Bei den Leukämien handelt es sich um bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems,
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- Mona Acker
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1 Leukämien Bei den Leukämien handelt es sich um bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems, im Volksmund ist deshalb gelegentlich auch vom Blutkrebs die Rede. Die Erkrankung nimmt ihren Ausgang im Knochenmark, dem zentralen Ort der Blutbildung. Das Knochenmark befindet sich bei Kindern prinzipiell in allen Knochen, vor allem aber in den Wirbelkörpern, im Becken und in den langen Röhrenknochen der Arme und Beine. Blut besteht aus dem flüssigen Blutplasma sowie aus festen Bestandteilen: Den roten Blutkörperchen (Erythrozyten), den weißen Blutkörperchen (Leukozyten) sowie den Blutplättchen (Thrombozyten). Charakteristisch für Leukämien ist eine vermehrte Bildung von Leukozyten, während die Erythrozyten und die Thrombozyten nicht vermehrt gebildet werden. Leukozyten haben im Körper wichtige Funktionen und sind vor allem für die Immunabwehr bedeutsam. Bei den Leukämien entstehen allerdings vermehrt unreife Vorstufen, die nicht funktionsfähig sind. Sie können sich im Knochenmark ausbreiten und die normale Blutbildung stören. Es droht dann ein Mangel an den wichtigen sauerstofftragenden Erythrozyten und es kommt zur Blutarmut, der sogenannten Anämie. Durch die übermäßige Bildung unreifer Leukozyten-Vorstufen entsteht aber nicht nur ein Mangel an roten Blutzellen, sondern auch an Blutplättchen (Thrombozyten). Diese sind wichtig für die Blutstillung. Und selbstverständlich fehlt es an reifen, funktionstüchtigen Leukozyten. Die unreifen Leukozyten können zudem aus dem Knochenmark auswandern und über das Blut in andere Organe wie Lymphknoten, Leber oder die Milz, aber auch in das Gehirn gelangen, sich dort vermehren und so die Funktion des jeweiligen Organs stören. Leukämien können grundsätzlich in jedem Lebensalter auftreten. Häufig geschieht dies schon im Kindes- und Jugendalter. In dieser Altersgruppe sind Leukämien die häufigste Krebserkrankung: Rund 700 Mal jährlich wird in Deutschland diese Diagnose bei einem Kind oder einem Jugendlichen gestellt. Damit machen Leukämien rund ein Drittel der Krebserkrankungen im Kindesund Jugendalter aus. Es gibt verschiedene Leukämieformen Es sind verschiedene Krankheitsformen bei den Leukämien zu unterscheiden. Meist handelt es sich um akute Leukämien, also Erkrankungen, die rasch fortschreiten und viel seltener um chronische Leukämien, bei denen sich der Krankheitsprozess langsam kontinuierlich
2 entwickelt. Innerhalb der akuten oder chronischen Verlaufsformen werden die Leukämien auch danach unterschieden, welcher Zelltyp sich unkontrolliert vermehrt. Denn es gibt bei den weißen Blutkörperchen Unterschiede hinsichtlich ihrer Form und auch ihrer Funktion. So kennt man die Granulozyten, die unter dem Mikroskop aussehen, als würden sie kleine Körner (Granula) enthalten und die vor allem für die Abwehr von Infektionen mit Bakterien, Viren und Pilzen wichtig sind. Es handelt sich dabei um sogenannte Fresszellen. Denn sie umschließen die schädlichen Eindringlinge, nehmen sie in sich auf und verdauen sie. Ganz anders die Gruppe der Lymphozyten, die der Immunabwehr und vor allem der Abwehr von Viren und Pilzen dienen. Allerdings bilden sie auch Antikörper gegen Bakterien und andere Krankheitserreger. Leukämien mit vermehrter Bildung von Vorläuferzellen der Granulozyten nennt man myeloische Leukämien, solche, die Lymphozyten betreffen, lymphatische oder auch lymphoblastische Leukämien. Damit gibt es mit einigen Ausnahmen im Wesentlichen vier Krankheitsformen zu unterscheiden: die akute lymphoblastische Leukämie, kurz ALL (80 %) die akute myeloische Leukämie, kurz AML (15 20 %) die chronisch myeloische Leukämie, kurz CML (1 5 %) und die chronisch lymphatische Leukämie kurz CLL (praktisch nie bei Kindern). Es gibt weitere Unterteilungen, je nachdem welche Zellart die Leukämiezellen bildet. So lässt sich auch die Gruppe der Lymphozyten weiter unterteilen in B- und T-Lymphozyten. Entsprechend gibt es eine B-ALL bzw. B-Vorläufer-ALL und eine T-ALL. Bei Leukämien im Kindes- und Jugendalter handelt es sich zu 95 Prozent um akute Leukämien, wobei die akute lymphoblastische Leukämie die häufigste Form der akuten Leukämien darstellt. Sie ist damit zugleich die häufigste Krebserkrankung bei Kindern. Nur vergleichsweise selten kommt es im Kindesalter zu einer akuten myeloischen Leukämie und in weniger als fünf Prozent der Leukämiefälle zu einer chronischen Leukämie (CML). Die betreffenden Patienten sind entweder langfristig in Behandlung oder erhalten eine Stammzelltransplantation. Damit haben sie die gleichen Risiken für Spätfolgen wie auch Patienten mit akuter Leukämie nach Stammzelltransplantation. Es gibt außerdem weitere Leukämieformen wie das myelodysplastische Syndrom, kurz MDS, bei dem die Erkrankung von Stammzellen des Knochenmarks ausgeht. Eine besondere Leukämieform bei Kindern ist ferner die sogenannte juvenile myelomonozytische Leukämie (JMML), die schon bei
3 Neugeborenen und Kleinkindern auftritt und bei der ebenfalls unreife weiße Blutzellen, also Leukämiezellen, entstehen und ein unkontrolliertes Wachstum zeigen. Sowohl das myelodysplastische Syndrom wie auch die juvenile myelomonozytische Leukämie sind jedoch im Kindes- und Jugendalter sehr seltene Erkrankungen. ALL akute lymphoblastische Leukämie Bei der ALL, die rund 80 Prozent der Leukämien im Kindes- und Jugendalter ausmacht, können sich die unkontrolliert sich vermehrenden unreifen Lymphozyten im ganzen Körper ausbreiten. Das hat zur Folge, dass einerseits im Knochenmark nicht mehr genügend funktionstüchtige Blutzellen gebildet werden und es drohen andererseits Funktionsausfälle in den Organen, in die die Leukämiezellen eindringen. Ohne Behandlung kann die Erkrankung innerhalb weniger Wochen bis Monate zum Tod führen. Warum sich eine ALL bildet, ist noch weitgehend unbekannt. Jährlich erkranken in Deutschland ca. 700 Kinder neu an einer ALL. Bemerkbar macht sich die ALL zumeist mit Symptomen, die auf die gestörte Blutbildung und die resultierende Blutarmut zurückgehen. Dazu gehören Blässe, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Lustlosigkeit und auch das vermehrte Auftreten von Infektionen mit Fieber. Weil auch die Blutplättchen nicht mehr adäquat gebildet werden, kann es außerdem zu Haut- und Schleimhautblutungen kommen. Weitere häufige Symptome sind Knochen- und Gelenkschmerzen, aber auch Kopfschmerzen, Sehstörungen und Erbrechen sowie geschwollene Lymphknoten. Behandlung hat Folgen für die Nachsorge Da die ALL keine einheitliche Erkrankung darstellt, sondern verschiedene Unterformen möglich sind, ist auch die Therapie nicht bei allen Kindern gleich. Sie richtet sich vielmehr nach dem ALL-Typ, dem Alter des Patienten sowie der Schwere und dem Verlauf der Erkrankung. Die jeweilige Behandlung der Leukämie aber ist bedeutsam für das spätere Leben und für die Nachsorge. Denn ob ein erhöhtes Risiko für Schädigungen an Organen und damit für potenzielle Folgeerkrankungen besteht oder nicht, hängt maßgeblich davon ab, wie die Leukämiebehandlung durchgeführt wurde, ob zum Beispiel rasch eine Heilung erzielt wurde oder ob Rückfälle auftraten und eine intensivierte Therapie erforderlich war. Im Allgemeinen wird die ALL risikoadaptiert durch eine Chemotherapie behandelt, bei manchen Patienten ist zusätzlich eine Strahlenbehandlung erforderlich, heutzutage als Schädelbestrahlung. Denn die bei der Chemotherapie verabreichten Zellgifte (Zytostatika) können eventuell nicht oder nur bedingt die Blut-Hirnschranke überwinden. Sie dringen damit
