Wegweiser zur Geschichte. Sudan und Südsudan. ZMSBw

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1 Wegweiser zur Geschichte Sudan und Südsudan ZMSBw

2 NasserSee ÄGYPTEN LIBYEN SAUDIARABIEN Hala ib Triangle Hala ib RED SEA Port 18 Sudan Wadi Halfa R o 6 B L ißer Nil We El Obeid Rabak En Nahud E R AL A J ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK r KHARTOUM Bahri Omdurman B la KHARTOUM 11 NORTH ELKORDOFAN GEZIRA 7 Kafia Kingi (auch im Intranet Bw) 3 Shendi El Fasher SOUTH DARFUR (0331) (90) (0331) zmsbweinsatzunterstuetzung@bundeswehr.org N 17 Kutum JE B CENTRAL M A R DARFUR Nyala 16 Telefon BwKz Fax A Ed Da ein EAST DARFUR WEST A-BERGE KORDOFAN N U B SOUTH Babanusa KORDOFAN Kadugli S Ü D S AdDamazin BLUE NILE Kodok Nasir Bor 5 LAKES Sennar GEDAREF 12 UPPER NILE 14 Malakal U DJongleiA Rumbek 2 ÄTHIOPIEN N ADDIS ABABA Pibor km Historische Städte mit hohem ethnographischem Bezug (Erläuterung zu den Nummern siehe Anhang) VN-Einsatzgebiet UNAMID VN-Einsatzgebiet UNISFA WESTERN EQUATORIA Maridi Yambio DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO Übersichtskarte Sudan und Südsudan ASMARA Singa SENNAR Renk JONGLEI Akobo Kassala 10 JEMEN ERITREA Wad Medani Gedaref 19 WHITE NILE Abyei Bentiu NORTHERN 4 Aweil Gogrial UNITY BAHR Raga EL GHAZAL Kuacjok Leer WARRAP WESTERN BAHR 21 Tonj EL GHAZAL Wau KASSALA il rn ue EBEL WEST MER DARFUR El Geneina Anregungen und Nachfragen richten Sie bitte an: Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) Projektbereich Einsatzunterstützung Hauptmann Torsten Konopka Zeppelinstraße 127/ Potsdam D ara A tb TSCHAD Zalingei U e Kurti S e RIVER NILE Atbara Ed Damer Bagrawija 15 Napata (hist.) NORTH DARFUR Suakin M BE JERKL A A s Dongola Abu Hamad l Ni t e NORTHERN EASTERN EQUATORIA Ilemi JUBA 8 Kapoeta Triangle CENTRAL Torit 20 EQUATORIA Kajo Keji KINYETI Yei UGANDA VN-Einsatzgebiet UNMISS Staatsgrenze Staatsgrenze teilweise umstritten Bundes-/Teilstaatsgrenze KENIA Hauptstadt sonstiger Ort ZMSBw

3 Sudan und Südsudan

4 Wegweiser zur Geschichte Begründet vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt Herausgegeben vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr

5 Wegweiser zur Geschichte Sudan und Südsudan Im Auftrag des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr herausgegeben von Torsten Konopka FERDINAND SCHÖNINGH 2018

6 Umschlagabbildung: Rebellen auf dem Markt von Sayyah, North Darfur (Thilo Thielke). Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar Verlag Ferdinand Schöningh, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland) Internet: Redaktion und Projektkoordination: Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Fachbereich Publikationen ( ) Koordination, Lektorat: Michael Thomae Layout, Satz: Carola Klinke Karten, Grafiken: Bernd Nogli Bildrechte: Esther Geiger, Marina Sandig Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages nicht zulässig. Druck und Bindung: Druckhaus Plagge GmbH, Meppen ISBN

7 Inhalt Vorwort 7 Einleitung 9 I. Historische Entwicklungen Schwarze Königreiche von der Antike bis zur kolonialen Unterwerfung 19 Wolbert G.C. Smidt Zeit der Fremdherrschaft 1820 bis Magnus Pahl Der erste Bürgerkrieg und die schwierige Unabhängigkeit des Sudans 1956 bis Andreas Mückusch Der zweite Bürgerkrieg und seine Auswirkungen auf die Gesellschaften des Sudans 1983 bis Bernhard Chiari Der Sudan nach 2005: Konsolidierung des autoritärislamischen Regimes und neue Bürgerkriege 71 Elke Grawert Der Südsudan 2005 bis Manfred Öhm Der Bürgerkrieg im Südsudan von 2013 bis zur Gegenwart 99 Torsten Konopka II. Strukturen und Lebenswelten Ethnizität 113 Enrico Ille Religiöse und kulturelle Gepflogenheiten 127 Rami Wadelnour

8 Der Fluch der Bodenschätze? Volkswirtschaft im Sudan und Südsudan 143 Dieter H. Kollmer Rebellen, Milizen und Soldaten: Staatliche und nichtstaatliche Konfliktakteure 155 Torsten Konopka Die Vereinten Nationen in den sudanesischen Staaten ein zahnloser Tiger? 169 Wolf-Christian Paes Internationale und regionale Akteure im Sudan und Südsudan 181 Gerald Hainzl Deutschlands Sonderbeziehungen am oberen Nil 193 Roman Deckert Klimakriege? Zur Rolle des Klimas in Gewaltkonflikten 203 Janpeter Schilling Historische Mobilität und aktuelle Migration im Sudan und Südsudan 215 Cordula Weißköppel Stadtporträts Khartoum, Juba, El Fasher 229 Roland Schißau und Philipp Herzog/ Johannes Lehne/Jens Wieben Anhang Geschichte im Überblick 244 Erinnerungsorte 264 Literatur und neue Medien 269 Abkürzungen 281 Register 283 6

9 Vorwort Vor genau zehn Jahren, im Frühjahr 2008, ist der»wegweiser zur Geschichte. Sudan«erschienen. Drei Jahre später, im Juli 2011, spaltete sich der Südsudan von der Republik Sudan ab. Die Hoffnung auf eine friedliche Entwicklung der beiden unabhängigen Staaten währte nur kurz. Infolge eines 2013 ausgebrochenen Bürgerkriegs ereignet sich im derzeit jüngsten Staat der Erde eine Katastrophe enormen Ausmaßes. Rund ein Drittel der gesamten südsudanesischen Bevölkerung wurde vertrieben, Zehntausende Menschen kamen vermutlich ums Leben. Die Ursachen für die gewaltsamen Auseinandersetzungen sind vielschichtig und können nicht losgelöst von der Geschichte des nördlichen Nachbarn, der Republik Sudan, betrachtet werden, die selbst seit Jahren von Konflikten an der Peripherie erschüttert wird. Die Bundesrepublik Deutschland ist im Auftrag der Vereinten Nationen weiterhin mit Soldaten der Bundeswehr an den Friedensbemühungen im Sudan und im Südsudan beteiligt. All dies machte eine vollständige Neukonzeption der ursprünglichen Publikation erforderlich. Aufgrund der komplexen Gemengelage in beiden Ländern können allerdings auch im neuen»wegweiser zur Geschichte. Sudan und Südsudan«nur die wesentlichen historischen, politischen und sozialen Aspekte dargestellt werden. Der Wegweiser versteht sich daher als Überblickswerk zu den beiden in der Öffentlichkeit wenig beachteten Staaten. Als Autoren standen dem Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) zahlreiche Fachleute zur Verfügung: Ethnologen, Politik- und Geschichtswissenschaftler, Diplomaten mit entsprechenden Ortskenntnissen und nicht zuletzt Soldaten. Der breit gefächerte Expertenpool unterstreicht einmal mehr den Anspruch dieses Bandes und der Reihe»Wegweiser zur Geschichte«insgesamt, auch ein Publikum anzusprechen, das über die Einsatzkontingente der Bundeswehr hinausreicht. Den Autorinnen und Autoren gilt mein besonderer Dank. Sie haben kurzfristig der Überarbeitung ihrer Beiträge zugestimmt oder Texte zu völlig neuen Themen verfasst. 7

10 I. Historische Entwicklungen Den Soldatinnen und Soldaten, die in den Missionen der Vereinten Nationen ihren Dienst verrichten, wünsche ich alles Gute. Ich hoffe, dass der»wegweiser zur Geschichte. Sudan und Südsudan«ihnen dabei hilft, die Situation in beiden Ländern besser zu verstehen, um so ihren Einsatz effektiver vorbereiten und erfolgreich durchführen zu können. Dr. Jörg Hillmann Kapitän zur See und Kommandeur des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr 8

11 Einleitung Mit der Unabhängigkeit des Südsudans am 9. Juli 2011 schloss sich das letzte Kapitel eines der längsten und blutigsten Bürgerkriege des afrikanischen Kontinents. Seit 1983 hatte die Sudanesische Volksbefreiungsbewegung (Sudan People s Liberation Movement/Army, SPLM/A) aufgrund ihrer politischen, wirtschaftlichen und sozialen Marginalisierung gegen die sudanesische Regierung in Khartoum gekämpft. Die Wurzeln des Krieges reichten bis in die Kolonialzeit zurück. Anfang des 20. Jahrhunderts hatten die damaligen angloägyptischen Besatzer den Norden des Gebietes von Ägypten verwalten lassen und hier die arabische Sprache sowie den Islam als prägende kulturelle Merkmale beibehalten. Im von Großbritannien verwalteten Süden wurden dagegen die englische Sprache und das Christentum eingeführt. Die Entwicklung in diesem Landesteil blieb seitdem jedoch hinter dem Norden zurück. Seit seiner auf friedlichem Wege erhaltenen Unabhängigkeit am 1. Januar 1956 als zweiter afrikanischer Staat nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte das Land auf der Suche nach einer gesamtsudanesischen Identität zwei verheerende Bürgerkriege (1955/ , ) zwischen der Regierung im Norden und Rebellenbewegungen im Süden. Erst 2005 kam es nach langwierigen Verhandlungen durch die Unterzeichnung eines Friedensvertrages zur Beendigung des zweiten Konfliktes. Die getroffene Vereinbarung sah eine sechsjährige Übergangsregierung und ein Referendum im Süden über dessen Selbstbestimmung vor. Eine überwältigende Mehrheit von fast 99 Prozent der Wähler stimmte daraufhin im Januar 2011 für die Abspaltung vom Sudan und damit für die Teilung des vormals flächengrößten Staates Afrikas. Eines wurde offensichtlich nicht bedacht: Der neu entstandene südsudanesische Binnenstaat ist ein multiethnisches Konstrukt und von der Idee eines historisch oder politisch geeinten Gebildes weit entfernt. Die südsudanesische Bevölkerung, dessen Ethnien traditionell zumeist keine zentralisierten Herrschaftsstrukturen besitzen, kämpfte im zweiten Bürgerkrieg daher teils heftiger gegeneinander als gegen die Regierungstruppen. 9

12 I. Historische Entwicklungen Nicht einmal drei Jahre später, im Dezember 2013, zerbrachen alle Träume einer friedlichen Entwicklung des jüngsten Staates der Erde. Aus bisher nicht vollständig geklärten Ursachen eskalierte ein politischer Machtkampf zwischen dem südsudanesischen Präsidenten Salva Kiir Mayardit und seinem ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar Teny. Dem Bürgerkrieg fielen innerhalb kürzester Zeit vermutlich mehrere Zehntausend Menschen zum Opfer. Rückblickend betrachtet stellten daher weder der Friedensvertrag von 2005 noch die Unabhängigkeit von 2011 die Weichen für ein Ende der Gewalt in den beiden kriegsgeschundenen Staaten. Im Sudan waren bereits 2003 und 2011 neue blutige Konflikte in Darfur und in den an den Südsudan grenzenden Bundesstaaten South Kordofan und Blue Nile ausgebrochen. Zugleich verliefen auch im Südsudan die ersten zweieinhalb Jahre der Unabhängigkeit keineswegs friedlich. Bereits nach den Wahlen im April 2010 rebellierten mehrere unterlegene Kandidaten. Die Strategie, kurzzeitig zu den Waffen zu greifen und später zu besseren Konditionen erneut in den Staatsapparat integriert zu werden, ist in beiden Ländern verbreitet. Zudem kommt es in beiden Staaten regelmäßig zu inner- und zwischengesellschaftlichen Auseinandersetzungen (intra- and intercommunal conflicts) mit Hunderten Toten. Nicht selten geht es dabei um den Besitz und die Nutzung von Land, Wasser sowie anderen natürlichen Ressourcen. Inmitten dieser komplexen Situation versuchten zeitweise über Soldaten der Vereinten Nationen (VN) in drei separaten Missionen ihre Mandate, unter anderem den Schutz der Zivilbevölkerung, nach Kräften zu erfüllen. Neben den klimatischen und geografischen Herausforderungen beide Länder besitzen in etwa die siebenfache Fläche der Bundesrepublik Deutschland und sind infrastrukturell kaum erschlossen haben die VN-Soldaten vielfach mit Restriktionen der jeweiligen Regierung und einer mangelnden Ausrüstung zu kämpfen. Visa ver zögerungen oder Einschränkungen der Bewegungsfreiheit behindern regelmäßig die Umsetzung ihrer Mandate. Nicht selten gerieten die Blauhelmsoldaten in der Vergangenheit sogar selbst zwischen die Fronten. Ohne Krankheiten und Unfälle starben in Darfur bisher über 70 VN-Angehörige infolge gezielter Gewaltakte. 10

13 Einleitung An zwei der drei Missionen der»african Union-United Nations Hybrid Operation in Darfur«(UNAMID) und der»united Nations Mission in South Sudan«(UNMISS) ist auch die Bundeswehr mit einigen Stabsoffizieren und Militärbeobachtern beteiligt (derzeitige Mandatsobergrenze jeweils 50). In Darfur ist die Bundesrepublik gar das einzige Land der Europäischen Union, das Soldaten stellt. Während die sudanesische Regierung nach ihren zwischen 2014 und 2016 errungenen militärischen Erfolgen in Darfur auf den Abzug von UNAMID drängt und der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im Sommer 2017 der kontinuierlichen Reduzierung der Mission zustimmte, wird UNMISS im Südsudan aufgrund der katastrophalen humanitären und sicherheitspolitischen Lage wohl noch einige Jahre präsent bleiben müssen. Daneben steht der Sudan seit einiger Zeit auch aus migrationspolitischer Sicht im Fokus der deutschen und vor allem der europäischen Außenpolitik. Da der Staat in den vergangenen Jahren von Tausenden, meist aus Eritrea, Somalia und Äthiopien kommenden Menschen als Transitland in Richtung Europa genutzt wurde, ist die wegen ihres brutalen Vorgehens gegen die eigene Bevölkerung einst international geächtete sudanesische Regierung zu einem wichtigen Ansprechpartner im Zuge der»flüchtlingskrise«geworden. Kaum beachtet wird dabei meist die Tatsache, dass der Sudan und der Südsudan auch selbst Aufnahme- und vor allem Herkunftsland von Geflüchteten sind, die jedoch fast ausschließlich in den Nachbarländern Zuflucht suchen. Während mit 2,7 Millionen Menschen noch immer fast ein Drittel der gesamten Bevölkerung Darfurs aus ihrer Heimatregion vertrieben ist, entwickelte sich die Lage im Südsudan mittlerweile zur größten humanitären Katastrophe des afrikanischen Kontinents. Rund vier Millionen Menschen wurden aus ihren Wohngebieten vertrieben, fast zwei Millionen flüchteten in die umliegenden Staaten. Allein aufgrund dieser gravierenden Situation und der geänderten politischen Rahmenbedingungen ist eine Neuauflage des im Jahr 2008 von Bernhard Chiari und Dieter H. Kollmer im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes herausgegebenen Buches»Wegweiser zur Geschichte. Sudan«angezeigt. 11

14 I. Historische Entwicklungen Auch wenn es sich bei dem damals beschriebenen Gebiet durch die Abspaltung des Südens mittlerweile um zwei unabhängige, souveräne Staaten die Republik Sudan und die Republik Südsudan handelt, gibt es noch immer eine große Schnittmenge, welche die Beschreibung beider Länder in einem Buch nützlich erscheinen lässt. Die reichhaltige Zivilisationsgeschichte der Region zählt bereits mehrere Jahrhunderte. Die jüngste Geschichte der beiden Staaten ist von der hier wie dort erlittenen Fremdherrschaft und der letztendlich gescheiterten Suche nach einer gemeinsamen nationalen Identität geprägt. Den Sudan und den Südsudan verbindet eine zu demilitarisierende, rund 2000 Kilometer lange Grenze, deren genauer Verlauf seit der Kolonialzeit nicht vollständig geklärt und daher wiederholt Gegenstand heftiger Grenzdispute gewesen ist. Beide Seiten beschuldigen einander zudem regelmäßig, nichtstaatliche Gewaltakteure des jeweils anderen Staates zu unterstützen. Die Anführer der Rebellen in South Kordofan und Blue Nile sind beispielsweise ehemalige Kommandeure der heute im Südsudan regierenden SPLM. Neben guten Verbindungen in die südsudanesische Hauptstadt Juba sollen sie auch über Ausbildungslager im Südsudan verfügen. Einigen aus der Region Darfur stammenden Rebellengruppen wird wiederum unterstellt, im südsudanesischen Bürgerkrieg aufseiten der Regierung gekämpft zu haben. Dem sudanesischen Geheimdienst wurde dagegen vorgeworfen, er habe wenn auch nur in geringem Umfang die bewaffnete Opposition im Südsudan mit Nachschub beliefert, weswegen allein schon im sicherheitspolitischen Bereich eine kontinuierliche Interaktion beider Staaten besteht. Auf wirtschaftlicher Ebene verlor der Sudan durch die Unabhängigkeit des Südens rund 70 Prozent seiner Erdölvorkommen. Die einzige Pipeline läuft jedoch noch immer über mehr als 1000 Kilometer durch den Sudan zum Roten Meer. Für Viehzüchter und Händler ist die Grenze derweil ohnehin eher virtueller Natur. Auf der Suche nach Weideflächen und Wasser ziehen sie weiterhin mit ihren Herden durch beide Staaten und verkaufen ihre Güter auf den nächstgelegenen Märkten jenseits der Grenze. Beide Länder beziehen zudem den Großteil ihres Frischwassers aus dem Nil, was nicht nur zwischen den beiden Regierungen, sondern mit allen Nil-Anrainern verhandelt werde muss. 12

15 Einleitung Darüber hinaus halten sich aufgrund der Kämpfe in ihrer Heimatregion Hunderttausende Geflüchtete im jeweils anderen Land auf. Allein aus dem Südsudan flüchteten zwischen Dezember 2013 und Ende 2017 über Menschen Richtung Norden. Die Regierungen beider Länder gelten als hochkorrupt und die Staaten mit ihren Institutionen als sehr fragil. Im»Fragile States Index«von 2017 belegte der Sudan von 178 Staaten den fünften Platz. Der Südsudan gilt gar als fragilster Staat der Erde. Aufgrund dieser komplexen Gemengelage versteht sich die vorliegende Publikation als einführender Wegweiser, der sich an einen historisch und politisch breit interessierten Leserkreis wendet. Dem Konzept der Reihe»Wegweiser zur Geschichte«folgend, besteht das Buch aus zwei Abschnitten: den»historischen Entwicklungen«und den»strukturen und Lebenswelten«. Mit seinen von Experten und Kennern der Region geschriebenen Beiträgen möchte das Buch einen weit gefächerten Überblick über die beiden Staaten liefern und ihre Wechselbeziehungen untereinander sowie mit den Nachbarländern und der internationalen Gemeinschaft aufzeigen. Die folgenden 17 Beiträge behandeln daher sowohl die Geschichte als auch die Gegenwart beider Länder und gehen dabei auf historische, politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Themen ein. Aus der Publikation von 2008 wurden lediglich die ersten vier historischen Beiträge und das Stadtporträt Khartoum mit einigen leichten Aktualisierungen übernommen. Alle anderen Beiträge wurden aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen völlig überarbeitet oder neu geschrieben, wobei versucht wurde, beide Staaten ausgewogen zu behandeln. Im ersten Beitrag beschreibt Wolbert G.C. Smidt die vorkoloniale Vergangenheit des Gebietes. Er geht auf kulturelle und machtpolitische Konstrukte ein, die schon seit Hunderten von Jahren in dieser Region existierten. Anfang des 19. Jahrhunderts fiel das zu betrachtende Territorium unter eine mehr als hundert Jahre andauernde Fremdherrschaft, die letztendlich in einer administrativen Zweiteilung des Raumes durch die anglo-ägyptische Herrschaft mündete. Magnus Pahl arbeitet heraus, dass diese Teilung allen späteren Versuchen zur Bildung eines geeinten Nationalgefühls zuwiderlief. 13

16 I. Historische Entwicklungen Bereits kurz vor der Unabhängigkeit 1956 entflammte die erste Welle der Gewalt, die im Zuge der Marginalisierung des Südens im ersten Bürgerkrieg gipfelte. Andreas Mückusch beschreibt diesen von 1955 bis 1972 währenden Guerillakrieg und weist darauf hin, dass der 1972 in Äthiopien unterzeichnete Friedensvertrag lediglich eine Unterbrechung des Konfliktes, nicht aber die Überwindung der gesellschaftlichen Gegensätze darstellte. Der zweite Bürgerkrieg steht daher im Fokus von Bernhard Chiaris Beitrag. Ausgelöst von einer fortschreitenden Vernachlässigung der Peripherie bei einer gleichzeitigen Islamisierung der Politik flammte der Konflikt 1983 erneut auf; er sollte bis zur Unterzeichnung des Friedensvertrages von 2005 anhalten. Die langfristige Folge des Krieges war die Spaltung des Landes in zwei unabhängige Republiken. Parallel zu den Friedensverhandlungen brachen 2003 Kämpfe im westsudanesischen Darfur und 2011 in den beiden Bundesstaaten South Kordofan und Blue Nile aus. Mit der absehbaren Abspaltung des Südens war somit auch die sudanesische Gesellschaft keinesfalls befriedet. Elke Grawert weiß zu berichten, dass die kontinuierliche Marginalisierung der Peripherie sowie das Machtstreben und die Selbstbereicherung der Regierung zu immer neuen Konflikten im Sudan führten. Manfred Öhm widmet sich im Folgenden dem schwierigen Staatswerdungsprozess des Südsudans. Er skizziert die problematische Ausgangslage und thematisiert das nie vorhandene staatliche Gewaltmonopol der Regierung in Juba. Im letzten Beitrag des ersten Abschnitts beschreibt Torsten Konopka den 2013 ausgebrochenen Bürgerkrieg im Südsudan, dessen langfristige Befriedung aufgrund seiner Komplexität sehr problematisch ist. Der zweite Abschnitt»Strukturen und Lebenswelten«beginnt mit einem Beitrag von Enrico Ille über die ethnischen Dimensionen in den beiden Staaten. Ille problematisiert den Begriff Ethnizität und deutet die Vielschichtigkeit an, die zwei Gesellschaften mit jeweils mehreren Dutzend sozialen Gruppierungen mit sich bringen. Anschließend daran nähert sich Rami Wadelnour einigen kulturellen Normen der verschiedenen Gesellschaften. Er analysiert auch die Rolle der Religionen für den jeweiligen Staat. 14

17 Einleitung Dieter H. Kollmer betrachtet die Volkswirtschaften der beiden Länder. Obwohl der Sudan und der Südsudan reich an natürlichen Ressourcen wie Öl und Gold sind, mit denen bei einem verantwortungsvollen und weitsichtigen Einsatz eigentlich eine positive Entwicklung möglich wäre, gehören sie zu den ärmsten Ländern der Welt. Überblicksartig stellt Torsten Konopka im Anschluss eine Auswahl der verschiedenen staatlichen und nichtstaatlichen Konfliktakteure vor. Er verweist auf die hohe Fluktuation bei Loyalitäten und die schwierige Unterscheidung der verschiedenen Gewaltakteure vor Ort. Wolf-Christian Paes beschreibt die Rolle der Vereinten Nationen. Mit drei Missionen sind sie trotz politischer Widerstände in den jeweiligen Regierungen der sichtbarste internationale Akteur in der Region. Auf der Ebene der Friedensverhandlungen hat vor allem die»intergovernmental Authority on Development«(IGAD) eine Führungsrolle inne. Gerald Hainzl stellt die afrikanische Regionalorganisation zusammen mit anderen wichtigen nationalen Akteuren vor. Die Bundesrepublik Deutschland unterhält seit der Unabhängigkeit des Sudans Beziehungen zum Land und ist auch bei der dortigen Konfliktlösung beteiligt, wie Roman Deckert hervorhebt. Zuvor half sie jedoch auch beim Aufbau der lokalen Rüstungsindustrie, weshalb sich noch heute viele deutsche Kleinwaffen in den beiden sudanesischen Staaten befinden. Da der Darfur-Konflikt als erster Klimakrieg des 21. Jahrhunderts bezeichnet wurde, beschreibt Janpeter Schilling im Folgenden, inwieweit der Klimawandel Grund für Konflikte im Allgemeinen und in den beiden Staaten im Besonderen ist. Dass Migration keine neuartige Erscheinung im Sudan ist, zeichnet Cordula Weißköppel nach. Schon immer war die Wanderung von Menschen, ob aus wirtschaftlichem oder sozialem Antrieb, ein bedeutender Faktor der gesellschaftlichen Entwicklung in der Region, wobei die Nachbarstaaten im Zuge der Konflikte viel stärker von Flüchtlingsbewegungen betroffen waren und sind als Europa heutzutage. Der zweite Abschnitt schließt mit einem Beitrag von Roland Schißau und Philipp Herzog, Johannes Lehne sowie Jens Wieben, in 15

18 I. Historische Entwicklungen dem die Städte und das tägliche Leben in Khartoum, Juba und El Fasher nachgezeichnet werden. Mit seinen etwa fünf Millionen Menschen kommt hier Khartoum die größte Aufmerksamkeit zu. Der dritte Abschnitt umfasst als Serviceteil zunächst eine umfangreiche Chronologie mit den wichtigsten Eckpunkten der Geschichte der beiden Staaten von der Vor- und Frühzeit bis in die Gegenwart. Die Darstellung konzentriert sich vor allem auf die jüngste Vergangenheit seit Unterzeichnung des Friedensvertrages im Jahr Ausgewählte, weiterführende Literatur, wichtige Dokumente, Filme und Internetseiten finden sich bei den Literaturhinweisen. Während zahlreiche themenbezogene Karten und Grafiken zur raschen Orientierung innerhalb der einzelnen Beiträge dienen, ist am Ende der Publikation eine Übersichtskarte zu finden, die die wichtigsten Ortschaften und die Grenzen der immer wieder erwähnten Bundesstaaten enthält. In die Beiträge sind Infokästen eingefügt, die wichtige Personen, Schlüsselbegriffe und weiterführende Themen erläutern. Der Band endet mit einem Abkürzungsverzeichnis sowie einem Personen- und Ortsregister. Im Folgenden werden primär die gängigeren englischen Orts- und Personennamen sowie Begriffsbezeichnungen und eine vereinfachte Umschrift arabischer Wörter verwendet, also nicht die eingedeutschten Begriffe. Letzteres würde die rasche Auffindbarkeit in den überwiegend englischsprachigen Dokumenten und der englischsprachigen Literatur deutlich erschweren. Für den Sudan ist hier daher, angelehnt beispielsweise an die Formulierung des Internationalen Strafgerichtshofes, von»janjaweed«-milizen und nicht von»dschandschawid«die Rede. Auch Ortsbezeichnungen wie North Kordofan stehen im Sinne der Einheitlichkeit englisch geschrieben, obwohl sie eigentlich arabisch sind. Im Falle des Südsudans wird dementsprechend von»jonglei«und nicht von der im Deutschen auch als»jungali«bezeichneten Region und von»juba«als Hauptstadt und nicht von»dschuba«gesprochen. Bei der Benennung der Teilstaaten im Südsudan ist ebenfalls zu beachten, dass Präsident Salva Kiir im Oktober 2015 eine Föderalismusreform verkündete, deren Legitimität umstritten ist. 16

19 Einleitung Der vorliegende Band nutzt daher weiterhin die Namen der zehn Teilstaaten, die bei der Unterzeichnung der 2015 getroffenen Friedensvereinbarung zwischen der südsudanesischen Regierung und der größten Rebellengruppe Bestand hatten, oder er greift auf die Namen der drei Regionen zurück, die bis 1994 existierten. Letzteres orientiert sich an der Kategorisierung der Vereinten Nationen, die bei der Sicherheitslage in ihren Berichten zwischen»greater Upper Nile Region«,»Greater Equatoria Region«und»Greater Bahr al-ghazal Region«unterscheiden. Auch im Falle der Selbstbezeichnung von Ethnien wird auf die international üblichen Begriffe zurückgegriffen. Im Folgenden soll daher von»dinka«und nicht von»jieng«, von»nuer«und nicht von»naath«usw. gesprochen werden. Aus sprachökonomischen Erwägungen heraus wurde auf die gleichzeitige Verwendung von weiblichen und männlichen Sprachformen verzichtet. Mit maskulinen Begriffen wie»migrant«oder»soldat«können daher sowohl weibliche als auch männliche Personen gemeint sein. Alle Textbeiträge der Reihe»Wegweiser zur Geschichte«sind als PDF-Dateien auf der Website des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw): abrufbar. Abschließend sei allen Autoren, aber auch dem Fachbereich Publikationen des ZMSBw gedankt. Bernd Nogli entwarf die Karten und Grafiken; Carola Klinke übernahm den Satz und die umfangreiche Indexierung der Namen und Ortsangaben; Michael Thomae zeichnet für das Lektorat verantwortlich. Ein Dank geht auch an Almut Seiler-Dietrich, Henrik Maihack, Martin Rink und Fanella Akoth Würth, die Infokästen beisteuerten, sowie an Marina Sandig und Esther Geiger für die Klärung der Bildrechte. Ein besonderer Dank geht an Roman Deckert und Hans-Peter Konopka, die wichtige Hinweise und gute Ratschläge zur Entstehung der Neukonzeption beisteuerten, das Dezernat Beobachtermissionen im Einsatzführungskommando der Bundeswehr (Schwielowsee), die zuständigen Länderreferenten im Auswärtigen Amt (Berlin), die Mitarbeiterinnen der Bibliothek des ZMSBw sowie an Birgit Krüger (Bundessprachenamt, Dienstort Potsdam) für die Übersetzungen. Torsten Konopka 17

20 Auch rund 60 Jahre nach der Unabhängigkeit der meisten afrikanischen Staaten wird ihre Geschichtsschreibung insbesondere in Europa oft von der kolonialen Vergangenheit dominiert so als habe der afrikanische Kontinent erst mit dem europäischen Eindringen zu existieren begonnen. Der Sudan und der Südsudan sind hierbei keine Ausnahme. Dabei blickt dieser Raum auf eine reiche und bis heute prägende Geschichte zurück. Das Foto zeigt die Pyramiden von Meroë, die zwischen etwa 600 v.chr. und 300 n.chr. erbaut wurden. Das rund 200 Kilometer nordöstlich von Khartoum gelegene UNESCO-Weltkulturerbe war einst das Machtzentrum des Reiches von Kusch am oberen Nil, wo schon in der Antike eine hoch entwickelte Kultur blühte. Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich im Sudan zudem kurzzeitig ein islamischer Staat, der den imperialen Eindringlingen in den 1880er Jahren erfolgreich trotzte wurde dieser Staat jedoch von ägyptischen und britischen Truppen niedergeworfen. Die Erinnerung an diesen illegitimen Übergriff europäischer Mächte ist in der sudanesischen Gesellschaft bis heute nicht verblasst. Thilo Thielke

21 Schwarze Königreiche von der Antike bis zur kolonialen Unterwerfung Die Staatengeschichte auf dem Gebiet des heutigen Sudans beginnt schon vor fast viertausend Jahren. In älteren Quellen wird der Norden des Sudans meist als»nubien«bezeichnet. Es lag am Oberlauf des Nils und bezeichnete die Reiche südlich von Ägypten. Der Name bezieht sich nach der Überlieferung auf ein Wort für Gold (nbw), das aus dieser Region nach Ägypten geliefert wurde. Das erste historisch überlieferte Staatswesen war das Königreich Kerma in Obernubien, das vor allem archäologisch erfassbar ist. Später folgte das mächtige Reich von Kusch, aus dem das Reich von Meroë hervorging. Letzteres teilte sich wiederum in drei Königreiche, die bis in die Periode des europäischen Mittelalters fortexistierten. Im Griechischen wurde Kusch»Aithiopia«genannt,»das Land der Schwarzen«, und später, mit derselben Bedeutung, arabisch»bilad as-sudan«, woraus der heutige Staatsname entstand. Nubien und Ägypten Das Königreich von Kerma bestand etwa von 1700 bis ungefähr 1550 v.chr. und drang bis in das über lange Zeit ägyptisch kontrollierte Unternubien vor. Es wurde allerdings ab 1502 v.chr. vom expandierenden ägyptischen Reich unter Pharao Thutmosis I. unterworfen. Auf kultureller, gesellschaftlicher und politischer Ebene gab es zwischen den Herrschaftsstrukturen in Nubien und Ägypten sowohl markante Unterschiede als auch Ähnlichkeiten. Statuen und Götterinschriften folgten schon früh dem ägyptischen Stil, und als Nubien ägyptisch war, begann der Bau erster Pyramiden im Lande (kleinere»beamtenpyramiden«). Wie in Ägypten scheint es im alten Nubien auch einen Schlangenkult gegeben zu haben. In der Form des Berges Jebel Barkal, einige Kilometer südlich des vierten Nilkatarakts gelegen, erblickten die antiken Nubier die Gestalt einer Kobra. In den Geschichtslegenden Ägyptens spielten die Gebiete südlich seiner Grenzen eine große Rolle. Angeblich stammt 19

22 I. Historische Entwicklungen von hier das Symbol der Uräusschlange es ziert die Krone der Pharaonen, die mit dem Gott des Windes Amun (der Erhabene) verbunden ist. Die Ursprünge der ältesten Götter Ägyptens gehen nach ägyptischen Überlieferungen auf die Länder des Südens zurück auf Kusch und das mysteriöses Land Punt im Südosten, dessen genaue Lage bis heute umstritten ist. 20 Das Reich von Napata Etwa 350 Kilometer nördlich des heutigen Khartoums am Berg Jebel Barkal liegt die Stadt Napata, die jahrhundertelang von Ägypten abhängig war. Sie wurde um 1450 v.chr. von Thutmosis III. gegründet und bildete fortan die ägyptische Südgrenze. Während einer Schwächephase Ägyptens ergriffen jedoch thebanische Priester, die gleichzeitig Generale waren, die Macht und begründeten ein vom ägyptischen Pharao weitgehend unabhängiges Fürstentum. Nach der Eroberung Ägyptens durch die Assyrer blieb Napata auf sich gestellt und erlangte als Königreich von Kusch beziehungsweise von Napata um 750 v. Chr. seine Unabhängigkeit. Nach seiner Machtkonsolidierung beanspruchte es unter König Kaschta»dem Kuschiten«auch die Kontrolle über Ägypten. Daraus ging ca. 713 v.chr. die kuschitische oder»äthiopische«dynastie hervor, die über ein Jahrhundert große Teile Ägyptens beherrschte. Kulturzentrum war der bereits erwähnte Jebel Barkal. Tempelinschriften zeigen in dieser Zeit eine Veränderung der Herrschaftssymbolik und die Annahme nichtägyptischer Vorstellungen. Auch die Gesichtszüge der dargestellten Herrscher werden afrikanischer. Napata verlor jedoch an ökonomischer Bedeutung und wurde im Jahr 591 v.chr. von einer persischen Militärinvasion schwer getroffen. Etwa im 4. Jahrhundert v.chr. ließen interne Machtverschiebungen die Stadt Meroë noch weiter südlich am Nil zur neuen Residenz der Herrscher von Kusch aufsteigen. Der deutsche Ethnologe Leo Frobenius stieß auf die Legende vom rituellen Königsmord, derzufolge der König in einem bestimmten Zyklus sterben musste, um die Fruchtbarkeit des Landes zu erhalten. Im 3. Jahrhundert v.chr. soll sich Arkamaniqo (die Griechen nannten ihn»ergamenes«) dem Befehl der Priester widersetzt haben,

23 Schwarze Königreiche sich töten zu lassen. Hierdurch leitete er eine neue Periode mächtiger Könige ein, die des Reiches von Meroë. Das Reich von Meroë Symbolische Kontinuität zum vorherigen Reich wurde dadurch gewahrt, dass die Krönung der Könige von Meroë (so die griechische Bezeichnung) nach wie vor meist in Napata erfolgte. Meroë, oder Medewi, wie es die eigenen Herrscher nannten, wurde durch eine Vielzahl von Inschriften in einer eigenen Schrift bekannt. Die Sprache von Meroë gibt nach wie vor Rätsel auf. Moderne Forschungen zeigen allerdings, dass sie mit den nilo-saharanischen Sprachen verwandt ist, die im gesamten Raum vom Tschad über den Südsudan bis nach Eritrea gesprochen werden. Wie im alten Ägypten gab es auch in Meroë ein stark hierarchisch organisiertes Beamtensystem und einen ausgeprägten Kult um Lebensdauer und Tod. Herrscher wurden mumifiziert und in Pyramiden beigesetzt. Heute besitzt Meroë eine größere Anzahl dieser Bauwerke als Ägypten. Seit 2011 zählen sie zum Weltkulturerbe der UNESCO. Ein deutlicher Unterschied zum ägyptischen Reich zeigt sich jedoch in der Regelung der Erbfolge: Nicht der Sohn eines Herrschers wurde König, sondern der Sohn seiner Schwester. Zudem spielte die Königsmutter sie trug den Titel»Kandake«, den bereits die Bibel erwähnt eine zentrale, vermutlich sowohl politische als auch kultische Rolle im Staat. Der alte wie auch der neue Herrscher musste ihrer Linie entstammen. In einer späteren Periode herrschte eine Reihe von Königinnen oder»kandakes«auch selbständig. Die Kandake Amanirenas drang 25 v.chr. sogar in römisch-ägyptisches Territorium vor und griff Assuan (damals Syene) an. Etwa aus dieser Zeit stammen auch die letzten Nachrichten des längst weitgehend aufgegebenen Napata, das 23 v.chr. von den Römern zerstört wurde. Kaiser Augustus verkündet die Invasion in seinen Annalen. Meroë, das den Handel zwischen Innerafrika und Ägypten beherrschte, spielt auch eine wichtige Rolle in der Bibel. Es trägt dort die altägyptische Bezeichnung Kusch. Das Neue Testament sagt die Verbreitung des Christentums bis nach»kusch«voraus, 21

24 I. Historische Entwicklungen SZ Photo/United Archives/TopFotoRHR Skulptur des römischen Kaisers Augustus. Bronzeskulptur, um 27 v.chr., gefunden in Meroë. oder, in der griechischen Übersetzung, bis nach»äthiopien«. Nicht immer meint der biblische Text allerdings Kusch also Meroë selbst. Die Bezeichnung steht bisweilen ganz allgemein für die Länder der»schwarzen«und wurde verwendet, da dieses das bekannteste afrikanische Reich war. Wenn die Bibel verkündet,»äthiopien wird seine Hände recken nach Gott!«, so bezieht sich dies ganz allgemein auf die südlichen Ränder der damals bekannten Welt. Gemeint ist:»sogar«diese fernen Völker werden sich zu Gott bekehren. Auch das Römische Reich streckte seine Hand nach Meroë aus. Versuche der Unterwerfung schlugen jedoch fehl, obwohl seit Julius Cäsar ganz Ägypten römisch war. Ebenfalls unabhängig blieb ein altes Nomadenvolk am Roten Meer: die Blemmyes, die Vorfahren der späteren Beja-Völker, die teilweise eigene Könige hervorbrachten. Antike Quellen kennen dieses Volk vor allem als Räuber, die mit ihren Überfällen die römischen Provinzen Ägypten und Nubien bedrohten. Weiter südwestlich, im heutigen Südsudan, lebten zahlreiche innerafrikanische Völker mit verschiedenen Sprachen und Kulturen, die keine Staaten bildeten und oft kleinteilig organisiert waren. Diese waren durch verschiedene geografische Zonen voneinander getrennt. Zwar bildeten sich auch in diesen Gebieten spätere Königstraditionen heraus, jedoch waren diese aufgrund der egalitären Freiheit der Viehhirten weniger hierarchisch. 22

25 Schwarze Königreiche Aufstieg der Aksumiten Meroë bestand bis in die Spätantike und ging dann in kurzer Zeit unter. Die Ereignisse, die dazu geführt haben, sind umstritten. Weiter südöstlich war jedoch aus einer Ansammlung kleinerer, vom Rotmeerhandel lebender Fürstentümer und innerafrikanischer Handelsposten ein mächtiger Konkurrent aufgestiegen das Reich der Aksumiten im Norden des heutigen Äthiopiens und in Eritrea. Noch um das Jahr 300 n.chr. sind Gesandtschaften aus Meroë überliefert doch schon wenige Jahrzehnte später gibt es vom Reich kein Lebenszeichen mehr. Inschriften des kriegerischen Königs der Aksumiten scheinen Auskunft zu geben, was geschah: Bis um das Jahr 330 bis 340 n.chr. war es dem aksumitischen»könig der Könige«Ezana gelungen, weite Gebiete entlang der Küste des Roten Meeres in seine Abhängigkeit zu bringen. Ebenso brüstete sich Ezana damit, das Reich von Kusch unterworfen zu haben. Gleichzeitig verbündete er sich mit Byzanz und nahm das Christentum an. Einige aksumitische Inschriften in Meroë stammen aus dieser Periode. Zwar ist in dieser Region archäologisch keine dauerhafte Präsenz der Aksumiten belegbar, dennoch übernahmen die Aksumiten meroitische Überlieferungen als Bestandteil der eigenen politischen Identität. In griechischen Inschriften nannten sie nun ihr eigenes Land»Aithiopia«(Äthiopien), womit sie die biblischen Erwähnungen von Kusch beziehungsweise»aithiopia«auf sich bezogen und die Aksumiten damit Teil der biblischen Heilsgeschichte wurden. In der Vorstellung der bibeltreuen Aksumiten wurde die sudanesische Kandake eine frühere Königin ihres Landes und Mitbegründerin des aksumitischen Christentums was allerdings unhistorisch ist. Die drei Nachfolgereiche Nach Ausbreitung der Aksumiten verfiel Meroë. Teilstaaten traten an seine Stelle. Im nördlichen Nubien entstand Nobatia (arab. al-maris), im mittleren Teil westlich vom Nil Makuria (arab. al-muqurra) und im südlichen Nubien stieg der insgesamt am wenigsten bekannte Staat Alodia (arab. Alwa) mit seiner Haupt- 23

26 I. Historische Entwicklungen stadt Soba auf. Alle drei Königreiche unterhielten diplomatische Beziehungen untereinander und pflegten solche auch zum Reich Aksum. Im Norden gründeten die nomadischen Beja (die heute das Gebiet zwischen Assuan in Ägypten entlang des Roten Meeres bis Eritrea besiedeln) eigene Gemeinwesen, die in alten arabischen Quellen die Bezeichnung»Fünf-Beja-Königreiche«tragen. Diese traten zum Teil an die Stelle des alten Meroë und übernahmen auch Gebiete, die vorher Aksum unterstanden. Wie die Aksumiten im Südosten nannten sich die nubischen Herrscher»Könige von Äthiopien«. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten, im 6. Jahrhundert beispielsweise Nobatia und Makuria, konvertierten auch sie zum Christentum und lehnten sich an Byzanz an. Im Jahr 573 gelangte sogar eine Delegation des Kaisers Justinus II. nach Makuria. Der kulturelle Austausch unter den christlichen Reichen der Region muss bedeutend gewesen sein. In aksumitischen Malereien in Äthiopien finden sich Heiligenabbildungen, wie sie auch in den als Ruinen erhaltenen nubischen Kirchen bekannt sind. Das rund eintausend Jahre bestehende Königreich Makuria übernahm im 7. Jahrhundert auch Nobatia. Gelegentlich wird dieses größere Reich nach seiner Residenzstadt Tungul (nubisch; auch Dongola) benannt, etwa 400 Kilometer nordwestlich vom heutigen Khartoum gelegen. Es herrschte zeitweise auch über Alodia. Wie zuvor in Meroë erbten die männlichen Könige von Makuria ihren Thron über die Mutterlinie. Mit dem Aufstieg des Islam folgte eine politische Neustrukturierung der Region, auch wenn die arabischen Eroberungsarmeen zunächst auf Widerstand stießen. In einem Friedensvertrag von 652 erklärte sich Makuria bereit, einen jährlichen Tribut (vor allem Sklaven) an Ägypten und das arabische Reich zu zahlen. Die Araber wiederum versuchten ihre Machtposition durch prachtvolle Gesandtschaften und durch Verhandlungen weiter auszubauen. Für das Jahr 752 ist eine Delegation aus dem großen islamischen Reich des Kalifen der Abbasiden, Abu Abbas as-saffarh, bezeugt, an der ein gefangener chinesischer Offizier teilnahm. Der Chronist mit Namen Du Huan bezeichnete Makuria als»das Land Molin«und berichtete von zahlreichen Kuriositäten, darunter von der»anbetung des Himmels«wie er das Christentum beschrieb. 24

27 Schwarze Königreiche In den folgenden Jahrhunderten gingen die nubischen Königreiche unter dem zunehmenden islamischen Expansionsdruck nach und nach unter, wobei auch eine verheerende Pest eine Rolle gespielt haben dürfte wurde Dongola aufgegeben. Eine Inschrift aus dem 14. Jahrhundert nennt letztmalig einen König von Tungul, doch scheint dieser lediglich über die Stadt Dongola geherrscht zu haben. Bis ins 15. Jahrhundert regierte noch ein»könig von Nubien«über Dotawo, eine Provinz von Makuria, bevor 1560 ganz Nubien im islamischen Einflussbereich aufging. Im heutigen Südsudan bestanden die dortigen Gemeinwesen mit ihren komplexen Kulturen und Religionen fernab des Islam eigenständig bis in die neueste Zeit weiter. Einige der dort lebenden Ethnien, beispielsweise die Dinka und die Nuer, waren mit den Vorfahren der Herrscher von Meroë verwandte Viehhirten mit nilosaharanischen Sprachen. Andere Gruppen, wie die Anuak, entwickelten komplexe Bauernkulturen mit eigenen Göttervorstellungen. Die geografische Vielfalt des Südsudans, geprägt von Hügel- und Berglandschaften, Savannen und Flusssystemen, machte die Herausbildung zentraler Staatssysteme indes weder möglich noch nötig. Nur wenige der dort lebenden Gemeinschaften, wie die Azande in der Grenzregion zur heutigen Demokratischen Republik Kongo und zur Zentralafrikanischen Republik sowie die Shilluk entlang des Weißen Nils in Upper Nile, besaßen zentralisierte Königreiche. Allein die geografische Lage versprach ansonsten über Jahrhunderte einen gewissen Schutz. Die ethnischen Gemeinwesen des heutigen Südsudans wurden erst im 19. Jahrhundert durch die Expansion des islamischen Reiches im Norden mit der Geschichte des Sudans verbunden, in deren Folge viele Gebiete von Sklavenjägern heimgesucht wurden. Bis heute hat sich die Geschichte der Sklaverei ins kollektive Gedächtnis des Südsudans eingebrannt. Islamische Herrschaft An die Stelle der nubischen Königreiche traten neue, islamische Gemeinwesen. Westlich von Nubien hatte das schon früh zum Islam gehörende Kanem-Reich seine bis nach Darfur reichen- 25

28 I. Historische Entwicklungen Der Mahdi-Staat ein»antiwestliches«gegenmodell Im heutigen Sudan war 1881 eine politisch-religiöse Bewegung entstanden, die sich gegen die ägyptische Besatzung des Landes richtete und mittelbar gegen die Europäer, die im Hintergrund die Geschäfte Ägyptens kontrollierten. Aus dieser Bewegung erwuchs in kurzer Zeit ein regelrechter Feldzug, dem sich immer mehr junge Sudanesen anschlossen. Der militärische Erfolg war erstaunlich eine ägyptische Armeeeinheit nach der anderen wurde besiegt und zum Teil völlig aufgerieben. Innerhalb kurzer Zeit waren umfangreiche Gebiete unter der Kontrolle des Anführers der Bewegung Muhammad Ahmad, des sogenannten»mahdi«(arab.: der von Gott Geleitete). Im Januar 1883 fiel nach viermonatiger Belagerung die Provinzhauptstadt El Obeid, die heutige Hauptstadt des Bundesstaates North Kordofan, und wenige Monate später erlitt die ägyptische Armee bei dem Versuch, sie zurückzuerobern, eine vernichtende Niederlage. Im Dezember desselben Jahres kapitulierte der ägyptische Gouverneur von Darfur, der Österreicher Rudolf Carl Slatin. Erst nach elf Jahren gelang ihm die Flucht. Den endgültigen Durchbruch brachte die Eroberung der Hauptstadt Khartoum im Januar 1885, wo die siegreichen Aufständischen den Kopf des ägyptischen Gouverneurs Gordon Pascha (Charles G. Gordon, ein Brite) als Trophäe ausstellten. Die Erfolge des Muhammad Ahmad verstärkten den allgemeinen Glauben in der Bevölkerung, es handele sich bei ihm um den in der islamischen Tradition prophezeiten Gottgesandten, der das Unrecht der Welt abschaffen würde. An die Stelle der Fremdherrschaft trat eine neue politische Kraft: die Gefolgsleute des Mahdi, die einen Staat in den von ihnen kontrollierten Gebieten aufbauten, die Mahdiyya. In der eurozentristischen Literatur wird gewöhnlich nur von der Mahdi- Rebellion gesprochen. Diese Beschreibung greift jedoch zu kurz. Wer von Rebellion spricht, meint damit eine Erhebung gegen eine legitime Macht und lässt vergessen, dass sich der Aufstand im Sudan gegen eine imperiale Besatzung wandte und dass aus der»rebellion«eine ganze Staatsstruktur erwuchs. Die historische Erinnerung in Europa scheint den Gedanken nicht zulassen zu wollen, dass man seinerzeit mit weit mehr als lediglich einem Aufstand konfrontiert war. In Wahrheit ging es um ein radikal neuartiges staatliches Gegenmodell, das für eine gewisse Zeit sowohl militärisch als auch politisch überaus er- 26

29 Schwarze Königreiche folgreich war und örtlich über eine wesentlich höhere Legitimität verfügte als das von Europa gestützte Ägypten. Es handelte sich bei den Mahdisten eben nicht um»fremde«eroberer, sondern um die eigenen Leute, die im Namen des Islams die Fremdherrschaft bekämpften. Der Staat des Mahdi setzte Gouverneure in den eroberten oder je nach Perspektive: befreiten Gebieten ein, etablierte eine eigenständige Rechtsprechung auf der Grundlage der Scharia und prägte eigene Münzen gelang es britischen und ägyptischen Armeen unter dem Oberbefehl von Lord Horatio Herbert Kitchener in der Schlacht von Omdurman, die Truppen des Mahdi unter seinem Nachfolger Abdullahi Ibn Sayyid Muhammad zu besiegen, doch konnten sich diese noch bis 1899 in Darfur halten. Bis heute spielt im Sudan die Erinnerung an den islamischen Widerstand gegen den europäischen Imperialismus eine wichtige Rolle. WS SZ Photo/Scherl Muhammad Ahmad ( ), der als»mahdi«bekannt gewordene Führer der nationalistisch-islamistischen Bewegung gegen die Kolonialherrschaft. 27

30 I. Historische Entwicklungen de Herrschaft etabliert. Früh zum Islam konvertierten auch die Zaghawa, Nomaden mit eigenen Königen. Sie kontrollierten die Oasen zwischen den nubischen Königreichen und dem heutigen Tschad und trieben Handel bis in den Maghreb. Die Zaghawa wurden jedoch von Kanem und später vom Sultanat Darfur, das im 18. Jahrhundert entstand, verdrängt. Auch das von der Ethnie der Fur dominierte, aber ebenso von zahlreichen anderen, zumeist bäuerlichen Ethnien bevölkerte Sultanat bekannte sich schon früh zum Islam. Aus der sudanesischen Geschichte ist zudem die Einwanderung großer arabischer Gruppen wie der Juhayna in die gesamte Nilregion bekannt, die insbesondere ausgedehnte Gebiete in Alodia in Besitz nahmen. Dies eröffnete der Region Handelswege und machte Darfur zu einem der wichtigen Handelsstützpunkte zwischen der arabischen Welt und Innerafrika, insbesondere im Sklaven- und Elfenbeinhandel. Dieser wiederum ermögliche die Belieferung mit Luxusgütern und moderneren Waffen, die die Machtposition der arabischen Eliten weiter stärkte. Im Südosten, nahe der Grenze zu Äthiopien, festigte sich 1504 das muslimische Sultanat der Funj-Hirten von Sennar. Das»Sennar-Reich«bestand mehrere Jahrhunderte und dehnte sich vom Roten Meer über das heutige Norderitrea bis nach Westäthiopien aus. Sennar unterhielt weit gespannte Netzwerke von Vasallen, beherrschte wichtige Handelswege und kontrollierte örtlich verstreute Völker durch die Anerkennung lokaler Würdenträger. Zur gleichen Zeit blühten mehrere kleine Königtümer auf, wie das des Königs von Shendi vom arabischsprechenden nubischen Volk der Jaaliyin am Zusammenfluss des Weißen und Blauen Nils. Eine dramatische Wende in der Geschichte des Sudans brachte die äußerst brutal geführte ägyptische Expansion, die der osmanische Statthalter (Khedive) Mehmed Ali 1820 begann unterwarf er Sennar und setzte neue Gouverneure ein, welche die besetzten Gebiete rücksichtslos ausbeuteten. Auch das Sultanat Darfur erlag der brutalen Eroberung durch die aus Europa mit modernen Waffen ausgestattete ägyptische Armee und wurde so Teil des Sudans. Die nichtmuslimischen Gebiete im heutigen Südsudan gerieten in eine besonders schreckliche Lage: Von nun an florierte der Sklavenhandel mehr denn je, da 28

31 Schwarze Königreiche er den arabischen Gouverneuren und Händlern hohe Gewinne versprach der ägyptische Markt verlangte ständigen Nachschub. Offiziell unterstützten europäische Staaten die»zivilisatorischen Anstrengungen«Ägyptens. Tatsächlich schuf die ägyptische Expansion aber riesige Sklavenjagdgebiete auf der Grundlage eines alten innerafrikanischen, aber relativ bescheidenen Sklavenhandels und ermöglichte eine brutale Ausbeutung durch arabisch-sudanesische Händler und Beamte aus dem Norden. Die Sklaven wurden in die arabische Welt exportiert, Frauen als Haushaltssklaven oder in Harems verkauft, Männer als Arbeiter in den neuen Plantagenprojekten und in der ägyptischen Armee eingesetzt. Auch die Grenzgebiete zum christlichen Äthiopien wurden Opfer von Sklavenhändlern, sowohl aus dem nördlichen Sudan als auch aus Äthiopien, das sich hier selbst mit Sklaven versorgte und auch den internationalen Sklavenhandel des Roten Meeres belieferte, was teilweise zu einer dramatischen Versklavung und Entwurzelung weiter Teile der südsudanesischen Gesellschaften führte. Von vorneherein war der Sudan, der keinem historisch zusammenhängenden Gebilde entsprach, somit als Ausbeutungsprojekt der Eroberer konzipiert. Der Südsudan hatte an der späteren Staatsbildung des Sudans praktisch keinen Anteil und legitimierte seinen späteren bewaffneten Widerstand gegen die neuen Machthaber in Khartoum auch mit den Erinnerungen an die Sklaverei. Die ägyptische Ausbeutung traf allerdings auch den sudanesischen Norden. Sie schuf 1881 die Grundlagen für das Erscheinen des sudanesischen Propheten Muhammad Ahmad, der sich»mahdi«nannte und schnell Zulauf erhielt. Mit seinen Gefolgsleuten gelang es ihm die ägyptischen Besatzer aus fast dem gesamten sudanesischen Gebiet zu vertreiben. Das von ihm errichtete Kalifat von Omdurman (Mahdiyya) war einerseits ein modernes, radikales Reformprojekt, das sich im Gegensatz zu früheren Herrschaften stark auf den Islam stützte. Andererseits ließ der Mahdi-Staat die alte Unabhängigkeit wieder aufleben. Auch wenn die Mahdiyya bereits 1899 unterging, wirkt ihre innere Dynamik im Sudan bis heute fort. Wolbert G.C. Smidt 29

32 Fremdherrschaft prägte die Entwicklung der Gebiete des heutigen Sudans und des Südsudans im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der auf sudanesischem Territorium errichtete Mahdi-Staat des ausgehenden 19. Jahrhunderts unterbrach die Vorherrschaft ausländischer Mächte lediglich für knapp zwei Jahrzehnte. Neben den ägyptischen Machthabern drückten vor allem die Briten das Bild zeigt den englischen General Horatio Herbert Kitchener, seit 1877 Gouverneur des gesamten Sudans diesem Gebiet ihren Stempel auf. Sie brachten ein modernes Wirtschaftssystem mit, errichteten bisher fehlende Infrastruktur und waren an der Schaffung politischer Institutionen beteiligt. Der an britischen Eigeninteressen ausgerichtete Wirtschaftsaufbau zielte jedoch einseitig auf den arabisch dominierten Norden des Landes und ließ den»afrikanisch«geprägten Süden wie auch das im Westen liegende Darfur und die restliche Peripherie weitgehend außer Acht. Die Folgen dieser nach dem Ersten Weltkrieg betriebenen britischen Politik erwiesen sich nach der Unabhängigkeit des Sudans am 1. Januar 1956 als schwere Hypothek für den neuen Staat. Die Fremdherrschaft vertiefte kulturelle, ethnische und sprachliche Unterschiede zwischen dem Zentrum in Khartoum und der Peripherie, die bis auf den heutigen Tag nicht überbrückt werden konnten. picture-alliance/dpa/bernd Mayer

33 Zeit der Fremdherrschaft 1820 bis 1955 In der vorkolonialen Zeit bildeten der Sudan und der Südsudan keine politische Einheit, sondern sie setzten sich aus einer großen Zahl unterschiedlicher Herrschaftsbereiche zusammen. Dies galt insbesondere für den heutigen Südsudan, der hinsichtlich seiner Herrschaftsstruktur einem Flickenteppich glich, bestehend aus nur einigen wenigen Königreichen und vielen nichtzentralisierten Gesellschaften mit unterschiedlichen sozialen Organisationsformen. Lediglich der westliche Teil des heutigen Sudans, Darfur, wies als Sultanat staatenähnliche, autonome Strukturen auf. Im Jahr 1820 begann der osmanische Vizekönig von Ägypten, der Khedive (Statthalter) Mehmed Ali, die Eroberung des heutigen Sudans von Norden her. Das Königreich Ägypten gehörte zwar noch offiziell zum Osmanischen Reich, genoss aber zu dieser Zeit bereits eine relative Unabhängigkeit. Bis 1821 gerieten weite Teile des nördlichen Sudans unter ägyptische Herrschaft, die vollständige Besetzung des Nordsudans durch osmanisch-ägyptische Truppen dauerte bis Parallel zu ihren Feldzügen im Norden versuchten die Ägypter wiederholt, auch in den rohstoffreichen, aber geografisch schwer zu erschließenden Süden vorzudringen, wo Gold, Elfenbein und Nutzhölzer lockten. Neben diesen ökonomischen Beweggründen kam ein militärisches Motiv hinzu: Der Khedive rekrutierte die notwendigen wehrfähigen Männer für seine Feldzüge. Die ersten Invasionsbemühungen der Ägypter in den Süden erwiesen sich jedoch als derart verlustreich, dass die Eroberer ihren Vormarsch zunächst einstellen mussten. Ab den 1830er Jahren begannen erneut ägyptische Versuche zur Kolonisierung des heutigen Südsudans. Nachdem der Widerstand der dort ansässigen Ethnien der Dinka, Nuer und schließlich auch der Shilluk gebrochen werden konnte, unterwarfen ägyptische Truppen bis 1874 das gesamte Gebiet des Südsudans. Den Ägyptern als Kolonialmacht gelang es zu keiner Zeit, die uneingeschränkte Herrschaft über das Territorium auszuüben. In der Praxis regierten im Süden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Menschenhändler, die nach der Eroberung des Landes die Versklavung der dortigen»afrikanischen«be- 31

34 I. Historische Entwicklungen Rue des Archives/PVDE/Süddeutsche Zeitung Photo Sklavenmarkt in Khartoum. völkerung organisierten. Versuche der ägyptischen Verwaltung, zwischen 1841 und 1885 den Süden zwangsweise mit dem arabisch dominierten Norden zu vereinen, blieben erfolglos. 32 Die politische Entwicklung 1874 bis 1899 Unter der Regentschaft von Ismail Pascha ( ) war die Staatsverschuldung Ägyptens stark angestiegen mündete die in erster Linie durch den kostspieligen Bau des Suezkanals verursachte Finanzkrise in einem faktischen Staatsbankrott. Die Misere rief eine internationale Finanzaufsicht unter britischer Leitung auf den Plan. Deren Präsenz stieß jedoch auf den Unmut und zum Teil auf den Widerstand der Ägypter. Insbesondere die nationalistischen Gruppierungen des Landes taten sich als Motor gegen die als Einmischung in innerägyptische Angelegenheiten empfundene Arbeit ausländischer Kontrolleure hervor. In einem zunehmend aufgeheizten innenpolitischen Klima brachen ab 1879 Unruhen aus, die Ausschreitungen gegenüber Europäern nach sich zogen. Die Tumulte in Ägypten, die auch auf den Sudan überzugreifen drohten, ließen wiederum Großbritannien in Aktion treten, das insbesondere die Nutzung des Suezkanals und damit die strategisch wichtige Verbindung zu den briti-

35 Zeit der Fremdherrschaft schen Kolonien in Indien als gefährdet ansah. Im Herbst 1882 drangen britische Truppen in Ägypten ein, schlugen den Widerstand nieder und stationierten eine Besatzungsarmee im Land. Im Dezember 1882 lösten die Briten die ägyptischen Streitkräfte auf, was unter anderem zu einem Aufruhr der ägyptischen Garnisonen im Sudan führte. Unter dem Einfluss der europäischen Großmächte hatte die ägyptische Regierung in den 1870er Jahren auch zahlreiche europäische Beamte in das Gebiet des Sudans entsandt, um die dortige Verwaltung zu organisieren erhielt das Territorium mit dem Briten Charles G. Gordon seinen ersten europäischen Generalgouverneur. In Gestalt des British Empire hatte ein neuer Akteur die politische Bühne am Nil betreten, der in den folgenden Jahrzehnten die Entwicklung sowohl Ägyptens als auch des gesamten Sudans prägte. Auseinandersetzungen mit dem Mahdi-Staat 1883 bis 1899 Der vorrangig gegen die ägyptische Vorherrschaft im Sudan und ferner gegen die im Hintergrund agierenden Europäer gerichtete Mahdi-Aufstand (vgl. Infokasten auf S. 26 f.) hielt ab den frühen 1880erJahren den Norden des Sudans in Atem. Aus der politischreligiösen Bewegung des Mahdi erwuchs eine bedeu tende militärische Kraft. Die Krieger des Mahdi konnten eine Reihe von Erfolgen gegen die ägyptische Armee erzielen. Im Januar 1883 fiel nach viermonatiger Belagerung die Provinzhauptstadt El Obeid, die heutige Hauptstadt des Bundesstaates North Kordofan. Ein Rückeroberungsversuch der Ägypter scheiterte. Im Dezember 1883 kapitulierte der ägyptische Gouverneur von Darfur sank Darfur zum halbautonomen Sultanat ab und wurde schließlich am 1. Januar 1917 zu einem Bestandteil des Sudans. Ihren größten militärischen Erfolg erzielten die Mahdisten zweifelsohne mit der Eroberung Khartoums im Januar Von nun an war der Weg frei für die Errichtung eines eigenen Staates, der rund 13 Jahre als Kalifat von Omdurman im heutigen Sudan Bestand haben sollte und die erste nationale sudanesische Regie- 33

36 I. Historische Entwicklungen Tod General Gordons am 26. Januar 1885 im Verlauf der Einnahme von Khartoum durch die Mahdisten. picture alliance/united archives/wha rung hervorbrachte. Auch die Mahdisten versuchten, wie zuvor Ägypten, den Südsudan unter ihre Kontrolle zu bringen, scheiterten jedoch am Widerstand der dort ansässigen Bevölkerung. Nachdem in Großbritannien die Niederlagen der zumeist unter britischer Führung stehenden ägyptischen Truppen gegen den Mahdi anfänglich weitgehend passiv mitverfolgt worden waren, setzte 1884 ein Umdenken ein. Die Briten erkannten, dass die Mahdisten durch eine Besetzung der Küste des Roten Meeres, die für die Sicherung der Seewege wichtig war, zu einer ernsthaften Bedrohung britischer Interessen in der Region heranwachsen konnten. Großbritannien reagierte militärisch, indem es nach 1884 eigene Streitkräfte entsandte, die den Mahdisten in der Folge auf sudanesischem Boden einige empfindliche Niederlagen beibrachten. Doch ungeachtet verlorener Gefechte hielten deren Krieger nach wie vor weite Teile des Sudans besetzt

37 Zeit der Fremdherrschaft Jean-Baptiste Marchand und die Faschoda-Krise Seit dem Ägyptenfeldzug, spätestens aber mit der gewaltsamen Durchdringung Westafrikas und der Sahara im späten 19. Jahrhundert beabsichtigte die französische Kolonialbewegung, ein französisches Imperium vom Senegal bis Ostafrika zu schaffen. Der französische Offizier Jean-Baptiste Marchand ( ) war 1898 der erste Europäer, dem die Durchquerung des afrikanischen Kontinents an seiner breitesten Stelle gelang. Die Unternehmung diente der Legitimierung von Herrschaftsansprüchen. Ausgehend von der französischen Kolonie Kongo-Brazzaville führte der strapaziöse Weg Marchands auf den Flüssen Kongo und Ubangi bis zum sumpfigen Abschnitt des Nils am Bahr al-ghazal. Am 10. Juli 1898 erreichte Marchands Truppe die Stadt Faschoda (seit 1905 Kodok). In Frankreich löste dies einen Sturm der Begeisterung aus. Von britischer Seite wurde der französische Vorstoß als ein»unfreundlicher Akt«angesehen, da die Armee des seit 1880 britisch kontrollierten Ägyptens ebenfalls im Begriff war, den südlichen Sudan zu durchdringen. Am 2. September 1898 war es dem Befehlshaber der britisch-ägyptischen Armee, Lord Horatio Herbert Kitchener, gelungen, die Truppen des Mahdi bei Omdurman vernichtend zu schlagen. Am 18. September erreichte Kitchener Faschoda, wo er Marchand aufforderte den Ort zu räumen zunächst ohne Erfolg. Als diese Nachricht in Frankreich und Großbritannien eintraf, gerieten beide Staaten an den Rand eines Krieges. Frankreich lenkte ein, Marchand verließ Faschoda und kehrte im Mai 1899 als gefeierter Held nach Frankreich zurück. Die friedliche Beilegung der Krise gilt als wichtige Voraussetzung für die Beendigung des»wettlaufs um Afrika«in Form des Abkommens zwischen Großbritannien und Frankreich vom 8. April 1904 (Entente Cordiale). MR picture-alliance/hip/art Media holten die Briten schließlich zum entscheidenden Schlag aus, indem sie die»anglo-egyptian Nile Expeditionary Force«in Stärke einer ägyptischen Division und einer britischen Brigade unter Führung des britischen Generals Horatio Herbert Kitchener in Marsch setzten. Der 1896 gefasste britische Entschluss, den sudanesischen Mahdi-Staat endgültig zu beseitigen und den Gesamtsudan 35

38 I. Historische Entwicklungen einzunehmen, lässt sich auf verschiedene Motive zurückführen. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte die öffentliche Meinung in Großbritannien, die ab 1896 durch eine geschickte Informationspolitik manipuliert vermehrt forderte, gegen den florierenden Sklavenhandel einzuschreiten. Der Sklavenhandel im südlichen Teil des Sudans wurde freilich auch später unter britisch-ägyptischer Herrschaft in der Praxis nicht unterbunden. Kitcheners modern bewaffnete Streitkräfte konnten im Nil-Feldzug von 1897/98 militärische Erfolge erzielen und traten zum Marsch nach Süden an. In der Schlacht von Omdurman, an der auch der spätere britische Premierminister Winston Churchill als Offizier und Kriegsberichterstatter teilnahm, erkämpfte Kitchener mit 8200 Briten und Ägyptern gegen ca schlechter bewaffnete Mahdisten einen militärischen Sieg, der das Ende des Mahdi-Staates einleitete. Das am westlichen Nilufer gelegene Omdurman wurde besetzt, Khartoum wieder aufgebaut. Zwar konnten sich letzte militärische Kräfte des Mahdi noch bis 1899 im Darfur behaupten; dies war aber nur noch von nachgeordneter Bedeutung. Der Sudan unter britisch-ägyptischer Herrschaft 1899 bis 1955 Nach der Zerschlagung des Mahdi-Staates entstand ein neues Herrschaftssystem auf sudanesischem Boden. Das von den Briten eroberte Gebiet wurde nicht Ägypten zurückgegeben, sondern 1899 als Anglo-Ägyptisches Kondominium konstituiert. Die Briten hatten eine Beteiligung an der Verwaltung des Sudans eingefordert und sich in dieser Frage durchgesetzt. Großbritannien und Ägypten schlossen ein Abkommen, das die ägyptische Herrschaft über den Sudan nur teilweise im Rahmen des Kondominiums wieder herstellte. Das Kondominium, das gemeinhin als Herrschaft mehrerer Staaten über ein Territorium definiert wird, stellte ein in der Kolonialgeschichte Afrikas einzigartiges Konstrukt dar. Der Sudan zählte zwar rechtlich nicht zum Britischen Weltreich. Infolge der anhaltenden Besetzung Ägyptens bildete er jedoch de facto eine Kolonie der englischen Krone. 36

39 Zeit der Fremdherrschaft Koloniale Aufteilung Nordostafrikas bis 1918 M i t t e l km m e e r LIBYEN (1912) ÄGYPTEN (1914 Protektorat) Nil britisch französisch italienisch deutsch belgisch spanisch osmanisch unabhängig PERSIEN FRANZ.- WESTAFRIKA (1895/1904) NIGERIA (1884/1900) FRANZ.- ÄQUATORIAL- AFRIKA (1910) UGANDA (1890/94) Victoriasee Tschadsee MADHI-STAAT ANGLO- ÄGYPTISCHER SUDAN (1899) Weißer Nil Blauer Nil R o t e s M e e r ERITREA (1890) FRANZ.- SOMALILD. (1884) ÄTHIOPISCHES REICH ARABIEN ADEN (1839) BRIT.- SOMALILD. (1884) KAMERUN (1884) RIO MUNI (1900) FRANZ.- ÄQUATORIAL- AFRIKA (1910) Kongo BELGISCH- KONGO (1908) Quelle: Douglas Porch, Wars of Empire, London Durch die Allianz zwischen Großbritannien und Ägypten entstand ein neues zusammenhängendes, staatenähnliches Gebilde, das flächenmäßig wesentlich größer war als zuvor unter ägyptischer Herrschaft. Den arabisch geprägten Norden verwalteten Ägypten und Großbritannien fortan gemeinsam, der Süden erhielt eine rein britische Verwaltung. Ein Abkommen von 1899 schrieb eine Verwaltungsstruktur fest, die sich an der Vorgängeradministration orientierte. Neu geschaffen wurde das Amt des Generalgouverneurs des Gesamtsudans, den die britische Regierung vorschlug und den der ägyptische Herrscher formell benannte. Der Generalgouverneur war mit enormer Machtfülle ausgestattet, da er sowohl den Oberbefehl über die britisch-ägyp- DEUTSCH- OSTAFRIKA (1885/90) BRIT.- OSTAFRIKA (1885/95) ITAL.- SOMALILAND (1889) I N D I S C H E R O Z E A N ZMSBw

40 I. Historische Entwicklungen tisch-sudanesischen Streitkräfte im Sudan als auch die Leitung der Verwaltung innehatte. Als erster Generalgouverneur des Sudans amtierte Kitchener selbst. Ihm arbeiteten in jeder Provinz zwei Inspektoren und einige»district commissioners«zu. In der Anfangszeit des Kondominiums bestand die gesamte Leitungshierarchie des Verwaltungspersonals aus britischen Offizieren. Erst ab 1901 trafen fortlaufend britische Zivilbeamte ein, die künftig Schlüsselpositionen in der Verwaltung bekleideten und den Kern des britischen Verwaltungsapparates, den»sudan Political Service«, bildeten. Ägyptisches Verwaltungspersonal war in der Frühphase des Kondominiums lediglich auf der mittleren, sudanesisches Personal nur auf unterer Ebene anzutreffen. Die britische Administration strebte in erster Linie danach, die Ordnung zu sichern, und war damit auch erfolgreich. Zwar leisteten einige Sudanesen anfänglich teils erbitterten Widerstand, den Bestand des Staatsgebildes konnten sie aber nicht gefährden. Mehrere Maßnahmen halfen den Briten dabei, die Ruhe aufrechtzuerhalten. Zunächst wurden religiöse Bewegungen, insbesondere die Mahdisten, überwacht und bekämpft. Darüber hinaus zielte die britische Bildungspolitik im Sudan darauf ab, eine kleine Intelligenzschicht heranzubilden, die Aufgaben auf unterer Verwaltungsebene wahrnehmen sollte. Bildung galt jedoch gemeinhin als Gefahr, da sie als Voraussetzung für einen sudanesischen Nationalismus betrachtet wurde. Britische Juristen erarbeiteten ein Gesetzeswerk für den Sudan, das sich am britischen Recht für Indien orientierte, und führten ein auf das Land zugeschnittenes Steuerwesen ein. Die Regierung war dabei bemüht, die Abgaben möglichst niedrig zu halten, um die Sudanesen nicht gegen die fremde Herrschaft aufzubringen. Ermöglicht wurde das niedrige Steuerniveau dadurch, dass die Ägypter bis in die 1920er Jahre einen Großteil der Verwaltungskosten und auch der Aufwendungen für den Aufbau des Sudans zu übernehmen hatten. Die wirtschaftliche Entwicklung förderten die Briten vorrangig im Norden. Sie schufen unter anderem eine bescheidene Verkehrsinfrastruktur (so etwa eine Eisenbahn, 1906 Fertigstellung von Port Sudan), führten die Telegrafie im Lande ein und investierten in den für die britische Textilindustrie so bedeutenden Baumwollanbau. 38

