Jahresbericht 2009 Beratungsstelle Köln-Chorweiler

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1 Jahresbericht 2009 Beratungsstelle Köln-Chorweiler pro familia Köln-Chorweiler pro familia Außenstelle Köln-Kalk Athener Ring 3b Köln Tel.: 0221 / Fax: 0221 / koeln-chorweiler@profamilia.de Kalker Hauptstraße Köln Tel.: 0221 / Fax: 0221 / koeln-kalk@profamilia.de

2 Die Beratungsstelle Unsere Beratungsstelle pro familia Köln-Chorweiler ist anerkannt nach dem Schwangeren- und Familienhilfegesetz (SFHG). Die Grundlagen unserer Arbeit sind also der 2 und die 5 und 6 des SFHG. In diesem gesetzlich vorgeschriebenen Bereich unserer Arbeit werden wir mit 80% der Personalkosten und einer Sachkostenpauschale von 8000,- Euro (pro Vollzeitstelle) vom Land NRW finanziert. Die Restfinanzierung erfolgt durch die Stadt Köln. Unsere Arbeit in den Bereichen Youthwork und sexualpädagogische Gruppenarbeit wird nur zum Teil durch öffentliche Mittel getragen. Um diese Angebote zu sichern, sind wir auf Eigenmittel angewiesen. Auf Grund der schwierigen finanziellen Lage der Stadt Köln droht uns für das Jahr 2010 eine Haushaltskürzung. Wir hoffen, dass wir dem Anspruch der Frauen und Paare auf Beratung dennoch gerecht werden können. In Chorweiler und Kalk bieten wir ein niederschwelliges und ortsnahes Beratungsangebot an. Beide Stadtteile sind gekennzeichnet durch einen hohen MigrantInnenanteil und hohe Arbeitslosigkeit. Die Zweigstelle in Kalk ist die einzige Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle im rechtsrheinischen Köln. Aufgrund unserer guten Vernetzung in Kalk ist die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen für die Ratsuchenden sehr effektiv. Auf der Grundlage des SFHG führten wir im Jahr 2009 mit 2,8 Fachkräften 2104 Beratungsgespräche durch. Da die Nachfrage unsere Kapazität überschritt, musste ein Teil der KlientInnen an andere Beratungsstellen weiter verwiesen werden. In der gesetzlich vorgeschriebenen Schwangerschaftskonfliktberatung begleiten und unterstützen wir die Ratsuchenden auf ihrem Weg zur Entscheidung. Dazu gehört die sozialrechtliche, psychologische und medizinische Beratung. Unser multiprofessionelles Team garantiert eine fundierte zeitnahe Beratung in allen Bereichen. Die Not- und Konfliktlage, die zu einem Schwangerschaftsabbruch führen kann, ist oft vielfältig. Frauen und Paare mit finanziellen Problemen, psychischer Überforderung und/oder medizinischen Bedenken werden von uns individuell und umfassend begleitet. Wir beraten sowohl nach einem Schwangerschaftsabbruch als auch nach der Geburt eines Kindes. Ebenso begleiten wir stabilisierend Schwangerschaften, die in einer konfliktreichen Lebenssituation ausgetragen werden. Verstärkte Angst um die Zukunft, z.b. bedingt durch befristete Arbeitsverhältnisse, Sorge vor Armut und Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit oder Alleinerziehung, drücken sich vermehrt in den Anfragen nach der psycho-sozialen Schwangerenberatung und den Beratungen und Begleitungen nach der Geburt eines Kindes aus. Hierbei ist oft umfangreiche Unterstützung gefordert. Wie schon seit Jahren übersteigt die Nachfrage nach den Paar- und Sexualberatungen unsere Kapazität. Wir erhalten viele Anfragen von jungen Eltern nach der Geburt eines Kindes, die um beratende Begleitung bitten und von Paaren mit sexuellen Problemen. In der ärztlichen Beratung rissen ab dem Sommer die Nachfragen von verunsicherten Schwangeren wegen Impfung gegen die Schweinegrippe nicht ab. Im März 2009 organisierten die Ärztinnen der profamilia Köln- Chorweiler und pro familia Köln-Zentrum eine Fachtagung für niedergelassene GynäkologInnen zum Thema Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch. Im Bereich Youthwork erreichten wir mit