Organisationshandbuch Finanzpolizei Verhaltensrichtlinien und Handlungsanweisungen
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- Chantal Giese
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1 82 FINANZPOLIZEI Organisationshandbuch Finanzpolizei Verhaltensrichtlinien und Handlungsanweisungen OHB GZ BMF /0016-IV/2/2010 idf GZ BMF /0061-IV/2/2014 vom 31. März 2014, KWT-Leitfaden vom : Die Finanzpolizei Verhalten bei Einschreiten der Finanzpolizei 1. Die Finanzpolizei Mit dem Betrugsbekämpfungsgesetz 2010 wurde die Finanzpolizei ins Leben gerufen. Die gesetzliche Basis ist 12 AVOG, wobei die Regelung sehr spärlich ist und nur Kontrollbefugnisse umfasst. Am wurde die Finanzpolizei aus den bestehenden finanzbehördlichen Strukturen herausgelöst und in eine bundesweit agierende besondere Organisationseinheit der Steuerund Zollverwaltung - Finanzpolizei mit Sitz in Wien und Dienststellen bei allen Finanzämtern mit allgemeinem Wirkungsbereich umgewandelt ( 10b AVOG 2010 DV, BGBl II 110/2013 vom ). Die Finanzpolizei wurde dadurch aber nicht zu einer eigenständigen Behörde, sondern die agierenden Organe sind Organe der Behörde, in deren Amtsbereich das entsprechende Team Finanzpolizei eingerichtet ist. Mit wurde das Organisationshandbuch Finanzpolizei als Kapitel 9 Finanzpolizei in das Organisationshandbuch der Finanzverwaltung aufgenommen. 2. Aufgabenbereiche und Befugnisse der Finanzpolizei Der sehr breite Aufgabenbereich der Finanzpolizei wird nunmehr im Wesentlichen durch 10b AVOG 2010-DV festgehalten. Die nachfolgende Tabelle (entnommen aus dem Leitfaden der KWT) gibt eine Übersicht über die einzelnen Aufgaben und Rechtsgrundlagen. Bemerkenswert ist, dass es für die vielschichtige Tätigkeit KEINE einheitliche Verfahrensordnung und auch KEIN einheitliches Vertretungsrecht für Wirtschaftstreuhänder gibt. Die einzelnen Befugnisse der Finanzpolizei sind vielmehr entsprechend der jeweiligen Rechtsgrundlage auszuüben, und da ergeben sich zum Teil wesentliche Unterschiede. Zu den Unterschieden siehe nachfolgendes Beispiel in Punkt 3. Aufgabe Wahrnehmung von allgemeinen Steueraufsichtsmaßnahmen und Befugnissen nach 12 AVOG Kontrolle illegaler Ausländerbeschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) Überwachung von Lohn- und Sozialdumping gem Arbeitsvertragsrechts- Anpassungsgesetz (AVRAG) Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem AuslBG und dem AVRAG Rechtsgrundlage 143 f BAO bzw 12 AVOG ivm 10b Abs 2 Z 1 26 AuslBG ivm 10b Abs 2 Z 2 lit a 7b AVRAG ivm 10b Abs 2 Z 2 lit b 7b AVRAG ivm 10 Abs 2 Z 3 Zentrale Befugnisse je Rechtsgrundlage Erhebung ( 143 BAO), Nachschau ( 144), Lokalaugenschein ( 182), Betretungs- und Befahrungsrecht, Auskunftsrecht, Identitätsfeststellung, Fahrzeugkontrolle, Vollstreckungsund Sicherungsmaßnahmen Kontrolle, Auskunfts- und Einsichtsrecht, Betretungs- und Befahrungsrecht, Identitätsfeststellung, Festnahme, Anzeige, Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren Kontrolle, Betretungsrecht, Anzeige, Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren Melde- und Auskunftsstelle, Kontrolle