41 Zeit der Fremdherrschaft picture alliance/mary Evans Picture Library/Onslo Sudanesen bei der Baumwollernte auf einem um 1930 entstandenen Poster des»empire Marketing Board«. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges und dem Kriegseintritt der Türkei wurde das britische Protektorat über Ägypten ausgerufen, das erst 1922 endete. Britische Truppen blieben jedoch weiterhin an strategisch wichtigen Punkten im Land stationiert. Das gerade erst unabhängig gewordene Ägypten befand sich zu dieser Zeit nicht in der Lage, die Souveränität über den Sudan zu beanspruchen. Infolge von erneuten Unruhen in Ägypten 1924 verschlechterten sich die bilateralen Beziehungen zu Großbritannien. Als ägyptische Studenten den britischen Generalgouverneur im Sudan erschossen, forderten die Briten alle Ägypter auf, den Sudan zu verlassen. Damit fand Ägyptens aktive Mitgestaltung des Kondominiums ein Ende. Die fortan verstärkt im nördlichen Sudan praktizierte Politik der indirekten Herrschaft, eine Form der Selbstverwaltung auf lokaler Ebene unter Aufsicht britischer Verwalter, zielte im Wesentlichen darauf ab, die Verwaltungskosten niedrig zu halten. Im Süden verfolgten die Briten eine andere Politik, sie setzten hier bewusst eine vom Norden getrennte Administration ein. Mit der fadenscheinigen Begründung, der Süden sei noch nicht reif für eine Modernisierung, betrieben sie mit ihrer»southern policy«eine heimliche Abschottungspolitik, die den 39

42 I. Historische Entwicklungen Süden isolieren sollte und im Ergebnis die kulturelle, ethnische und sprachliche Aufspaltung des Gesamtstaates administrativ festigte. So sah etwa eine 1922 erlassene Verordnung vor, dass für den Reiseverkehr zwischen dem nördlichen und südlichen Sudan Visa benötigt wurden (Passports and Permits Ordinance). Die Kolonialhauptverwaltung in Khartoum hatte grundsätzlich wenig Interesse daran, die verschiedenen Ethnien in weit entfernten Regionen stärker in das Staatswesen einzubinden, solange nur die wirtschaftliche Entwicklung des Sudans zufriedenstellend im britischen Sinn verlief und die ökonomischen Ziele erreicht wurden. Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich im Norden des Sudans ein von verschiedenen islamischen Sekten getragener Nationalismus, dessen Verfechter für eine vom Norden geleitete Zentralverwaltung für den Gesamtsudan eintraten. Die nordsudanesischen Nationalisten brandmarkten die britische Trennungspolitik als Ursache für die künstliche Spaltung des Landes. Die späten 1920er und die 1930er Jahre verliefen insgesamt jedoch in relativer Ruhe schlossen Großbritannien und Ägypten einen»freundschafts- und Bündnisvertrag«, in dem der zukünftige Status des Sudans ausgeklammert blieb, doch erhielten die Ägypter das Recht, sich wieder stärker in diesem Bereich zu engagieren. Der Nationalismus in der Region erhielt dadurch neuen Auftrieb. Im Zweiten Weltkrieg konnten die 1925 aufgestellten, unter britischer Führung stehenden»sudan Defence Forces«den Nebenkriegsschauplatz Sudan erfolgreich gegen die Truppen des faschistischen Italiens verteidigen. Nach Kriegsende kam es erneut zu Verhandlungen zwischen Briten und Ägyptern, bei denen weitgehend über die Köpfe der Sudanesen hinweg die Frage der künftigen Souveränität des Sudans zur Debatte stand stellten während einer Konferenz in Juba die britischen und nordsudanesischen Verhandlungsführer die südsudanesischen Vertreter vor vollendete Tatsachen und ließen sie wissen, dass der Norden und der Süden künftig in einem Staat zusammengefasst würden. In den folgenden Jahren schwelte der Konflikt zwischen den Kolonialmächten weiter kündigte Ägypten nach ergebnislosen Verhandlungen mit den Briten den Vertrag von 1936 und 40

43 Zeit der Fremdherrschaft forderte die volle Kontrolle über den Sudan. Den ägyptischen Anspruch wiesen die Engländer zurück. Im Februar 1953 unterzeichneten London und Kairo stattdessen ein Abkommen, in dem sie sich zum Abzug ihrer Truppen binnen drei Jahren verpflichteten. Der Vertrag ebnete den Weg für eine eigenständige Regierung im Sudan. Auf dem Weg in die Unabhängigkeit 1953 wurden erstmals Wahlen im Sudan durchgeführt, ein Jahr später konstituierte sich ein erstes gesamtsudanesisches, allerdings vom Norden dominiertes Parlament. Die Regierungspartei»National Unionist Party«sprach sich zunächst für ein Zusammengehen mit Ägypten aus, ehe sie 1955 ihre Haltung änderte und die Unabhängigkeit anstrebte. Die sudanesische Bevölkerung sollte in der Zwischenzeit unter internationaler Aufsicht eine Volksabstimmung durchführen. Die desolate wirtschaftliche Lage im Süden, das Ausbleiben spürbarer Verbesserungen auf dem Bildungssektor, verbunden mit der Angst vor fortgesetzter Benachteiligung und Bevormundung seitens der Nordsudanesen, führte im Sommer 1955 zu schweren Unruhen im Süden des Landes. Diese eskalierten schließlich zu einem offenen Aufstand, als südsudanesische Soldaten in der Garnison in Torit, etwa 120 Kilometer südöstlich von Juba gelegen, meuterten. Der über Jahre und Jahrzehnte aufgestaute Hass gegen die Nordsudanesen entlud sich in den darauffolgenden Tagen. Hunderte Nordsudanesen fielen Gewaltexzessen zum Opfer. Der massive Einsatz von nordsudanesischen Streitkräften sowie die mangelnde Organisation der Südsudanesen ließen den Aufstand jedoch rasch zusammenbrechen. Schwere Repressalien waren die Folge. Viele Südsudanesen flohen ins benachbarte Ausland, wo sie sich zum Widerstand gegen die Regierung in Khartoum formierten. Der offene Bürgerkrieg zwischen Nord und Süd hatte damit bereits vor der Ausrufung der Unabhängigkeit des Sudans am 1. Januar 1956 begonnen. Magnus Pahl 41

44 Bereits vor seiner Unabhängigkeit war der Sudan ein gespaltenes Land. Der arabisch dominierte Norden, wo radikalislamische Sekten die öffentliche Meinung bestimmten, war wirtschaftlich und gesellschaftlich weiter entwickelt als der ethnisch äußerst heterogene Süden. Nachdem das Land 1956 die Unabhängigkeit erlangt hatte, wollte die sudanesische Regierung den Sudan zu einem arabischen und islamischen Staat ausbauen. Der zunächst unorganisierte Widerstand einzelner Guerillagruppen gegen diese Politik entwickelte sich im Laufe der 1960er Jahre zu einem brutalen Bürgerkrieg zwischen der regulären Armee und den Anyanya- Rebellen, der das Gebiet des heutigen Südsudans weitgehend verwüstete. Etwa eine Million Tote und hunderttausende Flüchtlinge bildeten die traurige Bilanz der insgesamt 17-jährigen Auseinandersetzungen. Erst 1972 konnte der Konflikt durch die Zusage politischer Autonomie für den Süden vorläufig beendet werden. Die Ungleichbehandlung der Peripherie hielt jedoch an, sodass der Bürgerkrieg nur ein Jahrzehnt später erneut ausbrach. Er entwickelte sich in der Folge zu einem der längsten Bürgerkriege Afrikas. Die Aufnahme von 1971 zeigt einen südsudanesischen Kämpfer, der in einem Lager der südsudanesischen Region Upper Nile Che Guevaras Buch»Guerillakrieg«liest. picture-alliance/dpa/pendl

45 Der erste Bürgerkrieg und die schwierige Unabhängigkeit des Sudans 1956 bis 1983 Als der Sudan am 1. Januar 1956, als zweites Land Afrikas nach Ende des Zweiten Weltkriegs, offiziell in die Unabhängigkeit entlassen wurde, war der neue Staat bereits mit schwerwiegenden Problemen belastet, die noch aus der Kolonialzeit stammten und in den folgenden Jahrzehnten die Entwicklung des Landes bestimmten. In der Zeit des Britisch-Ägyptischen Kondominiums (gemeinsame Herrschaft) war der Sudan formell in zwei Teile gespalten. Während Ägypten und Großbritannien den arabischmuslimisch geprägten Norden gemeinsam verwalteten, entstand im ethnisch äußerst heterogenen Süden eine rein britische Kolonialverwaltung mit englischer Sprache und christlichen Einflüssen. Diese Trennung sollte in den Jahren nach der Unabhängigkeit das Zusammenwachsen eines sudanesischen Gesamtstaates nachhaltig behindern. Der Beginn der arabischen Dominanz: Die Erste Republik Die Entwicklung der beiden Landesteile war in den 1920er und 1930er Jahren sehr gegensätzlich verlaufen. Auf wirtschaftlichem Gebiet sorgte der Baumwollanbau im Norden für bescheidenen Wohlstand. Basierend auf guten Bildungsmöglichkeiten etablierte sich eine Bürger- und Beamtenschicht, die zunehmend politische Beteiligung einforderte. Hinzu kamen islamische Sekten, die aufgrund ihres großen Zulaufs schnell auch politischen Einfluss erlangten und maßgeblich durch die ägyptische Muslimbruderschaft beeinflusst wurden. Aus den beiden bedeutend s- ten Gruppen, den Ansar (oder Mahdisten) und den Khatmiyya, gingen schließlich mit der»umma«und der»national Unionist Party«(NUP) jene Parteien hervor, die jahrzehntelang das politische Leben im Sudan prägen sollten. Obwohl sie in zahlreichen Punkten unterschiedliche Auffassungen vertraten, stand doch 43

46 I. Historische Entwicklungen für beide Gruppierungen fest, dass der gesamte Sudan nur als islamisch geprägter, arabischer Staat existieren könne. Grundlegend anders sah die Situation im Süden des Landes aus. Die drei Südprovinzen (Bahr al-ghazal, Equatoria und Upper Nile) waren 1956 weder politisch oder gesellschaftlich noch wirtschaftlich auf die Unabhängigkeit vorbereitet. Weil ein flächendeckendes Schulsystem fehlte, mangelte es hier an einer ausreichenden Bildungsschicht. Hinzu kam, dass der Süden wirtschaftlich weit schlechter gestellt war als der Norden. Die Südsudanesen befürchteten innerhalb eines gemeinsamen Staates eine dauerhafte Benachteiligung durch den arabischen Norden, falls der Süden nicht vorher durch den Ausbau des Schulsystems und entsprechende Wirtschaftshilfe gefördert würde. Aus diesen Gründen sprachen sich viele Südsudanesen für einen längeren Verbleib der britischen Kolonialmacht aus. Bei der Entscheidung für die gemeinsame Unabhängigkeit beider Landesteile ignorierten jedoch sowohl Ägypten und Großbritannien als auch die Nordsudanesen die damit zusammenhängenden Bedenken. Ab 1954 übernahmen sudanesische Beamte schrittweise die Verwaltung. Aus den Wahlen von 1953 gingen erwartungsgemäß die großen nordsudanesischen Parteien NUP und Umma als Sieger hervor. Zwar waren auch Südsudanesen im Parlament vertreten, ihre»southern Party«(später Liberal Party) hatte insgesamt 22 Wahlkreise im Süden gewonnen, die Klärung der offenen Fragen bezüglich der Rolle des heutigen Südsudans konnte sie aber nicht erreichen. Trotz mehrerer Anläufe scheiterte der Versuch, eine gesamtsudanesische Verfassung zu verabschieden. Unter Ministerpräsident Ismail al-azhari (NUP) bildete sich ein erhebliches Missverhältnis bei der Besetzung wichtiger Verwaltungsämter. Nur sechs der über 800 höheren Posten gingen an Männer aus den Südprovinzen. Die kulturellen, ethnischen und sprachlichen Unterschiede zwischen Nord- und Südsudanesen wirkten sich zunehmend negativ aus. Für viele Südsudanesen waren die Beamten aus dem Norden nichts weiter als neue Kolonialherren, die versuchten, den Süden zu»arabisieren«. Die weiterhin katastrophale wirtschaftliche Situation, das Ausbleiben spürbarer Verbesserungen auf dem Bildungssektor und die Angst vor einer nachhaltigen Bevormundung durch den Norden sorgten bereits im Sommer 1955 also noch vor der Unabhän- 44

47 Der erste Bürgerkrieg gigkeit für Unruhen im Süden. Zur offenen Gewalt eskalierte die Lage durch die Meuterei südsudanesischer Soldaten in der Garnison in Torit, etwa 120 Kilometer südöstlich von Juba gelegen. Diese hatten sich geweigert, gegen nordsudanesische Truppen ausgetauscht und selbst in den Norden des Landes verlegt zu werden. Der aufgestaute Hass auf die»araber«, so die Verallgemeinerung für alle Nordsudanesen, entlud sich in den darauffolgenden Tagen, wobei mehr als 250 Nordsudanesen ums Leben kamen. Der massive Einsatz der Armee, mangelnde Organisation aufseiten der Meuterer sowie die fehlende Unterstützung der Bevölkerung ließen den Widerstand aber rasch zusammenbrechen. Die Regierung in Khartoum wertete die Ereignisse als Beweis dafür, dass die Bevölkerung im Süden die Integration in einen einheitlichen Sudan ablehne. Noch stärkere Repressalien waren die Folge. Die Behörden verhängten eine Vielzahl von Todesurteilen, insbesondere gegen Christen und Intellektuelle, was viele Südsudanesen zur Flucht ins nahe Ausland bewegte. Weder südsudanesische Politiker in Khartoum noch die Kolonialherren in London und Kairo reagierten auf diese Entwicklung, die als der Beginn der folgenden jahrzehntelangen, gewaltsamen Auseinandersetzung anzusehen ist. Die Radikalisierung der»südfrage«prägte die Zeit der Ersten Republik (bis 1958). Während südsudanesische Politiker zunehmend die ethnischen, religiösen und sprachlichen Unterschiede zwischen Nord und Süd hervorhoben und eine Föderation aus zwei Landesteilen anstrebten, versteifte sich die Regierung in Khartoum auf die Ansicht, der Sudan sei in seiner Gesamtheit ein islamisches Land und Teil der arabischen Welt. Trotzdem suchten die Politiker aus dem Süden weiterhin nach einer politischen Lösung. Das Nord-Süd-Dilemma bildete indes nicht das einzige Problem des Sudans. Ähnlich wie der Süden wurden auch andere (Rand-)Gebiete des Landes weder wirtschaftlich noch politisch ernsthaft in den Gesamtstaat integriert und gleichberechtigt behandelt. Bestes Beispiel hierfür ist die negative Entwicklung in Darfur, die bis heute ein Grund für die anhaltende Gewalt ist. Ähnliches galt auch für den Ostsudan, wo bis zum Abschluss eines Friedensvertrages von 2006 ein Konflikt zwischen der Zentralregierung und Aufständischen schwelte. 45

48 I. Historische Entwicklungen SZ Photo/United Archives/TopFoto General Ibrahim Abboud, Präsident des Sudans, zusammen mit Königin Elizabeth II. während seines Staatsbesuchs 1964 in London. Aufgrund seiner Abhängigkeit vom Baumwollexport und des Verfalls des Baumwollweltmarktpreises war der Sudan zudem kurz nach der Unabhängigkeit in eine schwere Wirtschaftskrise geraten, die auch im Norden Massenarmut und Hunger mit sich brachte. Die Regierung unter Sayed Abdallah Khalil (Umma) war nicht in der Lage, die Situation in den Griff zu bekommen. Sie übergab im Oktober 1958 die Regierungsmacht praktisch widerstandslos an einen Militärrat unter Führung von General Ibrahim Abboud. 46 Die Eskalation des Nord-Süd-Konflikts Die Machtübernahme Abbouds, der das Parlament auflöste und alle Parteien verbot, bedeutete zunächst das Ende aller Versuche, durch politische Verhandlungen eine Lösung der Nord-Süd- Frage zu erreichen. Abboud verfolgte vielmehr den Plan, den Süden durch verstärkten Druck gefügig zu machen und gleichzeitig durch Investitionen die Infrastruktur der Südprovinzen zu verbessern, um so eine der Ursachen für den Widerstand gegen

49 Der erste Bürgerkrieg die Regierung zu beseitigen. Während diese Bemühungen jedoch kaum wahrgenommen wurden, empfanden die Menschen im Süden die Umwandlung von Missions- in islamische Schulen und die Einführung des Freitags als alleinigen Ruhetag Anfang der 1960er Jahre als weitere Schritte der Zwangsislamisierung und Arabisierung. Christen flohen zu tausenden über die Grenze nach Äthiopien und Uganda. Gleichzeitig organisierte sich der bewaffnete Widerstand gegen die Regierung. Seit den Meutereien von 1955 hatten einzelne Gruppierungen im Süden immer wieder Angriffe gegen die Armee und die Verwaltung ver übt. Angesichts der kompromisslosen Regierungspolitik schlos sen sich ab 1963 mehrere Widerstandsgruppen zusammen und nahmen unter dem Namen»Anyanya«(tödliches Gift der Gabunviper) den Kampf gegen das Regime in Khartoum auf. Bereits vorher hatte sich eine politische Exilbewegung, die spätere»sudan African National Union«(SANU), gegründet. Wenngleich die Zusammenarbeit zwischen SANU und Anyanya eher begrenzt war, so hatten beide Bewegungen doch das gleiche Ziel: politische Selbstbestimmung für die Bevölkerung im Süden und deren Unabhängigkeit. Bei der Anyanya konnte von einer straff organisierten und einheitlich geführten Untergrundarmee freilich auch weiterhin nicht die Rede sein. Trotzdem errangen ihre Kämpfer, in verschiedene, teils untereinander verfeindete Untergruppen aufgesplittert, in der Folge einige militärische Siege und destabilisierten den Süden zusehends. Die Regierung reagierte mit dem rücksichtslosen Einsatz der Armee. Es kam zu Massakern an der südsudanesischen Zivilbevölkerung, denen tausende Menschen zum Opfer fielen. Wer sich retten konnte, schloss sich entweder den Rebellen an oder floh über die Grenzen, sodass ganze Landstriche im Süden verödeten. Ende 1965 belief sich die Zahl der sudanesischen Flüchtlinge auf über eine halbe Million Menschen. Trotz aller militärischen und finanziellen Anstrengungen gelang es General Abboud nicht, den Aufstand im Süden zu beenden. Seine Wirtschaftspolitik zur Sanierung des Staatshaushaltes war ebenso gescheitert. Abboud verlor selbst im Norden zunehmend an Rückhalt in der Bevölkerung. Massive Bürger- und Studentenproteste im Herbst 1964 läuteten schließlich das Ende sei- 47

50 I. Historische Entwicklungen nes Regimes und die Wiederherstellung einer demokratischen Ordnung ein. Vergebene Chancen: Von der Zweiten Republik zur Diktatur al-numeiris picture-alliance/dpa/pendl Im Oktober 1964 übernahm die»united National Front«, eine Bewegung aus Akademikern und Gewerkschaftsmitgliedern, die Regierungsverantwortung. An ihrer Spitze stand mit Sirr al- Khatim al-khalifa ein gemäßigter Muslim, der die Notwendigkeit einer friedlichen Lösung des Nord-Süd-Konflikts erkannte. Neben einer umfassenden Amnestie verfügte er die Einrich - tung eines»runden Tisches«, an dem Vertreter des Südens und des Nordens gemeinsam einen politischen Ausweg aus der Krise finden sollten. Zu brauchbaren Ergebnissen kam der»runde Tisch«jedoch nicht. Zum einen war die Anyanya-Bewegung nicht daran beteiligt, was die Voraussetzung für einen Waffenstillstand gewesen wäre. Zum anderen konnten sich vor allem die gemäßigten Nordsudanesen nicht gegen die Hardliner in den eigenen Reihen behaupten. Nach den Wahlen im Juni 1965 übernahm Guerillas beim Überqueren eines Flusses in der Region Equatoria. Aufnahme von

51 Der erste Bürgerkrieg mit Muhammed Ahmed Mahgoub ein konservativer Umma- Politiker das Amt des Ministerpräsidenten. Mit der Machtübernahme der alteingesessenen, islamisch dominierten Parteien Umma und NUP war die Chance auf einen grundlegenden Wandel in Khartoum vertan. Die neue Regierung schlug den gleichen Weg gegenüber dem Süden ein wie seinerzeit das Abboud- Regime: Islamisierung des Südens, Ablehnung der Selbstverwaltung und konsequente Bekämpfung der Anyanya. Wie bereits in den vorangegangenen Jahren schweißte die erneute Verschärfung des Konflikts durch die Regierung die Südsudanesen noch weiter zusammen. Nachdem zahlreiche Politiker des Südens das Land verlassen hatten, gründete sich Ende 1965 aus Teilen der SANU-Exilanten die»azania Liberation Front«(ALF), die wenig später die restlichen der im Sudan verbliebenen Mitglieder der SANU aufnahm. Als politischer Arm der südsudanesischen Rebellen versuchte die ALF gemeinsam mit den Anyanya-Gruppen eine Befreiungsbewegung nach vietnamesischem Vorbild aufzubauen. Allerdings verhinder - ten die innere Zerstrittenheit und die Weigerung der Anyanya- Kommandeure, sich den Politikern unterzuordnen, die Entwicklung einer schlagkräftigen Organisation. Hinzu kam, dass es den Rebellen nie gelang, ihren Kampf über die drei Regionen des Südens hinauszutragen. Andere Landesteile und vor allem die Metropole Khartoum waren zu keiner Zeit direkt vom Krieg betroffen. In den Jahren 1967/68 erlebte der sudanesische Bürgerkrieg eine Internationalisierung auf beiden Seiten. Die Regierung in Khartoum hatte sich zunehmend Ägypten unter Präsident Gamal Abdel Nasser angenähert und diesen 1967 maßgeblich im Sechstagekrieg gegen Israel unterstützt. Den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu den USA und zu einigen europäischen Staaten (unter anderem zur Bundesrepublik Deutschland) kompensierte die Regierung Mahgoubs durch die Hinwendung zur Sowjetunion, mit der sie 1969 ein umfangreiches Militärhilfeabkommen abschloss. Zusätzliche militärische Unterstützung für den Krieg im Süden leisteten Ägypten und Libyen. Durch massive Rüstungslieferungen gelang es der sudanesischen Armee, die Anyanya kurzfristig zurückzudrängen. Innerparteiliche Grabenkämpfe und Auseinandersetzungen zwischen Umma und 49

52 I. Historische Entwicklungen NUP (ab 1968 Democratic Union Party, DUP) stürzten jedoch die Zweite Republik ins Chaos. Die daraus resultierende Regierungsunfähigkeit rief erneut das Militär auf den Plan. Am 25. Mai 1969 übernahm ein linksorientierter Militärrat unter General Jafar Mohammed al-numeiri die Macht, der aber weiter an einer engen Kooperation mit der Sowjetunion festhielt. Wie sehr die etablierten islamischen Parteien das Land heruntergewirtschaftet hatten, zeigte die Tatsache, dass der Großteil der Bevölkerung den Staatsstreich des Militärs als Erlösung empfand. Zur gleichen Zeit begann sich im Süden erneut das Blatt zugunsten der Rebellen zu wenden. Um den Sieg der islamischen Regierungstruppen zu vermeiden, belieferte Israel die Any anya- Truppen über Äthiopien und Uganda mit Waffen, Munition und militärischem Know-how. Joseph Lagu, bis zu diesem Zeitpunkt nur einer von vielen Kommandeuren, stieg mit Unterstützung Israels zum bedeutendsten Führer der Anyanya auf. Unter seinem Kommando vereinigten sich bis spätestens 1972 erstmals die meisten der vormals eigenständigen Rebellengruppen zu einer straff organisierten und gut geführten Untergrundarmee, die sich fortan»southern Sudan Liberation Movement«(SSLM) nannten. Frieden nach 17 Jahren Bürgerkrieg: Das Abkommen von Addis Abeba Bereits wenige Tage nach der Machtübernahme überraschte al- Numeiri das Land mit weitreichenden Zugeständnissen gegenüber den Südsudanesen. Er reagierte damit auf die militärischen Niederlagen im Süden. In einer Deklaration vom Juni 1969 erkannte die neue Regierung die Unterschiede zwischen Nord und Süd an und sicherte allen Ethnien des Sudans das Recht auf eigenständige Kultur und Tradition zu. Für den Süden plante al-numeiri regionale Autonomie im Rahmen eines einheitlichen (Teil-)Staates, der aus den drei ursprünglichen Regionen gebildet werden sollte. Mit diesem Schritt stieß erstmals eine sudanische Regierung die Tür zu einer politischen Lösung des Nord- Süd-Konflikts auf. 50

53 Der erste Bürgerkrieg Die Reaktionen im Süden blieben verhalten. Nach jahrelangem erbittertem Kampf trauten die Südsudanesen der Regierung nicht über den Weg und hielten das Angebot für eine Falle. Außerdem befand sich die SSLM gerade auf dem Vormarsch, während sich die Lage im Süden durch umfangreiche Hilfe aus Israel und anderen Industriestaaten erheblich verbesserte. Auch die internationale Gemeinschaft reagierte eher zurückhaltend auf die Offerte al-numeiris. Vor allem der US-dominierte»Westen«misstraute Khartoum wegen seiner allzu guten Beziehungen zur Sowjetunion änderte sich die Lage grundlegend. Im Juli putschten Kommunisten und moskautreue Offiziere gegen al-numeiri, der nur mit Hilfe Libyens und Ägyptens an der Macht bleiben konnte. Die Folge war der Bruch mit der Sowjetunion. Offiziell blieb der Sudan weiterhin ein sozialistischer Einparteienstaat, in dem zuvor sämtliche politischen Gruppierungen in der Einheitsliste»Sudan Socialist Union«(SSU) zusammengefasst worden waren. Tatsächlich wendete sich das Land aber mehr und mehr Europa und Nordamerika zu. Die Folge waren umfangreiche Finanzhilfeabkommen mit den USA, Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland. Gleichzeitig konnte al-numeiri die Nachbarstaaten Äthiopien und Uganda davon überzeugen, ihre Unterstützung für die SSLM einzustellen. Diese außenpolitischen Veränderungen machten schließlich den Weg zu Verhandlungen zwischen der Regierung und der SSLM frei. Ohne finanzielle Unterstützung aus dem Ausland und von den Nachschubbasen in den Nachbarländern abgeschnitten, musste die Anyanya nun ebenfalls auf eine schnelle friedliche Lösung drängen. Ende 1971 verhandelten die Regierung und die SSLM erstmals direkt miteinander. Unter dem Patronat des äthiopischen Kaisers Haile Selassie I. trafen sich im Februar 1972 eine Regierungsdelegation und eine Gruppe von SSLM-Führern in Addis Abeba. Innerhalb von nur zehn Tagen handelten sie ein Abkommen aus, das die Beziehungen zwischen Nord und Süd umfassend regelte. Der Vertrag sicherte dem Süden erstens weitreichende Autonomie sowie ein eigenes Parlament, eine selbstständige Regierung und Verwaltung zu. Des Weiteren wurden führende südsudanesische Politiker und Militärs, zum Beispiel 51

54 I. Historische Entwicklungen Joseph Lagu als Generalmajor, in den zentralen Verwaltungsapparat integriert. Zweitens kamen alle beteiligten Kämpfer in den Genuss einer Amnestie. Die Vereinbarung sah drittens den Abschluss eines Waffenstillstands sowie viertens die Integration einiger letztendlich etwa 6000 Rebellenkämpfer in die reguläre Armee vor. Fünftens war geplant, die Flüchtlinge aus dem Süden wieder anzusiedeln. Bis zur Wahl einer Volksvertretung und zur Verabschiedung einer Verfassung sollten Übergangsbestimmungen gelten. Das Abkommen, das trotz des Erreichten auf beiden Seiten auf heftige Kritik stieß, beendete den rund 17 Jahre andauernden Bürgerkrieg. Die darauf basierende Verfassung löste bei Weitem nicht alle Probleme zwischen Norden und Süden. Sie schuf aber zumindest die Voraussetzungen dafür, dass alle Sudanesen in einem gemeinsamen Staat leben konnten. Normalisierung der Verhältnisse? Die Jahre bis 1983 Tatsächlich waren die Jahre nach 1972 von einer deutlichen Stabilisierung der Lebensumstände geprägt. Die internationalen Partnerländer honorierte den Friedensschluss mit Finanzhilfen von mehreren hundert Millionen US-Dollar. Bis 1975 kehrten rund Flüchtlinge in den heutigen Südsudan zurück. Diese positiven Aspekte dürfen jedoch nicht über die schreckliche Bilanz des Bürgerkrieges hinwegtäuschen: Die Zahl der Opfer durch Kämpfe und Unterernährung wird auf etwa eine Million Menschen geschätzt, mehrere tausend Dörfer in den südlichen Regionen wurden vernichtet. Ein geregeltes gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben konnte kaum mehr stattfinden. Der Wiederaufbau des Südens hätte einer gewaltigen Kraftanstrengung des gesamten Landes bedurft. Dem Norden fehlte jedoch weiterhin jegliches Gespür für die Bedürfnisse des ärmeren Landesteils. Politisch zwar autonom, war der Süden bezüglich der Verteilung der finanziellen und materiellen Ressourcen weiterhin von der Zentralregierung in Khartoum abhängig. Die benötigten Investitionen in Schulen, Produktionsstätten und In- 52

55 Der erste Bürgerkrieg frastruktur blieben aus, sodass sich die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung kaum verbesserte. Ende der 1970er Jahre erlangten erneut radikalislamische Kreise Einfluss auf Staatschef al-numeiri. Insbesondere der stark von der ägyptischen Muslimbruderschaft beeinflusste Geistliche Hassan al-turabi forderte seit seiner Berufung in die Regierung 1977 eine Rückkehr zu einer Politik der Stärke und Islamisierung gegenüber dem Süden, was eindeutig gegen das Abkommen von 1972 verstieß. Auch auf südsudanesischer Seite gab es immer wieder Bestrebungen, das Abkommen von Addis Abeba aufzukündigen. So kam es Mitte der 1970er Jahre wiederholt zu Meutereien ehemaliger Anyanya-Kämpfer (vergleichbar mit denen von 1955), die sich aber (noch) nicht zu einem flächendeckendem Aufstand im Süden entwickelten. Bis Mitte 1983 gab al-numeiri den radikal-islamischen Forderungen schließlich immer stärker nach. Er beendete die Selbstverwaltung des Südens, indem er zunächst die Regionalregierung im Süden auflöste, die semiautonome Region erneut in die drei schwächeren Regionen Bahr al-ghazal, Equatoria und Upper Nile aufspaltete und die meisten südsudanesischen Beamten entließ. Im September des gleichen Jahres führte er zudem das islamische Gesetz der Scharia in allen Landesteilen für alle Sudanesen ein, auch für die nicht muslimischen. Bei dieser Entscheidung spielte neben ethnischen und religiösen Gründen erstmals auch die Ökonomie eine wesentliche Rolle. In der Nähe der südsudanesischen Stadt Bentiu waren 1978 enorme Erdölvorkommen entdeckt worden. Der Export des Erdöls hätte die finanzielle Abhängigkeit der Region mit einem Schlag beendet. Dem Bestreben, die privilegierte Stellung des Nordens zu sichern, stand jedoch die Autonomie des Südens im Wege, und so entschied die Regierung in Khartoum die Nutzung dieser wichtigen Ressource ausschließlich für sich selbst. Durch die Rückkehr zu einer Politik der Arabisierung und Islamisierung beendete al-numeiri die Zeit des Ausgleichs, die er selbst elf Jahre zuvor eingeleitet hatte. Er provozierte damit den Ausbruch eines erneuten Bürgerkriegs und letztendlich die Spaltung des Landes. Andreas Mückusch 53

56 Jafar al-numeiri (gestorben 2009) kam 1930 in Omdurman bei Khartoum auf die Welt. Er durchlief das Military College des Sudans und schloss 1966 die Ausbildung am»united States Army Command and Staff College«in Fort Leavenworth, Kansas, ab zunächst erfolgreicher Putschist, dann Premierminister und ab 1971 Präsident, beendete al-numeiri 1972 den Bürgerkrieg im Land, nur um den Sudan 1983 erneut in gewaltsame Auseinandersetzungen zu stürzen führte das Staatsoberhaupt für den Süden, wo 1978 große Ölfunde gemacht worden waren, auch eine neue Provinzgliederung ein und setzte im ganzen Land die Scharia als verbindliche Rechtsordnung fest. Beides erzeugte ebenso Aufruhr gegen die Regierung wie zwei Jahre später die Hinrichtung von Muhammad Taha. Taha, der als Muslim seit den 1960er Jahren für einen sozialistischen, föderalen Sudan gekämpft hatte, starb am 18. Januar 1985 in Khartoum durch den Strang. Seinen Tod verstanden Oppositionelle im ganzen Land als Signal, dass die Machthaber in der Hauptstadt nach der verhältnismäßig liberalen und friedlichen Phase von 1972 bis 1983 nun nicht mehr gewillt waren, Kritikern der Zentralregierung gegenüber irgendwelche Zugeständnisse zu machen. Der zweite Bürgerkrieg dauerte bis zum Friedensabkommen im Jahre Er hinterließ ein gespaltenes, zerstörtes Land und bereitete den Weg für die Entstehung zweier unabhängiger Staaten. picture-alliance/dpa

57 Der zweite Bürgerkrieg und seine Auswirkungen auf die Gesellschaften des Sudans 1983 bis entbrannte im Sudan ein Kampf um Mitbestimmung, politische Teilhabe und Macht. Islamische Gruppierungen gingen von Khartoum aus gegen nicht-islamische und nicht-arabischstämmige Süd-, Ost- und Westsudanesen vor. Die Last des zweiten Bürgerkrieges trugen nicht die nur schwer greifbaren Rebellengruppen, die den Regierungstruppen immer wieder herbe Verluste beibrachten, sondern die Zivilbevölkerung. Sie geriet einerseits aufgrund ethnischer, religiöser, regionaler oder sprachlicher Zugehörigkeiten ins Fadenkreuz der kämpfenden Parteien und nahm andererseits zunehmend auch selbst aktiv an den Kämpfen teil. Die Auseinandersetzungen des gesamten Bürgerkriegs kennzeichnete, dass alle beteiligten Gruppen unter angeblich»feindlichen«sudanesen wüteten und dies zunächst weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit. Der zweite Bürgerkrieg begann im Mai 1983 mit der Meuterei einiger in die Streitkräfte integrierter ehemaliger Anyanya- Rebellen im Süden. Präsident Jafar al-numeiri entsandte Truppen in das Krisengebiet, um dort Einheiten von zweifelhafter Loyalität abzulösen. Zwischen den einrückenden Soldaten und örtlichen Verbänden flammten Kämpfe auf. Viele der meuternden Soldaten flohen nach Äthiopien und bauten von dort aus den Widerstand gegen die Regierung in Khartoum auf. Sie legten den Grundstein für die überwiegend nicht-arabischstämmig und nichtmuslimisch dominierte Sudanesische Volksbefreiungsbewegung (Sudan People s Liberation Movement, SPLM), die unter ihrem Anführer John Garang die Absetzung der Regierung und einen»new Sudan«anstrebte. In diesem neuen, geeinten Sudan sollten alle Menschen, egal welcher Ethnie, Religion oder Herkunft, in einem demokratisch legitimierten Gemeinwesen zusammenleben. Der bewaffnete Arm der SPLM, die Sudanesische Volksbefreiungsarmee (Sudan People s Liberation Army, SPLA), bekämpfte in den folgenden 22 Jahren wechselnde sudanesische Regierungen. Präsident al-numeiri stürzte bereits im April

58 I. Historische Entwicklungen durch einen neuerlichen Militärputsch, lebte bis 1999 im ägyptischen Exil, um dann in der Nationalen Kongresspartei (National Congress Party, NCP) erneut zu Einfluss zu gelangen. Nach seiner Vertreibung führte eine zivile Übergangsregierung unter Al-Gizouli Dafalla, dem Vorsitzenden der sudanesischen Ärzteunion, den Sudan zu Parlamentswahlen. Bis Juni 1989 herrschte in Khartoum eine Parteienkoalition unter Ministerpräsident Sadiq al-mahdi, bevor eine Gruppe islamisch-fundamentalistischer Offiziere unter Omar Hassan al-bashir mit der Unterstützung der islamistischen Partei»National Islamic Front«(NIF) von Hassan al-turabi erneut die Macht an sich riss. Nach seinem unblutigen Putsch rief al-bashir einen Revolutionären Kommandorat zur Errettung der Nation ins Leben und ernannte sich selbst zum Oberkommandierenden der Streitkräfte und zum Staatsoberhaupt. Bereits früher im Kampf gegen den aufständischen Süden eingesetzt, führte al-bashir einen kompromisslosen Krieg gegen die abtrünnigen Südregionen. Begleitet von Gräueltaten auf allen Seiten, umfangreichen Flüchtlingsbewegungen und unermesslichem Leid für die betroffenen Zivilisten, gingen die Kämpfe bis zum 9. Januar 2005 weiter, als die Regierung und die SPLM/A in der kenianischen Hauptstadt Nairobi eine friedliche Beilegung des Konfliktes und ein Referendum über die Selbstbestimmung des Südens vereinbarten. 56 Krieg im Süden Die SPLM/A errang im Süden ansehnliche militärische Erfolge. Der Kampf eskalierte dort zwischen 1986 und 1989 vom regionalen Guerillakrieg zu einem regulären Krieg. Bis 1991 erreichte die SPLM/A, die übrigens seit Ende der 1980er Jahre immer wieder und begleitet von unterschiedlichen Vermittlern mit der Regierung in Khartoum verhandelte, eine Stärke von bis zu Kämpfern. Diese verfügten über Handwaffen und Fliegerfäuste, in begrenztem Umfang auch über Artillerie, Raketenwerfer und gepanzerte Fahrzeuge. Die SPLM/A kontrollierte bald nicht selten nach anfänglichem Widerstand der örtlichen Bevölkerung die meisten ländlichen Gebiete des Südens. Sie belagerte die dortigen Regierungsgarnisonen und mit der Stadt Juba auch einen

59 Der zweite Bürgerkrieg zentralen, am Fluss Bahr al-jabal (Bergfluss) gelegenen Verkehrsund Wirtschaftsknotenpunkt. Im März 1987 fiel die südöstlich gelegene Stadt Pibor. Sie sicherte der SPLM/A die Verbindungswege zu Rückzugsräumen in Äthiopien. Bis Anfang 1989 gingen der Regierung sieben Garnisonsstädte verloren: Kapoeta öffnete das Tor nach Kenia, die Städte Kajo Keji und Nimule strategische Verbindungslinien nach Uganda. Mit Torit geriet der zweitgrößte südliche Regierungssitz unter die Kontrolle der SPLM/A. Maridi und Yambio garantierten ihre Bewegungsfreiheit in Richtung Zaïre (der heutigen Demokratischen Republik Kongo), und mit Bor kontrollierten die Rebellen auch die Nilschifffahrt. Der Sturz des kommunistischen Regimes in Äthiopien im Mai 1991 und das Ende des Kalten Krieges wendeten das Blatt zeitweise und beraubten die SPLM/A ihres Nachschubs. Umfangreiche Militärhilfe aus dem Iran versetzte die Regierungstruppen derweil in die Lage, der SPLM/A 1992/93 die Garnisonen Kapoeta, Torit, Mongalla und Bor wieder zu entreißen. Präsident al-bashir hatte bis 1991 etwa Kämpfer in den»popular Defence Forces«(PDF) zusammengefasst (siehe den Beitrag»Rebellen«von Torsten Konopka). Mitte der 1990er Jahre strebten Regierungsprogramme zur Einweisung in den Gebrauch von Waffen die weitere Einbindung der islamischen Bevölkerung in den»totalen Krieg«gegen den Süden an. Erst 1995/96 gelang es den Rebellen mit einer neuerlichen Offensive, und nun mit Uganda als wichtigstem Partner der SPLM/A, einen Teil ihrer Verluste wieder wettzumachen. Unter den Bedingungen eines Bürgerkriegs war Gewalt weder an ein bestimmtes politisches Lager noch an religiöse oder ethnische Zugehörigkeit gebunden. Soldaten unter dem Befehl der Armeeführung in Khartoum übergossen angebliche SPLM/A-Sympathisanten auf offener Straße mit Benzin und zündeten sie an. Bewaffnete Konvois hinterließen auf ihrem Vormarsch Schneisen der Verwüstung, raubten und brandschatzten vom»feind«bewohnte Ansiedlungen und töteten wahllos deren Bewohner. Während der»befreiung«des Südens von den Regierungstruppen starben durch die Waffen der Aufständischen ungezählte Flüchtlinge, da die Rebellen sie der Kollaboration mit Khartoum bezichtigten. Als Kämpfer der SPLM/A die Städte Kurmuk und Yabus an der äthiopischen Grenze einnahmen, 57

60 I. Historische Entwicklungen machten sie die Behausungen Zehntausender Flüchtlinge dem Erdboden gleich. Der Zerstörungswut fielen auch Schulen, Kliniken und Kirchen zum Opfer, die internationale Hilfsorganisationen dort seit 1982 errichtet hatten. Innerhalb der SPLM/A bekämpften sich zudem unterschiedliche Cliquen gegenseitig. Im August 1991 zerfiel die Front gegen die Regierung in Khartoum. Ein Konflikt zwischen John Garangs Torit-Fraktion (überwiegend Dinka aus Bahr al-ghazal) und der Nasir-Gruppe (überwiegend Nuer aus dem westlichen Upper Nile, benannt nach der Stadt Nasir, in der die Dissidenten zum Sturz Garangs aufriefen) artete in bewaffnete Auseinandersetzungen aus. Verantwortlich für die Abspaltung der Nasir-Gruppe waren die SPLM/A-Kommandeure Riek Machar, Gordon Kong Cuol und der spätere Oppositionspolitiker Lam Akol. Diese warfen Garang autoritäres Verhalten vor. Statt der Vision eines geeinten»new Sudan«strebte die Nasir-Gruppe, im Übrigen unterstützt von der Regierung in Khartoum, die Unabhängigkeit des Südens an. Den Preis ausufernder Auseinandersetzungen hatte wie immer die Zivilbevölkerung zu zahlen. Im Konflikt der Parteien im Süden kamen mehr Menschen um als in der Konfrontation zwischen SPLM/A und den Regierungstruppen. Zu trauriger Berühmtheit gelangte die Stadt Bor, wo im November 1991 mehr als 2000 Einwohner, überwiegend aus der Ethnie der Dinka, einem Massaker von loyalen Anhängern Riek Machars zum Opfer fielen. Die militärischen Kämpfe begleiteten»strafaktionen«und»säu berungen«. In den Nuba-Bergen metzelten Regierungstruppen überwiegend muslimische Nuba nicht-arabischer Abstammung nieder. Gezielte Verfolgungen rich teten sich gegen nicht-arabischstämmige,»afrikanische«intel lek tuelle, Studenten und Schüler. In den Gefängnissen des Sudans starben zahlreiche Angehörige der politischen Opposition infolge unmenschlicher Haftbedingungen. Das Regime merzte tatsächliche oder vermeintliche Gegner selbst in den Reihen der eigenen Armee aus. Präsident al-bashir ließ Angehörige der Streitkräfte unter dem Vorwurf, Umsturzpläne zu verfolgen, einsperren, foltern und hinrichten. Die Lage der Bevölkerung im Süden war verzweifelt. Die physischen Verfolgungen gingen einher mit dem rabiaten Ver- 58

61 Der zweite Bürgerkrieg Omar Hassan Ahmed al-bashir Mit 28 Jahren Herrschaft zählte Omar Hassan Ahmed al-bashir im Jahr 2017 zu den am längsten amtierenden Präsidenten des afrikanischen Kontinents. Wie viele andere Langzeitherrscher war er jedoch nicht durch den Willen des Volkes an die Macht gekommen, sondern durch einen gewaltlosen Putsch. Geboren 1944 in Hosh Wad Banaga, im heutigen Bundesstaat River Nile, ist der aus der arabischen Volksgruppe der Jaaliyin stammende al-bashir ein Karrieresoldat und politischer Überlebenskünstler. Nach Absolvierung der Sekundarschule in Khartoum und der anschließenden Militärakademie wurde er 1966 Offizier bei den Fallschirmjägern. Er kämpfte 1973 im arabisch-israelischen Krieg und war später Kommandeur im Krieg gegen die Befreiungsbewegung des Südens. Weitere Ausbildung genoss er laut offiziellen Angaben in Ägypten, Malaysia und Pakistan. Unzufrieden mit der Politik des Premierministers Sadiq al-mahdi und dessen aus Sicht des Militärs fehlender Unterstützung auf dem Schlachtfeld, putschte sich der mittlerweile zum Brigadier ernannte al-bashir am 30. Juni 1989 mit Hilfe einer Gruppe rangmittlerer Offiziere und der islamistischen Partei»National Islamic Front«(NIF) an die Macht. Der Ankündigung, den Bürgerkrieg im Süden zu beenden, folgten aber keine Taten. Stattdessen sollte der Konflikt noch 16 Jahre andauern, während al-bashir seine Macht manifestierte, sich selbst zum Generalleutnant und 1993 zum Präsidenten ernennen ließ erstmals mit über 75 Prozent der Stimmen gewählt, folgten seitdem drei meist von der Opposition boykottierte Wahlen, die ihn jeweils mit großer Mehrheit im Amt bestätigten brach er zudem mit dem ideologischen Denker des Putsches von 1989, Hassan al-turabi, nachdem dieser versucht hatte, die präsidiale Macht zu beschneiden. Seit 2009/10 wird al-bashir, der auch Vorsitzender der regiereden»national Congress Party«(NCP) ist, als erstes amtierendes Staatsoberhaupt vom Internationalen Strafgerichtshof (ICC) gesucht wegen in Darfur begangener Menschenrechtsverbrechen und des Verdachts des Völkermordes. Zwar sind seine Reisemöglichkeiten ins Ausland seitdem stark beschränkt, regelmäßig nimmt er aber an afrikanischen Gipfeln teil, da viele afrikanische Regierungen dem ICC neokoloniales Gehabe vorwerfen und den Haftbefehlen nicht nachkommen. TK 59

62 I. Historische Entwicklungen such der Regierung, im Verein mit der Einführung der Scharia die kulturelle, religiöse und administrative Eigenständigkeit der Südregionen ein für allemal zu beenden. Ungezählte Menschen flohen aus ihren Dörfern und suchten Schutz in den von der SPLM/A kontrollierten Gebieten, wo die Befreiungsarmee Garangs eine eigene Verwaltung aufbaute. In den Regionen Upper Nile und Equatoria entstanden durch den Krieg bedingte neue Siedlungsformen. Bauern strömten in provisorische Lager, wo aber meist nicht einmal die elementarsten Grundbedürfnisse der Menschen befriedigt werden konnten. Internationale Hilfsorganisationen, die mit Lebensmittellieferungen einsprangen und versuchten, eine ärztliche Versorgung sicherzustellen, sahen sich Anfeindungen und Behinderungen vonseiten der Regierung in Khartoum ausgesetzt. Ende der 1990er Jahre standen hunderttausende Menschen vor der Alternative, in den Lagern zu verhungern oder ihr Leben durch eine Flucht ins Ausland zu verlängern. Bis zu 50 Prozent der Sudanesen, die als Folge des Bürgerkriegs ihre Wohnorte verließen, starben auf der Flucht. Viele Landbewohner suchten Schutz im Umfeld der Städte und gerieten dort zwischen die Fronten der Kämpfer. Die SPLM/A durchtrennte nicht nur die militärischen Versorgungslinien der von ihr belagerten Zentren, sondern unterband auch die Lieferungen von Hilfsgütern in hoffnungslos überfüllte Flüchtlings - lager. Beide Seiten setzten das Mittel des Versorgungsentzugs ganz bewusst als Waffe im Kampf gegen ihre Gegner ein oder kanalisierten internationale Hilfslieferungen in Richtung befreundeter Gruppen. Mitte der 1980er Jahre sprachen Beobachter im Süden von einem Völkermord (Genozid), den die Führung in Khartoum zu verantworten habe. Obwohl bis heute umstritten ist, ob mit Blick auf den zweiten Bürgerkrieg tatsächlich von einem geplanten»genozid«ausgegangen werden muss, so macht doch schon die Verwendung des Begriffs Umfang und Dimension der Auseinandersetzungen deutlich starteten die Vereinten Nationen die»operation Lifeline Sudan«, die mehr als eine Million Menschen vor dem Hungertod bewahren sollte. Jedoch gelangte nur ein Teil der dringend benötigten Hilfslieferungen an ihre Bestimmungsorte. Bereits 1987 hatte die Regierung 20 ausländische Hilfsorganisationen des 60

63 Der zweite Bürgerkrieg picture-alliance/dpa/epa AFP Feferberg Flüchtlingskinder aus dem südlichen Sudan am 19. Juli 1998 in einem Lager bei Khartoum. Landes verwiesen. Sie schikanierte die Vertreter der Hilfsorganisation Cap Anamur/Deutsche Notärzte e.v. und machte deutlich, dass sie ausländischen Beistand für die Menschen des Südens mit einer Unterstützung der Rebellen gleichsetze. Missmanagement und Korruption ließen einen erheblichen Anteil der Lebensmittel, bestimmt für die Ärmsten der Armen, in dunklen Kanälen verschwinden. Nicht selten vermehrten sie den Besitz von Angehörigen der politischen Führung. Freilich bedrohte die Nahrungsmittelknappheit nicht alleine die Zivilbevölkerung: In einem Land, das großenteils kaum besiedelt war und nur über eine rudimentäre Infrastruktur verfügte, hungerten auch die Guerilla und fallweise selbst die Regierungstruppen. Wiederholte Dürre und Missernten steigerten die Unterversorgung zu regelrechten Hungerkatastrophen, denen hunderttausende Menschen zum Opfer fielen. Zugleich nahm das Land aber auch selbst zahlreiche Flüchtlinge aus den Bürgerkriegsländern Äthiopien und dem Tschad auf. Die Zahl der eigenen Binnenflüchtlinge lässt sich nur schwer 61

64 I. Historische Entwicklungen Der»Nationalheld«des Südsudans: Dr. John Garang de Mabior Die vielleicht bekannteste, wenn auch nicht völlig unumstrittene Person des Südsudans ist der Mitgründer und langjährige Vorsitzende der»sudan People s Liberation Movement/Army«(SPLM/A), John Garang in der Nähe von Bor in eine christliche Familie geboren, gehörte er zur Ethnie der Twic Dinka. Nach seinem Schulabschluss, den er in Tansania erwarb, erhielt Garang ein Stipendium in den USA, um an einem College in Iowa Volkswirtschaftslehre zu studieren. Zurück in Tansania lernte Garang durch seine politische Betätigung an der Universität von Dar es Salaam Yoweri Museveni, den späteren Präsidenten Ugandas, kennen. Letzterer sollte entscheidende Hilfe im zweiten Bürgerkrieg geben entschied sich Garang zur Rückkehr in den Sudan. Nachdem er kurzzeitig den Anyanya-Rebellen im ersten Bürgerkrieg beigetreten war, wurde er nach Abschluss des Friedensvertrages von 1972 aufgrund seiner außergewöhnlichen Bildung als Hauptmann in die sudanesische Armee integriert. Neben seinen militärischen Verpflichtungen im Sudan promovierte Garang in der Zwischenkriegszeit 1981 in Iowa im Fach Agrarökonomie und nahm an einem Kompaniecheflehrgang in Fort Benning, USA, teil. Als 1983 Gerüchte über eine Verlegung der südsudanesischen Truppen in Richtung Norden kursierten, meuterten die im südsudanesischen Bor stationierten Soldaten. Um zu vermitteln, entsandte Präsident Jafar al-numeiri den mittlerweile zum Kommandeur der Führungsakademie in Omdurman ernannten Oberst John Garang in dessen Heimatregion. Letzterer war jedoch offenbar selbst in die Planung der Erhebung verwickelt und desertierte wie die meuternden Soldaten. Im äthiopischen Exil gründete John Garang unter anderem mit dem heutigen Präsidenten des Südsudans, Salva Kiir Mayardit, offiziell die SPLM/A. Als der höchste und bestausgebildete Offizier organisierte er den politischen und bewaffneten Widerstand gegen die sudanesische Regierung. John Garang ging es vermutlich aus pragmatischen Gründen primär nicht um die Abspaltung des Südens. Spätestens seit dem Biafra-Krieg Ende der 1960er Jahre in Nigeria waren Separationsbewegungen in Afrika geächtet. Vielmehr propagierte er die Schaffung eines geeinten, aber demokratischen, gerechten und säkularen»new 62

65 Der zweite Bürgerkrieg Sudan«, womit er auch auf äthiopische Unterstützung setzen konnte, dessen Regierung in Eritrea selbst Separatisten bekämpfte. Vor allem in der Anfangszeit zeichnete sich die SPLM/A aber durch gravierende Menschenrechtsvergehen aus, die ihren Ansprüchen zuwiderliefen. Obwohl Garang überwiegend als charismatische Persönlichkeit beschrieben wurde, wuchs in der SPLM/A Anfang der 1990er Jahre immer größere Unzufriedenheit mit seinem als autoritär empfundenen Führungsstil. Abweichende Meinungen wurden nicht geduldet. Auch wenn Garang 1991 einen Umsturzversuch von Dissidenten um Riek Machar überstand, bestimmte fortan die Konfrontation der SPLM/A-Fraktionen das Kriegsbild. Erst Anfang der 2000er Jahre gelangen den politisch-militärischen Führern im Südsudan die Wiedervereinigung der SPLM/A unter Führung Garangs. Seit Herbst 2003 führte dieser mit dem ersten Vizepräsidenten des Sudans, Ali Osman Muhammad Taha, zunächst geheime Friedensgespräche in Kenia, die 2005 in einem von beiden Protagonisten unterzeichneten Friedensvertrag mündeten. Anfang Juli 2005 kehrte Garang von hunderttausenden Menschen bejubelt nach Khartoum zurück und wurde wie im Friedensvertrag vorgesehen zum ersten Vizepräsidenten des Sudans und zum Präsidenten des autonomen Südsudans vereidigt. Keine drei Wochen später, am 30. Juli 2005, starb Garang bei einem Hubschrauberabsturz und mit ihm die Vision des geeinten»new Sudan«. TK picture alliance/dpa Enthüllung einer John Garang- Statue am Tag der Unabhängigkeit des Südsudans in der Hauptstadt Juba. 63

66 I. Historische Entwicklungen abschätzen, doch dürften sich um die Jahrtausendwende mehr als sechs Millionen Menschen auf der Flucht befunden haben. Zahlen des Welternährungsprogramms illustrieren das Ausmaß der Katastrophe: Im Jahr 1998 mussten 2,6 Millionen Sudanesen versorgt werden, davon 1,2 Millionen in den von der SPLM/A kontrollierten Gebieten. 64 Innere Verwüstungen Ebenso schwer wie die Opferzahlen und äußeren Zerstörungen wogen die inneren Verwüstungen des Landes. Die Auseinandersetzungen erfassten große Teile der sudanesischen Gesellschaft und hatten in zweierlei Hinsicht katastrophale Auswirkungen. Betrachtet man erstens die politisch-nationale Ebene, so verhinderten die Kämpfe die Ausbildung funktionierender Staatlichkeit. Ohnehin hatten die meisten Menschen im Land einem sudanesischen Gesamtstaat seit jeher nur geringe Bedeutung zugemessen: Loyalität war überwiegend den Familien und Clans vorbehalten und beruhte auf regionalen, ethnischen und religiösen Zugehörigkeiten. Sie bezog sich kaum auf die Tätigkeit der Regierung in Khartoum. Nun war diese Regierung erneut selbst Konfliktpartei und ging gegen die eigene Bevölkerung vor. Der zweite Effekt, der womöglich noch gravierender war, betraf die traditionell organisierten Gesellschaften des Sudans. Der Bürgerkrieg trieb einen Keil zwischen die unterschiedlichen sozialen Gruppen. Der Kampf um die Kontrolle bedeutender ökonomischer Zentren und Ressourcen am Weißen und Blauen Nil verstärkte die Unterschiede zwischen den Regionen. Die Auseinandersetzungen vertieften die Kluft zwischen Arm und Reich, Bauern und politischen Eliten, Stadt und Land, Zentrum und Peripherie. Indem die Regierung die christliche Mission im Süden bekämpfte und im ganzen Land die Beherrschung der arabischen Sprache zur Messlatte für das persönliche Fortkommen machte, heizte sie nicht nur die Gegensätze zwischen den Religionen und Ethnien an, sondern auch innerhalb einzelner Gruppen. Viele Menschen mussten sich zwischen Aufstieg und Anpassung auf der einen und traditioneller Lebensweise auf der anderen Seite entscheiden.

67 Der zweite Bürgerkrieg Das Supermodel Alek Wek flüchtete als Neunjährige mit ihrer Familie aus ihrem Heimatdorf im heutigen Südsudan. Sie spricht anlässlich der Übergabe der #WithRefugees- Petition an die Vereinten Nationen in New York, 16. September SZ Photo/snapshot/Future Image/D.Van Tine Bei ihrem Versuch, den Süden zu kontrollieren, konnte die Regierung in Khartoum altüberlieferte zwischenethnische und traditionelle Verteilungskonflikte nutzen, um ihre Gegner gegeneinander auszuspielen. Aber auch die SPLM/A versorgte sich aus dem Lande und nahm sich notfalls mit Gewalt, was sie brauchte. Entzog sie bestimmten Bevölkerungsgruppen als Bestrafung für tatsächliche oder angebliche Unterstützung der Regierung die Lebensgrundlage, indem sie deren Vieh konfiszierte, setzte sie einen Kreislauf der Gewalt in Gang. Die Bewohner ausgeplünderter Dörfer bewaffneten sich und beschafften sich bei ihren Nachbarn Ersatz für das Geraubte. Weil Zweifel an der Loyalität der Armee bestanden und die sudanesischen Streitkräfte nicht ausreichend ausgestattet und finanziert waren, rüstete die Regierung in den Grenzgebieten zwischen Nord- und Südsudan ethnische Milizen auf, um gegen die Aufständischen vorzugehen. Damit erreichten die Auseinandersetzungen nochmals eine neue Stufe. In der Einwohner zählenden Stadt Ed Da ein im Süden Darfurs, bewohnt überwiegend von arabisierten Rizeigat-Nomaden, töteten deren Milizen Ende März 1987 mehr als 1000 Angehörige der Dinka-Ethnie auf 65

68 I. Historische Entwicklungen bestialische Weise. Nach Kämpfen zwischen der SPLM/A und Rizeigat-Milizen war der Streit um knappe Ressourcen wie Wasser, Lebensmittel und Land in der von Dinka-Flüchtlingen überfüllten Stadt eskaliert. Die ausufernden Formen des Raubens brauchten in Khartoum nicht»erfunden«zu werden. Man versprach verbündeten Milizen im Süden materielle Vorteile und ließ die dortigen Clans weiter Überfälle durchführen, wie sie in der Region seit jeher zur Bereicherung vorkamen. Polizisten erhielten statt Lohn das Recht zugesprochen, ihre Opfer auszuplündern. An den berüchtigten Streifzügen der Baggara (Rinderhirten), die Vieh und Waren raubten, verdienten außer den beteiligten Kriegern vor allem Kaufleute hinter den Linien. Die Jellaba, arabische Händler aus dem Norden, betrieben ihre Geschäfte nicht nur im Gefolge der Regierungssoldaten, sondern fallweise auch bei den Kämpfern der SPLM/A. Verschiedene Milizen zogen Profit aus dem beginnenden Ölboom und verdingten sich bei Fördergesellschaften, um die vertraglich vereinbarte Sicherung der Fördergebiete mit Raubzügen zu verbinden. Im Süden entstanden immer verworrenere Konfliktlinien. Die Milizen zerfielen in zahlreiche rivalisierende, teilweise von Khartoum unterstützte Untergruppen. Warlords kontrollierten ihre kleinen Fürstentümer und beuteten diese rücksichtslos aus, ohne sich um irgendwelche gesamtsudanesischen Entwicklungen zu kümmern. Der Bürgerkrieg, der 1991 zwischen vier und fünf Millionen Menschen von ausländischer Hilfe abhängig machte, förderte neuartige Formen der Sklaverei. Die staatlichen Ordnungskräfte verschleppten in großem Umfang Binnenflüchtlinge aus den ländlichen Gebieten, setzten sie zur Zwangsarbeit ein oder zwangen sie an ihre Herkunftsorte zurück. In Khartoum internierten die Behörden zahlreiche halb verhungerte Kinder, die vor dem Krieg in die Hauptstadt geflohen waren, zusammen mit Verbrechern in überfüllten Haftanstalten. Dort lebten sie unter unmenschlichen Bedingungen und waren schutzlos den sexuellen Übergriffen von Mithäftlingen und Bewachern ausgesetzt. Alleine im Umfeld der Hauptstadt hausten 1989 wahrscheinlich zwei Millionen besitzlose Bürgerkriegsflüchtlinge. In den Kampfgebieten übergaben Eltern ihre Kinder den Milizen, um sie vor dem Verhungern zu schützen, und überantworteten 66

69 Der zweite Bürgerkrieg sie damit der Zwangsarbeit, sexuellem Missbrauch und einem Leben als Arbeitssklaven. Die Folgen des zweiten Bürgerkriegs für den heutigen Südsudan Als Folge von Krieg und Gewalt verschoben sich die ethnischen Verhältnisse und Siedlungsweisen im südlichen Sudan. Gemeinsam mit den vertriebenen Menschen verschwanden vielerorts die traditionellen Formen des Zusammenlebens. Diese hatten der Bevölkerung in den Dörfern und Familienverbänden die Möglichkeit gegeben, abseits von Krieg und Staat ihr Leben zu organisieren und zu schützen. In Jahrhunderten hatten die traditionellen Clangesellschaften mit Erfolg den örtlichen Verhältnissen angepasste Formen von Ressourcenverteilung, Schaffung von Sicherheit oder Bestrafung von Verbrechen entwickelt. Diese gewachsenen Strukturen zerstörte nun der Bürgerkrieg. Den»Schutz«der Bauern übernahmen bewaffnete Milizen, die dabei picture-alliance/dpa/epa AFP Alessandro Abbonizio Im Staubsturm tragen Bewohner des Dorfes Akon (Bahr al-ghazal) am 11. Mai 1998 Säcke mit Nahrungsmitteln nach Hause, die von Helfern des Welternährungsprogramms (WFP) der Vereinten Nationen abgeworfen wurden. 67

70 I. Historische Entwicklungen Das umfassende Friedensabkommen von 2005 Das»Comprehensive Peace Agreement«(CPA) wurde am 9. Januar 2005 in der kenianischen Hauptstadt Nairobi unterzeichnet. Das CPA bestand aus Vereinbarungen, die die Regierung des Sudans und die»sudan People s Liberation Movement/Army«(SPLM/A) in den Vorjahren mühsam ausgehandelt hatten: In Machakos (Kenia) war 2002 das Recht auf Selbstbestimmung der südsudanesischen Bevölkerung auf der Grundlage eines Referendums über die Einheit oder Teilung des Sudans festgelegt worden. In Naivasha (Kenia) einigten sich die Kriegsparteien 2003 auf den Rückzug ihrer bewaffneten Truppen aus den Gebieten des Gegners. In weiteren Naivasha-Abkommen kamen sie 2004 überein, das nationale Vermögen und die Macht aufzuteilen. Die Einnahmen aus den Ölfeldern des Südens sollten nach Abzug von zwei Prozent für die ölerzeugenden Teilstaaten Unity und Upper Nile je zur Hälfte zwischen Norden und Süden geteilt werden. Das Abkommen über die Machtteilung sah unter anderem für den Südsudan das Recht auf eine eigene säkulare Regierung mit regionaler Teilautonomie und einer eigenen Übergangsverfassung vor. Neben der Rückführung der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen legte das CPA auch die Bildung von Landkommissionen fest, die Lösungen für die zahlreichen Landkonflikte, eine der Ursachen für den Bürgerkrieg, entwickeln sollten. Die Vereinten Nationen hatten entsprechend der Resolution 1590 des Sicherheitsrates die Aufgabe, die Umsetzung des CPA in der Übergangsperiode bis 2011 zu überwachen. Beide Vertragsparteien strebten an, die Einheit des Sudans zu erhalten und diese für die kriegsgeschädigte südsudanesische Bevölkerung attraktiv zu machen. Außer dem Referendum im Südsudan waren auch ein Referendum über die Zukunft von Abyei sowie Volksbefragungen zu den Wünschen der Bevölkerung in South Kordofan und Blue Nile (die sogenannten»two Areas«) vorgesehen. Bis zum Ende der Übergangsperiode im Juli 2011 standen die letzten Punkte noch aus. Gleiches galt für die endgültige Grenzziehung sowie Regelungen über die Aufteilung von Vermögenswerten, Verbindlichkeiten und die Nutzung der Ölpipeline nach der Teilung des Sudans. Dies führte neben dem Ausschluss weiterer Konfliktparteien bei den Verhandlungen zu neuen gewaltsamen Konflikten. EG 68

71 Der zweite Bürgerkrieg nach ihren eigenen brutalen Spielregeln vorgingen. Die wenigen positiven Ansätze wirtschaftlicher Entwicklung seit der Unabhängigkeit vernichtete der Krieg ebenso wie die Absatzmärkte für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Er hinterließ in vielen Gebieten eine Bevölkerung, die überwiegend als Selbstversorger sowie von zusätzlichem Tauschhandel lebte und größtenteils von der Geldwirtschaft abgekoppelt war. Bis 1998 forderte der zweite Bürgerkrieg bis zu zwei Millionen Tote, von denen nur ein verschwindend kleiner Anteil auf den Kreis der Kombattanten entfiel. Auf Betreiben der USA, Großbritanniens und Norwegens kam im Juli 2002 in Machakos (Kenia) ein Rahmenabkommen über eine friedliche Koexistenz, das»machakos-protokoll«, zustande. Es ebnete den Weg für weitere Friedensgespräche und eine Reihe von Einzelvereinbarungen mit dem Ziel, nach einer Phase der Stabilisierung in einer Volksabstimmung über die Frage von Einheit oder Sezession zu entscheiden. Am 9. Januar 2005 unterzeichneten John Garang für die SPLM/A und Vizepräsident Ali Osman Taha für die Regierung das»comprehensive Peace Agreement«(CPA). Das Abkommen sollte den zweiten sudanesischen Bürgerkrieg beenden, landesweit demokratische Strukturen einführen und die Verteilung der Einkünfte aus der Erdölförderung regeln. Es sah ebenso ein Unabhängigkeitsreferendum im südlichen Sudan vor. Der Vertrag schloss wichtige Konfliktparteien und zivile Gruppierungen von der Neuordnung des Landes aus. Die Regierung in Khartoum hatte das Vertrauen der Menschen im Süden verloren, und sie erweckte nicht den Eindruck, als wolle sie Macht und Öl gerecht mit ihren Vertragsparteien teilen. Der Bürgerkrieg hatte eine weitgehend zerstörte Gesellschaft hinterlassen, der die Kraft und der Wille zum Aufbau eines sudanesischen Gesamtstaates fehlten. Die Menschen im Süden hatten die Erfahrung gemacht, dass nur diejenigen Gehör fanden, die zu den Waffen griffen. Es erwies sich als unmöglich, innerhalb gemeinsamer Grenzen auf einen kleinsten gemeinsamen politischen Nenner zu kommen. Das CPA legte vielmehr den Grundstein für die endgültige Abspaltung und die Unabhängigkeit des Südsudans. Bernhard Chiari 69

72 Seit dem Putsch von 1989 ist der auf der Fotografie abgebildete Omar Hassan al-bashir Präsident des Sudans. Die ersten Jahre regierte das Militär im Bündnis mit der»national Islamic Front«(NIF) unter Hassan al-turabi. Unmittelbar nach der Machtergreifung säuberte das Regime die Armee von illoyalen Offizieren und unterdrückte systematisch jegliche Opposition. Anfang der 1990er Jahre führte die Regierung eine Dezentralisierungspolitik durch, die die Wirtschaftslast auf die Bundesstaaten verlagerte und gleichzeitig die Kontrolle über die lokale Verwaltung durch staatlich gelenkte Klientelnetzwerke erhöhte konsolidierte al-bashir seine Macht weiter; er entließ al-turabi nach einem Machtkampf aus allen Ämtern und entfernte die NIF aus der Regierung. Weiterhin verfolgte Präsident al-bashir aber eine Politik der Islamisierung, abgestützt auf eine von Ölgeldern finanzierte Günstlingswirtschaft.»Vom Öl verflucht«, konzentrierte sich die Regierung vor und nach dem 2005 unterzeichneten Friedensvertrag mit dem Süden allein auf die Entwicklung ihres Machtzentrums in Khartoum und ebnete so den Boden für neue Konflikte in der Peripherie. picture alliance/aa/ebrahim Hamid

73 Der Sudan nach 2005: Konsolidierung des autoritär-islamischen Regimes und neue Bürgerkriege Unmittelbar nach Abschluss des mit der»sudan People s Liberation Movement/Army«(SPLM/A) geschlossenen Friedensvertrages (Comprehensive Peace Agreement, CPA) von 2005 machte sich die sudanesische Regierung an dessen Umsetzung. John Garang, Führer der SPLM/A, wurde erster Vizepräsident des Sudans und Präsident des Südsudans; die SPLM formte sich zu einer politischen Partei um. Die beiden Regierungsführer setzten Minister nach dem im Vertrag vereinbarten Verhältnis ein und ernannten Parlamentsabgeordnete; 52 Prozent der Minister und Abgeordneten kamen aus der»national Congress Party«(NCP) al-bashirs, 28 Prozent aus der SPLM sowie 20 Prozent aus anderen Parteien. In 14 Bundesstaaten des Nordens erhielt die NCP 70 Prozent und die SPLM zehn Prozent der Positionen. In South Kordofan bekam die SPLM 55 und die NCP 45 Prozent der Posten, den Gouverneur stellte in den ersten drei Jahren der Übergangsperiode die NCP, anschließend die SPLM. In Blue Nile war die Verteilung umgekehrt. Da beide Bundesstaaten, wegen ihres Sonderstatus auch die»two Areas«genannt, teilweise unter Kontrolle der SPLM/A standen, sollten Volksbefragungen klären, welche Regierungs- und Rechtsform im Sudan orientieren sich einige Gesetze an der islamischen Rechtspraxis der Scharia sie später einführen wollten. Kurz nach seiner Amtsübernahme starb John Garang bei einem Hubschrauberabsturz. Dies trug dazu bei, dass das Ziel der Unterzeichner des CPA, die Einheit des Sudans für die südsudanesische Bevölkerung attraktiv zu machen, verfehlt wurde. Unter Garangs Nachfolger Salva Kiir Mayardit verschob sich das Engagement der SPLM auf die Herrschaftssicherung im Süden. Innerhalb der NCP gewannen derweil die Hardliner die Oberhand. Sie stellten sicher, dass die NCP die Kernministerien zur Kontrolle über die Verteilung der Öleinnahmen behielt, also die Ministerien für Energie und Bergbau, Verteidigung, Justiz und für Innere Angelegenheiten. Zudem verzögerten beide Parteien die im CPA festgelegten Prozesse. So kam die Bildung von 71

74 I. Historische Entwicklungen Landkommissionen nur schleppend voran und die zahlreichen Landkonflikte blieben ungelöst. Auch die Festlegung der Grenze entwickelte sich zu einem konfliktreichen Prozess, der nicht abgeschlossen wurde. Die Prioritäten beider Parteien verlagerten sich auf Machtkämpfe in den jeweiligen Hauptstädten und gingen auf Kosten der Entwicklung des ländlichen Raumes. Problematisch war von Anfang an, dass das CPA nicht auch andere Landesteile einbezog, die unter derselben Ausgrenzung litten wie der Süden. Weder die politische Opposition noch zivilgesellschaftliche Organisationen waren zu den Verhandlungen zugelassen. Bei der Macht- und Ressourcenteilung wurde nur berücksichtigt, wer zu den Waffen griff. 72 Krieg in Darfur Schon Anfang 2003, während der Verhandlungen zwischen der Regierung und der SPLM/A, brach im westsudanesischen Darfur ein Bürgerkrieg zwischen der»sudan Liberation Movement/ Army«(SLM/A) sowie dem»justice and Equality Movement«(JEM) auf der einen und Regierungstruppen und dem Regime loyal ergebenen Milizen (Janjaweed) auf der anderen Seite aus. Die von der Regierung bewaffneten Milizen rekrutierten sich teilweise aus der»arabischen Versammlung«, die der ehemalige libysche Machthaber Muammar al-gaddafi Anfang der 1980er Jahre während des Tschad-Krieges als Vereinigung arabischstämmiger Gruppierungen aus der Region gegründet hatte. Aus dieser Zeit stammen auch die Ursachen des gegenwärtigen Darfur-Krieges. Dürre und fortschreitende Wüstenbildung hatten Anfang der 1980er Jahre in North Darfur eine schwere Hungersnot verursacht und zahlreiche Kleinbauern mit ihren Familien und Viehzüchter weiter in den Süden getrieben, wo sie mit der dort ansässigen bäuerlichen Bevölkerung in Landkonflikte gerieten. Die Politisierung ethnischer Zugehörigkeit, befeuert durch die Bewaffnung arabischstämmiger Milizen unter der damaligen Regierung Sadiq al-mahdis, führte zu Machtkämpfen zwischen Gruppen, die sich als arabischstämmig identifizierten, und solchen, die sich als»afrikanisch«verstanden. Die Einflussnahme der Regierungen des Tschads und Libyens und tausende ins

75 Der Sudan nach 2005 Thilo Thielke Im Zuge des Darfur-Konfliktes machten Milizen ganze Dörfer dem Erdboden gleich. Im Bild Frauen und Kinder vor den Ruinen ihrer Häuser in Khor Abeche (South Darfur), die im April 2005 von Misseriya-Milizen zerstört wurden. Land strömende Kleinwaffen aus dem Tschad steigerten diese Konflikte zu Gewaltexzessen. Al-Bashir setzte die Politik der»arabisierung«durch die Bildung von Emiraten fort. Dies sind Verwaltungseinheiten auf der Basis meist arabischstämmiger Führungspersonen zur Umsetzung der islamischen Schariagesetze und der Politik der NCP. Parallel dazu hebelte die Regierung die unter den sesshaft-bäuerlichen und viehhalterischen Ethnien geregelten, aber durch die Südmigration unter Druck geratenen Landnutzungssysteme zugunsten arabischstämmiger Investoren aus. Unterstützt von Janjaweed-Milizen trieb die sudanesische Regierung die»arabisierung«darfurs gewaltsam voran. Dieser schwelende Krieg erreichte 2003 und 2004 neue Höhepunkte. Politisch und in seiner Entwicklung war Darfur ebenso vernachlässigt worden wie der Süden. Politische Vertreter aus Darfur strebten daher ein föderales System an. Mit der Aufnahme des bewaffneten Kampfes versuchten die SLM/A und die JEM, die Friedensverhandlungen zwischen der SPLM/A und der Regierung zu beeinflussen. Anstatt die Lage in Darfur aber in die laufenden Friedensverhandlungen mit der SPLM/A einzubeziehen, reagierte die Regierung mit einer brutalen Aufstandsbekämpfung. Die Luftwaffe begann Dörfer zu bombardieren und zwang dadurch hunderttausende zur Flucht in den Tschad und 73

