7 Staubmessungen im Spalt zwischen Original und Schutzverglasung
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- Krista Glöckner
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1 HINWEISE ZUR SANIERUNG HISTORISCHER FARBVERGLASUNGEN 7 Staubmessungen im Spalt zwischen Original und Schutzverglasung Gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung
2 Kaskadenimpaktor zur Staubprobenahme
3 Das Projekt An jeweils einem Fenster der Dome zu Stendal, Havelberg und Halberstadt sowie im Zisterzienserkloster Marienstern in Panschwitz-Kuckau und der Nikolaikirche in Quedlinburg wurden Klimamessungen sowie Staub- und Materialuntersuchungen durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Fachgruppe 4.2 durchgeführt. Ziel der Arbeiten war es, den allgemeinen Erkenntnisstand über die Wirksamkeit von Schutzverglasungen zu verbessern, die spezifische Situation für die Glasmalereien in den fünf Objekten zu beurteilen (siehe Faltblatt 6 dieser Reihe: Kontrollen der Wirksamkeit von Schutzverglasungen ), im Bedarfsfall Maßnahmen zur Verbesserung zu empfehlen und gegebenenfalls weitere Untersuchungen vorzuschlagen. Bisher gibt es keine Erkenntnisse zum Einfluss von Stäuben auf die Korrosionsprozesse von Glasoberflächen. Daher sollte das Projekt neben der unmittelbaren Kontrolle der fünf Objekte auch Antworten zu dieser grundlegenden Frage geben. Staubmessungen Feine Stäube anthropogener und natürlicher Herkunft sind in zunehmendem Maße auch Belastungen für die Umwelt. Sie sind nicht nur im Außenbereich nachweisbar, sondern auch in Innenräumen. Im Zusammenwirken mit Temperatur und Luftfeuchtigkeit können sie katalytische Wirkungen haben, Synergieeffekte hervorrufen und Schadensphänomene an Kunstwerken verstärken. Aufgrund der Luftbewegung im Spalt zwischen Original und Außenschutzverglasung können Stäube transportiert und auf Glasmalereien abgelagert werden. Die Untersuchungen zur Staubbelastung sollen Hinweise auf die Zusammensetzung von Feinstaub, seine Herkunft und die Wirkung auf historische Gläser ermöglichen. Die Staubprobenahme im Stendaler und im Havelberger Dom erfolgte mit Hilfe eines Kaskadenimpaktors. Mit diesem Gerät lassen sich Partikel auffangen, entsprechend ihrer Größe trennen und auf Substrate deponieren. Weiterhin erfolgten in allen Objekten Staubprobenahmen von der Rückseite korrodierter und nicht korrodierter Glasmalereifelder sowie eine Langzeitprobenahme mit Hilfe von Si-Wafern, die als Staubsammler auf der Rückseite der Glasmalereifelder für die Dauer der Klimamessung platziert waren. Die Analysen der Stäube sind mit dem ESEM / EDX durchgeführt worden. Bei allen Probenahmevarianten konnten Staubablagerungen gesammelt werden. Die Partikelgröße lag zwischen 0, µm, in der Nikolaikirche Quedlinburg sogar bis etwa 400 µm. Unterschiede in der Art bzw. Konzentration der Partikel ließen sich in Abhängigkeit der unterschiedlichen Expositionshöhen der Staubsammler nicht feststellen. Die analysierten Elemente lassen sich in drei Gruppen aufteilen. In der ersten Gruppe findet man die Elemente Kalium (K), Calcium (Ca) und Schwefel (S). Offensichtlich handelt es sich Staubprobenahme auf C-Taps (links) und Si-Wafer (rechts) für Untersuchungen im Elektronenmikroskop
