Einsatzgrenzen und Gestaltung einer zukünftigen Fern- und Nahwärmeversorgung
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- Dennis Martin
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1 Einsatzgrenzen und Gestaltung einer zukünftigen Fern- und Nahwärmeversorgung Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolff Ostfalia-Hochschule Wolfenbüttel Kiel 22. September
2 Gliederung Primärenergiebewertung der Fernwärme führt zu Fehlentwicklungen KWK versus Dezentral Heutige Praxis von Fernwärmesystemen: Kosten und Kohlendioxidemissionen - Kohle versus Gas Kriterien für den Anwender: Ausbau oder Rückbau von Nah- und Fernwärmesystemen im Rahmen der Energiewende Diskussionsvorschlag: Gebäudemodernisierung plus Gaskraftwerke anstelle Kohlekraftwerke 5
3 Hier liegt das Problem! Wolff - Fern- und Nahwärme Bisherige Ziele: haben nicht den gewünschten Effekt erzielt Besser ersetzen durch alleiniges Ziel: CO2 Budget bis 2050 einhalten Förderung, Umwandlung (Kraftwerk), Verteilung Förderung, Raffinerie Transport Strom Gas, Öl, Braunkohle f P = 3,0 (EnEV 02) f P = 2,4 (EnEV 14) f P = 1,8 (EnEV 16) f P = 1,1 (EnEV) Aufbereitung Transport Holz f P = 0,2 (EnEV) auch KWK f P = 1,2 = nicht erneuerbarer Anteil 6
4 Studie zur Nah- und Fernwärme verfügbar unter: Empfehlungen werden gegeben für: die Abkopplung vom Netz, die Beibehaltung des Anschlusses am Netz, den Neubau eines Netzes, die Erweiterung eines bestehenden Netzes. Für "Begrenzung Ressourcenverbrauch Strom/Wärme" wird vorgeschlagen, die bei der Erzeugung eingesetzten Energieträger, z.b. Kohle, Gas oder Biomasse nach ihren CO2-Emissionen zu bewerten und in folgende drei Gruppen einzuteilen: fossile Endenergie (keine Kompensation nach EnEV!) begrenzt verfügbare Biomasse (keine Kompensation nach EnEV!) unbegrenzt verfügbare Energie (Sonne, Wind) 7
5 Die Auswertung verschiedener Fernwärmeversorgungsnetze in Deutschland durch die Ostfalia ergibt das paradoxe Ergebnis: Je höher bei fossil befeuerten Heizkraftwerken der Anteil des Brennstoffs Kohle, desto geringer sind Primärenergiefaktor und Primärenergiebedarf für die Fernwärme nach EnEV, während die CO 2 -Emissionen für Strom und Fernwärme drastisch steigen. Erdgasbefeuerte KWK schneidet in der Primärenergiebewertung regelmäßig schlechter und in der Emissionsbewertung sehr viel besser ab. Folge (BMWI 08/2015): Reduktion der Ausbauziele KWK auf 25% der Regelenergie für Stromerzeugung (ohne Erneuerbare). Durch den derzeitigen Strommarkt wird der Einsatz von Kohle gegenüber Erdgas bevorzugt. Merit-Order-Effekt, ETS (Zertifikate) und EEG passen nicht zusammen. Das BMWI hat dies erkannt! KWK-G 2016 Vorschlag: Gaseinsparung im Gebäudebereich und Einsatz in Gaskraftwerken könnte alle Steinkohlekraftwerke in D ersetzen 8
6 Maßnahmen im Gebäudebereich sparen verstärkt Erdgas Erdgaskraftwerke könnten Steinkohlekraftwerke ersetzen Geschätztes Potenzial: 2 mal minus 60 = 120 Mio. t CO2 in der Stromerzeugung und im Gebäudebereich 9