4 möglicherweise nicht in ausreichender Konzentration bis ins Gehirn vor, was eine zusätzliche Bestrahlung notwendig machen kann, um möglichst alle Leukämiezellen zu eliminieren. Unter Umständen wird auch eine allogene Stammzelltransplantation mit Ganzkörperbestrahlung notwendig. Gute Heilungschancen Die Heilungschancen der ALL sind dank intensiver Forschungen und innovativer Therapiestudien gut, 80 bis 90 Prozent der betroffenen Kinder und Jugendlichen können durch die heutigen Behandlungsmaßnahmen geheilt werden und ein weitestgehend normales Leben führen. Die Behandlung kann allerdings neben den Leukämiezellen auch gesunde Zellen und Gewebe schädigen, was langfristige Folgen für die Gesundheit haben kann (Spätfolgen). Das gilt für die Chemotherapie ebenso wie für eine Strahlentherapie und vor allem für die allogene Stammzelltransplantation. Die Spätfolgen können nahezu alle Organsysteme betreffen. AML akute myeloische Leukämie Etwa 15 bis 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit einer akuten Leukämie weisen eine AML auf, die damit die zweithäufigste Leukämieform in dieser Altersgruppe darstellt. Laut Angaben des Deutschen Kinderkrebsregisters in Mainz erkranken pro Jahr in Deutschland insgesamt 110 Kinder und Jugendliche an einer AML, 90 Kinder davon im Alter bis zu 14 Jahren. Wie bei der ALL bilden sich bei der AML ebenfalls vermehrt unreife weiße Blutzellen (Leukozyten), allerdings aus einem anderen Zelltyp, den sogenannten myeloischen Zellen. Das sind Vorläuferzellen von Granulozyten. Die verschiedenen Formen der AML zeigen einen etwas unterschiedlichen Krankheitsverlauf und weisen auch unterschiedliche Heilungsaussichten auf. Für die Nachsorge ist es wichtig, den genauen Behandlungsplan zu kennen, da der betreuende Arzt dann weiß, worauf er bei potenziellen Spätfolgen zu achten hat. Die Leukämiezellen können sich auch bei der AML rasch im ganzen Körper ausbreiten, wenn nicht eine adäquate Behandlung begonnen wird. Die Überproduktion der unreifen Zellen beeinträchtigt die normale Blutbildung, es kommt zwangsläufig zu Störungen der Blutbildung und in deren Folge zur Blutarmut und zu einer gestörten Blutgerinnung, also einem erhöhten Blutungsrisiko. Außerdem drohen Beeinträchtigungen der Funktion verschiedener Organe, in denen die Leukämiezellen sich breitmachen. Die Symptome, mit denen die Krankheit sich bemerkbar macht, sind daher zumeist vergleichbar den Symptomen bei der ALL. Keine Behandlung nach Schema F
5 Die Behandlung der AML wie die der ALL richtet sich nach dem jeweiligen Krankheitstyp und nach den individuellen Untersuchungsbefunden. Sie geben Hinweise auf die Heilungsaussichten, also auf die Prognose des Patienten. Daran orientieren sich die Ärzte bei der Therapieplanung. Sie versuchen, Patienten mit guten Heilungsaussichten nicht unnötig aggressiven Behandlungsverfahren auszusetzen und bei Patienten mit eher nicht so guter Prognose möglichst keine Heilungschancen zu vergeben. Patienten mit AML werden deshalb je nach vorliegenden Befunden in bestimmte Risikogruppen unterteilt und entsprechend den ermittelten Prognosefaktoren behandelt. Weiterhin intensive Forschung bei Leukämieerkrankungen Behandelt wird die AML mittels einer Chemotherapie und wenn notwendig, wie bei der ALL zusätzlich mit einer Bestrahlung des Schädels sowie gegebenenfalls mit einer allogenen Stammzelltransplantation. In 80 bis sogar 90 Prozent der Fälle lässt sich die Krankheit damit zurückdrängen. Allerdings entwickeln etwa 30 Prozent der Patienten einen Rückfall (Rezidiv). Dann ist nach einer intensiven Chemotherapie und einem erfolgreichen Zurückdrängen der AML eine allogene Stammzelltherapie zu erwägen (siehe