1. Bis geklärt ist, ob Säuren nun gefährlich sind oder auch nicht sollten wir von ihrer Gefährlichkeit ausgehen. Deshalb...
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- Ilse Bachmeier
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1 Säuren sind... Überlegungen zur Behandlung der Säuren im Anfangsunterricht GÜNTER HAUSCHILD Wir dürfen wohl davon ausgehen, dass den Schülern einige Säuren mit Namen und die Formulierung saurer Regen, saure Reaktion oder reagiert sauer aus dem täglichen Leben bekannt sind. Sie kennen bestimmt Kohlensäure, Batteriesäure, Salzsäure, Essigsäure, Zitronensäure, Fruchtsäuren, Fettsäuren u.a. Deshalb sollten wir uns fragen, was denn die Säuren für Schüler im Anfangsunterricht eigentlich sind. Sicher sind es für sie Stoffe, wie andere auch. Nicht so sicher sind es für sie Flüssigkeiten auch wenn diese Vorstellung unter den Schülern sicher weit verbreitet ist, denn das Wort Kohlensäure ist im täglichen Leben stark mit einem Gas verbunden, das aus einem Getränk aufsteigt. Feste Säuren kennen die Schüler bestimmt nur in Ausnahmefällen. Was den Umgang mit Säuren betrifft, sind die Erfahrungen der Schüler sehr zwiespältig: Die Säure in einer Frucht, einem Getränk, einer Speise oder einem Bonbon ist genießbar und deshalb völlig ungefährlich. Es gibt sogar eine Säure im Magen des Menschen wieso richtet die dort nicht schlimme Schäden an? Die Salzsäure und die in der Batterie des familieneigenen Pkws gelten als höchst gefährlich. Vom sauren Regen sagt man, dass er für ziemliche Zerstörungen in der Natur und an den Bauten verantwortlich ist. Und in der Küche wird es ganz verrückt. An der einen Essigflasche steht, dass der Inhalt lebensgefährlich sei, aber vom Inhalt einer anderen Essigflasche kostet Mutti sogar. Es wird also sicher für den weiteren Unterrichtsverlauf günstig sein, führt man im Anfangsunterricht den Schülern diese Fakten erst einmal vor Augen, um daraus Verhaltensweisen gegenüber Säuren abzuleiten, ehe man sich überhaupt mit ihnen experimentell beschäftigt. An dieser Stelle die Schüler mit den einzelnen Regel bekannt zu machen, oder sagen wir besser zu überschütten, würde wesentliche Unterrichtsinhalte vorweg nehmen und nur Verunsicherung bringen. Und die ist für die kommende Arbeit nicht gut. Hier reichen drei Regeln aus: 1. Bis geklärt ist, ob Säuren nun gefährlich sind oder auch nicht sollten wir von ihrer Gefährlichkeit ausgehen. Deshalb dürfen Säuren weder an noch in unseren Körper kommen sollte jeder die mündlichen oder schriftlichen Arbeitsanweisungen befolgen, denn sobald im weiteren Unterrichtsverlauf Gefahrensituationen bei der Arbeit mit Säuren eintreten oder eintreten könnten, werde ich (die Lehrerin/der Lehrer) euch (die Schüler) informieren und Verhaltensweisen nennen, wodurch die Gefahren vermieden werden können. Dort wo sie angebracht oder zwingend erforderlich sind, gelten folgende Sicherheitsratschläge, die der konkreten Situation entsprechend weiter ergänzt werden müssen:
2 1. Kleidung, Mobiliar, Bücher und andere Arbeitsutensilien sind vor den Säuren zu schützen. (Kittel, Schürze, Sachen die nicht unmittelbar benötigt werden weg packen, sorgfältig arbeiten u.a.m.) 2. Regeln festlegen wie beim Verschütten, Verspritzen o. Ä. einer Säurelösung zu verfahren ist. 3. Schutzbrille tragen. 4. Überlegen ob Schutzhandschuhe angebracht sind. 5. Säurelösungen niemals ansaugen, auch nicht durch den Lehrer. 6. Verdünnte Säurelösungen nur durch den Lehrer unter Einhaltung entsprechender Vorschriften herstellen. 7. Schüler bei Lehrerexperimenten durch entsprechende Abstände, Schutzscheibe oder Arbeit unter dem Abzug schützen. 8. Schülerexperimente mit geringen Substanzmengen durchführen. 9. Für Schülerexperimente verdünnte Säuren einsetzen. 