Japan. Wo ist der Himmel?
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- Nelly Armbruster
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 Japan Die Zusage für das Auslandssemester in Japan, an der Hiroshima City University, war für alle 4 Bewerber ein unfassbares Ereignis. Schnell habe ich, Heike Heldsdörfer mit den Vorbereitungen begonnen. Der Intensivsprachkurs Japanisch in Bochum war sehr arbeitsintensiv, jedoch voller hilfreicher Tipps. Grundkenntnisse der Sprache wurden vermittelt, Sorgen wurden gelindert und die Vorfreude verstärkt. Ausserdem war es eine tolle Möglichkeit Kontakte zu knüpfen. Denn bei Einigen der Kursteilnehmer bestand die Möglichkeit, sie in Japan wiederzusehen. Tokyo Wo ist der Himmel? In den ersten drei Wochen wurde ich von einer Freundin begleitet und wir durften die erste Zeit in Japan gemeinsam erleben. Aus dem Flugzeug ausgestiegen, haben wir uns zum Informationsschalter begeben, um auf japanisch zu erfragen, wo welcher Bus zu unserem Hotel abfährt. Die Dame antwortete auf Englisch. War mein japanisch so schlecht oder wollte sie mich vor Peinlichkeiten bewahren? Im Hotel angekommen wurde der check-in ebenfalls auf Englisch durchgeführt. Ich musste immer und immer wieder an die Leute denken, die mir nahe gelegt haben, dass man in Japan mit englisch nicht sehr weit kommen würde. Diese Erfahrung machten wir dann auch später. Das Hotelzimmer war 10 m2 gross und hatte eine super Aussicht auf das gegenüberliegende Gebäude das nur 10 Meter entfernt lag. Wollte man denhimmel sehen, musste man sich mutig aus dem Fenster lehnen. Also haben wir die ersten 8 Tage Tokyo so weit wie möglich zu Fuss erkundet. Menschenmassen in Shinjuku, Schreine in Parks, Harajuku bei Tag und bei Nacht, Museen und Ausstellungen.
2 Hiroshima Kommen wir noch an? Auf dem Weg zur Tokyo-Station, an der wir in den Shinkansen einsteigen sollten, haben wir uns nach häufigerem nachfragen, in den falschen Zug gesetzt und sind 20 Minuten in die falsche Richtung gefahren. Als der Zugkontrolleur unsere Fahrscheine gesehen hat, schmunzelte er und redete 5 Minuten auf japanisch auf mich ein. Ich habe ihn nicht verstanden, er hat mich nicht verstanden. Als das Problem aus der Welt war und wir begriffen hatten, was zu tun war, haben wir schliesslich zusammen gelacht! Angekommen im Shinkansen, welcher sich nach einem bald startenden Flugzeug anfühlt, kamen wir zur Ruhe und ich war sehr gespannt auf die Menschen die uns von der Hiroshima-Station abholen wollten. Die Begrüssung war unglaublich. Nach den Behördengängen wurden wir zu den Unterkünften gefahren. Ich konnte mir vorher nichts unter einem Tomo-house vorstellen, doch als ich angekommen war, war ich mehr als zufrieden! Es war ein traditionell japanisches Haus, welches als Wohngemeinschaft genutzt wird. Meine japanische Mitbewohnerin Yuko hat mir sehr oft geholfen und mir viel gezeigt und beigebracht in Bezug auf die japanische Kultur und Tradition. Mit dem deutschen Mitbewohner Martin und anderen Nachbaren haben wir viele Abende in der Küche verbracht, viel Tee getrunken, uns zugehört, aufgebaut und gelacht. Im Sommer konnte man die grossen Schiebetüren öffnen und man konnte aus einem Flur einen Balkon machen, im Winter zog durch die schlecht isolierten Scheiben ein kalter Windhauch herein, so dass die Investition in eine Heizdecke sich schnell auszahlte. Das Haus verfügte wie alle traditionellen Häuser in Japan über keine Heizung, also musste ich auch einen Heizstrahler kaufen, welchen man immer dort platzierte wo man sich gerade befand.
