am Anfang dieses Jahres möchte ich mit Ihnen die Jahreslosung für das neue Jahr 2011 bedenken.

Transkript

1 Predigt zu Römer 12, von Eckart Link , 06:01 Predigt zu Römer 12,17-21 am , KK Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen. Liebe Gemeinde, am Anfang dieses Jahres möchte ich mit Ihnen die Jahreslosung für das neue Jahr 2011 bedenken. Damit es sich uns besser erschließt, lese ich sie in ihrem Zusammenhang aus Römer : Der Apostel Paulus schreibt: 17 Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. 18 Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. 19 Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5. Mose 32,35):»Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«20 Vielmehr,»wenn deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; dürstet ihn, gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln«(sprüche 25,21-22). 21 Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. Gebet

2 Ein starkes Wort am Anfang dieses Jahres. Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. Wie ein Rammbock des Guten klingt diese Aufforderung des Paulus. Das Böse überwinden. Mit Gutem. Den Feind lieben. Als ich diese Jahreslosung auf mich wirken ließ, merkte ich, wie sich Verschiedenes in mir regte. Das Böse wird hier als potentielle Bedrohung sichtbar, die mich auch überwinden kann. Da sind Versuchungen des Alltags, mitzuschwimmen in den vielen Belanglosigkeiten der Medien- und Konsumgesellschaft, deren Teil ich bin. Kaufen, Fernsehen, Computer, Internet, Essen, Trinken. Die Maßlosigkeit in dem allen macht Hilfreiches zur Bedrohung. Der Zeitgeist der Beliebigkeit. Verbindlichkeit, Treue, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, alles wird bedroht. Da sind die Menschen, die es nicht gut mit uns meinen. Die uns ausnutzen, vielleicht sogar betrügen wollen. Paulus sagt: Lass dich von dem Bösen dahinter nicht überwinden. Sondern im Gegenteil, überwinde du das Böse mit Gutem. Ich stocke wieder. Das Böse ist ja nicht nur außerhalb von mir. Es durchzieht ja auch mein Herz. Ich denke an Paulus, der diese eigenartige Verdrehung des Herzens kennt: Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. Röm 7,19

3 Und ich frage mich selber, wie soll es denn gelingen? Wir sind doch alle Sünder. Wie kann das gelingen? Und dann spricht Paulus konkret an, die Feinde zu lieben. Sie zu speisen und ihnen zu trinken zu geben. Paulus hatte Rom vor Augen, wenn er diese Worte an die Gemeinde in Rom schrieb. Verfolgungen und Bedrückungen hatten begonnen. Wenn dein Feind hungert, gib ihm zu essen. Wie können wir das als Christen leben? Um das zu verstehen machen wir zunächst einige Überlegungen. Was ist ein Feind? Ein Feind ist jemand, der nicht mein Gutes will, sondern mir schadet. Um zu überleben benötige, ich Schutz vor ihm. Wie funktioniert die Liebe? Liebe gibt dem anderen Zugriff auf mein Herz. Wer liebt ist verletzlich, das wissen wir alle. Wie kann ich nun jemandem Zugriff auf mein Herz geben, der mir schadet? Was ist mein Schutz, dass Liebe nicht zum Schaden wird? Wir sehen, so geht es nicht. Wir merken unsere Grenzen bei diesem Anspruch des Paulus an uns. Wir stehen nicht nur auf der Seite des Guten. Wir sind durchmischt. Und wenn ich dann dem Feind vor mir begegne, wie kann ich ihn lieben?

4 Wie kann ich nicht überwunden werden, sondern mit Gutem überwinden? Jetzt ist der Kern freigelegt. Ich kann nicht allein und nicht aus mir das Böse überwinden und das Gute tun. Keiner ist gut außer Gott allein! sagt Jesus an anderer Stelle. Da ist die Fährte, damit uns diese Losung keine Überforderung, sondern eine Verheißung ist. Die Frage ist: Wie stark ist Gott in mir? Wie groß ist mein Vertrauen? Kann Gott mir helfen? Ja, Er kann. Kann Gott mir jetzt helfen? Ja. Kann Gott mir jetzt gegen diesen Schaden helfen? Ja. Die Feindesliebe ist eine Liebe ohne Sympathie. Sympathie geht nicht zum Feind. Sie ist eine Liebe aus dem Willen. Sie ist eine Liebe, die Gott gehorchen will. Sie ist eine Liebe, die nur in großer Gottesliebe gelingt. Denn Liebe zu einem Störenfried geht nur in großer Gottesliebe. Liebe zu einem Gegner geht nur in Liebe zu Gott. Wie sieht sie aus? Sie gibt dem anderen zu essen damit er nicht verhungert, schenkt ihm aber nicht den Kühlschrank. Sie gibt dem Falschen eine Chance, gibt ihm aber nicht Recht. Sie würdigt den anderen, macht aber nicht Lüge zur Wahrheit. Sie schließt Unrecht aus, aber nicht die Liebe Gottes für den, der Unrecht tut.

