Paulinas Geschichte Von einem Hund, der auszog das Fürchten zu verlernen

Transkript

1 Paulinas Geschichte Von einem Hund, der auszog das Fürchten zu verlernen Nach endlosen Jahren ohne Hund - mein Mann war strikt dagegen, er sagte immer: " Ein Hund kostet Zeit und Geld, macht Arbeit, Dreck und verliert jede Menge Haare" - fing glücklicherweise mein damals 12jähriger Sohn an, sich unbedingt einen Hund zu wünschen. Papas Antwort war immer:" Nein! Anke rede ihm das aus!" Ja,ich habe natürlich mit ihm geredet. Etwa so :"Bloß nicht aufgeben! Bleib hartnäckig! Bei mir hat das auch ungefähr ein Jahr gedauert,bis ich als Kind meinen Hund bekam!" Meine Freundin,selber zwei Hunde und Pflegestelle für" Niemandshunde" kam öfter vorbei um Fotos von den Pflegehunden für die Homepage des Vereins zu machen. Ach,und es waren alles tolle Hunde! Alle sehr unterschiedlich, aber freundlich und mit einem tollen Charakter. Aber noch hatten wir meinen Mann nicht weichgeklopft. Doch eines Tages kam Paulina zu Besuch und - zack -hatte sie ihn um die Pfote gewickelt.plötzlich wollte er, dass Paulina bei uns einzieht. Meine Freundin und ich haben uns vielleicht angeguckt!! Häh??? Hat er das jetzt ernst gemeint? Ja, das hatte er! Juhu!!!! Was wussten wir von ihr? Sie kommt aus Sardinien. Als 5 Wochen alter Welpe wurde sie zusammen mit zwei Schwestern ins Tierheim gebracht. Dort leben ca. 700 Hunde.Man kann sich vorstellen,was für eine Unruhe dort herrscht. Sie hatte wenig Kontakt zu Menschen in der entscheidenen Phase und musste dort 2 Jahre ausharren. Dann wurde sie nach Bayern vermittelt. Dort stellte sich heraus, dass sie sehr geräuschempfindlich ist. Gewitter,Schüsse,Knallgeräusche u.ä. lösten starke Angst- bzw. Panik aus. Als auch noch eine Recyclingfirma ihren Betrieb aufnahm und es dauernd schepperte,

2 waren ihre Nerven am Ende.Bei Gewitter versteckte sie sich im Kleiderschrank, mit ihren Menschen wollte sie nichts mehr zu tun haben, sie versteckte sich im Keller. Beim Autofahren wurde ihr schlecht. Entspannte Spaziergänge waren kaum mehr möglich. Nach einem Jahr entschloss man sich schweren Herzens, sie an den Verein zurück zu geben. Zum Glück kam Paulina auf die Pflegestelle zu meiner Freundin. Dort zeigte sie sich recht unkompliziert und mit Hermes und Harry hat sie gleich zwei gute Kumpels gefunden. Und noch heute freut sie sich jedes Mal wie verrückt, wenn wir ihre Pflegefamilie treffen. Nach 3 Wochen lernten wir sie kennen. Eine liebe, ruhige, bescheidene Hündin mit einem feinen Charakter. Also -wir kannten ihre Vorgeschichte -aber es war uns egal! ( Außerdem haben wir keinen Keller ) Nach einem Großeinkauf mit unserem Auto,Paulina und Pflegefrauchen waren dabei, zeigte sich, dass Auto fahren schon mal kein Problem war. Sie liebt es bis heute -toll!!! Die ersten Wochen bei uns waren auch recht problemlos. Schöne Spaziergänge mit Schleppleine ( Oh ja,sie hat Jagdtrieb ),zu Hause ruhig und ausgeglichen. Bei Futtersuchspielen o.ä. mit Feuereifer dabei. Manchmal konnte sie richtig albern sein.ein Traumhund!

3 Hundebegegnungen waren völlig problemlos,freundlich zu allen Menschen. Selbst Kinder aus der Nachbarschaft, die schon geschrien haben, wenn sie einen Hund nur von weitem gesehen haben, wollen sie streicheln und ihr Leckerchen geben, weil sie so sanft und vorsichtig ist. Also haben wir am Beziehungsaufbau gearbeitet, Antijagdtraining gemacht und unsere Spaziergänge genossen. Wenn---ja wenn es nicht plötzlich irgendwo geknallt hat. dann verwandelte sie sich in ein zitterndes Häufchen Elend, versteckte sich unter einem Busch und ich musste alle Tricks anwenden, um sie da wieder heraus zu bekommen. Wenn sie dann weiterlief, zog sie wie eine Dampflok. Puh! Anstrengend! Aber gut für meine Oberarmmuskeln -hi,hi. Doch mein Motto ist : Man wächst mit seinen Aufgaben! Und so haben wir geübt und geübt. Langsam wurde es besser. Nach einem Gewitter kam sie freiwillig aus dem Haus. Am Anfang mussten wir sie tragen oder an der Tür klingeln, denn neugierig war sie schon. Sie suchte mehr unsere Nähe und wollte überall dabei sein. Doch in gleichem Maße, wie sie sich zu Hause sicherer fühlte, wollte sie am liebsten nicht mehr raus gehen. Sie musste natürlich trotzdem, aber sie lief, als ob ihr der Himmel auf den Kopf fallen würde. Was konnten wir tun? Meine Freundin gab mir die Adresse von einer Tierpsychologin.Dort wurde sie homöopathisch behandelt -- und siehe da-- es wurde besser! Sie wurde draußen entspannter,buddelte wieder nach Mäusen ( ein Hobby muss man ja haben ) und suchte Spuren.Hin und wieder nahm sie sogar ein Leckerchen. Nur in den Wald wollte sie nicht mehr gehen. Warum? Keine Ahnung! Sie legte sich verzweifelt auf den Bauch und zog dann mit aller Kraft Richtung Heimat.Es war unmöglich! Gleichzeitig hatten wir viel Spaß mit ihr und sie hat das Schwimmen für sich entdeckt. Noch nie habe ich so einen glücklichen Hund gesehen!!!!

