Deutsche. Literatur von Analyse und. Vermittlung im. Deutschunterricht

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1 Deutsche Literatur von Analyse und Vermittlung im Deutschunterricht

2 VL-Deutsche Literatur_Drittes Kap. - 2 Thema 3. Kapitel: Literarische Textanalyse Barockgedicht

3 VL-Deutsche Literatur_Drittes Kap. - 3 Beispiel Darstellungsprizipien Epoche Barock: Gattung(en): Poetik: Autor(en) Werke: Gedicht Poetik Fleming und Gyphius Fleming, Paul: Wie er wolle geküsset seyn Gyrphius, Andreas: Es ist alles eitel

4 VL-Deutsche Literatur_Drittes Kap. - 4 Auswahlbegründung fachlich: Gedicht repräsentiert Lebenspol des Barock (vs. Gryphius) Auswahlbegründung didaktisch: didaktische Wertung: Aktualität-Historizität- Strukturalität-Anschaulichkeit Methodische Wertung: Gedicht bietet Schreibanlässe (affines Schreiben, alternative Handlungsanweisung

5 VL-Deutsche Literatur_Drittes Kap. - 5 Analyseverfahren literarische Textanalyse: siehe downloads

6 VL-Deutsche Literatur_Drittes Kap. - 6 Phasen literarische Textanalyse Primärlektüre: Beobachtung von Textauffälligkeiten; Paraphrase semantische Analyse (Erstellung von Wortfeldern Isotopien) formale Analyse globale Analyse und Sinnfestlegung : Intentionsbestimmung

7 Paul Fleming: Wie er wolle geküsset seyn - 7 Nirgends hin / als auff den Mund / da sinckts in deß Hertzens Grund. Nicht zu frey / nicht zu gezwungen nicht mit gar zu fauler Zungen. Nicht zu harte / nicht zu weich. Bald zugleich / bald nicht zugleich. 15 Nicht zu langsam /nicht zu schnelle. Nicht ohn Unterscheid der Stelle. 05 Nicht zu wenig / nicht zu viel! Beydes wird sonst Kinderspiel. Nicht zu laut / und nicht zu leise / Beyder Maß' ist rechte Weise. Halb gebissen / halb gehaucht. Halb die Lippen eingetaucht. Nicht ohn Unterscheid der Zeiten. 20 Mehr alleine denn bei Leuten. Nicht zu nahe / nicht zu weit. 10 Diß macht Kummer / jenes Leid. Nicht zu trucken / nicht zu feuchte/ wie Adonis Venus reichte. Küsse nun ein Jedermann / wie er weiß / will / soll und kan. Ich nur und die Liebste wissen / wie wir uns recht sollen küssen.

8 0. Benennung von Unklarheiten und Fragen -8 Und ich hab auch noch 2 kleine Fragen... in Zeile 11 und 12: 11. Nicht zu trucken, nicht zu feuchte, wie Adonis Venus reichte. Heißt trunken, trocken? Und was meint er da mit Adonis Venus?...Und wieso schreibt er eigentlich: Wie er wolle geküsst sein? Spricht Fleming da in der dritten Person Singular...nach dem Motto: Eine Anleitung wie ich geküsst werden möchte?

9 1. Phase Textanalyse: Paraphrase - 9 Nirgends hin / als auff den Mund / da sinckts in deß Hertzens Grund. Nicht zu frey / nicht zu gezwungen / nicht mit gar zu fauler Zungen. Man soll sich auf den Mund küssen, denn nur dort sinken die Gefühle mitten in das Herz und lösen Liebe aus. Man soll sich nicht mit Zwang küssen, aber auch nicht zu freizügig (?). Man soll nicht mit Mundgeruch küssen.

10 1. Phase Textanalyse: Paraphrase Nicht zu wenig / nicht zu viel! Beydes wird sonst Kinderspiel. Nicht zu laut / und nicht zu leise / Beyder Maß' ist rechte Weise. Man soll in Maßen küssen. Ich verstehe nicht, was mit Kinderspiel gemeint ist? Und auch nicht mit laut und leise? Wie kann man denn laut oder leise küssen?