Einzelberatungen, Gruppen- und Großveranstaltungen 1223 Jugendliche und Multiplikatoren. Ein Schwerpunkt war in diesem Jahr das zweitägige Filmprojekt Ketchup-Effect für Mädchen. Die Rückmeldungen der Schülerinnen und Lehrer waren so gut, dass für 2010 weitere Projekte geplant sind. Das sexualpädagogische Projekt Rund um Zukunft wird weiterhin stark von Schulen und anderen Institutionen angefragt. In 2009 wurden 569 Personen erreicht. Die Besonderheit ist, dass pro familia Chorweiler in Köln und Umgebung die einzige Stelle ist, die Projekte mit Babysimulatoren anbietet. Ziel ist es, durch die Simulation Ansätze praktischen Erlebens elterlicher Verantwortung zu ermöglichen. Die Online-Beratung rundet seit einigen Jahren unser Angebot ab. Ratsuchende können auf diesem Weg zeitnah Informationen und Beratung zu all unseren Themen erhalten. Das Team Wir sind ein multiprofessionelles Team bestehend aus Sozialberaterinnen, einer Psychologin und Ärztinnen. Wir sind in der Lage, Kontaktaufnahme und Beratungsgespräche in mehreren Sprachen durchzuführen. Ehrenamtlich sind außerdem eine Rechtsanwältin und ein Rechtsanwalt tätig, die einmal im Monat eine Informationssprechstunde abhalten. Anmeldung: Beratung: Regina Tolksdorf Anne Koj (Leitung) Ana Acosta Martina Debus-Crott Yesim Ünal-Wintz Anna Imhoff Sexualpädagogik: Angelika Paffhausen Ulla Engel-Horstkötter Christine Stolze- Spyridoula Nani-Kirmanidis Pfafferodt Ana Acosta Consuelo Wrobel

3 Zahlen 2009 Fallzahlen (Anzahl der Personen) 634 Fälle nach 219 StGB in Verbindung mit 5 und 6 SchKG 1083 Fälle nach 2 SchKG Anlass der Erstberatung bei Schwangerenberatung Familienplanung, Kinderwunsch und Verhütungsberatung Sexual- /Partnerschaftsberatung Beratung nach Geburt Beratung nach Abbruch / Fehlgeburt Kontaktform 2 5/6 gesamt Beratungsgespräch Informationskontakte Beratung insgesamt sonstige z.b.sexualaufklärung (keine Gruppenberatung) und Beratung vor, während und nach pränataler Diagnostik Youthwork 54 Gruppen mit Jugendlichen 52 Einzel- Praxisberatung 2 Multiplikatorenfortbildung 5 Öffentliche Veranstaltungen 80 Kurzkontakte insgesamt 1213 Personen erreicht Babybedenkzeit Rund um Zukunft 40 Gruppen 18 Einzel- Praxisberatung 1 Multiplikatorenfortbildung 2 Öffentliche Veranstaltungen 65 Kurzkontakte insgesamt 569 Personen erreicht

4 Qualität Fortbildungen / Weiterbildungen Resilienz Familienpolitik Beziehungsanalytische Aspekte von Einzel-, Paar- und Gruppentherapie (Uta Einnolf) Geniale Lösungen Milton Ericksons Psychotherapie (Jeff Zeig) Neuere Ansätze der analytischen Psychotherapie (Michael Ermann) Erlebnisorientierte Verfahren in der Paartherapie (Roland Weber) Fachtag Pränataldiagnostik, Münster Psychosoziale Beratung zur Pränataldiagnostik Informationen für den Erstkontakt Sexualtherapeutische Fortbildung und Supervision (Institut für Sexualmedizin Frankfurt) Lindauer Psychotherapietage: 1. Kontexte der Migration 2. Psychoanalyse heute Entwicklungen und aktueller Bestand 3.Sexualität: kein Thema für Psychotherapeuten? Was wir aus Beratung und Therapie sexueller Störungen lernen können. 4. AktiveMusiktherapie Therapeutisches Trommeln auf Djembés Depressive Krisen in der Schwangerschaft und nach der Geburt (Institut für gynäkologische Psychosomatik Bonn) pro familia Grundkurs 3-teiliger Grundkurs für den Erstkontakt Sozial- und aufenthaltsrechtliche Situation von Migrantinnen aus den neuen EU-Staaten (Verband binationaler Familien und Partnerschaften) Fachtagung Sozialraumorientierte Angebote in Humboldt-Gremberg-Kalk Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch bis Ende 9. Schwangerschaftswoche aktueller Stand und Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis (Fortbildung, durchgeführt von pro familia Köln-Chorweiler