76 I. Historische Entwicklungen Sudan und der»terrorismus«ein halbes Jahr nach dem ersten Anschlag auf das World Trade Center in New York listeten die USA den Sudan 1993 als»state Sponsor of Terrorism«und belegten ihn 1997 aufgrund seiner angeblich fortbestehenden Unterstützung des»internationalen Terrorismus«mit weiteren Sanktionen. Die Ursprünge der Verbindung des Sudans mit dem»internationalen Terrorismus«sind dabei in Hassan al-turabis Versuch zu sehen, das Land nach dem Putsch von 1989 in eine islamische Republik umzuwandeln. Getrieben vom Wunsch der Vereinigung der globalen islamischen Gemeinschaft begrüßte al-turabi Anfang der 1990er Jahre die irakische Invasion in Kuwait. Die Niederlage des Iraks bescherte dem Sudan jedoch internationale Isolation. Einige prominente Geheimdienstangehörige und Politiker etablierten daraufhin auf sudanesischem Territorium Trainingslager für internationale Dschihadisten und militante Islamisten, darunter Anhänger der Hamas oder der Hisbollah. Zu den Begünstigten zählte ab 1991 auch Osama bin Laden. Dieser heiratete nicht nur in die Familie al-turabis ein, sondern bedankte sich auch mit finanziellen Zuwendungen für Infrastrukturprojekte der sudanesischen Regierung. Zum entscheidenden Wendepunkt im Verhältnis des Regimes in Khartoum gegenüber den Extremisten wurde 1995 der missglückte Anschlag auf den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak in Äthiopien. Hochrangige Geheimdienst offiziere des Sudans sollen hierin verstrickt gewesen sein. Weil die mutmaßlichen Attentäter in den Sudan flüchteten, verhängten die Vereinten Nationen auf Druck der USA Sanktionen, woraufhin bin Laden das Land 1996 in Richtung Afghanistan verließ zerstörten die USA kurz nach den Anschlägen gegen die US-Botschaften in Nairobi (Kenia) und Dar es Salaam (Tansania) die sudanesische Arzneimittelfabrik Al-Shifa mit Marschflugkörpern. In Al-Shifa vermuteten die USA fälschlicherweise die Produktion von Chemiewaffen. Eine echte Annäherung der beiden Staaten erfolgte erst mit den Anschlägen vom 11. September Wohl aus Angst vor einer Invasion wie in Afghanistan begann der Sudan mit den USA auf Arbeitsebene im»globalen Krieg gegen den Terror«zu kooperieren und lieferte den US-Behörden Informationen über potenzielle»terroristen« hoben die USA unter anderem aufgrund dieser Zusammenarbeit einen 74

77 Der Sudan nach 2005 Teil ihrer Sanktionen auf, ließen den Sudan jedoch auf der Liste der Terrorunterstützer, da sich weiterhin Anhänger des dschihadistischen Netzwerkes al-qaida und des»islamischen Staates«im Land befänden. Israel bezichtigte den Sudan zudem, Waffen an militante Palästinenser zu liefern, und stand im Oktober 2012 selbst in Verdacht, einen Luftangriff gegen eine Militärfabrik in Khartoum geflogen zu haben. Während die sudanesische Regierung lange Zeit als Patron der von den USA als»terrororganisation«eingestuften ugandischen Rebellengruppe»Lord s Resistance Army«(LRA) galt, wurde sie in jüngster Vergangenheit beschuldigt, Verbündete von islamistischen Milizen im 2011 ausgebrochenen lybischen Bürgerkrieg mit Waffen und Material zu unterstützen. Indes sollen sich seit 2008 rund 250 sudanesische Staatsbürger verschiedenen terroristischen Gruppen vor allem im Irak, Syrien und Libyen angeschlossen haben. Als Motive wurden offiziell eine inkonsequente Umsetzung der Scharia im Sudan, die Abspaltung des Südsudans und die Anwesenheit ausländischer Truppen in Darfur genannt. TK die Zentralafrikanische Republik oder in international verwaltete Vertriebenenlager innerhalb Darfurs. Die entvölkerten Landflächen kamen derweil unter die Kontrolle regierungstreuer Unternehmer, die in die Kommerzialisierung der Landwirtschaft und in die Erkundung von möglichen Erdöllagerstätten investierten. Die Zahl der Toten wurde 2005 auf , die der Flüchtlinge auf über geschätzt. Da dies überwiegend die»afrikanischen«bevölkerungsgruppen in Darfur betraf, beschuldigten internationale Menschenrechtsgruppen vor allem aus den USA die sudanesische Regierung des Völkermords. Bis heute sind mehr als zwei Millionen Menschen etwa ein Drittel der Bevölkerung innerhalb Darfurs vertrieben. Erst im Jahre 2006 kam es zu einem Teilfrieden mit einer Splittergruppe der SLM/A unter der Führung des ehemaligen Lehrers Minni Minnawi (SLM/A-MM), der einen Teil der Weidewirtschaft betreibenden Ethnie der Zaghawa repräsentierte. Er wurde daraufhin für einige Jahre in die sudanesische Regierung aufgenommen. Eine andere Fraktion unter dem Anwalt Abdul Wahid Mohamed al-nur (SLM/A-AW) vertrat die Interessen 75

78 I. Historische Entwicklungen eines Teils der Fur der größten Gruppe der bäuerlichen Bevölkerung von Darfur und verweigerte die Unterzeichnung des»darfur Peace Agreement«(DPA). Damit begann ein Prozess der Aufspaltung der bewaffneten Gruppen. Auch im Norden und Osten des Sudans waren gewaltsame Konflikte aufgeflammt, die die Regierung aber durch die Vereinnahmung wichtiger Anführer beilegen konnte. In Darfur scheiterte die Befriedung trotz der 2007 aufgestellten internationalen Militärmission UNAMID ( African Union-United Nations Hybrid Operation in Darfur). Nachdem JEM-Kämpfer im Mai 2008 bis nach Omdurman marschiert und erst dort von Regierungstruppen geschlagen worden waren, versuchte Katar seit 2009 zu vermitteln. Inzwischen hatten die Genozidvorwürfe aus den USA dazu geführt, dass der Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) in Den Haag Präsident al-bashir 2009 wegen Kriegsverbrechen in Darfur zur Fahndung ausschrieb. Dies ereignete sich ein Jahr vor den Wahlen und zu einer Zeit, in der sich der Präsident in den von den USA unterstützten Friedensgesprächen in Doha engagierte. Er hatte die Mehrheit der afrikanischen und arabischen Staatschefs im Rücken, die versicherten, den Haftbefehl nicht auszuführen. Mit dem Nimbus des Wahrers der sudanesischen Souveränität stellte sich al-bashir im April 2010 den Präsidentschaftswahlen, in denen ihm Manipulationen und Propaganda gegen Europa und die USA zu Stimmengewinnen verhalfen. Einen wesentlichen Beitrag hierzu lieferte auch der Rückzug des SPLM-Kandidaten Yasir Arman kurz vor dem Wahltag ein Indikator für eine stille Absprache zwischen der NCP und der SPLM, die al-bashir die Kontrolle über den Sudan und der SPLM die Kontrolle über den Südsudan ermöglichte. Die Erweiterung der Haftgründe des ICC um den Vorwurf des Völkermords an drei in Darfur lebenden Ethnien, den Fur, Masalit und Zaghawa, im Juli 2010 konnte dem Präsidenten innenpolitisch nicht mehr schaden. Letztlich trug das Verfahren des ICC zur Stärkung seiner Führungsposition bei. Nach seinem Wahlsieg führte er die sudanesische Gesellschaft bis zum Referendum über die Unabhängigkeit des Südsudans im Januar 2011 mit legitimierter Fassade, in der Tat aber mit Repressionen. Durch die Unabhängigkeit des Südsudans verfügt der Sudan seit Juli 2011 nur noch über etwa 73 Prozent seines ehemaligen 76

79 Der Sudan nach 2005 Territoriums, etwa 76 Prozent seiner ehemaligen Bevölkerung, rund 30 Prozent seiner bekannten Ölressourcen und ca. 70 Prozent seines früheren Anteils am Nilbecken. Wenige Tage nach der Teilung unterzeichnete die Regierung mit einer neu formierten Koalition militärisch wenig bedeutender bewaffneter Gruppen aus Darfur, der»liberation and Justice Movement«(LJM), das»doha Document for Peace in Darfur«(DDPD). Dies bedeutete jedoch nicht das Ende des Konflikts, sondern läutete lediglich eine Ausweitung ein. Ausweitung des gewaltsamen Konflikts Die SPLA hatte ihre Stützpunkte in South Kordofan und Blue Nile, die sie im zweiten Bürgerkrieg errichtet hatte, während des Übergangs nicht verlassen. Während der SPLM-Führer Malik Agar in Blue Nile zum Gouverneur gewählt worden war, verzögerten sich die Wahlen in South Kordofan. Erst im Mai 2011 wurde hier NCP-Kandidat Ahmad Harun zum Sieger erklärt, was von der SPLM und insbesondere von Abdelaziz al-hilu, ihrem dortigen Führer, angefochten wurde. Als die Regierung kurz vor der Teilung Maßnahmen zur Entwaffnung der im Sudan verbliebenen SPLA-Truppen, vor allem in den»two Areas«, ergriff, nahmen die nördlich der Grenze stationierten SPLA-Verbände im Juni 2011 den Kampf gegen die Regierung wieder auf und schlossen sich im November mit den stärksten bewaffneten Gruppen in Darfur zur»sudan Revolutionary Front«(SRF) zusammen (siehe den Beitrag»Rebellen«von Torsten Konopka). Gemeinsames Ziel war ein Machtwechsel an der Regierungsspitze. Ende 2011 waren die JEM-Kämpfer zum zweiten Mal auf dem Weg Richtung Hauptstadt. In North Kordofan kam es jedoch zum Zusammenstoß mit Regierungstruppen, bei dem der JEM-Führer Khalil Ibrahim ums Leben kam. Der Hauptgrund für den neuen Konflikt lag im Versäumnis, die politische Zukunft der»two Areas«abschließend zu klären. Nach Ausbruch der Kämpfe und der Abspaltung des Südsudans verbot al-bashir die SPLM sowie 16 weitere»südliche«parteien im September 2011; die Kämpfe in South Kordofan weitete er aus. Zwar konnte die in SPLM/A-North umbenannte Bewegung 77

80 I. Historische Entwicklungen keine Städte erobern, sie erlangte aber die Kontrolle über größere Gebiete in South Kordofan, als die SPLM/A während des gesamten zweiten Bürgerkrieges erobert hatte. Nachdem Malik Agar zunächst versucht hatte, mit der Regierung zu verhandeln, griff der Bürgerkrieg auch auf Blue Nile über. Die Regierung suspendierte die dort gültige Übergangsverfassung, rief den Notstand aus und griff wie in South Kordofan gezielt Zivilisten an. Tausende Menschen flüchteten in den Südsudan und wurden vom UNHCR und internationalen NGOs in provisorischen Lagern versorgt. Da die Regierung des Sudans humanitären Organisationen von Anfang an den Zugang zu beiden Bundesstaaten verwehrte, konnte die Zahl der Opfer nie genau erfasst werden. Zeugen berichteten jedoch von Luftangriffen und gezielten Tötungen von Zivilisten vor allem aus der Ethniengruppe der Nuba unter dem Vorwand, dass sie die SPLM/A-N unterstützten. Es kam zu willkürlichen Verhaftungen, Folterungen, Plünderungen und der Zerstörung ganzer Siedlungen. Parallel dazu nahmen die bewaffneten Auseinandersetzungen um den Jahreswechsel 2011/2012 auch in Darfur wieder zu. Trotz eines seit 2004 bestehenden Embargos der Vereinten Nationen picture allianc/ap Photo/Khalil Hamra Ende September 2013 protestierten einige tausend Menschen in Khartoum gegen die Regierung, ehe ihr Protest brutal niedergeschlagen wurde. 78

81 Der Sudan nach 2005 operierte das sudanesische Militär mit schweren Waffen. Letztere kamen aus China, Russland und Weißrussland. Auf der Grundlage des»doha Document for Peace in Darfur«führte die sudanesische Regierung eine Verwaltungsreform in Darfur durch, setzte 2012 eine Regionalverwaltung ein, teilte die drei Staaten Darfurs in fünf und ernannte für jeden einen Gouverneur, darunter einen Führer der LJM und einen ehemaligen SLM/A-Kommandeur. Proteste gegen die Reformen wurden von Regierungstruppen niedergeschlagen. Omar al-bashir und der tschadische Präsident Idriss Déby Itno, die nach einer durch den Ausbruch des Darfur-Krieges entstandenen Phase der militärischen Konfrontation seit 2009 wieder zusammenarbeiteten, einigten sich indes auf gemeinsame Grenzkontrollen und schränkten den Nachschub der gegen das Regime kämpfenden Gruppen weiter ein. Parallel dazu vertiefte sich der politische Konflikt in der sudanesischen Bevölkerung. Die Regierung setzte nach der Teilung stärker als je zuvor auf eine vollständige Islamisierung der Gesellschaft. NCP-Jugendorganisationen betätigten sich in Gemeinden in islamisch geprägten, sozialen Initiativen. Gleichzeitig nahm vor allem die junge Bevölkerung immer öfter an Demonstrationen gegen das Regime teil, denen die Regierung mit einer Verhaftungswelle begegnete. Oppositionsparteien, darunter die»national Umma Party«(NUP), die Kommunistische Partei und al-turabis»popular Congress Party«(PCP), gründeten die»national Consensus Forces«als Dachorganisation mit dem Ziel, die NCP aus ihrer Vormachtstellung zu drängen. Im November 2012 wurde ein vermeintlicher Putschversuch hochrangiger Offiziere von regimeloyalen Truppen verhindert. 13 Offiziere aus dem Geheimdienst und der Militärpolizei wurden verhaftet und durch Loyalisten ersetzt. Im Januar 2013 formulierten Gruppierungen der zivilen und bewaffneten Opposition eine»new Dawn Charter«, um nach dem Sturz al-bashirs einen demokratischen Wandel einzuleiten. Dies geschah vor dem Hintergrund einer dramatischen Verschlechterung der Wirtschaftslage, die aus dem Rückgang der Öleinnahmen resultierte. Die Regierung des Sudans war nach der Abspaltung gezwungen, ihre Wirtschaftspolitik in Richtung einer Wiederbelebung von Goldminen und des Ausbaus der mechanisierten Landwirtschaft zu revidieren (siehe den Beitrag von 79

82 I. Historische Entwicklungen Die Großmutter der»arabellion«als Anfang 2011 Massenproteste in Tunesien den dortigen Machthaber Zine el-abidine Ben Ali zu Fall brachten, waren viele Menschen im nördlichen Sudan bei aller Bewunderung für die tunesische»jasmin-revolution«empört, dass die meisten internationalen Medien diese als erste erfolgreiche Volkserhebung der arabischen Welt bezeichneten. Denn schon fast ein halbes Jahrhundert zuvor hatten Demonstrationen in der sudanesischen Hauptstadt Khartoum das Regime von General Ibrahim Abboud gestürzt. Die Oktoberrevolution von 1964 war maßgeblich von der Kommunistischen Partei organisiert worden und brachte zunächst eine linksgerichtete Übergangsregierung an die Macht. Diese wurde allerdings ihrerseits im Februar 1965 von Protesten bewaffneter Anhänger der konservativ-islamischen Mahdisten-Bewegung zu Fall gebracht auch dank bundesdeutscher Unterstützung, wie der damalige Botschafter Oswald von Richthofen festhielt. Im April 1985 war es abermals die Kommunistische Partei, die eine zentrale Rolle während des als»intifada«bezeichneten Zivilaufstandes gegen Präsident Jafar al-numeiri spielte. Letztlich gab zwar die Armee den entscheidenden Ausschlag, da sie den Militärdiktator fallen ließ, aber seither schien es eine Gesetzmäßigkeit zu sein, dass Massenproteste in Khartoum zum Regimewechsel führen. Vor diesem Hintergrund gründeten junge Aktivisten bereits 2009 und damit zwei Jahre vor dem»arabischen Frühling«die Gruppe»Girifna«(Wir sind es leid!), die seither trotz massiver Repressalien den gewaltfreien Widerstand gegen die autoritäre Regierung von Präsident Omar al-bashir propagiert. Der Langzeitherrscher, der seit 1989 an der Macht ist und eigentlich seinen Verzicht auf eine weitere Kandidatur erklärt hatte, durchbrach im September und Oktober 2013 das Gesetz der Serie, indem er die teils gewalttätigen Proteste gegen die aufgrund der schlechten Wirtschaftslage verkündeten Subventionskürzungen für Benzin und Gas von seinen»sicherheitskräften«blutig unterdrücken ließ. Nach offiziellen Angaben kamen dabei bis zu 70 Menschen ums Leben. Menschenrechtsorganisationen gehen gar von über 200 Todesopfern aus. Der allgegenwärtige Geheimdienst hat seitdem die zivilgesellschaftliche Opposition mit brutalen Schikanen weitgehend im Keim erstickt. Hierbei wurde der Protestbewegung vor allem ihre Fixierung auf die 80

83 Der Sudan nach 2005 Nutzung sozialer Medien wie Facebook und WhatsApp zum Verhängnis, weil das Regime deren systematische Überwachung forcierte. Zugleich offenbarte das Scheitern der Proteste den fehlenden Bezug der meist intellektuellen und privilegierten Aktivisten zur Masse der Bevölkerung. Denn auch wenn die Demonstrationen mit bis zu 3000 Teilnehmenden die größten seit 1985 waren, stellten sie in der Millionenmetropole Khartoum kein wirkliches Massenphänomen dar. Hinzu kam, dass sich die notorische Zerstrittenheit der etablierten Oppositionsparteien in der Gründung konkurrierender Jugendprotestgruppen widerspiegelte. Schließlich hat das Chaos in einigen Ländern der»arabellion«auf viele Menschen im Sudan eine abschreckende Wirkung, die al-bashir im Wahlkampf von 2015 nutzte, um für Stabilität zu werben. Mit gemischtem Erfolg: Zwar erhielt er 94,5 Prozent der Stimmen, laut Wahlkommission wählten jedoch weniger Menschen, als seine»national Congress Party«(NCP) Mitglieder hat. Zudem gibt es keinen unumstrittenen Nachfolger für al-bashir, der Jahrgang 1944 ist und zuletzt immer wieder mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Die derzeitige Stabilität hängt hauptsächlich von seiner Person ab, weil er die latent widerstreitenden Machtzentren von NCP-Islamisten, Geheimdienstangehörigen und Militärs zusammenhält. Dabei genießt er wegen seiner volkstümlichen Art im Gegensatz zur etablierten Politelite durchaus Popularität, besonders im Zentralsudan. Erschütterungen des Systems sind deshalb sehr viel eher von internen Rivalitäten nach dem Abgang al-bashirs zu erwarten als von prodemokratischen Protesten. RD Dieter H. Kollmer). Die Situation verschärfte sich jedoch weiter, als die Regierung des Südsudans die Ölförderung im Januar 2012 abbrach, um die Regierung des Sudans zu Zugeständnissen bei den Nutzungsgebühren für die quer durch den Sudan führende Pipeline zu zwingen. Die Konsequenz waren ein Anstieg der Inflation, eine schwere Wirtschaftskrise und militärische Eskalationen. Im April 2012 besetzten SPLA-Truppen das sudanesische Ölfeld Heglig (im Südsudan Panthou genannt). Unter dem Einsatz von Luft- und Bodentruppen eroberte die sudanesische 81

84 I. Historische Entwicklungen Armee das Gebiet zwar im selben Monat zurück, die beiden Regierungen einigten sich aber erst im März 2013 auf die Pipelinegebühren. Aus technischen Gründen konnte der Südsudan die Ölproduktion daraufhin aber nur langsam hochfahren. Die angespannte Wirtschaftslage im Sudan hatte zur Folge, dass im September 2013 tausende Demonstranten in mehreren Städten auf die Straße gingen, nachdem Subventionen der Nahrungsmittel- und Brennstoffpreise gekürzt worden waren. Während die Bereitschaftspolizei die Proteste im städtischen Umfeld unterdrückte, reagierte die Regierung im ländlichen Raum mit Luftangriffen auf nichtstaatliche bewaffnete Gruppen. Mehr denn je stützte sich die Regierung auf (para-)militärische Kräfte und den Geheimdienst, um an der Macht zu bleiben. Maßnahmen des Regimes zum Rückgewinn der Kontrolle Im Januar 2014 kündete al-bashir einen Nationalen Dialog an, in dem die politischen Parteien Eckpunkte für Reformen festlegen sollten. Im September unterzeichneten die Repräsentanten der 7+7-Gruppe, bestehend aus sieben politischen Parteien aufseiten der Regierung und sieben oppositionellen Parteien unter Vermittlung der Afrikanischen Union, ein Dokument, in dem sie sich bereit erklärten, dem Dialog beizutreten. Die Vereinbarung enthielt acht Punkte, in denen sich die Unterzeichner für eine umfassende politische Lösung der Konflikte und die Bereitstellung humanitärer Hilfe für die Kriegsbetroffenen, ferner für die Beachtung der Grund- und Menschenrechte sowie die Freilassung politischer Gefangener aussprachen. Die internationale Gemeinschaft, darunter das Auswärtige Amt, unterstützte den Prozess. Kurze Zeit später dementierte die»sudan Revolutionary Front«ihre Beteiligung und erklärte, sie strebe die Einbindung aller Gruppen an also auch der verbotenen SPLM/A-N sowie der Organisationen in Darfur. Seit April 2014 versuchte die Regierung, die Umsetzung des Doha Document mit dem Nationalen Dialog in Verbindung zu bringen, obwohl dieser bis dahin eine Teillösung für Darfur angestrebt und die über Dar- 82

85 Der Sudan nach 2005 Thilo Thielke Hassan al-turabi bei einem Interview Bis zu seinem Tod im März 2016 gehörte er zu den einflussreichsten Persönlichkeiten im Sudan. fur hinausgehenden Dimensionen des Konflikts ignoriert hatte. Der Führer der LJM und Leiter der Regionalbehörde von Darfur, al-tijani al-sisi, forderte die Unterzeichnergruppen auf, eine gemeinsame politische Partei zu gründen und sich für die Umsetzung des Doha Document einzusetzen. Letztendlich führte dies zur weiteren Zersplitterung und Schwächung der Opposition. In der Zwischenzeit hatte die Regierung die paramilitärische»rapid Support Forces«(RSF) gegründet und zur erneuten Eskalation der Gewalt in den Konfliktgebieten beigetragen. Die Anfang 2014 begonnene Militäroffensive»Decisive Summer«löste Massenfluchtbewegungen aus und verschlechterte die humanitäre Lage in den drei Konfliktregionen. Auch stieg die Zahl der Menschenrechtsverletzungen durch die Regierungstruppen. Weitere Oppositionsführer und Protestierende wurden verhaftet, Zeitungen konfisziert und zensiert, zivilgesellschaftliche Organisationen und Kirchen geschlossen. Als im Oktober 2014 die erneute Kandidatur Omar al-bashirs für die Wahlen im April 2015 bekannt gegeben wurde, beendete die SRF ihre Beteiligung am Nationalen Dialog und rief erneut zum Sturz des Regimes auf. Im Dezember 2014 unternahm die zersplitterte Opposition einen 83

86 I. Historische Entwicklungen weiteren Versuch sich zu vereinen und proklamierte den»sudan Call«. Die Unterzeichner des Dokuments, das eine Vereinigung der sudanesischen Gesellschaft über geografische, kulturelle, religiöse und politische Unterschiede hinweg forderte, setzen sich aus der SRF, den Mitgliedern der National Consensus Forces, der National Umma Party und einem Bündnis zivilgesellschaftlicher und insbesondere Jugend- und Frauenorganisationen des Sudans zusammen. Der»Sudan Call«strebt die Auflösung der paramilitärischen Einheiten im Lande und die Beendigung der Kriege in Darfur und den»two Areas«an und organisierte einen weitgehenden Wahlboykott der Opposition. Die im April 2015 erfolgte Wiederwahl al-bashirs mit angeblich 94 Prozent Zustimmung stand damit auf tönernen Füßen. Der Konflikt in Darfur schwelt derweil weiter. Immer wieder kommt es zu Anschlägen bewaffneter Gruppen auf Stützpunkte der Regierung und der UNAMID, zu gewaltsamen Übergriffen regierungstreuer Milizen auf die Zivilbevölkerung und zum Anstieg der Kriminalität. Eine durch die Friedensverträge entstandene Institutionenvielfalt mit Aufgaben im Landmanagement hat die Ungewissheit über die Landrechte der unterschiedlichen Nutzer noch mehr gesteigert. Berichte aus Darfur beschreiben eine Ausweitung der Routen der arabischstämmigen Viehhirten auf kultiviertes Ackerland, die Aufnahme von Ackerbau angeblich durch arabischstämmige Landeigner aus dem Sudan und dem Tschad in Gebieten, aus denen die ursprünglichen Landnutzer vertrieben wurden, sowie Schutzgelderhebungen bewaffneter Gruppen von den zurückgebliebenen Bauern. Die Ausbreitung des Goldabbaus in Darfur, der mit gewaltsamen Konflikten zwischen verschiedenen Gruppen um dessen Kontrolle einhergeht, fügte den ursprünglichen Konflikten um Land und Wasser eine weitere Dimension hinzu. Rund 2,1 Millionen Menschen etwa ein Drittel der Bevölkerung von Darfur befinden sich in einer anhaltenden Vertreibungs- oder Fluchtsituation. Fast anderthalb Millionen Menschen leben seit mehr als einem Jahrzehnt in Lagern, die als eine Form beschleunigter aber dabei traumatischer Urbanisierung mit prekären Sicherheitsbedingungen zu betrachten sind. Häufig kommt es zu Übergriffen von Regierungstruppen sowie zu Überfällen und Vergewaltigungen außerhalb dieser Lager. Hilfsor- 84

87 Der Sudan nach 2005 ganisationen beklagen, dass die Regierung die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten und die Arbeit einheimischer NGOs behindert. In den»two Areas«, zu denen Hilfsorganisationen keinen Zugang haben, verschlechterten Dürreperioden die Ernährungslage 2016 weiter. In Blue Nile, wo seit Mitte 2016 ein weitgehend anhaltender Waffenstillstand herrscht, sowie in South Kordofan, wo die Kämpfe bis Ende Juli 2017 fortdauerten, sind etwa Menschen vertrieben. Seit 2013 vermittelt die Afrikanische Union zwischen der Regierung und den oppositionellen Kräften, die im»sudan Call«vereint sind vereinbarten beide Seiten einen Plan, der die Prozesse zur Verabschiedung einer neuen Verfassung, das Voranbringen einer demokratischen Transformation sowie die Beendigung der Kriege festlegt. Nach wie vor besteht die Regierung jedoch darauf, dass dies nur unter Einbindung der Opposition in den Nationalen Dialog möglich ist, während wichtige Oppositionsgruppen, darunter die SPLM/A-N, die Teilnahme am von der Regierung dominierten Prozess ablehnen. Weitere Streitpunkte sind die Forderungen der Regierung nach Entwaffnung der SPLM/A-N und der Oppositionsgruppen, alle Regionen des Sudans in den Prozess einzubeziehen und keine Teillösungen mehr für einzelne Gebiete zu verfolgen. Nach wie vor verhindert die Regierung zudem den Zugang humanitärer Organisationen in die»two Areas«und setzt ihren Zermürbungskrieg mit Angriffen auf Ackerland und Märkte sowie die Umsiedlung der Zivilbevölkerung in von ihr kontrollierte Gebiete fort. Die auch nach 2005 weiter vorherrschende Gewalt im Sudan ist vielschichtig und mit politischen Machtkämpfen, Konflikten um Ressourcen, Mobilisierung nach verschiedenen Identitätskonstruktionen sowie schwerwiegenden Missständen in Teilen der Gesellschaft verbunden. Die Regierung begegnet diesen Herausforderungen mit einer Politik des Teilens und Herrschens, indem sie Verhandlungen mit Splittergruppen führt und Oppositionsführern Regierungspositionen überlässt. Gleichzeitig verfolgt sie ihr ideologisches Staatsprojekt hin zu einer von der NCP geprägten islamischen Gesellschaft, die auf einem Klientelsystem der Einbeziehung und Ausgrenzung sowie der Unterdrückung von Kritikern aufgebaut ist. Elke Grawert 85

88 Am 9. Juli 2011 wurde mit der Republik Südsudan der aktuell jüngste Staat der Erde gegründet. International mit großer Euphorie verfolgt und mit riesigen Summen der Entwicklungszusammenarbeit unterstützt, schaffte es die neue südsudanesische Regierung unter Präsident Salva Kiir Mayardit jedoch nie, das Gewaltmonopol des Staates durchzusetzen und die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten. Nach Abschluss des Friedensvertrages mit der Regierung des Sudans im Jahr 2005 hörte die innerstaatliche Gewalt im Südsudan nicht auf. Das Versagen der politischen Elite und die Überforderung der internationalen Staatengemeinschaft führten dazu, dass der junge Staat nur knapp zwei Jahre nach seiner Unabhängigkeit selbst im Bürgerkrieg versank. picture alliance/ap Photo/Pete Muller

89 Der Südsudan 2005 bis 2013 Der im Jahr 2005 zwischen der sudanesischen Regierung und der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung/-armee (Sudan People s Liberation Movement/Army, SPLM/A) abgeschlossene Friedensvertrag sowie die anschließende Unabhängigkeit des Südsudans nach einem Referendum im Jahr 2011 waren entscheidende Wendepunkte in der Entwicklung des jüngsten Staates der Erde. Das umfassende Friedensabkommen (Comprehensive Peace Agreement, CPA) von 2005 prägte den politischen Rahmen dieser Phase, die sowohl der Bevölkerung des Südsudans als auch des Sudans eine friedliche, demokratische Zukunft versprach. Der Friedenschluss und die Unabhängigkeit waren aber keineswegs eine»stunde null«. Das weitestgehend von der SPLM/A beherrschte Gebiet des heutigen Südsudans wies mit einer Kriegsverwaltung bereits Strukturen von Staatlichkeit auf. Die Zeit zwischen dem Friedensschluss mit Khartoum und dem Ausbruch des südsudanesischen Bürgerkrieges Ende 2013 ist daher als Wendepunkt in einem viel längeren und noch andauernden Prozess der Staatsformation zu betrachten. Das CPA als Rahmen des politischen Übergangs Als das CPA am 9. Juli 2005 vom sudanesischen Präsidenten Omar al-bashir und dem südsudanesischen Rebellenführer John Garang unterzeichnet wurde, sehnte sich die kriegsmüde Bevölkerung nach Frieden, doch herrschte keineswegs Euphorie. Dass der Friedensschluss überhaupt möglich war, lag einerseits an der veränderten Weltlage. Weil sich die US-Außenpolitik nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auf den Krieg gegen den Terror konzentrierte, interessierten sich US-Politiker für einen Friedensschluss im seit 1983 andauernden sudanesischen Bürgerkrieg. Die Khartoumer Regierung, die den später international gesuchten Führer des Al-Qaida-Netzwerks Osama bin Laden von 1991 bis 1996 beherbergt hatte, geriet dadurch erheblich unter 87

90 I. Historische Entwicklungen Druck. Anderseits hatten sich im Südsudan die Be ziehungen sowohl zwischen den verschiedenen Rebellen- als auch zwischen rivalisierenden Bevölkerungsgruppen, insbesondere durch den»people-to-people Peace Process«, Anfang der 2000er Jahre verbessert. Der vom»new Sudan Council of Churches«initiierte und von traditionellen Autoritäten getragene lokale Friedensprozess hatte die teilweise Befriedung lokaler zwischengesellschaftlicher Konflikte zwischen Dinka- und Nuer-Gruppen zur Folge. Durch den innergesellschaftlichen Dialog wurde die Verantwortung konkurrierender Rebellengruppen für die intra-südsudanesischen Konflikte klar benannt und Druck auf deren Führer ausgeübt, sich gemeinsam für die Zukunft des Südsudans einzusetzen und nicht gegeneinander auf Kosten der Zivilbevölkerung. Durch die Rückkehr Riek Machars im Jahr 2002, der als einflussreicher Nuer-Kommandeur 1991 mit der SPLM/A gebrochen hatte und 1997 einen Pakt mit der sudanesischen Regierung eingegangen war, ergab sich eine deutlich verbesserte Verhandlungsposition der SPLM/A gegenüber der Regierung in Khartoum. Der Weg zum umfassenden Friedensabkommen begann am 20. Juli 2002 mit dem Abschluss eines Waffenstillandes in der kenianischen Stadt Machakos. Zugleich wurden eine Interimsperiode, ein Referendum über die Unabhängigkeit des Süd sudans und eine relative Autonomie des Südens in der Übergangsphase festgelegt. Dies waren nach Jahren des Krieges und des Verhandelns Bedingungen, die aus südsudanesischer Sicht erstmalig einen Friedenschluss möglich machten. Bis zum Abschluss des CPA dauerte es jedoch durch die vielen noch zu klärenden Details weitere zweieinhalb Jahre. Obwohl sich der dann vereinbarte Vertrag normativ an der Idee einer»attraktiven Einheit«des gesamten Sudans orientierte, setzte er bereits den politischen und rechtlichen Rahmen für zwei getrennte Staaten: sowohl durch die Garantie der südsudanesischen Selbstbestimmung durch ein Referendum am Ende und durch regionale Autonomie während der Interimsperiode als auch durch die Erlaubnis für die südsudanesische Regierung, eine eigene Armee zu unterhalten und eine eigene regionale Verfassung zu entwickeln. Die vielfältigen Umsetzungsbestimmungen des CPA waren komplex und in einem Sechsjahreszeitraum kaum leistbar. Dabei zeigte sich immer wieder, dass der 241-seitige Friedensvertrag 88

91 Der Südsudan 2005 bis 2013 Salva Kiir Mayardit Wäre der Vorsitzende der SPLM/A, John Garang, nicht im Juli 2005 plötzlich verstorben, wäre Salva Kiir Mayardit vermutlich nicht der erste Präsident des unabhängigen Südsudans geworden. Viele Beobachter sehen in Salva Kiir, welcher der römisch-katholischen Kirche angehört, eher einen Karrieresoldaten denn einen Politiker. Im Gegensatz zu John Garang oder dem derzeitigen Rebellenführer Riek Machar besitzt Salva Kiir auch keinen akademischen Grad und gehört nicht zur eigentlichen Bildungselite des Landes in Gogrial in der ehemaligen Provinz Bahr al-ghazal geboren, zählt der heutige Präsident zur Ethnie der Rek Dinka. Er nahm bereits an der Rebellion im ersten Bürgerkrieg teil. Zusammen mit John Garang war Salva Kiir zur Zeit der Unterzeichnung des Friedensvertrages von 2005 der einzige überlebende Gründer der 1983 aufgestellten südsudanesischen Rebellenbewegung»Sudan People s Liberation Movement/Army«(SPLM/A). Mit dem überraschenden Tod Garangs Ende Juli 2005 trat der ehemalige Major des sudanesischen militärischen Abschirmdienstes als stellvertretender Vorsitzender der SPLM und Generalstabschef der SPLA selbst in die erste Reihe der Politik. Als neuer erster Vizepräsident des Sudans und Präsident des autonomen Südsudans zeichnete er sich durch eine Abkehr von der»new Sudan«-Politik Garangs aus. Fortan bestimmten die Bestrebungen nach Unabhängigkeit das Handeln der südsudanesischen Regierung, die auch über den Tag der Unabhängigkeit vom 9. Juli 2011 hinaus von Salva Kiir geleitet wurde. Sein Politikstil gilt derweil als abwartend und wenig entscheidungsfreudig. Politische Reden seien für den mit einer mächtigen Statur ausgestatteten Kiir eher eine Pflicht denn ein Vergnügen. Berichten zufolge nutzte er seine Position indes auch zur persönlichen Bereicherung: Einige seiner Familienangehörige sollen ein luxuriöses Leben in der kenianischen Hauptstadt Nairobi fernab des 2013 ausgebrochenen Bürgerkriegs führen. TK im Kern sich wiedersprechende oder zumindest konkurrierende Zielsetzungen beinhaltete: eine Regelung der Beziehungen zwischen dem Süden und dem Norden einerseits und eine politische Transformation und Demokratisierung des ganzen Sudans andererseits. 89

92 I. Historische Entwicklungen Präsident Salva Kiir mit dem für ihn charakteristischen schwarzen Hut zusammen mit dem ehemaligen Chef des Generalstabes, Paul Malong, anlässlich der Unabhängigkeitsfeier 2015 in Juba. picture alliance/ap Photo/Jason Patinkin Dass die SPLM-Führung das CPA unterzeichnete, hing weniger vom Friedenswillen als von taktischen Überlegungen ab, denn das Misstrauen gegenüber der sudanesischen Regierung war groß. Ein Gutteil der SPLM-Führung glaubte nie wirklich an das CPA, betrachtete das Abkommen jedoch als probates Instrument auf dem Weg zur Unabhängigkeit. Die strategische Fragestellung war nur, ob dieses Ziel mit friedlichen Mitteln, das heißt im Rahmen der Umsetzung des CPA, oder durch Krieg zu erreichen war. Die politische Vision des»new Sudan«, die anstatt der Unabhängigkeit des Südens eine politische Transformation des ganzen Sudans zum Ziel hatte, war vom Rebellenführer John Garang formuliert worden und letztlich eine Minderheitsmeinung innerhalb der SPLM/A. Mit dem Tod Garangs bei einem Hubschrauberabsturz nur wenige Monate nach Unterzeichnung des CPA war diese Idee verloren. Auch die sudanesische Regierung gab die militärische Option in der Interimszeit nie auf, sie hoffte jedoch den internationalen politischen Druck zu senken, indem sie sich im Friedensprozess gegenüber der SPLM/A kooperativer zeigte. Der echte Friedenswille hatte also auf allen Seiten Grenzen; kontinuierliche Verletzungen des Waffenstillstands bis hin zu offenen Kämpfen in den Regionen Upper Nile und Abyei machten die Situation sehr fragil. Die Überlappung des Nord-Süd-Konfliktes im Sudan mit den eskalierenden Konflikten in Darfur und auch im Ostsudan machte die Lage noch unübersichtlicher. Die beiden»part- 90

93 Der Südsudan 2005 bis 2013 ner im CPA«unterstützten jeweils die Rebellen des anderen: die SPLM/A die Rebellen in Darfur und Kassala, die sudanesische Regierung bewaffnete Gruppen in Upper Nile. Schwieriger Staatsaufbau Am 14. Juli 2011 wurde die Republik Südsudan als 54. Staat der Afrikanischen Union und als 193. Mitglied der Vereinten Nationen formal anerkannt. Über vier Millionen Südsudanesen hatten zuvor im Rahmen eines Referendums vom 9. bis 15. Januar 2011 mit 98,8 Prozent für die Unabhängigkeit des Landes gestimmt. Die Republik Südsudan war jedoch von einer beunruhigenden Kontinuität zum Südsudan der Kriegszeit gekennzeichnet: Während des Krieges existierte im heutigen Südsudan ein»quasi-staat«, dessen Charakteristika die Dominanz der SPLM/A in weiten Landesteilen (SPLM/A-State) sowie die massive Präsenz internationaler Hilfsakteure waren, die einen Teil der (humanitären) Aufgaben des Staates übernahmen (Aid-State). Auch nach der Unabhängigkeit wurden die Regierung und das politische System von der SPLM dominiert. Ihre Elite war jedoch tief gespalten. Ein von bestimmten Dinka-Gruppen dominiertes System stand im Konflikt zu Interessen vieler anderer Bevölkerungsgruppen. Gleichzeitig kontrollierte die Regierung auch im unabhängigen Südsudan nicht das ganze Staatsgebiet, sondern lediglich weite Teile des Bahr al-ghazals und Equatorias. Teile der Region Upper Nile und die umstrittene Region Abyei waren dagegen gewaltoffene Räume. Die Herstellung eines staatlichen Gewaltmonopols im Südsudan war nach Unterzeichnung des CPA und zugespitzt nach der Unabhängigkeit eines der größten Probleme. Zwar hatten John Garang und Riek Machar als südsudanesische Hauptkonkurrenten 2002 wieder zusammengefunden. Ihre Versöhnung, die eine Voraussetzung für den Frieden zwischen Nord- und Südsudan war, reichte jedoch nicht, um die weiteren bewaffneten südsudanesischen Gruppen in der Region Upper Nile zeitweilig über ein Dutzend zu befrieden. Erst durch das CPA änderten sich die Bedingungen, sodass die Jahre 2007 bis 2010 einen Rückgang der von den verschiedenen Warlords ausgehenden Gewalt sahen. 91

94 I. Historische Entwicklungen Die Präsenz der»united Nations Mission in Sudan«(UNMIS) und die Zusammenarbeit der SPLA mit der Armee des Sudans erhöhten den Druck auf die verschiedenen Milizen, mit der südsudanesischen Regierung zu kooperieren. Der enorme Zufluss internationaler Ressourcen erhöhte zudem den Anreiz, am Regierungssystem teilzuhaben. Kaum überwindbar waren jedoch die vermeintlichen ethnischen Differenzen beziehungsweise die Abneigung gegen die empfundene Dominanz der Dinka in der nun regierenden SPLM/A sowie die vielen offenen Rechnungen zwischen den einzelnen Akteuren, die bis in die 1980er Jahre und auf die Spaltung der SPLM/A im Jahr 1991 zurückgingen (siehe den Beitrag von Bernhard Chiari). Zum Zeitpunkt der CPA-Unterzeichnung war die»south Sudanes Defence Force«(SSDF) unter Paulino Matip Nhial militärisch die wohl zweitstärkste Gruppe im Südsudan. Der Werdegang Matips steht exemplarisch für verschiedene Milizenführer des Südens. Als langjähriger Rebellenkommandeur hatte er die SPLA 1991 verlassen. Ausgerüstet von der sudanesischen Armee engagierte er sich in der Folge unter anderem beim Schutz der Ölfelder im westlichen Upper Nile und Bentiu, zeitweilig in Thilo Thielke Der Warlord David Yau Yau (zweiter von links) rebellierte sowohl 2010 als auch Im Januar 2014 willigte er ein, im südsudanesischen Bürgerkrieg neutral zu bleiben, und ließ sich erneut in den Staatsapparat integrieren. 92

95 Der Südsudan 2005 bis 2013 Allianz mit Riek Machar und anderen Nuer-Milizenchefs. Mit Abschluss der»juba Declaration«im Januar 2006 stimmte Paulino Matip der Integration in die SPLA zu. Auch als zum Generalleutnant ernannten stellvertretenden Oberbefehlshaber der Armee hielt sich Matip jedoch eine mehrere hundert Kämpfer starke Privatmiliz. Ähnliche Vorgänge sind für den Warlord Peter Gadet Yak beschreibbar, der als ein Führer der Bul-Nuer und Ex-Kommandeur unter Matip und Riek Machar ebenfalls zeitweise Unterstützung von Khartoum erhielt. Nach Unterzeichnung der»juba Declaration«ließ er sich zum Generalmajor befördern und temporär in die SPLA integrieren. Seine Loyalität und die seiner Soldaten waren jedoch von vornherein fraglich. Im Zuge der Wahlen von 2010 ging die Phase der relativen Stabilität zu Ende. Mehrere in der SPLM-Nominierung unterlegene Kandidaten insbesondere für die Gouverneursposten fürchteten um ihre politische und wirtschaftliche Position. Sie begannen daher lokale Rebellionen gegen die Regierung des Südsudans. Die bekanntesten Fälle waren die Wahlverlierer Generalleutnant George Athor in Jonglei, Oberst Gatluak Gai in Bentiu und David Yau Yau in Pibor. Alle drei verfolgten eine persönlich motivierte Agenda, agierten in lockeren Allianzen gegen die Regierung in Juba und mobilisierten meist auf ethnischer Grundlage. Ein wirtschaftlicher Anreiz waren auch in dieser Phase Einnahmen, die aus Abkommen mit internationalen Ölfirmen erwuchsen, oder berechenbare internationale Hilfe gab es Fälle, in denen die Vereinten Nationen nach Vorwarnung der Rebellen ihr Personal aus den Teilstaaten Unity und Warrap abzogen und nach der angekündigten Plünderung beider Gebiete die humanitäre Hilfe mit neuen Gütern fortsetzten. Mit der Unabhängigkeit des Südsudans erklärte Präsident Salva Kiir eine Amnestie für die Rebellen. Während sich einige Milizenführer daraufhin zur SPLM/A bekannten, fanden große Teile ihrer Truppen zügig einen Nachfolger zu Fortführung der Rebellion kamen sowohl Gatluak Gai als auch George Athor unter ungeklärten Umständen ums Leben, was die Zersplitterung der bewaffneten Gruppen zur Folge hatte. Insbesondere östlich des Nils kämpften zudem mehrere»ethnisch«geprägte Milizen lokaler Bevölkerungsgruppen (Murle, Nuer, Shilluk) gegeneinander. 93

96 I. Historische Entwicklungen 94 Wahlen und Misswirtschaft Noch vor dem Unabhängigkeitsreferendum war die Durchführung der Wahlen vom 11. bis 15. April 2010 der erste Test, ob die südliche Staatsführung demokratische Spielregeln akzeptierte. Im Südsudan ging es dabei nicht nur darum, ob sich ein formaldemokratisches System gegenüber einer möglichen autoritären Herrschaft etablieren würde. Ein wesentlicher Punkt war auch, ob sich der demokratische Wettbewerb gegen eine gewalttätige Konfliktaustragung durchzusetzen vermochte. Tatsächlich kam es in mehreren Regionen vor den Wahlen zu Gewaltausbrüchen und das Szenario eines Kollapses des Friedensabkommens begleitete die Wahlvorbereitungen permanent. Die Abstimmungen selbst waren mit politischen Dilemmata und mit großen technischen Herausforderungen verbunden. Zum Zeitpunkt der Wahlen war der Südsudan noch nicht unabhängig und gemäß CPA fanden gesamtsudanesische, südsudanesische und Regionalwahlen statt. Die SPLM verfolgte dabei in erster Linie das Ziel, ihre Macht in Juba abzusichern. Zehn Tage vor der Abstimmung zog der SPLM-Präsidentschaftskandidat für die gesamtsudanesischen Wahlen, Yasir Arman, sogar seine Kandidatur zurück. Die Priorität des Machtgewinns im Süden vor sämtlichen gesamtstaatlichen Fragen wurde so nochmals bestätigt. Trotz seines Rückzugs erhielt Arman 21,7 Prozent und die SPLM auf nationalstaatlicher Ebene 22,3 Prozent der Stimmen. Im Südsudan gewannen Salva Kiir 92,9 Prozent und die SPLM 94 Prozent Zustimmung. Angesichts der in zahlreichen Landesteilen herrschenden Gewalt, politischer Unterdrückung sowie der schieren Konfusion in der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen entsprachen diese laut Beobachtern der Europäischen Union aber nicht den internationalen demokratischen Standards. Trotzdem galt ihre Durchführung als Fortschritt. So erhielt Lam Akol, der Bewerber der oppositionellen SPLM-Democratic Change, einer Abspaltung der SPLM, sieben Prozent der Stimmen, offensichtlich einen Großteil aus der Shilluk-Bevölkerung in der Region Upper Nile. Bei den Parlamentswahlen stieß die SPLM in Equatoria, wo Vertreter der Bevölkerungsgruppen der Bari und der Azande für ihre Kandidaten mobilisierten, auf den stärksten politischen Wi-

97 Der Südsudan 2005 bis 2013 derstand. Durch das Mehrheitswahlrecht spiegelte das Ergebnis der Abstimmung dies aber nicht wieder. Durch das CPA-Friedensabkommen und die Unabhängigkeit des Landes veränderte sich derweil auch die politische Ökonomie. Während sich die SPLM/A als Rebellenbewegung von der Kriegsökonomie, also Einnahmen von internationalen Hilfsorganisationen, Ressourcenausbeutung (Holz, Gold), direkten internationalen Zuwendungen sowie durch die Unterstützung der Bevölkerung finanzieren musste, hatte sie als Regierungspartei Zugriff auf jährliche Öleinnahmen von etwa zwei Milliarden US-Dollar. Dazu kam die massive internationale Unterstützung für den Staatsaufbau. Der SPLM/A-Staat hatte den Eliten jedoch bereits zu Kriegszeiten zur Abschöpfung von Einnahmen gedient. Auch nach der Unabhängigkeit änderte sich an diesen Praktiken wenig. Bereits ein Jahr später sollen Staatsbedienstete bis zu vier Milliarden US-Dollar veruntreut haben. Verfassung, Verwaltung und Zentralismus Während die politische Ökonomie die Chance auf einen vernünftigen Staatsaufbau und die Entwicklung demokratischer Institutionen limitierte, hat der Südsudan rein formal betrachtet viele demokratische Fortschritte erzielt. Neben der Durchführung freier und geheimer Wahlen im April 2010 wurde nach der Erlangung der Unabhängigkeit vom südsudanesischen Parlament eine Übergangsverfassung als rechtliche Grundlage für den neuen Staat verabschiedet. Letztere wurde jedoch kritisiert, weil sie den Präsidenten mit einer enormen Machtfülle ausstattete. Laut Verfassung ist er befugt, das Parlament aufzulösen, die Gouverneure der Teilstaaten zu ernennen und abzuberufen sowie in vielen Fällen per Dekret zu regieren. Letztlich spiegelte die Verfassung jedoch die realen Machtverhältnisse des Südsudans zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit wieder. Der eigentliche Staats- und Verwaltungsaufbau nach 22 Kriegsjahren war verständlicherweise eine Herkulesaufgabe, denn funktionierende Institutionen erfordern ausreichend qualifiziertes Personal, Budget und leistbare Aufgaben. 95

98 I. Historische Entwicklungen Wie einleitend dargestellt war der südsudanesische Staat nach dem CPA zwar schwach, sein Aufbau begann jedoch keineswegs an einem Nullpunkt. Es gab in den von der SPLM/A gehaltenen Gebieten, also in einem großen Teil des heutigen Südsudans, eine Art Kriegsverwaltung. Sie war zwar schwach, dezentral und mehr oder weniger ein Teil der SPLM/A, doch gab es in vielen Regionen des Südsudans Repräsentanten als Ansprechpartner. Ebenso hatte die Regierung in Khartoum 1997 den»coordinating Council for the Southern States«eingerichtet. Dieser war von Südsudanesen besetzt und quasi eine Regierung ohne Zugriff auf weite Teile des Landes außerhalb der Garnisonsstädte, allen voran Juba. Nach Abschluss des Friedensabkommens unternahm die SPLM den Versuch, diese verschiedenen Stränge in einer neuen staatlichen Verwaltung zu integrieren. Die Friedensmission der Vereinten Nationen übernahm dabei verschiedene Aufgaben, da ihr Mandat nicht nur die Gewährleistung von Sicherheit, sondern auch die Unterstützung politischer Prozesse beinhaltete. Die Gebergemeinschaft verfolgte derweil eine koordinierte Herangehensweise über den»multi-donor Trust Fund«(MDTF), der für die Finanzierung und Koordinierung des Staatsaufbaus und die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen ins Leben gerufen worden war. Die Herangehensweise beschränkte sich jedoch vielfach an sich bereits eine große Leistung auf die Beratung der Ministerien in Juba und verfolgte ein eher technisch-funktionales Verständnis der Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen. Faktisch wurde dabei die Idee einer zentralistischen Staatsverwaltung gestärkt; die Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft und die Frage, wie sich dieser Staat in einer Postkonfliktsituation legitimieren könnte, wurden aber ausgeklammert. Alsbald bestand daher die Herausforderung für die südsudanesische Regierung, die eher dezentralisierte Lokalverwaltung aus Kriegszeiten mit ihrem eher zentralistischen Staatsmodell zu verbinden. Der politische Wettbewerb um Macht und Einfluss zwischen den verschiedenen Führungskräften der SPLM wurde von den Wahlen und dem Unabhängigkeitsreferendum nur temporär überdeckt. Obwohl die SPLM die Wahlen klar gewann, konnte nicht überspielt werden, dass im ethnisch und politisch fragmentierten Südsudan die Abstimmung als Mittel für eine gesellschaft- 96

99 Der Südsudan 2005 bis 2013 liche und politische Integration nur bedingt geeignet war. Allein die Rebellionen nach der Wahl zeigen, dass eine Fragmentierung der politischen Elite vorlag, die nur bedingt bereit war, den politischen Wettstreit gewaltfrei auszutragen. Mit der Unabhängigkeit war das Ziel erreicht, das die südsudanesische Elite im Bürgerkrieg auf Zeit geeint hatte. Der gemeinsame Feind, die Regierung in Khartoum, war verschwunden und der politische Machtkampf innerhalb des Landes trat hervor. Angesichts von Misswirtschaft, mangelnden Fortschritten in der Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen und insbesondere zunehmend autoritärer Tendenzen der Regierung wuchs die Unzufriedenheit innerhalb und außerhalb der SPLM. Diese Situation diente als Vorlage für das Aufbrechen alter und neuer Konflikte. Einige SPLM-Führer, insbesondere Vizepräsident Riek Machar, begannen Präsident Salva Kiir offen dafür zu kritisieren, sein Mandat zu übertreten. Im Juli 2013 entließ Kiir seinen Vizepräsidenten, Teile des Kabinetts und den Generalsekretär der SPLM, Pagan Amum. Am 15. Dezember 2013 kam es zum endgültigen Bruch innerhalb der SPLM- Führung, als Riek Machar und andere ein Treffen des»national Liberation Council«in Juba verließen und dem Präsidenten erneut diktatorisches Verhalten vorwarfen. Mit diesen Ereignissen hatte die SPLM ihre politische Integrationskraft endgültig verloren. Binnen weniger Tage stürzte der Südsudan in einen Bürgerkrieg. Die Ereignisse im Dezember 2013 läuteten den Beginn einer neuen Phase der politischen und militärischen Auseinandersetzung ein. Mit der Spaltung der SPLM und den damit einhergehenden politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen, massivsten Menschenrechtsverletzungen und schier unermesslichem Leid vieler Zivilisten wurde ein Tiefpunkt der Entwicklung erreicht. Die Situation bedeutet jedoch keineswegs das Ende des jungen Staates. Vielmehr verdeutlicht sie die Kontinuität der gesellschaftlichen, politischen und auch kriegerischen Situation über einen langen Zeitraum: Das Land und die Region befinden sich in einem Umbruchprozess, indem die Organisationsebene der Staatlichkeit, politische und gesellschaftliche Legitimation, Loyalität und Identität und ebenso die Ressourcenverteilung neu bestimmt werden. Manfred Öhm 97

100 Im Sommer 2013 entließ Präsident Salva Kiir sein gesamtes Kabinett und den Vizepräsidenten Riek Machar. Letzterer hatte den Regierungsstil des Präsidenten massiv kritisiert und verlauten lassen, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen selbst kandidieren zu wollen. Um über die zukünftige Führung der Regierungspartei SPLM (Sudan People s Liberation Movement) zu diskutieren, versammelten sich ihre höchsten Funktionäre am 14. Dezember 2013 in der Hauptstadt Juba. Anstatt eine Lösung des politischen Zwists zu finden, brachen am folgenden Tag Gefechte zwischen Soldaten der Präsidialgarde aus. Die sich ausbreitende Gewalt zog das gesamte Land binnen kürzester Zeit in den Abgrund im Bild ein toter Soldat in Pibor im Teilstaat Jonglei. Vermutlich sind Zehntausende Menschen gestorben, über vier Millionen flüchteten ins Ausland oder wurden intern vertrieben. Thilo Thielke

101 Der Bürgerkrieg im Südsudan von 2013 bis zur Gegenwart Am 15. Dezember 2013 brachen Kämpfe zwischen Soldaten der Präsidialgarde im Armeehauptquartier in der südsudanesischen Hauptstadt Juba aus. Bei ihnen handelte es sich einerseits um Anhänger des Präsidenten Salva Kiir, andererseits um Gefolgsleute des ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar. Innerhalb kürzester Zeit breitete sich die Gewalt über die Hauptstadt aus. Berichten zufolge gingen Soldaten der Dinka-Ethnie von Haus zu Haus und ermordeten gezielt mehrere hundert männliche Personen aus der Ethnie der Nuer. Die schockierenden Nachrichten führten zur Flucht tausender Zivilisten in die Basen der im Land stehenden Mission der Vereinten Nationen (VN) und zur Desertion eines Großteils der Nuer-Soldaten aus der Armee. Gemeinsam mit tausenden jugendlichen Nuer-Zivilisten, den sogenannten»white Armies«, versuchten sie die Vertriebenen zu schützen und sannen auf Rache gegen das aus ihrer Sicht von Dinka dominierte, korrupte und inkompetente Regime in Juba, das sie für die Gräueltaten verantwortlich machten. Während die Armee und die Regierungspartei SPLM (Sudan People s Liberation Movement) in einen Regierungs- (in Government, IG) und einen Oppositionsflügel (in Opposition, IO) zerbrachen, schob sich die politische Elite gegenseitig die Schuld für die Eskalation zu. Präsident Salva Kiir, selbst aus einer Dinka-Gruppe stammend, bezichtigte den im Juli 2013 entlassenen Vizepräsidenten Riek Machar eines Staatsstreiches und ließ eine Reihe hoher Parteifunktionäre verhaften. Machar, Angehöriger einer Nuer-Gruppe, warf dem Präsidenten vor, die Lage inszeniert zu haben, um seine Kritiker zu beseitigen. Vermutlich ohne echte Kommandogewalt über alle Deserteure zu verfügen, floh Riek Machar aus der Hauptstadt und rief zum Sturz Salva Kiirs auf. In nur zehn Tagen nahmen die Rebellen der»sudan People s Liberation Movement/Army-In Opposition«(SPLM/A-IO) drei Landeshauptstädte im Zentrum und Nordosten des Landes ein. Infolgedessen kam es vor allem in Bor und Bentiu zu Massakern an hunderten Dinka-Zivilisten. Schnell keimten Assoziationen zum Bruch der SPLM/A von 1991 auf (siehe den Beitrag von Bern- 99

102 I. Historische Entwicklungen hard Chiari). Ein weiterer Vormarsch wurde vor allem durch das Eingreifen der ugandischen Armee und sudanesischer Rebellen auf Regierungsseite verhindert. In den folgenden Wochen wechselten strategisch wichtige Gebiete wiederholt den Besitz. Es kam zu Massakern in Hospitälern und Kirchen. Während immer mehr Menschen Schutz in den Camps der Vereinten Nationen suchten, wurden mehrere Waffenstillstandsvereinbarungen gebrochen. Auch wenn die Ursachen des Konfliktes vor allem machtpolitischer Natur waren, besaß er von Beginn an eine ethnische Dimension. Der Konflikt wurde aber keineswegs nur zwischen Dinka und Nuer, den formell größten Ethnien des Landes, geführt. Erstens spielten von Anfang an auch andere Ethnien eine wichtige Rolle, indem sie entweder die Regierung oder die Rebellen unterstützten und so zum Zerwürfnis der südsudanesischen Bevölkerung beitrugen. Die Shilluk-Kämpfer um Johnson Olony Thabo waren beispielsweise zunächst eine treibende Kraft aufseiten der Regierung, kämpften aber seit dem Frühjahr 2015 mit den Rebellen. Zum anderen blieben einige Nuer, wie der damalige Generalstabschef James Hoth Mai oder die erst 2013 in die Armee integrierten Rebellenführer Bapiny Monytuil und Matthew Puljang mit einem Großteil ihrer Bul-Nuer-Soldaten, zumindest beim Beginn der Kämpfe loyal gegenüber Salva Kiir. Prominente Dinka, darunter die Frau des Unabhängigkeitshelden John Garang, Rebecca Nyandeng, positionierten sich derweil gegen die Regierung. Die Perspektive eines Krieges zwischen zwei Ethnien trifft daher nicht zu. 100 Hintergründe des Bürgerkriegs Die Ursachen des Konfliktes umfassen individuelle machtpolitische Ambitionen der Führungsriegen um Salva Kiir und Riek Machar, die ungleiche Aufteilung der staatlichen Öleinnahmen, die Frage nach ethnischer Identität, die gefühlte Marginalisierung gegenüber anderen sozialen Gruppen, das fehlende Vertrauen in den Staat zur Durchsetzung von Recht und Ordnung und vor allem fehlende Perspektiven für einen Großteil der rekrutierten Kämpfer. Die Wurzeln der Kämpfe sind zudem in den nie aufgearbeiteten, von Südsudanesen gegen Südsudanesen be-

103 Der Bürgerkrieg im Südsudan Dr. Riek Machar Teny Dhurgon Der Konflikt von 2013 war nicht die erste Rebellion des 1953 in Leer County geborenen Riek Machar. Bereits 1991 hatte er den Vorsitzenden der SPLM/A, John Garang, wegen Meinungsverschiedenheiten stürzen wollen. Im Gegensatz zu John Garang und Salva Kiir besaß Machar keinen militärischen Hintergrund. Beim Ausbruch des zweiten Bürgerkriegs hielt er sich zur Promotion in Großbritannien auf. Zudem ist Riek Machar kein Dinka, sondern entstammt der Ethnie der Dok Nuer. Nachdem er Anfang der 1980er Jahre der SPLM/A beigetreten und militärisch ausgebildet worden war, fungierte er unter anderem als Kommandeur in Upper Nile. Nach dem Bruch mit Garang forderte Riek Machar die Unabhängigkeit des Südens. Gleichzeitig ließ er sich von der Regierung in Khartoum unterstützen, was seinen Forderungen Glaubwürdigkeit raubte. Mit dieser schloss er 1996 und 1997 zwei Abkommen, die sein opportunistisches Verhalten unterstrichen. Er erhielt einen Posten in der Regierung und den Oberbefehl über die von Khartoum unterstützte Miliz»South Sudan Defence Forces«(SSDF). Seine Liaison mit der Regierung hielt nur drei Jahre gründete er in Kenia eine neue Partei, ehe er sich 2002 mit Garang versöhnte und die dritthöchste Position in der SPLM erhielt zeigte er jedoch Ambitionen auf das höchste Amt im Staat, als er eine Amtszeit begrenzung für den südsudanesischen Präsidenten forderte. Mit der Unabhängigkeit von 2011 offiziell zum Vizepräsidenten ernannt, trugen auch seine persönlichen Ambitionen 2013 zum Bürgerkrieg bei. TK Riek Machar (r.) mit Südsudans Präsident Salva Kiir nach der ersten Sitzung der kurzlebigen Übergangsregierung Ende April picture alliance/ap Photo 101

104 I. Historische Entwicklungen gangenen Gräueltaten während des Bürgerkriegs von 1983 bis 2005 zu finden, vor allem nach dem Bruch der SPLM/A Die gescheiterte Transformation der SPLM/A von einer Befreiungsbewegung beziehungsweise einer Rebellenarmee hin zu einer politischen Partei und einer unter ziviler Kontrolle stehenden Armee verhinderte den Aufbau funktionierender staatlicher Institutionen. Während das innere Gefüge der Streitkräfte durch die Integration Zehntausender Ex-Rebellen geschwächt wurde, war die Regierung nie in der Lage, das staatliche Rechts- und Gewaltmonopol über das gesamte Staatsgebiet durchzusetzen. Eher im Gegenteil wurde ihre Legitimität seit der Unabhängigkeit permanent von rebellierenden Warlords wie David Yau Yau oder Peter Gadet Yak in Frage gestellt. Die anhaltende Unsicherheit im Land, die grassierende Korruption und der Mangel an Entwicklung entzweiten die Regierungspartei. Im Vorfeld der für das Jahr 2015 angesetzten Wahlen spielten persönliche Machtbestrebungen der Elite jedoch eine größere Rolle als das Allgemeinwohl der Bevölkerung. Öffentlich platzierten sich Riek Machar, Rebecca Nyandeng und der Generalsekretär der SPLM, Pagan Amum, im Laufe des Jahres 2013 als Präsidentschaftskandidaten. Sie alle einte die Unzufriedenheit mit Salva Kiir, nicht ihr politisches Programm. Auf die wachsende Opposition reagierte der Präsident im Juli 2013 mit der Entlassung der gesamten Regierung und des Vizepräsidenten Riek Machar. Als die Dissidenten dem Präsidenten auf einer Pressekonferenz am 6. Dezember politisches Versagen vorwarfen, berief dieser für den 14. und 15. Dezember ein Treffen aller Parteifunktionäre des»national Liberation Council«ein. Anstatt jedoch zu versöhnen, griff Salva Kiir seine Kritiker verbal an. Der zweite Tag der Versammlung wurde daraufhin von den Dissidenten boykottiert, ehe der politische Machtkampf in der Nacht zum Bürgerkrieg eskalierte. 102 Kriegführung im Südsudan Einer der wesentlichsten Faktoren für die Kriegführung im Südsudan ist das Klima. In der Regenzeit zwischen April und Oktober weichen die ohnehin schwer zu befahrenden, überwiegend

105 Der Bürgerkrieg im Südsudan nur aus Lehmpisten bestehenden Verkehrswege dermaßen auf, dass größere Truppenbewegungen und somit konventionell geführte Gefechte fast vollständig zum Erliegen kommen. Gleichzeitig bedroht der Regen diejenigen Menschen mit Überflutungen und Krankheiten, die in den dann nur noch aus der Luft zu erreichenden provisorischen Vertriebenenlagern ausharren. Hinzu kommen durch internationalen Druck ausgehandelte Waffenstillstandsvereinbarungen, die oftmals aber nur zur Auffrischung der eigenen Kräfte vor der nächsten militärischen Offensive genutzt werden. Beim Ausbruch des Krieges desertierten bis zu 70 Prozent aller Soldaten. Überwiegend handelte es sich hierbei um Nuer aus den Teilstaaten Jonglei, Upper Nile und Unity: Das sind jene Staaten, in denen die Kämpfe der verschiedenen SPLM/A-Fraktionen in den 1990er Jahren am heftigsten ausgetragen und deren Nuer-Kämpfer erst 2006 in die SPLA aufgenommen worden waren (siehe den Beitrag»Rebellen«von Torsten Konopka). Geografisch konzentrierte sich der Konflikt daher in der Anfangszeit vor allem auf die größeren Städte dieser drei Teilstaaten. Waren die ersten Monate des Krieges von Gebietseroberungen und -wechseln durch konventionell geführte Kämpfe beider Seiten gekennzeichnet, gehörten Zivilisten in den folgenden Jahren immer häufiger zum primären Ziel der Gewalt. Unklar ist die picture alliance/aa/mohammed Elshamy Der Konflikt im Südsudan geht mit der Zerstörung der ohnehin sehr einfachen Lebensgrundlage vieler Menschen einher. Im Bild Verwüstungen in Bor im Februar

106 I. Historische Entwicklungen Zahl der Toten. Bereits nach dem ersten Kriegsjahr kursierten Schätzungen von über Opfern. Einhergehend mit einer Aufsplitterung der bewaffneten Opposition bereitete sich der Konflikt in der zweiten Hälfte des Jahres 2015 auch auf den Süden und den Südwesten aus. Während die Rebellen in dieser Region mit Kleinwaffen zu»hit and run«-überfällen auf Fahrzeugkonvois auf den Straßen zwischen Juba und der Grenze zu Uganda übergingen, setzte der Regierungsflügel der SPLA in weiten Landesteilen auf die Kollektivbestrafung potenzieller Unterstützer der Opposition und auf eine Strategie der verbrannten Erde. Die Zerstörung der Lebensgrundlage sollte zur dauerhaften Vertreibung der Zivilbevölkerung führen und den Rebellen jegliche Unterstützung nehmen. Ihre Bodenangriffe kombinierte die Regierung seit 2015 mit neu beschafften Mi-24-Kampfhubschraubern, während sie auf diplomatischer Ebene mit Amnestien lockte und zum Dialog aufrief. Zu großen Gefechten kam es kaum noch. Ein Grund für den Rückgang der Rebellenaktivitäten war deren fehlender Nachschub. Hatten die Deserteure zu Beginn Waffen und Großgeräte aus den staatlichen Beständen erbeutet, lieferte in der Folge nur der Sudan in geringem Umfang Ausrüstung und Munition. Durch die Annäherung beider Regierungen versiegte aber auch diese Quelle. Die Regierungsarmee konnte so ab Sommer 2016 alle größeren Ballungsräume unter ihre Kontrolle bringen. Bündnisse sind indessen fließend. Loyalitäten bestehen oft nur zwischen Kämpfern und ihren Kommandeuren, nicht jedoch zu einer übergeordneten Führung. Bei vielen der desertierten Kommandeure handelte es sich derweil um»kriegshelden«des Unabhängigkeitskampfes und um Politiker, welche die Gunst der Regierung verloren hatten und nun versuchten, erneut an die Staatsressourcen zu gelangen. Generalleutnant Dau Aturjong Nyuol, zeitweise der höchste Dinka in den Reihen der Rebellen, desertierte im Mai 2014 vermutlich aufgrund einer persönlichen Fehde mit dem damaligen Gouverneur von Bahr al-ghazal, Paul Malong, gegen den er 2010 bei der Wahl verloren hatte. Im Juli 2016 trat er den Regierungstruppen jedoch erneut bei, angeblich weil er von Riek Machar keinen Ministerposten in der Übergangsregierung erhalten hatte. Der Shilluk-Kommandeur Johnson Olony Thabo lief im 104

107 Der Bürgerkrieg im Südsudan Frühjahr 2015 zu den Rebellen über, weil er die Kontrolle des Shilluk-Gebietes in Upper Nile von den von Juba unterstützen Padang Dinka bedroht sah. Für seine Unterstützung erhielt er im September den Rang eines Ge neralleutnants, obwohl er 2011 noch Hauptmann gewesen war. Posten, Einfluss und Patronage sind demnach entscheidende Faktoren für die Loyalitätsverhältnisse. Am meisten umkämpft waren daher zu Beginn die ölreichen Regionen. Nur sie ermöglichten es der Regierung, ihr teures System der Vetternwirtschaft aufrechtzuerhalten, hohe Militärs an sich zu binden und Waffen zu kaufen. Die humanitäre Dimension des Konfliktes Der größte Leidtragende des Konfliktes war die Zivilbevölkerung. Kombattanten aller Parteien gingen gezielt gegen vermeintliche Unterstützer der Gegenseite vor und attackierten Zivilisten aufgrund ihrer ethnischen Zuschreibung. Neben Massakern und Vergewaltigungen von Nicht-Kombattanten kam es zu weitreichenden Plünderungen und zur Zerstörung privaten Eigentums. Viehdiebstähle wurden als Entlohnung für Milizen und Soldaten genutzt, was wiederum die sozioökonomische Lebensgrundlage ganzer Familien zerstörte. Bis Ende 2017 wurde ein Drittel aller Bewohner aus ihrer Heimatregion vertrieben. Etwa zwei Millionen Menschen wurden zu Binnenvertriebenen, weitere zwei Millionen flüchteten in die Nachbarländer. Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit entwickelte sich die Situation im Südsudan zur drittgrößten Flüchtlingskrise der Welt. Die Zurückgebliebenen kämpften mit einer verschlechternden Wirtschaftslage und einer akuten Nahrungsmittelknappheit. Zeitweise stieg die Inflation um mehrere hundert Prozent. In zwei Bezirken riefen die Vereinten Nationen Anfang 2017 kurzzeitig eine Hungersnot aus. Anders als in anderen Staaten der Region war die Situation aber nicht auf klimatische Bedingungen zurückzuführen. Die andauernden Kämpfe gefährdeten die Bauern und führten vielerorts zu ihrer Vertreibung, sodass Felder nicht mehr bestellt werden konnten. Die daraus resultierende Nahrungsmittelknappheit führte zum enormen Preisanstieg der vorhandenen Waren. Nicht selten schlossen sich Zivi- 105

108 I. Historische Entwicklungen listen daher bewaffneten Gruppen an, um durch Plünderungen ihr eigenes und das Überleben ihrer Familie zu sichern, was wiederum Unsicherheit in anderen Landesteilen verursachte. Selbst in Juba stieg die Kriminalität aufgrund der verheerenden Wirtschaftslage an. Über Menschen fanden zeitweise in den Camps der Vereinten Nationen Zuflucht, die keinesfalls auf die Versorgung so vieler Menschen ausgelegt sind. Das Camp für die»internally Displaced Persons«(IDP-Camp, auch»protection of Civilians PoC Sites«genannt) in der Stadt Bentiu ist mit über Binnenvertriebenen zum zweitgrößten Bevölkerungszentrum des Landes geworden. Außerhalb der Camps regiert die Unsicherheit. Selbst kurze Wege zur Holz- oder Nahrungssuche sind vor allem für Frauen und Mädchen gefährlich und enden nicht selten in sexuellen Übergriffen. Männer und Jungen hingegen laufen Gefahr, entweder zwangsrekrutiert oder als potenzielle Feinde erschossen zu werden. Aber selbst die VN-Camps sind kein vollkommener Garant für Sicherheit. Wiederholt kam es auch dort zu gewaltsamen Übergriffen mit Dutzenden Toten. Mit den Ver sorgungsproblemen einher gehen Plünderungen von Nahrungs mitteln und Hilfsgütern. Alle Konfliktparteien missbrauchten die Zivilisten in ihren besetzten Gebieten als picture alliance/aa Hunderttausende südsudanesische Flüchtlinge leben in improvisierten Lagern in den Nachbarländern. Im Bild das Kule-Flüchtlingslager im Westen Äthiopiens. 106