2 FINANZPOLIZEI 83 Aufgabe Rechtsgrundlage Zentrale Befugnisse je Rechtsgrundlage Überwachung der Einhaltung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) 20 AÜG Kontrolle, Auskunfts- und Einsichtsrecht, Zutrittsrecht, Anzeige Aufdeckung von Gewerbeausübung ohne erforderliche Gewerbeberechtigung ( 366 Abs 1 Z 1 GewO) Überwachung der Einhaltung versicherungs- und melderechtlichen Bestimmungen des ASVG Überwachung der Einhaltung der Anzeigepflichten des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) Ermittlungen zur Verfolgung des Sozialbetruges ( 153c-d StGB) Kontrolle illegalen Glücksspiels gem Glücksspielgesetz (GSpG) 89 Abs 3 EStG ivm 10b Abs 2 Z 2 89 Abs 3 EStG ivm 10b Abs 2 Z 2 89 Abs 3 EStG ivm 10b Abs 2 Z 2 Art III SozBeG ivm 10b Abs 2 Z 4 AVOG -DV 50 GSpG ivm 10b Abs 2 Z 2 lit c Kontrolle, Anzeige Kontrolle, Anzeige, Parteistellung Verwaltungsstrafverfahren Kontrolle, Anzeige Kriminalpolizeiliche Ermittlungsbefugnisse Kontrolle, Auskunfts- und Einsichtsrecht, Betretungsrecht, Beschlagnahme, Anzeige, Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren Anzeigepflicht bei begründetem Verdacht einer Übertretung arbeitsrechtlicher, sozialversicherungsrechtlicher, gesundheits- und umweltschutzrechtlicher, abgabenrechtlicher oder gewerberechtlicher Vorschriften 27 Abs 2 AuslBG Anzeige
3 84 FINANZPOLIZEI 3. Beispiel unterschiedlicher Befugnisse gem AVOG und AuslBG Befugnis 12 AVOG Vergleich 26 AuslBG Betretungsrecht Für Zwecke der Abgabeneinhebung bei Grund zur Annahme, dass Zuwiderhandlungen gegen die von der Abgabenbehörde zu vollziehende Vorschriften begangen werden auch Privaträume Zur Durchführung ihrer Aufgaben Betriebsräume Nicht Wohnräume, Unterkünfte Baustellen in Wohnungen Identitätsfeststellung Im Rahmen der Aufsichts- und Kontrolltätigkeit bei Grund zur Annahme, dass Personen Zuwiderhandlungen Im Rahmen der Kontrolltätigkeit nach AuslBG bei Grund zur Annahme, dass ausländische Arbeitskräfte beschäftigt werden Festnahmerecht nein bei Grund zur Annahme, dass Ausländer eine Beschäftigung ausüben und sich nicht rechtmäßig in Ö aufhalten bei Gefahr in Verzug Anhalterecht Im Rahmen der Aufsichts- und Kontrolltätigkeit Im Rahmen der Kontrolltätigkeit nach AuslBG bei Grund zur Annahme, dass darin ausländische Arbeitskräfte beschäftigt werden Auskunftsrecht Im Rahmen der Aufsichts- und Kontrolltätigkeit trifft jedermann über alle für die Erfüllung der Aufgabe maßgebenden Tatsachen Bekanntgabe von Anzahl und Namen der beschäftigten Ausländer Notwendige Auskünfte, Einsicht in erforderliche Unterlagen, trifft AG und AN 4. Vertretungsrecht der Wirtschaftstreuhänder Nur in Abgaben- und Abgabenstrafverfahren (Vorbehaltsaufgaben gem 3 Abs 1 Z 3 WTBG) sowie in Versicherungs- und Leistungsangelegenheiten der Sozialversicherungen (Vorbehaltsaufgaben gem 3 Abs 2 Z 3 WTBG) kommt dem Wirtschaftstreuhänder ein umfassendes Vertretungsrecht zu. In allen anderen Fällen ist das Vertretungsrecht strittig bzw wird dieses im OHBFinPol in Abrede gestellt. Danach haben Wirtschaftstreuhänder bei ordnungspolitischen Kontrollmaßnahmen (zb nach AVRAG, ASVG, AlVG etc) generell kein Vertretungsrecht, und können NUR als den Amtshandlungen beiwohnen. Das BMF hat mit Schreiben vom bestätigt, dass ein Wirtschaftstreuhänder bei ordnungspolitischen Kontrollen uneingeschränkt als beigezogen werden kann, aber die Amtshandlungen nicht beeinträchtigen darf; die Finanzpolizei muss mit der Kontrolle nicht bis zum Erscheinen des Wirtschaftstreuhänders zuwarten. Übrigens: heißt Vertreten für den Klienten Handlungen setzen, hingegen bedeutet Beraten jemandem Ratschläge geben oder eine Lösung für eine Aufgabe oder ein Problem finden. Im Fall eines Finanzpolizeieinsatzes würde das bedeuten anwesend zu sein, dem Klienten beizustehen und Ratschläge zu geben, zu beobachten oder mit ihm zu telefonieren!