4 Simulation von Staubbelastungen auf Modelgläsern im Klimaschrank dabei um Partikel der Korrosionsschichten, die aufgrund der Luftbewegung im Spalt von der Rückseite der Glasmalereifelder abgelöst werden. In der zweiten Gruppe sind metallische Partikel wie Eisen (Fe), Blei (Pb), Kupfer (Cu), Aluminium (Al) und Zink (Zn). Hierbei handelt es sich vermutlich um Korrosionsprodukte oder Abrieb von Konstruktionselementen. In der dritten Gruppe wurden die Elemente Magnesium (Mg), Barium (Ba), Stickstoff (N) und Chlor (Cl) zusammengefasst, die nur relativ selten gefunden wurden. Sowohl in Havelberg als auch in Halberstadt ist auf den Si-Wafern auch Stickstoff analysiert worden, der aus intensiver Landwirtschaft oder Abgasen des Autoverkehrs stammen könnte. Die Untersuchungen zeigen, dass mit dem Kaskadenimpaktor und der Probenahme mit Si-Wafern nahezu die gleichen Partikel gefunden werden. Die Probenahme von der Rückseite der Glasmalereien mit C-Taps lassen Rückschlüsse zur Herkunft der Staubbelastung im Spalt zwischen Original- und Außenschutzver- glasung zu. Die Staubpartikel stammen sowohl von der Oberfläche der korrodierten Gläser als auch von den Konstruktionselementen und Farbanstrichen. Die Probenahme mit dem Kaskadenimpaktor im Stendaler Dom lieferte eine höhere Partikelanzahl als die im Havelberger Dom. Die Ursache dafür liegt vermutlich nicht nur in den geometrischen Abmessungen der beiden Fenster. In dem größeren Fenster im Stendaler Dom wurde auch eine deutlich höhere Luftgeschwindigkeit gemessen, die für den Abtrag von verwitterten Glasbestandteilen verantwortlich sein kann. Um Materialverluste an den Glasmalereifeldern zu vermeiden, sollte die Luftgeschwindigkeit im Spalt nicht zu hoch sein, geringe Werte sind in dieser Hinsicht eher günstiger. Simulation im Klimaschrank Inwiefern Staubanlagerungen auf Gläsern unter den gemessenen Temperatur- und relativen Luftfeuchtigkeitswerten zu Veränderungen auf Glasoberflächen führen können, wurde an Mo-
5 Label A: Korrosion Si Label B: Bereich Tesa K Mg Ca C Na Al S kev Modellglas PK1a: ESEM Abbildung vom Expositionsbereich Staub (CaSO 4 1 / 2 H 2 O) und EDX Spektrum korrodierter Bereiche, Oberfläche partiell stark angegriffen, Auslaugung von Mg, K, Ca, Label A (rot) ist das Elementspektrum des verwitterten Glases im Vergleich zu Label B, dem Elementspektrum der unverwitterten Glasprobe. Label A: Korrosion Label B: Bereich Tesa O S K Ca Mg C Na Al P Mn kev Modellglas PK1a: ESEM-Abbildung vom Expositionsbereich Staub (a) mit korrodierten Bereichen unter kristallinem Oberflächenbelag, EDX Spektrum (rechts) zeigt Auslaugung von Mg, Ca. dellgläsern mit mittelalterlicher Zusammensetzung durch künstliche Bewitterung im Klimaschrank getestet. Zur Simulation der Staubdeposition auf den Glasoberflächen wurden folgende chemische Verbindungen verwendet: CaSO 4 1 / 2 H 2 O, K 2 CO 3, CaCO 3, PbCO 3, Fe 2 O 3. Etwa die Hälfte der Oberfläche jeder Modellglassorte wurde mit jeweils einem dieser Stoffe in Pulverform belegt. Auf einer weiteren Probe je Modellglassorte erfolgte die Belegung mit einer Mischung aus allen Modellstäuben und jeweils eine Probe je Sorte wurde mit Staub aus dem Stendaler Dom, der aus der Probenahme mit dem Kaskadenimpaktor stammt in Kontakt gebracht. Auf etwa einem Viertel aller Modellglasoberflächen befand sich eine Tesafilmabdeckung, ein weiteres Viertel war unbehandelt. Diese Flächen waren auch der direkten Bewitterung ausgesetzt und dienen für die nachfolgenden Analysen als Referenzfläche. Ergebnisse Die Untersuchungen zeigen, dass durch Staubdeposition auf Glasoberflächen mittelalterlicher Zusammensetzung unter Einfluss von Luftfeuchtigkeit und Temperatur Schäden entstehen können. Diese Schäden äußern sich in der Veränderung der Zusammensetzung der Glasoberfläche infolge von chemischen Reaktionen zwischen Staub, Luftfeuchtigkeit und Glas. Vor