109 Der Bürgerkrieg im Südsudan Druckmittel, um an humanitäre Unterstützung und somit an Nachschub für ihre Kämpfer zu kommen. Nicht selten gerieten die Helfer selbst in die Schusslinie. Seit Dezember 2013 wurden über 100 von ihnen ermordet. Der Südsudan zählt dadurch weltweit zu einem der gefährlichsten Länder für humanitäre Helfer. Zudem rekrutierten die Konfliktparteien laut UNICEF rund Kindersoldaten. Zahlreiche Schulen wurden zerstört, von Kombattanten besetzt oder wegen der unsicheren Lage geschlossen. Mehr als die Hälfte aller Kinder im Grundschulalter erhält keine Bildung. Dem jüngsten Staat der Erde droht eine»verlorene Generation«. Kein politischer Wille, kein Friede in Sicht Unmittelbar nach Ausbruch des Konfliktes liefen internationale Friedensbemühungen an. Im August 2015 gipfelten diese in der Unterzeichnung eines Friedensabkommens, das Riek Machar erneut zum Vizepräsidenten machte und unter anderem den Abzug der ugandischen Truppen vorsah. Die Hoffnung auf ein Ende der Kämpfe währte aber nur kurz. Während sich Hardliner aufseiten der Regierung, allen voran der damalige Generalstabschef Paul Malong und der»jieng Council of Elders«, eine Gruppe einflussreicher Dinka-Politiker, gegen die Machtteilung mit den Rebellen aussprachen, teilte Präsident Salva Kiir die zehn Teilstaaten entgegen den Bestimmungen des Friedensabkommens in 28 und später sogar in 32 auf und bescherte dadurch vor allem den Dinka-Gruppen erheblichen Machtzuwachs. Letzteres führte bei vielen Nicht-Dinka-Ethnien zu neuer Gewaltbereitschaft und zur Verschiebung des Konflikts von der nationalen auf die lokale Ebene. Nur zwei Monate nach der Rückkehr Riek Machars nach Juba brachen am 7. Juli 2016 erneut Kämpfe in der Hauptstadt aus. Nach mehreren Scharmützeln zwischen Rebellen und Regierungstruppen kam es um den Präsidentenpalast zu heftigen Kämpfen, die vier Tage andauerten und mehreren hundert Menschen das Leben kosteten. Über 200 Frauen wurden Opfer von sexueller Gewalt, während aus den Warenlagern des Welternährungsprogramms Güter im Wert von 30 Millionen US-Dol- 107

110 I. Historische Entwicklungen lar gestohlen wurden. Verfolgt von SPLA-Truppen flohen Riek Machar und mehr als 700 seiner Anhänger über die Grenze in die Demokratische Republik Kongo, wo sie von der dortigen VN-Mission aus humanitären Gründen evakuiert wurden. Die Folge der Kämpfe war nicht nur das faktische Scheitern des Friedensabkommens, sondern auch die Verlagerung der Kämpfe in den zuvor eher ruhigen Südwesten. Unsicherheit, Vorwürfe der Inbesitznahme der besten Ländereien durch hohe (Dinka-)Militärs und Politiker, die verschleppte Entscheidung über die Aufstellung von Camps zur Entwaffnung und Demobilisierung der dortigen Rebellen sowie die permanente Anwesenheit aus dem Norden geflüchteter Dinka-Hirten hatten aber auch hier schon zuvor zu bewaffneten Auseinandersetzungen geführt. Während Präsident Salva Kiir den in der Bevölkerung unpopulären Chefunterhändler der SPLM/A-IO und Bergbauminister der Übergangsregierung, Taban Deng Gai, ein Jikany Nuer aus Unity, zum neuen Vizepräsidenten ernannte, splitterte die bewaffnete Opposition entlang ethnischer und regionaler Linien auf. Fortan bestimmten lokale Missstände und zwischengesellschaftliche Dispute die Motivation vieler Kämpfer. Aufgrund von Übergriffen der SPLA-IG, der Rebellen und der zunehmenden Kriminalität bilden sich immer mehr bewaffnete Selbstverteidigungsgruppen zum Schutz ihrer Gemeinden und Ländereien, aber auch zur Verfolgung von Eigeninteressen und zur mögli- picture alliance/ap Photo Bei den Gefechten im Juli 2016 kamen auch schwere Waffen zum Einsatz. 108

111 Der Bürgerkrieg im Südsudan Agreement on the Resolution of the Conflict in the Republic of South Sudan (ARCSS) Das im August 2015 durch Vermittlung der Regionalorganisation»Inter governmental Authority on Development«(IGAD) getroffene Abkommen für den Südsudan wurde nur mit großer Verzögerung und nach Androhung internationaler Sanktionen abgeschlossen. Im Mittelpunkt des Vertrages stand die Bildung einer Einheitsregierung unter Führung von Präsident Salva Kiir und Vizepräsident Riek Machar. Die Unterzeichnenden verpflichteten sich zu umfangreichen Maßnahmen im Bereich Demilitarisierung und Sicherheitssektorreform, humanitärer Hilfe, finanzieller Transparenz sowie zu Versöhnung und rechtlicher Aufarbeitung der Gewalt seit Dezember Nach einer Übergangszeit von 30 Monaten sollten im September 2018 Wahlen stattfinden. Die verabredete Einheitsregierung wurde aber aufgrund kontinuierlicher Verletzungen des Waffenstillstandes erst Ende April 2016 und nicht wie geplant 90 Tage nach der Unterzeichnung gebildet. Besonders umstritten waren die vorgesehene Entmilitarisierung Jubas und der Rückzug der meisten Regierungstruppen um einen Radius von 25 Kilometern außerhalb der Stadt. Streitpunkt war auch, wie viele Truppen Riek Machar mit nach Juba bringen durfte, bevor diese in eine Einheitsarmee integriert werden sollten. Die Entmilitarisierung unterblieb, und Riek Machar kehrte schließlich nur infolge großen internationalen Drucks nach Juba zurück. Am 26. April 2016 wurde er erneut zum Vizepräsidenten ernannt. Die Kabinettsposten wurden nach einer im Friedensvertrag festgelegten Formel zwischen Kiirs und Machars SPLM- Fraktionen sowie anderen Oppositionellen aufgeteilt. Zudem sollten Gouverneursposten und Parlamentssitze anteilig besetzt werden. Dies bedeutete eine Rückkehr zum Status quo vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges, aber keine tragfähige Lösung des politischen Konfliktes. Beiden Seiten war erlaubt worden, ihre Armeen für die nächsten 18 Monate unter ihrem eigenen Kommando zu behalten. Dies etablierte zwei separate Befehlsketten über zwei sich misstrauende Armeen, die von zwei verfeindeten Politikern befehligt wurden. Die Zusammenarbeit im Kabinett funktionierte aufgrund des großen Misstrauens nicht. Ein Vorfall an einem Checkpoint im Juli 2016 sorgte für erneute Kämpfe und für die Flucht des Vizepräsidenten Machar mit seinen Truppen aus Juba. Das Friedensabkommen und die darauf basierende Einheitsregierung waren in der Praxis gescheitert. HM 109

112 I. Historische Entwicklungen chen Integration in die Armee. Viele von ihnen kämpfen gegen das aus ihrer Sicht von Angehörigen der Dinka dominierte, korrupte Regime in Juba. Sie sehen keine Alternative zum bewaffneten Widerstand, um ihr Eigentum zu schützen und am Staatswesen zu partizipieren. Ausblick Unter großem internationalen Druck unterzeichnete ein Großteil der Konfliktparteien am 5. August 2018 einen weiteren Friedensvertrag, diesmal vermittelt durch den Sudan, Uganda und Kenia. Erneut wurde Riek Machar der Posten des Vizepräsidenten hinter Präsident Salva Kiir zugesprochen. Laut Vereinbarung sollten für eine dreijährige Übergangsphase zudem vier weitere Vizepräsidentenposten, 35 Ministerien sowie insgesamt 550 Parlamentssitze geschaffen werden. Im Gegensatz zum Friedensvertrag von 2015 sollten die Rebellen diesmal nicht als separate Armee bestehen bleiben, sondern innerhalb von acht Monaten mit den Soldaten der SPLA zu einer neuen Armee vereint werden. Bis picture alliance/ap Photo/Justin Lynch Eine im November 2016 von der Künstlerbewegung Ana Taban (Ich bin es leid) bemalte Wand in Juba, die zum Ende der Gewalt aufruft. 110

113 Der Bürgerkrieg im Südsudan dahin sollten die für tauglich befundenen Truppen in ihren Garnisonen verweilen und ausgebildet werden. Nachverhandlungen erforderte jedoch unter anderem die zukünftige föderale Aufteilung des Südsudans, weswegen mehrere Parteien den Vertrag ablehnten. Generell handelt es sich beim Friedensabkommen erneut um ein Übereinkommen der (bewaffneten) Elite und um eine Festigung des bisherigen Systems. Die Vergabe von Posten in der neuen Regierung schien wichtiger als die grundsätzlichen Probleme des Konflikts. Für eine rechtliche Aufarbeitung, eine langfristige Stabilisierung oder eine Verbesserung der Lebensbedingungen für die Menschen vor Ort spricht dies nicht. Internationale Beobachter, allen voran die Troika-Staaten Großbritannien, Norwegen und die USA, betrachten die Realisierbarkeit des Vertrags durch die sich misstrauisch gegenüberstehenden Politiker und Kommandeure daher mit großer Skepsis. Problematisch ist zudem, dass die Vereinten Nationen Präsident Salva Kiir und Riek Machar für die gravierenden Menschenrechtsverletzungen ihrer Truppen mitverantwortlich machen und beide eigentlich jede Legitimation zur Führung des Staates verloren haben. Sorge bereitet derweil auch die kollabierende Wirtschaft. Bei keiner Verbesserung der Situation und beim Ausbleiben der Löhne für die bewaffneten Truppen ist mit noch mehr Kriminalität zu rechnen. Problematisch wird auch die Zukunft der Zehntausenden von Kombattanten sein. Noch immer verspricht eine Position innerhalb der Streitkräfte die Aussicht auf Einkommen und Prestige in einem Land, in dem es sonst kaum sozioökonomische Perspektiven gibt. Die Gefahr ist groß, dass auch in Zukunft immer wieder Menschen zu den Waffen greifen, um in den Genuss staatlicher Ressourcen zu kommen. Eine ernsthaft durchgeführte Reform des Sicherheitssektors und eine notwendige Verkleinerung der Sicherheitskräfte würde viele Personen von ihren lukrativen Posten verdrängen und die Gefahr neuer Rebellionen schüren. Ein Großteil der Staatseinnahmen wird daher auch in Zukunft für die Begleichung des Soldes des aufgeblähten Sicherheitssektors genutzt werden müssen und nicht der Entwicklung des Landes zur Verfügung stehen. Torsten Konopka 111

114 Häufig ist bei der Beschreibung der Konflikte im Sudan und im Südsudan von»ethnizität«die Rede. Bei diesem Begriff handelt es sich jedoch nicht um klar definierte, unveränderliche Strukturen. Im Gegensatz zu weitverbreiteten Vorstellungen über eindeutige ethnische Zuordnungen im Bild junge Frauen von der nilotischen, überwiegend christlichen Gruppe der Toposa, die mehrheitlich im südsudanesischen Teilstaat Eastern Equatoria beheimatet ist prägen in der Lebenswirklichkeit der beiden Länder vielfältige und wechselnde Faktoren die Wahrnehmung darüber, welcher Gruppe jemand angehört. Beispielsweise identifizieren sich weder alle Angehörigen der südsudanesischen Dinka- noch der Nuer-Gruppen als jeweils eine abgetrennte Ethnie. Die Selbstzuschreibung eines Individuums hängt von allgemeinen Faktoren wie Abstammung, wirtschaftlicher Situation oder Religion, aber ebenso von situativen Gegebenheiten ab. Dies gilt umso mehr, wenn das stärker festgeschriebene ländliche Sozialleben verlassen wird und städtische Lebensformen zu neuen sozialen Bezugspunkten führen. Auch das jeweilige Gegenüber kann etwa im Rahmen von Verhandlungen die Identitätsfrage erheblich beeinflussen. Das Verständnis solcher schwer greifbaren Zusammenhänge kann dabei helfen, sich in komplexen Spannungslagen zu orientieren und Konfliktmöglichkeiten richtig einzuschätzen. picture-alliance/okapia KG, Germany/Willi Dolder

115 Ethnizität Der Begriff»Ethnizität«beschreibt ganz allgemein die Zusammengehörigkeit einer Gruppe von Menschen auf Basis von gemeinsamer Abstammung und anderer, kultureller Eigenschaften, wie Sprache, Traditionen, Religion und Geschichte. Er ist zu unterscheiden von»stamm«, einem veralteten Begriff, der sich nur auf den Aspekt der»abstammung«bezieht, und von»rasse«, womit die physiologischen Folgen von Abstammung zusammengefasst werden, zum Beispiel das Aussehen. Ethnische Eigenschaften beschreiben weder das gesamte Sozialleben der Mitglieder einer Gruppe, noch sind sie unveränderlich festgelegt. Bei Ethnizität handelt es sich daher immer nur um einen von vielen Aspekten der sozialen Zusammengehörigkeit. Abgesehen von Ethnizität sind allgemeine Lebensbedingungen, etwa die wirtschaftliche Lage, Wohnumstände und die lokale Umwelt, zu bedenken, aber auch spezifische Gegebenheiten, wie individuelle Lebenswege oder welche Personen in sozialen Situationen miteinander zu tun haben. Dies ist auch in Gesellschaften der Fall, die scheinbar stark oder sogar ausschließlich auf Ethnizität gegründet scheinen, was auf einen Großteil der ländlichen Bevölkerung im Sudan und im Süd sudan zutrifft. Jedoch beeinflusst eine Vielzahl von Merkmalen, wie ein Individuum sich selbst identifiziert (Selbstzuschreibung) und von anderen sozial eingeordnet und behandelt wird (Fremdzuschreibung). Bei Letzterem kann es bei positiven wie auch negativen unterschwelligen Vorstellungen bleiben oder aber zu Stereotypen, Vorurteilen, Diskriminierungen bis hin zu offener Anfeindung kommen. Solche sozialen Dynamiken sind wichtig für das Verständnis von Lebensweisen, aber auch um Konflikte nachzuvollziehen. Soziale Vielfalt Die Abspaltung des Südsudans vom Sudan im Jahr 2011 wird oft als Abtrennung eines christlich-»schwarzafrikanischen«südens von einem muslimisch-arabischen Norden verstanden. 113

116 II. Strukturen und Lebenswelten Tatsächlich deuten die jeweiligen Mehrheitsbevölkerungen darauf hin, dass die im 7. Jahrhundert beginnende Einwanderung muslimischer Gruppen vor allem im Norden zu einer flächendenkenden Ansiedlung dieser Bevölkerungen führte. Schon hier muss jedoch differenziert werden, da zu dieser Zeit bei Weitem nicht alle Einwanderer von der arabischen Halbinsel stammten, sondern auch türkische, nordafrikanische oder osteuropäische Gruppen darunter waren. Diese vermischten sich oder lebten Seite an Seite mit der lokalen Bevölkerung. Die Mobilität in der Region ist seit jeher hoch. Einige Immigranten, meist auf Pilgerreise nach Mekka, kamen aus Westafrika (zum Beispiel Haussa, Fulani, Borno aus dem heutigen Nigeria). Sie werden zusammenfassend»fellata«genannt. Andere Menschen migrieren auf der Suche nach Arbeit und Bildung, derzeit vor allem vom Horn von Afrika in den Sudan und vom Sudan in die arabischen Länder oder nach Europa und Nordamerika (siehe den Beitrag von Cordula Weißköppel). Die Konflikte in der Region führen ebenfalls zu beträchtlichen Bevölkerungsbewegungen. Mehrere Millionen Sudanesen und Menschen aus den Nachbarstaaten befinden sich in einer Flüchtlingssituation. Zudem tragen eine zunehmende Verstädterung und der Einfluss neuer Kommunikationstechnologien dazu bei, dass soziale Beziehungen nicht durch enge ethnische Kategorien erfasst oder geordnet werden können. Indes sagt der Zerfall des Sudans in zwei Staaten wenig über die soziale Vielfalt aus, die in beiden Ländern vorhanden ist. Der folgende Überblick über die größeren ethnischen Gruppen ist daher als allgemeine Orientierung zu sehen, welcher weder geeinte Gruppen noch individuelle Einstellungen und Auffassungen kennzeichnet. Etwa 20 große ethnische Gruppen lassen sich im Sudan unterscheiden, die sich in vielzählige, verschiedentlich organisierte Untergruppen teilen, zum Beispiel Clans oder Scheichtums. Daneben gibt es eine große Anzahl kleinerer Ethnien, insgesamt an die 600, oft mit eigenen Sprachen oder Dialekten. Arabisch ist weitestgehend die Umgangs-, jedoch nicht unbedingt die Muttersprache. Im Südsudan werden etwa 60 Ethnien gezählt; offizielle Sprache ist English, aber auch hier ist in den Städten ein spezieller Arabischdialekt verbreitet. In beiden Fällen handelt es sich 114

117 Ethnizität Ethnien im Sudan und im Südsudan (stark vereinfacht) LIBYEN ÄGYPTEN Weißer Nil Nasser- See Wadi Halfa Abri Rotes 34 Meer 3 Port Abu Hamad Sudan Dongola SUDAN TSCHAD 32 Omdurman Bahri 3.7 ERITREA 3.7 KHARTOUM Kassala ASMARA El Fasher 9 Sennar El Obeid Ad-Damazin Nyala Kadugli Kafia Kingi 28 Malakal ÄTHIOPIEN ADDIS ABABA ZENTRAL- 19 Wau AFRIKANISCHE SÜDSUDAN REPUBLIK Rumbek Bor JUBA DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO KENIA km Turkana- UGANDA See 01 Acholi 11 Daju 21 Masalit 31 Toposa 02 Anuak 12 Dinka 22 Mundari 32 Zaghawa 03 Araber* 13 Fur 23 Mundu 3.7 Araber u. Beja 04 Azandé 14 Gumuz 24 Murle 3.12 Araber u. Dinka 05 Banda 15 Ingessana 25 Nuba* 3.13 Araber u. Fur 06 Bari 16 Koma 26 Nubier 3.25 Araber u. Nuba 07 Beja* 17 Kunama 27 Nuer 3.26 Araber u. Nubier 08 Berta 18 Lotuho 28 Shilluk 33 gemischt 09 Berti 19 Luo 29 Sinyar 34 unbewohnt 10 Bongo u. Bagirmi 20 Madi u. Moru 30 Tama * = Ethniengruppe Hinweis zur Besiedlung: Ein großer Teil der beiden Staaten ist kaum besiedelt. Infolge der internen Konflikte wurde zudem vor allem in Darfur und im Südsudan ein Großteil der Bevölkerung vertrieben, sodass Rückschlüsse auf aktuelle Siedlungsgebiete mit Vorsicht zu genießen sind. Quelle: Michael Izady, Ethnic Groups in the Formerly United Sudan, Gulf/2000 Project, 2015, ZMSBw OCHA Blauer Nil 115

118 II. Strukturen und Lebenswelten lediglich um Schätzungen. Nur im ersten Zensus aus dem Jahr 1956 wurde die Bevölkerung nach ihrer Ethnie gefragt. Im letzten Zensus von 2009 wurde nur nach Regionen und Nord-/Südsudan unterschieden. Allerdings verlangten nordsudanesische Beamte nach 2011 bei der Ausstellung der neuen nationalen Nummer, eine Art allumfassender Ausweis, eine Angabe ethnischer Zugehörigkeit. Diese umstrittene Regelung zeigt, dass auch in der öffentlichen Verwaltung Ethnizität weiterhin eine Rolle spielt. Aufgrund des unscharfen Konzeptes von Ethnizität und fehlender verlässlicher Daten können Übersichtskarten mit den wichtigsten ethnischen Gruppen nur andeuten, wo eine bestimmte Ethnie als Mehrheitsbevölkerung zu erwarten ist. Ganz im Norden des Sudans, dicht entlang des Nils, sind dies muslimische Nubier, die geschichtlich mit den antiken Königreichen dieser Region und den muslimischen Einwanderern aus dem Norden verbunden sind (siehe den Beitrag von Wolbert G.C. Smidt). Verschiedene nubische Sprachen, wie»nobíín«und»dongolawi«, sind weiterhin Alltagssprachen, wenngleich in Städten wie Dongola Arabisch vorherrscht. Entlang des Nils interagierte die Bevölkerung schon lange vor der erst kürzlich gebauten Asphaltstraße in Richtung der ägyptischen Grenze in hohem Maße miteinander. Die sogenannten Danagla, eine Sammelbezeichnung für die»leute aus der Dongola-Gegend«, pflegten zudem über mehrere Jahrhunderte Handelsnetzwerke, die in weite Teile des Sudans und darüber hinaus reichten. Weiter südlich, wo der Nil wie ein»s«auf der Landkarte liegt, ist die Hauptregion der Shayqiyya, eine der größten und einflussreichsten arabischen Bevölkerungsgruppen. In einem Teil der Region und in dem noch größeren Gebiet der benachbarten Manasir waren zahlreiche Bewohner durch den Bau des Merowe-Staudamms, etwa 350 Kilometer nördlich von Khartoum gelegen, zur Umsiedlung gezwungen. In Richtung Khartoum und noch weiter südlich im Bereich zwischen dem Weißen und dem Blauen Nil befindet sich das landwirtschaftliche Kerngebiet, in dem auch viele religiöse Zentren liegen. Bis zum frühen 19. Jahrhundert war hier in Sennar der Hauptsitz eines muslimischen Königreichs. Heute leben in dieser Gegend zumeist Gruppen, die Anspruch auf arabischen Ursprung erheben. Ein Großteil lebte in der Vergangenheit nomadisch von Kamel- oder 116

119 Ethnizität Jens Wieben Neben Rindern hält ein Teil der Sudanesen riesige Kamelherden als Nutztiere. Rinderhaltung, während nun auch Landwirtschaft und städtische Berufe weit verbreitet sind. Der größte Verbund sind die Jaaliyin, allgemein als mächtigster Ethnienverbund betrachtet. Zu ihnen werden auch Angehörige der Rubatab und manchmal der Shaygiyya sowie Badariyya Dahmashiyya gezählt, zu denen der jetzige Präsident Omar al-bashir gehört. Ebenfalls sehr zahlreich sind die Juhayna, zu denen die Kamel- beziehungsweise Rinderhirten der Shukriyya, Kababish und Baggara aus West- und Nordostsudan zählen. In dieser nordöstlichen und zentralsudanesischen Region um Khartoum spielen Ideen der ethnischen Zusammengehörigkeit oder sogar Reinheit weiterhin eine wesentliche Rolle, was sich auch in restriktiven Heiratspraktiken widerspiegelt. Hochzeiten zwischen Verwandten sind hier zwar nicht Zwang, werden aber allgemein bevorzugt. Allerdings sollte nicht unterschätzt werden, wie sehr dies mit wirtschaftlichen und politischen Interessen zu tun hat, ersteres auch wegen vornehmlich auf männliche Verwandtschaft bezogenen islamischen Vererbungsregeln. Zudem werden politische Netzwerke maßgeblich von diesen Gruppen und ihrem Wettbewerb um Ressourcen dominiert, was zu strategischen Heiraten, aber auch zu offenen Konflikten führt. Auf der anderen Seite sind bei manchen Gruppen, etwa bei den 117

120 II. Strukturen und Lebenswelten Badariyya und einigen Baggara in Kordofan, interethnische Heiraten weit verbreitet, wobei bei Nachwuchs durch die oft patriarchalische Prägung der Gesellschaft der väterlichen Seite ein immer höherer Stellenwert zukommt. Da der Nil von zentraler geografischer Bedeutung für den Sudan ist, wird lokal oft alles, was sich westlich des Nils befindet, als»westen«bezeichnet. Darunter fallen auch die konfliktreichen Gebiete Darfur und Kordofan, in denen häufig eine viehhalterisch (pastoral)-nomadische mit einer landwirtschaftlich-sesshaften Produktions- und Lebensweise im Wettbewerb um Land und Wasser stehen. Da die Regierung zumeist die Viehhalter unterstützte, kennzeichnet dieser Wettbewerb auch eine der wichtigen Konfliktlinien in Darfur, zugespitzt durch politisierte Ethnizität. Darfur wurde nach der größten Landwirtschaft betreibenden, nicht-arabischen Gruppe, den Fur, benannt, die dort lange Zeit ein Sultanat besaß; der arabische Name der Region bedeutet übersetzt»land der Fur«. Eine ähnliche, überwiegend in der Landwirtschaft tätige Gemeinschaft mit eigener Sprache sind die Masalit, die wahrschein- picture alliance/jack Jackson/robertharding Begräbnistanz von Nuba im Dorf Garunda im Sudan. 118

121 Ethnizität lich aus dem westlichen Nordafrika stammen. Im Spektrum der vor allem pastoralen und nomadischen Gruppen sind die Zaghawa und Rizeigat zu nennen. Die Zaghawa (Eigenbezeichnung Beri) besitzen eine eigene Sprache und stammen vermutlich aus Zentralafrika; ein Großteil von ihnen ist auch im Tschad zu finden, dessen Präsident Idriss Déby ein Zaghawa ist. Die Rizeigat wiederum besitzen beduinisch-arabische Wurzeln und werden teils als Baggara (Arabisch für»kuhleute«, also Rinderhirten) bezeichnet, so wie andere, kamelhaltende Gruppen Abbala (Kamelstutenleute) genannt werden. Die Region Kordofan ist derzeit in North, West und South Kordofan geteilt. Dort werden die Gruppen mit pastoral-nomadischem Hintergrund, zu denen unter anderem die Misseriya, Kawahla und Hawazma zählen, meist als Baggara zusammengefasst. Vor allem in South Kordofan, in den Nuba-Bergen, liegt das Hauptgebiet der Nuba, ebenfalls eine zusammenfassende Bezeichnung für ethnische Gruppen, der zehn verschiedene Sprachfamilien zugeordnet werden können. Eine eigene Sprache sprechen auch die pastoralen Beja im Osten, eine Sammelbezeichnung für verschiedene Gruppen, die bereits in altrömischen Quellen dokumentiert sind. Sie haben auch Bevölkerungsanteile in Nachbarstaaten, so in Äthiopien und Eritrea. Ähnlich den Nuba sind die Ingessana vor allem für eine nach ihnen benannten Bergkette bekannt, die Ingessana Hills im Bundesstaat Blue Nile. Die komplexe Lage im Südsudan lässt sich ebenfalls nur durch geografische Kerngebiete der größten Gruppen andeuten; einige der kleineren Gruppen bewohnen nur wenige Dörfer. Im nördlichen und zentralen Bereich des Südsudans leben verschiedene Dinka-Gruppen, denen eine Vormachtstellung in der derzeitigen Regierung nachgesagt wird. Allerdings müssen nicht nur bei den Dinka verschiedene Gruppierungen mit regionalem Bezug unterschieden werden; der ehemalige Anführer der südsudanesischen Befreiungsbewegung John Garang wurde etwa in Wangulei in Twic East County geboren. Trotz gemeinsamer Sprache gibt es keine zentrale Organisation der Dinka- Clans, eher haben sich von Zeit zu Zeit übergreifende Führungspersönlichkeiten herausgebildet. Diese können politischer, aber auch spiritueller Natur sein, basierend zum Beispiel auf der ritu- 119

122 II. Strukturen und Lebenswelten ellen Position des»speermeisters«, der wichtige religiöse Funktionen übernimmt. In ähnlicher Weise besteht die Gruppe der Nuer aus an sich gleichwertigen Clans mit ähnlicher Sprache. Ihre Hauptgebiete im Nordosten des Südsudans überschneiden sich teilweise mit denen der Dinka, woraus sich seit jeher Territorialkonflikte, aber auch Kooperation und Vermischung ergaben. Auch die Nuer brachten Führungspersönlichkeiten hervor, etwa den Propheten Ngundeng Bong (ca ), der sich nicht nur auf die zentrale Dinka-Gottheit Deng bezog, sondern sowohl Nuer als auch Dinka mobilisierte. Einige Nuer-Gruppen leben im Westen Äthiopiens. In ähnlicher Weise sind Murle über südöstliche Teile des Südsudans und südwestliche Teile Äthiopiens verteilt. Sie gehören, wie Dinka und Nuer, zum sogenannten Rinderkomplex, einen bis Westafrika reichenden Gürtel aus Bevölkerungsgruppen, für die Rinder nicht nur ökonomisch, sondern auch kulturell von zentraler Bedeutung sind. Oft verbindet sich dies mit picture alliance/aa/bruno Bierrenbach Feder Zwei Männer aus der kleinen Ethnie der Mundari, die vor allem in Central Equatoria beheimatet ist, in ihrer traditionellen Kleidung. 120

123 Ethnizität einer kriegerischen Ausrichtung der männlichen Sozialisierung. Kleinere Gruppen wie die Murle sind hier im Nachteil, wenn es durch ökologische Krisen oder politische Mobilisierung zur Verstärkung dieser kriegerischen Tendenzen kommt (siehe Infokasten auf S. 208 f.). Die Azande sind eine der größeren landwirtschaftlichen Gruppen im Westen und Süden des Südsudans, die auch in der Zentralafrikanischen Republik und der Demokratischen Republik Kongo zu finden sind. Sie gehören neben den Shilluk zu den wenigen südsudanesischen Gruppen mit einer historischen zentralen Staatsform, dem Azande-Königreich. Bei den Shilluk am Weißen Nil nahe der Grenze zum Sudan gibt es weiterhin die Position eines Monarchen, des Reth, mit Hauptsitz in Kodok. Auch sie betreiben eher Landwirtschaft als Viehhaltung. Ein Beispiel für integrierte agropastoralistische Lebensweise sind die Bari, die im südöstlichen Südsudan beheimatet sind. Die Hauptstadt Juba fällt in ihr Einflussgebiet. Alltagsleben und Konflikte Die Frage nach ethnischer Zugehörigkeit ist selbst dort ein wiederkehrendes Element im Kennenlernen und Wahrnehmen von Sudanesen, wo Ethnizität eindeutig eine untergeordnete Rolle spielt, wie im professionellen urbanen Umfeld. Ein Beispiel ist die Kategorie»Arabisch«, welche die am meisten verbreitete Sprache im Sudan ist, aber der ethnischen Selbstzuschreibung von weniger als der Hälfte der Bevölkerung entspricht. Andere Menschen, die sich nicht als»araber«bezeichnen, fühlen sich trotzdem als Teil der arabischen Welt, nicht zuletzt als Teilhaber am islamischen Kulturkreis. Abstammung als Blutsverwandtschaft mit dem Religionsgründer Mohammed tritt in der Bedeutung oft hinter kultureller Abstammung zurück, auch wenn dieser Unterschied in Stammbäumen nicht selten verwischt wird. Die teils gewaltsame Islamisierung und Arabisierung nach dem Militärputsch Omar al-bashirs hat die Freiwilligkeit dieser Zuschreibung jedoch seit 1989 zurückgedrängt und der Selbstzuschreibung als Muslim und Araber größere Bedeutung im politischen Machtkampf gegeben. 121

124 II. Strukturen und Lebenswelten Ein weiteres Beispiel ist die Wechselwirkung von Aussehen und sozialem Umgang. Sudanesen haben ein weites Spektrum an Hautfärbungen, was bei der Beschreibung von Personen eine große Rolle spielt. Obwohl sich darin die vielfältigen interethnischen Beziehungen spiegeln, gilt Hautfarbe weiterhin als Hinweis auf ethnische Zugehörigkeit. Dies nimmt nicht unbedingt das Ausmaß von negativer Abgrenzung an, Tendenzen zur Einschätzung des Gegenübers nach Hautfarbe und Herkunft sind aber eindeutig vorhanden, was sowohl im Alltagsleben als auch in der Politik bis zu rassistischer Diskriminierung reicht. Zum Beispiel gelten Südsudanesen und Äthiopier häufig als manuelle Arbeitskräfte geringen Standes, und offene Abschätzigkeit oder sogar Diskriminierung aus dem Gefühl ethnischer Überlegenheit heraus ist allerorten beobachtbar, selbst wenn die Hautfarbe der Betroffenen teils kaum anders ist. Ein vor allem in der Vergangenheit wichtiges äußerliches Merkmal waren Schmucknarben im Gesicht (siehe Infokasten). Gesellschaftliche Wahrnehmungen spielen in Konflikten vor allem dann eine Rolle, wenn sie von politischen Eliten zur Mobilisierung eingesetzt werden. In keinem der Konflikte der beiden Länder war Ethnizität jedoch die eigentliche Ursache. Im Sudan finden bewaffnete Kämpfe zum Beispiel vor allem in Konkurrenz mit der dominanten Regierungspartei statt, wozu lokale Dynamiken in Form von Fehden, persönlichen Machtkämpfen oder eben auch ethnischen Feindseligkeiten hinzukommen. Ressourcenkämpfe, die wie in Darfur durchaus den Charakter ethnisch definierter Auseinandersetzungen tragen können, müssen auch im Zusammenhang mit Klimawandel und Mineralienausbeutung mit Weltmarktanbindung verstanden werden. Diese Verstrickung von ökonomischen und kulturellen Aspekten kann in verschiedenen Konflikten verfolgt werden: Im Norden des Sudans protestiert die Bevölkerung gegen Dammbaupläne in Dal und Kajbar; Dammbauten haben bereits in den 1960er Jahren bei Assuan und 2008 bei Merowe zu teils gewaltsamer Umsiedlung geführt. Außerdem geht es um Umweltverschmutzung und Raubbau an Mineralien. Gleichzeitig wehrt sich die nubische Bevölkerung aber auch gegen die Folgen von Arabisierungsprogrammen, die in den 1990er und den frühen 2000er Jahren einen kulturellen Wandel zu erzwingen versuch- 122

125 Ethnizität Schmucknarben Shulukh beziehungsweise Shilluk (sprich: schiluuch, ch wie in Bach, aus dem sudanesischen Arabisch) sind ornamentale Narben, meist im Gesicht, die vor allem in der Vergangenheit sowohl der Schönheit als auch der sozialen Zuordnung dienten. Im Norden des Sudans waren beispielsweise mehrere horizontale oder vertikale längliche Narben auf den Wangen bei Männern und Frauen verbreitet. Zudem wurden bei Frauen die Unterlippen mit Nadeln angestochen und durch Asche oder Ähnliches eine leichte Infektion verursacht, die zu einer bleibenden Schwellung und Dunkelfärbung führte. Bei Fur-Frauen wurden drei horizontale Linien verwendet. Im Südsudan sind Gesichtsnarben noch verbreiteter als im Norden. Sie sind ethnisch spezifisch und daher Identitätsmarker. Angehörige der Shilluk-Ethnie haben charakteristische Punktnarben auf der Unterseite der Stirn, bei Dinka gibt es drei spitz zulaufende Linien, Nuer verwenden mehrere parallele Linien oder auch über das Gesicht verteilte kleine Punkte. Tatsächlich gibt es dabei eine Vielzahl von Varianten in den Untergruppierungen; zudem waren andere Praktiken wie das Herausbrechen von Vorderzähnen verbreitet. In einigen Gegenden, wie in den Nuba-Bergen im Süden des Sudans, sind Schmucknarben auf dem ganzen Oberkörper von Mädchen zu finden, wobei sowohl konventio- picture alliance/benoit Doppagne/BELGA/dpa Gesichtszeichen spielten bei vielen Ethnien des Südsudans eine wesentliche Rolle in der sozialen Entwicklung eines Menschen. 123

126 II. Strukturen und Lebenswelten nelle Muster als auch der persönliche Stil der Narbenmacherin und des Mädchens eine Rolle spielen. Da die mit Dornen, Messern, Nadeln und/oder Rasierklingen vollzogene Operation bei all diesen Gruppen meist in der Pubertät stattfindet, markiert sie auch den Übergang zum Erwachsenenalter. Hierbei sind das Aushalten von Schmerz und der Blutverlust ein nicht unwesentliches Element der körperlichen Bewährungsprobe. Aufgrund der mehrfachen Verwendung der gleichen Metallgegenstände für unterschiedliche Personen regt sich jedoch im Zeitalter von HIV/AIDS und ähnlichen Infektionskrankheiten öffentlicher Widerstand gegen die Praktiken. Auch wegen anderer Entwicklungen, wie Migration und städtischem Leben, ist das Verwenden von Schmucknarben insgesamt im Abklingen. EI ten. Ähnlich kann der bewaffnete Widerstand der Beja im Ostsudan gegen die Zentralregierung interpretiert werden, der 2006 nur oberflächlich mit dem»eastern Sudan Peace Agreement«(ESPA) endete. Gerade unter den bewaffneten Gruppen im südlichen und westlichen Sudan sowie im Südsudan ist das Feindbild des»arabischen Nordens«weiterhin verbreitet. Hierbei sollte die historische Bedeutung von Sklaverei ebenso wenig unterschätzt werden wie die Folgen der britischen Kolonialpolitik zwischen 1898 und Dieser ging es vor allem um die Begrenzung des islamischen Einflusses im Süden (siehe die Beiträge von Magnus Pahl und Rami Wadelnour). Der unterschiedliche Zugang zu Infrastruktur und Bildung unterstützte im unabhängigen Sudan ein Machtgefälle zwischen Norden und Süden, das letztlich in zwei Bürgerkriegen und der Abspaltung mündete. Während es in den Bürgerkriegen jedoch um Selbstbestimmung und Machtverteilung ging, wurde vor allem durch die nordsudanesische Zentralregierung eine kulturelle Lesart forciert. Demgemäß stand die Verteidigung gegen einen Angriff auf ihren islamischen Staat im Zentrum. In den Nuba-Bergen wurde in den frühen 1990er Jahren sogar ein»dschihad«(heiliger Krieg) ausgerufen, während existierende Spannungen zwischen Baggara und Nuba genutzt wurden, um die Ersteren gegen die Letzteren zu mobilisieren. 124

127 Ethnizität Auch der Bürgerkrieg im Südsudan ist eigentlich ein Machtkampf zwischen mehreren Fraktionen, deren Hauptstimmen Präsident Salva Kiir und der ehemalige Vizepräsident Riek Machar sind. Sie repräsentieren unterschiedliche Arten der Führerschaft. Salva Kiirs Aufstieg ist eng an eine militärische Laufbahn und seine Beziehung zum ehemaligen Anführer der Befreiungsbewegung John Garang gekoppelt; Riek Machar stammt, wie John Garang, aus einer prominenten Familie, wurde aber an ausländischen Universitäten ausgebildet. Beide sind keineswegs aus sozialen und anderen Gründen Anführer ihrer Ethnien, machen aber im Konflikt Gebrauch von ethnischer Mobilisierung. Ethnizität ist für sie eine Ressource, und nur die Existenz von ethnischen Befindlichkeiten ermöglichte es ihnen, diese im Sinne ihres eigenen politischen und militärischen Konkurrenzdenkens auszunutzen. Gleichzeitig ist es gerade wegen der politischen Instrumentalisierung von Ethnizität notwendig, auf soziale Verhältnisse zu schauen, die auf friedliches Zusammenleben verweisen. In der von beiden Regierungen beanspruchten Region Abyei bestand zwischen den Misseriya und Dinka Ngok zum Beispiel eine lange Geschichte der Koexistenz und Kooperation, bevor es zum derzeitigen politischen Grenzkonflikt kam. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass kultureller Wandel im Sudan oft auf friedlichem Wege stattfand; gerade die Geschichte der Islamisierung durch Missionare und Sufi-Orden basierte oft auf Überzeugungsarbeit und Wohlfahrt. Schließlich beinhaltet Ethnizität auch ein Element der kulturellen Selbstdarstellung und Selbstfindung, welche zentral sind für das kulturelle Erbe im Sudan und Südsudan: Folklore, Tänze, Kleidung oder Feste verweisen auf die Möglichkeit, kulturelle Eigenheit zu zelebrieren, ohne im Anderen eine Bedrohung zu sehen. Enrico Ille 125

128 Der Alltag vieler Afrikaner, gleich ob in West- oder in Ostafrika, wird vielfach durch ihre ausgeprägte Religiosität und die meist mit der Religion in Verbindung stehenden Normen und Werte bestimmt. Anders als in vielen europäischen Staaten ist kein Rückgang der Gläubigen zu verzeichnen. Weder der Südsudan noch der Sudan bilden diesbezüglich eine Ausnahme. Eher im Gegenteil wird das Zusammenleben im Sudan auch rechtlich von religiösen Einflüssen bestimmt. Laut Verfassung ist die Scharia, das islamische Rechtssystem, Quelle der sudanesischen Gesetzgebung. Im Südsudan ist die Religion zwar per Verfassung vom Staat getrennt, die christlichen Kirchen sind jedoch einige der wenigen Organisationen, die landesweit Ansehen und Einfluss genießen und sich wiederholt in die lokale Konfliktbeilegung eingebracht haben. Neben der Religion existieren auch andere traditionelle Wertvorstellungen, die das Zusammenleben der Gesellschaften bestimmen. In beiden Ländern spielen Frauen beispielsweise nach wie vor eine untergeordnete Rolle. Hochzeiten im Bild eine Gruppe von Frauen während einer Hochzeit in Sayyah, North Darfur sind ein zentraler Bestandteil des gesellschaftlichen Zusammenlebens, wobei die Zahlung eines Brautpreises die Norm und auch Kinderhochzeiten beziehungsweise Arrangements der Eltern nicht selten sind. Thilo Thielke

129 Religiöse und kulturelle Gepflogenheiten Auf den ersten Blick unterscheiden sich der Sudan und der Südsudan nicht wesentlich von anderen afrikanischen Staaten. Verbringt man jedoch längere Zeit dort, ergibt sich ein facettenreiches Bild. In vielerlei Hinsicht farbenreich, schreckt es Neuankömmlinge gegebenenfalls ab. Die Gastfreundschaft der Bevölkerung und ihre Neugierde gegenüber Besuchern helfen jedoch, Berührungsängste zu überwinden. Die Republik Sudan wird hauptsächlich von sunnitischen Muslimen bewohnt, die der malikitischen Rechtsschule ( madhhab) folgen. Die meisten von ihnen sprechen Arabisch und viele, wenn auch bei Weitem nicht alle, identifizieren sich als Araber (siehe den Beitrag von Enrico Ille). Trotz der gemeinsamen Sprache und Religion bilden die als sudanesische Araber geltenden Bevölkerungsgruppen kein Kollektiv: Unter ihnen gibt es Stadtbewohner, Bauern und Hirtennomaden. Zusätzlich leben einige nicht-arabischstämmige, muslimische Gruppen im Sudan, etwa die Nubier, Beja oder in Darfur die namensgebenden Fur. Außerdem gibt es indigene, nichtmuslimische Gruppen in den Nuba-Bergen. Der Sudan beherbergt zudem etwa eine halbe Million koptisch-orthodoxe Christen, und kürzlich wurde das Land zur 39. Provinz der anglikanischen Kirche ernannt. In diesem religiösen Schmelztiegel ist der Islam von einer Vielfalt einheimischer Traditionen geprägt. Seine Praxis variiert von Ort zu Ort; ein gemeinsamer Nenner ist, neben den fünf täglichen Gebeten, das Freitagsgebet in der Moschee, dem die meisten Männer beiwohnen. Der Freitagmittag ist dementsprechend die einzige Zeit, in der sämtliche Geschäfte schließen. Samstage sind halbe Feiertage, an denen manche Märkte geschlossen sind. Die meisten Frauen bedecken ihr Haar, wenn auch nicht immer vollständig. Von Ausländerinnen wird dies generell nicht erwartet, moderate Kleidung wird jedoch vorausgesetzt. Im Südsudan ist die kulturelle Vielfalt eine Herausforderung für die Schaffung einer staatlichen Identität. Jede der 60 anerkannten Sprachen repräsentiert eine eigene Gemeinschaft. Um dieser Diversität zu begegnen, gilt noch immer Englisch als Amtssprache. Im Alltag und besonders auf dem Land sind 127

130 II. Strukturen und Lebenswelten Thilo Thielke Obwohl der Sudan mehrheitlich von Muslimen bewohnt wird, existiert hier seit 1846 auch der römisch-katholische Glaube. Im Bild die römisch-katholische Kathedrale von Khartoum. hingegen lokale Sprachen oder Juba-Arabisch gängiger. Juba- Arabisch ist eine vereinfachte Form des sudanesischen Arabisch, das einfachere Grammatik und starke Einflüsse lokaler Sprachen aufweist. Etwa 60 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zu einer christlichen Kirche, wobei die römisch-katholische Kirche am stärksten vertreten ist. Die Episkopalkirche, zwischen Katholizismus und Protestantismus zu verorten, ist traditionell in den Equatoria-Staaten zu finden, während die presbyterianische Kirche mit ihrer Basis im Upper Nile die drittgrößte des Landes ist. Insbesondere seit seiner Unabhängigkeit erfährt der Südsudan eine Welle des Evangelikalismus, die häufig durch internationale NGOs vorangetrieben wird. Wie überall auf dem Kontinent gewinnt die Pfingstbewegung an Bedeutung, deren regionale Kirche ein Mitglied des»south Sudan Council of Churches«(SSCC) ist, eines Koordinierungsrates der verschiedenen Konfessionen des Landes. Etwa 30 Prozent der Menschen sind Anhänger indigener Religionen, die restlichen zehn Prozent sind Muslime. Die Übergangsverfassung von 2011 sieht eine Trennung zwischen Religion und Staat vor und verbietet religiö- 128

131 Religiöse und kulturelle Gepflogenheiten se Diskriminierung (Artikel 8 der Verfassung). Die Kirche überschreitet ferner die ethnischen Grenzen und ist in allen Gruppen eine angesehene Institution. Der SSCC setzte sich von den 1990ern bis in die 2000er Jahre als Gesprächspartner der internationalen Gemeinschaft durch. Die Kirchen kooperieren häufig und üben besonders bei Friedensverhandlungen einen starken Einfluss auf die politische Führung aus. Kultur und Religion als Lebensweise Die Bevölkerungsmehrheit im Sudan praktiziert eine populäre Version des Islams. Die herrschenden Eliten fördern indes Islamisierungsprojekte. Die Regierung hält, auch durch die Unterdrückung abweichender Meinungen, erfolgreich den Anschein breiter Unterstützung aufrecht. Die Realität ist jedoch weit komplexer. Sie geht zurück auf die Hegemonie der Khartoumer Elite und ihrer Gefolgschaft im Niltal. Ideologisch lassen sich im Sudan zwei Fronten beobachten: zunächst das Ringen um eine nationale Identität sowohl seitens der Bevölkerung als auch der Regierung. Die Region wird durch die Zuschreibungen»arabisch«oder»afrikanisch«und»islamisch«oder»multikonfessionell«zerrissen. Die sudanesische Regierung hat sich in diesem Spannungsfeld zu den Attributen»islamisch«und»arabisch«bekannt, viele Menschen des Südsudans hingegen sehen sich als»afrikanisch«. Die zweite Frontlinie bildet das kontinuierliche Bemühen einer Vielzahl staatlicher und sozialer Diskurse, die Gesellschaft von allem Nichteinheimischen zu»reinigen«. Die Unterteilung zwischen»uns«und den»anderen«ist eine Kernfrage, selbst wenn die Kategorien situationsabhängig sind. Sie richten sich etwa gegen Bräuche oder Normen, die nicht dem»arabisch-islamischen«leitbild entsprechen. Die ersten Anzeichen dieser Spannung traten zur Zeit der Mahdi-Herrschaft im 19. Jahrhundert hervor. Trotz des universalen Erlösungsanspruchs der Bewegung wies sie eine starke nationalistische Orientierung auf. Sie widersetzte sich der wahrgenommenen Sittenlosigkeit sowie der türkisch-ägyptischen Herrschaft und rief zu einer Wiederbelebung des»wahren«islams auf. Vor der Mahdi-Revolte hatten die Reformbewegungen 129

132 II. Strukturen und Lebenswelten der islamischen Welt bereits durch die neu aufgetretenen Sufi- Orden am Ende des 18. Jahrhunderts Zulauf erhalten. Generell wird im Sufismus der Schwerpunkt auf die persönliche Beziehung des Gläubigen zu Gott gelegt. Seine Praxis beruht auf der Vermittlung des Korans sowie auf gemeinsamer Rezitation, Tanz und Poesie. Sufis sammeln sich im Umfeld spiritueller Lehrer (der Sheikhs), deren Anhänger durch bestimmte, sich oft wiederholende Praktiken eine höhere Stufe der Spiritualität erreichen möchten. So werden etwa in einer festgelegten Anzahl der Name Gottes oder bestimmte Abschnitte des Korans wiederholt, eine festgelegte Anzahl Tage gefastet oder nachts gebetet. Im Gegensatz zum sufischen Mystizismus ist beispielsweise der Salafismus eine»puristische«interpretation des Korans und der Sunna (die Sunna beschreibt die prophetische Tradition und ist nach dem Koran die nächste Quelle religiöser Normen). Die älteste und größte salafistische Gruppe im Sudan ist die Ansar al-sunna al-muhammadiyya, die 1936 entstand. Während der Zeit des Mahdis reisten viele islamische Gelehrte durch die Region, um ihr Wissen zu verbreiten und die Menschen mit anderen religiösen, therapeutischen und magischen Dienstleistungen zu versorgen. Das Mahdi-Regime, welches diese Praktiken zurückwies, stellte die weitreichendste islamische Reinigungsbewegung dar. Dies manifestierte sich in Gesetzgebungen, die nicht nur Landrechte, sondern auch familiäre und soziale Angelegenheiten regeln sollten. Die Neudefinition von Reinheit und Anstand umfasste nun auch das Verbot von Alkohol und die Verhängung religiöser Strafmaße, inklusive körperlicher Züchtigung. Trotz des Scheiterns der Mahdi-Bewegung wurde die Gesellschaft auch danach von puristischen und säkularen Bewegungen beeinflusst. Die Ansar wandelten sich beispielsweise von Revolutionskämpfern zu einem Sufi-Orden, der seine Lehren aus der Mahdi-Bewegung zieht. Die britische Kolonialverwaltung konsolidierte ihre Position bezüglich des Südsudans in den 1920er Jahren und trennte ihn offiziell zur Unterbindung des Sklavenhandels vom restlichen Sudan ab. Aus dem Jahr 1922 stammt beispielsweise die»closed Districts Ordinance«. Sie hielt Sudanesen des Nordens von der Einreise oder der Arbeit im Süden ab. Dort wiederum unterstützten die Briten die Ausbreitung des Christentums, indem sie 130

133 Religiöse und kulturelle Gepflogenheiten Missionsarbeit erlaubten. Gleichzeitig machten sie sich daran, das vom Sklavenhandel erschütterte politische und kulturelle»stammesleben«in den südlichen Provinzen wiederaufleben zu lassen. So wurden etwa»native Administration«,»Stammesfürstentum«und Gewohnheitsrecht sowie indigene Kleidungsstile und Musik gefördert. Dies führte 1930 zu einer Verfügung, nach der die Kolonialherren die Bevölkerung in den südlichen Provinzen als ein anderes Volk als das des Nordens ansahen und den südlichen Sudan auf die Angliederung an Britisch-Ostafrika vorbereiteten. Diese Integration fand aber nie statt. Vielmehr wurde der Südsudan nach Abzug der Kolonialisten ohne nennenswerte Mitsprache zum Spielball der sudanesischen Elite und ihren staatlichen Vorstellungen. Dazu gehörte vor allem der Islam, der als gesellschaftliche Leitlinie des öffentlichen Lebens im ganzen Land verstanden wurde. Religion als Gesetzesordnung Wenngleich schon lange das Potenzial bestand, dass sich die islamische Gesetzgebung zum dominanten rechtlichen Rahmen des Sudans entwickeln könnte, hatten gewohnheits- und zivilrechtliche Formen der Konfliktbeilegung die Oberhand behalten. Dieser Zustand hielt auch nach der offiziellen Einführung der Scharia im Jahr 1983 an verhängte Präsident Jafar al- Numeiri jedoch eine striktere Rechtsprechung der Scharia für den gesamten Sudan und setzte Mechanismen zur Entwicklung eines»islamischen Staates«in Gang. Um seine Herrschaft fortzuführen, hatte er bereits zuvor einflussreichen Islamisten Posten in seiner Regierung gegeben namentlich Hassan al-turabi, zu dieser Zeit Anführer der sudanesischen Muslimbruderschaft, die das Ziel verfolgte, den Koran und die Sunna als Grundorientierungen des öffentlichen Lebens zu etablieren. Seitdem hat sich das Ringen zwischen säkularen und kulturnationalistischen Kräften intensiviert. Die Säkularisten sahen und sehen den mehrheitlich nichtmuslimischen südlichen Sudan, aber auch Frauen und Christen durch die Einsetzung der Scharia von Unterdrückung bedroht; die Kulturnationalistischen erachten die Befolgung eines»reinen«islams als einzige Abwehr gegen einen 131

134 II. Strukturen und Lebenswelten invasiven»westen«und als alleinige Antwort auf die desolate wirtschaftliche Lage des Sudans. Hervorstechendes Merkmal sind dabei Körperstrafen; Amputationen von Gliedmaßen sind selten und werden oftmals durch höhere, unter internationaler Beobachtung stehende Instanzen widerrufen. Das Auspeitschen bei Alkoholgenuss wird jedoch täglich ausgeführt stürzte ein Bürgeraufstand (Intifada) mit der Hilfe von Teilen des Militärs das Regime al-numeiris. Die entstandene Zivilregierung wurde von der Ansar-Sekte, Anhängern des Mahdis, dominiert, die durch den Vorsitzenden der Umma-Partei Sadiq al-mahdi vertreten wurde. Die Ansar unterscheiden sich in ihren Doktrinen nicht grundlegend von konkurrierenden Sufi-Orden wie der Khatmiyya, die die Kolonialisten im Kampf gegen den Mahdi unterstützten. In politischer Hinsicht schlugen die beiden Gruppen aber entgegengesetzte Wege ein. Am deutlichsten waren ihre Differenzen vor und während der Unabhängigkeit 1956, als die Führerschaft der Ansar für die Schaffung eines unabhängigen Sudans eintrat und die Khatmiyya eine Vereinigung mit Ägypten befürwortete. Thilo Thielke Sufi-Orden im Bild eine religiöse Feier im Jahr 2006 in Khartoum spielen eine zentrale Rolle im religiösen Zusammenleben des Sudans. 132

135 Religiöse und kulturelle Gepflogenheiten Im Juni 1989 wurde die Zivilregierung durch Omar Hassan al-bashirs»revolution der nationalen Erlösung«von ihren Ämtern enthoben und im Wesentlichen durch die»national Islamic Front«(NIF) al-turabis ersetzt. Die NIF verfolgte eine Politik, mit der säkulare Institutionen islamisiert wurden: Beispielsweise wurde dem zinsbasierten Bankenwesen die islamische zinslose Finanzwirtschaft gegenübergestellt. Gleichzeitig wurde im Konflikt mit dem südlichen Sudan religiösen Differenzen ein stärkeres Gewicht beigemessen: Die NIF erklärte den Bürgerkrieg zu einem Religionskrieg (Dschihad) gegen Nichtgläubige. Dieser Paradigmenwechsel war in einem größeren Kontext eingebettet, in dem die herrschende Elite die Schaffung eines islamischen Staates (Umma) voraussah, der seinen Anfang in Khartoum nehmen und sich weltweit verbreiten sollte. Mit geringerem Erfolg entfremdete der gleiche Diskurs später auch andere Teile der eigenen Bevölkerung von der Regierung: in Darfur und vor Kurzem in den Bundesstaaten Blue Nile und South Kordofan. Die neuen Konfliktregionen wiesen jedoch einen hohen muslimischen Bevölkerungsanteil auf. Viele der freiwilligen Kämpfer gegen den Südsudan stammten zudem aus Darfur, Blue Nile und South Kordofan und konnten in dieser Lesart schwer die wahren Feinde des Sudans sein. Durch ihre aktive Rolle im Krieg und die wenig überzeugende Mobilisierung der kriegsmüden Bevölkerung kam keine generelle Unterstützung auf. Im 2011 unabhängig gewordenen Südsudan bezog die neue offizielle Ausrichtung indes die Vielfalt der ethnischen Gruppen mit ein:»alle indigenen Sprachen des Südsudans sind Nationalsprachen und sollen respektiert, entwickelt und gefördert werden«(artikel 6, Abs. 1 der Verfassung). Dennoch steht diese offizielle Verlautbarung im scharfen Kontrast zum Alltagsleben, da nicht alle Distrikte gleiche politische und wirtschaftliche Geltung besitzen. Position der Frauen Das Leben beider Geschlechter ist von kulturellen und religiösen Vorstellungen geprägt, die eine weitreichende Rollentrennung vorsehen. Traditionell besteht eine Arbeitsteilung zwischen den 133

136 II. Strukturen und Lebenswelten Geschlechtern, verschiedenen Altersgruppen und hinsichtlich des sozialen Status einer Person. Nicht zu übersehen ist die Rolle von Älteren, die in beiden Ländern hoch angesehen sind. Sie werden als erfahrener und weiser erachtet, ihr Einfluss ist besonders im Familienleben und in täglichen Entscheidungen sichtbar. Frauen sind im Allgemeinen nach wie vor für den Haushalt verantwortlich, Männer für Angelegenheiten außerhalb des Hauses. Dennoch ist es Frauen erlaubt, Berufe auszuüben. Tatsächlich arbeiten aber nur etwa 15 Prozent der Frauen im Sudan in Vollzeit. Dort konzentrieren sich ihre Aufgaben auf niedrigere Posten im öffentlichen Dienst, in Bildungseinrichtungen als Kindergärtnerinnen und Grundschullehrerinnen oder im Gesundheitssektor als Hebammen und Krankenschwestern. Berufliche Arbeit von Frauen im Südsudan muss im Zusammenhang mit dem Konflikt gesehen werden, der vielen Männern das Leben kostete. Die begrenzte Bargeldökonomie führt dazu, dass Frauen hauptsächlich halbtags auf Farmen, als Wasserträgerinnen oder als Sammlerinnen von Feuerholz arbeiten oder ein Kleingewerbe betreiben. Geschlechterungleichheiten schränken die Freiheiten der Frauen maßgeblich ein. Im Sudan entspringen die meisten Restriktionen religiösen Interpretationen. Der»mahram«der Frau (ein männlicher Verwandter) kann der Frau prinzipiell seine Zustimmung entziehen, das Haus zu verlassen. Hinzu kommen Besitzrechte, die Frauen proportional nur die Hälfte dessen als Erbe zugestehen, was ein Mann erben kann; und Heiratsrechte erlauben es, ein Mädchen im Sudan im Alter von zehn Jahren zu vermählen. Rund 30 Prozent der sudanesischen Frauen haben daher vor dem Erreichen des achtzehnten Lebensjahrs eine Ehe geschlossen. Überdies werden die alltäglichen Lebensrealitäten von sudanesischen Frauen durch die strikten Interpretationen der Scharia geformt, deren Einhaltung von einer Religionspolizei überwacht wird, die Übertretungen nach eigenem Ermessen ahndet. So wurden etwa sudanesische Frauen für das Tragen von Hosen ausgepeitscht, obwohl dies viele Sudanesinnen tun. Bestrafungen treffen besonders oft marginalisierte ethnische Gruppen, ärmere Bevölkerungsschichten oder Anhänger der Opposition. 134

137 Religiöse und kulturelle Gepflogenheiten Die Genitalbeschneidung von Frauen wird im Sudan nach wie vor praktiziert und im Wesentlichen als Praxis zum Schutz der Familienehre wahrgenommen, obwohl sie der Sudan bereits 1946 als erstes afrikanisches Land verboten hat. Häufig überwiegen jedoch Reinheitsvorstellungen, unverrückbare Geschlechterbilder oder soziale Vorstellungen über eine zügellose weibliche Libido, der durch Beschneidung Einhalt geboten werden soll. Die Situation im Südsudan ist ähnlich trostlos, auch wenn, wie in der Nationalversammlung des Sudans, eine gesetzliche Frauenquote von 25 Prozent im Parlament vorgeschrieben ist. Noch immer weist das Land eine der höchsten Müttersterblichkeitsraten der Welt auf. Bis zu 85 Prozent der Frauen sind Analphabeten. Obwohl der Großteil der Arbeit in verschiedenen Bereichen des Lebens, einschließlich der Landwirtschaft, von Frauen verrichtet wird, besitzen sie wenig Einfluss in Entscheidungsfindungen. Frühe Heirat ist verbreitet. Über 50 Prozent der Mädchen sind vor dem 18. Lebensjahr verheiratet und gehen nicht mehr zur Schule. Teilweise werden Mädchen ab 12 Jahren zur Ehe gezwungen. Scheidung ist in diesem Rahmen nur möglich, wenn sie von Männern initiiert wird, und darüber hinaus sehr selten, da sie mit der Rückzahlung der Mitgift traditionell eine gewisse Anzahl an Kühen im Wert von mehreren tausend US-Dollar durch die Familie der Frau verbunden wäre. Polygamie ist ebenso verbreitet und ein Indikator für den Status des Mannes etwa 40 Prozent der Männer haben zwei oder mehr Frauen. Formen kulturellen Ausdrucks: Kunst und Sport Vor dem Hintergrund der strikten Interpretation der Scharia im Sudan und dem Bürgerkrieg im Südsudan haben künstlerische Ausdrucksformen nachgelassen. Dennoch ist Kunst, besonders in Form von Musik, ein wichtiger Aspekt der regionalen Kultur. Musikalischer Ausdruck spielt in allen Regionen eine wichtige Rolle; er reicht von lokalen volkstümlichen Liedern bis hin zu den einzigartigen Intonationen der Koranrezitationen. Der 135

138 II. Strukturen und Lebenswelten Sudanesische Literatur Der Sudan gehört zur arabischen Welt, Arabisch ist Staatssprache. Der nördliche Nachbar Ägypten wirkt dabei seit Jahrtausenden auf Politik und Kultur ein. Sudanesische Dichter wie Abdallah Abdel Raham und al-tijani Yusuf Bashir besangen Ägypten als Wiege der Kultur. Der erste sudanesische Roman»Tajuj«von Osman Mohamed Hashim eine Liebesgeschichte in feindlichem Umfeld erschien Nach der Unabhängigkeit des Sudans von 1956 sollte die Bewegung der»afro-arabität«die Kultur mehr nach Süden ausrichten. Diese Strömung wurde jedoch 1983 durch die Einführung der Scharia für das ganze Staatsgebiet beendet. Seitdem leben viele sudanesische Autoren im Ausland und beschreiben von dort aus kritisch die Entwicklungen in ihrer Heimat. Auch der bis heute berühmteste sudanesische Roman»Zeit der Nordwanderung«von Tayeb Salih ( ) erschien im Libanon und in Ägypten; im Sudan wurde er verboten. Zu Salihs Zunft- und Zeitgenossen zählen Ibrahim Ishaq Ibrahim, der mehrere Romane schrieb, darunter die Bearbeitung einer sudanesischen Legende, und der Romanschriftsteller und Essayist Mukhtar Ajuba. Die Revolution von 1964 ist Gegenstand des 1969 in London auf Englisch publizierten Romans»Their Finest Days«von al-sirr Hassan Fadl. Raouf Moussad-Basta stammt aus einer koptischen Familie. Er lebte in Ägypten und besitzt heute die niederländische Staatsbürgerschaft. Er schreibt Theaterstücke und Romane. Sein bekanntester Roman»Baydat al-ni âma«(das Straußenei) wurde in mehrere europäische Sprachen übersetzt. Ein weiterer bedeutender Schriftsteller, Tarek Eltayeb, lebt in Wien. Auf Deutsch gibt es von ihm zwei Lyrikbände und zwei Romane. Weitere Romanautoren sind Amir Taj al-sirr, der für seine poetische Sprache bekannt ist, und Al-Hassan Bakri, der historische Romane verfasst und 2003 den ersten»tayeb-salih-preis«gewann. Jamal Mahjoub wurde in London geboren, wuchs im Sudan auf und lebt heute in Barcelona. Seine Romane wurden mit internationalen Preisen ausgezeichnet.»die Stunde der Zeichen«spielt vor dem Hintergrund des Mahdi-Aufstandes zwischen 1881 und Unter dem Pseudonym Parker Bilal veröffentlicht Mahjoub auch Kriminalromane. Als erste Autorin ihres Landes befasste sich Malikat al-dar Mohammed in den 1970er Jahren mit den besonderen Schwierigkeiten der 136

139 Religiöse und kulturelle Gepflogenheiten sudanesischen Frauen. Seitdem gibt es etliche weitere erfolgreiche Schriftstellerinnen: In Deutschland am bekanntesten ist Leila Aboulela, deren Werke mehrfach ausgezeichnet wurden. Auf Deutsch liegen der Roman»Die Übersetzerin«und der Erzählband»Der Seele Raum geben«vor. Sie lebt in Schottland und schreibt auf Englisch. Zu einer der jüngsten Veröffentlichungen zählt die erst 2016 erschiene Publikation»The Book of Khartoum«. Hierbei handelt es sich um eine Anthologie sudanesischer Kurzgeschichten, die bisher jedoch nur in englischer Übersetzung zu lesen sind. Im Südsudan ist Englisch Amts- und Literatursprache. Der bekannteste südsudanesische Autor ist Taban Lo Liyong, ein in Uganda aufgewachsener Dichter und Professor für afrikanische Literatur, der später weltweit lehrte. Er veröffentlichte Kurzgeschichten, Poesie sowie Essays über Literatur und Politik. Ein anderer Autor aus dem Südsudan ist Francis Deng, der in den 1970er Jahren Botschafter und Minister war, ehe er eine akademische Karriere einschlug und über die Kultur der Dinka und den sudanesischen Bürgerkrieg schrieb. Istella Qaatano (Stella Gitano) wurde in Khartoum geboren, wohin ihre Eltern aus dem Süden geflohen waren. Nach ihrem dortigen Studium heiratete sie einen Sudanesen und schrieb arabische Erzählungen, von denen einige ins Englische und Französische übersetzt wurden und Preise bekamen musste sie nach der Abspaltung des Südsudans in die ihr unbekannte Heimat ihrer Vorfahren zurückkehren. Sie selbst versteht sich als Vermittlerin zwischen den beiden Ländern. Die im Sudan und im Südsudan lebenden Autorinnen und Autoren nutzen inzwischen auch das Internet, um den Mangel an Publikationsmöglichkeiten auszugleichen und die Zensur zu umgehen. Viele haben ihre eigene Homepage. Literaturseiten wie»al-rakuba«,»sudan for All«oder»Sudanese Online«ermöglichen außerdem Kontakte mit den zahlreichen in der Diaspora lebenden Intellektuellen beider Länder. ASD 137

140 II. Strukturen und Lebenswelten Koran ist im Sudan weniger ein auf papierene Seiten beschränktes Buch, sondern Teil der klanglichen Landschaft des Landes. Die populäre Musik im Südsudan spiegelt das verschiedenartige kulturelle Erbe wieder. Der entsprechende Musikstil besteht aus einer Mischung aus traditionellen Rhythmen und sudanesischer zeitgenössischer Musik, dessen Charakter mehr und mehr auch von den Nachbarländern, insbesondere Uganda, beeinflusst wird. In beiden Ländern gibt es eine Vielzahl an Tänzen und Ritualen. In den Nuba-Bergen wird der Karan-Tanz zelebriert, bei dem die Tänzer in einem hitzigen Rhythmus mit den Füßen auf den Boden stampfen. Im Osten ist der Arda-Tanz verbreitet, bei dem Schwert und Schild zum Einsatz kommen und die Gesänge Kaffee und Ritterlichkeit glorifizieren. Die Misseriya im zentralen Westen tanzen zu den Klängen einer riesigen Trommel, der Nuggara. Der Nuggara-Tanz unterscheidet sich vom Dalaib des Nordens, der auch von einer Trommel begleitet wird, dadurch, dass sich zwei Reihen von Männern einander gegenüber aufstellen und zwei oder drei Frauen sich dazwischen hin und her bewegen. Der wahrscheinlich bekannteste sudanesische Tanz ist der Tanz der Braut während der Hochzeit. Wenn die Musik beginnt, betreten sie und ihr Bräutigam eine runde Bühne. Während der Mann mit den Fingern im Takt der Musik schnippt, gibt die Frau ihr Bestes, ihn als den am meisten vom Glück beschenkten Mann des Raumes erscheinen zu lassen ungeachtet der Tatsache, dass er oft der einzige ist. Meist wird der Tanz vor einem ausschließlich weiblichen Publikum, bestehend aus jubelnden Familienangehörigen und Freundinnen, aufgeführt, da die Braut währenddessen sehr wenig Kleidung trägt und der Tanz sehr sinnlich ist. Der beliebteste Sport in der Region ist Fußball. Obwohl der Sudan einer der Begründer des afrikanischen Fußballs ist und 1970 den Afrika-Cup gewann, sind die gegenwärtigen Ergebnisse in beiden Staaten unbefriedigend. Im Gegenzug sind erfolgreiche europäische Mannschaften, deren Spiele während öffentlicher Liveübertragungen in Nachbarschaften und Märkten verfolgt werden, sehr angesehen. Im Südsudan ist auch Basketball äußerst populär, einige bekannte Spieler der US-amerikanischen»National Basketball Association«stammen von dort. Der 138

141 Religiöse und kulturelle Gepflogenheiten picture alliance/dpa/oliver Killig Anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Dresden-Preis gab der südsudanesische Sänger Emmanuel Jal 2014 ein Konzert in der Dresdener Semper oper. Jal, ein ehemaliger Kindersoldat, setzt sich für den Frieden in seiner Heimat ein. berühmteste Basketballer ist wahrscheinlich Manute Bol, der zehn Spielzeiten als einer der besten Blocker in der Geschichte dieses Sportes bestritt und mit 2,31 Metern einer der größten Spieler war. Einheimische Medien stehen meist unter Aufsicht der Regierungen und verfügen über sehr begrenzte Pressefreiheit. In beiden Ländern wurden Belästigungen, Haft und Misshandlungen von Journalisten gemeldet. Im Sudan stehen einige landesweit verbreitete arabischsprachige Zeitungen und Fernsehsender zur Verfügung. Sudanesische Familien verbringen den Abend häufig zuhause vor einem Flachbildfernseher, auf dem das Programm eines der populären privaten Fernsehkanäle aus den arabischen Staaten läuft. Soziale Netzwerke spielen eine wichtige Rolle. Trotz des relativ geringen Zugangs zum Internet sind Smartphones äußerst beliebt und Statusindikatoren. Soziale Medien werden von allen Generationen genutzt das Einholen von Informationen und Unterhaltungen mit Familienmitgliedern in der Diaspora sind bevorzugte Freizeitaktivitäten der Sudanesen. 139

142 II. Strukturen und Lebenswelten Ringen: Sport zwischen Tradition und Moderne Trotz jahrzehntelanger Konflikte teilen der Sudan und der Südsudan viele Bräuche, Sitten, Geschmäcker und Vorlieben. Das gilt etwa für Musik und Fußball. König Fußball wird allerdings in beiden Staaten zum Teil von einer anderen Sportart überflügelt: dem Ringen. Weltweit bekannt wurde das traditionelle»nuba Wrestling«in den 1970er Jahren durch Bildbände von Leni Riefenstahl, der die US-Essayistin Susan Sontag freilich eine Fortsetzung ihrer faschistischen Ästhetik vorwarf. Die traditionellen Turniere in den sudanesischen Nuba-Bergen finden in der Pflanz- und Erntezeit statt und bieten konkurrierenden Dörfern und Gemeinschaften eine Plattform, um Konflikte auszutragen. Auch über den ganzen Südsudan verteilt gibt es eine reiche Tradition des Ringkampfes, der dem friedlichen Wettstreit und sozialen Austausch dient, nicht zuletzt zur Heiratsvermittlung. Das archaische Erscheinungsbild der meist nur wenige Minuten langen Ringkämpfe täuscht darüber hinweg, dass der Sport keine museale Folklore ist, sondern sich ständig modernisiert, insbesondere im Sudan, wo auch die Satellitenfernsehübertragungen von Wrestlemania-Shows allen US-Sanktionen zum Trotz ein großes Publikum finden. Im Khartoumer Armenviertel Haj Yousif hat sich seit den 1980er Jahren ein Spektakel mit professionellen Athleten und sich stetig weiterentwickelnden Regeln etabliert, das mittlerweile über ein eigenes Stadion verfügt und jeden Freitag weit mehr Zuschauer anzieht als nur die in der Hauptstadt lebenden Menschen aus den Nuba-Bergen. Die Begeisterung für das Ringen hat in den letzten Jahren auch eine politische und diplomatische Dimension bekommen. Zum einen bemühen sich hohe Politiker, durch den Besuch der Wettkämpfe Volksnähe zu demonstrieren. Zum anderen nutzen internationale Geber die integrative Kraft der Sportart für Friedenskampagnen. So förderte die»united States Agency for International Development«(USAID) 2016 die Veranstaltungsreihe»Wrestling for Peace«in Juba. Bereits drei Jahre zuvor gewann ein japanischer Diplomat im Sudan breite Sympathien, als er gegen einen einheimischen Wrestler in den Ring stieg. Der sudanesische Ringerverband erhält seither von der Regierung in Tokio Unterstützung für die Vorbereitungen auf die dortigen Olympischen Spiele im Jahr RD 140

143 Religiöse und kulturelle Gepflogenheiten Mangels angemessener Infrastruktur und in Verbindung mit dem niedrigen Alphabetisierungsgrad im Südsudan ist dort das Radio die gängigste Informationsquelle. Ein staatlicher Fernsehkanal auf Arabisch und Englisch sendet wenige Stunden am Tag und eine begrenzte Zahl gedruckter Zeitungen zirkuliert in der Hauptstadt. Zusammenfassung Der reichhaltige kulturelle Stoff, aus dem die Region gewoben ist, muss innerhalb seiner vielschichtigen Entwicklung gesehen werden. Es erstaunt nicht, dass es vor Ort forschende Sozialwissenschaftler waren, die eine Neudefinition der Grenzen zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen forderten und ein Kulturverständnis zurückwiesen, das auf Stillstand und Trennung zwischen Kulturräumen beruhte. Auch Kultur und Religion sind wandelbar und fließen ineinander über. Beide sind Leitlinien, die dem Alltagsleben der Menschen und ihren Anschauungen zugrunde liegen. Kultur ist ein umfassendes Konzept des Sehens und In-der-Welt-Seins, das sehr individuell gelebt werden und sich von Person zu Person und von Gruppe zu Gruppe unterscheiden kann. Die Herausbildung solcher Konzepte im Laufe von Jahrhunderten führt dazu, dass sie von außen betrachtet vielleicht widersprüchlich, durcheinander und zufällig, für die Mitglieder einer Kultur jedoch bedeutungsvoll und klar erscheinen. Traditionelle Gesellschaften wie die des Sudans und des Südsudans weisen reichhaltige linguistische, ethnische, soziale, kulturelle und religiöse Charakteristika auf. Auch angesichts verbesserter Kommunikationsmöglichkeiten, die zu einer generellen Lockerung sozialer Bindungen geführt haben, bleibt vieles aus der Vergangenheit intakt. Religion und kulturelle Systeme fahren fort, die Gesellschaft auf allen Ebenen zu formen von individuellen Entscheidungen über den Kleidungsstil bis hin zu politischen und ökonomischen Präferenzen. Rami Wadelnour 141