4 FINANZPOLIZEI 85 Außer bei Hausdurchsuchungen muss die Finanzpolizei in keinem Fall mit dem Beginn der Amtshandlung bis zum Eintreffen des Vertreters (WT, RA) oder eines Vertrauensmannes zuwarten. Für eine telefonische Kontaktaufnahme sollte aber jedenfalls (während der Anmeldung und Vorbereitung der Amtshandlung) Zeit sein. Aufgabe Rechtsgrundlage Befugnis des WT Wahrnehmung von allgemeinen Steueraufsichtsmaßnahmen und Befugnissen nach 12 AVOG Kontrolle illegaler Ausländerbeschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) Überwachung von Lohn- und Sozialdumping gem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) 143 f BAO bzw 12 AVOG 2010 ivm 10b Abs 2 Z 1 26 AuslBG ivm 10b Abs 2 Z 2 lit a 7b AVRAG ivm 10b Abs 2 Z 2 lit b Vertretungsrecht Vorbehaltsaufgaben Überwachung der Einhaltung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) Aufdeckung von Gewerbeausübung ohne erforderliche Gewerbeberechtigung ( 366 Abs 1 Z 1 GewO) Überwachung der Einhaltung versicherungs- und melderechtlichen Bestimmungen des ASVG Überwachung der Einhaltung der Anzeigepflichten des Arbeitslosenver-sicherungsgesetzes (AlVG) 20 AÜG 89 Abs 3 EStG ivm 10b Abs 2 Z 2 89 Abs 3 EStG ivm 10b Abs 2 Z 2 89 Abs 3 EStG ivm 10b Abs 2 Z 2 Vertretungsrecht 3 Abs 2 Z 3 WTBG Ermittlungen zur Verfolgung des Sozialbetruges ( 153c d StGB) Kontrolle illegalen Glücksspiels gem Glücksspielgesetz (GSpG) Art III SozBeG ivm 10b Abs 2 Z 4 50 GSpG ivm 10b Abs 2 Z 2 lit c
5 86 FINANZPOLIZEI 5. Organisationshandbuch Finanzpolizei, OHB FinPol 5.1. Zielsetzung Das OHB hat zum Ziel, die umfangreichen Kontroll- und Aufsichtsbefugnisse der Finanzpolizei und damit einhergehender Duldungspflichten der Betroffenen transparent darzulegen und über Standards verpflichtende Verhaltensweisen der Finanzpolizisten festzulegen ohne damit den Gesetzesauftrag zu gefährden Aufbau des OHB Abschnitt 9 des Organisationshandbuches der Finanzverwaltung betrifft die Finanzpolizei und zeigt folgende Struktur: 9.1. Allgemeines 9.2. Grundsätze von Amtshandlungen Allgemeiner Standard für Amtshandlungen: Zu Beginn jeder Amtshandlung Anmeldung mit Ausweisleistung und Angabe der Rechtsgrundlage des Einschreitens durch den Einsatzleiter, außer die Erfüllung der Aufgabe ist dadurch gefährdet Betretungs- und Befahrungsrechte und Identitätsfeststellung nur bei Grund zur Annahme von Zuwiderhandlungen gegen die zu vollziehenden Rechtsvorschriften; außer es wird in den Materiengesetzen diese Einschränkung nicht verlangt (zb 26 Abs 4 AuslBG). Ein Grund zur Annahme von Zuwiderhandlung begründet noch keinen konkreten Verdacht eines bestimmten Vergehens; dieser kann sich aus bestimmten Wahrnehmungen des Organs izm gesetzlichen Bestimmungen und Erfahrungen des täglichen Lebens ergeben; IMMER danach fragen! Anwendung der Befugnisse nach 12 AVOG immer einzelfallbezogen unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert neben den verfassungsgesetzlichen Schranken (zb Schutz des Hausrechtes) auch, dass die Vollzugsmaßnahme nur gesetzt wird, nachdem sich das Organ vor Beginn der Amtshandlung vor Ort subjektiv Gewissheit über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausübung des Befugnisrechtes verschafft hat. Bei der Ausübung der Befugnisse ist außerdem immer unter möglichster Schonung der Privatsphäre und der Menschenwürde der Betroffenen vorzugehen. Kritische Anmerkungen: Die Erstellung einer Niederschrift samt Übergabe an den Betroffenen ist im OHB als allgemeiner Standard für Amtshandlungen NICHT vorgesehen, sondern findet sich nur bei den Maßnahmen im ordnungspolitischen Bereich, Kapitel 9.3. Daher IMMER eine Niederschrift verlangen! Eine verpflichtende umfassende Rechtsbelehrung fehlt als genereller Standard, und findet sich nur im Kapitel 9.3. izm Strafsanktionen und Niederschriften, in der auch eine allfällige Rechtsbelehrung aufzunehmen ist. Eine Rechtsbelehrung über Parteienvertreter oder en ist nicht generell vorgesehen. en kommen nur bei den Maßnahmen im Bereich des FinStrG und des GSpG vor, und Parteienvertreter nur izm dessen Ausschlußmöglichkeit von der Beweisaufnahme im Finanzstrafverfahren! Keine Angabe, wann ein begründeter Verdacht zb beim Betreten von Wohnraum vorliegt. Keine Angabe, wann zb ein Grund zur Annahme von Zuwiderhandlung vorliegt.