6 allem hygroskopischer Staub, der Feuchtigkeit bindet und Verbindungen, die zum Beispiel Hydrogenkarbonate bilden können, weisen ein hohes Schädigungspotential aufgrund des sichdadurch verändernden ph-wertes insbesondere für sehr empfindliche mittelalterliche Gläser auf. Ein direkter Laugenangriff auf die Glasoberfläche kann letztendlich zur Zerstörung der Glasstruktur führen. Starke Schäden wurden auch auf Gläsern beobachtet, die mit Calziumsulfathalbhydrat belegt waren. Als Gipsmodifikation befindet sich diese Verbindung auch in den Korrosionsprodukten auf historischen Gläsern. Das Schädigungspotential ergibt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Fähigkeit, weiteres Wasser aufzunehmen und zu speichern, so dass zusätzliche Feuchtigkeit auf diese Art und Weise direkt mit der Glasoberfläche in Kontakt kommt und Auslaugungsprozesse in Gang setzen kann. Ebenfalls waren mit Hilfe des gesammelten Originalstaubes Oberflächenschäden auf der empfindlichsten Modellglassorte nachzuweisen, jeweils an den Stellen, wo Staubkristalle in direkten Kontakt mit der Glasoberfläche traten. Die Untersuchungen zeigen deutlich, dass es zweckmäßig ist, lockere Korrosionsprodukte und Staubablagerungen stets vorsichtig von der Glasoberfläche zu entfernen, um chemische Reaktionen der Ablagerungen mit Wasser aus der Luftfeuchtigkeit auszuschließen und hygroskopische Reaktionen zu vermeiden. Zusammenfassung Die im Evaluierungsprojekt erstmalig und an allen fünf Objekten durchgeführten Staubanalysen ergaben, dass man durchaus mit aggressiven Partikeln rechnen muss, die wie bei Simulationsuntersuchungen an Modellgläsern im Klimaschrank gezeigt werden konnte die Reaktion der Atmosphärilien mit mittelalterlichem Glas katalysieren. Das Schädigungspotenzial der durch den steigenden Autoverkehr hohen Konzentration an NO x und daraus resultierende Reaktionen mit anderen Umweltemissionen und die Wirkung auf historische Glasfenster muss weiter erforscht werden. Vermutlich ist es nur der diffusionshemmenden und schützenden Wirkung der Gelschichten zu verdanken, dass sich trotz zeitweilig hoher Luftfeuchte und Anwesenheit aggressiver Staubpartikel bisher kaum schädigende Wirkungen auf den Originalen zeigen. Da man nicht davon ausgehen kann, dass dieser Schutz über sehr lange Zeiträume in dieser Weise vollständig erhalten bleiben wird, sollten sich zukünftige Forschungen auch mit der Frage wärmetechnischer Maßnahmen (Spaltheizung) beschäftigen, um zu hohe Werte der relativen Luftfeuchtigkeit zu verhindern. Die Tatsache, dass jedes Originalfenster hinter einer fachgerechten Schutzverglasung vor einer direkten Belastung mit Kondenswasser bewahrt wird, hat sich auch an den evaluierten fünf Objekten bestätigt. An der allgemein positiven Wirkung dieser Konservierungsmaßnahme gibt es keinen Zweifel. Titelabbildung: Havelberger Dom, Fenster nxi
7 oben: Stufen des Kaskadenimpaktors nach Staubprobenahme unten: Detail Staubablagerungen auf Stufe 4
8 HINWEISE ZUR SANIERUNG HISTORISCHER GLASMALEREIEN Faltblatt 7 Staubmessungen im Spalt zwischen Original und Schutzverglasung Teil des Förderprojektes der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück (Az Modellhafte Evaluierung von Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen an historischen Glasmalereien mit starken Schäden durch anthropogene Einflüsse Herausgegeben von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Fachgruppe 4.2 Umweltrelevante Material- und Produkteigenschaften In gleicher Reihe erschienen: Faltblatt 1 Die isothermische Schutzverglasung ein wirksames Mittel zur Verhinderung von Umweltschäden Faltblatt 2 Halterungssysteme für Schutzverglasungen Faltblatt 3 Das differenzierte Leistungsverzeichnis Voraussetzung für denkmalpflegerische Maßnahmen Faltblatt 4 Die Glasmalereien des 19.Jahrhunderts Charakteristika der verwendeten Materialien Faltblatt 5 Lagerungsbedingungen Faltblatt 6 Kontrolle der Wirksamkeit von Schutzverglasungen Anschrift: BAM, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung AG 4.21 Umwelteinflüsse und Schädigungsmechanismen Richard-Willstätter-Str. 11, Berlin Tel Fax: manfred.torge@bam.de Text: Manfred Torge Wolfgang Müller Gestaltung Dietrich Otte, Bad Belzig Druck: druckhaus köthen GmbH, 2011
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