144 Trotz großer Rohstoffvorkommen wie Gold und Öl gehören der Sudan und der Südsudan zu den ärmsten Ländern der Welt. Nach wie vor beruht ein Großteil ihres Nationaleinkommens auf der Landwirtschaft und der Viehzucht. Dementsprechend verdient der überwiegende Teil der Bevölkerung seinen zumeist kargen Lebensunterhalt mit der subsistenzwirtschaftlichen Herstellung und Verarbeitung von Agrarprodukten. Das Bild zeigt eine Sudanesin, wie sie auf einer Hibiskusplantage die Kapseln der Pflanzen erntet. Hibiskus wird in dieser Region unter anderem für die Teeproduktion angebaut. Die seit Beginn des 21. Jahrhunderts intensiv betriebene Förderung gut erschließbarer Erdölvorkommen insbesondere im Grenzgebiet zwischen den beiden Staaten und im Norden des Südsudans haben zwar das Bruttoinlandsprodukt massiv ansteigen lassen, die Lebensverhältnisse in weiten Teilen des Landes jedoch nicht annähernd im selben Maße verbessert. Geändert hat sich daran auch mit der Abspaltung des Südsudans wenig. Dies liegt unter anderem daran, dass vor allem internationale Rohstoffkonsortien das»schwarze Gold«zumeist mit asiatischen Fachkräften fördern. Darüber hinaus verhindert die weit verbreitete Korruption, dass Kapitalerträge zielführend im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen Entwicklung eingesetzt werden. Anstatt der Bevölkerung zur Verfügung zu stehen, dienen die Ressourcen für die Eliten in Khartoum und Juba eher zur Aufrechterhaltung ihrer Patronagesysteme, zum Kauf von Waffen und zur Kriegführung. picture-alliance/dpa/mathias Michel

145 Der Fluch der Bodenschätze? Volkswirtschaft im Sudan und Südsudan Sowohl der Sudan als auch der Südsudan zählen zu den am wenigsten entwickelten Staaten der Erde. Im»Human Development Index«von 2016 belegen sie von 188 Plätzen die Ränge 165 und 181. Weite Landesteile sind bis heute infrastrukturell nicht erschlossen: Straßen, öffentliche Gebäude und eine funktionierende Versorgung mit dem Lebensnotwendigen finden sich nur in den städtischen Verdichtungsgebieten, hier vor allem in den Hauptstädten Khartoum und Juba. Intakte wirtschaftliche Strukturen, die eine mittelfristige stabile volkswirtschaftliche Entwicklung ermöglichen würden, existieren dagegen kaum. Dabei gibt es in beiden Ländern reichhaltige Bodenschätze. Die Situation ist jedoch mit jener anderer armer, aber rohstoffreicher Länder des afrikanischen Kontinents zu vergleichen: Einerseits besteht die Hoffnung, die gesamtwirtschaftliche Lage durch den Abbau und die Förderung von Rohstoffen deutlich zu verbessern. Andererseits sind die Regierungen außerstande und häufig auch nicht willens, die ökonomischen Möglichkeiten, die eine effiziente Vermarktung der natürlichen Ressourcen eröffnen, für die gesamtstaatliche Wohlfahrt zu nutzen. Stattdessen dienen die Einkünfte einer korrupten Oberschicht zur Bereicherung, während die Ausgrenzung bestimmter Personen- und Bevölkerungsgruppen zu immer wieder aufflammenden Konflikten um den Zugang zu den vorhandenen Ressourcen führt. Gold, Landwirtschaft und Korruption im Sudan Insbesondere aus wirtschaftlicher Sicht war die Abspaltung des Südsudans ein großer Verlust für die Regierung in Khartoum. Das vormals größte Land des afrikanischen Kontinents verlor nicht nur ein Drittel seiner Fläche, sondern auch rund 75 Prozent seines Erdöls, auf welches zuvor etwa 95 Prozent seiner Exporteinnahmen entfallen waren. Damit einher gingen ein Verlust von 143

146 II. Strukturen und Lebenswelten etwa 55 Prozent der Steuereinnahmen und ein Rückgang der Devisengeschäfte um rund zwei Drittel. Die tägliche Erdölproduktion sank infolgedessen von rund Barrel auf etwa Barrel pro Tag. Erhebliche Kürzungen der staatlichen Ausgaben waren die Folge, die vor allem im September 2013 zu Unruhen in der Hauptstadt führten. Zum wohl wichtigsten Partner des Sudans stieg in dieser Zeit Saudi-Arabien auf. Während das Königreich 2016 angeblich fünf Milliarden US-Dollar Militärhilfe bereitstellte, tritt es auch immer wieder bei teilweise umstrittenen Landverpachtungen im Sudan in Erscheinung, wo ein Teil der Nahrung für die saudische Bevölkerung produziert werden soll. Aufgrund des dramatischen Einbruchs der Erdöleinnahmen sah sich die sudanesische Regierung indes gezwungen, die Wirtschaft des Landes umzustellen. Dies konnte zunächst durch im Jahr 2012 gemachte Goldfunde im Norden Darfurs und einen technisch deutlich effektiveren Abbau des Edelmetalls im Nordosten des Landes ausgeglichen werden. Mit offiziell mehr als 90 Ton nen jährlich ist der Sudan zum mittlerweile drittgrößten Gold produzenten des afrikanischen Kontinents aufgestiegen. Die Kontrolle der Goldmine in Jebel Amir in North Darfur verursachte jedoch umgehend Spannungen zwischen Abbala-Milizen und Angehörigen der arabischstämmigen Beni Hussein-Gemeinschaft, die 2013 über 800 Menschen das Leben kosteten. Darüber hinaus ist der Goldabbau weiterhin optimierungsbedürftig. Nur zehn Prozent der Förderung erfolgen bisher industriell, obwohl der Bergbau zahlreichen Sudanesen zum Lebensunterhalt verhilft. Schätzungen zufolge sind vermutlich bis zu einer Millionen Menschen in diesem Bereich beschäftigt, größtenteils aber unorganisiert als Kleinstschürfer. Die Einnahmen aus dem Goldabbau kommen derweil nur einem kleinen Teil der Bevölkerung zugute. Die Vereinten Nationen schätzen, dass zwischen 2010 und 2014 rund Kilogramm Gold mit einem Wert von 4,6 Milliarden US-Dollar aus dem Sudan in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) geschmuggelt wurden. Die Zentralbank kauft daher Gold in eigener Währung über dem internationalen Preisniveau, um den Schmuggel zu unterbinden. Darüber hinaus zählt der Sudan zu einem der korruptesten Länder der Welt: Im»Corruption Perception Index«von 2016 belegte er Platz 170 von 176. Veruntreuungen und Missmanagement tragen ebenfalls 144

147 Der Fluch der Bodenschätze? Länderinfos Sudan Südsudan Landesname: Hauptstadt: Unabhängigkeit: Staats- und Regierungsform: Amtssprache: Staatsoberhaupt: Regierungspartei: Republik Sudan (Jumhuriya al-sudan) Khartoum (von Großbritannien/Ägypten) Präsidialrepublik Arabisch, Englisch Omar Hassan al-bashir (de facto seit 1989) National Congress Party (NCP) Republik Südsudan (Republic of South Sudan) Juba (vom Sudan) Föderale Republik Englisch Salva Kiir Mayardit (seit 2011) Sudan People's Liberation Movement (SPLM) Fläche (Grenze teilweise umstritten): Bevölkerung: Bevölkerungswachstum: Bevölkerung 0-14 Jahre: Lebenserwartung: Größte Ethnien: ca km² 40 Mio. Einwohner (2016) 2,5 % (2016) 41 % (2016) 64 Jahre (2015) Arabische Sudanesen (ca. 70 %), Fur, Beja, Nuba, Fallata ca km² 12 Mio. Einwohner (2016) 3 % (2016) 42 % (2016) 56 Jahre (2015) Dinka (36 %), Nuer (16 %), Shilluk, Azande u.a. (2011) Religionen: Sunnitische Muslime, christliche Minderheit Traditionelle Religionen, Christen Alphabetisierungsrate ab 15 Jahren: Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in US-Dollar (konstant 2010 US$): Wachstum BIP jährlich: Export von Waren und Dienstleistungen in % des BIP: Exportgüter: 59 % (2015) (2016) 5 % (2016) 10 % (2016) Gold, Öl, Baumwolle, Sesam, 32 % (2015) 745 (2015) - 6 % (2015) 10 % (2015) Öl Vieh, Erdnüsse, Gummiarabikum Exportpartner: VAE, Saudi Arabien, Ägypten (2016) k. A. Importe von Waren und Dienstleistungen in % des BIP: Importgüter: 13 % (2016) Nahrungsmittel, Fertigwaren, Maschinen, Medikamente, 58 % (2015) Nahrungsmittel, Brennstoffe, Baustoffe Chemikalien, Textilien Importpartner: Mobilfunkverträge pro 100 Personen: Index der menschlichen Entwicklung von 188 Staaten (HDI): Corruption Perception Index von 176 Staaten: Rangliste der Pressefreiheit von 180 Staaten: Größe der Streitkräfte: VAE, Indien, Ägypten (2016) 69 (2016) 165 (2016) 170 (2017) 174 (2017) (2017) Uganda, USA, China (2014) 22 (2016) 181 (2016) 175 (2017) 145 (2017) (2017) Quellen: Auswärtiges Amt (2017); CIA World Factbook (2017); GTAI (2017); Military Balance (2017); Reporter ohne Grenzen (2017); Transparency International (2017); UNDP (2017); Weltbank (2017). Die meisten der hier gerundeten Angaben sind Schätzungen und variieren je nach Quelle. Sie sind daher mit Vorsicht zu gebrauchen. ZMSBw

148 II. Strukturen und Lebenswelten dazu bei, dass der Sudan Ende 2016 rund 50 Milliarden US-Dollar über 50 Prozent des Bruttosozialproduktes an Schulden angesammelt hatte. Fast die Hälfte der Bevölkerung ist derweil von bitterer Armut betroffen. Aufgrund dieses»goldrausches«bleibt die Landwirtschaft der bedeutendste Wirtschaftssektor des Landes. Rund zwei Drittel der erwerbstätigen Bevölkerung ist in diesem Bereich tätig. Angebaut werden vor allem Baumwolle, Erdnüsse, Hirse, Weizen, Sesam und Früchte, größtenteils aber nur in Form von Subsistenzwirtschaft, sodass der Landwirtschaftssektor letztlich»nur«rund 30 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beitragen kann. Potenzial ist jedoch genügend vorhanden. Auch wenn rund 50 Prozent des Landes aus Wüste oder Halbwüste bestehen, werden nur 13 Prozent der Fläche landwirtschaftlich genutzt. Bei einer effektiveren Nutzung könnte das Land am Nil nicht nur sich selbst, sondern vermutlich auch einige Nachbarländer mit agrarischen Produkten versorgen. Ineffiziente traditionelle Bewirtschaftungsmethoden, immer wieder auftretende Dürreperioden und die seit der Unabhängigkeit von 1956 unentwegten massiven politischen und militärischen Auseinandersetzungen haben jedoch dazu geführt, dass der Sudan immer wieder Nahrungsmittel einführen muss. Die landwirtschaftlichen Hauptanbaugebiete erstrecken sich entlang den Flusstälern des Weißen und Blauen Nils, liegen an der Küste des Roten Meeres und in der Region um Kassala an der Grenze zu Eritrea. Zudem galt der Süden Darfurs zu Beginn des verheerenden Bürgerkrieges als eines der wichtigsten Anbaugebiete für Hirse und Erdnüsse. Wichtige Devisen bringen auch der Export von Vieh und das aus Baumharz gewonnene Gummiarabikum 75 bis 80 Prozent der Weltproduktion kommt aus dem Sudan. Gummiarabikum findet vor allem in der Lebensmittelindustrie als Stabilisator in Softdrinks Anwendung und wird im Rahmen eines Weltbank-Programmes gefördert. Die meisten der rund 40 Millionen Sudanesen, die ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft verdienen, gehören zu den ärmsten Menschen der Welt und besitzen oftmals nur eine geringe bis gar keine schulische Bildung. Noch immer sind rund 40 Prozent der Bevölkerung Analphabeten. Während in diesem Bereich in den vergangenen Jahren gute Fortschritte erzielt und mittlerweile etwa 75 Prozent der schulpflichtigen Kinder ein- 146

149 Der Fluch der Bodenschätze? Bedeutende ERITREA Wirtschaftsgüter im Sudan und im Südsudan TSCHAD Industrie Binnenhafen Chemie Erdölförderung Erdölleitung Erdölraffinerie LYBIEN Landwirtschaft Baumwolle Erdnüsse Gummiarabikum Hirse Kamele Rinder Schafe, Ziegen Zuckerrohr El Geneina El Fasher Fahr-/Flugzeugbau Seehafen Textil Wasserkraftwerk Zuckerfabrik Wadi Halfa SUDAN Dongola Omdurman KHARTOUM El Obeid Nil ÄGYPTEN Nil Kareima Weißer Nil Nasser- See Bahri Atbara Kassala Wad Medani R o t e s M e e r Atbara El Gedaref Sennar Hala ib Jonglei- Kanal (unvollendet) SAUDI- ARABIEN Port Sudan Suakin ERITREA ASMARA Nyala Ad-Damazin ZENTRAL- AFRIKANISCHE REPUBLIK Bergbau/Rohstoffe Cr Chromerz Gold Verkehr Äquator 0 Eisenbahn (nur teilweise in Betrieb) Internationaler Flughafen Kongo Babanusa Aweil Abyei Kadugli Heglig Bentiu Wau Sudd Rumbek Yambio Malakal Bor SÜDSUDAN Maridi DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO JUBA Yei Torit Pibor UGANDA Viktoria- See Cr Kapoeta Blauer Nil ÄTHIOPIEN ADDIS ABABA Albert- See KAMPALA Turkana- See KENIA km ZMSBw

150 II. Strukturen und Lebenswelten geschult werden konnten, erklären die fehlende Bildung der älteren Sudanesen und die herrschende Armut, warum es in den vergangenen Jahrzehnten den verschiedenen Kriegsherren immer wieder leicht fiel, Kämpfer für die eigenen Armeen zu rekrutieren. Rund 20 Prozent der Bevölkerung sind arbeitslos mit geringen Chancen auf eine feste Beschäftigung. Gut ausgebildete Fachkräfte wie Ärzte, Ingenieure und IT-Spezialisten wandern dagegen häufig in die besser bezahlenden Golfstaaten oder nach Europa aus und fördern so den Prozess des»brain drain«. Wichtige Wirtschaftspartner für den Sudan sind vor allem die Golfstaaten und China. Ein 2016 geschlossenes Handelsabkommen mit Äthiopien soll die regionale Zusammenarbeit stärken. Im Ölsektor kooperiert der Sudan vor allem mit China, Malaysia, Indien, Katar und den VAE. US-amerikanischen Konsortien war die Kooperation mit dem Sudan aufgrund der US-Sanktionen derweil nicht erlaubt. Große Hoffnung setzt die Regierung daher auf die vollständige Aufhebung der Wirtschaftssanktionen durch die US-Regierung, die in einer der letzten Amtshandlungen des ehemaligen Präsidenten Barack Obama eingeleitet wurden. picture alliance/ap Photo/Sam Mednick Holzkohle ist eines der wichtigsten Brennelemente im Südsudan. Die Abholzung von Bäumen führt jedoch auch zur Desertifikation. 148

151 Der Fluch der Bodenschätze? Erdöl und Krieg im Südsudan Rund 97 Prozent des staatlichen Budgets des Südsudans beruhen auf den Einnahmen der Rohölförderung. Damit ist der Südsudan der wirtschaftlich am wenigsten diversifizierteste Staat der Erde. Seit Ausbruch des Bürgerkriegs im Dezember 2013 befindet sich die ohnehin schwache Wirtschaft auch aufgrund des Ölpreisverfalls um über 50 Prozent weiterhin im freien Fall. Die Inflation und Nahrungsmittelpreise stiegen parallel um mehrere hundert Prozent. Der Umtausch von ausländischen Währungen auf dem Schwarzmarkt blüht. Die Wirtschaftskrise hat sogar dazu geführt, dass die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag 2018 aufgrund der ökonomischen Misere zum dritten Mal in Folge abgesagt wurden. Rund 5,5 Millionen Südsudanesen waren 2017 von einer Nahrungsmittelknappheit bedroht. Vier Millionen Menschen flüchteten in die Nachbarländer oder wurden zu Binnenvertriebenen und dies bei einer Bevölkerung von rund zwölf Millionen Menschen. Ohnedies waren die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Unabhängigkeit des Südsudans abgesehen vom Erdöl denkbar schlecht. Als Binnenstaat ohne Zugang zum Meer besaß das Land nach Jahrzehnten der Vernachlässigung durch die Zentralregierung in Khartoum und den Folgen des Bürgerkrieges kaum administrative Strukturen und so gut wie keine Infrastruktur. Noch immer sind nur rund 500 Kilometer Straße asphaltiert und weite Landesteile in der Regenzeit von April bis Oktober kaum zu erreichen. Nur etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat direkten Zugang zu Trinkwasser und nur rund zehn bis 20 Prozent zu angemessenen sanitären Anlagen. Wenig erstaunlich ist daher, dass die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen mit 56 Jahren noch immer sehr gering ist. Keines der landesweit drei Kraftwerke funktioniert, sodass die Stromversorgung fast ausschließlich über Dieselgeneratoren sichergestellt werden muss. Fast die gesamte Bevölkerung ist daher zur Zubereitung von Nahrungsmitteln auf Holz und Kohle angewiesen. Ein weiteres Infrastrukturprojekt, das bisher nicht realisiert werden konnte, ist der bereits 1974 begonnene Bau des Jonglei- Kanals. Mit ihm wollte die damalige Regierung in Khartoum auf 149

152 II. Strukturen und Lebenswelten 360 Kilometern das Sudd-Sumpfgebiet am Weißen Nil umgehen und die südsudanesischen Städte Bor und Malakal verbinden. Aufgrund des zweiten Bürgerkriegs, aber auch der möglichen dramatischen ökologischen Folgen für die Landwirtschaft wurde die Bautätigkeit im Laufe des Jahres 1984 eingestellt. In der Folge hat sich auch die südsudanesische Regierung gegen eine Fertigstellung des Kanals ausgesprochen. Die einzigen zwei Pipelines des Landes führen weiter durch den Sudan und sind seit der Unabhängigkeit Streitthema zwischen den beiden Regierungen. Im Jahr 2012 stellte die südsudanesische Regierung die Ölförderung aufgrund von Unstimmigkeiten mit dem Sudan über die Nutzungsgebühr für rund 15 Monate sogar ganz ein, wodurch nicht nur die Förderanlagen in Mitleidenschaft gezogen wurden, sondern auch die vorher bereits schwächelnde Wirtschaft brach um rund 50 Prozent ein. Zwar existieren Pläne für den Neubau einer Pipeline durch Kenia und den Anschluss des Südsudans an das Eisenbahnnetz Ostafrikas. Sollten diese Megaprojekte jemals realisiert werden können, wird dies noch viele Jahre in Anspruch nehmen. Somit muss auch weiterhin Öl durch die Pipeline nach Port Sudan gepumpt und von dort mit riesigen Tankern zu den weltweit dislozierten Erdölraffinerien transportiert werden. Laut einer im Jahr 2012 zwischen den Regierungen getroffenen Vereinbarung muss der Südsudan je nach Trasse 24 oder 26 US-Dollar pro Barrel Öl an Transit- und Kompensationsgebühren an den Sudan zahlen. Im Gegensatz zu einer eigenständigen Förderung und Vermarktung gehen auf diese Wiese dringend benötigte Einnahmen für den südsudanesischen Staat verloren. Auch für den Großteil der Bevölkerung im Südsudan ist die Landwirtschaft der wichtigste Wirtschaftszweig. Fast alle größeren Firmen und Geschäfte sind in ausländischem Besitz, da den einheimischen Betrieben das nötige Finanz- und Humankapital fehlen. Generell gehen etwa 85 Prozent der gesamten Bevölkerung unbezahlten Beschäftigungen nach, fast 80 Prozent sind in der Landwirtschaft tätig. Hier betreiben sie jedoch meist nur Subsistenzwirtschaft zum eigenen Überleben und produzieren keine zählbaren Überschüsse. In den eher tropischen Feuchtklimagebieten können bei der sehr guten Bodenfruchtbarkeit intensiv Hirse, Mais, Erdnüsse, Früchte und Gemüse angebaut 150

153 Der Fluch der Bodenschätze? picture alliance/aa/bruno Bierrenbach Feder Vieh spielt für viele Menschen im Südsudan nicht nur wegen seiner Milch, sondern auch im sozialen Gefüge eine bedeutende Rolle. Ein hier abgebildetes Watussirind (Ankolerind) kann rund 500 US-Dollar wert sein. werden. Unsicherheit und Vertreibung führen jedoch immer wieder dazu, dass viele Felder brach liegen und nicht einmal der Eigenbedarf der meisten Menschen gedeckt werden kann. Hinzu kommt, dass die Regierung bereits vor der Unabhängigkeit etwa neun Prozent des staatlichen Territoriums in überwiegend intransparenten Vereinbarungen an meist ausländische Investoren verpachtet hat. Die Zukunft der dort lebenden Bevölkerung blieb dabei meist ungeklärt. Viele Ethnien des Südsudans sind Halbnomaden und Viehzüchter. Rinder spielen dabei nicht nur eine Rolle als Nahrungslieferant, sondern auch im sozialen Gefüge der Menschen. In der Regenzeit werden die Herden von den überfluteten Ebenen weggeführt, was nicht selten in Konflikten mit sesshaften Bauern mündet. Indes kam auch die Erdölproduktion durch den Bürgerkrieg ins Stocken. Eine der größten Ölförderanlagen im Teilstaat Unity wurde schwer beschädigt und musste abgeschaltet werden. Vor der Unabhängigkeit wurden rund Barrel Öl pro Tag gefördert, 2016 waren es nur Barrel täglich. Zudem drückten die niedrigen Weltmarktpreise auch hier die Gewinne wei- 151

154 II. Strukturen und Lebenswelten ter. Allerdings profitiert die Bevölkerung ohnehin kaum vom Ölreichtum. Zum einen sind es Firmen aus China, Malaysia und Indien, die in diesem Bereich nicht selten mit ihren eigenen Arbeitskräften tätig sind und die Gewinne erzielen. Zum anderen fließt mehr als die Hälfte des staatlichen Budgets in den Sicherheitssektor, während internationale Geldgeber einen Großteil des Gesundheits- und Bildungssystems mitfinanzieren. Mit den intransparent erwirtschafteten Ölgeldern werden Waffenkäufe aus China und der Ukraine bezahlt. Das einzige offizielle staatliche Unternehmen ist die nationale Ölfirma Nilepet, deren Bilanzen nicht veröffentlicht werden. Die ist nicht verwunderlich, gilt der Südsudan doch als das zweitkorrupteste Land der Erde. Während über 65 Prozent der Bevölkerung in extremer Armut leben, besitzen Politiker, hohe Militärs und Rebellenführer luxuriöse Anwesen in Kenia oder Uganda. Das Ausmaß an Korruption artete dermaßen aus, dass sich Präsident Salva Kiir 2012 genötigt sah, die politische Elite öffentlich zur Rückgabe von vier Milliarden US-Dollar verschwundener Staatseinnahmen aufzurufen. Konsequenterweise belegt der Südsudan im jährlich herausgegebenen»mo Ibrahim Index«zur Bewertung der Regierungsführung afrikanischer Staaten den zweitschlechtesten Platz. Zu den politischen Problemen kommt noch ein rapides Bevölkerungswachstum, das insbesondere die sozialen und ökonomischen Probleme verschärft. Mit einer Wachstumsrate von rund 3,5 Pro zent pro Jahr besitzt der Südsudan eine der am schnellsten wachsenden Bevölkerungen der Erde. Jahrzehnte des Krieges und der Marginalisierung haben jedoch einen sachgerechten Ausbau eines Gesundheits- und Bildungssystems verhindert. Zwischen 60 und 70 Prozent der Bevölkerung sind Analphabeten. Bei Frauen und Mädchen sind es sogar fast 70 bis 85 Prozent. Ein Großteil der Arbeitskräfte ist daher ungebildet und kann nur im informellen Sektor unterkommen. Über 50 Prozent der Mädchen werden bereits vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet. Zudem ist Kinderarbeit weit verbreitet. Großen Spielraum haben die Verantwortlichen in Juba derweil nicht. Finanzielle Rücklagen sind kaum noch vorhanden und die Regierung hängt kontinuierlich hinter den monatlichen Zahlungen für ihre Beamten und Truppen hinterher. Gleichwohl bestünde zur Finanzierung des Staatshaushaltes neben dem Öl 152

155 Der Fluch der Bodenschätze? die Möglichkeit im Abbau von Edelhölzern. Fast 30 Prozent des Landes sind bewaldet. Diesem potenziellen Industriezweig schaden jedoch neben den militärischen Auseinandersetzungen vor allem intensiver Raubbau und der Klimawandel. Fazit Prinzipiell besitzen beide Staaten genügend Potenzial, um ein geordnetes Wirtschaftssystem aufzubauen. Über 40 Prozent der Bevölkerung in dieser Region sind unter 14 Jahre alt. Der Südsudan besäße neben weiteren Ressourcen wie Gold, Kupfer und Eisen auch die Möglichkeit, sich die Wasserenergie des Weißen Nils zunutze zu machen. Gleiches gilt für den Sudan, der trotz erheblicher Umweltbedenken bereits über mehrere Staudämme und Wasserkraftwerke verfügt wie zum Beispiel den Merowe- Staudamm, an dessen Fertigstellung auch deutsche Firmen wie zum Beispiel Siemens beteiligt waren und in Zukunft auch auf die Nutzung von Erdgas setzen könnte. Mit den 2011 zum Weltkulturerbe ernannten Pyramiden von Meroë verfügte der Sudan darüber hinaus auch über lohnenswerte touristische Ziele, deren potenzielle Besucher jedoch von den anhaltenden Konflikte in anderen Landesteilen abgeschreckt werden. Im April 2016 ist der Südsudan Mitglied der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) geworden und wird in Zukunft noch stärker mit seinen südöstlichen Nachbarn kooperieren. Hierfür wäre es wichtig, deutlich größeren Nutzen aus der überwiegend fruchtbaren Landesfläche zu ziehen als bisher. Aufgrund des Bürgerkriegs ist der Südsudan derzeit jedoch eher eine Belastung für die Anrainerstaaten. Bis zum Sommer 2017 flüchtete eine Million Menschen alleine nach Uganda. Folglich ist es von entscheidender Bedeutung, dass in beiden Ländern möglichst schnell politische Stabilität und Sicherheit einkehrt und der Korruption ein Ende bereitet wird, um die reichhaltig vorhandenen Ressourcen produktiv für die Entwicklung und die Wohlfahrt der eigenen Bevölkerung und mithin der beiden Staaten zu nutzen. Dieter H. Kollmer 153

156 Mit der Unabhängigkeit des Südsudans wurde der bewaffnete Arm der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung, die»sudan People s Liberation Army«(SPLA), zur offiziellen Armee des neuen Staates. Seit Dezember 2013 stand sie im Konflikt mit der als»sudan People s Liberation Movement/Army In Opposition«(SPLM/A-IO) bekannt gewordenen Rebellengruppe des ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar. Beide Seiten stützten sich auf Milizen und Selbstverteidigungsgruppen. Aufseiten der SPLA operierten zudem Kräfte der sudanesischen Rebellenkoalition»Sudan Revolutionary Front«(SRF; im Bild Rebellen der»sudan Liberation Army«im Jahr 2006, die Teil der SRF sind), die ihrerseits von der sudanesischen Armee (Sudan Armed Forces, SAF), weiteren paramilitärischen Einheiten und Milizen bekämpft wird. Die Regierung des Sudans wird wiederum bezichtigt, zu Beginn des südsudanesischen Bürgerkriegs Nachschub an die SPLM/A-IO geliefert zu haben, während sie der Regierung in Juba selbst wiederholt vorwarf, die SRF zu unterstützen. Die kurze Skizzierung der Hauptkonfliktakteure kann dabei helfen, die Komplexität der Lage besser zu verstehen und die Probleme bei der Konfliktbeilegung nachzuvollziehen. Thilo Thielke

157 Rebellen, Milizen und Soldaten: Staatliche und nichtstaatliche Konfliktakteure Sowohl die Regierung des Sudans als auch die des Südsudans stützen sich auf ein Netz an staatlichen und nichtstaatlichen Konfliktakteuren. Ihnen gegenüber steht jedoch keine geeinte (bewaffnete) Opposition. Sie haben es vielmehr mit teilweise untereinander verfeindeten Gruppen zu tun, die um Einfluss, Macht und Ressourcen kämpfen. Im Grunde lassen sich mindestens fünf Kategorien an Akteuren bilden, die zum Teil zusammenwirken, ohne dass ihre Mitgliedschaft eindeutig festgelegt ist. An erster Stelle sind die regulären Streitkräfte beider Staaten zu nennen. Vor allem im Sudan operieren diese neben para - militärischen Kräften und in beiden Staaten mit nichtstaatlichen Pro-Regierungsmilizen. An dritter Stelle stehen Rebellengruppen, die in dutzende Fraktionen zersplittert sind. Aufgrund der Abwesenheit von Recht und Ordnung bilden sich viertens vielerorts»selbstverteidigungsgruppen«, deren Zweck sich aber oft verselbstständigt und deren Angehörige entweder aufseiten der Regierung, der Rebellen oder für eigene Interessen kämpfen. An letzter Stelle stehen Söldner und kriminelle Banden. Hierzu gehören unter anderem Wilderer, die über die Grenzen der Zentralafrikanischen Republik oder der Demokratischen Republik Kongo agieren. Selbst für geschulte Beobachter sind die Konfliktakteure nur schwer zu unterscheiden. Ein Teil der Rebellen im Südsudan desertierte 2013 aus der Armee und trug die gleichen Uniformen wie die Regierungstruppen. Ähnliches gilt für die Unterscheidung von Kombattanten und Nichtkombattanten, da sowohl Rebellen als auch Milizen und Selbstverteidigungsgruppen enge Bindungen zur zivilen Bevölkerung haben. Im Sudan sind reguläre Truppen und Milizen vielfach zur Ausbildung in gleichen Lagern untergebracht und tragen von der Regierung bereitgestellte Uniformen. Bei den Rebellen abzulesen beispielsweise an der von Minni Minnawi geführten»sudan Liberation Movement/Army Minni Minnawi (SLM/A-MM) definieren sich die Gruppen meist nur auf Ebene ihrer Kommandeure, die international bekannt sind und an Verhandlungen teilnehmen. Die Zu- 155

158 II. Strukturen und Lebenswelten gehörigkeit ihrer Gefolgschaft ist dagegen oft fließend. Hier spielen Motive wie Perspektivlosigkeit, Schutz, Armut, Rache, Gier oder einfach nur der Wille zu überleben eine größere Bedeutung als Ideologien. Politisch motivierte Übergriffe und Kriminalität gehen vielfach ineinander über. Selbst Experten vor Ort deklarieren die Täter vieler Zwischenfälle daher als»unidentified armed elements/groups«. Dass sich die Regierungen auch auf irreguläre Kräfte stützen, hat viele Gründe. Lokale Milizen gelten oft als kostengünstiger, effizienter und effektiver als reguläre Soldaten aus anderen Landesteilen, die sich mit den Örtlichkeiten nicht auskennen und deren Motivation angezweifelt werden muss. Nicht selten unterscheiden sich die Interessen von Milizen aber von jenen der Regierung, sodass Allianzen wechseln und Loyalitäten ständig durch Zugeständnisse erneuert werden müssen. Vielfach sind es vor allem ehemalige Politiker und Militärs, die ihre Position im Staatsapparat verloren haben und durch einen bewaffneten Aufstand versuchen, erneut und zu besseren Konditionen ins Regierungslager zurückzukehren. Vollkommene Kontrolle über ihre Untergebenen besitzen dabei weder die Regierungen noch die Rebellenkommandeure. Immer sind es lokale Dynamiken, die das Geschehen vor Ort bestimmen, die nicht zwangsläufig den Interessen der formell übergeordneten Führung entsprechen. 156 Die Armee des Sudans: Sudan Armed Forces Wie bei vielen afrikanischen Armeen begann die Geschichte der»sudan Armed Forces«(SAF) in der Kolonialzeit, in der sie 1925 als»sudan Defence Force«unter britischer Führung gegründet worden war. Seit der Unabhängigkeit putschten sich viermal Militärs an die Macht, zuletzt 1989 Omar Hassan al-bashir, der seitdem Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt ist. Über ein Dutzend weitere Putschversuche scheiterten. Die Armee ist daher Stütze und Bedrohung der sudanesischen Regierung. Während viele wichtige Positionen im Staat von gutbezahlten Militärs besetzt werden, besteht eine permanente Rotation der Kommandeure, um zu enge Bindungen an die rund Soldaten zu vermeiden. Indessen etablierte die Regierung un-

159 Rebellen, Milizen und Soldaten terschiedliche paramilitärische Einheiten als Gegengewicht und säuberte das Offizierkorps von illoyalen Kommandeuren. Weil beim Ausbruch des Darfur-Konfliktes 2003 ein Großteil der SAF- Soldaten aus dieser Region stammte, setzte die Regierung in der Folge noch stärker auf die Unterstützung lokaler Milizen, der sogenannten»janjaweed«. Bei diesen handelte es sich überwiegend um arabischstämmige, landlose (Kamel-)Nomaden, die, ausgerüstet von der Regierung, im Verbund mit der Armee gegen die Zivilisten der nicht-arabischstämmigen Ethnien vorgingen. In den Bodenoffensiven der jüngsten Zeit nahm die SAF meist eine reaktive Rolle ein oder wurde zum Schutz von eigenen Basen und wichtiger Infrastruktur herangezogen. Die Luftwaffe unterstützt derweil den Vormarsch paramilitärischer Einheiten und Milizen. Bei der Zivilbevölkerung gefürchtet sind vor allem Angriffe von Antonow-Frachtflugzeugen, aus denen Fass- und Streubomben geworfen werden. Die Integration von Rebellen in die Streitkräfte weicht ihr inneres Gefüge auf und verprellt junge Offiziere. Neben Motivation mangelt es einigen Soldaten daher auch an Disziplin. Im Herbst 2014 wurden SAF-Angehörige beschuldigt, dutzende von Frauen und Mädchen in North Darfur vergewaltigt zu haben. Seit 2015 operiert der Sudan mit Land- und Luftstreitkräften an der Seite der von Saudi-Arabien geführten Koalition im Jemen. Auch wenn deren genaue Stärke bisher noch nicht veröffentlicht picture alliance/aa In den Konfliktregionen des Sudans besitzt die Luftwaffe im Bild ein sowjetisches Erdkampfflugzeug vom Typ Sukhoi Su-25 uneingeschränkte Luftüberlegenheit. 157

160 II. Strukturen und Lebenswelten wurde, sollen sich die Verluste auf angeblich mehrere hundert gefallene Soldaten belaufen. Aufgrund des teilweise verhängten Waffenembargos ist der Sudan mittlerweile wohl zum drittgrößten Waffenproduzenten des Kontinents aufgestiegen. Vor allem Kleinwaffen und Munition stammen aus der heimischen»military Industry Corporation«. Die Armee des Südsudans: Sudan People s Liberation Army Mit der Unabhängigkeit des Südsudans im Juli 2011 wurde der bewaffnete Arm der Rebellenbewegung»Sudan People s Liberation Movement«(SPLM) zur regulären Armee des neuen Staates, obwohl sie nur eine von vielen bewaffneten Gruppen im Süden war. Im Friedensvertrag von 2005 war der SPLM jedoch das Recht eingeräumt worden, ihre eigene Armee in der Übergangsphase aufrechtzuerhalten. Gegründet wurde die»sudan People s Liberation Army«(SPLA) 1983 als Guerillagruppe für den Kampf gegen die Zentralregierung. Zu ihren Gründungsvätern gehörten unter anderem John Garang und der heutige Präsident Salva Kiir, der gleichzeitig Oberbefehlshaber ist. Trotz der Unabhängigkeit des Südsudans kam es nie zu einer echten Reform der ehemaligen Rebellenarmee. Genauso wenig gelang eine wirkliche Trennung zwischen der Partei SPLM und den Streitkräften, sodass viele Ex-Kommandeure hohe politische Ämter einnehmen und von einer»militarisierung«des Staatsapparats gesprochen werden kann. Gegen die Reduzierung der Armee sprach die Gefahr eines neuen Krieges mit dem Sudan. Zudem fehlte es an wirtschaftlichen Alternativen für die zu demobilisierenden Soldaten, sodass die Regierung nach ihrer Entlassung neue Sicherheitsprobleme fürchtete. Eher im Gegenteil blähte sich der Umfang der Armee zusehends auf. Seit der Unterzeichnung der»juba Declaration«Anfang 2006 wurden zehntausende Kombattanten der nicht am Friedensvertrag von 2005 beteiligten»south Sudan Defence Forces«(SSDF) in die Armee aufgenommen. Letztere waren zuvor von Khartoum gegen die SPLA unterstützt worden und bestanden größtenteils aus Ange- 158

161 Rebellen, Milizen und Soldaten hörigen der Nuer-Ethnie, weswegen diese fortan bis zu 70 Prozent der Soldaten stellten. Die»offene Tür«für Rebellen wurde auch nach der Unabhängigkeit nicht geschlossen. Die SPLA, die mehr einer Ansammlung von Milizen ähnelte, schwoll auf über Soldaten an. Einher ging diese Politik mit einer Verschiebung der Rangstruktur. Vor dem 2013 ausgebrochenen Bürgerkrieg sollen die Streitkräfte über 700 Generale besessen haben. Gleichzeitig wurden die ehemaligen Loyalitätsstrukturen nie gebrochen, sodass unzufriedene Kommandeure regelmäßig mit ihren Truppen desertierten, um nach kurzen Kämpfen zu besseren Konditionen zurückzukehren. Dies hatte nicht nur einen Beförderungsstopp für niedrige und mittlere Ränge zur Folge, sondern stellte auch unqualifiziertes Personal über erfahrene Soldaten. Ein Abfall der Motivation und ein fehlendes Zusammengehörigkeitsgefühl der Streitkräfte waren das Ergebnis. Hinzu kam, dass die Besoldung des Personals rund 80 Prozent des Budgets verschlang und sich hohe Offiziere fortwährend bereicherten. Obwohl etwa die Hälfte des Staatshaushalts in den Sicherheitssektor floss, fehlte es daher an Geld für Reformen. Das Resultat der verpassten Transformation war der Bruch der SPLA beim Beginn des Bürgerkriegs 2013 entlang ethnischer Linien. Abgesehen von den ehemaligen Bul Nuer-Milizen von Bapiny Monytuil und Matthew Puljang desertierten die meisten Nuer-Soldaten, während die Mehrheit der Dinka loyal zu Präsident Salva Kiir blieb. Bereits zuvor, im Zuge des Grenzkonfliktes mit dem Sudan im Jahr 2012, hatte der ehemalige Gouverneur von Bahr al-ghazal, General Paul Malong, mit der Aufstellung von Dinka-Milizen (Mathiang Anyoor) begonnen. Deren nur schlecht ausgebildeten Mitglieder wurden im Laufe des Bürgerkrieges der SPLA angegliedert und nicht nur beim Ausbruch der Gewalt in Juba, sondern vor allem auch in den Offensiven von 2016/17 in Equatoria für die gravierendsten Menschenrechtsvergehen verantwortlich gemacht. Unzufriedenheit und Desertionen von Nicht-Dinka-Kommandeuren waren die Folge. Darüber hinaus hatten Menschenrechtsorganisationen der SPLA bereits vor Ausbruch des Konfliktes einen unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt und die Ermordung von Zivilisten vorgeworfen. Auch im jüngsten Konflikt waren Folterungen, 159

162 II. Strukturen und Lebenswelten Vergewaltigungen und Plünderungen wiederkehrende Vorwürfe bei SPLA-Offensiven, wobei Letzteres auch ein Resultat fehlenden Nachschubs war. Oftmals schaffte es die Regierung nicht, ihre Soldaten ausreichend zu verpflegen oder fristgerecht zu entlohnen, was zu weiterer Disziplinlosigkeit, zu Meutereien und Desertionen führte. Um den Bedarf von Reformen zu unterstreichen, stimmte die Armeeführung im August 2017 für die baldige Umbenennung der SPLA in»south Sudan People s Defense Forces«(SSPDF). 160 Paramilizen im Sudan Eine der ältesten paramilitärischen Einheiten des Sudans sind die»popular Defence Forces«(PDF). Bereits 1989 kurz nach dem Putsch Omar al-bashirs gegründet, sollten in ihr sudanesische Bürger mit zivilen und militärischen Fähigkeiten ausgebildet werden, um die»revolution«zu schützen und der Armee zur Seite zu stehen. Faktisch wurden zunächst meist nur bestehende Milizen absorbiert und parteitreue Studenten rekrutiert, um ein Gegengewicht zur säkularen SAF aufzubauen und die Islamisierung des Staates voranzutreiben. Die als»mudschahedin«bezeichneten Kämpfer erhielten eine religiöse Ausbildung und zählten schnell über Mitglieder. Studenten mussten für ihr Studium Dienst in der PDF leisten, und in den 1990er Jahren kam es aufgrund von Personalmangel zu Zwangsrekrutierungen. Seit jeher spielte die leicht bewaffnete, aber nur rudimentär ausgebildete PDF eine wichtige Rolle bei der Aufstandsbekämpfung, bei der sie mit äußerster Gewalt, aber auch unter hohen eigenen Verlusten gegen Zivilisten und Rebellen vorging. Im Kampf gegen den Süden griff die Regierung vor allem auf die arabischstämmige Bevölkerung der Rizeigat und Misseriya aus dem Westen des Landes zurück, die unter dem Label PDF äußerst brutal vorgingen und dabei straffrei blieben. Mit dem Bruch zwischen Omar al-bashir und dem ideologischen Führer des Putsches Hassan al-turabi verlor die PDF an Bedeutung, da al-turabi den Bürgerkrieg nicht länger als»dschihad«bezeichnete und die PDF an Legitimität verlor. Im Friedensvertrag von 2005 sollte sie eigentlich aufgelöst werden. Faktisch dient sie

163 Rebellen, Milizen und Soldaten aber weiter als Reserve und kommt in den Konflikten der Peripherie zum Einsatz. Wie auch zuvor erhielten ihre Kämpfer Uniformen, Waffen und Nachschub, aber wohl in der Regel keinen festen Sold, weswegen sich die PDF auch durch Plünderungen finanziert haben soll. Zur wichtigsten paramilitärischen Einheit im Kampf gegen die Aufständischen ist die im August 2013 gegründete»rapid Support Forces«(RSF) aufgestiegen. Im Gegensatz zur PDF besaß die leicht bewaffnete RSF keine islamistisch orientierte Ideologie und unterstand zunächst formell dem Geheimdienst NISS (National Intelligence and Security Services). Ihr erstes Regiment setzte sich primär aus Angehörigen der Grenztruppen (Border Guards) beziehungsweise ehemaligen»janjaweed-milizen«, vor allem Abbala-Rizeigat aus Darfur, zusammen, weswegen die RSF von Beobachtern vielfach weiter als»janjaweed«bezeichnet wurde. Von der NISS und der SAF ausgebildet, wurden sie im Feld von Mohamed Hamdan Dagolo»Hemeti«geführt, einem zum Brigadegeneral ernannten Milizenchef. Erstes Operationsgebiet der im Frühjahr 2014 rund 6000 Kämpfer umfassenden RSF wurde South Kordofan. In unbekanntem Terrain erlitten die eher für den Wüstenkrieg im Westsudan mit hunderten bewaffneten Pick-up-Trucks ausgestatteten Truppen aber nicht nur große Verluste gegen die dortigen Re- picture alliance/photoshot RSF-Einheiten bei einer Parade in Khartoum im Mai

164 II. Strukturen und Lebenswelten bellen, sondern sie begingen auch verheerende Menschenrechtsverbrechen. Nach Protesten der Bevölkerung in North Kordofan zog die Regierung die RSF zunächst aus der Region zurück und stellte lokal rekrutierte Regimenter auf. Währenddessen brachen im September 2013 Proteste gegen die Regierung aus, die von in die Hauptstadt beorderten RSF-Kämpfern niedergeschlagen wurden. In den jüngsten Darfur-Offensiven bildete die RSF die Speerspitze. Häufig kam es dabei zur gezielten Vertreibung von Zivilisten und sogar zu Zusammenstößen mit SAF-Einheiten. Per Dekret wurde die RSF im April 2016 zunächst unter direktes Kommando des Präsidenten gestellt. Seit einer weiteren Gesetzesänderung im Januar 2017 sind die mittlerweile rund RSF-Kämpfer formell der Armee angliedert. Weil der RSF- Kommandeur jedoch weiterhin vom Präsidenten ernannt wird, gilt die RSF bei Beobachtern als»prätorianergarde«. Sudanesische Rebellenkoalition: Sudan Revolutionary Front Seit 2011 sieht sich die sudanesische Regierung nicht nur mit Rebellen in Darfur konfrontiert, sondern auch in South Kordofan und Blue Nile. Zur Koordination der bewaffneten Opposition schlossen sich Ende 2011 unter anderem die drei aus Darfur stammenden Rebellengruppen»Sudan Liberation Movement/ Army Abdul Wahid«(SLM/A-AW),»Sudan Liberation Movement/Army Minni Minnawi«(SLM/A-MM) und»justice and Equality Movement«(JEM) mit der in South Kordofan und Blue Nile ansässigen»sudan People s Liberation Movement/Army North«(SPLM/A-N) zusammen. Während sich die Darfur-Rebellen überwiegend aus den nicht-arabischstämmigen Ethnien der Fur, Masalit und Zaghawa rekrutierten, war die 2011 etwa Kämpfer umfassende SPLM/A-N ein Überbleibsel aus dem zweiten sudanesischen Bürgerkrieg. Anders als im ersten Bürgerkrieg hatte es die SPLM/A geschafft, den Konflikt auch auf die Regionen Blue Nile und South Kordofan auszuweiten und unter der dortigen Bevölkerung Kämpfer zu rekrutieren. Der Status ihres Heimatgebietes wurde im Friedensvertrag von 2005 jedoch nur 162

165 Rebellen, Milizen und Soldaten unzureichend geklärt, sodass es 2011 zum Konflikt kam. Bei vielen ihrer Anführer handelt es sich daher um ehemalige SPLM/A- Kommandeure mit guten Kontakten zur Regierung in Juba. Die unterschiedlichen Gruppen eint der Kampf gegen die Regierung in Khartoum, die aus ihrer Sicht die Peripherie des Landes vernachlässigt. Ihr Ziel ist der Sturz Omar al-bashirs und der Aufbau eines säkularen, liberalen Staates. Allein hier herrscht aber schon Uneinigkeit, da die JEM-Führung keine Säkularität unterstützt. Nominell stand der SRF der SPLM/A-N-Führer Malik Agar vor. Seit Herbst 2015 gab es jedoch einen Zwist zwischen Agar und JEM-Führer Gibril Ibrahim, der den rotierenden Vorsitz eigentlich hätte übernehmen sollen, ehe im Oktober 2017 in Abwesenheit der SLM/A-AW Minni Minnawi zum neuen Führer ernannt wurde. Im Frühjahr 2017 hatten sich dann aber der militärische Führer der RSF, Abdelaziz al-hilu, ebenfalls SPLM/A-N, und Agar aufgrund divergierender politischer Zielsetzungen zerstritten, sodass auch die SPLM/A-N gespalten ist. Generell ist die Koalition nur eine lose Verbindung mit starken politischen und militärischen Gegensätzen, deren gemeinsame Operationen überschaubar sind. Wiederholtes Streitthema war ihr Aktionsradius und ob sie nur in ihren Heimatgebieten kämpfen oder versuchen sollte, an Khartoum heranzurücken. Während JEM zu Beginn mit der SPLM/A-N in South Kordofan operierte, beschränkten sich die SLM/A-Fraktionen primär auf Darfur. Nach Beginn der Rekrutierung der lokalen Bevölkerung durch JEM und einem unverhältnismäßigen Gewalteinsatz forderte die SPLM/A-N-Führung jedoch auch die JEM-Kämpfer auf, South Kordofan zu verlassen. Unterschiede gab es zunächst ebenfalls in der Kampfweise. Während die SPLM/A-N mit ihren primär aus Regierungsdepots erbeuteten Waffen eher eine konventionelle oder eine Guerillakriegführung in unwegsamen Gelände und Gebietskontrolle verfolgte, setzten die Gruppierungen aus Darfur gerade zu Beginn auf eine mobile, schnelle Kriegführung mit bewaffneten Pick-Up-Trucks. Uneinigkeit besteht zudem in der Verhandlungsbereitschaft. Abdul Wahid Mohamed al-nur lehnt seit 2006 wegen der nicht verbesserten Lage in Darfur kategorisch alle Gespräche mit der Regierung ab. Die anderen Gruppen sind regelmäßig an informellen Gesprächen auch in Deutschland beteiligt. 163

166 II. Strukturen und Lebenswelten Thilo Thielke Der Rebellenführer Minni Minnawi 2006 mit seinen Truppen in Darfur. Nach den militärischen Erfolgen der»decisive Summer«- Offensiven der Regierung von 2014 bis 2016 hielten die SRF- Truppen 2017 so gut wie kein Gebiet mehr in Darfur. Ohne Aussicht auf eine schnelle Rückkehr rief die SRF 2016 einen einseitigen Waffenstillstand aus. Intern sind ihre Mitglieder stark zerstritten und durch regelmäßige Abspaltungen geschwächt. Nachschubprobleme sind ein weiterer Faktor für die Reduktion der Konfliktintensität. Wurden die Rebellen zunächst von Eritrea, bis 2010 aus dem Tschad und bis zum Sturz Muammar al-gaddafis von Libyen unterstützt, sind Teile der ugandischen und der südsudanesischen Elite mittlerweile wohl die einzigen internationalen Verbündeten. Von ihren Basen im Südsudan griffen JEM, die SLM/A-MM und die SPLM/A-N daher auch aufseiten der Regierung in den südsudanesischen Bürgerkrieg ein. Berichten zufolge sollen SLM/A-MM- und JEM-Einheiten auch für Waffen und Munition auf verschiedenen Seiten im libyschen Bürgerkrieg gekämpft haben. Obwohl die Regierung Darfur nach der Erstürmung der letzten großen SLM/A-AW-Basis im April 2016 für befriedet erklärte, flammten die Kämpfe Ende Mai 2017 und Ende März 2018 in geringer Intensität erneut sporadisch auf. Weil die Rebellen militärisch aber keine Bedrohung für die Regierung in Khartoum darstellen und das tägliche Leben dort in geordneten Bahnen verläuft, besitzt die Regierung wenig Interesse an einer Verhandlungslösung. 164

167 Rebellen, Milizen und Soldaten Südsudanesiche Rebellen: Sudan People s Liberation Movement/Army In Opposition Vor allem die im Dezember 2013 begangenen Massaker an Nuer- Zivilisten in Juba führten in den nordöstlichen Landesteilen zur Desertion von bis zu 70 Prozent der Armeesoldaten. Ein Großteil ihrer Anführer hatte bereits zuvor als Rebellen gegen die SPLA gekämpft. Vielfach handelte es sich bei ihnen um Nuer-Kommandeure der ehemaligen Rebellengruppe SSDF, die erst nach 2006 in die SPLA integriert worden waren. Aber auch einige Dinka, Shilluk und Personen aus dem Raum Equatoria zählten dazu. Gemeinsam mit tausenden Nuer-Jugendlichen, den sogenannten»white Armies«, bildete sich eine lose Rebellenbewegung, welche die bedrohten Nuer-Zivilisten schützen, die Massaker an den Nuer sühnen und das Regime in Juba stürzen wollte. Zum nominellen Führer der als»sudan People s Liberation Movement/ Army In Opposition«(SPLM/A-IO) bekannt gewordenen Rebellen wurde der zuvor entlassene Vizepräsident Riek Machar. Aber nicht seine Unterstützung einte die Rebellen, sondern die Ablehnung gegenüber Präsident Salva Kiir. Wiederholt musste Machar daher zugeben, nicht die Kontrolle über alle Truppen zu besitzen. Zudem wurde erst im Dezember 2014 auf einem Treffen in Pagak eine provisorische Militärstruktur verabschiedet. Während Simon Gatwech Dual, ein im Januar 2013 von Salva Kiir aus dem aktiven Dienst entfernter Generalmajor, zum Chef des Generalstabs ernannt wurde, dominierten zu Beginn ehemalige SSDF-Kommandeure splitterte die Bewegung aber auf, als einige Kommandeure wie Peter Gadet Yak, ein von den Vereinten Nationen wegen Massakern an Zivilisten in Bentiu sanktionierter Bul Nuer, aufgrund von Unstimmigkeiten über den Nachschub und die politischen Ziele mit Riek Machar brachen. Auf der 2014 abgehaltenen Konferenz wurde indes auch ein politisches Programm verabschiedet, das unter anderem eine Reform des Sicherheitssektors, der Justiz, des administrativen Staatsapparats und die territoriale Neugliederung in 21 Teilstaaten (statt bisher zehn) vorsah. Inwieweit die politische Führung wirklich an einen Umsturz glaubte, wird aber angezweifelt. Vor allem dem entlassenen Riek Machar und seinem Chefunterhänd- 165

168 II. Strukturen und Lebenswelten Thilo Thielke Laut UNICEF gibt es rund Kindersoldaten im Südsudan. Im Bild ein minderjähriger Kämpfer des Warlords David Yau Yau 2014 in Pibor. ler Taban Deng Gai wurden primär das Interesse an der Rückkehr ins staatliche Patronagesystem nachgesagt. Zwar ist wenig über die individuellen Motive der meisten Kämpfer bekannt, vielfach dürften jedoch der Schutz des eigenen Lebens und das der nächsten Verwandten, Rachegefühle, wirtschaftliche Perspektivlosigkeit und die Aussicht auf sozialen Aufstieg Faktoren zum Übertritt zu den Rebellen sein. Trotz ihrer militärischen Erfolge in der Anfangszeit war die größte Schwäche der Rebellen von Beginn an der fehlende Nachschub. Ein Großteil ihrer Waffen stammt aus Regierungsbeständen und wurde bei der Desertion und der Einnahme von Garnisonen geplündert. Aufgrund ausbleibender Besoldung dienen Beförderungen zur Festigung von Loyalität. Über 400 Rebellen sollen einen Generaldienstgrad besitzen. Durch die Unterzeichnung eines Friedensvertrages im August 2015 erhielten die Rebellen zunächst den Posten des ersten Vizepräsidenten, zehn Ministerien und die Aussicht auf Integration in die Armee. Mit der Flucht Riek Machars im Juli 2016 spaltete sich die SPLM/A-IO jedoch. Während ein Teil der Truppen weiterhin aufseiten des zunächst im südafrikanischen Exil unter Hausarrest lebenden Riek Machars stand, erhielten die Anhänger des neuen Vizeprä- 166

169 Rebellen, Milizen und Soldaten sidenten Taban Deng Gais internationale Legitimation. Dessen militärische Stärke war jedoch zunächst auf Juba beschränkt, sodass seine Zusammenarbeit mit der Regierung rein opportunistisch erschien. Der Bruch führte aber vor allem in Unity State zu Kämpfen zwischen rivalisierenden Nuer-Gruppen. Neben der SPLM/A-IO existierten noch Dutzende andere Rebellengruppen, die teilweise lose in die Strukturen eingegliedert waren oder unabhängig davon operierten. Zwischen Sommer 2015 und Ende 2016 waren die Shilluk-Kämpfer von Johnson Olony einer der stärksten Flügel innerhalb der SPLM/A-IO. Der erst im April 2015 von der Regierung desertierte Olony kämpfte jedoch in erster Linie für die Interessen der Shilluk, deren Land sie von Dinka bedroht sahen. Im Zuge dessen (zwangs-)rekrutierte Olony hunderte Kinder für seine Einheiten, ehe er Anfang 2017 schwere Niederlagen im Kampf mit den Regierungstruppen erlitt. Im Südwesten sah sich die SPLM/A-IO derweil Vorwürfen ausgesetzt, von Nuer dominiert zu sein. Unklar ist daher das Verhältnis zu einem Teil der als»arrow Boys«bezeichneten Selbstverteidigungsgruppen im Großraum Equatoria. Bei Letzteren handelt es sich größtenteils um lose Zusammenschlüsse der Azande und weiterer Ethnien, die sich seit 2005 im Zuge der Aktivitäten der ugandischen Rebellengruppe»Lord s Resistance Army«(LRA) bildeten. Seit 2015 kämpfte ein Teil der Arrow Boys auch gegen die SPLA, kam aber aufgrund fehlender Ausrüstung nicht über Guerillaangriffe hinaus. Unabhängig von der SPLM/A-IO und teilweise ihr feindlich gegenübergestellt operierte seit Frühjahr 2017 die vom desertierten Generalleutnant Thomas Cirillo Swaka gegründete»national Salvation Front«(NSF). Cirillo Swaka, der vormals ranghöchste SPLA-Militär aus der Region Equatoria, hatte zuvor die empfundene Dinka-Dominanz der Regierung und Übergriffe der SPLA und Mathiang Anyoor gegen die Zivilbevölkerung kritisiert. Im März 2018 schloss er sich mit neuen kleineren Oppositionsgruppen zur»south Sudan Opposition Alliance«(SSOA) zusammen, die im Zuge der Friedensverhandlungen von 2018 erneut Brüche erhielt. Insgesamt fehlt es der Opposition an realistischen politischen Strategien und einheitlichen Interessen. Torsten Konopka 167

170 Allein aufgrund ihrer großen personellen Präsenz sind die Vereinten Nationen (VN) einer der wichtigsten Akteure in den beiden sudanesischen Staaten. Auf ihrem Höhepunkt versuchten über Blauhelmsoldaten in drei separaten Missionen ihre Mandate, unter anderem den Schutz der Zivilbevölkerung, nach Kräften zu erfüllen. Die Ergebnisse sind jedoch eher durchwachsen. Während die Vereinten Nationen im Südsudan 2013 nach Ausbruch des Bürgerkriegs mehreren Zehntausend Menschen Schutz in ihren Camps gewährten, konnten sie selbst gravierendste Menschenrechtsverletzungen in der unmittelbaren Umgebung ihrer Stützpunkte nicht verhindern. Ähnliches gilt auch für die Mission in Darfur. Trotz aller Kritik dürfen die schwierigen Bedingungen nicht übersehen werden, unter denen die Vereinten Nationen in beiden Staaten arbeiten. Rund ein Jahr nach Aufstellung der Mission in Abyei lebte beispielsweise noch immer über die Hälfte aller Soldaten in Zelten. Zuzüglich zur personellen und materiellen Unterausstattung verhinderten beide sudanesischen Regierungen wiederholt die Einreise von VN-Personal und die Einfuhr von dringend benötigtem Material, oder sie untersagen den VN-Truppen gar ganz den Zugang zu bestimmten Konfliktgebieten. Kritiker hinterfragen daher schon seit Langem den Nutzen der sehr teuren Einsätze, deren Geschichte mit der im Sommer 2017 beschlossenen Reduzierung der Mission in Darfur bald zu Ende gehen könnte. picture alliance/aa/mohammed Elshamy

171 Die Vereinten Nationen in den sudanesischen Staaten ein zahnloser Tiger? Im Januar 2005 unterzeichneten die sudanesische Regierung und die südsudanesische Rebellengruppe SPLM/A (Sudan People s Liberation Movement/Army) ein umfassendes Friedensabkommen (Comprehensive Peace Agreement, CPA), dessen Inhalte eine sechsjährige Übergangsperiode, demokratische Wahlen, die weitgehende Autonomie des Südsudans und schließlich ein Referendum über die mögliche Unabhängigkeit des Südens waren. Die Umsetzung dieses Abkommens sollte durch eine Friedensmission der Vereinten Nationen überwacht und unterstützt werden. Am 24. März 2005 beschloss der VN-Sicherheitsrat daher mit der Resolution 1590 die Aufstellung der»united Nations Mission in Sudan«(UNMIS). Mit einer ursprünglich autorisierten Truppenstärke von Soldaten, davon bis zu 750 Militärbeobachter sowie 715 Polizeibeamte, gehörte UNMIS zu einer der größeren Friedensmissionen ihrer Zeit. Der geografische Schwerpunkt der Mission lag auf dem Gebiet des heutigen Südsudans sowie in den drei von beiden Konfliktparteien beanspruchten Gebieten Abyei, South Kordofan und Blue Nile also nicht auch im westsudanesischen Konfliktgebiet Darfur, während das Hauptquartier in der sudanesischen Hauptstadt Khartoum aufgeschlagen wurde. Der deutsche Beitrag bestand neben einer Reihe von Polizisten aus 30 bis 40 Angehörigen der Bundeswehr, die überwiegend als Militärbeobachter oder im Hauptquartier eingesetzt wurden. UNMIS und das umfassende Friedensabkommen In den ersten Monaten des Mandats verlief der Aufbau der Mission sehr schleppend. Ein Jahr nach der Aufstellung standen mit rund 7700 Soldaten erst 78 Prozent der autorisierten Truppen im Land. Wie so häufig erwies es sich für die Vereinten Nationen als 169

172 II. Strukturen und Lebenswelten schwierig, ausreichend Soldaten und Gerät (vor allem Transporthelikopter) von ihren Mitgliedsstaaten zu bekommen. Neben bürokratischen Hindernissen seitens der sudanesischen Regierung (etwa bei der Erteilung von Einreisegenehmigungen oder bei der Zollabfertigung von Fahrzeugen und Materialien) lag der stockende Aufwuchs vor allem an der schlechten Infrastruktur in weiten Teilen des Landes, den langen Regenzeiten, die einen Transport über Land monatelang fast unmöglich machen, aber auch daran, geeignetes Land für den Aufbau der Lager zu finden und von der Regierung zugesprochen zu bekommen. Trotz dieser Herausforderungen verliefen die ersten Jahre von UNMIS durchaus erfolgreich entgegen vieler Erwartungen hielt das Friedensabkommen. Zum Jahresende 2006 waren die Regierung der Nationalen Einheit in Khartoum und die Regierung des autonomen Südsudans gebildet worden. Das sudanesische Militär hatte sich weitgehend aus dem Südsudan zurückgezogen und aufgrund der deutlich verbesserten Sicherheitssituation kehrten viele der südsudanesischen Binnenvertriebenen, aber auch humanitäre Helfer in den Süden zurück. Die Einnahmen aus den Ölexporten, die zwischen den Regierungen geteilt werden sollten, sorgten für einen wirtschaftlichen Aufschwung in beiden Landesteilen. Durch die Vermittlung zwischen den beiden Konfliktparteien, die Überwachung des Friedensabkommens und den Schutz von Städten und zentralen Transportwegen hatte UNMIS hieran wesentlichen Anteil. Weniger erfolgreich war die Mission im Bereich der zu unterstützenden Entwaffnung und Demobilisierung der Zehntausenden Kombattanten. Hier sah das CPA ein breit angelegtes Demobilisierungsprogramm für die SPLA und die sudanesischen Streitkräfte vor, das bereits im Sommer 2006 beginnen sollte. Aus den verbleibenden Einheiten beider Seiten sollten sogenannte Integrierte Verbände (Joint Integrated Units) als Kern einer zukünftigen nationalen Armee geschaffen werden. Letzteres unterblieb jedoch größtenteils und der ambitionierte Demobilisierungsprozess (geplant war die Demobilisierung von jeweils Kombattanten im Norden und Süden) begann erst 2009, wobei letztlich nur Kombattanten, überwiegend Kindersoldaten, Frauen und Kriegsversehrte, in das Zivilleben integriert wurden. 170

173 Die Vereinten Nationen in den sudanesischen Staaten Außerhalb der größeren Städte des Südens dauerten die bewaffneten Konflikte zwischen den unterschiedlichen ethnischen Gruppen oft an. Vor allem ging es dabei um Viehdiebstähle und Weideland, aber auch um die Begleichung alter Rechnungen aus den Zeiten des Bürgerkrieges. Die leichte Verfügbarkeit von automatischen Waffen manche Schätzungen gehen von mehr als drei Millionen Gewehren in der Hand der Zivilbevölkerung im Sudan aus aber auch die jahrzehntelange Gewalterfahrung verschärften die Situation. Ein von den Vereinten Nationen initiiertes Abrüstungsprojekt in den Städten Pibor und Akobo im Teilstaat Jonglei scheiterte 2008, nachdem die lokale Bevölkerung nach der Abgabe ihrer Waffen Opfer von Überfällen anderer Gruppen geworden war, die weder von UNMIS noch von der SPLA verhindert werden konnten. In der Folge stellte die Mission die Bemühungen zur Entwaffnung der Zivilbevölkerung und zur Demobilisierung der zahlreichen nicht am CPA beteiligten Milizen weitgehend ein. Indes leistete UNMIS Beachtliches bei der Organisation des im Januar 2011 friedlich abgehaltenen Unabhängigkeitsreferendums im Süden und bei den bereits zuvor im gesamten Sudan durchgeführten Wahlen. Die Mission konnte aufgrund des fehlenden politischen Willens der Konfliktparteien aber nicht das Scheitern des eigentlichen CPA-Ziels, die Schaffung eines pluralistischen Gesamtstaates, verhindern. Mit der Abspaltung des Südens rächte sich, dass andere CPA-Bestimmungen von der internationalen Gemeinschaft wie auch von den Konfliktparteien weitgehend ignoriert worden waren. So blieb die Zukunft der umstrittenen Gebiete Abyei, South Kordofan und Blue Nile weiter ungeklärt. Auch hatte sich die SPLA entgegen den Vereinbarungen nicht aus den letztgenannten Regionen zurückgezogen. Während der Friedensprozess in Abyei bereits 2008 nach einem Streit um Weiderechte arabischstämmiger Viehnomaden ausgesetzt und die Region von sudanesischen Truppen besetzt worden war, funktionierte das Abkommen in South Kordofan und Blue Nile bis Anfang 2011 relativ gut. Nachdem die dort verbliebenen SPLA-Verbände die Rede war von etwa Kämpfern jedoch ihre Entwaffnung durch die sudanesische Armee verweigerten, brachen im Juni und im September 2011 erneute heftige Kämpfe aus. Von dieser Entwicklung wurde das in Kadugli (South Kordofan) stati- 171

174 II. Strukturen und Lebenswelten onierte ägyptische UNMIS-Kontingent vollkommen überrascht; es war kaum in der Lage, die mehreren tausend sudanesischen Menschen zu schützen, die sich zur UNMIS-Basis geflüchtet hatten. Wie bereits 2008 in Abyei (und später in Darfur) interpretierten die Blauhelme ihren Auftrag als Beobachtungs- und weniger als Schutzmandat. Ein interner Untersuchungsbericht kam später zu dem Ergebnis, dass Flüchtlinge, darunter auch lokale UNMIS-Mitarbeiter, unter den Augen der Blauhelme abgeführt und erschossen worden waren. Die Beziehungen zwischen der sudanesischen Regierung und den Vereinten Nationen hatten sich indes seit Abschluss des CPA stetig verschlechtert; sie gipfelten in der Ausweisung des VN- Sondergesandten Jan Pronk, nachdem dieser öffentlich Kritik an der Politik des Gastlandes geübt hatte. Ungeachtet der neuen Konflikte teilte die Regierung in Khartoum den Vereinten Nationen daher bereits im Vorfeld der südsudanesischen Unabhängigkeit mit, keine Verlängerung des UNMIS-Mandats über den 9. Juli 2011 hinaus zu akzeptieren. Mit der Abspaltung des Südens sei das CPA abgeschlossen und damit die Geschäftsgrundlage für die Mission entfallen. Interessanterweise gab es innerhalb der Mission kaum Pläne für deren Ende, vielmehr wurde davon ausgegangen, dass das Mandat trotz des sudanesischen Widerstandes in letzter Minute verlängert würde. Als dies nicht geschah und das verbliebene Personal im Sudan darunter auch das Hauptquartier in Khartoum innerhalb weniger Wochen in den Südsudan umziehen musste, war dies eine logistische Meisterleistung, auch wenn viele UNMIS-Angehörige mitten in der Regenzeit in Zelten untergebracht werden mussten. Aber auch dieser kleine Erfolg ändert nichts daran, dass das eigentliche Ziel der Mission, die Schaffung eines pluralistischen und demokratischen Gesamtsudans zu unterstützen, trotz Kosten von mehr als 5,6 Milliarden US-Dollar verfehlt wurde. 172 Drei Missionen ein Problem Die Einstellung von UNMIS zum 11. Juli 2011 beendete nicht die Präsenz von Friedenstruppen im Sudan. Bereits zwei Wochen zuvor hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit der

175 Die Vereinten Nationen in den sudanesischen Staaten Resolution 1990 die Aufstellung einer Interim-Sicherheitstruppe für die von beiden Regierungen beanspruchte Region Abyei autorisiert (United Nations Interim Security Force for Abyei, UNISFA). Mit einer mandatierten Stärke von maximal 5300 Soldaten und 50 Polizeibeamten, die einem Wunsch der Konfliktparteien folgend nahezu ausschließlich aus Äthiopien stammen, handelt es sich um die kleinste der aktuell drei Friedensmissionen in den beiden Ländern. Allerdings ist das Einsatzgebiet mit Quadratkilometern etwa die Hälfte von Sachsen-Anhalt und einer Bevölkerung von etwa Menschen auch relativ überschaubar. Dasselbe gilt für das Mandat, das sich vor allem auf die Überwachung eines im Juni 2011 getroffenen Waffenstillstandes und den Truppenabzug beider Seiten bezieht. Letzterer wurde 2012 erfolgreich abgeschlossen. Auch weil die Situation seitdem vergleichsweise ruhig blieb, ist UNISFA die wahrscheinlich»erfolgreichste«mission in den sudanesischen Staaten. Hierzu dürfte auch der ausgesprochen äthiopische Charakter der Mission beitragen, der Abstimmungsprobleme zwischen unterschiedlichen Kontingenten vermeidet. Trotzdem besteht der Erfolg bislang nur darin, dass die Krise um Abyei eingefroren wurde eine politische Lösung zur Zukunft des Territoriums steht ebenso aus wie die Rückkehr der geflüchteten Bevölkerung. Deutlich weniger erfolgreich verlief dagegen die zweite Mission im Sudan: der bereits im Juli 2007 mit der Resolution 1769 autorisierte hybride Einsatz in der westsudanesischen Konfliktregion Darfur (African Union United Nations Mission in Darfur, UNAMID). Diese Mission ersetzte im Zuge der dort 2003 ausgebrochenen Kämpfe zwischen Rebellen, Regierungstruppen und lokalen Milizen die 2004 ins Leben gerufene Mission der Afrikanischen Union in Darfur (African Union Mission in Sudan, AMIS), deren Soldaten (zuletzt etwa 7000) nicht wesentlich zur Stabilisierung der Region beigetragen haben. Mit ursprünglich Uniformierten ist UNAMID die bislang größte und mit jährlichen Kosten von mehr als einer Milliarde US-Dollar auch eine der teuersten Friedensmissionen der globalen Organisation. Die mandatierte Truppenstärke wurde in der Praxis allerdings nie erreicht. Im Juni 2017 besaß die Mission nur etwa Uniformierte, darunter auch sieben deutsche Soldaten und sechs 173

176 II. Strukturen und Lebenswelten Der Abyei-Konflikt Die Abyei-Frage ist einer der vielen Punkte, die der Friedensvertrag von 2005 nur unzureichend abdeckte. Bei Abyei handelt es sich um ein ölreiches Gebiet im Umfang von etwa Quadratkilometern, das zwischen South Kordofan im Sudan und Warrap State im Südsudan liegt. Zusammen mit den Regionen South Kordofan und Blue Nile sollte die staatliche Zugehörigkeit Abyeis erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgehandelt werden. Anders als die zwei erstgenannten Gebiete wurde der Bevölkerung von Abyei aber das Recht eingeräumt, in einem Referendum über ihren Verbleib beim Sudan oder den Anschluss an den Südsudan zu entscheiden. Geplant für 2011, wurde das Referendum aber nie abgehalten. Ein offener Streitpunkt blieb, welche Personen überhaupt stimmberechtigt sein sollten. Während die Regierung des Südsudans nur die sesshaften Ngok Dinka sowie permanent in Abyei lebende sudanesische Händler als legitime Bevölkerung Abyeis anerkennt, fordert die Regierung des Sudans auch die Einbeziehung der arabischstämmigen Misseriya-Nomaden, die jährlich zwischen November und Juni mit hunderttausenden Nutztieren durch Abyei ziehen. Die Ngok Dinka hatten im Zweiten Bürgerkrieg den Süden unterstützt, die Misseriya waren loyal zur Regierung in Khartoum geblieben. Während es in der Vergangenheit vor allem in der Wanderzeit zu lokalen Konflikten um die reichen Acker- und Weideflächen sowie wegen des Diebstahls von Vieh zwischen beiden Bevölkerungsgruppen kam, dreht sich der Konflikt auf der politischen Ebene auch um den Besitz von Ölfeldern. Streitpunkt hier ist die genaue Eingrenzung Abyeis und ob derzeit im Sudan liegende Ölgebiete dazu zählen. Nach mehreren bewaffneten Zwischenfällen war die sudanesische Armee im Frühjahr 2011 in das umstrittene Territorium eingerückt, ehe sich die Regierungen auf internationalen Druck am 20. Juni 2011 darauf einigten, den Disput friedlich zu lösen, eine lokale Verwaltung und eine lokale Polizei aufzustellen sowie eine Mission der Vereinten Nationen in der Abyei-Region zu stationieren. Die UNISFA (United Nations Interim Security Force in Abyei) genannte Mission bekam unter anderem den Auftrag, die Demobilisierung in Abyei zu überwachen, die Bewegungsfreiheit der Menschen sicherzustellen und die Arbeit der zwischen dem Sudan und Südsudan vereinbarten 174