6 FINANZPOLIZEI 87 Standards izm dem Betretungsrecht und dem Recht zum Befahren von Wegen: Das Betretungsrecht ist nicht an die Zustimmung gebunden. Betretungsrecht unter möglichster Schonung der Privatsphäre und möglichster Rücksichtnahme auf in den Betriebsräumlichkeiten anwesende Personen (Gäste, Kunden usw). Beachtung der erforderlichen Hygiene-,Sicherheits- und sonstigen Gefahrenschutzmaßnahmen. Wohnraum ist vom Betretungsrecht nur insofern umfasst, als die rechtlichen Grenzen einer Nachschau nicht überschritten werden und ein durch objektive Gegebenheiten begründeter Verdacht besteht, dass darin Zuwiderhandlungen stattfinden; Dokumentation mit Aktenvermerk. Das Betretungsrecht umfasst NICHT das Recht zur Durchsuchung der Räumlichkeiten. KEINE physische Durchsetzung des Betretungsrechtes. Standards bei der Identitätsfestellung Die Identitätsfeststellung ist das Erfassen von Namen, Geburtsdatum und Wohnanschrift einer Person in deren Anwesenheit; grundsätzlich an Hand eines amtlichen Lichtbildausweises bzw durch sonstige Dokumente oder Auskünfte von Personen, die eine Identifizierung mit der gebotenen Sicherheit ermöglichen. Die Aufforderung zur Herausgabe der Dokumente erfolgt unter Hinweis auf die gesetzliche Berechtigung des AVOG und den Grund zur Annahme von Zuwiderhandlungen, IMMER danach fragen! Zwangsgewalt zur Durchsetzung der Identitätsfeststellung ist NICHT zulässig. KEINE Personendurchsuchung! Offenliegende Gegenstände (zb abgelegte Kleidungsstücke) können herangezogen werden. Sofern mangels amtlichen Reisedokuments die Staatszugehörigkeit nicht geklärt werden kann, ist die Identität zweifelsfrei durch Befragung und Überprüfung (zb FIS Fremdeninformationssystem-Abfrage) festzustellen. Standards bei Fahrzeuganhaltung und - Kontrolle Anhaltungen sind ir der Aufsichts- und Kontrolltätigkeit ohne weitere Voraussetzungen zulässig. Das Anhalterecht beinhaltet auch das Recht zur Überprüfung mitgeführter Güter (Ladung). Anhaltungen aus dem fließenden Verkehr haben zum Schutz der potenziell Betroffenen und der eigenen Bediensteten mit der dazu erforderlichen Sorgfalt zu erfolgen. Dabei sind alle zu Gebote stehenden Vorkehrungen zur Absicherung des Kontrollortes (Signalwesten, Anhaltekelle, Lichtkegel, Warndreieck, Blaulicht etc) zu treffen. Anhaltungen dürfen daher nur von geschulten Organen durchgeführt werden. Kontrollen des ruhenden Verkehrs (zb Parkplätze, Raststätten usw) ist der Vorzug zu geben, wenn dies zweckdienlich ist und damit derselbe Effekt erzielt werden kann. Anhaltungen auch mit Verwendung von Deckkennzeichen möglich. Anhaltungen mit Gewalt nur unter Beiziehung der Polizei! Standards für das Verhalten im Außendienst Das Erhebungsorgan hat sein Verhalten so auszurichten, dass eine sachliche und möglichst emotionsfreie Durchführung der Erhebung und Ermittlung gewährleistet ist. Die Zahl der einschreitenden Organe soll den gebotenen Umfang nicht überschreiten, die Amtshandlung selbst ist unter Vermeidung unnötigen Aufsehens durchzuführen. Kontrollhandlungen haben zumindest zu zweit zu erfolgen. Bei allen Amtshandlungen hat die Eigensicherung Priorität.
