F a c h m a g a z i n F ü r P r a K T i K E r. Erfahrungsaustausch
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- Michaela Küchler
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1 8, EUR F a c h m a g a z i n F ü r P r a K T i K E r 1+2/2009 GIESSEREI Erfahrungsaustausch Giesserei-Verlag GmbH Postfach Düsseldorf PVST, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, Heft 1+2/
2 Sonderdruck aus Giesserei-Erfarhungsaustausch 53 (2009), Heft 1-2, Seiten 6 11 Nachdruck verboten. Giesserei-Verlag GmbH, Düsseldorf Autor: Ingolf Hertlin, Fotos: RTE Lage- und Größenbestimmung vs. physikalisches Prinzip Vergleich und Auswahl zerstörungsfreier Werkstoffprüfverfahren Bild 1: Kategorisierung hinsichtlich Art und Ort des Defektes [2] Bei der zerstörungsfreien Materialprüfung werden Werkstoffe mit normierten Prüfverfahren auf verborgene Fehler untersucht. Jedes Prüfverfahren hat seine Vor- und Nachteile. Oft werden die nach ihrem physikalischen Prinzip ausgesucht. In der Praxis ist es jedoch sinnvoller, die nach der Art und dem Ort des Defektes zu wählen. Die Materialprüfung umfasst die Eigenschafts-, Qualitäts- und Sicherheitsanalyse von Materialien. Verschiedene Prüfverfahren ermitteln das Verhalten und die Werkstoffkenngrößen von normierten Werkstoffproben oder fertigen Bauteilen. Ein Werkstoff wird dabei hinsichtlich seiner Reinheit, Fehlerfreiheit oder Belastbarkeit überprüft. Die Prüfverfahren werden in zerstörende und zerstörungsfreie Materialprüfung unterteilt. Bei der zerstörungsfreien Prüfung (ZfP) wird die Qualität eines Werkstücks getestet, ohne das Material zu beschädigen. Die Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung e.v. (DGZfP) definiert die Aufgaben der ZfP folgendermaßen [1]: Die ZfP gehört zu den wichtigsten Methoden sicherheitstechnischer Überwachung, die vergleichbar mit der medizinischen Diagnostik verborgene Fehler in Bauteilen und Konstruktionen vor und während ihres Betriebes so rechtzeitig erkennen soll, dass deren unvorhergesehenes Versagen verhütet wird. Neue Entwicklungen nur unzureichend berücksichtigt Die Aufgabe besteht also nicht darin, fehlerhafte Bauteile zu suchen, sondern durch Anwendung von Prüfvorschriften fehlerfreie bzw. akzeptierbare Werkstücke zur Verwendung freizugeben. Um ein Werkstück zu testen, ohne das Material zu beschädigen, nutzen die einzelnen Prüfverfahren verschiedene physikalische Effekte. Dadurch hat jedes Einsatzbereiche und Einsatzgrenzen, Vor- und Nachteile. Der Vergleich der ZfP- fällt daher nicht leicht. In einer bestimmten Situation mag es das einzig richtige geben, allgemein lässt sich hierzu keine Aussage treffen. Ein weiteres Problem ist, dass die normierten Prüfverfahren neue Entwicklungen nur unzureichend bis gar nicht berücksichtigen. Die akustische Resonanzanalyse beispielsweise ist in vielen Fällen eine geeignete Methode, wird jedoch häufig nicht erwähnt oder deutlich unterbewertet. Auch die hier gegenübergestellten und Kriterien sind vereinfacht. Grundsätzlich lassen sich die ZfP- hinsichtlich des physikalischen Prinzips (Tabelle 1) oder hinsichtlich Art und Ort des Defektes (Bild 1) gruppieren. Auswahlverfahren für Prüfmethoden In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, welches Prüfverfahren am besten für eine bestimmte Aufgabenstellung geeignet ist. In einigen Fällen schließt das physikalische Prinzip, auf dem das ZfP- beruht, die Anwendbarkeit für ein Material aus. So ist beispielsweise das Magnetpulverfahren ausschließlich für magnetisierbare Werkstücke anwendbar. Die Auswahl eines s erfolgt in der Regel unter folgenden Gesichtspunkten:
3 PRODUKTION & TECHNIK GIESSEREI-ERFAHRUNGSAUSTAUSCH 1+2 / 2009 Kategorie Physikalischer Effekt Kürzel Visuelle Auswertung Magnet./ elektrische Farbeindringverfahren Kapillarwirkung PT Magnetpulververfahren Sichtprüfung Potential-Sonden- Streuflussprüfung (ohne Magnetpulver) Pulveransammlung durch magnetischen Streufluss Helligkeits-, Form- und Farbunterschiede durch Auge oder Kamera Spannungsabfall in einem Strompfad Magnetischer Streufluss ohne Pulver Wirbelstromprüfung Störung von Wirbelstromfeldern ET MT VT Durchstrahlungsprüfung Elektronen- / Neutronendurchstrahlung Gammastrahlen (Gammagraphie) Radioskopie Röntgen- / Gammastrahlenprüfung RS RT Akustische Akustische Resonanzanalyse Eigenschwingungen nach äußerer Anregung ART Schallemissionsprüfung Geräuschentstehung bei Rissbildung AT Ultraschallprüfung Reflexion an Grenzflächen UT Thermische Thermographie (aktive, passive) Wärmefluss in Werkstoffen, Ausbildung von Temperaturprofilen durch unterschiedliche Wärmeleitfähigkeit und spezifische Wärme Spektroskopische Spektroskopie, Spektrometrie (für Verwechslungsprüfung) Lichtemission von angeregten Atomen. Strahlungsintensität in Abhängigkeit von der Wellenlänge Sonstige Computertomographie Dichtheitsprüfung / Lecksuche Holographie Tabelle 1: Die Kategorisierung nach dem physikalischen Prinzip [1] Druckänderung über die Zeit Überlagerung von Wellenanteilen (Interferenzbild / Hologramm) CT 1. Welches Material liegt vor? 2. Welchen Defekttyp bzw. -ort erwarte ich? 3. Welche Defektart suche ich, z.b. Riss, Gefüge, Leckage oder Vollständigkeit? 4. Wie ist die Geometrie, einfach oder komplex? 5. Welcher Prüfumfang liegt vor, Einzel- oder Serienprüfung? Der zweite Gesichtspunkt bedeutet bereits eine grundsätzliche Entscheidung hinsichtlich der in Frage kommenden Methoden: Handelt es sich um einen Defekt an der Oberfläche oder im Innern des Körpers? Hinsichtlich der Defektart können mehrere Risse in der Struktur bzw. an der Oberfläche erkennen, während andere nur für bestimmte Defektarten sensibel sind. Eine komplexe Bauteilgeometrie kann bedeuten, dass bestimmte nicht anwendbar sind. So erfordert beispielsweise eine Wirbelstromprüfung eine einfache Oberflächenstruktur, weil der Sensor in geringem Abstand über die Oberfläche geführt wird. Bei sehr hohem Produktionsvolumen und kurzen Prüfzeiten sind wie
4 GIESSEREI-ERFAHRUNGSAUSTAUSCH 1+2 / 2009 PRODUKTION & TECHNIK Oberflächenverfahren Volumenverfahren Magnetpulver Sichtprüfung Wirbelstrom Durchstrahlung Resonanzanalyse Ultraschall (Echo) Material metallisch nichtmetallisch nur magnetisierbar ja ja ja ja ja nein ja nein ja ja ja Defekttyp / -ort außen (Oberfläche) innen nein nein ja ja ja ja nur direkt unter der Oberfl. ja (abhängig von Festigkeitseinfluss) nein ja ja ja innen u. außen nein nein (ja) ja ja (ja) Defektart Riss ja ja ja ja ja Lunker nur außen nur außen ja ja nein (ja) Porosität nein nein (ja) ja ja ja Gefüge nein nein ja nein ja ja Lecktage nein (ja) nein nein nein nein ja (abhängig von Einstrahlrichtung!) Härte(-unterschied) Werkstoffverwechselung nein nein ja nein ja nein nein nein ja nein ja nein Prüfteilstruktur einfach ja ja ja ja ja ja komplex ja ja nein ja (ja) (ja) klein nein nein ja nein (ja) ja groß ja ja (ja) ja ja ja Prüfumfang Auditprüfung ja ja ja ja ja ja Serienprüfung (ja) nein ja ja (teuer) ja ja (u. U. Ankopplung notwendig!) Tabelle 2: Die seignung gibt eine grobe Einordnung. Welches das geeignetste ist, muss jedoch im Einzelfall geprüft werden.