177 Die Vereinten Nationen in den sudanesischen Staaten Grenzverifikationsmission abzusichern. Beide Regierungen zogen daraufhin den Großteil ihrer Truppen an die Grenze des beanspruchten Gebietes zurück. Fehlender politischer Wille verzögerte aber die weitere Arbeit von UNISFA. Zur erneuten Krise kam es im Mai 2013, als das von UNISFA-Soldaten eskortierte Oberhaupt der Ngok Dinka von einer Gruppe Misseriya ermordet wurde. Seitdem stagnieren die Gespräche beider Regierungen. Keine Seite ist gewillt, von ihren Forderungen abzuweichen, während die weiteren, parallel in beiden Ländern laufenden Konflikte eine höhere Priorität genießen. Ein unilaterales Referendum der Ngok Dinka im Herbst 2013, in dem sich angeblich über 99 Prozent der Wähler für den Beitritt zum Südsudan aussprachen, wurde vom Sudan abgelehnt und auf internationalen Druck nicht einmal von der Regierung in Juba anerkannt. Gleichzeitig kontrolliert die sudanesische Regierung weiterhin das nördlich von Abyei Town gelegene Diffra-Ölgebiet mit eigenen leichtbewaffneten Kräften. Grenzübergreifend operierende Rebellen erschweren indes eine Grenzlösung und eine dauerhafte Demilitarisierung. Zwar hat UNISFA dazu beigetragen, die Situation weitgehend zu beruhigen, eine politische Lösung des Konfliktes ist jedoch nicht in Sicht. TK Polizisten. Neben den üblichen Problemen, Länder zur Bereitstellung von Truppen zu bewegen, kam bei UNAMID hinzu, dass die sudanesische Regierung überwiegend auf afrikanische Kontingente bestand derzeit sind Ruanda und Äthiopien mit jeweils über 2400 Soldaten die größten Truppensteller und den schnellen Einsatz durch zahlreiche bürokratische Hemmnisse erschwerte. Im Mittelpunkt des UNAMID-Mandats stand von Beginn an der Schutz der Zivilbevölkerung, die Sicherung humanitärer Hilfslieferungen sowie die Vermittlung zwischen der sudanesischen Regierung und den verschiedenen Rebellengruppen in Darfur. Letzteres wird von einigen der Konfliktakteure abgelehnt. Zusammen mit der zögerlichen materiellen und finanziellen Unterstützung des»friedensprozesses«durch die internationale Gemeinschaft verläuft der Wiederaufbau daher nur schleppend. Menschenrechtsverletzungen und Angriffe auf die 175

178 II. Strukturen und Lebenswelten Zivilbevölkerung, oft unter den Augen der Friedenstruppen, bleiben an der Tagesordnung. Hierfür sind vielfach mit der Regierung verbündete Milizen verantwortlich, sodass weite Teile der Bevölkerung auch Jahre nach Ausbruch der Kämpfe in den überfüllten Flüchtlingslagern verharren. Vor diesem Hintergrund sind die Erfolge der Mission überschaubar: Zwar ist es der Friedenstruppe gelungen, die Sicherheitssituation in den Flüchtlingslagern zu verbessern, aber gleichzeitig sind UNAMID- Soldaten selbst immer wieder Opfer von Angriffen und Hinterhalten geworden. Mit 250 Todesopfern davon jedoch über 150 durch Unfälle und Krankheiten gehört UNAMID zu den verlustreichsten Friedensmissionen der Geschichte. Auch litt die Mission vielfach unter einer schwachen politischen Führung, die zuließ, dass UNAMID in den Augen vieler Beobachter als»zahnloser Tiger«wahrgenommen wird. So war sie weder in der Lage, die Massenvergewaltigungen in Tabit (North Darfur) im Oktober 2014 zu verhindern, noch bereit, die Verantwortung der Regierungstruppen klar zu benennen. So erscheint es fast folgerichtig, dass im Juni 2017 mit einer ersten drastischen Reduzierung um über 40 Prozent ihrer militärischen Stärke der Abzug Jens Wieben Die im Juli 2007 beschlossene AU-VN-Mission UNAMID zählt zu den größten und teuersten Friedensmissionen der Geschichte. 176

179 Die Vereinten Nationen in den sudanesischen Staaten von UNAMID eingeleitet wurde, wobei ein klares Enddatum noch nicht benannt worden ist. Auch die UNMIS-Folgemission im Südsudan es wurde lediglich ein weiteres»s«an den Namen gehängt hatte keinen einfachen Start. Im Juli 2011 durch die Resolution 1996 mandatiert, hatte sie zunächst eine Sollstärke von 7000 Soldaten und den Auftrag, bei der Konsolidierung des Friedens und beim Aufbau des neuen Staates mitzuwirken. Darüber hinaus zählte von Beginn an auch der Schutz der Zivilbevölkerung zu ihren Aufgaben. Allerdings kam es schon kurz nach der Unabhängigkeit wegen der Einnahmen aus dem Ölgeschäft in der Region Heglig/Panthou zu einem bewaffneten Konflikt zwischen den beiden sudanesischen Regierungen. Auch die anhaltende militärische Unterstützung Jubas für die in South Kordofan und Blue Nile verbliebenen SPLA-Einheiten führte zu Spannungen. Den schwersten Rückschlag erlitten die Friedensbemühungen aber im Dezember 2013, als ein Streit innerhalb der südsudanesischen Regierungspartei SPLM zu einem Bürgerkrieg eskalierte. Innerhalb von wenigen Tagen suchten mehrere Zehntausend Zivilisten Schutz in den Lagern der Vereinten Nationen, die dort zum größten Teil noch immer in improvisierten Unterkünften ausharren. Der Sicherheitsrat reagierte mit der Aufstockung der Mission auf Soldaten. Dies verhinderte jedoch nicht, dass auch UNMISS-Stützpunkte in die Gewaltspirale hineingezogen wurden. Im April 2014 starben beispielsweise 58 Menschen bei einem Angriff auf das UNMISS-Camp in Akobo. Einen Monat später wurde der Einsatz durch Resolution 2155 radikal geändert und der Schwerpunkt auf den Schutz der Zivilbevölkerung und die Sicherung der humanitären Versorgung gelegt. Ein Großteil des VN-Personals ist seither in der Sicherung und der Aufrechterhaltung der Camps für Vertriebene gebunden. Das Verhältnis zwischen UNMISS und der südsudanesischen Regierung hat sich seit Ausbruch der Kämpfe deutlich verschlechtert. Letztere warf der Mission beispielsweise vor, Oppositionskämpfern Unterschlupf zu gewähren. Aus diesem Grund spielten die Vereinten Nationen bei den Friedensgesprächen zwischen den rivalisierenden Lagern kaum eine Rolle federführend war hier vor allem die afrikanische Regionalorganisation IGAD (Intergovernmental Authority on Development). 177

180 II. Strukturen und Lebenswelten Die Vereinten Nationen unterstützten die Friedensbemühungen, die im Juli 2016 von erneuten Kämpfen überschattet wurden, daher vor allem logistisch. Die neuen Kämpfe, bei denen auch zwei chinesische Blauhelmsoldaten getötet wurden, führten indes zu einer weiteren Verstärkung von UNMISS. Eine 4000 Soldaten umfassende»regional Protection Force«sollte fortan die auf Grundlage des Friedensvertrages von 2015 bestehende Übergangsregierung in Juba schützen. Ihr Einsatz begann jedoch erst im August 2017 mit mehr als einjähriger Verspätung und ungeklärtem Auftrag; so lehnt die südsudanesische Regierung etwa die geplante Sicherung des internationalen Flughafens der Hauptstadt ab. Die Bilanz der Vereinten Nationen aus zwölf Jahren Friedensmissionen in den beiden Ländern fällt daher, gemessen an den Erwartungen, durchwachsen aus. UNMIS gelang es zwar, die friedliche Sezession des Südens und zwischen 2005 und 2011 eine Phase relativen Friedens abzusichern. Gleichzeitig waren die selektive Umsetzung des CPA und das Scheitern der Reformen im Sicherheitssektor wesentlich für den Ausbruch neuer Kampfhandlungen verantwortlich. Für beides trägt die internationale Gemeinschaft eine Mitschuld. Das ambitionierte Ziel des Staatsaufbaus im Südsudan muss mittlerweile als gescheitert betrachtet werden. Auch den Anspruch, die Zivilbevölkerung zu schützen, konnten die Vereinten Nationen weder im Sudan noch im Südsudan einlösen angesichts der geringen Truppenstärke ist das zu überwachende Territorium zu groß, zu begrenzt ist die zur Verfügung stehende Infrastruktur und zu komplex sind die Konflikte. Bestenfalls können Binnenflüchtlinge in Lagern geschützt und Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, wenn auch nicht verhindert werden. Es mehren sich die Stimmen derer, die fragen, ob die hohen Kosten für die Missionen nicht besser in die Entwicklung der Länder hätten fließen sollen. Weder in Darfur noch im Südsudan sind die Vereinten Nationen politisch oder militärisch in der Lage, die Umsetzung der Friedensabkommen zu erzwingen. Hierfür ist nicht zuletzt ein Sicherheitsrat verantwortlich, der seit Jahrzehnten in seiner Haltung gegenüber den beiden sudanesischen Staaten gespalten ist. Während die US-Amerikaner, Franzosen und Briten sich für eine harte Haltung aussprechen, wird dies von den Vetomächten 178

181 Die Vereinten Nationen in den sudanesischen Staaten picture alliance/dpa/phillip Dhil Im März 2014 demonstrieren Menschen in Juba gegen die Vereinten Nationen. Vor allem die damalige Sondergesandte der Vereinten Nationen für den Südsudan, Hilde F. Johnson, wurde beschuldigt, zu rebellenfreundlich zu sein. Russland und China strikt abgelehnt. So konnte sich der VN-Sicherheitsrat bis Juli 2018 nicht einmal auf die Verhängung eines eher symbolischen Waffenembargos gegen den Südsudan einigen. Aber auch andere europäische Staaten trifft zumindest eine Mitschuld: So besteht kaum die Bereitschaft, in nennenswerten Umfang Soldaten oder Material für Einsätze zur Verfügung zu stellen. Deutschlands Entscheidung, seine Polizisten bei UNMISS nach den Kämpfen im Juli 2016 abzuziehen, wurde von anderen Truppenstellern als unsolidarisch kritisiert und traf auch bei der südsudanesischen Regierung auf Unverständnis. Letztendlich brauchen die Vereinten Nationen neue Konzepte für Friedensmissionen, die auch in Regionen ohne Frieden einen Mehrwert bringen. Ohne Einigkeit im Sicherheitsrat und ohne Reformen der VN-Strukturen sind diese Bemühungen jedoch zum Scheitern verurteilt. Wolf-Christian Paes 179

182 Die im Sommer 2015 getroffene Friedensvereinbarung im Südsudan ging zu einem Großteil auf den im Foto abgebildeten Mediationsprozess der ostafrikanischen Regionalorganisation IGAD (Intergovernmental Authority on Development) in Addis Abeba, Äthiopien, zurück. Neben den afrikanischen Nachbarstaaten sind aber auch eine Reihe anderer Regierungen, allen voran Peking und Washington, sowohl im Friedensprozess im Südsudan als auch im Sudan involviert. Getrieben werden sie von einer breiten Palette unterschiedlicher politischer und wirtschaftlicher Interessen, die sich teilweise widersprechen und den Aushandlungsprozess nicht selten erschweren. Einfluss auf die beiden sudanesischen Regierungen erhalten sie nicht zuletzt durch lukrative Wirtschafts- und Handelsbeziehungen vor allem im Bereich Erdöl, aber auch durch die Zahlung großer Summen an Entwicklungshilfe. Gerade die Europäische Union hat die Regierung des Sudans aufgrund der anhaltenden Flüchtlingssituation als neuen Partner entdeckt und überweist Millionen an Euro in Richtung Khartoum. Vor Ort sind es meist internationale NGOs, die vor allem in den ländlichen Gegenden rudimentäre Dienstleistungen wie medizinische Versorgung erbringen und somit die staatlichen Grundaufgaben übernehmen. picture alliance/aa/minasse Wondimu Hailu

183 Internationale und regionale Akteure im Sudan und Südsudan Die beiden Länder Sudan und Südsudan waren bereits vor ihrer Trennung Spielwiese sowohl anderer Staaten als auch internationaler Organisationen. Die Europäische und die Afrikanische Union (EU und AU) sowie die ostafrikanische Regionalorganisation»Intergovernmental Authority on Development«(IGAD) sind seit Jahren darum bemüht, ihren Einfluss bei den Konfliktbeilegungen in beiden Staaten geltend zu machen. Die IGAD wurde 1986 mit dem Ziel gegründet, die Entwicklung in ihren Mitgliedsstaaten in Form von Beratungen bei Dürren, fortschreitender Wüstenbildung und Hungersnöten zu unterstützen. Sie konnte 2005 wesentlich zum Abschluss des»comprehensive Peace Agreement«(CPA) beitragen, das den Friedensprozess zwischen der Regierung des Sudans und den Rebellen des Südens regelte. Die Organisation ist zudem seit 2013 ein wichtiger Akteur in den Friedensgesprächen im südsudanesischen Bürgerkrieg und bringt unter der Bezeichnung»IGAD-Plus«in regelmäßigen Abständen die Staats- und Regierungschefs seiner acht Mitgliedsstaaten sowie Vertreter der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der EU, der sogenannten Troika (Großbritannien, Norwegen, USA) sowie Chinas, Ruandas, des Tschads und Algeriens zu Gesprächen zusammen. Ein wesentlicher Antrieb der IGAD-Nachbarstaaten zur Eindämmung des Bürgerkriegs im Südsudan dürften die Gefahr einer Ausweitung der Gewalt über die Grenzen des Südsudans und die rund zwei Millionen Menschen sein, die bisher in die umliegenden Staaten flüchteten spielte die IGAD unter äthiopischem Vorsitz daher eine zentrale Rolle beim Abschluss des»agreement on the Resolution of the Conflict in the Republic of South Sudan«(ARCSS, siehe Infokasten auf S. 109), das einen Versuch zur Beendigung des Konfliktes darstellte. Trotz einiger Erfolge werden die Bemühungen durch interne Differenzen der Mitgliedsstaaten erschwert, die ihre Auseinandersetzungen um regionalen Einfluss auch innerhalb der Regionalorganisation manchmal offen und oft verdeckt austragen. 181

184 II. Strukturen und Lebenswelten picture-alliance/dpa/olivier_hoslet AMIS-Soldaten patrouillieren im Oktober 2006 in der Nähe von El Fasher. Die Agenda der EU wird derzeit von der Migration von Menschen vom Horn von Afrika in Richtung Europa dominiert. In diesem Zusammenhang schaffte es die sudanesische Regierung trotz bestehender Sanktionen und eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofes gegen Präsident Omar al-bashir eine zentrale Rolle in der Eindämmung der irregulären Migration zu erreichen. Die Afrikanische Union engagiert sich in beiden Staaten nicht nur mit diplomatischen Mitteln, sondern in Darfur auch durch die Entsendung von eigenen Truppen. Zwischen 2004 und 2007 wurden hier etwa 7000 afrikanische Soldaten im Rahmen der»african Union Mission in Sudan«(AMIS) eingesetzt. Aufgrund der fehlenden Erfahrung der AU im Bereich Peacekeeping, eines Mangels an finanziellen Ressourcen und Personal sowie schlechter materieller Ausstattung hatten diese jedoch mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Beispielsweise erhielten die Soldaten über mehrere Monate keinen Sold, da zugesagte Mittel nicht ausbezahlt wurden. Im Mai 2006 wurde unter Federführung der AU jedoch das»darfur Peace Agreement«(DPA) vereinbart, das aber nur eine der Rebellengruppen unterzeichnete und in der Folge durch weitere Gespräche in Doha (Katar) 182

185 Internationale und regionale Akteure ergänzt werden musste. Das DPA führte allerdings zur Aufstellung der AU-VN-Hybridmission UNAMID. Im Grenzkonflikt zwischen den beiden unabhängigen Staaten Sudan und Südsudan hat die Afrikanische Union ein»high Level Implementation Panel for Sudan«(AUHIP) eingerichtet, das bei nach wie vor umstrittenen Punkten zwischen den beiden Ländern vermitteln soll konnte so für die von beiden Regierungen beanspruchte Region Abyei eine Übergangsregelung für einen Truppenabzug gefunden und die»united Nations Interim Security Force for Abyei«(UNISFA) aufgestellt werden. Afrikanische Nachbarstaaten Neben der Involvierung in den verschiedenen supranationalen Organisationen haben die insgesamt neun direkten Nachbarstaaten des Sudans und des Südsudans unterschiedliche bilaterale Ziele, je nachdem, wie stark sie in welchen Bereichen engagiert sind. Während sich Äthiopien, Kenia und der Sudan im südsudanesischen Bürgerkrieg hauptsächlich im Rahmen der IGAD beteiligten, verfolgte Uganda eine Strategie der direkten offenen militärischen Einflussnahme aufseiten der südsudanesischen Regierung. Ugandas Engagement im Südsudan hat dabei eine lange Tradition. Die Regierung von Präsident Yoweri Museveni unterstützte die südsudanesischen Rebellen bereits im zweiten sudanesischen Bürgerkrieg, was später durch die sudanesische Unterstützung für die ugandische Rebellengruppe»Lord s Resistance Army«(LRA) in einer Art Stellvertreterkrieg mündete. Die ugandischen Interessen liegen vor allem im wirtschaftsund sicherheitspolitischen Bereich sowie in letzter Zeit auch im Bereich der Migration. Über eine Million Südsudanesen flüchteten bis Sommer 2017 nach Uganda. Dass die ugandische Regierung Ende 2013 mit angeblich mehreren tausend Soldaten inklusive Kampfhubschraubern im Südsudan intervenierte, hatte jedoch vor allem mit dem Schutz ugandischer Investitionen und den im Südsudan lebenden zehntausenden ugandischen Staatsbürgern sowie der Aufrechterhaltung der lukrativen Handelsbeziehungen zu tun. Gleichfalls lag die mögliche Annäherung einer neuen südsudanesischen Rebellenregierung an den Sudan 183

186 II. Strukturen und Lebenswelten besonders aus wirtschaftlicher Sicht nicht im ugandischen Interesse. Der Einsatz war innenpolitisch jedoch nicht unumstritten, da Fragen nach der Finanzierung oder die Anzahl der Gefallenen intransparent blieben. Wie in der Friedensvereinbarung von 2015 gefordert, zog Uganda seine Truppen bis zum Herbst 2015 ab, obwohl ugandische Soldaten auch noch danach im Rahmen einer regionalen Kooperation gegen die LRA im Südsudan stationiert blieben. Die Beziehungen Ugandas zum Sudan, die jahrelang durch Stellvertreterkriege und die Unterstützung von Rebellengruppen im jeweils anderen Staat gekennzeichnet waren, haben sich mittlerweile normalisiert, wenngleich nach wie vor Misstrauen erkennbar ist. Während der ugandische Präsident Museveni die unbeständige Situation in beiden nördlichen Staaten somit in erster Linie nutzt, um Uganda als regionalen Player zu etablieren, dient die ugandische Hauptstadt Kampala (süd-)sudanesischen Rebellenführern ebenso als Rückzugsort wie Nairobi in Kenia, da sie in beiden Städten Immobilien besitzen. Auch deswegen ist die Interessenlage der kenianischen Regierung vergleichbar mit der Ugandas. Weil Kenia die SPLM/A aber nie militärisch unterstützte, war Kenia Ort der Friedensverhandlungen, die 2005 zum CPA führten. Seitdem hat das Land große wirtschaftliche Interessen im südsudanesischen Bankensektor und im Bereich des Handels Mombasa ist derzeit der wichtigste Umschlagplatz für südsudanesische Güter. Vor allem ist Kenia auch daran interessiert, den Südsudan in seine Pläne zum Bau einer Pipeline in Richtung Lamu an der kenianischen Küste einzubeziehen. Zusammen mit dem Sudan spielten Kenia und Uganda beim 2018 getroffenen Friedensvertrag im Südsudan eine bedeutende Rolle als Vermittler. Im Westen teilt sich der Tschad eine hunderte Kilometer lange Grenze mit Darfur. Der Tschad ist daher nicht nur durch die Flucht hunderttausender Menschen direkt von den bewaffneten Auseinandersetzungen betroffen. Seit den 1960er Jahren waren der Sudan und Darfur wiederholt in den tschadischen Bürgerkrieg verwickelt und Rückzugsort tschadischer Aufständischer. Als sudanesische Rebellen aus Darfur 2008 fast bis Khartoum vordrangen und die tschadische Regierung um Idriss Déby der seinen Marsch an die Macht 1990 selbst von Basen aus Dar- 184

187 Internationale und regionale Akteure fur begonnen hatte vom Sudan beschuldigt wurde, die Rebellen zu unterstützen, führte dies kurzzeitig zum vollständigen Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Die Anschuldigung beruhte darauf, dass Ethnien wie die Zaghawa auf beiden Seiten der Grenze leben. (Auch Präsident Déby gehört zu einer Gruppe der Zaghawa, aus denen sich ein Teil der sudanesischen Rebellen rekrutiert.) Inzwischen haben sich die beiden Regierungen aber wieder versöhnt und 2010 eine gemeinsame Einheit aufgestellt, um die grenzüberschreitende Gewalt und den Schmuggel zu bekämpfen. Wegen der problematischen Wasserentnahme aus dem Nil besteht eine besondere Verbindung der beiden sudanesischen Staaten zu Äthiopien, das im Westen über eine eigene Nuer- Bevölkerung verfügt, und zur ehemaligen Kolonialmacht Ägypten. Vor allem das am Unterlauf des Stromes liegende Ägypten, dessen Überleben vom Nil-Wasser abhängig ist, beobachtet die sudanesischen Entwicklungen seit jeher mit Argusaugen. Zwischen Ägypten und dem Sudan kommt es seit 1956 auch periodisch zu Disputen um das in der Grenzregion liegende und de facto von Ägypten besetzte Hala ib-dreieck, das von beiden Staaten beansprucht wird. In der Vergangenheit soll Ägypten Waffen und Munition an den Südsudan geliefert haben, mit dem seit 2014 auch eine Militärkooperation besteht. Zudem beschuldigte die sudanesische Regierung Ägypten, Rebellen in Darfur zu unterstützen, was von Ägypten dementiert wird. Äthiopien ist darüber hinaus im südsudanesischen Immobilienmarkt sowie im Hotel- und Gastronomiebereich äußerst aktiv und hat mit dem Sudan Verträge zur Lieferung von Elektrizität unterzeichnet. An der Grenze zwischen dem Südsudan, der Zentralafrikanischen Republik und der Demokratischen Republik Kongo kommt es regelmäßig zu grenzüberschreitender Kriminalität, ohne dass die Regierungen beider Staaten nennenswert eingreifen würden. Das Beispiel Ruandas zeigt derweil, dass auch Nicht-Anrainer den Südsudan für ihre außenpolitischen Ambitionen nutzen. So beteiligt sich das kleine ostafrikanische Land mit über 2200 Soldaten an der Mission der Vereinten Nationen im Südsudan (UNMISS) und stellt sowohl den Force Commander als auch den Police Commissioner. Allerdings dienen auch 185

188 II. Strukturen und Lebenswelten fast 2500 ruandische Soldaten in der Mission in Darfur, um unter dem Eindruck der eigenen Geschichte einen weiteren Genozid zu verhindern. Südafrika wiederum will mit seinem Engagement im Sudan/ Südsudan seinen Führungsanspruch in Afrika geltend machen. Im Sudan ist der ehemalige Präsident Thabo Mbeki als Chef der AUHIP ihr politisches Aushängeschild. Im April 2016 zog Südafrika jedoch seine rund 700 UNAMID-Soldaten nach rund acht Jahren der Stationierung relativ unvermittelt aus Darfur ab. Hintergrund scheint laut südafrikanischen Medien ein diplomatischer Zwischenfall im Zuge des Gipfeltreffens der Afrikanischen Union im Sommer 2015 in Pretoria gewesen zu sein, an dem der sudanesische Präsident al-bashir trotz seines internationalen Haftbefehls teilnahm. Als ein südafrikanisches Gericht seine Ausreise untersagte, soll die sudanesische Regierung die in Darfur stationierten südafrikanischen Soldaten praktisch als Geiseln genommen haben, um den dann auch erfolgten Abflug al-bashirs zu erpressen. Auch wenn von offizieller Seite betont wurde, dass es keinen Zwischenfall in Darfur gegeben habe, ordnete der südafrikanische Präsident im Februar 2016 den Abzug Südafrikas aus dem Sudan an. 186 Nichtafrikanische staatliche Akteure Neben den direkten Nachbarstaaten besitzen eine Reihe nichtafrikanischer Regierungen unterschiedliche politische und wirtschaftliche Interessen in beiden Ländern. Diese reichen vom Kampf gegen den Terrorismus bis zur sudanesischen/südsudanesischen Erdölproduktion. Aber auch Rechte zur landwirtschaftlichen Nutzung großer Flächen sind nicht zu übersehen. Bisher wurden in diesem Bereich schon viele Verträge mit internationalen Investoren abgeschlossen, die meist aus Nahrungsmittel importierenden Ländern stammen. Die Umsetzung der Verträge wird aber durch die angespannte Sicherheitslage in beiden Staaten beeinflusst. Wie in vielen anderen afrikanischen Staaten spielt im Nahrungsmittelsektor die chinesische Regierung auch im Sudan/ Südsudan eine erhebliche Rolle. Die Beziehungen zwischen

189 Internationale und regionale Akteure picture alliance/ap Photo/Bullen Chol Mit der Entsendung eines Infanteriebataillons an die UNMISS im Südsudan nimmt China erstmals auch mit Kampftruppen an einer VN-Mission teil. China und dem Sudan reichen bis ins Jahr 1959 zurück, als diplomatische Beziehungen aufgenommen wurden, die sich seither intensiviert haben. China ist der größte Handelspartner des Sudans, wobei Erdöl vom Sudan exportiert und Handelswaren und Waffen aus China importiert werden. China übt aber auch im Südsudan einen nicht unwesentlichen Einfluss aus, wobei chinesische Ölinteressen ebenfalls eine große Rolle spielen. Dies betrifft nicht nur den Import von südsudanesischem Erdöl, sondern ebenso die Investitionen, die chinesische Firmen im Sudan und Südsudan getätigt haben. Auch deswegen ist das politisch-militärische Element Chinas nicht zu vernachlässigen unterstützte China die Vereinten Nationen erstmals in seiner Geschichte mit einem Infanteriebataillon und entsandte es in den Südsudan. Derzeit dienen dort etwas mehr als 1000 Soldaten. Dies kann als Weiterführung der bisherigen chinesischen Politik verstanden werden, zeigt aber auch, dass die chinesischen Ambitionen weit über bloße Handelsbeziehungen zu den beiden afrikanischen Staaten hinausreichen und eine langfristige Regionalstrategie dahinter steht. Unterstützt wird diese These durch die Eröffnung eines Marinestützpunktes in Djibouti im Sommer Großbritannien, Norwegen und die USA bilden die»troika«, die vor allem diplomatisch aber auch finanziell in den Frie- 187

190 II. Strukturen und Lebenswelten densprozessen beider Länder aktiv ist. Die drei Staaten gehen davon aus, dass nur politische Lösungen unter Einbindung aller wichtigen Parteien zu einer dauerhaften Konflikttransformation führen. Norwegen unterstreicht dieses Engagement auch in den bilateralen Beziehungen. Es trat vor 2005 politisch als wichtiger Vermittler beim Friedensprozess auf und hat auch danach mehrere Geberkonferenzen abgehalten, um die Finanzierung des CPA sicherzustellen. Seit Jahren ist Norwegen einer der wichtigsten Geldgeber des Südsudans, wobei die Bereiche Nahrungsmittelsicherheit, Schutz der Bevölkerung und Bildung besondere Bedeutung haben. Die Norwegerin Hilde Frafjord Johnson leitete UNMISS in den ersten drei Jahren. Zudem organisiert die norwegische Regierung Konferenzen, um humanitäre Hilfe für den Südsudan einzuwerben und zu koordinieren. Mit dem Sudan existiert seit 2005 ein Abkommen für das Programm»Oil for Development«. Als Erdöl produzierender Staat legt Norwegen zudem einen Fokus auf die technische Unterstützung bei der sicheren und umweltschonenden Erschließung und Förderung der sudanesischen Vorkommen. Die USA standen der Regierung in Khartoum lange Zeit im Bürgerkrieg mit dem Süden bei. Nach dem Putsch von Omar al-bashir im Jahr 1989 beendeten die USA jedoch ihre Unterstützung und setzte auf Militärhilfe für die Nachbarstaaten. Mit der Begründung, dass die sudanesische Regierung»Terroristen«unterstütze, wurden 1997 Sanktionen gegen den Sudan verhängt, die erst 20 Jahre später eine Lockerung erfuhren (siehe Infokasten»Terrorismus«auf S. 74 f.). Mit der Abkehr vom Norden verstärkten die USA ihren Einfluss auf den Südsudan; sie wurden zu einem maßgeblichen Befürworter seiner Unabhängigkeit. Ab 2002 unterstützte die US-Regierung die Verhandlungen, die 2005 zum CPA und 2011 zur Spaltung des Sudans führten. Für die Obama-Administration sollte der Südsudan zu einer afrikanischen Erfolgsgeschichte werden und dem strategischen Einfluss in der Region dienen. Gleichzeitig entstand durch mehrere Initiativen in den USA eine große Lobby, die vor allem den Sudan im politischen Diskurs hielt. Zu den bedeutendsten Aktivisten, welche die US-Regierung Anfang der 2000er Jahre zu einem stärkeren Engagement in Darfur bewegen wollten, gehörte beispielsweise der Hollywood-Schauspieler George Clooney. Da die US-Hoff- 188

191 Internationale und regionale Akteure Durch Vermittlung von Katar unterzeichneten die sudanesische Regierung und die Rebellengruppe»Liberation and Justice Movement«(LJM) am 14. Juli 2011 in Doha einen Friedensvertrag. picture alliance/dpa/stringer nungen in den unabhängigen Südsudan jedoch enttäuscht wurden, verhängten die USA im April 2014 Sanktionen, auf deren Grundlage mehrere Kommandeure beider Seiten mit Wirtschafts- und Reisebeschränkungen belegt wurden. Zudem versuchten die USA seit Anfang 2017 eine Resolution über ein Waffenembargo und eine Verschärfung der Sanktionen vom VN-Sicherheitsrat beschließen zu lassen. Das Engagement der USA gründete unter anderem auf einem Wettbewerb mit China um den Zugang zu Ressourcen wie Erdöl. Für die USA, aber auch für China und Äthiopien ist in diesem Zusammenhang ein geplantes Pipelineprojekt in die kenianische Hafenstadt Lamu von großem Interesse. Es würde dem Südsudan ermöglichen, Erdöl zu exportieren, ohne auf den Sudan angewiesen zu sein und US-Investoren würde es erlauben, mit dem Südsudan auf diesem Feld zu kooperieren. Großbritannien als ehemalige Kolonialmacht hat derweil seine Kontakte zum Regime in Khartoum auch nach dem Putsch von 1989 nicht abgebrochen. Während sich Norwegen und die USA in der Troika hauptsächlich diplomatisch und wirtschaftlich engagieren, ist das Vereinigte Königreich mit rund 350 Soldaten an der UNMISS beteiligt. Die britische Regierung möchte hierdurch die Flexibilität seiner Streitkräfte und ihre globale Operationsfähigkeit demonstrieren sowie einen Beitrag zur Beendigung des Konfliktes liefern, um einen wesentlichen Antrieb der Migration einzudämmen. Nach den USA und noch vor Norwegen ist das Vereinigte Königreich der größte Geldgeber des Südsudans. 189

192 II. Strukturen und Lebenswelten Allein aufgrund der geografischen und kulturellen Nähe spielen auch die Staaten der arabischen Halbinsel eine gewichtige Rolle im Sudan. Katar unterstützt die Friedensbemühungen in Darfur beispielsweise diplomatisch und politisch und untermauert sein Engagement finanziell. Im Mai 2011 wurde in der katarischen Hauptstadt das»doha Document for Peace in Darfur«(DDPD) unterzeichnet, worin sich die sudanesische Regierung und die Rebellenkoalition»Liberation and Justice Movement«(LJM) auf einen Rahmen für einen umfassenden Friedensprozess einigten. Diverse Waffenstillstandsabkommen und durch Katar vermittelte Friedensvereinbarungen folgten organisierte Katar auch die»international Donor Conference for Reconstruction and Development in Darfur«. Ebenfalls viel Geld in den Sudan investierte Saudi-Arabien, das gleichzeitig Heimat von hunderttausenden arbeitssuchenden Sudanesen ist. Gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten wurden in den letzten Jahren besonders in die sudanesische Landwirtschaft an die 30 Milliarden US-Dollar investiert. Gleichzeitig setzte sich Saudi- Arabien für die Aufhebung der US-Sanktionen ein und konnte auch deswegen den Iran als einen der wichtigsten sudanesischen Partner verdrängen, unter anderem im Bereich der Waffenproduktion. Der Sudan unterstützt dafür die saudische Militärallipicture alliance/dpa/anna Kerber Ein Mitarbeiter der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) erklärt einem interessierten Patienten im Juni 2016 in Nambiri im Südsudan die Grundlagen des Wirkens des HI-Virus im Körper. 190

193 Internationale und regionale Akteure anz im jemenitischen Bürgerkrieg. Im Anfang 2017 ausgebrochenen diplomatischen Konflikt der Golfstaaten mit Katar sitzt der Sudan aufgrund des großen katarischen Engagements zwischen den Stühlen, weswegen er sich weigerte, die Sanktionen des Golfkooperationsrates gegen Katar mitzutragen. Der Einfluss von NGOs Humanitäre Nichtregierungsorganisationen haben vor allem im Südsudan eine besondere Rolle. De facto übernehmen sie einen Großteil jener Aufgaben, die eigentlich Sache des Staates wären: in den Bereichen der medizinischen Versorgung sowie der Bildung und bei der Betreuung von Binnenvertriebenen. Durch die hierdurch erlangte Macht können sie Einfluss auf die Politik diverser Akteure nehmen. Die Bilanz ist dabei durchaus zwiespältig. Einerseits werden hundertausende Menschen vor Krankheiten, Hunger und Tod geschützt, andererseits ermöglichen sie den Regierungen, sich vor ihren staatlichen Aufgaben zu drücken und das vorhandene Budget in Waffen und die Kriegführung zu investieren oder anderweitig zu veruntreuen. Durch die beanspruchte Neutralität der meisten humanitären NGOs und ihre Verhandlungen mit allen beteiligten Parteien kommen teilweise ungewollt auch Rebellengruppen in den Genuss von Versorgungsleistungen. Gerade im Zuge des Darfur-Kriegs versuchten eine Vielzahl an politischen Initiativen zum Schutz der Menschenrechte sowie religiöse Gruppierungen in den USA über Lobbying mit gemischtem Erfolg Druck auf ihre Regierung zu erzeugen und ein schärferes Vorgehen gegen die Politik des sudanesischen Präsidenten al-bashir zu erreichen. Bei dieser Fülle an Akteuren wäre es naiv zu glauben, dass alle nur das Wohl des Sudans beziehungsweise des Südsudans im Auge hätten. Eigene Interessen spielen immer mindestens eine ebenso große Rolle wie die Funktion der beiden Staaten als Katalysator für internationale und regionale Entwicklungen. Eben diese Interessen können einer dauerhaften friedlichen Lösung der Konflikte im Wege stehen. Gerald Hainzl 191

194 Nach der Unabhängigkeit des Sudans 1956 begann die Bundesrepublik Deutschland, den afrikanischen Staat mit militärischen Kleinwaffen auszurüsten. Das Bild zeigt sudanesische Soldaten mit dem deutschen Maschinengewehr MG3 und dem Gewehr G3 im Jahr Nicht selten kommen diese Waffen noch heute in den bewaffneten Konflikten der Region zum Einsatz und sind für die Misere und das erzeugte Leid der Zivilbevölkerung mitverantwortlich. In jüngster Zeit engagiert sich die deutsche Regierung vor allem diplomatisch im Bereich der Konfliktlösung und -prävention, aber auch bei der humanitären Hilfe für die Millionen südsudanesischen Flüchtlinge. SZ Photo/United Archives/TopFoto573537

195 Deutschlands Sonderbeziehungen am oberen Nil Die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zum Sudan und zum Südsudan fußen auf einer langen Geschichte, die über Jahrhunderte zurückreicht. Da sie vor Ort deutlich spürbar ist, kann der aktuelle Kontext nur mit einem ausführlicheren Blick in die Vergangenheit verständlich werden. Der erste Besucher aus deutschen Landen bereiste das Territorium der beiden heutigen Staaten womöglich bereits zwischen 1496 und Ob der Rheinländer Arnold von Harff diese Abenteuer wirklich selbst erlebte oder von anderen Quellen abschrieb, ist allerdings fraglich. Glaubwürdiger erscheinen die Berichte eines Augsburger Franziskanerpaters über eine Reise im Jahr Spätestens mit der Eroberung durch die ägyptischen Statthalter des Osmanischen Reichs ab 1821 erkundeten zahlreiche Forschungsreisende das»land der Schwarzen«(Bilad as-sudan), darunter Gelehrte wie Hermann Fürst Pückler-Muskau, Alfred Brehm und Heinrich Barth. Als Ägypten in den 1870er Jahren auf Druck der europäischen Kolonialmächte den Sklavenhandel bekämpfte, kamen auch Verwaltungsfachleute an den oberen Nil, darunter Christian Giegler Pascha, der zum amtierenden Generalgouverneur aufstieg. Er trug entscheidende Verantwortung an der osmanischen Niederlage gegen die sudanesische Mahdi- Revolte, der es 1885 als erster afrikanischer und zugleich islamistischer Bewegung gelang, eine ausländische Besatzungsmacht zu besiegen. Karl Mays Trilogie»Im Land des Mahdi«prägte entsprechend über Jahrzehnte das Sudan-Bild in Deutschland. Der gute Ruf Deutschlands in den beiden sudanesischen Staaten gründet auch auf der Wahrnehmung, dass es keinen Anteil am kolonialen Erbe habe. Tatsächlich aber spielte das Deutsche Reich eine Schlüsselrolle, nicht zuletzt wegen der Berliner Kongokonferenz, die 1885 den britischen Anspruch auf das sudanesische Gebiet bekräftigte. Im Zentrum stand die Idee, den schlesischen Arzt Eduard Schnitzer alias Emin Pascha zu retten, der nach dem Ausbruch des Mahdi-Aufstandes als Gouverneur in der Provinz Equatoria ausharrte. Zwar entschied sich Reichskanzler Otto von Bismarck gegen diese Lobbyistenpläne, den 193

196 II. Strukturen und Lebenswelten Südsudan durch eine solche Expedition dem Kaiserreich einzuverleiben. Die deutsche Diplomatie unterstützte aber die britischen Pläne, den Mahdi-Aufstand zu unterwerfen, um ein territoriales Vordringen Frankreichs und Belgiens zu vereiteln. Daher nahmen deutsche Militärbeobachter an dem britisch-ägyptischen Feldzug teil, der 1898 in der Faschoda-Krise mit Frankreich fast in einen Weltkrieg mündete (siehe Infokasten S. 35). Zu den düstersten Kapiteln der Geschichte gehört auch die Tatsache, dass Reichskommissar Hermann Wissmann zwischenzeitlich rund sechshundert sudanesische Söldner verpflichtet hatte, die den Kern der Askari-Truppe in Tanganjika, überwiegend das heutige Tansania, bildeten. Sie waren dort nicht nur an den genozidalen Verbrechen des Maji-Maji-Krieges ( ) beteiligt, sondern während des Ersten Weltkrieges auch an den verheerenden Kämpfen des lange in der Bundesrepublik verherrlichten Generals Paul von Lettow-Vorbeck. Wenig bekannt ist auch die historische Ironie, dass das Auswärtige Amt schon 1914 über die osmanischen Verbündeten in islamisch dominierten Ländern das Konzept des»heiligen Krieges«propagierte, um die britische Kolonialherrschaft zu schwächen. Sultan Ali Dinar von Darfur suchte in diesem Rahmen 1916 eine Allianz mit Berlin, wurde aber kurz darauf von den Truppen des Anglo- Ägyptischen Kondominiums getötet. Auch während der Terrorherrschaft der Nationalsozialisten geriet der Sudan wieder ins Visier der Berliner Strategen. Mit dem Vormarsch der Verbände von Feldmarschall Erwin Rommel auf Ägypten entwarf das Auswärtige Amt bereits Pläne über eine Neuordnung der beiden heutigen Länder. An der Entscheidungsschlacht von El Alamein Ende 1942 nahmen schließlich auch sudanesische Einheiten teil. Trotz dieser Kriegsfeindschaft prägte das verklärte Bild des»wüstenfuchses«noch lange nach Ende des Zweiten Weltkriegs das Deutschlandbild vieler Menschen im Sudan positiv, vor allem unter den Militärs. Die ersten Nachkriegskontakte entstanden schon bald durch westdeutsche Händler, darunter schillernde Figuren wie der»tennisbaron«gottfried von Cramm, die aus dem nördlichen Sudan Baumwolle und andere Agrarerzeugnisse bezogen und Industriegüter verkauften. Auf dieser Grundlage entfalteten sich auch die ersten politischen Beziehungen, nachdem die britisch- 194

197 Deutschlands Sonderbeziehungen ägyptische Doppelkolonialmacht dem Sudan 1953 die Selbstbestimmung gewährt hatte. Sowohl die Adenauer-Regierung in Bonn als auch das Ulbricht-Regime in Ost-Berlin waren angesichts der absehbaren Unabhängigkeit als zweites afrikanisches Land seit 1945 bemüht, sich eine möglichst gute Ausgangsposition in Khartoum zu verschaffen. Militärhilfe für den Sudan Die Entscheidung des sudanesischen Parlaments vom Dezember 1955, zum 1. Januar 1956 die Unabhängigkeit zu erklären, ging zeitlich einher mit der»geburt«der Bonner Hallstein-Doktrin, welche die diplomatische Anerkennung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in der»dritten Welt«verhindern sollte. Der Sudan wurde zu ihrem ersten Testfall und sollte ein»bollwerk«gegen östliche Einflüsse werden. Besondere geostrategische Bedeutung kam dem Land mit seinen Nilwassern als traditioneller»hinterhof«ägyptens zu, dessen pan-arabischen Expansionsbemühungen unter Gamal Abdel Nasser die westeuropäischen und nordamerikanischen Mächte entgegenwirken wollten. Dabei handelte die Bonner Ministerialbürokratie weitgehend unabhängig von ihren Verbündeten, ohne enge Abstimmung mit den USA und teils in Konkurrenz zu Großbritannien. Den Kern der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Sudan bildeten bis zum Ende des»kalten Krieges«, der am gesamten Horn von Afrika ein heißer war, die intensiven Kooperationen im nicht-zivilen Bereich, flankiert von umfangreichen Programmen der Entwicklungshilfe. Der Bundesnachrichtendienst startete 1957 eine Zusammenarbeit mit dem Innenministerium in Khartoum und errichtete dort eine Residenz, die mit Ausbildungs- und Ausstattungshilfen über das folgende Jahrzehnt maßgeblich am Aufbau des sudanesischen Geheimdienstapparats beteiligt war. Das Bundeskriminalamt etablierte zeitgleich eine entsprechende Partnerschaft im Polizeibereich. Die militärische Zusammenarbeit begann 1958 unmittelbar nach dem Putsch sudanesischer Militärs unter General Ibrahim Abboud mit dem Bau einer Munitionsfabrik für NATO-Kaliber in Sheggara bei Khartoum durch die bundeseigene Firma Fritz- 195

198 II. Strukturen und Lebenswelten SZ Photo/United Archives/TopFoto Bundeskanzler Konrad Adenauer empfängt am 16. April 1962 den sudanesischen Präsidenten Ibrahim Abboud in Bonn. Werner, die ähnliche Arsenale in Nigeria, Iran, Birma (dem heutigen Myanmar) oder Kolumbien errichtete gewährte Verteidigungsminister Franz Josef Strauß dem Sudan die größte militärische Materialhilfe in der Geschichte der alten Bundesrepublik mit einem Umfang von 120 Millionen DM. Das Programm galt zwar nominell der»ausrüstung von grenzschutzähnlichen Verbänden«, modernisierte aber faktisch die gesamte Armee des Sudans, vor allem mit G3-Sturmgewehren von Heckler & Koch, Mörsern, Haubitzen und mehr als 1100 Lkw. Über eine gesonderte Finanzierung kamen noch knapp 100 Panzerspähwagen aus britischer Produktion hinzu. Die westdeutschen Wehrertüchtigungen ermöglichten es dem Abboud-Regime, das im Südsudan eine Politik der Arabisierung und Islamisierung verfolgte, überhaupt erst, den Kampf gegen die sich dort formierende Rebellion drastisch zu verschärfen. Als 1964 eine Volkserhebung Abbouds Sturz bewirkte, reichte eine linksgerichtete Übergangsregierung allerdings Teile der Waffenlieferungen an Aufständische im Kongo weiter, die sie wiederum wenig später den südsudanesischen Rebellen 196

199 Deutschlands Sonderbeziehungen überließen. Nachfolgende, konservativ-islamische Regierungen in Khartoum eskalierten den Konflikt weiter und konnten sich dabei auf anhaltenden Nachschub verlassen, insbesondere von G3-Gewehren und Rheinmetall-MGs. Zwar hatte der Sudan 1965 wie die meisten arabischen Staaten die diplomatischen Beziehungen zur Bundesrepublik abgebrochen, nachdem diese ebensolche zu Israel aufgenommen hatte. Der Sudan galt den Bonner Strategen aber als erster Kandidat für eine Wiederaufnahme, weshalb sie aus realpolitischer Staatsräson das brutale Vorgehen der sudanesischen Militärs wie auch die wachsende Kritik aus den Reihen der katholischen Kirche in Kauf nahmen. Die Regierung in Ost-Berlin konnte diesem massiven Engagement aus Mangel an Ressourcen kaum etwas entgegensetzen, zumal die Bundesrepublik den Sudan in den 1960er Jahren auch zu einem Schwerpunktland ihrer zivilen Entwicklungshilfe machte. Ihre umfangreichen Kapitalhilfen trugen zu großen Infrastrukturprojekten wie dem Roseires-Damm in der Nähe der Stadt ad-damazin im heutigen Bundesstaat Blue Nile bei, die freilich alle auf den Norden des Landes konzentriert waren. In der technischen Zusammenarbeit wurden der Aufbau einer Lehrwerkstatt und des nationalen Fernsehsenders zu Leuchtturmprojekten, die noch heute in Khartoum nachwirken. Gleiches gilt für das dortige Goethe-Institut und zahlreiche Partnerschaften westdeutscher Universitäten mit sudanesischen Hochschulen. Die DDR setzte ihrerseits hauptsächlich darauf, über kulturelle Kontakte langfristig salonfähig zu werden, besonders durch die Vergabe von Stipendien und archäologische Expeditionen. Trotz aller bundesdeutscher Bemühungen um den Sudan wurde dieser 1969 nach dem Staatsstreich linksgerichteter Militärs unter Oberst Jafar al-numeiri, der selber bei der Bundeswehr fortgebildet worden war, der erste Staat Afrikas, der die DDR diplomatisch anerkannte und ihr damit zum internationalen Durchbruch verhalf. Daraufhin übernahm das Ministerium für Staatssicherheit die entscheidenden Positionen im sudanesischen Sicherheitsapparat von ihren westdeutschen Rivalen, die allerdings den Nachschub für die Munitionsfabrik von Sheggara weiterlaufen ließen verschärfte sich die Situation, als das Numeiri-Regime den westdeutschen Ex-Fremdenlegionär Rolf Steiner wegen seiner Unterstützung der südsudanesischen Re- 197

200 II. Strukturen und Lebenswelten bellen in einem Schauprozess zum Tode verurteilte ein Schuldspruch, der später in eine Haftstrafe umgewandelt wurde. Kurz darauf kam es jedoch zu einem internen Putschversuch kommunistischer Kräfte, nach dessen Scheitern al-numeiri einen prowestlichen Schwenk vollzog, einschließlich der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Bundesrepublik. Als al-numeiri 1972 auch noch mit dem Friedensabkommen von Addis Abeba vorübergehend den Südsudan-Konflikt beilegte, wurde der Sudan umgehend erneut zu einem Schwerpunktland für zivile Entwicklungs- und militärische Ausstattungsund Ausbildungshilfen aus der Bundesrepublik. Kapitalhilfen für Infrastrukturgroßprojekte konzentrierten sich abermals auf den Norden, endeten jedoch größtenteils als Entwicklungsruinen. Die technische Zusammenarbeit im Süden unterstützte vor allem das Gesundheitssystem sowie Veterinär- und Forstprojekte. Die Hilfen der Bonner Hardthöhe umfassten hauptsächlich Lkw-Lieferungen, während direkte Waffentransfers Mitte der 1970er Jahre gestoppt wurden. Stattdessen erhielt der Sudan westdeutsche Rüstungsgüter wie G3-Gewehre nunmehr primär über seine saudischen Verbündeten, laut staatlichen US-Angaben allein zwischen 1976 und 1985 im Wert von einer halben Milliarde US-Dollar. Für die Bundesrepublik wie für die DDR stieg das geostrategische Interesse am Sudan in jener Zeit durch die Hinwendung Äthiopiens zum Ostblock. Während al-numeiri, der sich zunehmend zum Islamisten wandelte, mit den saudischen Militärhilfen und geflissentlicher Billigung der Bundesregierung eritreische Rebellen unterstützte, lieferte Ost-Berlin unter anderem große Mengen Kalaschnikow-Sturmgewehre aus eigener Produktion an die äthiopischen Verbündeten. Diese wiederum reichten ostdeutsche Kalaschnikows an die südsudanesischen SPLA-Rebellen weiter, die ab 1983 gegen Khartoum kämpften. Letztlich führten die beiden deutschen Staaten damit praktisch einen Stellvertreterkrieg am Horn von Afrika, der maßgeblich zur bis heute andauernden Militarisierung der gesamten Region beitrug. Die christlich-liberale Regierung in Bonn hielt dabei an al-numeiri als Partner bis zu dessen Sturz durch eine weitere Volkserhebung 1985 fest, obwohl er 1983 eine besonders drakonische Form der Scharia eingeführt hatte. 198

201 Deutschlands Sonderbeziehungen Verstärkte deutsche Krisendiplomatie Zu einer weiteren Säule der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Sudan entwickelte sich in den 1980er Jahren das entwicklungspolitische Engagement des Landes Niedersachsen, das sich auf Projekte in Darfur konzentrierte. Die Partnerschaft wurde zwar bereits 1990 wieder eingestellt, hat aber bis heute zum guten Ruf Deutschlands im Sudan beigetragen. Außerdem entwickelte sich daraus die Tradition der Hermannsburger Konferenz, die von 1987 bis 2015 jedes Jahr die unterschiedlichsten Konfliktakteure aus Nord und Süd in der niedersächsischen Provinz zusammenbrachte, organisiert durch evangelische Kirchenkreise. Auch die entwicklungspolitische Zusammenarbeit zwischen dem Bund und dem Sudan kam Ende der 1980er Jahre weitgehend zum Erliegen, da das Khartoumer Regime der alten Parteien das Land weiter in den Bankrott führte. Der Aufbau einer militärischen Lehrwerkstatt mit fest stationierten Bundeswehrberatern wurde hingegen sogar noch bis 1993 fortgesetzt, ob- Photothek/Thomas Trutschel Bundesentwicklungsminister Gerd Müller besuchte im März 2014 deutsche UNMISS-Soldaten in Juba. 199

202 II. Strukturen und Lebenswelten wohl 1989 islamistische Kräfte um Brigadier Omar al-baschir die Macht ergriffen und dann die irakische Besetzung Kuwaits unterstützt hatten. Deutsche Lkws in militärischer Sonderausführung bezog die sudanesische Armee seit den 1990er Jahren immer wieder auf kommerziellem Wege, während sie große Mengen an G3-Gewehren aus iranischer Lizenzfertigung erhielt. Vor diesem historischen Gesamthintergrund verfolgte die deutsche Diplomatie bereits Ende der 1990er Jahre die zivilgesellschaftlich umstrittene Strategie, das islamistische Regime aus der internationalen Isolation zu lösen. Zwar erreichten die bilateralen Beziehungen mit dem Ausbruch des Darfur-Krieges im Frühjahr 2003 einen neuen Tiefpunkt, auf den die rot-grüne Bundesregierung im Sinne der»responsibility to Protect«mit einer harten Linie gegenüber Khartoum reagierte und auch die christlich-liberale Koalition die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit dem Sudan nicht wiederaufnahm. Dafür engagierte sie sich nach dem Abschluss des»comprehensive Peace Agreements«(CPA) von 2005 mit Maßnahmen der zivilen Krisenprävention im Norden und umfangreichen Entwicklungsprogrammen im Süden. An den Missionen der Vereinten Nationen (VN) im damaligen beziehungsweise im mittlerweile unabhängigen Südsudan und in Darfur UNMIS, UNMISS, UNAMID beteiligte und beteiligt sich Deutschland zwar nur mit relativ wenigen Soldaten (Mandatsobergrenze UNMISS und UNAMID jeweils 50 Soldaten, 2017) und Polizisten, die dafür jedoch in Schlüsselstellungen tätig wurden. Bereits zuvor hatte die Bundesrepublik als Inhaberin eines nicht permanenten Sitzes im VN-Sicherheitsrat Luftkapazitäten zur Truppenverlegung der 2004 ins Leben gerufenen»african Union Mission in Sudan«(AMIS) bereitgestellt. Zum Ärger der französischen Regierung unterstützte sie 2008 die parallel zu UNAMID laufende EU-Mission im Tschad und der Zentralafrikanischen Republik (EUFOR Tschad/RCA) zum Schutz der hunderttausenden sudanesischen Flüchtlinge in den westlichen Nachbarländern aber nur politisch und mit vier Stabsoffizieren. Auch wenn Deutschland anders als die»troika«, bestehend aus Großbritannien, Norwegen und den USA, keine zentrale Rolle bei der Begleitung des CPA spielte, trug die Berliner Diplomatie doch in einem entscheidenden Moment besondere Verant- 200

203 Deutschlands Sonderbeziehungen picture alliance/ap Photo/Markus Schreiber Bundesaußenminister Guido Westerwelle bei einem Treffen mit seinem sudanesischen Amtskollegen Ali Karti im Januar 2013 in Berlin. wortung, da sie im Juli 2011 dem Monat der südsudanesischen Unabhängigkeit den Vorsitz des VN-Sicherheitsrats innehatte. Der damalige Außenminister Guido Westerwelle reiste daher im Juni 2011 sowohl nach Khartoum und Juba als auch nach Darfur, um die wachsenden Spannungen zwischen Nord- und Südsudan abzubauen. Das Auswärtige Amt setzte diese Vermittlungsbemühungen fort, bis der nunmehr zwischenstaatliche Konflikt Ende 2013 vom Ausbruch des innerstaatlichen Krieges im Südsudan verdrängt wurde. Stattdessen setzte es fortan auf die Unterstützung der jeweiligen Nationalen Dialoge in den beiden sudanesischen Staaten. Während der Sudan mittlerweile zum zivilgesellschaftlich abermals umstrittenen Partner Deutschlands und der Europäischen Union bei der Bekämpfung von Fluchtursachen geworden ist, konzentriert sich das deutsche Engagement im Südsudan mit derzeit rund 90 Millionen Euro einmal mehr auf die humanitäre Katastrophenhilfe, wie der Juba-Besuch von Außenminister Sigmar Gabriel im August 2017 unterstrichen hat. Bezeichnenderweise schultern die Gardesoldaten in den Präsidentenpalästen beider sudanesischer Staaten gleichermaßen G3-Gewehre. Roman Deckert 201

204 Die Lebensbedingungen für viele Menschen im Sudan und vor allem in weiten Teilen Darfurs sind alleine aufgrund der klimatischen Bedingungen oft sehr hart. In einer Region, in der ein Großteil der Fläche aus Wüste oder Halbwüste besteht, ist der Zugang zu landwirtschaftlich nutzbarer Fläche und zu Frischwasser überlebenswichtig. Nicht selten kommt es in diesem Zusammenhang zu Konflikten zwischen den um die kargen Ressourcen konkurrierenden Menschen. In vielen Medienberichten werden dem Klima und insbesondere dem derzeitigen Klimawandel eine Mit- oder sogar die Hauptschuld an diesen Konflikten gegeben. Missachtet wird dabei die Tatsache, dass es immer noch die Menschen selbst sind, die sich für eine Konfrontation und gegen eine Kooperation mit denjenigen entscheiden, die ebenfalls unter den verschlechterten klimatischen Bedingungen leben müssen. Letztendlich ist es meist ein komplexes Gemisch aus politischen, wirtschaftlichen und sozialen Faktoren, die zu einem Konflikt führen, der durch den Klimawandel lediglich verstärkt wird. Thilo Thielke

205 Klimakriege? Zur Rolle des Klimas in Gewaltkonflikten»Mehr Gewalt durch Klimawandel«titelte die Süddeutsche Zeitung im August 2013,»BND warnt vor Klimawandel-Konflikten«, schrieb der Spiegel im November desselben Jahres und auch im April 2017 erklärte die Süddeutsche Zeitung»Wie die Klimaerhitzung Terror und Gewalt fördert«. Der Klimawandel wird von vielen deutschen Medien zunehmend in einem Atemzug mit Konflikten und Kriegen genannt. Auch Politiker verweisen auf einen Zusammenhang. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel warnte 2017 in einem Interview mit dem Magazin»movum«:»Wenn wir den Klimawandel nicht stoppen, werden die Wüsten weiter anwachsen, es wird Konflikte und womöglich Bürgerkriege um Wasser geben«. Als Beispiel für die (vermeintliche) Kausalkette von Klimawandel, Dürren, knappen Ressourcen und Konflikten wird vielfach der Konflikt im westsudanesischen Darfur herangezogen. Der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, stellte 2007 in einem Gastbeitrag für die Washington Post fest:»der Darfur-Konflikt begann als ökologische Krise, die zumindest zum Teil durch den Klimawandel hervorgerufen wurde«. In Deutschland rückte der Zusammenhang von klimatischen Faktoren und Konflikten vor allem durch das 2008 erschiene Buch»Klimakriege«von Harald Welzer in den öffentlichen Fokus. Darin wird der Konflikt in Darfur als»erste[r] Klimakrieg«bezeichnet. Welzer sah in den»klimabedingte[n] Veränderungen den Ausgangspunkt des Konfliktes«, der vor allem zwischen nomadischen Viehhaltern und sesshaften Bauern geführt worden sei. Auch im Jahr 2017 litten Teile der Bevölkerungen des Sudans und des 2011 neu gegründeten Südsudans unter Dürren und bewaffneten Konflikten. Dennoch sind die Zusammenhänge nicht so einfach und monokausal, wie sie häufig dargestellt werden. Es drängt sich daher die Frage auf, welche Rolle das Klima in den Gewaltkonflikten im Sudan aus wissenschaftlicher Perspektive tatsächlich spielt. 203

206 II. Strukturen und Lebenswelten 204 Ursachen und Folgen des Klimawandels In der Wissenschaft besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass der aktuell zu beobachtende Klimawandel zu einem Großteil menschengemacht ist. Durch Freisetzung von Treibhausgasen wie Kohlendioxid und Methan, aber auch durch Änderungen der Erdoberfläche durch Abholzung und exzessiven Ackerbau erwärmt sich das Klima seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert sehr schnell. Von Klimawandel wird gesprochen, wenn sich das Klima, üblicherweise gemessen in Temperatur und Niederschlag, über einen Zeitraum von mindestens dreißig Jahren verändert. Das heißt, dass ein Einzelereignis wie etwa Starkregen mit Überflutungen nicht direkt dem Klimawandel zugerechnet werden kann. Sehr wohl kann der Klimawandel jedoch die grundlegenden Bedingungen verändern, die dann die Wahrscheinlichkeit und Intensität von Extremwetterereignissen beeinflussen. Führt der Klimawandel beispielsweise zu einem Anstieg der Temperatur und einer Abnahme des Niederschlags, kann sich die Häufigkeit, Intensität und Dauer von Dürren erhöhen. Allerdings hängt das lokale Dürrerisiko auch immer von lokalen, menschengemachten Faktoren wie der Landnutzung ab. So führen Temperaturanstieg und Niederschlagsabnahme in einem Gebiet mit dichtem Baumbestand und gesunden Böden zu einem geringeren Dürrerisiko als in einem vegetationsarmen Landstrich, der bereits an Bodendegradation leidet. Der Mensch spielt also schon beim Übergang von globalen Klimabedingungen zu lokalen Umweltveränderungen eine entscheidende Rolle. Lokale Umweltveränderungen werden in der Regel durch Veränderungen in der Verfügbarkeit oder Qualität von Ressourcen wahrgenommen. Bei Viehhaltern und Bauern ist beispielsweise die Verfügbarkeit von Süßwasser und geeigneten Weide- und Ackerflächen existenziell für die Sicherung der Lebensgrundlage. Verschlechtert sich die Ressourcenlage, wirkt sich dies auf die Nahrungsmittel- und Einkommenssituation der Betroffenen aus. Die menschliche Sicherheit wird beeinträchtigt. Prinzipiell haben Menschen zwei Möglichkeiten darauf zu reagieren. Sie können versuchen, sich die knappen Ressourcen mit Gewaltmitteln anzueignen und diese gegen andere Gruppen zu verteidigen, oder die Kooperation mit anderen Grup-

207 Klimakriege? Modell zum Zusammenhang von Klimawandel und Konflikten/Kooperation Ressourcennutzung durch den Menschen Ackerbau Viehaltung (Historisches) Verhältnis der Ressourcennutzer untereinander positiv negativ neutral Globaler Klimawandel Temperatur Niederschlag Lokale Veränderungen der Umwelt und Ressourcen Wasser Ackerland Weideland Menschliche Sicherheit Nahrung Wasser Einkommen Gesundheit Reaktion Stress Auswirkungen Institutionen formale informale Quelle: Darstellung von Janpeter Schilling, angelehnt an: Scheffran [u.a.] Konflikte Proteste Attacken Gewaltkonflikte Kooperation Verhandlung Ressourcenteilung Investitionen ZMSBw

208 II. Strukturen und Lebenswelten pen suchen, um sich die Ressourcen (effizienter) zu teilen. In der medialen Berichterstattung wird oft nur die erste Option behandelt und ein Automatismus zwischen knappen Ressourcen und Gewalteinsatz beziehungsweise Konflikten als gegeben angenommen. In der Wissenschaft ist der Zusammenhang zwischen Knappheit von Ressourcen wie Land und Wasser auf der einen Seite und Konflikten auf der anderen jedoch umstritten. Zwar gibt es diverse Studien, die einen solchen Zusammenhang nahelegen, andererseits gibt es gerade bei der (dürrebedingten) Verknappung von Wasser- und Landressourcen zahlreiche Studien (beispielsweise im Norden Kenias), die Kooperation als die wahrscheinlichere Reaktion auf eine Verschlechterung der Ressourcenverfügbarkeit identifizieren. Entscheidend dafür, ob es zu Konflikt oder Kooperation kommt, ist zum einen das Verhältnis der Ressourcennutzer vor der Ressourcenänderung zueinander und zum anderen die Rolle von formalen und informalen Institutionen, wie etwa der Regierung oder eines Ältestenrats. 206 Zur Situation im Sudan und im Südsudan Der Norden des Sudans ist geprägt durch Wüstenklima, während im Süden des Landes Halbwüste und Trockensavanne vorherrschen. Die Region Darfur besteht aus fünf Bundesstaaten, die sich überwiegend im trockenen bis sehr trockenen Westen des Landes befinden. Das Gebiet des mittlerweile unabhängigen Südsudans bekommt erheblich mehr Niederschlag, der zu einem tropischen Klima und deutlich höherem Vegetationsreichtum führt. Geprägt wird der südsudanesische Naturraum vor allem durch den Sudd, ein aus dem arabisch stammender Begriff, der mit Hindernis oder Barriere übersetzt werden kann. Der Sudd ist die größte Sumpflandschaft des afrikanischen Kontinents, die sich nördlich von Juba entlang des Flusses Bahr al-jabal über den Zusammenfluss mit dem Bahr al-ghazal fast bis nach Malakal erstreckt. Die erfasste Erwärmung ist in beiden Ländern stärker als im globalen Mittel. Zwischen 1960 und 2009 verzeichnete der Sudan eine Erwärmung zwischen 0,2 C und 0,4 C pro Dekade. Die Schwankungen des Niederschlags nahmen deutlich zu. Die meisten Klimamodelle lassen erwarten, dass sich dieser Trend in

209 Klimakriege? Blick über das Sumpfgebiet des Weißen Nils im März 2017 bei Nyal im südsudanesischen Teilstaat Unity. picture alliance/jürgen Bätz/dpa Zukunft fortsetzt. Die Kombination aus höheren Temperaturen und stärker schwankendem Niederschlag erhöht nicht nur das Dürrerisiko, sie macht die Verfügbarkeit von Wasserressourcen für Bauern und Viehhalter auch weniger vorhersehbar und verlässlich. Seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahre 1956 befand sich der Sudan und ab 2011 auch der Südsudan nahezu durchgängig im Bürgerkrieg. Der erste sudanesische Bürgerkrieg dauerte von der Unabhängigkeit bis Nach einer kurzen Phase relativer Stabilität folgte von 1983 bis 2005 der zweite Bürgerkrieg. Dieser Bürgerkrieg und insbesondere der im Jahr 2003 eskalierende Darfur-Konflikt werden mit Klima- und Umweltveränderungen in Zusammenhang gebracht. Gemeinhin sieht dies sehr grob skizziert wie folgt aus: Die»katastrophalen«Dürren von 1984 reduzierten in Darfur die Weideflächen der nomadischen Viehhalter, die daraufhin südwärts zogen, um auf andere Weideflächen auszuweichen. Hierbei kam es zu gewaltsamen Konflikten mit sesshaften Bauern. Diese ließen die Viehhalter nicht über ihre Felder ziehen, versperrten Weidewege oder verbrannten Wildgras beziehungsweise Viehfutter. Prüft man diese Ereigniskette unter Berücksichtigung des in dem vorherigen Abschnitt entworfenen Modells, lässt sich zunächst feststellen, dass es 1984 tatsächlich eine Dürre in Darfur gab. Studien, die auf der Auswertung von Satellitenbildern und 207

210 II. Strukturen und Lebenswelten Zwischengesellschaftliche Gewalt Eine der Hauptursachen von Gewalt in beiden Staaten sind inner- und zwischengesellschaftliche Konflikte (intra- and intercommunal conflicts). Besonders betroffen sind die Regionen Darfur im Sudan und Jonglei im Südsudan. Laut Angaben der Vereinten Nationen starben 2013 infolgedessen alleine in Darfur fast 2000 Menschen, ein Großteil bei Konfrontationen zwischen arabischstämmigen Clans. Vielfach spielen der Besitz, der Zugang und die Nutzung von Weide- oder Ackerland, Wasser, Vieh und anderen Ressourcen eine entscheidende Rolle. Gründe für die immer heftigeren Zusammenstöße sind unter anderem die aus den verschiedenen Bürgerkriegen der Region resultierende Unsicherheit, das Fehlen staatlicher Dienstleistungen und Infrastruktur, eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, eine verschobene demografische Verteilung durch das große Bevölkerungswachstum, der auch durch Vertreibung und Verstädterung einsetzende Niedergang sozialer Normen und Werte sowie die extremer werdenden klimatischen Bedingungen. Der einfache Zugang zu Kleinwaffen führt dazu, dass Konfrontationen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen leicht dutzende bis hunderte Todesopfer fordern können. Laut einer Studie des»small Arms Survey«von 2009 könnten sich rund 2,7 Millionen Feuerwaffen im damals noch vereinten Sudan befunden haben, zwei Drittel davon in zivilen Händen. Besonders viele Opfer fordern Raubzüge zwischen Viehbesitzern. Der Austausch von Rindern dient seit jeher der Knüpfung neuer Bündnisse oder zur Zahlung von»blutgeld«. Traditionell fordern viele Gruppen die Zahlung eines Brautpreises in Form von Vieh. Ein Mann ohne Zugang zu Rindern kann in diesem traditionellen Verständnis keine Familie gründen. Aufgrund der veränderten demografischen und auch klimatischen Bedingungen unternehmen einige junge Männer zur Beschaffung der notwendigen Mitgift Raubzüge gegen andere Viehbesitzer. Der Diebstahl von Vieh erlaubt es ihnen aus dem traditionellen Gefüge auszubrechen und sich unabhängig von der älteren Generation und deren Erbe zu machen. In Darfur erzeugen die neuen Lebensbedingungen zudem Druck auf das traditionelle Pachtsystem von Ländereien, während die Flüchtlingsströme in beiden Staaten zur Entkopplung der Bevölkerung von traditionellen Autoritäten und somit zum Verlust der Wirkung von informellen Streitschlichtungsmecha- 208

211 Klimakriege? Vegetationsindizes basieren, zeigen einen deutlichen Rückgang der Vegetation, der auf einen Rückgang von Wasserressourcen und damit Weideflächen schließen lässt. Um eine Beeinträchtigung ihrer Sicherheit zu vermeiden, ist das beschriebene Verhalten sowohl der Viehhalter als auch der Bauern nachvollziehbar. Die Analysen, die den Faktor Klima bei der Beschreibung des Konfliktes in Darfur in den Fokus stellen, sind jedoch (vielfach) verkürzt und problematisch. Auf vier Punkte trifft dies besonders zu. Erstens werden zwar Überweidung und Bevölkerungswachstum angesprochen, die Verschlechterung der Ressourcenverfügbarkeit wird aber im Wesentlichen dem Klima zugeschrieben. Der im obigen Schaubild gezeigte Einfluss des Menschen auf lokale Umweltveränderungen und Ressourcenverfügbarkeit findet jedoch kaum Beachtung. Neueste Studien weisen aber darauf hin, dass es unter anderem im Zuge des Bevölkerungsnismen führen. Wurden in der Vergangenheit individuelle Morde vielfach durch»blutgeld«beglichen, übertraf die Anzahl der Toten durch den Einsatz automatischer Waffen nicht nur die Kapazitäten der traditionellen Konfliktbeilegung. Auch wurde die Täterschaft de-personalisiert, da es bei Feuergefechten aufgrund der Distanz, aber auch aufgrund der Menge der abgegebenen Schüsse fast unmöglich wurde zu bestimmen, wer für den Tod eines Individuums verantwortlich war. Die Folgen waren Rachezüge gegen ganze Dörfer und ethnische Gruppen. Im Südsudan kommt es besonders häufig in Jonglei zu Viehdiebstählen zwischen Dinka, Lou Nuer und Murle. Diesen könnten laut Medienberichten seit 2011 über 5000 Menschen zum Opfer gefallen sein kam es zudem zu Übergriffen von südsudanesischen Murle auf in Äthiopien lebende Nuer, bei denen wohl über 200 Menschen starben. Die grenzübergreifenden Dynamiken verdeutlichen, wieso keine Gruppe bereit ist, ihre Waffen abzugeben. Nur wenn die Sicherheit grenzübergreifend für alle Menschen in der Region garantiert und der illegale Waffenhandel und -besitz unterbunden werden kann, ist eine Lösung der Gewaltspirale und eine Kooperation der Menschen möglich. TK 209

212 II. Strukturen und Lebenswelten wachstums vor allem die Erweiterung von Dörfern und eine Übernutzung von Ressourcen waren, die zu deren reduzierter Verfügbarkeit führten. So wurden beispielsweise Bäume gefällt, um Brennholz und Baumaterial zu gewinnen, und Böden durch die Umwandlung von Weideland in Ackerflächen geschädigt. Zweitens werden das Klima und die Ressourcenknappheit als Konfliktauslöser überbetont. Dass diese bei Bauern und Viehhaltern, deren Existenzen direkt von Land- und Wasserressourcen abhängen, bei Konflikten eine Rolle spielen, ist nachvollziehbar und wissenschaftlich zumindest in Teilen belegt. Wie das oben abgebildete Modell jedoch zeigt, ist das Verhältnis der beiden Gruppen vor der Dürre und damit vor der Verknappung der Ressourcen entscheidend. Ist das Verhältnis bereits konfliktgeladen, kann eine durch Dürre verursachte Ressourcenverknappung bestehende Konflikte verschärfen. Dass klimatische Bedingungen einen Konflikt zwischen Viehhaltern und Bauern jedoch alleine auslösen, lässt sich weder am Beispiel Sudan noch anderweitig wissenschaftlich belegen. Der Zusatz»Klima«zu»Konflikt«oder gar»krieg«ist daher unzutreffend. Drittens wird häufig suggeriert, dass die Bauern und Viehhalter zuvor keine Berührungspunkte hatten und erst durch die picture-alliance/dpa Ein Bauer in Darfur beim Dreschen von Sorgum (eine Hirseart). 210

213 Klimakriege? Dürre in Kontakt gekommen sind. Dies ist jedoch nicht der Fall, da viele der in Darfur lebenden Menschen seit mindestens einigen Jahrzehnten einen Austausch pflegten, der sowohl von Konflikten als auch von Kooperation geprägt war. Zwar erwähnt beispielsweise Welzer die Konflikte, die es»schon seit etwa siebzig Jahren«zwischen den verschiedenen Gruppierungen gibt, dennoch werden die historischen Beziehungen bei der Schilderung der Ereignisse von 1984 weitgehend ausgeblendet. Viertens ist der Teil»Krieg«in»Klimakrieg«nicht nur unpassend, sondern auch irreführend, da er suggeriert, dass ein Krieg durch Klimaveränderungen ausgelöst würde. Krieg wird in der»westlich«geprägten Wissenschaft überwiegend als ein Konflikt definiert, bei dem mindestens einer der Akteure ein Staat ist. Weitere Kriterien sind beispielsweise der Gewalteinsatz in Form von organisierten Streitkräften und militärischem Kriegsgerät oder eine zu übertretende Schwelle von mindestens 1000 durch den Konflikt verursachten Toten pro Jahr. Nicht eines dieser drei Kriterien trifft jedoch auf die beschriebenen lokalen, meist mit geringer Intensität geführten Konflikte zwischen Bauern und Viehhaltern zu. Anders ist es beim zweiten sudanesischen Bürgerkrieg und auch beim seit 2003 intensivierten Darfur-Konflikt. Der zweite Bürgerkrieg trägt seine Bezeichnung zu Recht. Zwischen 1983 und 2005 kämpften Regierungstruppen gegen die»sudan People s Liberation Movement/Army«(SPLM/A). Dabei wurde militärisches Kriegsgerät (zum Beispiel Kampfhubschrauber) eingesetzt und weit mehr als eine Millionen Menschen getötet. Für den Bürgerkrieg waren keineswegs klimatische Faktoren, sondern vielmehr machtpolitische und sozioökonomische Interessen ursächlich. Während es der Regierung in Khartoum vor allem um die Kontrolle des ölreichen Südens ging, strebte die SPLM/A insbesondere mehr Teilhabe am Gesamtstaat an. Im Darfur-Konflikt kämpfen dagegen mittlerweile eine Vielzahl an Rebellengruppen, allen voran verschiedene Fraktionen des»justice and Equality Movement«(JEM) sowie der»sudan Liberation Movement/Army«(SLM/A) gegen eine Allianz aus sudanesischen Regierungstruppen und regierungsnahen Milizen. Vor allem den als»janjaweed«bezeichneten Milizengruppen wurden dabei schwere Menschenrechtsverletzungen bis hin zum Völkermord vorgeworfen (siehe den Beitrag von Elke Gra- 211