11 1. Phase Textanalyse: Paraphrase - 11 Nicht zu nahe / nicht zu weit. 10 Diß macht Kummer / jenes Leid. Nicht zu trucken / nicht zu feuchte / wie Adonis Venus reichte. Man soll Gefühle, die mit dem Kuss verbunden sind, an sich heran lassen. jedoch nicht zuviel, den sonst endet man in Liebeskummer.

12 1. Phase Textanalyse: Paraphrase - 12 Nicht zu harte / nicht zu weich. Bald zugleich / bald nicht zugleich. 15 Nicht zu langsam / nicht zu schnelle. Nicht ohn Unterscheid der Stelle. Man soll ein Mittelmaß zwischen der Stärke, zwischen Zugleich und Nicht zugleich (= Spontanität?) und Schnelligkeit finden. Man soll nicht nur an einer Stelle küssen.

13 1. Phase Textanalyse: Paraphrase - 13 Halb gebissen / halb gehaucht. Halb die Lippen eingetaucht. Nicht ohn Unterscheid der Zeiten. 20 Mehr alleine denn bei Leuten. Man soll halb beißen, halb hauchen, man soll an unterschiedlichen Zeiten küssen, soll eher in der Zweisamkeit küssen als in der Öffentlichkeit.

14 1. Phase Textanalyse: Paraphrase - 14 Küsse nun ein Jedermann / wie er weiß / will / soll und kan. Ich nur und die Liebste wissen / wie wir uns recht sollen küssen. Gibt gar keine richtige Anleitung, jeder muss für sich selbst entscheiden, wie er küsst.

15 2. Phase Textanalyse: Formanalyse Versfuß Trochäus (liegt auf den Negationen) - Paariger Endreim, männlich/weibliche Kadenzen abwechselnd - unreine Reime wie z.b. feuchte/reichte, Zeiten/leuten, wissen/küssen - Anaphern (gleicher Satz-/Zeilenanfang, auch in den Versen) z. 3/4/5/7/9/ /18 - Gegenüberstellungen (Antithesen) hart/weich... - Aufzählung (eben WIE sie sich nicht küssen sollen) - Ellipsen - Klimax V. 22 Küsse nun ein Jedermann / wie er weiß / will / soll und kan.

16 3. Phase Textanalyse: Semantische Analyse - 16 Fünf Strophen Anleitung, danach Auflösung Ebenmässig gebaut, Argumentation des Mittelwegs, des Maßes und der rechten Weise Konkrete Lexeme: Liebesspiel Abstrakte Lexeme: Bewertung (u.a. Kummer/Leid) Lexeme antithetisch angeordnet

17 4. Phase Textanalyse: Intentionsbestimmung - 17 Carpe-diem Motiv (Nutze den Tag, bevor das Leben zu Ende ist) hedonistische Aufforderung bzw. Verhüllung, wie ein Mann gerne geküsst wird (Gegensatz Vanitas- Gedanke) (Spiel mit der Gedichtform und der pragmatischen Situation Mann = Adonis (phönikisch-syrische Vegetationsgottheit, geliebt von Venus und Proserpina)

18 Gegengedicht : Gryphius: Es ist alles eitel - 18 Du siehst, wohin du siehst nur Eitelkeit auf Erden. Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein: Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiese sein Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden: Was itzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden. Was itzt so pocht und trotzt ist morgen Asch und Bein Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein. Itzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden. Der hohen Taten Ruhm muß wie ein Traum vergehn. Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch bestehn? Ach! was ist alles dies, was wir für köstlich achten, Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind; Als eine Wiesenblum, die man nicht wiederfind't. Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten!

19 Arbeitsaufgabe zum Gedicht von Fleming - 19 (unter teach-sam) 1. Worin besteht die Pointe des Gedichts? 2. Zeigen Sie, welche sprachlich-stilistischen Mittel der Autor zur Gestaltung der Aussage des Gedichtes verwendet. 3. Zeigen Sie, welche Elemente barocken Denkens in dem Gedicht zum Ausdruck gebracht werden. 4. Produktive Textarbeit: Ein 12 Jahre altes Mädchen hat unlängst an das Lebenshilfe-Ressort einer großen Jugendzeitung folgende Frage gesendet und um Veröffentlichung der Antwort in diesem Magazin gebeten: "Wie küsst man eigentlich richtig?" Verfassen Sie eine derartige Antwort in der Rolle einer Redakteurin/eines Redakteurs.