5 Ohne Gottesliebe als Schatz geht das nicht. Nur in Seiner Liebe sind wir so reich, dass wir selbst einen Feind aushalten. In ihr werden wir warm, ohne sie werden wir arm. Und dann muss der Feind zahlen und dran glauben. Dann kommt nämlich die Vergeltung und die Rache ins Spiel. Den Feind zu lieben heißt auch, auf Rache und Vergeltung zu verzichten und sie ganz Gott zu überlassen. Ich brauche nicht zurück zu schlagen. Das ist nicht meine Aufgabe, sondern es ist Gottes Sache. Nur in großer Gottesliebe ist unser Schutz stärker als das Böse. Es will ja nur unser Herz angreifen, aufreißen, eindringen und mit eigenen bösen Reaktionen erfüllen. Dann sind wir selbst Feind geworden und tragen das Übel in uns. Allein eine starke Gottesliebe ist eine feste Burg gegen diesen Feind in uns. Ob Feindesliebe den Feind ändert, wissen wir nicht. Aber sicher ändert sie unser Herz. Wenn wir mit Jesus leben, dann gilt, was Paulus im Kolosserbrief schreibt: Gott hat uns errettet von der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes, in dem wir die Erlösung haben, nämlich die Vergebung der Sünden. (Kol 1,13f) Wir leben nicht mehr im Machtbereich des Bösen. Wir stehen im Machtbereich der Erlösung und der Vergebung und der Gnade. Von daher leben wir. Im Epheserbrief heißt es: So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der

6 Heiligen und Gottes Hausgenossen. Eph 2,19 Wir brauchen gegen das Böse nicht zu kämpfen, sondern auf der Seite des Siegers sein Siegesbanner hochhalten. Überwinde das Böse mit Gutem ist ja nicht nur ein gutes Tun, sondern dahinter steht ja ein Person. Gott selber, dessen Kinder wir sein dürfen. Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. Überwinde das Böse mit Gott. Von Ihm her erschließt sich, was im konkreten das Gute ist, in den Alltagssituationen. Bei Ihm sein, Ihn um Weisheit bitten, am Thron der Gnade Heimat haben. Paulus sagt unmittelbar vor unserem Abschnitt: Haltet euch nicht selbst für klug. Röm 12,16 Fragt Gott um Weisheit. Jak 1,5: Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der jedermann gern gibt und niemanden schilt; so wird sie ihm gegeben werden. Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, daß wir darin wandeln sollen. Eph 2,10 In Gott ist alles schon da, was nötig ist. Die Anbindung an Ihn verwandelt die Jahrslosung von einer Überforderung in eine Verheißung des Überwindens. Das Gute bricht in unsere Welt ein, wo wir von Gott her leben und lieben. Vom Dichter Erich Fried stammt ein Gedicht mit der Überschrift "Weltfremd": Wer denkt, / dass die Feindesliebe / unpraktisch ist, / der bedenkt nicht / die praktischen / Folgen / der Folgen / des Feindeshasses.

7 Powered by TCPDF ( Eine chassidische Parabel verbindet mit Gut und Böse Licht und Finsternis, Tag und Nacht. Hören wir: Ein alter Rabbi fragte einst seine Schüler, wie man die Stunde bestimmt, in der die Nacht endet und der Tag beginnt. Ist es, wenn man von weitem einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann? fragte der Schüler. Nein, sagte der Rabbi. Ist es, wenn man von weitem einen Dattelbaum von einem Feigenbaum unterscheiden kann? fragte ein anderer. Nein, sagte der Rabbi. Aber was ist es dann? fragten die Schüler. Da antwortete der Rabbi: Es ist dann, wenn du in das Gesicht irgendeines Menschen blicken kannst und deine Schwester und deinen Bruder siehst. Zu diesem Lebensstil ruft unser Wort uns auf. Feindesliebe eingeschlossen.