3 Tatamimatten und Futon waren bei mir schnell selbstverständlich geworden und ich habe sie sehr geschätzt. Ein Schrein den ich unbewussterweise zu einem Kleiderschrank umfunktioniert hatte, wurde mir dann eines Nachts zum Verhängnis, als mich ein Geist aus dem Schlaf holte. Nach längeren Gesprächen mit japanischen Freunden wurde das Problem erkannt und behoben. Achtung: Schränke welche keine Schiebetüren haben sind Schreine. Diese Orte sollte man nicht zustellen, sondern mit schönen Dingen schmücken. Dinge die man in Deutschland selbstverständlich macht sind in Japan komplizierter. Einkaufen gehen war ein Erlebnis. Kanjis auf den Verpackungen machten aus dem Einkauf eine Überraschung. Was kaufe ich ein? Ist es das Richtige? Man nimmt Sachen mit und lässt sich von dem Inhalt überraschen. Nach einer längeren Ausprobierphase weiss man, was einem schmeckt und was nicht unbedingt dem eigenen Geschmack entspricht. Essen bestellen in Restaurants ist relativ einfach, aber weiss man immer was drin ist? Als Vegetarier hatte ich in der Anfangszeit Schwierigkeiten, da überall Fischpulver beigemischt wird. Ich habe mich dann 4 Wochen später dazu entschlossen, mir den frischesten und köstlichsten Fisch nicht weiter entgehen zu lassen. Es gibt einfach unzählige Dinge die ganz anders als in Deutschland sind. _ man steigt hinten in den Bus ein und bezahlt beim aussteigen. _ verbeugen _ Stäbchen _ Höflichkeitsformen _ Bücher werden senkrecht gelesen _ kein nein _...
4 Hiroshima City University Werde ich verstanden? Das erste Zusammentreffen mit den Professoren aus allen Studiengängen verlief sehr gut. Fujimoto-sensei, der Professor für Textildesign konnte sehr gut englisch sprechen und hat unsere Projektwünsche übersetzt. Es wurde sehr gründlich nachgefragt, was für Wünsche wir hatten, so dass wir den zuständigen Professoren zugeordnet werden konnten. Danach haben wir eine Führung durch die Universität und den Campus erhalten. Der Bereich Textildesign besteht aus zwei Bereichen. Webwerkstatt_ Dort befinden sich kleine wie auch grosse Webstühle, ein Garnlager und alle zum weben benötigten Werkzeuge. Anfangs hatte ich grossen Respekt vor den Webstühlen, weil ich noch nie gewebt hatte. Uns wurde jedoch alles erklärt und gezeigt, Garne wurden bestellt und wir hatten dort immer eine Ansprechpartnerin, welche gerne weitergeholfen hatte, wenn man Fragen hatte. Druckwerkstatt_ Diese wurde von Krauchi-sensei geleitet, welcher bis auf einige englische Wortfetzen nur japanisch sprechen konnte. In dieser Werkstatt konnte man Siebdruckkurse und traditionelle Kimono Färbe- Kunst belegen. Da ich in Hannover schon Siebdruck gelernt hatte, wollte ich dieses in Hiroshima noch vertiefen. Manchmal stand man vor Kommunikationsproblemen doch es wurde immer ein Weg gefunden. Sei es Übersetzer wurden geholt, das Wörterbuch wurde zur Hilfe genommen, mit Händen und Füssen erklärt oder schnell eine Skizze von den Wünschen und Vorhaben angefertigt wurde.
5 Alle Austauschstudenten hatten zweimal in der Woche Japanischunterricht. Der Unterricht war ganz anders als in Bochum, doch wir haben weiter fleissig Vokabeln und die Konversation mit japanischen Mitstudenten geübt. Auf dem Campus befindet sich eine sehr grosse und gut ausgestattete Bibliothek, die von allen gerne genutzt wurde. Dort waren sehr gute Bücher für jeden Fachbereich vorhanden. Studieren an der HCU ist im Vergleich zu der FH Hannover sehr schulisch. Es wurde immer in der Universität gearbeitet, wo man einen grossen Raum mit mehreren Studenten zur Verfügung hatte. Es wurde immer Absprachen mit den Professoren gehalten und häufig Gespräche geführt. Der grösste Unterschied ist jedoch, dass die Arbeitsweise sich sehr stark von der Arbeitsweise in Deutschland unterscheidet. Man wählt ein Thema und arbeitet, arbeitet, arbeitet und geht sehr stark in die Tiefe. Man kann 2 Semester dasselbe Thema oder dieselbe Technik benutzen. Die Studenten spezialisieren sich stark und können diese eine Technik bis zur Perfektion ausführen. Die Arbeitsweise hat Vor- und Nachteile, jedoch war es für mich sehr spannend so arbeiten zu dürfen. Es war nicht unüblich in der HCU zu übernachten, wenn die Abgabetermine immer näher rückten.
6 Ich habe viele Bücher über Japan gelesen. Reportagen angeschaut und mich mit ehemaligen Austauschstudenten unterhalten. Jedoch sind viele Dinge anders gekommen als gedacht und jeder hat seine eigenen Erfahrungen gesammelt. Ich habe schnell gelernt mich auf das Land einzulassen und ein Stück Deutschland aus mir austreten zu lassen, um ein Stück Japan aufnehmen zu können. So konnte ich Denkweisen und Handlungsweisen besser nachvollziehen. Die japanische Ruhe hat meinen Charakter bereichert, ebenso wie das Gemeinschaftsdenken und die persönliche Zurückhaltung. Jeder Mensch ist anders, handelt in Situationen anders und nimmt somit andere Erfahrungen mit sich zurück, durch die er sehr bereichert wird. Ich bin sehr froh, diese Erfahrungen gemacht zu haben.
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