Das Aschenputtel der Flöte die Intonation

Transkript

1 Das Aschenputtel der Flöte die Intonation von Trevor Wye (The Cinderella of the Flute Intonation, übersetzt von Petra Music) Während der letzten 30 Jahre hat sich die Einstellung der Flötisten zum Thema Intonation als künstlerische Grundlage kaum verändert. Jeder, der sich in Aufnahmen die Flötentradition der letzten 100 Jahre anhört wird erkennen, dass fast alle Flötisten, die es auf der Welt gibt und gab (viele sind es noch), von der Technik sauber zu intonieren unberührt geblieben sind. Der Beweis dazu ist verewigt in Vinyl Plastik und Tonband. Die Bedeutung der nationalen Schulen des Flötenspiels, die in den frühen Jahren des letzten Jahrhunderts noch sehr unterschiedlich waren, ist nun durch den weltweiten Vertrieb von Aufnahmen und Konzerttourneen der Virtuosen zusammen mit der steigenden Popularität des Mediums Meisterkurs, sowie der Dominanz der sogenannten Französischen Schule verloren gegangen. Die großartigen französischen Flötisten wie Moyse und Rampal und viele Virtuosen der Gegenwart haben viele Hörer davon überzeugt, dass ein wunderschöner Ton, eine makellose Technik und eine saubere Artikulation der einzige Weg vorwärts ist. Wir haben keinen Zweifel daran, dass die französische Flötentradition die beste ist, und in mehreren Bereichen ist das auch richtig. Der Einfluss der Franzosen auf Ton und Artikulation ist immens. Das Repertoire, das durch Auftragswerke des Pariser Conservatoires entstanden ist, ist überwältigend. Französische Flöten waren Vorbilder für viele heute gut etablierte Flötenbaumeister, und die älteren Flöten wie Lot, Lebret und Bonneville sind immer noch gesuchte Instrumente in ihrer Eigenschaft als feinste Konzertinstrumente. Wenn doch nur das Gebiet der Intonation in Frankreich dieselbe Aufmerksamkeit wie alle anderen Grundlagen erreicht hätte! Ich habe viele Flötenmeisterkurse besucht, manche von großartigen Musikern, manche von großartigen Lehrern und manche von Spezialisten auf beiden Gebieten. Zeitweise habe ich gehört, dass Intonation erwähnt wird, aber sehr selten habe ich gehört, dass gute Lösungsvorschläge zur Beseitigung von Intonationsproblemen gegeben wurden. In Frankreich habe ich Lehrer gesehen, die ihre Ohren lang zogen, um anzuzeigen, dass es ein Problem gab. In vielen Ländern, am öftesten in den USA ist die Stütze das Amen im Gebet der Lehrer um eine zu tiefe Noten zu kurieren. In anderen Ländern ist das Allheilmittel ein offener Hals. Weitere raten zum genauen Hören, zum Kauf eines Stimmgerätes, oder dazu, sich selbst zuzuhören. Nach diesen amüsanten Ratschlägen ist es nicht verwunderlich, dass unter den meisten Flötisten die Intonation einfach nur schrecklich ist. Warum? Weil Lehrer und Spieler den Zusammenhang zwischen Luftgeschwindigkeit, den Lippen und dem Grad von Deckung und Öffnung des Mundloches nicht ordentlich untersucht haben, um lauter und leiser spielen zu können und trotzdem noch richtig zu stimmen. Das Studium des Klanges und des Tones muss gleichzeitig auch ein Studium der Intonationskorrektur sein, sonst ist es umsonst.

