extra 30 Jahre für die Kunst boesner feiert Jubiläum
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- Monika Meinhardt
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1 MAI/JUNI 2012 extra 30 Jahre für die Kunst boesner feiert Jubiläum
2 Liebe Kunstschaffende, Wirtschaftsunternehmen, die sich ganz in den Dienst der Kunst stellen, sind selten wenn nicht einzigartig. boesner ist solch ein Unternehmen. Entstanden im Jahr 1982 aus dem Impuls seines Gründers Wolfgang Boesner, feiert das Unternehmen in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. Dies ist möglich geworden durch das engagierte und partnerschaftliche Zusammenwirken von Mitarbeitern, Gesellschaftern, Lieferanten und Kunden. Ihnen allen sage ich herzlich Danke! Uns alle bei boesner eint die Begeisterung für die Kunst. Kunst ist Ausdruck der schöpferischen Kraft des Menschen, Kunst ist in der Lage Perspektiven zu verändern und Kunst drückt aus, was mit Worten nicht gesagt werden kann. Kunst findet überall da statt, wo Menschen ihr Leben als kreativen Prozess gestalten und ihren eigenen Weg gehen. boesner liefert, was Kunst braucht: Material, Werkzeug, Rahmen und Bücher in Hülle und Fülle, zu fairen Preisen und in verlässlicher Qualität. Inzwischen gibt es boesner an 37 Orten in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Frankreich. Über eine Million Kunden schenken uns ihr Vertrauen und wirken durch Ideen, Wünsche und Vorschläge an der Weiterentwicklung des Unternehmens mit. Auch in der Zukunft betrachten wir Kunst, Kultur und Kreativität aus immer wieder neuer Perspektive, entwickeln unser Angebot weiter und arbeiten kontinuierlich daran, dass Besuche bei boesner inspirierende Erlebnisse sind. Mit unserem Tun wollen wir auch weiterhin Menschen für das künstlerische Schaffen begeistern und dazu beitragen, die künstlerische Gestaltung des Lebens und der Gesellschaft möglich zu machen. Wenn uns das gelingt, ist es der beste Dienst, den wir der Kunst erweisen können. Mit herzlichen Grüßen Ihr Mirko Meurer Geschäftsführer der boesner GmbH holding + innovations
3 30 Jahre für die Kunst boesner feiert Jubiläum Stationen eines Unternehmens Seit seiner Gründung im Jahr 1982 hat sich das Groß- und Einzelhandelsunternehmen mit derzeit 37 Niederlassungen in Europa und einem Sortiment von über Produkten zum heute führenden Spezialisten für Profi-Künstlermaterial, Einrahmungen und Kunstbücher entwickelt. Ein Rückblick auf eine außergewöhnliche Firmengeschichte und ein Überblick über aktuelle Entwicklungen Am Anfang stand eine Vision: die Gründungsjahre Ohne seinen Entschluss, der Wirtschaft den Rücken zu kehren, wäre Wolfgang Boesner vermutlich nicht auf die Idee gekommen, mit Künstlermaterial zu handeln. Seit jeher von Kunst fasziniert, war der studierte Kaufmann seiner inneren Stimme gefolgt und arbeitete zu Beginn der 1980er-Jahre als Maler und Bildhauer. In seinem Bochumer Atelier erlebte er damals aber nicht nur eine wichtige Zeit künstlerischen Schaffens, sondern auch die Schwierigkeit, an gute und finanzierbare Arbeitsmittel zu kommen: Das Angebot des örtlichen Einzelhandels war begrenzt, und die Preise waren hoch. Aufgrund dieser Erfahrung und zahlreicher Gespräche mit anderen Künstlern erwuchs bei Wolfgang Boesner der Gedanke, selbst aktiv zu werden, Kontakte zu Lieferanten zu knüpfen und ein Unternehmen aufzubauen, das sich mit den Künstlern solidarisch erklärt. Damals war die Zeit reif für neue Ideen innerhalb einer sehr