214 II. Strukturen und Lebenswelten Thilo Thielke Vor allem im Darfur treffen Menschen mit unterschiedlichen ökonomischen Lebensweisen aufeinander. Im Bild ein junger Kamelnomade mit seiner Herde auf dem Weg durch die Wüste. wert). Der bis heute andauernde Darfur-Konflikt kostete mehreren hunderttausend Menschen das Leben und führte zu über 2,5 Millionen Binnenflüchtlingen. Obwohl Teile der regierungsnahen Milizen nomadische Viehzüchter sind und Teile der Rebellengruppen sesshafte Bauern, handelt es sich nicht vornehmlich um einen Konflikt zwischen Viehhaltern und Bauern. Erstens rekrutierte sich eine Viel zahl der Aufständischen auch aus den in Darfur ansässigen Zaghawa-Gruppen, die ursprünglich überwiegend nomadisch oder halbnomadisch lebten, im Unterschied zu den arabischstämmigen Abballa-(Kamel-)Nomaden, die aber traditionelle Landrechte besitzen; aus letzteren rekrutierten sich Teile der»janjaweed«. Zweitens wurde der Konflikt vor allem durch eine systematische Benachteiligung der gesamten Region Darfur durch die sudanesische Regierung, die allgemein schlechte Regierungsführung und die Unterentwicklung ausgelöst, nicht aber durch Klimaveränderungen. 212

215 Klimakriege? Zusammenfassung und Ausblick Weder bei den bewaffneten, wiederkehrenden lokalen Konflikten zwischen Viehhaltern und Bauern in Darfur noch beim Bürgerkrieg zwischen 1983 und 2005 handelt es sich um einen»klimakrieg«. Der Begriff suggeriert fälschlicherweise, dass das Klima Auslöser von Konflikten und gar Kriegen ist. Im Falle der in beiden Staaten immer wieder zu beobachtenden Konfrontationen zwischen Nomaden und Bauern kann zwar unter Bezugnahme auf das vorgestellte Modell von Konflikten gesprochen werden, bei denen Klimaveränderungen eine verschärfende Rolle gespielt haben beziehungsweise spielen. Letztendlich sind jedoch das Verhalten der Institutionen, allen voran der Regierungen, und die Beziehungen der Menschen vor Ausbruch der Gewalt dafür entscheidend, ob eine Verknappung von Ressourcen zu Konflikt oder Kooperation führt. Fest steht, dass besonders die innersudanesischen Kriege und der 2013 im Südsudan ausgebrochene Bürgerkrieg unermessliches Leid über die Bevölkerung gebracht haben. Über die Millionen von direkten Konflikttoten und -verletzten hinaus zerstören die gewaltsamen Auseinandersetzungen die Lebensgrundlage der Bevölkerung sowie die Gesundheits-, Bildungs-, Wirtschafts- und Transport infrastruktur. Anstatt die Rolle des Klimas als Konflikttreiber zu betonen, ist es vielversprechender, die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bekommen, um eine Waffenruhe zu vereinbaren und weitere Schritte zur Umsetzung einer friedlichen Lösung zu entwickeln. Nur in einem Klima des Friedens kann die Anpassung an den Klimawandel nachhaltig gelingen. Janpeter Schilling 213

216 Weil seit 2014 jährlich über Menschen über das Mittelmeer nach Europa gelangen, ist der afrikanische Kontinent in den Fokus der europäischen Politik gerückt. Schlagzeilen verursachen vor allem Seeunglücke, bei denen mittlerweile etwa Menschen ums Leben gekommen sind. Der Sudan gilt als Transitland für Menschen vom Horn von Afrika auf ihrem Weg nach Europa. Er ist selbst Herkunfts-, aber vor allem Aufnahmeland. Bis Ende Juni 2017 flüchteten über Südsudanesen in den Sudan. Gleichzeitig ist er das einzige Land der Region, das Syrer ohne Visum aufnimmt und folglich im April 2016 über Syrer beherbergte. Die Zahl der über das Mittelmeer nach Europa migrierenden Menschen aus dem Sudan und dem Südsudan ist gering. Während die EU mit der sudanesischen Regierung über Grenzkontrollen zur Eindämmung der Migration nach Europa verhandelt, flüchtet die überwältigende Mehrheit der von Gewalt bedrohten Bevölkerung im Sudan und im Südsudan nicht nach Europa, sondern in die Nachbarländer oder, wie oben abgebildet, innerhalb der Staaten in eines der großen Vertriebenenlager. picture alliance/associated PRESS/ Nasser Nasser

217 Historische Mobilität und aktuelle Migration im Sudan und Südsudan Kontinuierlich berichten europäische Medien über das (vermeintliche) Drängen vieler Menschen aus Afrika von Libyen nach Europa. Weder die hohen Risiken noch die vielfach in Europa enttäuschten Erwartungen änderten bislang, dass in einigen afrikanischen Bevölkerungsschichten Vorstellungen über ein besseres Leben in Europa zirkulieren und Pläne geschmiedet werden, in einen Wohlfahrtstaat mit sozialen Sicherungssystemen, starker Wirtschaft und stabilen demokratischen Institutionen zu gelangen. All dies fehlt in vielen Transformationsgesellschaften Afrikas, wo oftmals autokratische Regime, Misswirtschaft und Korruption vorherrschen und es an konstruktiven Zukunftsperspektiven für die junge Generation mangelt. Auch der Sudan und der Südsudan gehören zu den Staaten, aus denen Flüchtlinge und Migranten stammen. Im Vergleich zu den in den europäischen Einwanderungsstatistiken dominierenden Westafrikanern (vor allem aus Nigeria) wurden für 2016 aber weniger als Sudanesen auf der Mittelmeerroute dokumentiert. Südsudanesen stellten zwischen 2012 und 2015 weniger als 500 Asylanträge in den Ländern der Europäischen Union (EU). Aufgrund dieser geringen Zahlen ist der Sudan von der EU primär als»transitland«für Migranten aus Ostafrika in den Blick gerückt. So wurden alleine 2016 über Menschen registriert, die vor Hunger, Bürgerkrieg oder drohender Wehrpflicht aus Eritrea flohen und die Route über Kassala, Khartoum und Dongola, also durch den nördlichen Teil des Sudans, in Richtung Küste wählten. Oftmals existieren Verbindungen zu Landsleuten in Großbritannien, Deutschland oder Skandinavien, was die Entscheidung zum Aufbruch erleichtert. Durchgangsorte wie Khartoum geraten seitdem zu Dienstleistungszentren für die mobilen Menschen: angefangen bei der Beschaffung von Dokumenten mit Hilfe von Übersetzern und Ämtern, über lokale Gewerbe, die Übernachtungsmöglichkeiten bieten und Handel mit Reisebedarf treiben, bis hin zu legalen Agenturen und illegalen Schleppern, welche die weitere Strecke durch den Sahel bis an die Mit- 215

218 II. Strukturen und Lebenswelten Bevölkerungsbewegungen im Sudan/Südsudan Bengasi Alexandria KAIRO Mittelmeer JOR- DANIEN LIBYEN ÄGYPTEN Nil SAUDI- ARABIEN Binnenvertriebene Flüchtlinge in die Nachbarstaaten Flüchtlinge/Migranten vom Horn von Afrika nach Europa km TSCHAD Kufra Wadi Halfa Dongola Assuan aus dem Sudan KHARTOUM SUDAN Nil Weißer Nil Atbara Kassala Blauer Nil Rotes Meer Port Sudan ERITREA ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK aus Äthiopien ADDIS ABABA aus Somalia SÜDSUDAN JUBA ÄTHIOPIEN REPUBLIK KONGO DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO UGANDA KENIA Quelle: IOM, OCHA, RMMS und UNHCR. Zahl der Flüchtenden nach Europa: Stand Restliche Zahlen: Stand Grenzen teilweise umstritten. RUANDA BURUNDI TANSANIA ZMSBw

219 Historische Mobilität picture alliance/dpa/str Eine aus der Wüste gerettete Gruppe von Migranten in der Nähe von Dongola, telmeerküste organisieren. Aus derzeitiger EU-Perspektive wird der Sudan daher besonders als»drehscheibe«gesehen, die Emigration Richtung Europa ermögliche, sodass die Regierung zu entsprechend präventiver Politik und Zusammenarbeit mit der EU aufgefordert wurde. Auch wenn die Motive der mobilen Bevölkerung afrikanischer Gesellschaften unterschiedlich sind, lassen sich anhand der Mittelmeermigration Muster erkennen. In erster Linie handelt es sich um junge, unverheiratete Männer, die auf die Reise gehen oder von ihren Familien geschickt werden. Vor allem die Erstgeborenen gelten als Hoffnungsträger. Ihnen wird die ungewisse Reise zugetraut, damit sie Erfahrungen fürs Leben sammeln, eine eigene Existenz aufbauen, aber möglichst als erfolgreiche»helden«zurückkehren, um das Wohlergehen der Dagebliebenen zu verbessern, etwa durch regelmäßige oder sporadische Geldüberweisungen. Was von Ein wanderungsgesellschaften als»wirtschafts- oder Armutsmigration«kategorisiert wird, stellt sich in den Herkunftsgesellschaften eher als»migrationssystem«dar, weil über Generationen hinweg Strategien der arbeitsteiligen Existenzsicherung betrieben werden, die weniger als individuelles, sondern als kollektives Projekt betrachtet werden müssen. Aus der Geschichte des Sudans ist bekannt, dass Mobilität 217

220 II. Strukturen und Lebenswelten IDPs, Flüchtlinge und Migranten In der Berichterstattung über die seit einigen Jahren zu beobachtende Zuwanderung hunderttausender Menschen nach Europa werden die Begriffe (Binnen-)Vertriebene, Flüchtlinge und Migranten zusehends als Synonyme verwendet. Tatsächlich haben die Begriffe aber verschiedene Bedeutungen, auch wenn es zum Beispiel für»migranten«bisher keine weltweit anerkannte Definition gibt. Unter Binnenvertriebenen (Internally Displaced People, IDP) verstehen die Vereinten Nationen Menschen, die gezwungenermaßen aufgrund von bewaffneten Konflikten, Menschenrechtsvergehen oder infolge von Naturkatastrophen von ihren primären Lebensorten vertrieben wurden, aber keine international anerkannte Staatsgrenze überquert haben. Laut Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) sind Geflüchtete dagegen Menschen, die aufgrund bewaffneter Konflikte, Gewalt oder wegen politischer, religiöser oder sozialer Verfolgung aus ihrer staatsbürgerlichen Wohngegend fliehen mussten und zu ihrem eigenen Schutz international anerkannte Staatsgrenzen überquert haben. Nach geltendem Völkerrecht sind Geflüchtete durch die Flüchtlingskonvention von 1951, ein ergänzendes Protokoll von 1967 und andere Gesetzestexte international geschützt. Sie dürfen nicht in Herkunftsgebiete zurückgeschickt werden, in denen Gefahr für ihre Freiheit und ihr Leben besteht. Unter Migranten kann laut Internationaler Organisation für Migration (IOM) jede Personen verstanden werden, die sich von ihrem gewöhnlichen Lebensmittelpunkt innerhalb eines Staates oder über eine international anerkannte Staatsgrenze hinweg bewegt. Migrant zu sein ist nach diesem Verständnis losgelöst von der Rechtsstellung einer Person, den freiwilligen oder erzwungenen Gründen für die Wanderung oder der Dauer des Aufenthalts. FAW für bestimmte Gruppen schon immer eine zentrale Rolle für spezifische Wirtschaftsweisen, aber auch für den Austausch mit anderen Gruppen spielte. Migration bildet somit eher den Regelfall für Menschen, die unter oftmals schwierigen klimatischen und ökonomischen Bedingungen leben. 218

221 Historische Mobilität Historisch verankerte Migrationskulturen In der Ethnologie wird oft von»migrationskulturen«oder»migrationssystemen«gesprochen, um zu betonen, dass Migration in vielen Gesellschaften selbstverständlicher Teil von ökonomischen, sozialen und politischen Prozessen ist und Formen der ortsflexiblen Lebensgestaltung als Normalfall gelten. Der Wechsel von primären Lebensorten ist eben kein Phänomen des 20. Jahrhunderts, auch wenn moderne Technologien helfen, größere Distanzen durch Straßen, Eisenbahnen und Flugzeuge in kürzerer Zeit zu überwinden. An den Staaten Sudan und Südsudan wird ersichtlich, dass sich Mobilitätskulturen entlang geoökologischer Räume über lange Zeiträume entwickelt haben: Mit der ursprünglichen arabischen Bezeichnung der Region»Bilad as-sudan«, das»land der Schwarzen«, ist zum einen der Sahelraum gemeint, der bis heute erschwerte Verkehrsbedingungen aufweist, das heißt spezifische Kompetenzen zur Durchquerung der Sahara-Wüste erfordert (nach wie vor durch Kamelkarawanen, aber auch durch Pkw- und Lkw-Routen). Auf der anderen Seite ist beim Bilad as-sudan auch von dem etwa 7000 Kilometer langen Flusslauf des Nils die Rede, der Verbindungen zwischen Ländern Zentralund Ostafrikas mit Nordafrika und dem Mittelmeer ermöglicht. Der Sahelraum und der Nil prägten die Region des Sudans in historischer Perspektive durch das Wechselspiel zwischen verschiedenen Landschaften, Klimazonen und natürlichen, von Menschen genutzten Ressourcen stärker als die postkolonial festgelegten Grenzen, sodass sich eine erhöhte Siedlungsdichte entlang der Nilachse, unter anderem in den Städten Juba und Khartoum sowie natürlich in Kairo, finden lässt. Diese urbanen Zentren waren zugleich Ausgangs-, Durchgangs- und Zielorte mobiler Menschen, infrastrukturelle Knotenpunkte für Karawanen, Händler und technisierte Mobilität sowie Tauschbörse für Waren, Informationen und Ideen. Hingegen waren in den ländlichen Räumen des Sahel die nomadischen Lebensweisen bestimmend. Die wandernden Viehzüchter standen zugleich im steten Austausch mit Feld- und Ackerbauern in den benachbarten Trocken- und Feuchtsavannen. Der verzweigte und teilweise unterirdische Wasserlauf des Nils ist dabei von maßgeblicher Bedeu- 219

222 II. Strukturen und Lebenswelten tung: um Kamele, Rinder oder Ziegen zu tränken, aber auch, um mit Bewässerungstechnologien ganzjährig Ackerbau treiben zu können. Wo zugänglich und schiffbar, war der Nil eine zentrale Verkehrsader, über die nicht nur Rohstoffe und Waren, sondern auch Menschen und Tiere transportiert wurden. Folglich entwickelten sich mobile Berufsbranchen: Händler- und Handwerkernetzwerke entstanden oder Schifffahrtsexperten bildeten sich heraus. Umgekehrt sorgt der Weiße Nil im Überschwemmungsgebiet des Sudd nördlich von Juba für saisonale Migration und räumliche Separation: In der Trockenzeit folgen Nomaden mit ihren Tieren dem Wasser, in der Regenzeit ziehen sie sich auf trockene Plateaus und Weideflächen zurück und sind von den regulären Verkehrswegen abgeschnitten. Seit dem 16./17. Jahrhundert etablierte sich darüber hinaus eine Route des innerafrikanischen Menschen- beziehungsweise Sklavenhandels, der in den Südregionen des Sudans seinen Anfang nahm. Die sozial als minderwertig betrachteten»schwarzen«(ethnisch als»niloten«zusammengefasst) wurden von Eroberern zunächst arabischer, später europäischer Herkunft gefangengenommen, entweder um sie als Zwangs arbeiter im eigenen Land oder in Ägypten zu nutzen, oder um sie nach Amerika zu verschiffen. Später knüpften koloniale Industrien wie der britische Baumwollanbau an diese Form der Ausbeutung menschlicher Arbeitskräfte an, auch wenn die britischen Gouverneure Anfang des 20. Jahrhunderts die Sklaverei picture alliance/cpa Media Co. Ltd offiziell abschafften. Die Epoche des Sklavenhandels hinterließ gravierende Spuren, weil ganze Landstriche Die Jagd nach Sklaven entvölkerte ganze Landstriche und zerstörte bestehende soziale Gefüge. Zeichnung eines Sklavenzugs im westlichen Sudan,

223 Historische Mobilität entvölkert und lokale, soziokulturelle Strukturen massiv verändert wurden. Die andere, in dieser Hinsicht relevante Wanderungsbewegung war die arabische Besiedelung, die etwa seit dem 12./13. Jahrhundert von Vorderasien bis nach Westafrika erfolgte. Damit verbunden waren Prozesse der Islamisierung, da die arabischstämmigen Gruppen, von der arabischen Halbinsel oder über den Indischen Ozean kommend, in die Regionen des Niltals vordrangen und die lokalen Bevölkerungen zum islamischen Glauben bekehrten. Insbesondere Strömungen des sufischen, also des mystischen Islams erlangten im Sudan große Bedeutung, weil deren Gelehrte durch ihre Vernetzung über den gesamten Sahel zur Ausbreitung ihrer islamischen Glaubenspraxis beitrugen. Durch die»haddsch«, das religiöse Gebot der Pilgerreise nach Mekka, etablierten sich in umgekehrter Richtung von West- nach Ostafrika Karawanenrouten, um auf die Arabische Halbinsel zu gelangen. Der hieraus entstehende Kontakt verschiedener Bevölkerungen des Sahels führte zu inter ethnischen Vermischungen, aber auch zu ethnischen oder religiösen Trennungen. Die über Jahrhunderte gewachsenen Beziehungen zwischen Ägypten und der Region Nubiens im nördlichen Sudan liefern ein Beispiel, wie durch den etablierten Kamelhandel, durch religiöses Pilgern (zu christlichen und islamischen Heiligengräbern) und schließlich durch eine ausgeprägte Heiratsmigration zwischen Ägyptern und (Nord-)Sudanesinnen eine eigene, eben nubische Identität entstehen konnte. Aus historischer Perspektive gibt es somit zahlreiche Anhaltspunkte, dass im geografischen Gebiet der beiden heutigen sudanesischen Staaten schon sehr lange Kontaktkulturen zwischen Menschen aus Nord-, West-, Zentral- und Ostafrika existieren, sodass nicht erst seit der jüngsten Migration nach Europa von einer Transitzone gesprochen werden kann. Dies zeigt sich zum Beispiel auch an der immensen Zahl an Sprachen und an dutzenden ethnischen Gruppen im Sudan und Südsudan (siehe den Beitrag von Enrico Ille). Erst durch die kolonialadministrative Einteilung in»nord«- und»süd«-sudan wurde diese ethnische Vielfalt einer kulturpolitischen Reduzierung unterzogen, sodass sich im 20. Jahrhundert die koloniale Vorstellung von einer arabisch-muslimischen Bevölkerung im Norden 221

224 II. Strukturen und Lebenswelten und einer»afrikanisch-animistischen«beziehungsweise»afrikanisch-christlichen«bevölkerung im Süden durchsetzte. Nach der Kolonialzeit wurde diese Dualität weiter geschürt, weil die regierenden Eliten in Khartoum Interesse an der Sicherung ihrer Positionen gegenüber den Gruppierungen der Peripherie hatten und eine homogenisierende Politik verfolgten: sprachlich durch die Arabisierung und religiös durch Versuche der Islamisierung. Diese Dynamik beförderte den Widerstand der peripheren Bevölkerungen und mündete wiederholt in Bürgerkriegen. Wichtig in Bezug auf Migration ist in diesem Zusammenhang, dass die kriegerischen Auseinandersetzungen zu einer neuen Mobilität führten. Viele Soldaten, sozialisiert und ausgebildet im nördlichen Sudan, hatten auf diese Weise das erste Mal Kontakt zur lokalen Bevölkerung des heutigen Südsudans; umgekehrt flüchteten große Teile der Zivilbevölkerung aus den umkämpften Gebieten in alle Himmelsrichtungen, beispielsweise in die Hauptstadt Khartoum. Saisonale Arbeitsmigration und Migration zwecks Bildungsaufstieg Auch wenn die Folgen der Bürgerkriege bedeutend für die Migrationsgeschichte des Sudans sind, hatten zunächst andere Entwicklungen des 20. Jahrhunderts, wie Modernisierung und Industrialisierung, Einfluss auf die Mobilität innerhalb der Region. Wie in vielen nicht industrialisierten Ländern versuchte die Regierung, den Staat nach der Unabhängigkeit landwirtschaftlich wie industriell auf ein Niveau zu bringen, das den Anschluss an die Weltmärkte ermöglichte. Im Fokus standen der Anbau von»cash Crops«wie Zuckerrohr, Reis, Getreide und Baumwolle, aber auch Kaffee aus den tropischen Regionen sowie die Förderung von Öl und anderen Bodenschätzen. (Als»Cash Crops«,»Bargeldpflanzen«, oder»exportfrüchte«gelten in der Agrarökonomie landwirtschaftliche Produkte, die ausschließlich für den Markt erzeugt werden und nicht für die Selbstversorgung der Bauern oder der Bevölkerung zur Verfügung stehen.) Durch die Zentrierung von Technologien an ausgewählten Standor- 222

225 Historische Mobilität ten, zum Beispiel an bewässerungsfähigen Plantagen, wurde es notwendig, auch Arbeitskräfte an diese Standorte zu bringen. Ein Beispiel ist die Zuckerrohrfabrik in Kenana in der Nähe der Stadt Kosti am Weißen Nil. Abhängig von den saisonal bedingten Aufgaben konnten hier Wanderarbeiter aus den verschiedensten Regionen des Sudans Lohnarbeit aufnehmen, was angesichts der zunehmenden Monetarisierung des Alltags ein attraktives Angebot darstellte. Entsprechend lebten sie periodisch in einfachen Siedlungen vor Ort, bis sie nach den Ernten wieder an ihre Heimatorte zurückkehrten und die daheim gebliebene Bevölkerung mit Geld und erworbenen Waren versorgten. Anderen Rhythmen folgten Handwerker und ungelernte Arbeiter, die auf Baustellen im Großraum Khartoum oder bei anderen Infrastrukturmaßnahmen (zum Beispiel Staudämmen) nur für einen gewissen Zeitraum gebraucht wurden. Aus diesen Maßnahmen entstand ein Rekrutierungskreislauf, der kontinuierliche Netzwerke zwischen spezifischen Regionen und den städtischen Zentren hervorbrachte. Dazu zählt bis heute das Anheuern von Küchen- und Hauspersonal in Haushalten der urbanen Mittel- und Oberschicht. Interessanterweise beschäftigen ähnliche Statusgruppen in Ägypten hierfür gerne Frauen aus Khartoum, eine der wenigen Strategien der weiblichen Emigration aus dem Sudan. Parallel zu der zwischen Zentren und Peripherien zirkulierenden Arbeitsmigration wurde in den 1970er Jahren unter Präsident Jafar al-numeiri das Bildungswesen reformiert und auch der ländlichen Bevölkerung zugänglich gemacht. Allerdings bedeutete dies bei einer Höherqualifizierung immer auch verstärkte Mobilität der Schulkinder von ihren dörflichen Lebensorten zu weiterführenden Schulen oder Internaten in den Provinzstädten bis hin zum Besuch der Universitäten in Khartoum. Höhere Bildungsabschlüsse konnten indes zum Sprungbrett für den internationalen Arbeitsmarkt oder für die Weiterqualifikation an Universitäten in Europa und den USA werden, was vor allem Mitglieder der politischen Eliten des Nordens wie des Südens praktizierten und auch einzelnen Frauen ermöglicht wurde. Die eher unter Männern verbreitete Hoffnung auf eine prestigeträchtige, gut bezahlte Arbeit im Ausland konnte aber seit den 1980er Jahren auch von Facharbeitern oder einfachen Arbeitsmigranten 223

226 II. Strukturen und Lebenswelten realisiert werden, die in der ölverarbeitenden Industrie der Golfstaaten tätig wurden. Diese durchaus längerfristige Migration in den Mittleren Osten oder nach Libyen war und ist für viele Nordsudanesen attraktiver als nach Europa oder Nordamerika, weil in den arabischen Staaten annähernd kulturelle und sprachliche Kontinuität besteht und die Bindungen zur Herkunftsfamilie durch sporadisches Pendeln aufrecht erhalten werden können. Schätzungen zufolge leben heute weit über eine halbe Millionen Sudanesen in Saudi-Arabien. Gleichsam erfuhr die Rolle von Frauen durch die Wirtschaftsmigration ihrer Ehemänner eine Aufwertung, da sie zu Hüterinnen von Haus und Land wurden, bis die Männer zurückkehrten. Frauen profitierten auch von Waren und Luxusgütern, welche die Männer bei ihren Heimatbesuchen aus Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten mitbrachten, sodass diese Form der männlichen Arbeitsmigration auch für künftige Paare ein attraktives Modell darstellt und sesshafte Bauern als potenzielle Ehemänner abwertet. Durch besser bezahlte Arbeit sind junge Männer zudem in der Lage, ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt zu erhöhen und eine wohlhabendere Familie in der Heimat zu gründen. Migration, unter anderem eben nach Europa, kann dadurch zu einem begehrten Lebensstil werden. 224 (Binnen-)Flucht aus Krisengebieten Durch die beiden langjährigen Bürgerkriege im Sudan (1955/ und ) war vor allem die Zivilbevölkerung in den Südregionen von Angriffen, Vertreibungen und Plünderungen durch die Regierungstruppen oder Rebellen betroffen. Für viele bedeutete das die Zerstörung ihrer Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen. Zusätzlich zu den politischen Konflikten mussten in den 1980er und 1990er Jahren schwere ökologische Krisen wie Überflutungen oder Dürre und die daraus resultierenden Hungersnöte bewältigt werden. Die jüngeren Konflikte in Darfur (seit 2003), South Kordofan und Blue Nile (seit 2011) und der 2013 ausgebrochene südsudanesische Bürgerkrieg lösten ähnliche Dynamiken aus. In diesem Zusammenhang ist spätestens seit den 1990er Jahren durch die Zerstörung lokaler

227 Historische Mobilität Versorgungsstrukturen eine erhöhte Binnenmigration von den Peripherien ins Zentrum, also meist in den Großraum Khartoum, zu beobachten gewesen. Bei den»internally Displaced Persons«(IDPs), den Binnenvertriebenen, handelt es sich um Menschen, die meist in einem der Dutzenden improvisierten Flüchtlingssiedlungen oder von humanitären Organisationen geschaffenen Zeltcamps Zuflucht such(t)en. Allein im Sudan beläuft sich die Zahl der Binnenvertriebenen derzeit auf rund 2,3 Millionen, im Südsudan sind es etwa zwei Millionen Menschen. Die IDP-Camps oder»squattersiedlungen«(engl. squatter für»besetzer«) rund um Khartoum, El Fasher oder Bentiu haben sich für viele Geflüchtete zu dauerhaften Aufenthaltsorten entwickelt. Durch nationale und internationale Hilfsorganisationen flossen und fließen hier Ressourcen, um den Menschen eine Grundversorgung an Nahrung, Hygiene, Medizin sowie Schutz zu gewähren. Die Ausweitung solcher Unterstützungsressourcen kann zwar zu langfristigen Abhängigkeitsstrukturen führen; potenziell wird dadurch aber auch die Reorganisation lokaler familiärer, politischer oder religiöser Netzwerke ermöglicht, weil die Camps zu Informationsaustauschbörsen für verstreute Angehörige werden. Für viele sind die Camps schließlich aber doch nur ein Durchgangsort, an dem neue Kräfte gesammelt und Informationen über die weitere, teilweise grenzüberschreitende Migration oder die Rückkehr eingeholt werden. Suche nach neuen Horizonten und Zielen Die durch die diversen Bürgerkriege ausgelösten Binnendynamiken von Flucht und potenzieller Remigration bis hin zur internationalen Emigration sind in ihrer Verkettung noch nicht systematisch erforscht, lassen sich aber an individuellen Biografien von Geflüchteten, die es bis nach Europa geschafft haben, rekonstruieren. Meist handelt es sich um»step-by-step«-prozesse, weil von Situation zu Situation neue Entscheidungen getroffen werden müssen. Die notwendigen Haltestellen auf einer Flucht motivieren oftmals nicht dazu, langfristig zu bleiben, sondern weiter nach attraktiveren Zielorten zu suchen. Einzelne, denen 225

228 II. Strukturen und Lebenswelten die Einwanderung in europäischen Wohlfahrtsstaaten gelungen ist, tragen dann die Verantwortung auch die Belastung für die Verbliebenen in den Herkunftsregionen oder angrenzenden Ländern zu sorgen oder deren Nachmigration zu organisieren. Das gilt vor allem für Angehörige der politischen Eliten im Süden beziehungsweise für Oppositionelle der verschiedenen Fraktionen im Norden, die den Sudan seit Mitte der 1990er Jahre aufgrund des islamistischen Regimes verließen. Junge Akademiker ließen sich in den Nachbarstaaten Ägypten oder Kenia nieder, um aus sicherer Distanz die politischen Entwicklungen zu verfolgen und im Fall des Zusammenbruchs des Regimes möglichst schnell zurückzukehren. Durch die anhaltende Dauer des zweiten sudanesischen Bürgerkrieges wurden allerdings von diesen ersten Exil-Standorten Strategien zur internationalen Migration entwickelt. Wenn auch nur Einzelne auf direktem Wege, etwa durch Stipendien an Universitäten, nach Europa oder in die USA gelangten, konnten sie nach erfolgreicher Ausbildung und Eintritt in den Arbeitsmarkt oftmals ihren weiteren Aufenthalt im Einwanderungsland rechtlich absichern. Damit wurden Formen des Familiennachzugs möglich und die Unterstützung von Bekannten, die über Auswanderung nachdachten. Gerade durch diese Prozesse von Ortswechsel und Aufenthalten entstehen die viel verzweigten Diaspora-Netzwerke zwischen verschiedenen Aufnahmeländern und dem Herkunftsland, durch die Kontakt und kulturelle Identität aufrecht erhalten wird. Zugleich bieten diese Netzwerke aber auch sozialen Halt für diejenigen, die neu hinzukommen. Die jüngeren Entwicklungen bestätigen jedoch, dass die Mehrheit der sudanesischen und vor allem südsudanesischen Flüchtenden in der Nähe der Herkunftsregionen verbleibt, das heißt in den Nachbarstaaten. Während sich noch immer über Geflüchtete aus dem Sudan in der tschadischen Grenzregion zu Darfur aufhalten, flüchteten bis Ende 2017 über eine Million Südsudanesen überwiegend Frauen, Kinder und Alte nach Uganda, über in den Sudan und fast nach Äthiopien. Als Gründe, wieso die überwältigende Mehrheit der Südsudanesen»nur«in die Nachbarländer und nicht nach Europa fliehen, werden unter anderem der starke Bezug zu ihren Herkunftsregionen, die sich von europäischen Gesellschaften 226

229 Historische Mobilität Bis Ende 2017 flüchteten alleine über eine Millionen Südsudanesen nach Uganda. fundamental unterscheidende Lebensweise und das Fehlen der finanziellen Ressourcen für eine transkontinentale Migration gesehen. Die Herausforderung besteht nun darin, die Existenzsicherung der Geflüchteten in den Aufnahmegesellschaften beziehungsweise integrierende Maßnahmen zu unterstützen und attraktive Programme zu schaffen, sodass die Menschen wieder in die Herkunftsregionen zurückkehren können. Die Jahrzehnte der Gewalterfahrung, das erzwungene, wiederholte Hin- und Herziehen sowie der Vertrauensverlust in staatliche Maßnahmen motivieren aber nicht gerade, um einen Neuanfang in der früheren Heimat zu wagen. Es verwundert also nicht, dass einige Menschen versuchen, zu ganz»neuen Ufern«aufzubrechen. Trotz Unterstützung der Diaspora wird der kulturelle Anpassungsdruck, etwa im Rahmen der bürokratischen Systeme oder durch die fremde Sprach- und Alltagskultur, von den neu Zugewanderten aber häufig unterschätzt. Daher werden zunehmend auch sogenannte Schwellenländer, etwa Südafrika oder Indien, zu attraktiven Zielorten einer (Re-)Migration für Sudanesen, die über Bildungsqualifikationen und somit bessere Chancen auf den internationalen Arbeitsmärkten verfügen. Auch wenn viele von ihnen anschließend über transnationale Organisations- und digitale Kommunikationsformen an Prozessen des Wiederaufbaus ihrer Herkunftsregion teilhaben, gehen den Herkunftsgesellschaften hiermit gerade die qualifizierten Personen verloren, die für die Schaffung stabiler und zukunftsgerichteter Institutionen dringend benötigt würden. Cordula Weißköppel picture alliance/ap Photo/Ben Curtis 227

230 Der Name Khartoum bedeutet auf Deutsch Elefantenrüssel. Die Hauptstadt des Sudans liegt am Zusammenfluss des Weißen mit dem Blauen Nil und hat vermutlich etwa fünf Millionen Einwohner. Eigentlich umfasst das Ballungsgebiet aber drei Städte: Khartoum, Bahri (Khartoum North) sowie Omdurman, welche durch den Nil getrennt sind und wohl über acht Millionen Menschen beheimaten. Erst 1825 legte ein ägyptisches Militärlager den Grundstein für die Besiedlung. Khartoum stieg rasch zu einem wichtigen Handelsplatz auf, der von den Warenströmen zum Roten Meer profitierte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bestand die Ansiedlung mit etwa Einwohnern jedoch noch immer fast nur aus Lehmhütten. Ismail Pascha machte Khartoum zur Hauptstadt des Sudans und zum Sitz der Generalgouverneure. Während der Mahdi-Erhebung 1885 wurde die Ansiedlung zerstört, und es dauerte drei Jahre, bis sich hier erneut Menschen ansiedelten. Die Konflikte des 20. Jahrhunderts brachten unzählige Flüchtlinge nach Khartoum. Die Mittelschicht in der Stadt wächst zusehends; sie lebt in guten Häusern und genießt einen gewissen Lebensstandard. An den Stadträndern und im ländlichen Raum ist das Leben jedoch weiterhin von Armut geprägt. Eine rasante Entwicklung nahm auch Juba, die Hauptstadt des Südsudans, die hier mit El Fasher, der Landeshauptstadt von North Darfur und Sitz des UNAMID-Hauptquartieres, kurz vorgestellt wird. Jens Wieben

231 Stadtporträt Khartoum (Sudan) Welchen Eindruck erweckt Khartoum bei ausländischen Besuchern, etwa aus Nordamerika und Europa? Die in der flachen Wüste gelegene heiße, staubige Stadt, ausgebreitet am Zusammenlauf zweier Flüsse, wirkt vom Flugzeug aus wie eine Anhäufung brauner Würfel. Das klingt nicht besonders attraktiv. Bedingt durch eine entsprechende Erwartungshaltung zeigen sich die meisten Besucher zunächst doch positiv überrascht. Wer wieder kommt, staunt oft über die Veränderungen, die Khartoum in wenigen Jahren durchlaufen hat. Unbestreitbar ist, dass das geflügelte Wort der»heißesten Hauptstadt der Welt«nicht unpassend ist. An gefühlten Temperaturen gibt es in Khartoum nur warm, heiß und sehr heiß. Dass der Winter nach verbreiteter Ansicht die beste Jahreszeit ist, weil man dann auch draußen sitzen kann, erschließt sich jedem Besucher spätestens dann, wenn das Thermometer im Sommer bis auf 50 C klettert. Ein weiteres Klimacharakteristikum ist der permanente Staub. Er zeigt sich gelegentlich geballt in Form beeindruckender Staubstürme, im Sudan»Haboob«genannt, vor allem aber als allgegenwärtiger Bestandteil des täglichen Lebens. Wegen des Nilwassers ist Khartoum dennoch viel grüner als erwartet. Man wird die Stadt zwar nicht zu einer Oase verklären können, aber immerhin: Gerade die Fahrt zu den von Ausländern vorwiegend genutzten Hotels ist zumindest streckenweise fast schon von Alleen gesäumt. Afrikanischer Aufschwung? Insbesondere während der Ölboomjahre vor der Unabhängigkeit des Südsudans verzeichnete die Stadt für einige Jahre einen Aufschwung. Zu den Stadträndern hin entstanden große Gewerbegebiete. Schon bestehende Wohnviertel erlebten einen rasanten Zuwachs an Wohnbebauung, was aber auch an der in weiten Teilen des Kontinents zu beobachtenden Landflucht liegt: Junge Menschen suchen ihr Glück in der Hauptstadt. In der Innenstadt sind so manche Bürohochhäuser in den Himmel gewachsen. 229

232 II. Strukturen und Lebenswelten picture alliance/aa/abdullah Uluyurt Ein Sandsturm in Khartoum, Neue Brücken spannen sich über den Nil und einige wenige Hotels von internationalem Standard haben den Betrieb eröffnet. An eine kleine Variante von Dubai erinnert etwa das Hotel»Corinthia«, wegen seiner signifikanten Form und libyscher Finanzierung auch als»gaddafis Ei«bekannt. An der Hauptstraße zum Flughafen reihen sich immer neue Schnellrestaurants. Die bedeutenden Magistralen sind nachts beleuchtet. Leuchtreklame überstrahlt wichtige Verkehrspunkte. Konkurrierende sudanesische Mobilfunkanbieter drängen den Passanten überall ihre Werbung auf. Die wenigen öffentlichen Parks eher möchte man von Rasenflächen sprechen quellen abends, besonders am Wochenende, mit Familien beim Picknick geradezu über. Ihr Anblick vermittelt ein Gefühl von Lebensfreude. Pläne zum Aufbau von Geschäftsvierteln, die Vision eines»dubais am Nil«wie zum Beispiel die moderne Bebauung der mitten am Zusammenfluss der beiden Nils gelegenen Insel Tutti Island, sind jedoch nach der Unabhängigkeit des Südens im wahrsten Sinne des Wortes im Sande verlaufen. Mit dem Verlust der Öleinnahmen erlebte das Land einen wirtschaftlichen Schock, der sich noch heute auswirkt. Selbst in der Innenstadt sind zahlreiche Nebenstraßen nach wie vor nur unbefestigte Staubwege. Den Straßenverkehr teilen sich Eselskarren mit Personenwagen, Kleinbussen und Lkws aus allen letzten 230

233 Stadtporträts Jahrzehnten. Das eigentliche Stadtzentrum ist ein eher heruntergekommenes Viertel, in das tagsüber Kleinhändler etwas Leben bringen, das abends aber so gut wie tot ist. Gebäude, deren gute Tage vergangen sind, überwiegen die Anzeichen eines Neubeginns bei Weitem. Eine Ahnung von öffentlichem Leben bekommt man bestenfalls in einigen wenigen Straßenzügen gegenüber dem mitten im Stadtgebiet gelegenen Flughafen oder am Abend bei einem Gläschen Tee oder Kaffee am Nil, zu dem sich die Sudanesen nach der Hitze des Tages gesellig versammeln. Gleichwohl wirkt die Hauptpromenade am Blauen Nil, hübsch geziert von altem Baumbestand und eigentlich wie gemacht für einen lebhaften Publikumsverkehr, mit ihren kaum genutzten Bootsanlegern, simplen Cafés und Gerümpelplätzen eher trostlos. Die vielen begonnenen, aber nie fertig gestellten Bauten erschweren die Vorstellung von einem Aufschwung. Die Straßen der Innenstadt sind nur zu den Hauptverkehrszeiten überlastet, aber selbst dann wirkt das Chaos eher verschlafen als dynamisch. Überquert man einen der Nilarme, um in die weniger zentralen Stadtbezirke zu fahren, findet man sich schnell in einer völlig anderen Welt wieder. Handwerker basteln in engen Räumen oder direkt am Straßenrand an altertümlichen Geräten. Die überall sichtbaren Teefrauen verkaufen an der Straße Kaffee (Ghabana) und Tee (Schai), die auf offenem Feuer in alten Blechkanistern zubereitet werden. Ziegenherden treiben sich wiederkäuend auf Brachgrundstücken herum. Heerscharen barfüßiger Kinder spielen dazwischen mit irgendeinem Gegenstand Fußball. Internationale Präsenz Wegen der Präsenz der Vereinten Nationen (VN) und einer Vielzahl anderer internationaler Hilfsorganisationen sind Ausländer aus aller Welt im innerstädtischen Straßenbild keine Besonderheit. Sobald man aber den Bereich rund um den Flughafen verlässt, in dem der Großteil der Ausländer lebt und arbeitet, bietet Khartoum ein ganz anderes Bild. In den übrigen Teilen der Stadt, wo»normale«sudanesen wohnen, fallen weißhäutige Menschen auf wie Besucher von einem anderen Stern. Im Vergleich zu den alternden Gesellschaften Westeuropas springt hier ins Auge, wie 231

234 II. Strukturen und Lebenswelten picture alliance/andrew McConnell/robertharding Das mit libyschen Geldern finanzierte Fünf- Sterne-Hotel»Corinthia«in Khartoum. jung der Großteil der Sudanesen ist. Die arabischstämmigen Sudanesen tragen die»jalabia«, ein weißes, langes, kleidartiges Gewand; die dunkelhäutigeren, nicht arabischstämmigen Sudanesen kleiden sich auffallend bunt. Europäer fallen unter ihnen wahrlich als»anders«auf. Die internationale Gemeinschaft bildet dagegen eine von der sudanesischen weitgehend losgekoppelte»parallelgesellschaft«, die sich in die Teilgruppen Diplomaten, VN-Personal, NGO-Mitarbeiter und wenige Firmenvertreter unterteilen lässt. Öffentliche Möglichkeiten der Freizeitgestaltung im»westlichen«sinn bestehen nur wenige. Das einzige Kino der Stadt zeigt lediglich ägyptische Familienfilme. Es gibt jedoch mehrere Tennisplätze. Die großen Hotels der Stadt, das»rotana«und das»corinthia«, bieten zudem Sport- und Schwimmmöglichkeiten, während in Shendi vor einigen Jahren ein moderner Golfplatz eröffnete. Die»Expats«tun sich häufig eigenständig in Sportgruppen (etwas Yoga, Fußball, Badminton, Joggen) zusammen und nutzen die wenigen dafür geeigneten Areale. Vielleicht ein knappes Dutzend meist nichtsudanesische Restaurants sind so hergerichtet, dass sie Ausländer anlocken. Wegen des generellen Verbots dürfen sie jedoch keine alkoholischen Getränke ausschenken. Wohl am bekanntesten und viel frequentiert ist das»café Ozone«, wo sich Freitagmorgens (Freitag ist Wochenende im Sudan) die ausländische Gemeinde und die sudanesische Oberschicht zum Brunch treffen. Dass diese Lokalität im Grunde nur eine Bäckerei mit schattigen Sitzplätzen innerhalb eines großen Verkehrskreisels ist, zeigt die Begrenztheit des Angebots. Unterstützt von den jeweiligen Regierungen bieten ein deutsches, ein britisches und ein französisches Kulturzentrum enga- 232

235 Stadtporträts gierte, aber einfache Programme wie Filmabende oder Gemäldeausstellungen, gelegentlich auch Konzerte mit europäischen Künstlern an. Drei eher verstaubte Museen informieren über die reiche Geschichte des Sudans. Das»Derwisch-Tanzen«, das»nuba-ringen«und die Spiele der drei von privaten sudanesischen Mäzenen unterhaltenen Fußballprofimannschaften sind folkloristisch interessante Veranstaltungen. Darüber hinaus sind am ehesten noch zahlreiche spezialisierte oder allgemeine Märkte (Obst- und Gemüse-, Kamelmarkt), insbesondere der große»souk«in Omdurman, als Orte zu nennen, deren Besuch für Ausländer Abwechslung bringt. Soziale Kontakte und Lebensbedingungen Das gesellschaftliche Leben»westlicher«Ausländer in Khartoum wird vor allem durch private Initiativen organisiert. Regelmäßige Begegnungsabende der europäischen oder nordamerikanischen Botschaften für die internationale Gemeinschaft finden rasanten Zulauf. Hierbei wird auch Alkohol ausgeschenkt. Schwieriger ist es, mit Sudanesen außerberuflich in Kontakt zu kommen. Zwar werden Ausländer mit großer Höflichkeit behandelt, und gerade Deutsche profitieren oft von dem guten Ruf, den die Bundesrepublik und die deutsche Industrie bei Sudanesen haben. Die kulturelle Distanz, insbesondere Sprachdifferenzen, hemmen den Umgang jedoch merklich. Nur eine dünne Schicht Jugendlicher aus wohlhabendem Elternhaus zeigt keine Berührungsängste, offenbar von reichlich Zeit und Geld gelangweilt und wohl oft auf der Suche nach einem Schluck des geächteten Alkohols. Daneben gibt es noch Sudanesen aus der Kreativbranche oder dem Privatsektor, die den Kontakt zur internationalen Gemeinde suchen, sicher auch, da sie häufig in Europa oder Nordamerika ausgebildet worden sind. Die meisten Kontakte mit Sudanesen bleiben jedoch oberflächlich. Es zeigt sich, dass die sudanesische Gesellschaft noch sehr in sich geschlossen ist. Auch hochgestellte Sudanesen agieren auf Veranstaltungen mit mehrheitlich ausländischen Teilnehmern erkennbar gehemmt, finden erst unter sich zu lebhaftem Gespräch. Eine Annäherung gelingt am ehesten bei einer Einladung in einen der»clubs«, pri- 233

236 II. Strukturen und Lebenswelten Phillip Herzog Ein Händler bietet seine Waren im Souk in Khartoum an. vate Vereine, die oft landsmannschaftlichen Ursprung haben und in denen man sich zum Essen und Reden trifft. Eine Umstellung erfordert das Leben in Khartoum auch in praktischer Hinsicht. In der Millionenstadt existiert zwar mittlerweile eine größere Supermarktkette (SENA) mit verhältnismäßig guter Auswahl. Europäische Produkte sind jedoch meist sehr teuer. So gibt es auf der einen Seite (fast) alles zu kaufen, wenn es jedoch über Dinge des alltäglichen Bedarfs hinausgeht, besteht andererseits die Herausforderung, ein Geschäft zu finden, das den gesuchten Artikel führt. Ohne einheimische sprich: arabischsprachige Hilfe ist dies oft unmöglich. Auch einige chinesische Supermärkte und Restaurants bereichern mittlerweile das Angebot, doch tummelt sich hier vorwiegend die wachsende chinesische Gemeinde, die man ansonsten im Stadtbild eher wenig wahrnimmt. Die in Europa für selbstverständlich erachtete durchgehende Versorgung mit Strom und Wasser ist indes keineswegs gesichert. Vor allem im Sommer gibt es teils stundenlange Stromausfälle. Geschäfte finden alle gegen Bargeld statt. Kreditkarten können nicht verwendet werden. An einheimisches Bargeld kommt man daher am einfachsten durch den Umtausch gegen mitgebrachte Devisen. 234

237 Stadtporträts Zur eingangs geschilderten Überraschung vieler Besucher trägt sicher auch bei, dass die Stadt als ausgesprochen sicher gilt. Es gibt praktisch keine Gewaltkriminalität, schon gar nicht gegen Ausländer. Die im Land gegenwärtigen bewaffneten Konflikte sind in Khartoum nicht zu spüren. Um etwas von den Auswirkungen der Konflikte zu erahnen, muss man sich außerhalb der internationalen Kreise bewegen und genauer hinsehen. Zwar sind von den einst rund zwei Millionen Südsudanesen nach der Abspaltung einige in den Süden zurückgekehrt. Der nun dort schwelende Bürgerkrieg hat jedoch neue Flüchtlinge in den Sudan gebracht, wobei viele im ländlichen Raum bleiben. Nichtsdestoweniger sind Südsudanesen tagsüber im Straßenbild des Zentrums allgegenwärtig, sie wohnen aber mehrheitlich dicht gedrängt in erbärmlichen Notsiedlungen an den Rändern der Stadt oder noch weiter außerhalb. Fragt man auf den eher ärmlichen Märkten nach der Herkunft der Verkäufer etwa von Obst, Gemüse oder Holzkohle, so erfährt man, dass viele von ihnen aus weit entfernt liegenden Gegenden, nicht wenige aus dem westlichen Darfur, stammen und in der Hauptstadt ein trostloses Dasein fristen. Daneben prägen Migranten vor allem aus Eritrea, aber auch aus Äthiopien das Stadtbild. Viele von ihnen arbeiten teils illegal, wenngleich oft mit stillschweigender Billigung der Autoritäten als Wächter oder in Restaurants. Meist weibliche philippinische Hausangesstellte sind bei Ausländern oder wohlhabenden Sudanesen sehr beliebt, man sieht sie aber ebenso in der Gastronomie. Zunehmend bemerkbar macht sich der Krieg in Syrien: Syrische Staatsbürger können visafrei in den Sudan einreisen und sich hier niederlassen. Die wohlhabenderen unter ihnen konnten Restaurants oder Geschäfte mit typisch syrischen Süßigkeiten und Backwaren eröffnen. Die mittellosen betteln jedoch häufig an Straßenkreuzungen. So überrascht Khartoum in mehrfacher Hinsicht. Auf den ersten Blick wirkt die Stadt viel lebhafter als erwartet und vorwärtsstrebend. Beim zweiten Blick aber, der über die Innenstadt und die internationale Szene hinausgeht, zeigt sich, wie nah hier Aufbruch und Stagnation beieinander liegen. Roland Schißau und Philipp Herzog 235

238 II. Strukturen und Lebenswelten Stadtporträt Juba (Südsudan) Die Hauptstadt der Republik Südsudan entstand erst 1921 durch die Errichtung einer Missionsschule. Im Jahr 1929 wurde sie von der anglo-ägyptischen Kolonialverwaltung zum Verwaltungssitz des Gouverneurs der Provinz Mongalla bestimmt. Griechische Händler, welche die Kolonialtruppen versorgten, erbauten die noch heute sichtbare Infrastruktur der Stadt, darunter den Markt und das griechische Viertel, das heute den Namen»Hai Jalaba«trägt. Gebäude wie die»notos Lounge«, das Paradise Hotel, das alte Sudan Airways-Gebäude und die Nile Commercial Bank sind Zeugen dieser Entwicklung. Die Stadt liegt im traditionellen Siedlungsgebiet der Bari, einer der vielen Ethnien in der vormaligen Region Equatoria. Seit der Unabhängigkeit sind aber zahlreiche Menschen anderer Ethnien, insbesondere der Dinka und der Nuer, hinzugezogen, weswegen die Einwohnerzahl Jubas mittlerweile auf etwa gestiegen ist. Vor dem Hintergrund seit Langem schwelender Landstreitigkeiten zwischen den Zugezogenen und der Bari-Ethnie will die Regierung etwa 150 km nördlich von Juba eine neue Hauptstadt namens Ramciel erbauen. Die Verwirklichung dieses Plans ist jedoch zurzeit unrealistisch fand in der jetzigen Hauptstadt die»juba Conference«statt, welche die Einheit des Sudans bestätigte. Mit der sudanesischen Unabhängigkeit im Januar 1956 wurde Juba die Hauptstadt der Provinz Equatoria und das Zentrum der Verwaltung im Süden des Landes, da bis heute die Verkehrsanbindungen an den Norden so gut wie nicht vorhanden sind. Zählte Juba bis in die 1950er Jahre kaum mehr als 3000 Einwohner, wuchs die Bevölkerung bis 1972 auf etwa an. Grund hierfür war auch der erste Bürgerkrieg, der zahlreiche Flüchtlinge in die Stadt trieb. Mit dem Friedensschluss von 1972 wurde Juba die Hauptstadt des südlichen Autonomiegebietes und Sitz der Regionalregierung. In der Friedensperiode bis 1983 wurden mit Hilfe internationaler Geber zahlreiche neue Verwaltungsgebäude in Juba errichtet, darunter das Parlament, das Regierungsviertel und die Universität. Der zweite Bürgerkrieg stoppte die Entwicklung je- 236

239 Stadtporträts doch abrupt. Während dieses Konfliktes war Juba ein wichtiger Militärstützpunkt, den die Regierung bis zum Ende des Krieges 2005 dauerhaft hielt. Trotz einer praktisch permanenten Belagerung konnte er nie von der südsudanesischen Befreiungsbewegung eingenommen werden. Zwischen 2005 und 2011 fungierte die Stadt erneut als Sitz der autonomen Regierung des südlichen Sudans, ehe Juba mit der Unabhängigkeit von 2011 offizielle Hauptstadt des Südsudans wurde. In dieser Periode erlebte Juba durch den Öl-Boom einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung. Geschäfte, Hotels, Apartmenthäuser und Restaurants entstanden, in denen die politische Elite des Landes häufig feierte. Mittlerweile werden die Gebäude vor allem von der großen Zahl internationaler Entwicklungshelfer und Mitarbeitern der Vereinten Nationen frequentiert. Indes leben die Familien der südsudanesischen Elite auch aufgrund des Bürgerkrieges häufig in Nairobi oder Kampala. Wer Juba zum ersten Mal anfliegt, dem werden zwei Dinge auffallen: die große Anzahl unfertiger Bauten und die Armada der Flugzeuge der Weltorganisation und der internationalen NGOs, welche die Rollbahn des im Nordosten der Stadt gelegenen Flughafens säumen. Die Stadt wird auf der östlichen Seite durch den Nil begrenzt, auf der südwestlichen Seite markiert ein felsiger Hügel die Position des Hauptlagers der hier ansässigen VN-Friedensmission. Sicher kann die Stadt nach Ausbruch des Bürgerkrieges Ende 2013 mittlerweile fast nur noch auf dem Luftweg erreicht werden. Die Überlandstraßen, insbesondere in Richtung Uganda, werden von ständigen Bandenüberfällen auf Lastwagen und Busse heimgesucht, die zahlreiche Todesopfer fordern. Zwar werden nach wie vor genug Lebensmittel und Versorgungsgüter aus Uganda in die Stadt gebracht, die früher beliebten Camping-Ausflüge in die Umgebung von Juba und auch der Besuch der Nationalparks sind jedoch aufgrund der Sicherheitslage nicht mehr möglich. Die Vereinten Nationen und zahlreiche Botschaften haben für ihre Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen eine Sperrstunde ab 19 Uhr verhängt. Mit Einbruch der Dunkelheit, spätestens aber ab 21 Uhr sind die Straßen menschenleer. Auffällig ist die starke Präsenz der Regierungstruppen. Vor Verwaltungsgebäuden und auf allen wichtigen Kreuzungen 237

240 II. Strukturen und Lebenswelten stehen Pick-up-Trucks mit aufgepflanzten schweren Maschinengewehren. Daneben faulenzt die aus fünf bis sechs Soldaten bestehende Besatzung auf Plastikstühlen. Besonders in der Nacht werden diese Posten verstärkt. Sie kontrollieren vor allem die lokale Bevölkerung mit einer Mischung aus Schikane und Korruption. Dazwischen bewegen sich vereinzelt Blauhelm-Patrouillen durch die Stadt, die sich meist als einzige an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h halten. Letzteres ist unter anderem eine Folge des seit 2013 herrschenden Bürgerkriegs. Zweimal, im Dezember 2013 und im Juli 2016, war auch die Hauptstadt Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen den Anhängern von Präsident Salva Kiir und von Vizepräsident Riek Machar. Die verursachten Schäden wurden zwar schnell wieder beseitigt, seit 2013 leben aber über Menschen, unter ihnen viele Nuer, in den VN-bewachten Flüchtlingslagern im Süden der Stadt. Auch vor Ausbruch des Bürgerkriegs war Juba keine attraktive Stadt. Nicht nur die jahrelange Marginalisierung durch die frühere Zentralregierung in Khartoum, sondern auch die seit 2012 herrschende Wirtschaftskrise haben deutliche Spuren hinterlassen. Nur wenige asphaltierte Straßen durchziehen die Stadt, meist unterbrochen durch Abschnitte festgefahrener Erde und von tiefen Schlaglöchern. Die Straßen führen an einer Vielzahl von Imbissständen und kleinen Geschäften entlang, die von Lebendvieh bis zu chinesischen Elektrogräten alles anbieten. Viele kenianische und ugandische Kleinhändler haben Juba wegen der Kämpfe von 2013 und 2016 verlassen. Wichtige Wirtschaft- und Infrastruktur wird dennoch von Ausländern betrieben. Hotelangestellte kommen meist aus Eritrea, Handwerker aus Kenia und Uganda. Wassertrucks werden von Äthiopiern und Somaliern gefahren. Der Verkehr ist chaotisch. Motoradtaxis, Boda Boda genannt, und schwere Geländewagen, Last- und Tankwagen verstopfen die Straßen oder bilden lange Warteschlangen an den wenigen Tankstellen, die noch Treibstoff verkaufen. Enge Seitenstraßen aus Lehm führen zu den Wohngebieten. Neben einer bunten Mischung aus mehrstöckigen Apartmenthäusern existieren hier auch mit Stacheldraht abgeschottete Villen und»tukuls«, primitive Lehmhütten, die von Neuankömmlingen meist in 238

241 Stadtporträts picture alliance/maxppp/dpa Straßenszene in Juba: Aufgrund der verschlechterten Wirtschaftslage bildeten sich im Januar 2017 vor den noch versorgten Tankstellen lange Schlangen. wenigen Tagen errichtet werden. Eine Stadtplanung oder ein öffentliches Infrastrukturnetz existiert nicht. Es gibt nur wenige ansprechende Restaurants und Hotels, in denen meist die Angehörigen der internationalen Gemeinschaft sitzen. Für den Durchschnittsverdiener im Südsudan sind die dort verlangten Preise unerschwinglich. Aber selbst die Staatsbediensteten, die zum Teil monatelang kein Gehalt ausbezahlt bekommen, versuchen durch Straßenverkäufe und andere Nebenverdienste über die Runden zu kommen. Die Zahl der bettelnden Kinder und auch die Kleinkriminalität hat zugenommen. Nur wer bei Botschaften, den Vereinten Nationen oder bei internationalen NGOs eine Anstellung gefunden hat und in US-Dollar bezahlt wird, kann mit der ständig steigenden Inflation Schritt halten. Die einst mit der Unabhängigkeit verbundenen großen Hoffnungen der Südsudanesen auf Frieden und Entwicklung sind mittlerweile verflogen. Johannes Lehne 239

242 II. Strukturen und Lebenswelten Stadtporträt El Fasher (Sudan) Der Name El Fasher bedeutet auf Deutsch»Versammlungsplatz«beziehungsweise»Königshof«und bezieht sich auf den Palast der Stadt, in dem der Sultan von Darfur bis 1916 residierte. Die Hauptstadt des sudanesischen Bundesstaates North Darfur liegt rund 800 Kilometer westlich von Khartoum und hat über eine Viertelmillion Einwohner. An El Fasher grenzen unter anderem die großen Flüchtlingslager für Binnenvertriebene Abu Shouk und Zam Zam, in denen über Menschen leben. Mit Beginn des Darfur-Konfliktes im Jahr 2003 griffen bewaffnete regierungsfeindliche Gruppen den Flughafen und die Polizeistationen in El Fasher an und nahmen die Stadt kurzzeitig ein. Die sudanesische Regierung reagierte mit einem Gegenangriff der Armee und mit der Ausrüstung von Milizen, die seitdem regelmäßig in bewaffneten Auseinandersetzungen mit den Rebellengruppen verwickelt sind. Aufgrund des Konfliktes wurde 2004 die»african Union Mission in Sudan«(AMIS) mit Hauptquartier in El Fasher gebildet. Gleichzeitig ließen sich zahlreiche humanitäre Hilfsorganisationen in der Stadt nieder. Mit Beteiligung der Vereinten Nationen (VN) konvertierte AMIS 2007 zur Hybridmission UNAMID (African Union/United Nations Hybrid Operation in Darfur); das bereits bestehende Missionshauptquartier wurde erweitert und ein angrenzendes Wohnviertel für die vielen Mitarbeiter der Mission geschaffen. Eine asphaltierte Straße verbindet nicht nur das Hauptquartier mit dem Unter- Jens Wieben Luftbild von El Fasher. 240

243 Stadtporträts kunftsviertel, sondern auch mit dem Flughafen und der Stadt. Die Beteiligung der Vereinten Nationen brachte El Fasher daher unzweifelhaft einen Aufschwung, da mit dem internationalen Publikum auch eine Menge Geld in die lokale Wirtschaft fließt. Durch ihre Präsenz und entsprechende Berichterstattungen von Missständen engagieren sich zudem auch die Hilfsorganisationen, womit sie das Überleben der Menschen insbesondere in langanhaltenden Dürreperioden sichern. Besucher aus dem Ausland sind in der Regel geschäftlich unterwegs und kommen ausschließlich mit dem Flugzeug aus Khartoum. Nachdem eine ganze Weile über Wüstengebiet geflogen wird und nur vereinzelt kleine Hütten aus Stroh ausgemacht werden können, lassen sich im Landeanflug die größeren Ansammlungen von Strohhütten am Stadtrand und die Häuser aus Lehmziegeln im Zentrum beobachten. Im Kern der Stadt befindet sich ein kleiner See, der aber aufgrund von Algen und Müll nicht besonders ansehnlich ist. Angrenzend ragen die türkisfarbenen Minarette der Moschee des ehemaligen Sultans Ali Dinar über die Stadt. Der Palast des Sultans wurde mittlerweile zum Museum umgebaut. Nach der Landung am Flughafen führt die Straße entweder in Richtung des großen VN-Camps oder in Richtung Stadt. Umliegend finden sich kleine Einkaufsläden und Stände, an denen Kleinhändler Lebensmittel verkaufen. Überall sind Kinder zu sehen, die gerne auf Fremde zugehen und sie begrüßen, oft auch, weil die Aussicht auf kleine Geschenke besteht. Im Gebiet zwischen dem Flughafen und dem VN-Camp gibt es eine Universität und Schulen. Die jüngsten Kinder laufen in rosafarbener Schulkleidung händchenhaltend zum Unterricht, die etwas Älteren sind mit grüner Hose und weißem oder hellgrünen Shirt unterwegs. Einige reiten mit Geschwistern auf einem Esel zur Schule, während sie mit ihrem Mobiltelefon Kurznachrichten verschicken. Wieder andere lesen auf dem Campus unter schattenspendenden Bäumen in ihren Lernunterlagen. Während die Wohngegenden relativ ruhig sind, spielt sich das Geschehen überwiegend auf den Marktplätzen in El Fasher und dem angrenzenden Flüchtlingslager in Abu Shouk ab. Hier werden landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der Region und Tiere gehandelt, aber auch Güter, die aus Khartoum angeliefert 241

244 II. Strukturen und Lebenswelten worden sind. Die bunte Vielfalt an Waren und die Präsentation der oft stolzen Anbieter ist in jedem Fall sehenswert. Die Aufmerksamkeit von Kindern ist auch schnell geweckt. Rasch sammeln sie sich um einen Einkäufer, um die gerade erstandenen Waren gegen eine Gebühr in Plastiktüten oder in Schubkarren transportieren zu dürfen. Abseits des Geschäftslebens finden sich in den Wohngegenden El Fashers überall Sandplätze, auf denen Jungen Fußball spielen. Viele junge Sudanesen verfolgen internationale und auch deutsche Fußballspiele und haben erfolgreiche Spieler als ihre Vorbilder. Die erwachsenen Männer versammeln sich gesellig auf Teppichen unter einem Baum und trinken Kaffee oder Tee. Die Frauen machen es ähnlich und sitzen mit den Nachbarinnen zusammen auf den Wegen vor ihren Häusern. In den Gassen sowie auf den Hauptstraßen fahren neben alten Lkws und Autos Kinder mit Eselskarren, auf denen Wasser von der Wasserstelle zu den Unterkünften transportiert wird. Weiterhin ist eine recht große Militärpräsenz wahrnehmbar. In El Fasher befindet sich das Hauptquartier der 6. Infanteriedivision der sudanesischen Armee. Am Flughafen, der ursprünglich als Militärflughafen erbaut worden war und später für die zivile Nutzung umgebaut wurde, hat die sudanesische Luftwaffe unter anderem eine Jagdstaffel mit Erdkampfflugzeugen stationiert; der Flughafen wird aber auch zur Unterstützung des Militärs mit Transportflugzeugen und -hubschraubern angeflogen. Auf den Hauptverkehrsstraßen sowie in den Gassen der Flüchtlingslager patrouillieren die weißen Radpanzer und Truppentransporter der Vereinten Nationen. Eine Urlaubsregion ist El Fasher nicht. Das Leben ist von Entbehrungen geprägt. Dazu tragen die klimatischen Bedingungen bei, welche die Temperaturen teilweise auf über 45 C treiben. In den Sommermonaten zeigt sich mit den»haboob«-sandstürmen ein weiteres Wetterphänomen. Manchmal bahnen sie sich in Form einer beeindruckend hohen Sandwalze ihren Weg. Im Sandsturm selber wird es dunkel. Sämtliche Bewegungen kommen zum Erliegen, weil der feine Sandstaub einem vollständig die Sicht nimmt. Manchmal folgen dem Sturm in der Regensaison auch Regenfälle, welche die Menschen in El Fasher dringend brauchen. Da es keine dauerhaft wassertragenden Flüsse in der Gegend gibt, 242

245 Stadtporträts Moschee des Sultans Ali Dinar in El Fasher. Jens Wieben kann im Umland nur Regenfeldbau betrieben werden. Wenn sich daher am Wegesrand Pfützen aus Regenwasser gebildet haben, wird die Gelegenheit genutzt, um die Autos darin von Kindern waschen zu lassen. Lange bleiben die Pfützen jedoch nicht und in manchen Jahren fällt fast gar kein Regen. Obwohl viele Bewohner in El Fasher über wenig Mittel verfügen, zeigen sie sich gegenüber Besuchern aus fernen Ländern sehr gastfreundlich und aufgeschlossen. Der Kontakt zur Bevölkerung ist jedoch durch Einschränkungen der Bewegungsfreiheit erschwert. Aufgrund von Raubüberfällen in den vergangenen Jahren, von denen auch Ausländer nicht verschont blieben, wurden die Sicherheitsauflagen erhöht. Auch wenn die Kriminalitätsrate seit 2016 zurückgegangen ist, waltet die Vorsicht und die Bewegungen der internationalen Truppen und Organisationen durch die Stadt werden auf das Notwendigste reduziert. So bleibt vielen UNAMID-Angehörigen ein Eindruck vom wirklichen Leben in der Stadt verwehrt. Mit einem neuen Mandat wurde im Juli 2017 eine deutliche Verkleinerung der Mission beschlossen. Nach der Schließung von Standorten in den Außenbereichen von Darfur ist auch eine spätere Reduzierung des Personals in El Fasher zu erwarten. Wie sich die Stadt in der Folge entwickeln wird, ist daher fraglich. Jens Wieben 243

246 Geschichte im Überblick Dieser chronologische Überblick beinhaltet eine Auswahl der wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Ereignisse. Bezüglich der Daten variieren die Angaben je nach Quelle. Nicht immer kann daher eine völlige Zuverlässigkeit garantiert werden. Zeit vor der Fremdherrschaft (3. Jh. v.chr. 1820) v.chr. Besiedlung des Nilufers durch nilotische Völker Gründung des Königreiches Kusch mit der v.chr Hauptstadt Kerma. ab ca Das Savannengebiet der Sahara wird zur Wüste. v.chr. Noch mehr Menschen ziehen ins Nil-Gebiet Südlich von Ägypten gründen die Nubier den v.chr. Königsstaat Kusch mit der Hauptstadt Napata Die kuschitischen Nubier erobern Ägypten und v.chr. herrschen rund 60 Jahre als Pharaonen Vertreibung der Nubier aus Ägypten durch die aus v.chr. dem Nordosten kommenden Assyrer. um 600 v.chr. Niederlage der Nubier gegen die Perser, Verlegung ihrer Hauptstadt nach Meroë. ca n.chr. Verbreitung des koptischen Christentums. ca. 350 n.chr. Zerstörung der Hauptstadt Meroë durch Ezana, König von Aksum. 4. Jh. n.chr. Zerfall des Staates Kusch Die drei nubischen Nachfolgestaaten des Königreiches Kusch Nobatia, Makuria und Alodia konvertieren zum Christentum. ab 639 Mit der Eroberung Ägyptens durch arabische Muslime kommt es im nördlichen Sudan zum ersten Kontakt mit dem Islam. 244

247 Zeit vor der Fremdherrschaft (3. Jh. v.chr. 1820) ab 10. Jh. Einwanderung von Muslimen aus Ägypten ins nördliche Nubien. Bis zum 14. Jh. weitgehende Islamisierung Zerfall des nubischen Staates. ab 1400 Etablierung des Shilluk-Königreichs mit dem Hauptort Faschoda (heute Kodok) im heutigen Südsudan. Die arabische Gruppe der Tundjer gewinnt die Macht in Darfur. In der Folge Islamisierung Eroberung von Soba, Hauptstadt von Alodia, dem letzten christlichen Königreich. Entstehung des islamischen Reichs der Fung (Fung-Sultanat) mit der Hauptstadt Sennar. etwa 1630 Gründung des Fur-Sultanats in Darfur wird El Fasher Herrschaftssitz. 18. Jh. Zerfall des Fung-Sultanats. Entstehung vieler kleiner Herrschaften. Die türkisch-ägyptische Epoche Unter Mehmed Ali erobert Ägypten weite Teile des nördlichen Sudans Gouverneur Uthman Bey gründet Khartoum Eingliederung des Königreichs der Shilluk Darfur wird von Truppen unter Zubayr Rahma Mansur erobert. Der mahdistische Staat Mahdisten-Bewegung gegen die ausländischen Besatzer unter dem selbsternannten»mahdi«muhammad Ahmad und Gründung eines eigenen Staates Juli: Britische Militärintervention und Beginn der britischen Herrschaft über Ägypten November: In der Schlacht von Shaykan töten die Mahdisten tausende ägyptische Soldaten Januar: Fall von Khartoum und Enthauptung General Charles G. Gordons durch die Mahdisten. Omdurman wird Hauptstadt des Mahdi-Staats. 245

248 Der mahdistische Staat Juni: Der»Mahdi«Muhammad Ahmad stirbt vermutlich an Typhus. Sein Nachfolger Abdallah ibn Sajjid Mohammed verdrängt die Ägypter aus dem Sudan und festigt seine Macht. ab 1885 Beginn der christlichen Missionierung des südlichen Sudans September: Sieg der anglo-ägyptischen Armee über die mahdistischen Truppen in der Schlacht von Omdurman. ab 18. September: Faschoda-Krise um Gebietsansprüche in Afrika zwischen Frankreich und Großbritannien endet mit dem Rückzug Frankreichs. Das Anglo-Ägyptische Kondominium Errichtung eines Anglo-Ägyptischen Kondominiums. Faktisch ist der Sudan eine britische Kolonie. Anerkennung des Sultans von Darfur. Tod des geflüchteten Nachfolgers des»mahdi« Weitere Revolten von Madhisten Januar: Nach Sturz des Sultans offizielle Eingliederung Darfurs in den Anglo-Ägyptischen Sudan. ab 1920 Beginn der künstlichen Bewässerung riesiger Baumwollplantagen südlich von Khartoum Februar: Großbritannien entlässt Ägypten in die Unabhängigkeit. Es behält sich Mitspracherecht bei der inneren Entwicklung im Sudan vor. seit 1938 Die Briten erlassen die»passports and Permits Ordinance«und die»closed Districts Ordinance«, wodurch Bewegungen vom Norden in den Süden erschwert werden. Schulabgänger sammeln sich im»graduates Congress«und später um die Führer der sufistischen Orden der Ansar und Khatmiyya, die sich an die Spitze der Unabhängigkeitsbewegung setzen Gründung erster politischer Parteien im Sudan (u.a. Ashigga-Partei, Umma-Partei). 246

249 Das Anglo-Ägyptische Kondominium bis 13. Juni: Juba-Konferenz: Britische und sudanesische Vertreter beschließen die Vereinigung der beiden sudanesischen Teile zu einem Gesamtstaat Kompromissvereinbarung in Kairo: Dem Sudan wird eingeräumt, sich innerhalb von drei Jahren für die Unabhängigkeit oder den Anschluss an Ägypten zu entscheiden. November: Bei den allgemeinen Wahlen gewinnt die nach Einheit mit Ägypten strebende»national Unionist Party«(NUP). Anschließend Regierungsbildung unter Ismail al-azhari unter Marginalisierung des Südens Auf einer Konferenz in Juba fordern die Parteien des Südens und die Umma-Partei vergeblich einen föderalen Status für den Süden August: Rebellion der südsudanesischen Truppen in Torit gegen eine geplante Entwaffnung und Verlegung in den Norden. In der Folge weitere Meutereien und Desertionen. Formierung eines unorganisierten bewaffneten Widerstandes. Die Republik Sudan Januar: Unabhängigkeit des Sudans. Ismail al-azhari wird erster Premierminister November: Militärputsch durch Ibrahim Abboud. Beginn einer verstärkten Arabisierung Durch die Gründung der losen»anyanya«-rebellenkoalition Ausweitung des bewaffneten Konfliktes im Süden zum Bürgerkrieg Oktober/November: Bürger- und Studentenproteste führen zum Sturz Abbouds und zur Ernennung Sirr al-khatim al-khalifas zum Premierminister April/Mai: Die Umma-Partei gewinnt die Wahlen. Muhammed Ahmed Mahgoub wird Premierminister Juni: Der Sudan unterstützt die arabische Koalition im Sechstagekrieg gegen Israel Mai: Militärputsch Jafar Mohammed al-numeiris mit Unterstützung der Kommunistischen Partei. 247

250 Die Republik Sudan März: Massaker auf Aba Island, einer Binneninsel im Weißen Nil, mit über toten Ansar-Anhängern bis 22. Juli: Prokommunistischer Putschversuch gegen al-numeiri, der aber mit Hilfe Libyens und Ägyptens an der Macht bleibt. Oktober: Per Referendum wird al-numeiri als Präsident bestätigt Schwere Dürre im Westen des Sudans Februar: Ein in Addis Abeba geschlossener Friedensvertrag beendet den ersten Bürgerkrieg. Der südliche Sudan erhält Autonomiestatus. Einige tausend Rebellen werden in die Armee integriert Oktober: Der Sudan unterstützt die arabische Koalition im Jom-Kippur-Krieg gegen Israel Im südlichen Sudan kommt es in verschiedenen Garnisonen zu Meutereien und Desertionen der in die Armee integrierten Ex-Rebellen. Ab 1980»Hit-and-run«-Angriffe in Upper Nile Juli: Ein Putschversuch Sadiq al-mahdis wird mit Hilfe von südsudanesischen Truppen niedergeschlagen Politik der nationalen Versöhnung: Begnadigung führender Exilpolitiker und Aufnahme Sadiq al-mahdis und Hassan al-turabis in die Regierung Entdeckung von Erdöl im südlichen Sudan Über Menschen sterben im Westen an einer Dürre Mai: Meuterei von Ex-Rebellen in Bor wegen ihrer vorgesehenen Verlegung in den Norden. Desertion nach Äthiopien und offizielle Gründung der»sudan People s Liberation Army«(SPLA) im Juli. 5. Juni: Aufteilung des südlichen Sudans in drei Regionen. Auflösung der Regionalversammlung. September: Einführung des islamischen Strafrechts (Scharia) für den gesamten Sudan. 248