2 Indem man die Luftgeschwindigkeit und/oder das Öffnen des Blasloches erhöht und auch den Winkel des Luftstromes mit einer Bewegung des Kiefers, bzw. der Lippen erhöht, kann man verhindern, dass ein Ton im Diminuendo zu tief wird. Die umgekehrte Vorgehensweise wird verhindern, dass ein Ton während eines Crescendos höher wird. Wenn man diese Bewegungsabläufe fleißig übt, wird man auch das gewünschte Resultat erreichen. Die Flöte mit den Händen ein und auszurollen um den Deckungsgrad des Blasloches zu beeinflussen, ist auf alle Fälle tabu. Abgesehen von einigen Ausnahmen bei erweiterten Spieltechniken wird das nur zu Unstabilität und vielen weiteren Problemen führen. Um es klar auszudrücken: Ich spreche nicht einfach an, wie man einen Ton laut und leise spielen kann, ohne dass er seine Intonation verändert, sondern die dynamischen Variationen, die nötig sind, um einen Ton oder eine Phrase zu formen, um wirklich ausdrucksvoll spielen zu können. Wenn man diese Technik nicht beherrscht, ist musikalisches Kommunizieren auf einem bestimmten Niveau einfach nicht möglich. Aber warum wurde diese reativ simple Technik solange ignoriert? Vielleicht, weil die Spieler glauben, dass die Tonhöhe der Noten Sache der Flötenbauer ist, die ja die Tonlöcher korrekt am Flötenrohr platzieren, und der Spieler darauf nur wenig Einfluss hat? Ein sehr prominenter Flötist hat kürzlich im BBC Interview gesagt, der Unterschied zwischen dem barocken Traverso und der modernen Flöte sei, dass das Traverso Gutmütigkeit brauche, die einzelnen Töne gestimmt werden müssten und dass es mehr Farben hätte. Die Intonation der modernen Flöte dagegen sei einfach automatisch hervorragend. Mit dieser Denkweise ist es kein Wunder, dass moderne Flötisten zum großen Teil langweilig spielen und dazu noch an schlechter Intonation leiden! Die aktuellen Föten einiger Flötenbaumeister haben ziemlich gute Skalen und abgesehen von ein paar Kritikpunkten haben sich sehr verbessert! Das C# Tonloch in der linken Hand ist beispielsweise fast immer zu hoch auf der Flöte platziert oder hat einen zu flachen Sattel. Aber trotz allem kann ein erfahrener Flötist mit dem richtigen Training auch mit diesem Problem umgehen. Dennoch gibt es viele Virtuosen, die diese Note immer noch zu hoch intonieren. Hier sind es die Spieler, die im Unrecht sind. Viele Flötisten stimmen zu hoch ein und spielen grundsätzlich zu hoch um zu verhindern, dass sie bei leisen Stellen zu tief sind. Auf manchen Aufnahmen ist die Intonation ziemlich gut, aber der Flötist spielt fast nie leise oder laut! Das ist eine risikolose Art zu musizieren. Ein Computer könnte es besser machen. Auf einer europäischen Flötenkonferenz vor einigen Jahren war das Klavier extrem hoch gestimmt und trotzdem spielten die Flötisten mit ziemlich guter Intonation. Nämlich weil das Klavier genauso hoch war wie es die Flötisten waren!

3 Dem altklugen Kommentar, es wären nicht die Flöten, die verstimmt sind, sondern die Flötisten, kann ich auch nicht zustimmen. Es sind beide Partien und deshalb müssen auch beide Partien angesprochen werden. Vielleicht ist ein Grund für die schlechte Intonation der Trend zu mehr Lautstärke im Klang, wie es in den modernen Orchestern verlangt wird. Die Spieler erkennen nicht, wie weit sie das Kopfstück ausziehen müssen, um diesem Wunsch Folge leisten zu können. Gut, zumindest würde das aber das C# Problem lösen! Vor ein paar Jahren war ich als externer Juror bei den jährlichen Abschlussprüfungen im Pariser Conservatoire Supérieur eingeladen und saß neben dem Rektor. Nach zwei Konzerten wendete er sich an mich: Ist es eigentlich schwierig, die Intonation auf der Flöte zu kontrollieren?. Nein, antwortete ich. Warum spielen dann so viele mit schlechter Intonation? fragte er nach. Es ist eine französische Tradition, sagte ich. Weltweit können wir uns auf Flötenkonferenzen davon überzeugen. Wir treffen Flötisten, die einen wunderschönem Klang, eine saubere Technik und viele falsche Töne präsentieren. Ja, wenn der Spieler falsch intoniert ist das nicht einfach ein Intonationsproblem, wenn Noten auf der falschen Tonhöhe gespielt werden dann sind sie auch falsche Noten! Streicher sind stets um eine korrekte und sogar um eine expressive Intonation bemüht. Dies ist die Anpassung der Töne an ihre Position in der jeweiligen Tonart und im jeweiligen Akkord. Ich frage mich, was diese Musiker von Stütze als einem Heilmittel für zu tiefe Töne halten würden. Oder von sorgfältig Zuhören, die Ohren aufsperren oder ein Stimmgerät kaufen. Den Flötenbaumeistern zu Folge werden Flöten in unterschiedlichen Stimmungen gebaut und in verschiedenen Ländern verkauft, in denen Orchester und Konservatorien unterschiedliche Meinungen zur Standardstimmung haben. Flötisten können in einem Land unterrichtet werden und später in einem anderen Land arbeiten. Zudem haben Flötenbaumeister alle ihre eigenen Vorstellungen von der Teilung der Oktave in zwölf gleiche Teile, bekannt als gleichteilig temperiert. Die Flötenskala soll nach der Oktavenlänge geplant sein das ist das Verhältnis zwischen dem tiefen C und dem eine Oktave höhere C der linken Hand die auf vielen Flöten einer Prüfung nicht standhalten wird. Die Töne, die zwischen den Oktaven-Cs liegen, müssen ja direkt verrückt spielen! Es ist schwierig einen Meterstab in hundert Zentimeter zu teilen, wenn der Meterstab von Anfang an nicht genau einen Meter misst! In Kombination mit nur halb aufgeklärten Spielern ist es keine Überraschung, dass wir die gewohnten Resultate erhalten! Aber sogar Flötisten mit vernünftig gestimmten Instrumenten machen sich unzulänglicher Intonation schuldig. Auf fast jeder Flöte ist D3 ein zu tiefer Ton. Eb3 und E3 dagegen sind immer zu hoch. Durch genaue Beobachtung und Übung können diese Töne verbessert werden was nur allzu selten passiert!