4 Klaus-Ulrich und Wolfgang Boesner Anfang der 90er-Jahre traditionell ausgerichteten Künstlerbedarfsbranche, stellt er heute rückblickend fest. Seine Vision: ein Geschäftsmodell, das den Bildenden Künstler und die Kunst ganz in den Mittelpunkt der unternehmerischen Aktivitäten rückt. Sein Ziel: die künstlerische Arbeit grundlegend zu erleichtern. Den Grundstein für die Umsetzung seines Vorhabens legte Wolfgang Boesner mit einem kleinen Laden für Künstlermaterialien in Bochum. Nach ersten Anlaufschwierigkeiten steigerte sich bereits dort die Kundenzahl kontinuierlich; die Nachricht von der neuen Verkaufsstätte sprach sich in Künstlerkreisen schnell herum. Es war auch Glück im Spiel und vielleicht die belebende Kraft des Frühlings, die uns in der schwierigen ersten Phase durchhalten ließ, resümiert Wolfgang Boesner heute. Nachdem die Räumlichkeiten in Bochum rasch zu klein geworden waren, weil der Kundenstamm und das Sortiment rasant wuchsen, zog die junge Firma ins nahe gelegene Witten, wo nach wie vor das Stammhaus und die Verwaltung angesiedelt sind stieg sein jüngerer Bruder Klaus-Ulrich Boesner ins Unternehmen ein, das in den Folgejahren von beiden gemeinsam weiter ausgebaut wurde. Zunächst blieb die Anzahl der Mitarbeiter klein: Auf 700 Quadratmetern arbeitete in Witten ein Team von zunächst nur drei Kollegen und einigen handwerklich versierten Helfern in den verwinkelten und mit Regalen ausstaffierten Geschäftsräumen, die deckenhoch mit Tuben, Flaschen und Farbeimern gefüllt waren. Jeder hat tatkräftig mitgeholfen.
5 Wir haben Regale selbst zusammengebaut und eingeräumt, Keilrahmen bespannt, Bilder gerahmt und Waren verschickt, erinnert sich Anke Schürmann. Die heutige Filialleiterin des Wittener Direktverkaufs absolvierte damals als erste Auszubildende bei boesner ihre Lehre zur Groß- und Außenhandelskauffrau. Besonders die ersten Jahre waren von enormer Aufbruchsstimmung und bei noch geringem Organisationsgrad von großer Spontaneität und dem typischen Teamgeist von Gründungsjahren geprägt, bekräftigt Klaus-Ulrich Boesner und erläutert: Es hatte etwas Befreiendes, in der Gesellschaft Sinnvolles zu bewegen und aufzubauen, von Kunst und Kultur nicht nur zu reden, sondern gemeinsam konkret etwas dafür zu tun. Hierbei ging es primär um die Gesellschaft, die Menschen, die Kunst und die Bereicherung der Kultur anstatt um irgendwelche ökonomischen Gewinninteressen. Vielleicht war dies der wichtigste verbindende Grundkonsens aller Verantwortlichen, ohne dass groß darüber gesprochen werden musste Schon 1987 wurde in Köln die zweite Niederlassung eröffnet. In einem beschaulichen Hinterhof im Stadtteil Lindenthal nahm boesner seine Geschäfte in der Metropole am Rhein auf, die von einem regen, urbanen Kunsttreiben und Ereignissen wie der jährlich stattfindenden Kunstmesse Art Cologne geprägt ist. Um die Bekanntheit zu steigern, beauftragte man Künstler, handgeschriebene Plakate in der Innenstadt zu kleben. Als Materialprobe wurde grobes Rohleinen auf einem Bogen Papier befestigt und in der Künstlerschaft verteilt. Nach dem ersten Jahr in Köln füllte sich der Laden zusehends: Kunden kamen von weit her, über die Grenzen Kölns hinaus, blickt Carmen Gieselmann, geschäftsführende Gesellschafterin der Kölner Niederlassung, zurück. Studenten der Kunstakademie Düsseldorf taten sich zusammen und reisten zu Sammelkäufen an, legten Keilrahmenleisten auf dem Boden des Ver-
