Weinfelder. Predigt. Was wird da gespielt? Juni 2015 Nr Offenbarung 7, 9-12
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- Angelika Acker
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1 Weinfelder Juni 2015 Nr. 766 Predigt Was wird da gespielt? Offenbarung 7, 9-12 von Pfr. Richard Häberlin gehalten am 31. Mai 2015
2 Offenbarung 7, 9-12: Danach sah ich eine riesige Menschenmenge aus allen Stämmen und Völkern, Menschen aller Sprachen und Kulturen; es waren so viele, dass niemand sie zählen konnte. In weiße Gewänder gehüllt, standen sie vor dem Thron und vor dem Lamm, hielten Palmzweige in den Händen und riefen mit lauter Stimme:»Das Heil kommt von unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und von dem Lamm!«Diesem Lobpreis schloss sich die ganze unzählbar große Schar der Engel an, die rings um den Thron und um die Ältesten und die vier lebendigen Wesen standen. Sie warfen sich vor dem Thron nieder und beteten Gott an.»amen, so ist es!«, riefen sie.»anbetung, Ehre und Dank ihm, unserem Gott! Herrlichkeit und Weisheit, Macht und Stärke gehören ihm für immer und ewig! Amen.«Seite 2
3 Liebe Gemeinde, Aus dem Bereich des Theaters wissen wir, was eine Souffleuse ist: Nämlich eine Person, die im Notfall (sprich: bei einem Blackout) den Texteinsatz oder eine kleine Regieanweisung gibt. Es gibt eine Anekdote, die besagt, dass der Schauspieler Raoul Aslan im Stück King Lear einmal seinen Text total vergessen habe, und die Souffleuse dann verzweifelt versucht habe, ihm die Stichworte seiner Einsätze zuzuflüstern. Nach mehreren erfolglosen Versuchen habe dieser Schauspieler ihr verärgert zugerufen: Keine Einzelheiten! Welches Stück? (W. Raible) Bitte keine Einzelheiten! Welches Stück spielen wir? Was wird überhaupt gespielt? Tja, eigentlich eine gute Frage! Eine Frage, die man hin und wieder auch auf die Kirche anwenden kann Nun ist die Kirche und auch der Gottesdienst (zumindest nach evangelischem Verständnis) weder ein Theaterstück noch sonst eine Aufführung, sondern ein gemeinsames Feiern und Vor-Gott-Kommen. Und doch kann es nicht schaden, bei diesem Vergleich zu bleiben und zu fragen: Um welches Stück geht es? Was ist die Mitte unseres Tuns und Glaubens? Was ist abgesehen von allen Kleinlichkeiten und Spezialfragen und persönlichen Geschmäckern die zentrale Botschaft? Um was geht es eigentlich? Auf diese Frage würde ich um im Bild zu bleiben antworten: Das Stück, das wir heute, am Dreieinigkeitssonntag, spielen, heisst schlicht und einfach: Gott. Und dieses Stück hat drei Akte: Der Vater. Der Sohn. Der Heilige Geist. Seite 3
4 Bevor wir diesen Drei-Akter im Hinblick auf unser Dasein als christliche Gemeinde betrachten, werfen wir zuerst einen Blick auf eine himmlische Aufführung (wenn ich dem einmal so sagen darf ). Im letzten Buch der Bibel, im Buch der Offenbarung, wird dem Seher Johannes ein Blick in die normalerweise für uns unsichtbare Welt gewährt. Es ist, wie wenn für einen Moment lang der Vorhang zur Seite geschoben wird und er sehen darf, was da wirklich gespielt wird. Sozusagen hinter den Kulissen der Weltbühne. Diese Sicht vermitteln übrigens auch viele Gospels, die ja ursprünglich von Menschen gesungen worden sind, die nicht viel zu lachen hatten im Leben. Sie haben in ihren Liedern ihren Blick auf eine andere Welt gerichtet. Auf denjenigen, der trotz aller Not und allem Elend das Heft in der Hand hat. Hin auf denjenigen, von dem es sogar auf unserem Schweizer Fünfliber heisst: Dominus providebit (Gott wird sorgen!). In unserem Bibelwort sehen wir die Vollendeten vor dem Thron Gottes. Dabei geht es um den, der auf dem Thron sitzt. Und um das Lamm (als Bild für Jesus, der sein Leben uns zugute hingegeben hat). Und dass der Seher Johannes das alles überhaupt sehen und miterleben kann: Das ist das Werk des Heiligen Geistes. Im Geist sieht er diese andere Realität. So wie Gott auch uns heute noch durch seinen Geist einen Blick über den persönlichen und weltgeschichtlichen Horizont hinaus eröffnet. Alles, was in der Offenbarung an Schlimmem und Unverständlichem berichtet wird, mündet immer wieder ein in dieses Aufschauen auf den, der seine Menschen einmal vor seinem Thron versammeln wird. Seite 4