251 Die Republik Sudan April: Militärputsch und Sturz al-numeiris nach Massendemonstrationen. General Suwar al-dahab wird neuer Staatschef. Mai: Gründung der islamistischen»national Islamic Front«(NIF) durch Hassan al-turabi April: Sadiq al-mahdi wird nach den Parlamentswahlen Premierminister einer Koalition aus Umma-Partei und der»democratic Unionist Party«(DUP). Boykott der Wahlen im südlichen Sudan Krieg zwischen arabischen Normaden und bäuerlichen Fur in Darfur. Verstärkte Bildung arabischer Milizen Juni: Militärputsch unter Omar Hassan al-bashir erklärt er sich zum Präsidenten. November: Aufstellung der paramilitärischen»popular Defence Forces«(PDF). Dezember: Massaker an mindestens 600 überwiegend der Shilluk-Ethnie angehörenden Menschen durch arabische Milizen in al-jabalein August: Bruch der SPLM/A unter Riek Machar, Lam Akol und Gordon Kong. 15. November: Riek Machar-loyale Truppen ermorden rund 2000 Dinka-Zivilisten in Bor April: Die Regierung ruft zum»heiligen Krieg«(Dschihad) gegen»ungläubige«in den Nuba-Bergen auf August: Die USA setzen den Sudan wegen seiner angeblichen Kontakte zu internationalen»terroristen«auf die Liste der»state Sponsors of Terrorism« Februar: Aufteilung Darfurs in drei Bundesstaaten. Juli: Bei Kämpfen zwischen den SPLA-Fraktionen sterben in Mayen Abun rund 1000 Zivilisten Januar: Die Vereinten Nationen verhängen Sanktionen gegen den Sudan. Dieser soll die Täter des im Juni 1995 gescheiterten Anschlags auf den ägyptischen Präsidenten in Äthiopien beherbergen. Aufhebung im September

252 Die Republik Sudan bis 17. März: Bei den Wahlen wird Omar al-bashir mit über 75 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Hassan al-turabi wird Sprecher der Nationalversammlung. Mai: Osama bin Laden verlässt den Sudan in Richtung Afghanistan Krieg zwischen bäuerlichen Masalit und arabischen Nomaden in Darfur April:»Khartoum-Agreement«zwischen der Regierung und den Rebellen um Riek Machar. Aufstellung der»south Sudan Defence Force«(SSDF). 5. November: Die USA verhängen wegen der Unterstützung internationaler»terroristen«weitere Handelssanktionen gegen den Sudan August: US-Marschflugkörperangriff auf eine Arzneimittelfabrik in Khartoum wegen des fälschlichen Verdachts der Produktion chemischer Waffen Februar: Beginn von lokalen, von der Kirche initiierten Friedensverhandlungen im südlichen Sudan. August: Beginn des Erdölexports. Dezember: Bruch Omar al-bashirs und Hassan al-turabis August: Gründung der Rebellengruppe»Justice and Equality Movement«(JEM) in Darfur Januar: Rückkehr Riek Machars zur SPLM/A. 19. Januar: Bürgenstock-Abkommen zum Waffenstillstand zwischen der Regierung und der SPLM/A in der Schweiz. 20. Juli: Machakos-Abkommen mit den Rahmenbedingungen für ein Volksreferendum im Süden. 15. Oktober: Vereinbarung über einen Waffenstillstand im Süden Februar: Bildung der Rebellengruppe»Darfur Lieberation Front«(DLF, später»sudan Liberation Movement/ Army«, SLM/A). 26. Februar: Rebellen der DLF nehmen kurzzeitig die Stadt Gulu in West Darfur ein. 250

253 Die Republik Sudan April: Rebellenangriff auf die Luftwaffenbasis in El Fasher. Eskalation der Gewalt in Darfur. Juli: Beginn der Aufstandsbekämpfung der Regierung mit massiven Menschenrechtsverbrechen in Darfur April: Waffenstillstandsvereinbarung für Darfur. 28. Mai: Addis Abeba-Vereinbarung zur Entsendung von Militärbeobachtern nach Darfur. Erste Beobachter der African Union (AU) treffen im Juni ein (AMIS). 30. Juli: Die Vereinten Nationen verhängen ein Waffenembargo über Darfur. 17. November: Die Bundesregierung beschließt, die Mission AMIS mit Lufttransportkapazitäten zu unterstützen. Der Bundestag stimmt am 3. Dezember zu. Übergangsphase Januar: Unterzeichnung des»comprehensive Peace Agreement«zwischen der Regierung und der SPLM/A in Nairobi. 24. März: Resolution 1590 zur Aufstellung einer bis zu Soldaten starken VN-Mission im Sudan (UNMIS). 13. April: Die Bundesregierung beschließt die Beteiligung an UNMIS mit bis zu 75 Soldaten. Der Bundestag stimmt dem Antrag am 22. April zu. 5. Juli: Durch Vermittlung der AU unterzeichnen die Regierung, die SLM/A und die JEM eine»declaration of Principles«zur Lösung des Darfur-Konfliktes. 9. Juli: John Garang wird zum ersten Vizepräsidenten des Sudans vereidigt. 30. Juli: Tod John Garangs bei einem Helikopterabsturz. In Khartoum und anderen Städten bricht Gewalt aus. Salva Kiir wird in der Folge neuer Vorsitzender der SPLM/A und erster Vizepräsident des Sudans. November: Bruch der SLA in Darfur und Gründung der SLM/A-MM unter Minni Minnawi. 251

254 Übergangsphase Januar bis Mai: Bei einer Entwaffnungskampagne der SPLA von Lou Nuer in Jonglei sterben rund 1200 Zivilisten und 400 Soldaten. 8. Januar: Unterzeichnung der»juba Declaration«im Südsudan und Beginn der Integration tausender Milizionäre in die SPLA. 5. Mai: Unterzeichnung des»darfur Peace Agreement«in Abuja durch die Regierung und die Rebellen der SLM/A-MM. Minni Minnawi erhält im August einen Regierungsposten. Er rebelliert im Oktober 2010 erneut. 13. Oktober: Vor allem aufgrund der Menschenrechtsvergehen in Darfur verhängen die USA weitere Wirtschaftssanktionen gegen den Sudan. 14. Oktober: Unterzeichnung des»eastern Sudan Peace Agreement«zwischen der Regierung und einer Rebellenkoalition im Osten April: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) gegen den früheren Innenminister Ahmad Muhamad Harun und einen Führer der»janjaweed«-milizen, Ali Mohammed Ali Abd-al-Rahman (Ali Kushayb). 31. Juli: Resolution 1769 des VN-Sicherheitsrates zur Aufstellung einer AU-UN Hybrid Operation in Darfur (UNAMID) mit bis zu Uniformierten. 29. September: Bei einem Rebellenangriff auf ein AMIS- Camp sterben zwölf Blauhelmsoldaten. 7. November: Die Bundesregierung beschließt mit bis zu 250 Soldaten an UNAMID teilzunehmen. Der Bundestag stimmt dem Antrag am 15. November zu Januar: Offizieller Beginn von UNAMID. 10. Mai: JEM-Kämpfer greifen Omdurman an. 13. bis 21. Mai: Kämpfe in Abyei zwischen SAF- und SPLA-Truppen. Im Juni Unterzeichnung eines Fahrplans zur Lösung des Konflikts. 8. Juli: Bei einem Hinterhalt auf einen UNAMID-Konvoi sterben sieben ruandische Peacekeeper. 252

255 Übergangsphase März: ICC-Haftbefehl gegen Präsident Omar al-bashir wegen Menschenrechtsverbrechen in Darfur. März: Bei Zusammenstößen zwischen Lou Nuer und Murle im Südsudan sterben 450 Menschen. Bei einem Gegenangriff im April kommen mindestens 250 Menschen ums Leben. 22. Juli: Das Urteil des Schiedsgerichtes über die Grenzen von Abyei wird von den Misseriya abgelehnt Februar: Aussöhnung zwischen der tschadischen und der sudanesischen Regierung. Gegenseitige Einstellung der Rebellenunterstützung. 11. bis 15. April: Omar al-bashir wird mit fast 70 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Salva Kiir erhält im Süden über 90 Prozent Zustimmung. In South Kordofan kommt es zur Verzögerung der Wahl. In Jonglei rebelliert der unterlegene Gouverneurskandidat George Athor. Athor kommt Ende Dezember 2011 kurz nach Verhandlungen ums Leben. Der ebenfalls unterlegene Kandidat David Yau Yau rebelliert im Mai. Im August 2011 stimmt er einem Friedensvertrag mit der Regierung zu. 12. Juli: Zweiter ICC-Haftbefehl gegen Omar al-bashir wegen des Verdachts auf Völkermord in Darfur bis 15. Januar: 99 Prozent der Südsudanesen entscheiden sich per Referendum für die Unabhängigkeit. März: Bei Kämpfen in Abyei sterben über 100 Menschen. März/April bis August: Rebellion unter Peter Gadet Yak und Gründung der»south Sudan Liberation Movement/ Army«(SSLM/A) im Südsudan. Nach Gadets Aufnahme in den Staatsapparat kämpfen seine vormaligen Truppen u.a. unter Bapiny Monytuil und Matthew Puljang weiter. Mai: Ahmad Harun wird unter Protest des SPLM-Politikers Abdelaziz al-hilu zum Sieger der Wahlen in South Kordofan ernannt. In der Folge fordert die sudanesische Regierung bis zum 1. Juli den vollständigen SPLA-Abzug aus sudanesischem Territorium. 19. bis 21. Mai: Kämpfe in Abyei und Einmarsch der SAF. 253

256 Übergangsphase Juni: Ausbruch des Bürgerkriegs in South Kordofan. 20. Juni: Vereinbarung über die temporäre Verwaltung in Abyei und die Zusage zu einer weiteren Mission der Vereinten Nationen. 27. Juni: Der VN-Sicherheitsrat beschließt mit Resolution 1990 die Aufstellung einer Mission für Abyei (UNISFA). 6. Juli: Die Bundesregierung beschließt die Beteiligung an der VN-Nachfolgemission UNMIS im Südsudan mit bis zu 50 Soldaten. Der Bundestag stimmt am 8. Juli zu. 8. Juli: Resolution 1996 des VN-Sicherheitsrates zur Aufstellung einer mit bis zu 7000 Soldaten umfassenden Mission im Südsudan (UNMISS). Die Republik Sudan und die Republik Südsudan 2011 bis heute Juli: Unabhängigkeit des Südsudans. Ende der UNMIS. Ein Teil der Soldaten wird den Missionen UNMISS und UNISFA unterstellt. 14. Juli: Unterzeichnung des»doha Document for Peace in Darfur«(DDPD) durch die Regierung und die Rebellenkoalition»Liberation and Justice Movement«(LJM). 1. September: Ausbruch des Bürgerkriegs in Blue Nile. 11./12. November: Zusammenschluss verschiedener sudanesischer Rebellengruppen zur»sudan Revolutionary Front«(SRF). 24. Dezember: JEM-Anführer Khalil Ibrahim stirbt bei einem Luftangriff. Er wird von seinem Bruder Gibril ersetzt. Dezember/Januar: Bei Angriffen von Lou Nuer auf Murle sterben laut VN rund 900 Zivilisten im Südsudan Januar: Wegen Streitigkeiten über den Öltransfer stellt der Südsudan die Erdölförderung ein. Februar: In Juba nennen sich die aus South Kordofan und Blue Nile kommenden SPLM/A-Funktionäre in SPLM/A-North um. März: In North Darfur werden Goldfunde gemacht. 254

257 Die Republik Sudan und die Republik Südsudan 2011 bis heute März/April: Nach Grenzzwischenfällen nimmt die SPLA kurzzeitig das ölreiche Heglig/Panthou ein. April: Erneute Rebellion David Yau Yaus im Südsudan. 23./24. Oktober: Unbekannte Flugzeuge bombardieren eine Militärfabrik in Khartoum. Die Regierung beschuldigt Israel. 27. September: Vereinbarung der beiden sudanesischen Staaten u.a. über die Modalitäten der Ölförderung. 22. November: Wegen eines Putschverdachts wird u.a. der ehemalige Direktor des Geheimdienstes, Salah Abdallah Gosh, verhaftet. 21. Dezember: Nach Abschuss eines zivilen VN-Helikopters mit vier russischen Toten durch die SPLA verschärfen die VN die Flugbestimmungen im Südsudan Januar: Unterzeichnung der»new Dawn Charter«durch die politische und bewaffnete Opposition des Sudans. April/Juni: Bapiny Monytuil akzeptiert mit anderen Re bel len führern eine Amnestie der südsudanesischen Re gierung und unterstellt seine SSLM/A-Truppen der SPLA. 6. April: Wiederaufnahme der Erdölförderung im Südsudan. 9. April: Bei einem Hinterhalt in Jonglei sterben fünf indische UNMISS-Soldaten und sieben Zivilisten. 4. Mai: Ngok Dinka Paramount Chief Kuol Deng Kuol wird von Misseriya-Angehörigen in Abyei ermordet. 29. Mai: Aufstockung von UNISFA auf 5326 Uniformierte (Resolution 2104). Juni: Johnson Olony tritt mit seiner Shilluk-Miliz der SPLA bei. 7. Juli: Entlassung von Taban Deng Gai als Gouverneur von Unity im Südsudan. 13. Juli: Bei einem Hinterhalt auf einen UNAMID- Konvoi sterben acht VN-Soldaten. 255

258 Die Republik Sudan und die Republik Südsudan 2011 bis heute Juli: Präsident Salva Kiir entlässt das gesamte Kabinett und den Vizepräsidenten Riek Machar. August: Gründung der paramilitärischen»rapid Support Forces«(RSF) im Sudan. September: Aufgrund von staatlichen Sparmaßnahmen brechen gewalttätige Proteste in Khartoum aus, die blutig niedergeschlagen werden. 27. bis 29. Oktober: Ein von Ngok Dinka in Abyei abgehaltenes Referendum zum Anschluss an den Südsudan findet keine Anerkennung. 6. Dezember: Auf einer Pressekonferenz kritisieren Riek Machar und eine Gruppe von Dissidenten den südsudanesischen Präsidenten. 14. bis 15. Dezember: In Juba wird die Versammlung des»splm National Liberation Council«einberufen. Der zweite Tag wird aufgrund von Unstimmigkeiten von den Dissidenten um Riek Machar boykottiert. 15./16. Dezember: Ausbruch des Bürgerkriegs im Südsudan. Riek Machar flüchtet aus Juba. In der Folge Massaker an hunderten Zivilisten und Festnahme hoher Politiker wegen angeblichen Hochverrats. 17./18. Dezember: Desertion Peter Gadets und Einnahme von Bor, der Landeshauptstadt von Jonglei. 19. Dezember: Machar ruft zum Sturz Salva Kiirs auf. 20. Dezember: Auf Bitten Präsident Kiirs interveniert Uganda militärisch im Südsudan. 21. Dezember: Südsudanesische Rebellen nehmen die Landeshauptstadt Bentiu im Teilstaat Unity ein. 24. Dezember: Resolution 2132: UNMISS-Aufstockung um 5500 Uniformierte. Regierungstruppen erobern Bor zurück, während die Rebellen die Landeshauptstadt von Upper Nile, Malakal, für drei Tage einnehmen. Infolgedessen kommt es zu Übergriffen auf Dinka-Zivilisten. 31. Dezember: Die Rebellen nehmen erneut Bor ein. 256

259 Die Republik Sudan und die Republik Südsudan 2011 bis heute In der dreiteiligen Operation»Decisive Summer«erobern sudanesische Truppen einen Großteil Darfurs Januar: Präsident Salva Kiir verhängt den Notstand über die Teilstaaten Jonglei und Unity. Am 17. Januar Ausweitung auf Upper Nile. 10. Januar: Südsudanesische Regierungstruppen nehmen Bentiu mit Unterstützung sudanesischer Rebellen ein. 14. Januar: Malakal fällt erneut an die Rebellen. Am 19./20. Januar gelingt den Regierungstruppen die Rückeroberung mit Hilfe von Johnson Olonys Shilluk-Miliz. 18. Januar: Mit Hilfe ugandischer Truppen nehmen Regierungssoldaten Bor ein. 23. Januar: Waffenstillstandsvereinbarung für den Südsudan in Addis Abeba, die umgehend gebrochen wird. 27. Januar: Im Sudan ruft Präsident al-bashir zu einem nationalen Dialog auf. 30. Januar: Der Warlord David Yau Yau unterzeichnet einen Waffenstillstand mit der Regierung und verspricht im Bürgerkrieg Neutralität. Am 9. Mai folgt ein Friedensvertrag, der die Integration seiner Kämpfer in die Armee und die Gründung eines neuen Verwaltungsbezirkes in Pibor vorsieht. 18. Februar: Malakal fällt erneut an die Rebellen. Es kommt zu Massakern an Shilluk. Die Stadt wird erst am 18./19. März von der SPLA-IG zurückerobert. 15. April: Nach der Einnahme von Bentiu ermorden Rebellen über 200 Menschen in einer Moschee und einem Krankenhaus. Erst Anfang Mai gelingt der Regierung mit Hilfe sudanesischer Rebellen die Rückeroberung. 15. bis 18. April: Riek Machar wird auf einem Treffen der Rebellen in Nasir als provisorischer Anführer bestätigt. 17. April: Beim Angriff auf ein VN-Camp für Vertriebene in Bor sterben rund 50 Menschen. 23. April: Salva Kiir ernennt Paul Malong zum Chef des Generalstabes. Malong wird 2016 für die Kämpfe in Juba verantwortlich gemacht. 257

260 Die Republik Sudan und die Republik Südsudan 2011 bis heute Mai: Wegen der Gewalt im Südsudan verhängen die USA Sanktionen gegen zwei Kommandeure. Weitere Sanktionen der USA, der EU und der VN folgen. 9. Mai: In Addis Abeba vereinbaren Kiir und Machar die Einhaltung des Waffenstillstands und die Aufstellung einer Einheitsregierung. Die Kämpfe gehen weiter. 3. Dezember: In Äthiopien unterzeichnet ein Teil der bewaffneten und der politischen Opposition des Sudans die»sudan Call«-Deklaration. 6. bis 12. Dezember: Auf einer Versammlung in Pagak wird das politische Programm der SPLM/A-IO verabschiedet. Generalmajor Gatwech Dual wird zum Chef des Generalstabes der Rebellen ernannt. 12. Dezember: Der ICC stellt seine Untersuchungen zu Kriegsverbrechen in Darfur aus Mangel an Unterstützung des VN-Sicherheitsrates ein Februar: Erneutes Bekenntnis zum Waffenstillstand und prinzipielle Einigung für die Aufstellung einer Übergangsregierung im Südsudan. Die Kämpfe gehen weiter. Ab März: Der Sudan unterstützt die saudische Intervention im Jemen mit Boden- und Luftstreitkräften. Ende April: Johnson Olony bricht mit der südsudanesischen Regierung und tritt der Rebellion bei. 13. bis 16. April: Omar al-bashir wird mit 94,5 Prozent der Stimmen erneut zum Präsidenten gewählt. Die Opposition boykottiert die Wahl. 19. bis 23. April: Zweite SPLM/A-IO-Konferenz in Pagak. Kommandeure um Peter Gadet kritisieren ihre Nachschublage und werden später abgesetzt. 26. April: Ein aus dem Südsudan kommender JEM-Konvoi mit über 160 Fahrzeugen wird von RSF-Einheiten fast vollständig aufgerieben. 16. Mai: Johnson Olonys Shilluk-Kämpfer nehmen Malakal ein. Kampflose Rückeroberung durch Regierungstruppen am 25. Mai. 258

261 Die Republik Sudan und die Republik Südsudan 2011 bis heute August: Riek Machar unterzeichnet eine international ausgehandelte Friedensvereinbarung (ARCSS). Salva Kiir folgt am 26. August mit Bedenken. 20. August: Omar al-bashir erlässt einen zweimonatigen Waffenstillstand für South Kordofan und Blue Nile. 28. August: Salva Kiir und Riek Machar erklären separat einen Waffenstillstand, der umgehend gebrochen wird. 22. September: Präsident al-bashir erlässt eine Generalamnestie für alle Rebellen, die am nationalen Dialog teilnehmen wollen, und erklärt einen Waffenstillstand, der regelmäßig verlängert wird. 2. Oktober: Per Dekret teilt Präsident Salva Kiir die zehn südsudanesischen Teilstaaten in Oktober: Beginn des sudanesischen»national Dialogue«in Khartoum. Die Mehrheit der Opposition boykottiert die Beratungen. 19. Oktober: Waffenstillstands erklärung von Teilen der SRF-Rebellen im Sudan. Verlängerung im April und Oktober 2016 sowie im Mai und November Oktober: Wie im Friedensvertrag vereinbart, beendet Uganda seinen militärischen Einsatz aufseiten der südsudanesischen Regierung Januar: Aus Solidarität zu Saudi-Arabien kappt der Sudan seine diplomatischen Verbindungen zum Iran. 11. Februar: Ernennung Riek Machars in Abwesenheit zum Vizepräsidenten der Übergangsregierung. 17./18. Februar: Bei Zusammenstößen zwischen Shilluk und Dinka sterben mindestens 30 Menschen im IDP- Camp der Vereinten Nationen in Malakal. 2. März: Der Südsudan wird in die Ostafrikanische Gesellschaft (EAC) aufgenommen. 5. März: Tod Hassan al-turabis nach einem Herzinfarkt. 11. bis 13. April: Per Referendum entscheiden sich angeblich über 97 Prozent der Wähler für die Beibehaltung der fünf Teilstaaten in Darfur. 259

262 Die Republik Sudan und die Republik Südsudan 2011 bis heute April: Die sudanesische Armee erklärt die Rebellion in Darfur nach der Einnahme der letzten Bastion in Jebel Marra für beendet. 26. April: Rückkehr nach Juba und Vereidigung Riek Machars zum Vizepräsidenten der Übergangsregierung. 28./29. April: Bildung und Vereidigung der 30-köpfigen Übergansregierung im Südsudan. Beginn der 30-monatigen Übergangszeit. 7. bis 11. Juli: Bei heftigen Kämpfen in Juba sterben mehrere hundert Menschen. Riek Machar und seine Anhänger fliehen in die Demokratische Republik Kongo. 26. Juli: Vereidigung Taban Deng Gais zum neuen Vizepräsidenten des Südsudans. Er wurde zuvor von Riek Machar aus der SPLM/A-IO ausgeschlossen. 12. August: VN-Resolution 2304 zur Aufstellung einer 4000 Soldaten umfassenden»regional Protection Force«(RPF) für Juba. Die ersten Elemente der RPF erreichen den Südsudan erst am 20. April September: Mit einer Zeremonie beendet die sudanesische Regierung die Umsetzung des DDPD-Vertrages. 7. Oktober: Rücktritt des ehemaligen Bul Nuer-Rebellenführers Bapiny Monytuil aus der SPLA. Im März 2018 tritt er mit seiner reaktivierten SSLM/A einer neuen Oppositionsallianz bei. 1. November: Nach Kritik am Verhalten der Vereinten Nationen während der Kämpfe im Juli wird der kenianische UNMISS-Kommandeur entlassen. Kenia zieht daraufhin alle Truppen aus dem Südsudan ab. 23. Dezember: Ein von den USA angeregtes Waffenembargo für den Südsudan scheitert im VN-Sicherheitsrat Januar: Lockerung der US-Wirtschaftssank tionen gegen den Sudan. Endgültige Aufhebung im Oktober. 11. Februar: Rücktritt des SPLA-Generalleutnants Thomas Cirillo Swaka, des ranghöchsten Soldaten aus Equatoria. In der Folge Gründung der»national Salvation Front«(NSF). 260

263 Die Republik Sudan und die Republik Südsudan 2011 bis heute Februar: Die VN rufen in zwei Landkreisen im südsudanesischen Teilstaat Unity eine Hungersnot aus. Aufhebung nach internationalem Hilfseinsatz im Juni. März: Spaltung der SPLM/A-N in einen von Abdelaziz al-hilu und einen von Malik Agar geführten Flügel. 25. März: Auf einem IGAD-Gipfel verkündet Präsident Kiir einen Waffenstillstand und eine Amnestie für alle, die der Gewalt abschwören. Die Kämpfe gehen weiter. 9. Mai: Salva Kiir entlässt den Chef des Generalstabes Paul Malong, der anschließend bis November in Juba unter Hausarrest gestellt wird. Mai/Juni: In Darfur kommt es zu heftigen Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen. 22. Mai: Präsident Salva Kiir erlässt zum Beginn des»national Dialogue«einen einseitigen Waffenstillstand. Ein Großteil der Opposition lehnt den Prozess ab. 24. Mai: Durch Resolution 2352 wird UNISFA auf 4791 Uniformierte reduziert. Im März 2018 folgt eine weitere Reduzierung auf 3959 Uniformierte (Resolution 2416). 29. Juni: Mit Resolution 2363 leitet der VN-Sicherheitsrat die Reduktion von UNAMID auf 8735 Soldaten und 2500 Polizisten ein. Am 13. Juni erfolgt die Reduktion auf 4050 Soldaten (Resolution 2429). 17. Juli: Präsident Salva Kiir verhängt den Notstand in Teilen von Bahr al-ghazal, um zwischengesellschaftliche Gewalt einzudämmen. 6. August: Südsudanesische Regierungstruppen nehmen das vormalige Rebellenhauptquartier in Pagak ein. Ende August: Die Regierung Sudans startet eine von der RSF unterstütze Entwaffnungskampange, die von den lokalen Gruppen abgelehnt wird. 26. November: In North-Darfur kommt es zu Kämpfen zwischen RSF-Einheiten und Musa Hilals Border Guards. In der Folge werden Musa Hilal und drei seiner Söhne festgenommen. 261

264 Die Republik Sudan und die Republik Südsudan 2011 bis heute 2017 Dezember: Nach dem Tod von über 170 Menschen bei zwischengesellschaftlicher Gewalt verhängt Präsident Kiir den Notstand über weitere Teile in Bahr al-ghazal. 21. Dezember: Auf IGAD-Initiative stimmen 14 Konfliktparteien im Südsudan einem neuen Waffenstillstand zu, der wiederholt gebrochen wird. 24. bis 26. Dezember: Als erster türkischer Präsident seit Sudans Unabhängigkeit besucht Recep Tayyip Erdoğan Khartoum und vereinbart den Aufbau der Hafenstadt Suakin. 30. Dezember: Zur Ausweitung der Entwaffnungskampagne im Sudan wird über Kassala und North Kordofan ein sechsmonatiger Ausnahmezustand verhängt Februar: Die USA verhängen ein Waffenembargo gegen den Südsudan. Am 21. März folgen Sanktionen gegen 15 südsudanesische Firmen in der Ölindustrie. 1. März: Neun kleinere südsudanesische Oppositionsbewegungen schließen sich zur»south Sudan Opposition Alliance«(SSOA) zusammen. 26. März: Die IGAD-Staaten drohen mit gezielten Sanktionen gegen Personen, die den Waffenstillstand brechen und regen das Ende des Hausarrests von Riek Machar in Südafrika an. März/April: In Jebel Marra kommt es erneut zu Gefechten zwischen Truppen der SLM/A-AW und Einheiten der RSF, in deren Folge mehrere Tausend Menschen vertrieben werden. 9. April: Im Südsudan gründet der ehemalige Generalstabschef Paul Malong die»south Sudan-United Front«(SS-UF) und ruft zum Sturz von Salva Kiir auf. Am 2. Februar hatte ihn die EU mit Sanktionen belegt. 2. Mai: Nach dem überraschenden Tod des südsudanesischen Generalstabschefs James Ajongo wird General Gabriel Jok Riak zu dessen Nachfolger ernannt. Riak wurde von den VN 2015 mit Sanktionen belegt. 262

265 Die Republik Sudan und die Republik Südsudan 2011 bis heute 7. Mai: Südsudans Vizepräsident Taban Deng Gai gibt den Zusammenschluss seiner Rebellenfraktion mit der Regierungspartei SPLM bekannt. 27. Juni: In Khartoum unterzeichnet die südsudanesische Regierung mit den Rebellen ein weiteres Waffenstillstandsabkommen, das wiederholt gebrochen wird. 6. Juli: In Khartoum vereinbaren die südsudanesischen Konfliktparteien die Zusammenführung aller Kämpfer innerhalb von acht Monaten nach Beginn einer neuen Übergangsregierung. 12. Juli: Das südsudanesische Parlament verlängert die Amtszeit der südsudanesischen Regierung gegen internationalen und nationalen Protest bis Juli: Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhängt ein Waffenembargo gegen den Südsudan. 5. August: Auf Vermittlung des sudanesischen und des ugandischen Präsidenten unterzeichnen die Konfliktparteien im Südsudan ein neues Friedensabkommen. Riek Machar erhält erneut den Posten eines Vizepräsidenten. 8. August: Präsident Salva Kiir erlässt eine Amnestie für Riek Machar und weitere Rebellen. 12. August: Sudans Präsident Omar al-bashir wird von seiner Partei für eine weitere Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen 2020 ins Gespräch gebracht. Da ein Präsident bislang nur zwei Amtszeiten regieren kann, wäre für die Nominierung eine Verfassungsänderung erforderlich. Bernhard Chiari, Dieter H. Kollmer und Torsten Konopka 263

266 Erinnerungsorte (siehe hierzu Klappkarte am Ende des Buches) 1. Abyei (umstritten)... Die Region Abyei liegt an der Grenze zwischen dem Sudan und dem Südsudan und wird von beiden Regierungen beansprucht. Mit ihren üppigen Weideflächen ist sie Heimat der Ngok Dinka und saisonales Migrationsgebiet der Misseriya-Nomaden. Aufgrund des bestehenden Konfliktpotenzials ist seit 2011 die UNISFA in Abyei stationiert. 2. Ad-Damazin (Sudan)... Ad-Damazin ist die Hauptstadt des einzigen (nord-)sudanesischen Bundesstaates, der nach den Wahlen von 2010 nicht von einem Gouverneur der Regierungspartei NCP, sondern von Malik Agar, dem damals dritten stellvertretenden Vorsitzenden der SPLM, regiert wurde. Nach Ausbruch des Bürgerkrieges in South Kordofan kam es im September 2011 auch in ad-damazin zu heftigen Kämpfen, als SAF-Truppen Agars Residenz angriffen und ihn zur Flucht zwangen. Die Stadt ist seit den 1960er Jahren vor allem wegen des in der Nähe errichteten Roseires-Staudamms von strategischer Bedeutung. 3. Bagrawija (Pyramiden von Meroë, Sudan)... Um das unbedeutende Dorf etwa 200 Kilometer nordöstlich von Khartoum liegen die Pyramiden von Meroë, errichtet vom 3. Jh v. Chr. bis etwa 300 n.chr. Hauptstadt des Reiches von Kusch. Die aus Stein erbauten Pyramiden dienten den Herrschern und hohen Beamten des Reiches als Grabstätten. Architektur und Totenkult unterlagen starken ägyptischen Einflüssen. Etwa 900 Gräber sind um Bagrawija erhalten. Mit einer Höhe von weniger als 30 Metern reichen die Bauwerke nicht an die ägyptischen Pyramiden heran, dokumentieren aber die antike Geschichte des heutigen Sudans. Seit 2011 gehört die archäologische Stätte von Meroë zum UNESCO-Weltkulturerbe. 4. Bentiu (Südsudan)... Bentiu ist die Hauptstadt des südsudanesischen Teilstaates Unity wurden in der Gegend große Ölvorkommen gefunden. Nach Ausbruch des südsudanesischen Bürgerkriegs im Dezember 2013 wechselte Bentiu mehrmals die Kontrolle zwischen den Konfliktakteuren. Mit über Menschen ist das dortige IDP-Camp mittlerweile der zweitgrößte Ballungsraum des Südsudans. 264

267 Erinnerungsorte 5. Bor (Südsudan)... Im Dezember 1905 errichtete Archibald Shaw die erste Mission der Church Missionary Society in einem Vorort von Bor. In der Gegend, die zur Heimat verschiedener Dinka-Gruppen zählt, kam 1945 auch der spätere Rebellenführer John Garang zur Welt. Die Meuterei der in Bor stationierten Soldaten in die Armee integrierte Ex-Rebellen des ersten Bürgerkriegs markierte im Mai 1983 den Beginn des zweiten Bürgerkriegs kam es hier zudem zum»bor-massaker«, bei dem zu Riek Machar loyal stehende Truppen rund 2000 Dinka ermordeten. Im südsudanesischen Bürgerkrieg wechselte die Kontrolle über die Stadt mehrmals zwischen den Konfliktparteien. In dessen Folge wurde ein Großteil der Zivilisten vertrieben oder ermordet. 6. Dongola (Sudan)... Dongola entstand 1811/12 als Zufluchtsort der Mameluken, einer ägyptischen Soldatenkaste, nachdem Mehmed Ali, der Statthalter des osmanischen Sultans in Ägypten, zu Beginn des 19. Jh. zahlreiche von ihnen hatte ermorden lassen. Muhammad Ahmad, der spätere Mahdi, wurde wenige Kilometer südlich von Dongola geboren. Heute ist die am Westufer des Nils gelegene Stadt ein bedeutender Durchgangsort für Migranten in Richtung Libyen und Europa. Dongola ist von dem 50 Kilometer entfernten Alt-Dongola auf der östlichen Nil-Seite zu unterscheiden, das bereits im 11. Jh. unterging, dessen Ruinen aber bis heute an die Zeit der christlichen Herrscher in Nubien erinnern. 7. El Fasher (Sudan) siehe Stadtporträt Juba (Südsudan) siehe Stadtporträt Kadugli (Sudan)... Die Bevölkerung in der Region um Kadugli gehört überwiegend zur Ethniengruppe der Nuba. Im Juni 2011 kam es hier zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und SPLA-Einheiten, die zum Ausbruch des Bürgerkriegs in South Kordofan führten. Aufgrund der Kämpfe zogen sich die Rebellen aus der Stadt zurück, die seither durchgängig von der Regierung kontrolliert wurde. Mehrfach wurde die Stadt jedoch von den Rebellen beschossen. 10. Kassala (Sudan)... Das ehemalige ägyptische Militärlager am Fuße der Taka-Berge war zur Zeit des eritreischen Unabhängigkeitskampfs ( ) Ziel 265

268 Erinnerungsorte zahlloser Flüchtlinge. Während des zweiten sudanesischen Bürgerkriegs ( ) siedelten Zehntausende sudanesische Flüchtlinge aus den Nuba-Bergen in den Außenbezirken der Stadt, in der noch immer die Überreste einer im Mahdi-Aufstand zerstörten Moschee der Khatmiyya stehen wurde hier Hassan al-turabi, der ehemalige Führer der islamisch-fundamentalistischen Muslimbruderschaft im Sudan, geboren. Derzeit dient Kassala vor allem für Flüchtlinge aus Eritrea auf ihrem Weg nach Libyen als Eingang zum Sudan. 11. Khartoum (Sudan) siehe Stadtporträt Kodok (ehem. Faschoda, Südsudan)... Die um 1820 gegründete Stadt trug bis zu ihrer Umbenennung im Jahr 1905 den Namen Faschoda und ist ein politisch bedeutendes Zentrum der Shilluk-Ethnie kollidierten hier die Interessen der beiden Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien, die jeweils eine Ost-West- bzw. Nord-Süd-Durchdringung des afrikanischen Kontinents planten. Der Konflikt konnte 1899 friedlich beigelegt werden. Nach Unterzeichnung eines Abkommens, der Entente Cordiale, zwischen Frankreich und Großbritannien 1904 erhielt die Stadt den Namen Kodok, um die Erinnerung an den Zwischenfall auszublenden. Seit den 1930er Jahren entwickelte sich Kodok zu einem Zentrum der katholischen und presbyterianischen Kirche im Sudan. 13. Kosti (Sudan)... Der Name der Stadt geht auf ihren Gründer, einen griechischen Händler, zurück, der das Gebiet im 19. Jh. bereiste. Im durch die Stadt fließenden Nil liegt die Insel Aba mit der gleichnamigen Festung, Zentrum und Ausgangspunkt der Mahdi-Bewegung. Muhammad Ahmad ( ) sammelte hier seine An hänger und wirkte als religiöser Lehrer. Nach der militärischen Nieder lage seines Nachfolgers in der Schlacht von Omdurman 1898 nutzte die Mahdi-Familie die Insel als Rückzugsgebiet. Als Beschützer der Mahdisten gilt die islamische Ansar-Bruderschaft. Die Ansar betrach teten Muhammad Ahmad als ihren Mahdi, den von Gott gesendeten Messias, der alles Unrecht auf Erden beseitigen wird. Bei einer blutig niedergeschlagenen Revolte auf der Insel Aba starben 1970 über Ansar-Anhänger. 266

269 Erinnerungsorte 14. Malakal (Südsudan)... Die Hauptstadt der südsudanesischen Region Upper Nile liegt in einem der am schwersten umkämpften Gebiete des südsudanesischen Bürgerkriegs. Da ein Großteil des Erdöls aus Upper Nile stammt, besitzt die Stadt enorme strategische Bedeutung und wechselte mehrfach den Besitzer. Vor allem Angehörige der Shilluk-Ethnie beanspruchen Ländereien westlich des Nils. 15. Napata (Sudan)... Der ägyptische Pharao Thutmosis III. gründete Napata um 1450 v. Chr. Später stieg die Stadt zum Herrschaftssitz des nubischen Königreichs von Kusch auf. Bis heute künden Ruinen von der großen Vergangenheit Napatas. Europäische Entdecker fanden 1820 zahlreiche Tempel und Paläste. Viele Generationen ägyptischer und nubischer Herrscher verewigten sich in den Pyramiden und Prunkbauwerken von al-kurru, Nuri und Barkal. Die Region gehört seit 2003 zum UNESCO-Weltkulturerbe. 16. Nyala (Sudan)... Die Mahdisten-Bewegung des ausgehenden 19. Jh. erlebte in der alten Hauptstadt des Fur-Sultanats im Jahre 1921 eine zweimonatige Renaissance, der insgesamt über 800 Menschen zum Opfer fielen. In der Folge wurde die Region kategorisch marginalisiert, auch wenn Nyala 1959 eine Eisenbahnverbindung nach Khartoum erhielt. Bis 1944 existierten für ganz Darfur jedoch nur zwei Grundschulen, eine davon in Nyala. Durch die Vertreibungen eines Großteils der ländlichen Bevölkerung während des Darfur-Kriegs wuchs Nyala, die Hauptstadt von South Darfur, Anfang des 21. Jh. zum zweitgrößten Ballungszentrum des Sudans an. Ein Großteil der in der Aufstandsbekämpfung eingesetzten sudanesischen Militärhelikopter ist auf dem dortigen Flugplatz stationiert. 17. Omdurman (Sudan)... Omdurman, am westlichen Ufer des Nils gelegen, bildet zusammen mit Khartoum und Bahri (Khartoum North) das kulturelle und industrielle Zentrum des Sudans. Zwischen 1885 und 1898 war Omdurman Hauptstadt des Mahdi-Staats. Noch heute kann hier das Grabmahl von Muhammad Ahmad, dem Mahdi, besucht werden. Im Mai 2008 marschierten Rebellen aus Darfur bis nach Omdurman 267

270 Erinnerungsorte und verwickelten die Regierungstruppen in heftige Kämpfe. Nie zuvor waren Rebellen so nah an die Hauptstadt herangerückt. 18. Port Sudan (Sudan)... Die 1905 gegründete Stadt Port Sudan ist der bedeutendste Hafen des Landes und seit 1999 Endpunkt der im Südsudan beginnenden Ölpipeline. Bereits unter britischer Herrschaft durch die Eisenbahn mit Khartoum verbunden, existiert in Port Sudan auch eine der wenigen Raffinerien des Landes. 19. Sennar (Sudan)... Zwischen etwa 1500 und 1821 lag hier die Hauptstadt des Sultanats Fung, eines afro-islamischen Reiches. Am 13. Juni 1821 von ägyptischen Truppen erobert, gehörte Sennar zu den letzten Städten der ägyptischen Herrschaft im Sudan, bevor die Mahdisten 1885 die Macht übernahmen. Die Stadt wurde bei den Kämpfen vollständig zerstört. Bedeutung erlangte die neuaufgebaute Siedlung am Blauen Nil mit der Errichtung des Sennar-Damms im Jahr 1925/26, der bei der Bewässerung von Baumwollplantagen helfen sollte. 20. Torit (Südsudan)... Ab 1917 war hier das»equatorial Corps«der britischen Kolonialtruppen stationiert. Mit der Meuterei der dortigen Truppen am 18. August 1955 kündigte sich der erste Bürgerkrieg an. Torit blieb in beiden südsudanesischen Sezessionskriegen Zentrum der Auseinandersetzungen. Im Gegensatz zu Juba und Malakal konnte Torit mehrfach von den Rebellen erobert, aber nie dauerhaft gehalten werden. 21. Wau (Südsudan)... Die Hauptstadt des Teilstaates Western Bahr al-ghazal wurde einst als Basis für den Sklavenhandel im 19. Jh. gegründet. Während des Anglo-Ägyptischen Kondominiums avancierte die Stadt zu einem der Verwaltungszentren des besetzten Territoriums und wurde 1962 an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Während des zweiten Bürgerkriegs war die Stadt dauerhaft im Besitz der Regierung. Zwar blieb Wau zum Beginn des südsudanesischen Bürgerkriegs von Kämpfen verschont, vor allem 2017 kam es jedoch auch hier zu Übergriffen gegen potenzielle Oppositionelle. Bernhard Chiari, Dieter H. Kollmer und Torsten Konopka 268

271 Literatur und neue Medien Die hier dargebotene Literaturliste ist lediglich eine Auswahl vor allem neuerer Publikationen. Soweit vorhanden, sind bei Buchtiteln die deutschen Übersetzungen aufgeführt. Die genannten Werke sind zum Teil im Buchhandel vergriffen. Bitte wenden Sie sich in diesem Fall an Bibliotheken oder suchen Sie nach antiquarischen Ausgaben (z.b. bei www. zvab.com). Wissenschaftliche Literatur... Ahmed, Abdel Ghaffar Mohamed, and Leif O. Manger (Eds.), Understanding the Crisis in Darfur. Listening to Sudanese Voices, Bergen 2006 Akok, Garang [u.a.] (Hrsg.), Terrorismus im Namen des Islam und das Horn von Afrika. Der vergessene Konflikt im Sudan und die Rolle Osama bin Ladens, Marburg 2002 Akol, Lam, Southern Sudan. Colonialism, Resistance and Autonomy, Trenton [u.a.] 2007 Akol, Lam, SPLM/SPLA: Inside an African Revolution, 2. Ed., Khartoum 2009 Ali, Hamid Eltigani (Ed.), Darfur s Political Economy. A Quest for Development, London 2014 Alier, Abel, Southern Sudan. Too Many Agreements Dishounoured, 2. Ed., Reading 2003 Ashworth, John [u.a.], The Voice of the Voiceless: The Role of the Church in the Sudanese Civil War, , Nairobi 2014 Back, Irit, Intervention and Sovereignty in Africa. Conflict Resolution and International Organizations in Darfur, London 2016 Barltrop, Richard, Darfur and the International Community. The Challenges of Conflict Resolution in Sudan, London 2011 Bassil, Noah R., The Post-Colonial State and Civil War in Sudan. The Origins of Conflict in Darfur, London, New York 2015 Beny, Laura Nyantung, and Sondra Hale (Eds.), Sudan s Killing Fields: Political Violence and Fragmentation, Trenton [u.a.] 2015 Breitung, Claudia, Wolf-Christian Paes and Luuk van de Vondervoort, In Need of a Critical Re-think. Security Sector Reform in South Sudan, BICC Working Paper 6, Bonn 2016, tx_bicctools/working_paper_6_01.pdf Brown, Elijah Matthew, The Road to Peace. The Role of the Southern Sudanese Church in Communal Stabilisation and National Resolution, Dissertation, University of Edinburgh 2008 Bubenzer, Friederike, and Orly Stern (Eds.), Hope, Pain & Patience. The Lives of Women in South Sudan, Sunnyside

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279 Literatur und neue Medien Carney, Timothy, Victoria Butler and Michael Freeman, Sudan. The Land and the People, Belfast 2005 Churchill, Winston, Kreuzzüge im Reich des Mahdi, Frankfurt a.m (zuerst: The River War, London 1899) Eltayeb, Tarek, Das Palmenhaus, Berlin 2007 Eltayeb, Tarek, Städte ohne Dattelpalmen, Wien 2000 Galla, Randolph, Sudanesisch-Arabisch. Wort für Wort, Bielefeld 1997 (= Kauderwelsch, 58) Göbel, Karl, Nilwasser Zaubertrank. Medizin und Abenteuer am Äquator, Gelnhausen 2002 Hari, Daoud, Der Übersetzer. Leben und Sterben in Darfur, München 2008 Halima, Bashir, und Damien Lewis, Tränen der Wüste, München 2010 Jal, Emmanuel, War Child. A Boy Soldier s Story, London 2009 Mahjoub, Jamal, Die Stunde der Zeichen, Frankfurt a.m May, Karl, Im Sudan, Wien 2002 Nazer, Mende, Sklavin. Gefangen, geflohen, verfolgt, München 2004 Nazer, Mende, Befreit. Die Heimkehr der Sklavin, München 2007 Neudeck, Rupert, Reise ans Ende der legalen Welt. Die Nuba-Berge des südlichen Sudan, Münster 2001 Rolin, Olivier, Meroe, Berlin 2002 Salich, Tajjib, Bandarschah, Basel 2001 Salich, Tajjib, Eine Handvoll Datteln. Erzählungen aus dem Sudan, Basel 2000 Salich, Tajjib, Sains Hochzeit. Roman aus dem Sudan, Basel 2004 Salich, Tajjib, Zeit der Nordwanderung. Roman aus dem Sudan, Basel 2001 Slatin Pascha, Rudolph, Feuer und Schwert im Sudan, Lenningen 1997 Wek, Alek, Nomadenkind. Meine Flucht aus dem Sudan und mein Weg zum Topmodel, Frankfurt a.m Dokumente... African Union, Final Report of the African Union Commission of Inquiry on South Sudan, Addis Ababa, 15 October 2014, peaceau.org/uploads/auciss.final.report.pdf Deutscher Bundestag, Drucksache 16/6941, 7. November 2007, dipbt.bundestag.de/doc/btd/16/069/ pdf [angenommener Antrag zur Beteiligung der Bundeswehr an UNAMID] Deutscher Bundestag, Drucksache 17/6449, 6. Juli 2011, bundestag.de/dip21/btd/17/064/ pdf [angenommener Antrag zur Beteiligung der Bundeswehr an UNMISS] International Commission of Inquiry on Darfur (ICID), Report to the United Nations Secretary-General, Pursuant to Security Council Resolution 1564 of 18 September 2004, Geneva, 25 January 2005, 277

280 Literatur und neue Medien United Nations Security Council, Resolution 1769 (2007) vom 31. Juli 2007, RES/1769(2007) [Aufstellung der AU-VN-Mission UNAMID] United Nations Security Council, Resolution 1990 (2011) vom 27. Juni 2011, RES/1990(2011)&referer= resolutions/2011.shtml&lang=e [Aufstellung UNISFA] United Nations Security Council, Resolution 1996 (2011), vom 8. Juli 2011, RES/1996(2011)&referer= resolutions/2011.shtml&lang=e [Aufstellung UNMISS] UNMISS, Conflict in South Sudan. A Human Rights Report, 8 May 2014, conflict_in_south_sudan_-_a_human_rights_report.pdf UNMISS, Flash Human Rights Report on the Escalation of Fighting in Greater Upper Nile, April/May 2015, 29 June 2015, unmissions.org/sites/default/files/final_version_flash_human_ rights_report_on_the_escalation_of_fighting_in_greater_upper_ nile.pdf Filme... Beats of the Antonov, Regie: Hajooj Kuka, Sudan/Südafrika 2014 [Dokumentation über den Krieg in den Nuba-Bergen, der 2011 ausbrach] Darfur Der vergessene Krieg, Regie: Uwe Boll, USA 2009 [Kriegsdrama des deutschen Regisseurs um eine Gruppe US-Jounalisten im Dafur-Konflikt] Darfur Now, Regie: Ted Braun, USA 2007 [Im Mittelpunkt dieses Dokumentarfilms stehen sechs Personen, die versuchen, der Gewalt in Darfur ein Ende zu bereiten] The Devil Came on Horseback, Regie: Annie Sundberg, Ricki Stern, USA 2007 [Dokumentarfilm über den Konflikt in Darfur] The Four Feathers, Regie: Zoltan Korda, Großbritannien 1939 [Abenteuerfilm um Liebe, Rivalität und Ehre eines britischen Soldaten im Sudan zur Zeit des Mahdi-Aufstands] The Four Feathers, Regie: Shekhar Kapur, Großbritannien 2002 [Neuverfilmung der Romanvorlage von A.E.W. Mason] Geh und Lebe, Regie: Radu Mihaileanu, Frankreich, Israel 2005 [Ein kleiner Junge wird im Rahmen der»operation Moses«vom Sudan nach Israel gebracht] God Grew Tired of Us. The Story of Lost Boys of Sudan, Regie: Christopher Dillon Quinn, USA 2006 [Dokumentarfilm zum Schicksal von vier sudanesischen Bürgerkriegsflüchtlingen und ihrem Leben in den USA] 278

281 Literatur und neue Medien The Good Lie Der Preis der Freiheit, Regie: Philippe Falardeau, USA 2014 [Spielfilm über drei aus dem Bürgerkrieg in die USA geflohene Kinder] Khartoum Der Aufstand am Nil, Regie: Basil Dearden, Eliot Elisofon, Großbritannien 1966 [Abenteuerfilm über die Kämpfe um die Hauptstadt Sudans während des Mahdi-Aufstands] Machine Gun Preacher, Regie: Marc Forster, USA 2011 [Actionfilm vor dem Hintergrund des zweiten sudanesischen Bürgerkriegs] Östlich von Sudan, Regie: Nathan Juran, Großbritannien 1964 [Sudan um 1880: Ein kleiner englischer Vorposten wird von den Truppen des Mahdi überrannt] War Child, Regie Christian Karim Chrobog, USA 2008 [Dokumentation über den ehemaligen Kindersoldaten und heutigen südsudanesischen Rapper Emmanuel Jal] Internet... [aktuelle Nachrichten über den Südsudan] [aktuelle Nachrichten über den Sudan] [Sudan Vision; private sudanesische Tageszeitung] [Thinktank mit einem Fokus auf Ostafrika und den Sudan] [Sudanese Media Center; regierungsfreundliche Nachrichtenagentur] [Sudan News Agency; sudanesische Nachrichtenagentur] [Gurtong Trust Peace and Media Project; südsudanesisches Blog und Nachrichtenportal] [deutschsprachige Seite über Literatur in Afrika] [Schweizer Thinktank, regelmäßige Berichte über die Konflikte im Sudan/Südsudan] [Sudan Tribune; in Frankreich ansässiges Nachrichtenportal über den Sudan und den Südsudan] [The East African; Nachrichten aus Ostafrika und dem Südsudan] [ehemaliger Internetauftritt der UNMIS mit Zahlen und Dokumenten] [Internetauftritt der UNAMID mit Zahlen und Dokumenten] 279

282 Literatur und neue Medien [Internetauftritt der UNISFA mit Zahlen und Dokumenten] [Internetauftritt der UNMISS mit Zahlen und Dokumenten] [Radio Tamazuj; ein in den Niederlanden ansässiges Radio- und Nachrichtenportal über den Sudan und den Südsudan] [Internetauftritt der UNAMID] [Internetauftritt der UNISFA] [Internetauftritt der UNMISS] [internationale NGO für Menschenrechte, die regelmäßig über beide Staaten berichtet] [internationale NGO, die regelmäßig über die Konflikte im Sudan/Südsudan berichtet] [Radio Dabanga; ein von einer niederländischen NGO betriebene Radio- und Nachrichtenseite mit dem Fokus auf Darfur] [internationale NGO für Menschenrechte, die regelmäßig über die beiden Staaten berichtet] [südsudanesischer Thinktank] [Übersicht über die gegen den Sudan verhängten Sanktionen und Berichte der VN-Experten] [Übersicht über die gegen den Südsudan verhängten Sanktionen und Berichte der VN-Experten] 280

283 Abkürzungen AA ALF AU AUHIP Abkürzungen Auswärtiges Amt Azania Liberation Front African Union/Afrikanische Union African Union High Level Implementation Panel for Sudan Bruttoinlandsprodukt Comprehensive Peace Agreement Doha Document for Peace in Darfur Deutsche Demokratische Republik Darfur Peace Agreement Democratic Union Party East African Community European Union Eastern Sudan Peace Agreement Germany Trade and Invest Human Development Index Internally Displaced Person(s) International Criminal Court Intergovernmental Authority for Development Justice and Equality Movement Liberation and Justice Movement Lord s Resistance Army Multi-Donor Trust Fund National Congress Party Non-Governmental Organization National Islamic Front National Intelligence and Security Service National Salvation Front National Unionist Party Office for the Coordination of Humanitarian Affairs Popular Congress Party Popular Defence Forces Regional Mixed Migration Secretariat Regional Protection Force Rapid Support Forces Sudan Armed Forces Sudan African National Union Sudan Liberation Movement/Army BIP CPA DDPD DDR DPA DUP EAC EU ESPA GTAI HDI IDP ICC IGAD JEM LJM LRA MDTF NCP NGO NIF NISS NSF NUP OCHA PCP PDF RMMS RPF RSF SAF SANU SLM/A SLM/A-AW Sudan Liberation Movement/Army Abdul-Wahid 281

284 SLM/A-MM Sudan Liberation Movement/Army Minni Minawi SPLM/A Sudan People s Liberation Movement/Army SPLM/A-IG Sudan People s Liberation Movement/Army In Government SPLM/A-IO Sudan People s Liberation Movement/Army In Opposition SPLM/A-N Sudan People s Liberation Movement/Army North SRF Sudan (Sudanese) Revolutionary Front SSCC South Sudan Council of Churches SSDF South Sudan Defence Forces SSLM/A South Sudan Liberation Movement/Army SSOA South Sudan Opposition Alliance SSPDF South Sudan People s Defense Forces SSU Sudan Socialist Union SS-UF South Sudan-United Front UNAMID African Union-United Nations Hybrid Operation in Darfur UNDP United Nations Development Programme UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization UNHCR United Nations High Commissioner for Refugees UNICEF United Nations Children s Fund UNISFA United Nations Interim Security Force for Abyei UNMIS United Nations Mission in Sudan UNMISS United Nations Mission in South Sudan USA United States of America USAID United States Agency for International Development VN Vereinte Nationen WFP World Food Programme 282

285 Register Nicht aufgenommen wurden die Begriffe Darfur, Khartoum, Sudan, Südsudan. Die alphabetische Ordnung der aus dem islamischen Kulturkreis stammenden Personennamen richtet sich teilweise nicht nach dem in Deutschland üblichen Alphabetisierungsmuster. Abbala 119, 144, 161, 212 Abbas as-saffarh, Abu 24 Abboud, Ibrahim 46 f., 49, 80, 195 f., 247 Abd-al-Rahman, Ali Muhammad Ali 252 el-abidine Ben Ali, Zine 80 Aboulela, Leila 137 Abuja 252 Abu Shouk 240 f. Abyei 68, 90 f., 125, 168 f., , 183, , 264 ad-damazin 197, 264 Addis Abeba 50 f., 53, 180, 198, 248, 251, 257 f. Adenauer, Konrad 195 f. Ägypten 9, 19 22, 24, 26 f., 29, 31 41, 43 f., 49, 51, 59, 132, 136, 185, , 220 f., 223, 226, , 265 Äthiopien 11, 14, 22 24, 28 f., 47, 50 f., 55, 57, 61, 74, 106, 119 f., 122, 148, 173, 175, 180 f., 183, 185, 189, 198, 209, 226, 235, 238, 248 f., 258 Afrikanische Union 82, 85, 91, 173, , 186, 251 f. Agar, Malik 77 f., 163, 261, 264 Ahmad, Muhammad 26 f., 29, 245 f., Ajongo, James 262 Ajuba, Mukhtar 136 Akobo 171, 177 Akol, Lam 58, 94, 249 Akon 67 Aksum 24, 244 Aksumiten 23 f. ALF 49 Algerien 181 Ali, Mehmed 28, 31, 245, 265 al-jabalein 249 al-kurru 267 al-nur, Abdul Wahid Mohamed 75, 163 Alodia 23 f., 28, 244 f. al-qaida 75, 87 AMIS 173, 182, 200, 240, 251 f. Amum, Pagan 97, 102 Amun 20 Anglo-Ägyptischer Sudan 246 Anglo-Ägyptisches Kondominium 36, 38 f., 43, 194, 246, 268 Ansar 43, 130, 132, 246, 248, 266 Anuak 25 Anyanya 42, 47 51, 53, 55, 62, 247 ARCSS 109, 181, 259 Arman, Yasir 76, 94 Arrow Boys 167 Ashigga 246 Askari 194 Assuan 21, 24, 122 Athor, George 93, 253 Augustus (Kaiser) 21 f. AUHIP 183, 186 Azande 94, 121, 167 al-azhari, Ismail 44, 247 Badariyya 117 f. Baggara 66, , 124 Bagrawija 264 Bahr al-ghazal 17, 35, 44, 53, 58, 67, 89, 91, 104, 159, 206, 261 f. Bahr al-jabal 57, 206 Bahri 228,

286 Register Bakri, Al-Hassan 136 Bari 94, 121, 236 Barkal 267 Barth, Heinrich 193 al-bashir, Omar Hassan Ahmed 56 59, 70 f., 73, 76 f., 79 84, 87, 117, 121, 133, 156, 160, 163, 182, 186, 188, 191, 200, 249 f., 253, , 263 Beja 22, 24, 119, 124, 127 Bentiu 53, 92 f., 99, 106, 165, 225, 256 f., 264 Bey, Uthman 245 Blue Nile 10, 12, 14, 68, 71, 77, 78, 85, 119, 133, 162, 169, 171, 174, 177, 197, 224, 254, 259 Bol, Manute 139 Bong, Ngundeng 120 Bor 57 f., 62, 99, 103, 150, 248 f., 256 f., 265 Brehm, Alfred 193 Britisch-Ostafrika 131 Bundesrepublik Deutschland 10 f., 15, 49, 51, 137, 163, 169, 173, 179, , 203, 215, 233 Cäsar, Gaius Julius 22 China 79, 148, 152, 178 f., 181, 186 f., 189 Churchill, Winston 36 Cirillo Swaka, Thomas 167, 260 CPA 68 f., 71 f., 87 f., 90 92, 94 96, , 178, 181, 184, 188, 200, 220, 251 Cramm, Gottfried von 194 Cuol, Gordon Kong 58 Dafalla, Al-Gizouli 56 Dagolo, Mohamed Hamdan 161 al-dahab, Suwar 249 Danagla 116 DDPD 77, 82 f., 190, 254, 260 Déby, Idriss 79, 119, 184 f. Demokratische Republik Kongo 25, 57, 108, 121, 155, 185, 260 Deng, Francis 137 Deutsche Demokratische Republik 195, 197 f. Dinar, Sultan Ali 194, 241, 243 Dinka 17, 25, 31, 58, 62, 65 f., 88 f., 91 f., , 104 f., 107 f., 110, 112, 119 f., 123, 125, 137, 159, 165, 167, 174, 175, 209, 236, 249, 255 f., 259, 264 f. DLF 250 Doha 76, 182, 189 Dongola 24 f., 116, 215, 217, 265 DPA 76, 182 f., 252 Dual, Simon Gatwech 165, 258 DUP 50, 249 EAC 153, 259 Ed Da ein 65 El Fasher 16, 182, 225, 228, , 245, 251, 265 El Obeid 26, 33 Eltayeb, Tarek 136 Emin Pascha siehe Schnitzer, Eduard Equatoria 17, 44, 48, 53, 60, 91, 94, 112, 120, 128, 159, 165, 167, 193, 236, 260 Erdoğan, Recep Tayyip 262 Eritrea 11, 21, 23 f., 63, 119, 146, 164, 215, 235, 238, 266 ESPA 124, 252 Europa 11, 15, 18, 26 28, 51, 76, 114, 148, 182, 214 f., 217 f., 221, , 229, 233 f., 265 Europäische Union 11, 94, , 200 f., 214 f., 217, 258 Ezana 23, 244 Fadl, al-sirr Hassan 136 Faschoda 35, 194, 245 f., 266 Frankreich 35, 178, 194, 246,

287 Register Frobenius, Leo 20 Fung 245, 268 Fur 28, 76, 118, 123, 127, 162, 245, 249, 267 Gabriel, Sigmar 201, 203 al-gaddafi, Muammar 72, 164, 230 Gadet Yak, Peter 93, 102, 165, 253, 256, 258 Gai, Gatluak 93, 166, 255 Gai, Taban Deng 108, 166 f., 255, 260, 263 Garang de Mabior, John 55, 58, 60, 62 f., 69, 71, 87, 89 91, 100 f., 119, 125, 158, 251, 265 Giegler Pascha, Christian 193 Gordon, Charles G. 33 f., 245 Gosh, Salah Abdallah 255 Großbritannien 9, 32, 34 37, 39 f., 43 f., 51, 69, 101, 178, 181, 187, 189, 195, 200, 207, 215, 246, 266 Hala ib-dreieck 185 Harff, Arnold von 193 Harun, Ahmad Muhammad 77, 252 f. Hashim, Osman Mohamed 136 Heglig 81, 177, 255 Hilal, Musa 261 al-hilu, Abdelaziz 77, 163, 253, 261 Ibrahim, Gibril 163, 254 Ibrahim, Ibrahim Ishaq 136 Ibrahim, Khalil 77, 254 ICC 59, 76, 182, 252 f., 258 IDP 106, 218, 225, 259, 264 IGAD 15, 109, 177, 180 f., 183, 261 f. Indien 33, 38, 148, 152, 227 Ingessana 119 Iran 57, 190, 196, 259 Israel 49 f., 51, 75, 197, 247 f., 255 Jaaliyin 28, 59, 117 Jal, Emmanuel 139 Janjaweed 16, 72 f., 157, 161, 211, 212, 252 Jebel Amir 144 Jebel Barkal 19 f. Jebel Marra 260, 262 Jellaba 66 JEM 72 f., 76 f., , 211, , 254, 258 Jemen 157, 258 Johnson, Hilde Frafjord 179, 188, 255, 257 f. Jonglei 93, 98, 103, 149, 171, 208 f., 252 f., Juba 12, 14, 16, 40 f., 45, 56, 63, 90, 93 f., 96 99, , 109 f., 121, 128, 140, 142 f., 152, 154, 159, 163, 165, 167, 175, , 199, 201, 206, 219 f., 228, , 247, 254, 256 f., 260 f., 265, 268 Juba Declaration 93, 158, 252 Juhayna 28, 117 Kadugli 171, 265 Kairo 41, 45, 219, 247 Kampala 184, 237 Kanem 25, 28 Kapoeta 57 Karti, Ali 201 Kassala 91, 146, 215, 262, 265 f. Katar 76, 148, 182, Kawahla 119 Kenana 223 Kenia 57, 63, 68 f., 74, 101, 150, 152, 183 f., 206, 226, 238, 260 Kerma 19, 244 al-khalifa, Sirr al- Khatim 48, 247 Khalil, Sayed Abdallah 46, 78, 254 Khatmiyya 43, 132, 246, 266 Khor Abeche 73 Kiir, Salva 10, 16, 62, 71, 86, 89 f., 93 f., , , 125, 152, 158 f., 165, 238, 251, 253, ,

288 Register Kitchener, Horatio Herbert 27, 30, 35 f., 38 Kodok 35, 121, 245, 266 Kong, Gordon 249 Kongo 35, 155, 196 Kordofan 118 f. Kosti 223, 266 Kuol, Kuol Deng 255 Kusch 18 23, 244, 264, 267 Laden, Osama bin 74, 87, 250 Lagu, Joseph 50, 52 Libyen 49, 51, 72, 75, 164, 215, 224, 248, 265 f. Liyong, Taban Lo 137 LJM 77, 79, 83, 189, 190, 254 LRA 75, 167, 183 f. Machakos 68 f., 88, 250 Machar, Riek 10, 58, 63, 88 f., 91, 93, , 104, , 125, 154, 165 f., 238, 249 f., , 262 f., 265 Mahdi 26 f., 29 f., 33 36, 38, 43, 80, 129 f., 132, 136, 193 f., 228, 245 f., 249, al-mahdi, Sadiq 56, 59, 72, 132, 248 f. Mahgoub, Muhammed Ahmed 49, 247 Mahjoub, Jamal 136 Mai, James Hoth 100 Makuria 23 25, 244 Malakal 150, 206, , 267 f. Malong, Paul 90, 104, 107, 159, 257, 261 f. Mansur, Zubayr Rahma 245 Marchand, Jean- Baptiste 35 Masalit 76, 118, 162, 250 Mathiang Anyoor 159, 167 Matip Nhial, Paulino 92 f. May, Karl 193 Mbeki, Thabo 186 Meroë 18 25, 153, 244, 264 Merowe 116, 122, 153 Minnawi, Minni 75, 155, , 251 f. Misseriya 73, 119, 125, 138, 160, 174 f., 253, 255, 264 Mohammed, Abdallah ibn Sajjid 246 Mohammed, Malikat al-dar 136 Mongalla 57, 236 Monytuil, Bapiny 100, 159, 253, 255, 260 Moussad-Basta, Raouf 136 Mubarak, Hosni 74 Mundari 120 Murle 93, 120 f., 209, 253 f. Museveni, Yoweri 62, 183 f. Nairobi 56, 68, 74, 89, 184, 237, 251 Naivasha 68 Napata 20 f., 244, 267 Nasir 58, 257 Nasser, Gamal Abdel 49, 195, 214 NCP 56, 59, 71, 73, 76 f., 79, 81, 85, 264 New Dawn Charter 79, 255 NIF 56, 59, 70, 133, 249 Nigeria 62, 114, 196, 215 Nil 12, 18 20, 23, 25, 28, 33, 35 f., 64, 77, 93, 116, 118, 121, 146, 150, 153, 185, 193, 207, , 223, 228, 230 f., 237, 244, 248, NISS 161 Nobatia 23 f., 244 North Kordofan 16, 26, 33, 77, 162, 262 Norwegen 69, 181, , 200 NSF 167, 260 Nuba 58, 78, 118 f., 123 f., 127, 138, 140, 233, 249, 265 f. Nuba-Berge 58, 119, 123 f., 127, 138, 140, 249, 266 Nubien 19, 22 f., 25, 116, 127, 221, 244 f.,

289 Register Nuer 17, 25, 31, 58, 88, 93, , 103, 108, 112, 120, 123, 159, 165, 167, 185, 209, 236, 238, , 260 al-numeiri, Jafar Mohammed 48, 50 f., 53 55, 62, 80, 131 f., 197 f., 223, NUP 41, 43 f., 49 f., 79, 247 Nyandeng, Rebecca 100, 102 Nyuol, Dau Aturjong 104 Obama, Barack 148, 188 Olony, Johnson 100, 104, 167, 186, 255, 258 Omdurman 27, 29, 33, 35 f., 54, 62, 76, 228, 233, 245 f., 252, 266 f. Pagak 165, 258, 261 Panthou 81, 177, 255 Pascha, Gordon (Charles G. Gordon) 26 Pascha, Ismail 32, 228 PCP 79 PDF 57, 160 f., 249 Pibor 57, 93, 98, 166, 171, 257 Port Sudan 38, 150, 268 Pronk, Jan 172 Pückler-Muskau, Hermann Fürst 193 Puljang, Matthew 100, 159, 253 Qaatano, Istella 137 Raham, Abdallah Abdel 136 Riak, Gabriel Jok 262 Riefenstahl, Leni 140 River Nile 59 Rizeigat 65 f., 119, 160 f. Roseires-Damm 197, 264 RPF 178, 260 RSF 83, , 256, 258, 261 Ruanda 175, 181, 185 Russland 79, 179 SAF 154, 156 f., , 252 f., 264 Salih, Tayeb 136 SANU 47, 49 Saudi-Arabien 144, 157, 190, 224, 259 Sayyid Muhammad, Abdullahi Ibn 27 Schnitzer, Eduard 193 Sennar 116, 245, 268 Shaw, Archibald 265 Sheggara 195, 197 Shendi 28, 232 Shilluk 25, 31, 93 f., 100, 104 f., 121, 123, 165, 167, 245, 249, 255, , 266 f. al-sirr, Amir Taj 136 al-sisi, al-tijani 83 Slatin, Rudolf Carl 26 SLM/A 72 f., 75, 79, 163, 211, SLM/A-AW 75, , 262 SLM/A-MM 75, 155, 162, 164, 251 f. Soba 24, 245 Sontag, Susan 140 South Kordofan 10, 12, 14, 68, 71, 77 f., 85, 119, 133, , 169, 171, 174, 177, 224, 253 f., 259, 264 f. Sowjetunion SPLA 55, 77, 81, 89, 92 f., 103 f., 108, 154, , 165, 167, 170 f., 177, 198, 248 f., 252 f., 255, 260, 265 SPLA-IG 108, 257 SPLM 12, 55, 71, 76 f., 89 91, 93 f., 96 99, , 109, 158, 162 f., 169, 177, 184, 211, , 253 f., 256, 263 f. SPLM/A 9, 56 58, 60, 62 66, 68 f., 71 73, 78, 87 93, 95 f., 99, , 162 f., 169, 184, 211, , 254 SPLM/A-IO 99, 108, 154, , 258, 260 SPLM/A-N 77 f., 82, 85, , 254, 261 SPLM-Democratic Change 94 SRF 77, 82 84, 154, , 254,

290 Register SSCC 128 f. SSDF 92, 101, 158, 165, 250 SSLM 50 f., 253, 255 SSLM/A 260 SSOA 167, 262 SSPDF 160 SSU 51 SS-UF 262 Steiner, Rolf 197 Strauß, Franz Josef 196 Suakin 262 Sudan Call 84 f., 258 Sudan Defence Forces 40, 156 Sudd 150, 206, 220 Südafrika 186, 227 Syrien 75, 214, 235 Tabit 176 Taha, Ali Osman Muhammad 63, 69 Taha, Muhammad 54 Tansania 62, 74, 194 al-tijani, Yusuf Bashir 136 Toposa 112 Torit 41, 45, 57 f., 247, 268 Tschad 21, 28, 61, 72 f., 84, 119, 164, 181, 184, 200, 226 Tungul 24 f. al-turabi, Hassan 53, 56, 59, 70, 74, 79, 83, 131, 133, 160, , 259, 266 Uganda 47, 50 f., 57, 100, 104, 107, 137 f., 152 f., 164, 167, 183 f., 226 f., 237 f., 256, 259 Umma 43 f., 46, 49, 84, 132 f., 246 f., 249 UNAMID 11, 76, 84, 173, , 183, 186, 200, 228, 240, 243, 252, 255, 261 UNESCO 18, 21, 264, 267 UNHCR 78, 218 UNICEF 107, 166 UNISFA , 183, 254 f., 261, 264 Unity 68, 93, 103, 108, 151, 207, , 261, 264 UNMIS 92, , 177 f., 200, 251, 254 UNMISS 11, , 185, , 199 f., , 260 Upper Nile 17, 25, 42, 44, 53, 58, 60, 68, 90 92, 94, 101, 103, 105, 128, 248, 256 f., 267 USA 49, 51, 62, 69, 74 76, 87, 138, 146, 148, 151, 178, 181, , 195, 198, 200, 223, 226, 239, 249 f., 252, 258, 260 Vereinigte Arabische Emirate 144, 148, 190, 224 Vereinte Nationen 10 f., 15, 17, 60, 65, 67 f., 74, 78, 91, 93, 96, 99 f., 105 f., 108, 144, 168 f., 171 f., 174, , 181, 185, 187, , 203, 208, 218, 231 f., , 249, 251 f., 254 f., Warrap State 93, 174 Wau 268 Wek, Alek 65 Welzer, Harald 203, 211 Western Bahr al- Ghazal 268 Westerwelle, Guido 201 WFP 67 White Armies 99, 165 Wissmann, Hermann 194 Yau Yau, David 92 f., 102, 166, 253, 255, 257 Zaghawa 28, 75 f., 119, 162, 185, 212 Zentralafrikanische Republik 25, 75, 121, 155, 185,

291 NasserSee ÄGYPTEN LIBYEN SAUDIARABIEN Hala ib Triangle Hala ib RED SEA Port 18 Sudan Wadi Halfa R o 6 B L ißer Nil We El Obeid Rabak En Nahud E R AL A J ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK r KHARTOUM Bahri Omdurman B la KHARTOUM 11 NORTH ELKORDOFAN GEZIRA 7 Kafia Kingi (auch im Intranet Bw) 3 Shendi El Fasher SOUTH DARFUR (0331) (90) (0331) zmsbweinsatzunterstuetzung@bundeswehr.org N 17 Kutum JE B CENTRAL M A R DARFUR Nyala 16 Telefon BwKz Fax A Ed Da ein EAST DARFUR WEST A-BERGE KORDOFAN N U B SOUTH Babanusa KORDOFAN Kadugli S Ü D S AdDamazin BLUE NILE Kodok Nasir Bor 5 LAKES Sennar GEDAREF 12 UPPER NILE 14 Malakal U DJongleiA Rumbek 2 ÄTHIOPIEN N ADDIS ABABA Pibor km Historische Städte mit hohem ethnographischem Bezug (Erläuterung zu den Nummern siehe Anhang) VN-Einsatzgebiet UNAMID VN-Einsatzgebiet UNISFA WESTERN EQUATORIA Maridi Yambio DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO Übersichtskarte Sudan und Südsudan ASMARA Singa SENNAR Renk JONGLEI Akobo Kassala 10 JEMEN ERITREA Wad Medani Gedaref 19 WHITE NILE Abyei Bentiu NORTHERN 4 Aweil Gogrial UNITY BAHR Raga EL GHAZAL Kuacjok Leer WARRAP WESTERN BAHR 21 Tonj EL GHAZAL Wau KASSALA il rn ue EBEL WEST MER DARFUR El Geneina Anregungen und Nachfragen richten Sie bitte an: Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) Projektbereich Einsatzunterstützung Hauptmann Torsten Konopka Zeppelinstraße 127/ Potsdam D ara A tb TSCHAD Zalingei U e Kurti S e RIVER NILE Atbara Ed Damer Bagrawija 15 Napata (hist.) NORTH DARFUR Suakin M BE JERKL A A s Dongola Abu Hamad l Ni t e NORTHERN EASTERN EQUATORIA Ilemi JUBA 8 Kapoeta Triangle CENTRAL Torit 20 EQUATORIA Kajo Keji KINYETI Yei UGANDA VN-Einsatzgebiet UNMISS Staatsgrenze Staatsgrenze teilweise umstritten Bundes-/Teilstaatsgrenze KENIA Hauptstadt sonstiger Ort ZMSBw

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