Landesjugendamt Rheinland Schule auf dem Weg zum Haus des Lernens und Lebens
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- Mathilde Zimmermann
- vor 8 Jahren
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1 Landesjugendamt Rheinland Schule auf dem Weg zum Haus des Lernens und Lebens Anregungen für die Gestaltung der Offenen Ganztagsschule im Primarbereich beschlossen vom Landesjugendhilfeausschuss Rheinland am
2 - 2 - Nach dem Erlass des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen vom tragen die Kommunen die Verantwortung für die Umsetzung der Offenen Ganztagsschule im Primarbereich. Die bildungspolitischen Diskussionen führen mancherorts zu einem neuen Verständnis von Bildung in Familie, Jugendhilfe und Schule. Dabei gilt es neu auszuhandeln, wie Bildung und Aufwachsen der Kinder gesehen und ermöglicht werden. Bei allen Beteiligten ist unstrittig: Eine Ganztagsgrundschule, die Kindern gerecht werden will, ist als Lebenswelt und Lernwelt zu gestalten. Kindheit ist eine wichtige Lebensphase, in der sich die Basis entwickelt, auf der alles weitere aufbaut. Die Bildung, Erziehung und Betreuung des Kindes sind gemeinsame Aufgaben von Familie, Schule und Jugendhilfe und müssen dementsprechend ausgerichtet sein. Dabei ist es notwendig, Kindern die eigenaktive Weltaneignung zu ermöglichen, Kinder in ihrer Wissensaneignung zu fördern, Kindern zu ihren Rechten zu verhelfen, sie zu beteiligen bei gleichzeitiger Hinführung zur Übernahme von Verantwortung. Dafür brauchen Kinder verlässliche Orte. Kommunen sind derzeit vor die Aufgabe gestellt, die offene Ganztagsschule im Primarbereich als solchen Ort zu entwickeln. Die nachfolgenden Ausführungen wollen einen Dialog mit den Verantwortlichen in den Kommunen des Rheinlandes eröffnen, um die konzeptionelle Entwicklung und Umsetzung der Offenen Ganztagsschule im Primarbereich qualitativ zu stützen. 1. Schule neu denken: Offene Ganztagsschule im Primarbereich ein integratives System Die Offene Ganztagsschule im Primarbereich hat die Zielvorstellung, ein Haus des Lebens und Lernens für Kinder zu schaffen. Die aktuell geplante Umsetzung ist als erster Einstieg in ein neues System zu werten, das die Bildungspotenziale von Jugendhilfe und Schule zusammenführt. Für Schule und Jugendhilfe gilt, sich Klarheit über die jeweils eigenen wie auch gemeinsamen Ziele, Begrifflichkeiten und Sichtweisen zu verschaffen. Das bedeutet, sich neu mit dem jeweiligen gesetzlichen Auftrag sowie pädagogischen Haltungen und Wertvorstellungen zu befassen. Es gilt abzustimmen und klar zu definieren, welche Ziele innerhalb und außerhalb des Unterrichtes (d.h. auch an Schnittstellen der Kooperation, z.b. Arbeitsgemeinschaften und Förderarbeit) umgesetzt werden sollen.
3 - 3 - Weiterhin sind die Interessen und Bedarfe von Kindern und Eltern zu erheben sowie die Ressourcen von Schule, Jugendhilfeträgern und anderen Organisationen zu beschreiben und im Interesse der notwendigen fachlichen Anforderungen in eine effektive lokale Kooperation einzubringen. Die Verbindung von schulischen Inhalten und sozialpädagogischen Elementen muss auf mehreren Ebenen in Gang gesetzt werden und im Ergebnis in einem kooperativen Ganzen münden. Das heißt konkret: die Bildungspotenziale von Jugendhilfe und Schule werden zusammen geführt, Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanung arbeiten einander zu, eine kommunale Steuerungsgruppe wird gebildet, eine Kooperationsvereinbarung wird erarbeitet, es erfolgt eine Verständigung über fachliche Standards/Kriterien. Letztlich wird dies dazu führen, dass Lehrkräfte sich in die Zeiten außerhalb des Unterrichts einbinden und sozialpädagogische Fachkräfte aus der Jugendhilfe und Kräfte aus musisch-künstlerischen, sportlichen oder kulturellen Bereichen ihre Kompetenzen in den Unterricht einbringen (= erweiterte Rhythmisierung des Unterrichts). Das nachfolgende Schaubild zeigt auf wie die Offene Ganztagsschule im Primarbereich kontinuierlich gestaltet werden sollte: Analyse der Ausgangslage: Aus Bedarfen, Zielen und zur Verfügung stehenden Ressourcen werden Leistungen abgeleitet Leistungen Bewertung der Ergebnisse: Unterricht & außerunterrichtliche - Bedarfsdeckung gelungen? Auswertung Umsetzung Angebote bilden ein - Bildung, Förderung und Ganztagsprogramm Betreuung erreicht? - Die Ganztagsgrundschule: ein integratives System? - Notwendige Verbesserungen? Prozesskontrolle die Integration von unterrichtsergänzenden und sozialpädagogischen Leistungen (Rhythmisierung) wird geprüft