7 Der Strom wird immer besser! GUD Strom 2020: 400g CO2/kWhel Steinkohle: 900g CO2/kWhel Braunkohle: 1200g CO2/kWhel Aktuell: Nur 5% der Deutschen wollen zukünftig Kohleenergie beziehen! (Allensbach 09/2015) 2050: PV, Wind, 10
8 Heutige Praxis in der Fernwärme 11
9 Die Auswertung verschiedener Fernwärmeversorgungsnetze in Deutschland durch die Ostfalia führt zu folgenden Ratschlägen: Transparenz I: Bitten Sie Ihren Fernwärmeversorger um die Datengrundlage (Brennstoffeinsatz) zur Ermittlung des PE-Faktors Positives Beispiel weil ehrlich: 0,7 (0,78): Stadtwerke Flensburg Negative Beispiele: Kiel, Hannover, Braunschweig (seit 2009) geben keine Auskunft Grundfrage: wie hoch sind die Anteile Steinkohle und Erdgas Transparenz II: Bitten Sie Stadtwerke und Stadt um Angabe der Einnahmen aus den Konzessionsverträgen für Fernwärme und Wohnungsunternehmen um Veröffentlichung der Wärmelieferverträge. Erfahrung: Fernwärme wird mit verbessertem Gebäudestandard immer teurer 2015: Hannover Kronsberg EXPO 2000 > 100 /MWh Grundfrage: wie hoch sind die Wärmepreise in /MWh für den Bestand [150 kwh/(m²a)] und für den Neubau [50 kwh/(m²a)] 12
10 Das Märchen von der Grundaussage: immer CO2-Minderung durch KWK : Erdgasbefeuerte KWK schneidet in der CO2- Bewertung gegenüber dezentraler Gas-Brennwerttechnik und einem GUD-Kraftwerk nur dann besser ab, wenn Netzverluste gering sind (Kiel?) Grundfrage: Wie hoch sind die Netzverluste in kwh/(m²a)? 13
11 Wärmeverlust, in kwh/a Quelle: BMU-Projekt Solarkessel Wolff - Fern- und Nahwärme Wärmeverluste von Wärmenetzen Entscheidung über Ausbau oder Rückbau? 1 m Nahwärmetrasse (neuwertig!) verliert ca. 200 kwh/a Wärme an das Erdreich. 40 m Trasse verlieren so viel wie ein neues Einfamilienhaus an Heizenergie benötigt Wärmeverlust der Nahwärmeleitung nach Trassenlänge Basis: 4 Feldanlagen mit Wärmenetz Q Netz = 192 kwh/(m a) L Trasse Länge der Leitungstrasse, in m 14
12 Typische wohn/nutzflächenbezogene Verteilverluste staatl. gefördert wird der Netzausbau ab 500 kwh/a Wärmeübertragung eines Trassenmeters also ab ca. 71 % Nutzungsgrad (bei 29 % Verlust) Quelle: IWU Planung NEH Siedlungstyp typischer Verteilverlust bezogen auf die real beheizte Fläche, in kwh/(m²a) Einfamilienhaussiedlung niedriger Dichte 35 EFH-Siedlung hoher Dichte, Reihenhäuser 25 Zeilenbebauung mittlerer Dichte (3-5 Geschosse) Zeilenbebauung hoher Dichte, Hochhäuser
13 Beispiele für Neubauprojekte mit Nahwärme großes Netz + BHKW kleines Netz + Solar 16
14 Bild: Wolff - Fern- und Nahwärme Beispiel 1 Sinnvolle Nahwärme: großes Verbundnetz mit BHKW Aber leider hohe Wärmepreise: > 100 / MWh m² Wohnfläche 14,5 km Trasse zentraler Gasbrennwertkessel (30 %) und BHKW (70 % Deckungsanteil) Wärmelieferung an die Gebäude: 87 kwh/(m²a) Netzverlust: 9 kwh/(m²a), entspricht 9 % 17
15 Beispiel 2: Solare dezentrale Nahwärme Feldanlage Speyer Alter Schlachthof - BMU-Projekt: Solar Kessel 18
16 Beispiel 2: Solare Nahwärme - Macht das Sinn? 550 m² Kollektorfläche und 100 m³ Speicher mit Nahwärme für 61 Einfamilienhäuser 19