5 10 PRODUKTION & TECHNIK GIESSEREI-ERFAHRUNGSAUSTAUSCH 1+2 / 2009 Zerstörungsfreie Prüfung Der Wunsch, Werkstoffe und Werkstücke zerstörungsfrei zu prüfen, Prüfung lassen sich verborgene Mit Hilfe der zerstörungsfreien ist so alt wie das Vermögen der Fehler in Materialien und Bauteilen vor und während ihres Be- Menschen, diese zu bearbeiten. Das kritische Beäugen eines von Hand triebes so frühzeitig erkennen, dass oder mit einem Werkzeug geformten Gegenstandes, das Abklopfen verhindert wird. Die zerstörungs- deren unvorhergesehenes Versagen oder Abtasten einer bearbeiteten freie Prüfung ist ganz wesentlich Oberfläche sind zerstörungsfreie mitverantwortlich für Unfälle und Prüfungen, die den Menschen seit Katastrophen, die nicht passieren. Urzeiten selbstverständlich sind. Die der zerstörungs- infoinformation: freien Prüfung werden heutzutage im Herstellungsprozess eingesetzt, bei der Werkstoffbearbeitung, am Endprodukt oder im Betrieb. Sie finden Anwendung in der Metall erzeugenden und Metall verarbeitenden Industrie, der Verpackungsindustrie sowie bei Automobilherstellern und Zulieferern, vor allem zur Sicherung und Kontrolle der Qualität. Radioskopie oder auch die Computertomographie nicht anwendbar, wohl aber Resonanzanalyse und Wirbelstromverfahren. Schließlich gibt es grundlegende Unterschiede in der Betrachtungsweise bzw. Zielausrichtung der : Alle klassischen ZfP- sind darauf ausgelegt, den Ort und die Größe eines Defektes zu bestimmen. Anders verhält es sich bei der Resonanzanalyse: Sie ist als vergleichende Bild 2: Das Zuverlässigkeitsmodell [4] zeigt, dass sowohl die einzelnen Bereiche, aber auch die Wechselwirkung zwischen ihnen betrachtet werden müssen.
6 GIESSEREI-ERFAHRUNGSAUSTAUSCH 1+2 / 2009 PRODUKTION & TECHNIK 11 Methode sensitiv für die mechanischen Eigenschaften bzw. Festigkeitsänderungen eines Bauteils, weniger aber für die Lage- und Größenbestimmung. Grundsätzlich ist eine Gruppierung nach der Art und Ort des Defektes in der Praxis sinnvoller als nach dem physikalischen Prinzip. Denn in der Anwendung interessiert das physikalische Prinzip, das hinter dem steht, nicht mehr, sondern nur der Effekt. Kombiniert man die Gruppierung nach Art und Ort des Defektes mit dem eben vorgestellten Auswahlverfahren, bekommt man auf einfachem Wege einen Überblick über die zur Verfügung stehenden Prüfverfahren (Tabelle 2). Ermittlung der Zuverlässigkeit Die Zuverlässigkeit eines technischen Produkts ist eine Eigenschaft, die angibt, wie verlässlich ein Produkt ein bestimmtes Merkmal erfüllt. Zuverlässigkeit ist in allen Produkten und inhärent, das heißt, dass kein technisches Produkt frei von der Möglichkeit ist zu versagen. Sie kann quantitativ und qualitativ beschrieben werden, ist jedoch nicht direkt messbar. Eine empirische Ermittlung der Zuverlässigkeit eines Produkts erfolgt über die Untersuchung der Ausfallhäufigkeit. Analytisch lässt sie sich aus der Ableitung der Zuverlässigkeitswerte der einzelnen Teile des Produkts bestimmen. Bei einfachen technischen Geräten wird in der Regel der empirische Ansatz gewählt. Bei komplexen industriellen Großanlagen kann der Zuverlässigkeitsnachweis hinsichtlich