und pro familia Köln-Zentrum in Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Christian Fiala, Wien) Berufsbegleitende Weiterbildung in Systemischer Beratung und Therapie /Familientherapie Online Fortbildung: Evaluation Arbeitskreise Je eine Mitarbeiterin eines Fachbereichs ist in einem der berufsspezifischen Arbeitskreis des Landesverbandes der pro familia vertreten. AK BeratungsstellenleiterInnen pro familia NRW AK Leiterinnen der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen Köln AK der Beratungsstellen für Schwangere und Alleinerziehende in Köln Gewalt in der Schwangerschaft. Schwanger nach Gewalt AK Psychosomatik in der Gynäkologie AK online-beratung AK Chorweiler AK Jugend + Prävention AK Youthwork AK Mädchenarbeit LVR AK Pränataldiagnostik und Öffentlichkeitsarbeit Köln Supervision Das gesamte Team nahm regelmäßig an Supervisionen teil. Sonderveranstaltungen Teamfortbildung für Mitarbeiter St. Anna-Stift (Helm) Dr. Hochsommer (Schwimmbadaktion mit AK Jugend + Prävention) Komm auf Tour in Chorweiler (BzgA) Projekt Ketchup Effect von pro familia Köln mit der Hauptschule Großer Griechenmarkt Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch bis Ende 9. Schwangerschaftswoche - aktueller Stand und Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis (Fortbildung durchgeführt von pro familia-chorweiler und pro familia Köln- Zentrum in Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Christian Fiala, Wien) Stadtteilaktionstag Kalk Büro und Anmeldezeiten Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Offene Sprechstunde für Schwangerschaftskonfliktberatung Donnerstag Spendenkonto: Stadtsparkasse Köln Bonn BLZ

5 Das Kind ist nicht gesund Schwangerschaftskonfliktberatung in einem besonderen Kontext Das müssen wir unbedingt weiter abklären. Dieser oder ähnliche Sätze sind für viele Schwangere und ihre Partner der Beginn einer schwierigen Zeit. Gestern noch glücklich schwanger, sitzt der Schock oft tief, wenn mit dem Baby etwas nicht in Ordnung ist. In der Regel folgen weitere Untersuchungen und die Weiterverweisung an hoch spezialisierte Praxen oder Klinikzentren. Sollte sich herausstellen, dass bei dem Kind eine Erkrankung oder eine Behinderung vorliegt, sind betroffene Paare oft traurig und verzweifelt. In dieser Phase benötigen sie viele Informationen. Was bedeutet die Erkrankung, wie ausgeprägt wird sie sein und welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen? Neben der medizinischen Information brauchen sie Unterstützung und Begleitung. Die so genannte psychosoziale Beratung soll Schwangere und ihre Partner in einer Zeit der Krise unterstützen und ihnen helfen, weitere Entscheidungen zu treffen. Am Besten gelingt eine gute Versorgung und Begleitung, wenn Frauenärzte, Pränatalmediziner und Beratungsstellen eng zusammen arbeiten. Mehrere Studien haben das in der Vergangenheit gezeigt. Die Bedeutung der psychosozialen Beratung unterstreicht das neue Schwangerschaftskonfliktgesetz, das im Mai 2009 verabschiedet wurde und am in Kraft getreten ist. In Zukunft haben die Ärzte und Ärztinnen, die der Schwangeren die Diagnose mitteilen, die Pflicht, mögliche medizinische, psychische und soziale Fragen sowie die Möglichkeiten zur Unterstützung bei physischen und psychischen Belastungen mit ihren Patientinnen zu erörtern. Eine große Herausforderung für die Spezialisten in den Zentren. Zusätzlich sind sie verpflichtet, über eine weitere und vertiefende psychosoziale Beratung zu informieren und im Einvernehmen mit der Schwangeren Kontakte zu Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und Behindertenverbänden zu vermitteln. Viele Frauen und Männer, die in unsere Beratungsstelle kommen, schätzen die Tatsache, dass pro familia parteipolitisch