen liegen in diesem Mittelwert, ohne dass wir die Friktion noch manuell einstellen müssen. Dieses Ergebnis lässt sich in der konventionellen Guss-Technik nur schwer erreichen. Wir überprüfen alle Teleskope mit dem Konometer von Obodent. Nachdem die Teleskope (Primär- und Sekundärteile) fertiggestellt worden sind, wird eine Tertiärkonstruktion angefertigt. Im nächsten Schritt werden die Sekundärteile verblendet. Anschließend erfolgen die Aufstellung der Konfektionszähne, die Anprobe im Mund des Patienten und die Fertigstellung. Fazit Die Anfertigung von Teleskopkronen kann sowohl in NEM als auch in Zirkon/Galvano erfolgen. Es ist auch möglich, die Sekundärkronen in einem zahnfarbenden Kunststoff mittels 3D-Druck herzustellen. Hierfür laufen in unserem Betrieb Versuchsreihen. Abschließend bin ich der Ansicht, dass die digitale Herstellung von Teleskopkronen funktionaler, ästhetischer und präziser als der manuelle Weg ist. Das Zahntechniker- Handwerk muss umdenken. Aus dem Handwerk wird ein teilindustrieller Wirtschaftszweig werden, der

5 65 8 Die eingescannten Primärteleskope 9 Die Sekundärteleskope in Vollanatomie 10 Die Sekundärteleskope in reduzierter Form

6 66 TECHNIK 11 Die Innenseite der Sekundärteleskope 12 Primär- und Sekundär teleskope von palatinal 13 Die Überprüfung der Abzugskraft mit dem Konometer 14 Tertiärkonstruktion mit Verblendungen sich hohen Anforderungen von Seiten der Patienten und Zahnärzten gegenüber sieht. Deshalb läge für den Zahntechniker der Zukunft auch eine neue Berufsbezeichnung nahe. Diese könnte lauten: Prozessmanager für komplexe digitale Verfahrenslösungen. 15 Die fertige Arbeit