Die Sängerfeste im Baltikum

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Wilhelm Althaus
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1 Geisteswissenschaft Die Sängerfeste im Baltikum Essay

3 Die Sängerfeste im Baltikum Seite 1 von 6 Das lettische Gefühl [mag] im Alltag und vielleicht bei der jungen Generation mehr oder weniger verloren [gehen], aber hier beim [Sänger] Fest kann man es bewahren und für eine längere Zeit wieder auftanken. (Marcis Skarklis; fernsehen/euroblick/euroblick lettland-saengerfest- ID xml, ) Seit nunmehr 130 Jahren finden in den drei baltischen Ländern- Estland, Lettland und Litauen- regelmäßig im Abstand von 4 bis 5 Jahren die weitbekannten Sängerfeste statt. Diese Festivals stärken, vor allem durch das gemeinsame Singen der Volkslieder, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen der jeweiligen Nation. Diese Volkslieder in Lettland auch Dainas genannt- beinhalten geschichtliche Themen, sowie auch Mythen, Wünsche und Hoffnungen der Menschen und waren vor allem zur Zeit der Besatzungen Symbol der nationalen Identität und später Mittel des Protestes an der Unterdrückung der eigenen Nation. Wie bei den u.a. zu den Sängerfesten gesungenen Volksliedern, lässt sich auch bei den Sängerfesten auf eine weit zurückreichende Tradition blicken. Wie Anfangs schon geschrieben, gehen die Sängerfeste bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Das erste Sängerfest im Baltikum fand 1869 in Estland in der Studentenstadt Tartu statt, mit noch vergleichsweise wenigen (800) Teilnehmern. Aber immerhin Zuschauern und Zuhörern. Zu dieser Zeit war Estland unter deutscher Hand und es durften nur 2 estnisch sprachige Lieder gesungen werden:

4 Seite 2 von 6 Mein Vaterland, mein Glück und meine Freude - welches nach 1918 zur Hymne Estlands wurde- und Mein Vaterland ist meine Liebe dieses war zu sowjetischen Zeiten die inoffizielle Hymne der Esten und wird noch heute bei den- seit 1950 regelmäßig alle 5 Jahre veranstalteten- Sängerfesten als Schlusslied gesungen. Diese finden mittlerweile nicht mehr in Tartu sondern in der estnischen Hauptstadt Tallin statt und haben üblicherweise zwischen 18 und Mitwirkende. Seit 1934 wird parallel dazu auch ein Tanzfest durchgeführt. In Lettland fand das erste Sängerfest 1873 im damals mehrheitlich deutschen Riga statt. Damals mit 45 Chören und 1019 Sängern und Sängerinnen. Das Motiv der Veranstalter zu dieser Zeit lag darin, die Letten zu einen und eine gemeinsame Identität zu bilden. Die Sängerfeste bestanden auch in dem von 1944 bis 1991 durch Russland besetzten Lettland fort. Zwar war zu dieser Zeit die lettische Fahne verboten und es mussten großteils sowjetische Lieder gesungen werden, aber ab Mitte der 80er Jahre wich man immer mehr von dem vorgegebenen sowjetischen Programm ab. Seit 1949 gehört auch in Lettland der Volkstanz zum Fest wurde erstmalig das Sängerfest im unabhängigen Lettland durchgeführt. Seither wird es alle 5 Jahre im Mezhaparks und im Daugava Stadion in Riga gefeiert. Der Gesamtchor besteht heute aus ca Sängern und Sängerinnen, die meist 8- stimmig und a capella singen. In Litauen hingegen fanden die Sängerfeste, vergleichsweiße spät, erstmalig 1924 statt. Heute besteht es aus drei Teilen: dem Tag der Tänze, dem Abend des ethnographischen und folkloristischen Ensembles und dem Tag der Lieder. Im Gegensatz zu den beiden anderen Ländern findet es alle 4 Jahre statt.

5 Seite 3 von 6 Aber nicht nur in den drei baltischen Ländern wurden und werden Sängerfeste zelebriert, auch im Ausland, in der Immigration, wurden sie fortgeführt. In England, Australien, den USA, Canada und Schweden. Die Letten, Litauer und Esten singen aber nicht erst seit der Entstehung der Sängerfeste. Es wurde schon immer gesungen, ob beim Arbeiten in der Natur oder im Haus, bei Dorffesten oder Hochzeiten. Und durch die Tatsache das Lettland, Litauen und Estland Jahrhunderte immer unter Fremdherrschaft standen, war die einzige Möglichkeit der Bewahrung der eigenen Identität im Singen der Volkslieder zu finden. So bestand auch die Möglichkeit Geschichten aus Alltag, Tugenden und Ethik und auch Mythen an die nächste Generation weiterzugeben. Die ersten Chöre entstanden auf dem Lande. Aber das Singen diente nicht nur zur Wiedergabe von Geschichten. Im 19./20. Jahrhundert war es auch Ausdruck des Protestes an der Russifizierung. Es war Symbol im Kampf um die Unabhängigkeit. Vor allem in Estland fanden singende Proteste statt. Am 17. Juni 1988 zur Wahl des Volksvertreters in Moskau versammelten sich Esten auf dem Sängerfestplatz und sangen offiziell verbotene Lieder. Am 11. September des selben Jahres waren rund Esten bei der grössten Demo des Landes, dem Festival Estland Lied 1988 anzutreffen, auch hier wurden die verbotenen Lieder gesungen und die blau- schwarz weiße estnische Fahne gehisst. Man wollte die staatliche Unabhängigkeit. Diese singenden Proteste des Baltikums gipfelten im im August des Jahres 1989 als sich 2 Millionen Leute an den Händen fassten und eine 600 km lange Menschenkette von Vilnius über Riga nach Tallin bildeten ( Baltischer Weg/ Kette) und somit

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