17 Jahresbilanz leider ein Nullsummenspiel Kollektorertrag 380 kwh/m²koll. QV,Kessel 40 MWh QN, Kollektorkreis 209 MWh QV, Speicher+ Heizzentrale 14 MWh QV,Nahwärmenetz 197 MWh QF, Kessel 715 MWh Gas- Brennwertkessel Viessmann Vitocrossal 300 CT 575 kw QK, gesamt 675 MWh QN, Nahwärmenetz 870 MWh QN, Wohnhäuser 673 MWh Kesselnutzungsgrad > 94% > 104% (Heizwertbezug) 24% regenerativer Anteil am Wärmeenergiebedarf Aber: Keine Endenergieeinsparung gegenüber dezentraler Gasbrennwerttechnik und doppelt so hohe Energiekosten 20
18 Empfehlungen Neuplanungen/Sanierungen: kritische Anschlussdichte beachten Netzanschlüsse sind immer als Einzelfälle zu bewerten Ziel sind Netzverluste kwh/(m²a) Auskunft erbitten vom Fernwärmeversorgungsunternehmen Fernwärme und Kraft-Wärme-Kopplung aus Kohle und Erdgas ist eine Auslauftechnologie Transparenz über Brennstoffe (FVU) Wettbewerb zwischen vorhandenen Gas- und Fernwärmenetzen führt meist zu der Empfehlung: Gasanschluss bleibt Gasanschluss und Fernwärmeanschluss bleibt Fernwärmeanschluss Fernwärmenetze gespeist aus regenerativen Energiequellen (Solar Biogas - langfristig max. 50%) werden Ausnahmefälle bleiben. Besser Biogas in lokalen BHKWs Mikrogasnetze + Biogas-BHKW 21
19 Nah- und Fernwärmenetze - Ergebnisse zusammengefasst: Für die Wirtschaftlichkeit eines Wärmenetzes ist der Wärmebedarf der zu versorgenden Gebäude entscheidend. Mit sinkendem Energieverbrauch durch energetische Modernisierungen werden Wärmenetze in der Zukunft unattraktiv. Energiezentralen für ein Nah-/Fernwärmenetz sind ohne einen hohen Anteil gleichzeitig erzeugten Stroms aus Kraft-Wärme-Kopplung ökonomisch und ökologisch nicht vertretbar. Die Werbung eines FVU ist kontraproduktiv: Bei Anschluss an FW kann der Wärmeschutz der Gebäude etwa um den Faktor 3 schlechter ausfallen In Neubaugebieten haben die Häuser aufgrund der gesetzlich geforderten Dämmstandards einen niedrigen Energieverbrauch. Daher ist Fernwärme in Neubaugebieten i.d.r. unwirtschaftlich Ausnahme: Sehr dichte MFH-Bebauung ab ca. 20 Wohneinheiten. Beispiel: EXPO-Siedlung Hannover Kronsberg Der Ausbau von Fernwärmenetzen im Gebäudebestand ist aus Sicht der Nutzer selten zu rechtfertigen Studie von AGORA-Energiewende 4/2015 bestätigt dies Grundsätzlich unwirtschaftlich und ökologisch zweifelhaft ist der Nah-/Fernwärmeausbau in ländlichen Regionen Bioenergiedörfer 22
20 Diskussion? Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Mehr Infos: 23
21 Diskussionsvorschlag: In Gebäuden eingespartes Erdgas wird zukünftig in Gaskraftwerken zur Stromerzeugung eingesetzt und ersetzt den Strom aus Steinkohlekraftwerken CO2-Minderungspotenzial: Minus 2 mal 60 = 120 Mio.t/a Empfehlung zur Vertiefung: Studie AGORA-Energiewende: Die Rolle der Kraft-Wärme- Kopplung in der Energiewende 04/2015 war Grundlage für die z.z. laufende Novellierung des KWK-G 24
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