4 Wird Intonation an Universitäten und Musikhochschulen unterrichtet? Von einigen bestimmt, aber nur von sehr wenigen. Als Autor der ersten (!) 1 Bücher, in denen praktische Ratschläge zu diesem Thema gegeben werden (Practice Books One Tone and Practice Book Four Intonation. Novello.), glaube ich eigentlich nicht, dass Intonation unterrichtet wird. Was wird stattdessen angeboten? Stütze, und Sich zuhören sind die guten Ratschläge für schlechte Intonation, und eine ganze Reihe weiterer Probleme. Gedruckt 2 habe ich außerdem gelesen: eine Feder vor sich her blasen, einen Schluck Wasser nehmen, eine Kerze ausblasen, eine richtige Haltung annehmen, ein Stimmgerät beobachten, sorgfältig zuhören, die Augenbrauen heben, höher denken, die Lippenöffnung kleiner machen, die Finger von Ringklappen schieben, die Flöte ein- oder ausdrehen, das Vibrato wegnehmen, die Mundhöhle weiten, den Hals öffnen, die Kehle öffnen, Duette spielen, ein neues Kopfstück kaufen, eine neue Flöte kaufen, den Korken im Kopfstück verstellen, das Kopfstück unten ein wenig abschneiden die Liste ist endlos und nur ein Ratschlag fehlt: Gebete. Bei zwei Kursen habe ich erlebt, dass Intonationsprobleme der Schüler ignoriert wurden, stattdessen hat der sonderbare Lehrer demonstriert, wie der Schüler sich beim Musizieren bewegen sollte. Wenn wir schon verstimmtem Spiel zuhören müssen, dann schätze ich Ballett würde bestimmt eine schöne Ablenkung bieten. In der Zukunft werden Flötisten unsere CDs als Dokumente historischer Aufführungspraxis behandeln, vielleicht amüsiert oder irritiert darüber. Werden sie sich fragen warum die Intonation so schlecht ist? Haben wir es gar nicht bemerkt? Konnten wir hören, dass etwas nicht stimmte? Und wenn wir es hörten, warum haben wir nichts dagegen unternommen? Ipso facto müssen wir entweder, dumm, taub, schlecht unterrichtet, oder alles zusammen gewesen sein. Auf so vielen Wettbewerben, Meisterkursen und Konferenzen ist die Intonation im besten Fall fragwürdig. Sehr oft ist sie übel. Persönlich stört mich an Intonation eigentlich nichts vorausgesetzt, dass sie perfekt ist. PS.: A flutist called Marion Grey Was inclined to play sharper each day. The pitch reached a height, where the lady, one night played the Mozart G major in A! Trevor Wye, January 1st, Ich erwähne das nicht aus speziellem Stolz, sondern finde es einfach sehr interessant. 2 Die meisten davon aus: Seven Steps to Better Intonation. Dr. Chris Potter. Fall House Press.

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