gefährlicher Zustände in aller Regel nur analytisch geführt werden. Der im Jahr 1999 von der Europäischen Kommission herausgegebene Bericht über die Methodik zur Qualifizierung von ZfP- [3] berücksichtigt auch den Einfluss und die Zuverlässigkeit des menschlichen Bedienpersonals. Genau zehn Jahre später, im Juni 2009, veranstaltet die Bundesanstalt für Materialkunde (BAM) zusammen mit der DGZfP den vierten europäisch-amerikanischen Workshop über Reliabiltiy of NDE (von engl. non-destructive testing), der sich mit diesem Thema auseinandersetzen wird [4]. Demnach unterliegt die zerstörungsfreie Prüfung und Auswertung den Faktoren: Gerätetechnik (Sensorik, Auswerteelektronik) intrinsic capability (IC), Einstellung und Parametrierung application parameters (AP), Handhabung, Beobachtung sowie Interpretation der Anzeigen human factors (HF). Jeder Bereich sowie die Wechselwirkung zwischen ihnen (Bild 2) muss betrachtet und unter Zuverlässigkeits- bzw. Risikogesichtspunkten bewertet werden. Die Zuverlässigkeit eines setzt sich aus den Eigenschaften des s (IC) zusammen sowie der anwendungsbezogenen Parametereinstellung (AP) und dem Einfluss durch den Bediener (HF), der die Anzeigen interpretiert und auswertet. Bei automatischen Prüfungen entfällt der Bedienereinfluss. Dadurch steigt die Zuverlässigkeit im Vergleich zu manuellen Prüfungen. Andererseits testet eine automatische Prüfung nur genau das, worauf sie ausgelegt ist. Menschliche Fehler können somit nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Vergleicht man die wichtigsten volumenorientierten (Tabelle 2), fällt auf, dass keines der drei alle Kriterien vollständig erfüllt. Andererseits ist auch erkennbar, dass die akustische Resonanzanalyse hinsichtlich ihrer Einsatzbreite eine Vielzahl von Vorteilen hat. Nachteilig ist, dass dieses bis heute noch nicht durch internationale Normen abgedeckt ist. In diesem und im letzten Jahr sind jedoch bereits Richtlinien für die akustische Resonanzanalyse sowohl in den USA [5] als auch in Deutschland [6] erstellt worden. Dies kann man als Vorstufe zur Normung sehen. Ingolf Hertlin, Geschäftsleitung, RTE Akustik+Prüftechnik GmbH, Pfinztal Weitere Informationen: Literatur Es gibt umfangreiche Literatur und Normen bzw. Richtlinien über alle ZfP-. Eine knappe Übersicht enthält [1] Deutsch, V. et. al.: Die der ZfP. Einführungsband zu den Informationsschriften zur zerstörungsfreien Prüfung, Castell-Verlag, Wuppertal, [2] Hertlin, I.: Die Resonanzanalyse. Band 5 der Informationsschriften zur zerstörungsfreien Prüfung. Castell-Verlag, Wuppertal, [3] European Commission, DG-JRC Institute for Advanced Materials Joint Research Centre: European Methodology for qualification eniq report nr. 2 EUR DE, [4] [5] ASTM E Standard Guide for Resonant Ultrasound Spectroscopy for Defect Detection in Both Metallic and Non-metallic Parts, July ASTM International, 100 Barr Harbor Drive, PO Box C700, West Conshohocken, PA , United States. [6] DGZfP-Richtlinie Zerstörungsfreie Prüfung mittels Akustischem Resonanzverfahren. Unterausschuss Akustische Resonanzanalyse (Obmann: I. Hertlin), 2009.
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