10. Erhitzen von Säuren bei Schülerexperimenten möglichst vermeiden. Dort wo es nicht vermeidbar ist mit kleiner Flamme und geringen Substanzmengen arbeiten, sowie das Gefäß immer schütteln.. Damit kann die Arbeit an und mit den Säuren beginnen. Bleibt nur zu entscheiden, welcher der Säuren den Anfang macht. Alle organischen Säuren scheiden wegen der fehlenden Kenntnisse in der organischen Chemie aus, mit der Kohlensäure lässt sich wegen ihre leichten Zersetzbarkeit nur sehr umständlich umgehen und die Salzsäure fällt wegen des fehlenden Sauerstoffs im Molekül etwas aus dem Rahmen. Die Salpetersäure ist wegen ihrer Aggressivität und den Besonderheiten in der Darstellung kein günstiger Beginn. Aber die schweflige Säure bietet sich an. Vom Schwefeldioxid wird als Luftschadstoff reichlich gesprochen und immer wieder betont, dass dieser die Bildung des sauren Regens mit verursacht. Liegt da nicht die Idee nahe, das in einem Experiment zu überprüfen? Da alle Voraussetzungen gegeben sind, kann zusammen mit den Schülern nach der Schrittfolge für die Formulierung und Überprüfung einer Voraussage gearbeitet werden. 1. Problem Ist es möglich, dass durch eine chemische Reaktion des Schwefeldioxids mit Wasser eine Säure entsteht? 2. Vermutung formulieren Schwefeldioxid bildet durch eine chemische Reaktion mit Wasser eine Säure. Die saure Reaktion kann mit Lackmuslösung nachgewiesen werden. 3. Experimentell prüfbare Folgerungen aus der Vermutung ableiten Die Lackmuslösung färbt sich rot. 4. Experiment oder Experimente zur Überprüfung dieser Folgerungen planen und durchführen In einem Gefäß muss Wasser mit Schwefeldioxid zusammengebracht werden. Wasser ist vorhanden, in der Chemiesammlung gibt es aber keine Flasche, in der Schwefeldioxid auf Vorrat gehalten wird, es muss also hergestellt werden durch die Verbrennung von Schwefel. Damit verfahren wir genau so, wie es bei der Verbrennung der Kohle geschieht. Der Schwefel aus der Kohle verbrennt zu Schwefeldioxid, das geht durch den Schornstein in die Atmosphäre, kommt dort mit dem Wasser zusammen und versauert den Regen.
3 Für das Experiment ergibt sich nur dadurch eine Schwierigkeit, da das Schwefeldioxid als Gas schwer zu handhaben ist. Es muss eine Apparatur gestaltet werden, in der das Schwefeldioxid entsteht und auch mit dem Wasser reagieren kann. Es gibt Klassen, mit denen es gelingt bei entsprechender Steuerung des Lehrers eine solche Apparatur zu erfinden. Diese Arbeit macht allen Beteiligten Spaß aber sie verlangt Zeit. Wer diese Zeit nicht hat, stellt die beiden Apparaturen vor und lässt ihre Funktionsweise von den Schülern schildern. Dabei müssen sie sich in den Aufbau der Apparatur und die Arbeitsweise mit ihr intensiv hineindenken, was eine erhebliche geistige Leistung darstellt. 5. Beobachtungsergebnisse festhalten Schwefel verbrennt mit blauer Flamme. Die Lackmuslösung färbt sich rot. 6. Beobachtungsergebnisse mit den experimentell prüfbaren Folgerungen vergleichen Die Beobachtungsergebnisse und die experimentell prüfbaren Folgerungen stimmen überein. 7. Bewertung der Vermutung Die Vermutung ist richtig, bei der Reaktion des Schwefeldioxids mit Wasser entsteht eine Säure. siehe Online Anlage 1: Skizze zum Experiment Bildung von Schwefeldioxid und seine Reaktion mit Wasser im Reaktionsrohr siehe Online Anlage 2: Skizze zum Experiment: Bildung von Schwefeldioxid und seine Reaktion mit Wasser im Rundkolben Nun sollte der Lehrer die beiden Säuren des Schwefels mit Namen und Formeln nennen und mitteilen, dass bei diesem Experiment die schweflige Säure entstanden ist. Durch eine entsprechende Anregung könnten die Schüler auf die Idee gebracht werden, dass auch das ihnen bekannte Kohlenstoffdioxid durch die Reaktion mit Wasser die Kohlensäure bilden könnte und dass dazu die gleiche Apparatur geeignet wäre. Aus Zeitgründen ist die Lehrerapparatur schon vorbereitet und das Experiment wird zugig durchgeführt. Drei weitere Experimente könnten folgen: 1. Eine Spatelspitze Phosphorpentaoxid wird im Becherglas mit Wasser zur Reaktion gebracht. Ein Indikator bestätigt die Bildung einer sauren Lösung. Der Lehrer nennt Name und Formel der Phosphorsäure. 2. Durch die thermische Zersetzung von Blei(II)-nitrat Pb(NO 3 ) 2 wird Stickstoffdioxid hergestellt und in Wasser eingeleitet. Die saure Reaktion bestätigt ein Indikator. Der Lehrer nennt Name und Formel der salpetrigen und der Salpetersäure. 3. Unter Verwendung eines Zutropfgasentwicklers wird aus Natriumchlorid und konzentrierter Schwefelsäure Chlorwasserstoffgas entwickelt, der in Wasser eingeleitet die Salzsäure bildet.