4 Qualitative Merkmale Traditionell beziehen sich die außerunterrichtlichen Angebote auf die pädagogische Arbeit mit Kindern vor und nach dem Unterricht. Ausgehend von den Leitgedanken der Jugendhilfe müssen Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Entwicklung von Kindern ganzheitlich gefördert und gestützt werden kann. Konzeptionsentwicklung und konkrete Umsetzung einer offenen Ganztagsgrundschule muss vor Ort, in den jeweiligen Stadtteilen unter Federführung der interessierten Schulen und unter partnerschaftlicher Beteiligung der jeweiligen Träger aus der Jugendhilfe erfolgen. Die Integration z.b. von Jugendverbänden und unterschiedliche Konzeptionen der jeweiligen Träger erfordern eine enge Kooperation, um die Kompetenz der beteiligten Systeme in ein Gesamtkonzept einzubinden. Qualitative Merkmale, auf die aus der Sicht der Kinder- und Jugendhilfe bei der Gestaltung der offenen Ganztagsgrundschule zu achten ist, sind insbesondere: Personal: sozialpädagogische Fachkräfte und Lehrkräfte als persönliche Entwicklungsbegleiter/Mentoren, Zeiten für Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit und für die Zusammenarbeit aller Beteiligten, verlässliche Vertretungsregelung, andere Professionen werden ergänzend eingesetzt, qualifiziertes Personal, Aus- und Weiterbildung; Räume und Ausstattung: Kinder benötigen geeignete Räume im Umfeld der Schule, Größe, Anzahl und Ausstattung der Räume müssen den unterschiedlichen Bedürfnissen von Jungen und Mädchen dieser Altersstufe entsprechen, kindgerecht gestaltete Außengelände; Partizipation von Kinder: Berücksichtigung der Interessen und Bedarfe einzelner Kinder, Schaffung von Mitsprachemöglichkeiten bei der Gestaltung der Angebote, Erwerb sozialer Kompetenzen; Versorgung: verlässliche, gesunde Mahlzeiten, überschaubare Zeitabläufe, Möglichkeiten zum Entspannen/sich zurückzuziehen, Gesundheitspflege/Hygiene;
5 - 5 - Hausaufgaben/Fördermaßnahmen: Beteiligung und Mitwirkung der Lehrkräfte, kontinuierliche, verlässliche Begleitung, regelmäßige Abstimmungsgespräche mit allen Beteiligten; Freizeit: anregungsreiche Umgebung, selbstorganisiertes Tun: Spiel/Tätigkeiten, vielfältige Spiel-, Sport- und Bewegungsmöglichkeiten, kompensatorische Bewegungsangebote, Möglichkeiten des sozialen Miteinanders mit Gleichaltrigen, Eigenaktivität und Gestaltungsfreude, Möglichkeiten zur Mitwirkung bei gleichzeitiger Übernahme von Verantwortung, unverplante Freiräume und Rückzugsmöglichkeiten; Zusammenarbeit mit den Eltern: Beteiligung an der Entwicklung der Konzeption, regelmäßige Entwicklungsgespräche, unter Beteiligung von Lehrkräften, informelle Gespräche/Sprechstunden, Elternzusammenkünfte, auch gemeinsam mit Lehrkräften, Beteiligung bei Aktivitäten, Elterncafé/Elterntreff in der Schule, Veranstaltungen mit Öffnung zum Gemeinwesen; Zusammenarbeit mit Schulleitung und Lehrkräften: beauftragte Person für Ganztagsangebot, Beteiligung an der Entwicklung der Konzeption, gegenseitiger geregelter Austausch von Informationen, Teilnahme an Lehrer-/Schulkonferenzen, Austausch über die Entwicklung der Kinder, gemeinsame Projekte und Veranstaltungen, gemeinsame Tagungen und Fortbildungen, gemeinsame Teilnahme an Arbeitskreisen/Gremien außerhalb der eigenen Schule.
6 Schule bedarfs- und kindgerecht planen Hinweise zur Umsetzung der Offenen Ganztagsschule im Primarbereich Verantwortlich für die Umsetzung und Gestaltung der Offenen Ganztagsschule im Primarbereich sind die Kommunen als Schul- und Jugendhilfeträger. Zu einem bedarfs- und kindgerechten Planungsprozess auf dem Weg zur offenen Ganztagsgrundschule gehören folgende Schritte: Bildung einer Projektgruppe zur Vorbereitung der kommunalen Entscheidungsprozesse und -gremien, Analyse von Bedarfen für Leistungen/Angebote von Schule und Jugendhilfe, Festlegen der unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Angebote und hier insbesondere von sozialpädagogischen Leistungen, Entwicklung einer Gesamtkonzeption Offene Ganztagsgrundschule, Erarbeitung von Qualitätskriterien für Struktur, Prozesse, Angebote und gewünschte Ergebnisse der offenen Ganztagsgrundschule, Organisation von kooperativen Arbeitsstrukturen mit allen Beteiligten, Beschreibung eines Verfahrens zur Evaluation der Ergebnisse der offenen Ganztagsgrundschule. Die Zusammenführung von Schulentwicklungs- und Jugendhilfeplanung eröffnet zudem die Möglichkeit, gemeinsame Unterausschüsse/Projektgruppen zu installieren, die den Aufbau und die Entwicklung der Offenen Ganztagsschule im Primarbereich vor Ort angehen. Ziel ist, durch die Verzahnung von Jugendhilfe und Schule passgenaue Angebote für Kinder und Familien auf den Weg zu bringen. Nach dem sozialräumlichen Prinzip gilt es darüber hinaus, im Umfeld der Schule andere Leistungsfelder zu betrachten, die von Relevanz für Kinder und Familien sind. Es darf erwartet werden, dass mit der offenen Ganztagsgrundschule Jugendhilfe und Schule veränderte Aufgaben auf mehreren Ebenen zuwachsen werden. Deshalb muss ein kontinuierliches Prozessmanagement seitens der Kommunen sichergestellt werden. Bildnachweis Titelfoto: Klaus Czich. In: Sozialpädagogisches Institut NRW (1986): Kennen Sie den Hort?. Text und Gestaltung: Edith Kesberg und Jürgen Rolle. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.
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