und konfessionell unabhängig ist. Die KollegInnen, die nach auffälligem Befund beraten, verfügen über eine Ausbildung in der Schwangerschaftskonfliktberatung und über eine psychosoziale Zusatzausbildung. Auch die Mitarbeiterinnen im Erstkontakt sind geschult im Umgang mit betroffenen Frauen und Paaren. Im Team arbeiten Ärztinnen, Psychologen und Sozialberaterinnen, so dass die Möglichkeit zum interkollegialen Austausch zwischen den verschiedenen Berufsgruppen gegeben ist. Männer und Frauen, bei deren Kind eine Krankheit oder Behinderung festgestellt wurde, sind häufig in einer Ausnahmesituation. Sie lehnen in der Regel nicht die Behinderung als solche ab. Meist haben sie Angst vor einer chronischen Überforderung, davor, dass sie es seelisch nicht verkraften, wenn nach der Geburt schwere Operationen mit ungewissem Ausgang erforderlich sind, oder vor der Verantwortung, wenn ein Kind mit einer geistigen Behinderung Versorgung und Betreuung bis ins Erwachsenenalter braucht. Dabei spielt die persönliche Situation eine große Rolle. Frauen, die allein stehend sind oder deren Partner für einen Schwangerschaftsabbruch ist, Familien, die schon mehrere Kinder haben oder die auf den Doppelverdienst beider Eltern angewiesen sind, haben es nicht leicht, sich für die Schwangerschaft zu entscheiden. Von Bedeutung sind auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Obwohl es viele Hilfen für Familien mit einem kranken oder behinderten Kind gibt, haben Paare die Befürchtung, dass sie letztendlich doch alleine stehen mit der Versorgung und Verantwortung. Die Veränderungen der letzten Jahre im Gesundheitssystem, die mühsame Entwicklung hin zu integrativen Schulformen, die Diskussionen um die Einführung einer Kopfpauschale in der Krankenversicherung und um mehr

6 Eigenverantwortung der PatientInnen führen zu der Frage, ob Kranke und Behinderte auch in Zukunft von der Solidargemeinschaft aufgefangen werden. Es ist offensichtlich, wie vielschichtig die Überlegungen sein können. Frauen und Männer brauchen Informationen über die Erkrankung des Kindes und entsprechende Behandlungsmöglichkeiten, über staatliche Hilfen und Fördermaßnahmen und eine persönliche Begleitung. Gleichermaßen brauchen sie Zeit und Raum, um über ihre widersprüchlichen oder ablehnenden Gefühle zu sprechen. Wenn die Betroffenen sich für das Austragen der Schwangerschaft entscheiden, brauchen sie Unterstützung, um sich auf die neue Situation einlassen zu können. Nicht selten müssen sie ihre Entscheidung in der Familie, teils auch in der Partnerschaft verteidigen. Psychosoziale Beratung soll Frauen und Männern helfen, die für sie richtige Entscheidung zu treffen. Dies gelingt am besten in einer ergebnisoffenen Beratung und mit Respekt vor dem Weg, den die Betroffenen wählen. Auch ein Schwangerschaftsabbruch kann die richtige Entscheidung sein. Denn letztendlich sind es die Ratsuchenden, die langfristig mit der von ihnen gefundenen Lösung leben müssen. Die Schwangerschaftskonfliktberatung nach einer pränatalen Diagnose stellt hohe Anforderungen an die BeraterInnen. Pro familia engagiert sich, um die Qualität der Beratung zu sichern und die Kooperationen mit spezialisierten Zentren auszubauen. Pro familia NRW ermöglicht die Supervision schwieriger Beratungssituationen innerhalb der Beratungsstelle und bietet landesweite Fortbildungen zum Thema Pränatale Diagnostik an. In den Jahren 2008 und 2009 wurden dazu drei ganztägige Fachtage unter Mitwirkung von OA Dr.Steinhard / Abteilung Pränatalmedizin der Universitätsfrauenklinik in Münster angeboten. Fachspezifische Themen werden fortlaufend in den überregionalen Arbeitskreisen der verschiedenen Berufsgruppen erörtert. pro familia Köln-Chorweiler Athener Ring 3b Köln Jahresbericht 2009