7 88 FINANZPOLIZEI 9.3. Befugnisse und Pflichten bei Ermittlungen nach AuslBG, AVRAG, AÜG, BAO GSpG Vor Beginn der Amtshandlung Anmeldung der Kontrollhandlung unter Angabe der Rechtsgrundlagen beim Arbeitgeber oder dessen Bevollmächtigten. Der Kontrollzweck darf durch ein Zuwarten nicht vereitelt werden (einzelfallbezogene Beurteilung des Kontrollorgans unter Beachtung der jeweiligen Materiengesetze). KEINE Vertretungsbefugnis von Wirtschaftstreuhändern bei ordnungspolitischen Kontrollmaßnahmen! Unaufgeforderte Ausweisleistung mit dem Dienstausweis (der Dienstkarte) oder der Dienstkokarde. Auf Verlangen ist immer der Dienstausweis (die Dienstkarte) vorzuweisen. Die Identifikation des Behördenorgans erfolgt durch die Dienstnummer auf dem Dienstausweis. Bei großen Einsätzen erfolgt die Ausweisleistung durch den vor Ort befindlichen Einsatzleiter. Der Dienstausweis stellt durch den Aufdruck "Finanzpolizei 12 AVOG und 144 BAO" einen generellen Kontrollauftrag dar, für eine Erhebung gemäß 143 BAO und für eine Nachschau gemäß 144 BAO ist kein eigenständiger Erhebungs-/Nachschauauftrag erforderlich. Belehrungspflicht: Verfahrensbetroffene sind, sofern nicht ein befugter Parteienvertreter anwesend ist, nach der jeweils gegebenen Verfahrensrechtslage zu belehren. Zu Beginn sind der Zweck und die Rechtsgrundlage der Amtshandlung bekannt zu geben. Belehrungen über mögliche Rechtsfolgen sind auch während des laufenden Kontrollverfahrens und auch nach Beendigung der Amtshandlung zu erteilen. Eine darüber hinausgehende Belehrungspflicht besteht nicht. IMMER umfassende Belehrung verlangen! Die verfahrensrechtlichen Aufträge und Anordnungen haben verständlich und bestimmt zu erfolgen, insbesondere auch unter Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen. Dokumentation und Akteneinsicht: Das Ergebnis der Kontroll- und Ermittlungsmaßnahmen ist durch alle zweckdienlichen Beweismittel (Niederschriften, Personenblätter, Protokolle, Kopien von Dokumenten und Unterlagen, Fotos usw.) festzuhalten und zu sichern. Die Niederschriften sind klar, deutlich, umfassend und verständlich zu formulieren. Bei Erhebungen mit Auskunftsverlangen und Nachschauen ist die Aufnahme einer Niederschrift zwingend, wobei eine Durchschrift an die Auskunftsperson auszufolgen ist. Im Verwaltungsstrafverfahren ist Akteneinsicht durch die Verwaltungsstrafbehörde zu gewähren. Verfahrensrechtliche Abgrenzungen nach den anzuwendenden Gesetzen: Jede Amtshandlung erfolgt in einem konkreten Verfahren. Maßnahmen nach verschiedenen Grundlagen sind getrennt abzuwickeln. Dabei ist deutlich zu machen, nach welchem Verfahrensrecht die Niederschrift erfolgt, gegebenenfalls sind mehrere Niederschriften auszufertigen. Der Kontrollunterworfene ist vom konkreten Verfahrensrecht und deren Rechtsfolgen zu belehren. Im Falle einer Niederschrift ist die Rechtsbelehrung darin zu dokumentieren. Die Erkenntnisse aus einem Verfahren können auch für andere Verfahren unter Beachtung des anzuwendenden Verfahrensrechtes und der allenfalls dort normierten Verwertungsverbote verwertet werden, und zwar ohne Änderung der verfahrensrechtlichen Grundlage. Befugnisse und Pflichten nach den einzelnen gesetzlichen Bestimmungen: Die unterschiedlichen Befugnisse und Pflichten nach AuslBG, AVRAG, AÜG, BAO und GSpG sprengen den Umfang des Beitrages und daher wird auf Kapitel bis des OHB verwiesen. Zu beachten ist, dass es zt erhebliche Unterschiede bei den einzelnen Befugnissen gibt. Siehe oben Punkt 3.