4 Damit sind auch Name und Formel dieser Säure den Schüler bekannt. Nun kann das Verhalten der einzelnen Säuren gegenüber anderen Indikatoren, Metallen, Papier (Zellstoff), Holz, Textilien, Mauerwerk, Marmor untersucht, die Mischbarkeit mit Wasser und die elektrische Leitfähigkeit der Lösungen ermittelt werden, um schließlich in einer Zusammenfassung das herauszustellen, was die Säuren nun für die Schüler ausmachen sollte. Sind die Hydroxide vor den Säuren behandelt worden, bietet sich ein anderer Einstieg an. Problem Durch die Reaktion von einigen Metalloxiden mit Wasser bilden sich Hydroxide. Außer den Metalloxiden gibt es auch Nichtmetalloxide. Bilden diese mit Wasser auch Hydroxide? Vermutung formulieren Ihre Schüler können nun zwei völlig gegensätzliche Vermutungen formulieren, nämlich die, dass aus der Reaktion der Nichtmetalloxide mit Wasser auch Hydroxide hervorgehen, als auch die, dass das nicht der Fall sein wird. Beide Vermutungen können gleichzeitig in der Klasse bestehen. Jede dieser möglichen Situationen muss als Vermutung akzeptiert werden. Experimentell prüfbare Folgerungen aus der Vermutung ableiten Schüler die die Bildung der Hydroxide aus Nichtmetalloxiden und Wasser vermuten leiten ab, dass sich z.b. Lackmuslösung blau färben wird. Schüler die das für unwahrscheinlich halten erwarten, dass sich die Lackmuslösung nicht blau färbt. Experiment oder Experimente zur Überprüfung dieser Folgerungen planen und durchführen Die Experimente unterscheiden sich nicht von der im ersten Teil beschriebenen Variante. Beobachtungsergebnisse festhalten Die Lackmuslösung färbt sich nicht blau, sondern rot. Beobachtungsergebnisse mit den experimentell prüfbaren Folgerungen vergleichen Schüler die die Bildung der Hydroxide aus Nichtmetalloxiden und Wasser vermutet haben, finden, dass keine Übereinstimmung vorliegt bei den anderen Schülern stimmen Beobachtungsergebnisse und experimentell prüfbare Folgerungen überein, es kommt aber eine Beobachtung bei beiden Gruppen hinzu, die in ihren Überlegungen nicht enthalten war (Rotfärbung des Indikators). Bewertung der Vermutung Die eine Vermutung war falsch, die andere zwar richtig, aber unvollständig. Übrigens! Nun könnten sie liebe Kollegin/lieber Kollege sagen, dass man die Sachverhalte um die Säuren viel schneller und weniger anstrengend in einer gut durchdachten Experimentalvorlesung den Schülern mitteilen könnte es handelt sich hierbei schließlich im Fakten, die nun mal so sind, wie sie sind. Stimmt! Aber, soll Chemieunterricht nicht mehr sein? Zum Beispiel Spaß an der geistigen Leistung; Freude über eine gelöstes Problem; das Erlebnis, man kann mit Wissen etwas anfangen; Respekt vor der
5 anderen Meinung auch wenn man meint, dass sie falsch ist; kritisches Herangehen an die eigenen Überlegungen; Respektieren der Ergebnisse eines Experiments (es gilt was man gesehen hat, nicht was man sehen wollte), die Erkenntnis, dass exakt durchgeführte Experimente ideale Prüfsteine für Überlegungen sind.
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