4 Doch nach einigen Wochen war alles wieder dahin.sie wollte am liebsten nicht mehr aus dem Haus gehen. Nein -es gab keinen Auslöser. Auch ein erneuter Besuch bei der Homöopathin brachte keine Besserung. Was war zu tun? Also wieder viel gelesen, im Internet recherchiert, mit verschiedenen Leuten gesprochen und letztendlich Einzeltraining bei einer sehr netten,kompetenten Hundetrainerin gemacht ( Ja, wir haben viele nette Leute und Hunde kennen gelernt ) Bei dem Vorgespräch hat sie mich erst mal geschockt, weil sie wissen wollte, ob wir Paulina wegen ihren Probleme wieder abgeben würden. Ich war entsetzt!!! Auf keinen Fall!!! Niemals!!! Ich will noch etwas lernen für den Umgang mit ihr!! Also konnte das Training beginnen. Ein paar Hausstandsregeln wurden optimiert und draußen sollte ich nicht mit ihr sprechen ( das war am schwierigsten).ich sollte gelassen abwarten, bis sie sich entschließt, in meine Richtung zu gehen. So mancher Spaziergänger wird sich gewundert haben, wie man stundenlang die gleiche Aussicht bewundern kann. ;o)) Oder wenn ihr jemals eine Frau im besten Alter auf einem Feld im Matsch habt knien sehen, während ihr Hund wie verrückt an er Leine zieht und die Hundetrainerin beschwörend vor sich hinmurmelt: " nicht lachen, nur nicht lachen!" und Frauchen sich das Lachen kaum noch verbeißen kann - ( ein Jogger kam auch noch vorbei, der ziemlich irritiert geguckt hat)---ja dann waren das wohl wir. Ja, wir haben viel gelernt über Körpersprache, dass man ängstlichen Hunden nicht so viel Freiraum lassen soll usw. Aber der Durchbruch war der Tipp, die Schilddrüsenwerte untersuchen zu lassen und mit Professor Gansloser in Kontakt zu treten. Prof. Gansloser ist Prof. der Zoologie, arbeitet mit einer Tierärztin zusammen und erforscht

5 Verhaltensauffälligkeiten in Zusammenhang mit Hormonen, macht Vortragsreisen mit Günter Bloch und hat mehrere Bücher geschrieben. Also ab zum Tierarzt und tatsächlich -die Schilddrüsenwerte waren an der unteren Grenze. O:K: also habe ich eine an Herrn Gansloser geschrieben und nicht erwartet, dass so ein bekannter Mann mir antwortet. Und doch! Prompt kam eine sehr nette mail mit einem umfangreichen Fragebogen, den ich gleich in stundenlanger Arbeit gewissenhaft ausgefüllt habe. Und da ich ja voll der Computerfachmann bin, habe ich den nicht richtig abgespeichert und somit leer zurückgeschickt. Peinlich, peinlich! Aber der Mann hat Humor.Also alles noch einmal von vorn. Diesmal hat es geklappt.und er hat die Empfehlung ausgesprochen, Paulina mit Schilddrüsenhormonen zu behandeln, Die Werte sollen im oberen Drittel liegen. Zusätzlich gab er noch Tipps zur Ernährung,welche Aminosäuren sie braucht, welche eher nicht und noch vieles mehr. Und nachdem Paulina einige Wochen ihre Tabletten genommen hatte und die Werte gut waren, wurde sie draußen wieder ansprechbarer.juhu!! Training haben wir natürlich weiter gemacht. Und eines Tages ging sie sogar wieder mit mir in den Wald!!! Ich hätte heulen können. Wenn uns heute jemand auf unserem ausgiebigen Morgenspaziergang sieht,kommt er wahrscheinlich nicht auf die Idee, dass dieser Hund überhaupt vor irgendetwas Angst haben könnte. Sie läuft entspannt an lockerer Leine, schnüffelt rum und macht, was Hunde eben so machen. Wir sind auf einem guten Weg -und ich bin unheimlich stolz auf sie! Wenn ich morgens aufwache, sie schnaubt mir ins Gesicht und ich sehe diese strahlenden braunen Augen, dann fängt der Tag schon mit einem Lächeln an. Noch nie hat sich jemand so sehr gefreut, wenn ich aufwache oder nach Hause komme! Und selbst,wenn sie morgen alles wieder vergessen haben sollte, dann fange ich halt wieder von vorne an, und wieder und wieder. Denn sie hat einen großen Platz in unseren Herzen, wir lieben sie sehr. Es lohnt sich immer!!!!! Und nicht vergessen: Man wächst mit seinen Aufgaben!

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