8 FINANZPOLIZEI Maßnahmen der Finanzpolizei im Zusammenhang mit der Ermittlung der Grundlagenerhebung für die Abgabenfestsetzung und Abgabeneinhebung und einbringung Die Durchführung von Steueraufsichtsmaßnahmen zählt zu den Kernaufgaben der Finanzpolizei. Sämtliche Standards und Erlässe zur BAO sind daher zu beachten. Dazu zählen insbesondere: Die Ermittlung der Grundlagen für die Abgabenerhebung Mitwirkung bei der Abgabenfestsetzung durch das zuständige Finanzamt, insbesondere Durchführung von Nachschauen (zb betreffend USt, Lohnabgaben, E-VZ, und Köst-VZ) Mitwirkung bei der Einhebung und Einbringung Die Kapitel bis widmen sich der Befugnisausübung der FinPol nach der BAO, insbesondere der Verhängung von Zwangs-, Ordnungs- und Mutwillensstrafen, der Feststellung steuerlich relevanter Sachverhalte, der Kassennachschau, dem Aufdecken von Scheinselbständigkeit und der Sicherung von Abgabenansprüchen (Einbringung von Abgabenrückständen, Forderungspfändungen, Inkasso und Fahrnisexekution) Maßnahmen im Bereich FinStrG über Anordnung der Finanzstrafbehörde bzw. bei Gefahr im Verzug Besteht ein begründeter Verdacht eines Finanzvergehens, hat die Finanzpolizei unverzüglich Anzeige an die zuständige Finanzstrafbehörde zu erstatten. Das gilt auch für die bei der Finanzpolizei einlangenden Anzeigen. Die weitere Vorgangsweise ist jedenfalls mit der Finanzstrafbehörde abzustimmen. Das Kapitel beschreibt, wie die Ermittlungen nach dem FinStrG durchzuführen sind und wie bei Selbstanzeigen gem 29 FinStrG vorzugehen ist. Weiters finden sich Ausführungen zur Beschlagnahme gem 89 FinStrG, Beschlagnahmeverbote und der Versiegelung von Unterlagen, sowie zu den Festnahmerechten Maßnahmen im Rahmen des Glücksspiels Das Kapitel behandelt die Vorgangsweise der FinPol izm der Aufdeckung von illegalem Glücksspiel. 6. Wie kann der Wirtschaftstreuhänder seine Klienten auf einen Einsatz der Finanzpolizei vorbereiten? Ein Einsatz der Finanzpolizei ist kein exotischer Einzelfall mehr, wurden doch im Jahr 2013 immerhin mehr als Betriebe überprüft. Zuallererst ist daher wichtig, dass die Kanzleimitarbeiter ausreichend geschult sind, wie eine Finanzpolizeikontrolle abläuft, welche Rechte und Pflichten bestehen und wer in der Kanzlei im Fall des Falles zuständig ist. Danach wäre ein screenig der Klienten sinnvoll, wer in den engeren Risikobereich fällt insbesondere Bau- und Baunebengewerbe, Gastronomiebetriebe, Betriebe mit Bargeschäften wie zb Friseure und Nagelstudios damit auch diese vorbereitet werden können. Die unten angeführte Anlage 2 des KWT-Leitfadens gibt einen Überblick über die wichtigsten Punkte des Ablaufes einer Finanzpolizeikontrolle und die Anlage 3 des KWT-Leitfadens stellt eine Kurz-Checkliste für den beratenden WT dar. Abschließend bleibt zu hoffen, dass trotz guter Vorbereitung die redlichen Steuerpflichtigen von finanzpolizeilichen Kontrollen verschont bleiben.
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