5 Und jeder Gottesdienst, den wir hier auf Erden feiern, ist eine Voraus-Abbildung und gleichzeitig ein Teil-Haben am himmlischen Gottesdienst. Hier auf Erden auf einer sehr unvollkommenen, unvollendeten und oft dunklen und verwirrenden Welt soll und darf zeichenhaft etwas aufleuchten vom himmlischen Glanz. Und in diesem Bewusstsein, dass auch jetzt, heute Morgen, im Himmel Gottesdienst gefeiert wird, fragen wir uns hier, in der Weinfelder Kirche: Wie zeigt sich dieser drei-eine Gott unter uns und in unserem Glauben? Wie wird dieser Glanz an uns sichtbar? Ich möchte es versuchen mit drei Fragen und drei kurzen Antworten: 1. Frage: Was ist der Grund eures Daseins? Darauf gibt uns der 1. Akt eine Antwort: Wir glauben, dass wir von Gott, dem Schöpfer, ins Leben gerufen worden sind. Wir vertrauen darauf, dass unser Leben einen Wert hat, den wir uns nicht selber erarbeiten müssen. Wir nehmen das Leben an als ein Geschenk, das wir nicht uns selber verdanken. Und wir dürfen es in Freiheit und mit Fantasie, mit den Fähigkeiten, die wir bekommen haben, gestalten. Wir glauben daran, dass wir auch angesichts von Krankheit und Leiden nicht allein sind, sondern von Gott gesehen und begleitet. Wir vertrauen darauf, dass ER vollenden wird, was in unserem Leben bruchstückhaft geblieben ist. Wir haben in Ihm ein Gegenüber, das Beziehung sucht. Einen Vater im guten Sinn des Wortes, der uns lieb hat. Seite 5
6 2. Frage: An wem orientiert ihr euch? Darauf antwortet der 2. Akt: Wir halten uns an Jesus von Nazareth. Ihn nennen wir Sohn Gottes, weil er uns wie kein anderer diesen Gott (den Vater) gezeigt hat. Weil er uns vorgelebt hat, wie Gott sich unsere Welt wünscht. Jesus hat uns einen Dreiklang beigebracht einen Dreiklang, der zu einem erfüllten Leben führt: Der Dreiklang, der auch über dem Eingang zum Pestalozzischulhaus hier in Weinfelden steht: Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst. In dieser Liebe hat er alles gegeben und alles getan, damit der Beziehung zu Gott nichts mehr im Weg steht. Mehr als sein Leben hat er nicht geben können! Jetzt liegt es an mir, diese Beziehung aufzunehmen und ihm nachzufolgen. 3. Frage: Wie lebt ihr euren Glauben? Darauf gibt der 3. Akt eine Antwort: Wir leben in der Kraft des Geistes Gottes. Aus eigener Kraft bleiben die göttlichen Gebote wie moralische Appelle, die zu Überforderung und Frustration führen. Gottes Geist aber ist der grosse Ermutiger und Kraftspender für ein vertrauensvolles Leben im Glauben. Der Heilige Geist möchte meine Persönlichkeit zu dem machen und gestalten, wie sie immer von Gott her gemeint war. Das passiert nicht von heute auf morgen, sondern in einem lebenslangen Prozess. Aber das Ziel ist gegeben: Dem Bild von Jesus immer ähnlicher werden. Und das geschieht in der Gemeinschaft mit anderen, die auch auf diesem Weg sind. Aus diesem Grund gibt es diese Kirche: Eine Kirche, die alles andere als vollkommen ist es auch nie sein wird. Seite 6
7 Weil die Menschen, die sich darin engagieren, jeden Tag neu auf Gottes Gnade und Erbarmen angewiesen sind. Die Kirche ist ein Übungsfeld und manchmal ein spannungsvolles Übungsfeld! für jenen Moment, wo der Vorhang aufgeht und Gott unter und mit seinem Volk wohnen wird. Die Kirche ist deshalb auch kein Selbstzweck. Sondern sie ist Gefäss und Heimat für alle, die unterwegs sind in Richtung Ewigkeit. Einer, der in seiner Kindheit und Jugend nicht allzu gute Erfahrungen mit seiner Kirche gemacht hat, ist der bekannte Komiker und Schriftsteller Hape Kerkeling. Wir kennen ihn vielleicht von seinen Büchern Ich bin dann mal weg oder sein stellenweise erschütterndes Buch Der Junge muss an die frische Luft. Kerkeling schreibt einmal: Gott ist für mich so eine Art hervorragender Film Und die Kirche ist lediglich das Dorfkino, in dem das Meisterwerk gezeigt wird Die Vorführung ist mies, doch ändert sie nichts an der Grösse des Films. Leinwand und Lautsprecher geben nur das wieder, wozu sie in der Lage sind. Liebe Gemeinde, auch wenn ich nur als Leinwand oder Lautsprecher dienen kann: Aber ich will das Meine dazu beitragen, damit der grossartige Film zur Aufführung kommt! Und Sie? Amen. Seite 7
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