ALL). Trotz deutlicher Verbesserungen der therapeutischen Möglichkeiten sind die Heilungschancen bei der AML leider bislang nicht ganz so gut wie bei der ALL. Die Heilungsraten liegen mit zirka 70 bis 80 Prozent etwas niedriger. Es wird deshalb intensiv weitergeforscht, um die Behandlungsmöglichkeiten und damit die Heilungschancen noch weiter zu verbessern. Für die von der AML geheilten Kinder heißt es wie auch bei der ALL: Die Behandlung kann neben den Leukämiezellen auch gesunde Zellen und Gewebe schädigen, was langfristige Folgen für die Gesundheit haben kann (Spätfolgen). Das gilt für die Chemotherapie ebenso wie für eine Strahlentherapie und vor allem für eine allogene Stammzelltransplantation. Die Spätfolgen können nahezu alle Organsysteme betreffen. Auf jeden Fall: Nachsorge Nach Abschluss der Behandlung einer Leukämie ist auf jeden Fall eine langfristige Nachsorge wichtig. Es geht dabei darum zu prüfen, ob möglicherweise die Erkrankung erneut auftritt, ob sich also ein Rückfall (Rezidiv) anbahnt. Außerdem hat die Nachsorge das Ziel, potenzielle Folgen der im Einzelfall doch recht aggressiven Leukämiebehandlung früh zu erkennen, um eine frühzeitige Behandlung einleiten zu können. Denn sowohl die Chemo- wie auch die Strahlentherapie können gesunde Zellen und Organe im Körper schädigen und in ihrer Funktion beeinträchtigen. Ist dies der Fall, so kann das auf lange Sicht mit einem erhöhten
6 Krankheitsrisiko verbunden sein. Die eventuellen Spätfolgen durch eine Früherkennung und Frühbehandlung zu begrenzen, ist eines der Ziele der Nachsorge. Das betrifft nicht nur die körperlichen, sondern auch die potenziellen psychischen Folgen der sehr belastenden Erkrankung und ihrer Behandlung. Die Nachsorge beginnt im Prinzip schon mit der Therapieabschlussuntersuchung, in der die Patienten oder bei jungen Kindern die Angehörigen zugleich über die Bedeutung der Nachsorge informiert werden. Sie erhalten dann idealerweise auch bereits die Nachsorgebroschüre und einen Nachsorgeplan, aus dem sich die jeweiligen Termine der Nachsorgeuntersuchungen ergeben. Im Mittelpunkt stehen dabei das Gespräch mit dem Arzt, der nach möglichen Symptomen fragt, sowie die körperliche Untersuchung und auch eine Blutuntersuchung. Je nachdem welche Leukämiebehandlung durchgeführt wurde und welche Befunde bei den Basisuntersuchungen erhoben wurden, sind darüber hinaus weitere Untersuchungen notwendig. In der ersten Zeit nach Abschluss der Leukämiebehandlung sind die zeitlichen Abstände zwischen den Nachsorgeuntersuchungen vergleichsweise kurz. Kommt es nicht zu Komplikationen oder zum Neuauftreten der Erkrankung (Rezidiv), werden die Zeitintervalle in der Folgezeit länger. Besonders engmaschig erfolgt die Überwachung nach einer ALL im ersten Jahr nach Behandlungsabschluss. In den folgenden Jahren werden die Abstände größer. Nach Ablauf des fünften Jahres reichen im Allgemeinen einmal jährliche Kontrolluntersuchungen. Während es in der ersten Zeit vor allem darum geht, ein Krankheitsrezidiv früh zu erkennen, verschiebt sich das Ziel der Nachsorge in der Folgezeit mehr dahin, mögliche Spätfolgen der Krebsbehandlung frühzeitig zu entdecken. Welche potenziellen Spätfolgen zu beachten sind, richtet sich dabei danach, welche Behandlung im Einzelfall konkret erfolgt ist. Es ist deshalb sinnvoll, die ursprüngliche Therapie wie auch die Befunde der Nachsorgeuntersuchungen im Nachsorge-Kalender zu protokollieren oder durch den jeweiligen Arzt protokollieren zu lassen und diesen Kalender zu den nachfolgenden Untersuchungen mitzubringen. So kann sich der jeweilige Arzt rasch einen Überblick darüber verschaffen, wie der Patient behandelt wurde und weiß, worauf er besonders zu achten hat. Autorin: Christine Vetter, Köln
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