6 kaufsraums aus, bauten Rahmen zusammen und füllten die Verkaufsräume mit geschäftigem Treiben. Carmen Gieselmann war damals Mitte 20 und wünschte sich helle Verkaufsräume, mit viel Licht, großen Fenstern und ausreichenden Parkmöglichkeiten. Über einen Künstlerkontakt hörte sie vom Gebäude am Girlitzweg, und im April 1990 konnten die neuen Räumlichkeiten bezogen werden. Gleichzeitig entstand unter der Leitung des geschäftsführenden Gesellschafters Wolfgang Reimann die dritte boesner-niederlassung in Forstinning bei München, dem künstlerischen Zentrum im Süden Deutschlands. Seit den 1990er-Jahren ist boesner auf Expansionskurs geblieben zunächst nur im deutschsprachigen Raum, später auch im europäischen Ausland. Strategisch setzt der Groß- und Einzelhändler dabei seit jeher auf die Nähe zu kulturellen Zentren, in deren Umfeld zahlreiche Künstler arbeiten. Die Standorte bieten großzügige Verkaufsflächen mit guter Erreichbarkeit und kostenlosen Parkplätzen. Im ersten Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende setzte man dann zunehmend auf Standorte in direkter Nähe zu Künstlervierteln und Kreativquartieren, wie beispielsweise in Berlin oder in Leipzig, in Paris oder in Wien. Unsere Unternehmensphilosophie beruht auf der Maxime, die Bedürfnisse von Kunstschaffenden besser zu erfüllen. Unser Leitbild Kunst möglich machen mit fairen Preisen und allem, was Kunst braucht gibt die Richtung des unternehmerischen Handelns vor, erklärt Mirko Meurer, seit 2011 Geschäftsführer der boesner GmbH holding + innovations in Witten. Heute ist die boesner-unternehmensgruppe mit ihren rechtlich eigenständigen Niederlassungen unter der jeweiligen Leitung geschäftsführender Mitgesellschafter der führende Groß- und Einzelhändler für Profi-Künstlermaterial, Einrahmungen und Kunstbücher in Deutschland, Österreich, Frankreich und in der Schweiz. Zum Unter-
7 nehmen gehören 37 Standorte, darunter der internationale Versandservice, sowie ein Zeitschriften- und Buchverlag. Der jüngste Standort wurde im März 2012 in der Werkerei Zürich eröffnet einem Schmelztiegel der Kreativwirtschaft. Die durchschnittliche Verkaufsfläche eines boesner-hauses beträgt Quadratmeter und in allen Geschäften sorgen heute insgesamt rund 750 Mitarbeiter dafür, dass die Euphorie des Aufbruchs, mit der die boesner-idee von Beginn an umgesetzt wurde, vor Ort noch immer spürbar ist Alles, was Kunst braucht: das Sortiment Neben der Erweiterung des Niederlassungsnetzes waren Wolfgang und Klaus-Ulrich Boesner von Anfang an bestrebt, Künstlern Materialien zu einem besonders guten Preis-Leistungs-Verhältnis anzubieten. Stellvertretend für viele Produkte seien guardi, dorée-papiere oder Askia-Pinsel genannt. Auch der bespannte Keilrahmen Henry in all seinen Varianten ist ein boesner-artikel der ersten Stunde und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit unter Künstlern. Die Acrylfarbe boesner Acryl Studio wurde 2003 erstmals im Katalog vorgestellt und entwickelte sich ebenso schnell zu einem erfolgreichen Bestseller. Die boesner-produktpalette unterscheidet sich deutlich vom üblichen Marktangebot, beschreibt Mirko Meurer. So finden nur Produkte, die den hohen Anforderungen professioneller Anwender genügen, den Weg ins Sortiment. Darüber hinaus entwickeln wir ständig innovative Materialien und Produkte und stehen dabei in engem Kontakt zu den weltweit führenden Herstellern. Durch sehr hohe Einkaufsvolumina erzielen wir bei unseren Lieferanten günstige Konditionen, sodass wir unseren Kunden dauerhaft günstige Preise garantieren können. boesner setzt in seiner Sortiments-
8 politik auf die starken Marken von Lieferanten mit teilweise sehr langer Tradition, die sich dem großen Anliegen der Kunst verpflichtet fühlen und innovative, verlässliche Erzeugnisse herstellen. Bei einem beträchtlichen Teil der angebotenen Waren handelt es sich aber auch um eigene Entwicklungen. Ideen für neue Produkte gewinnen wir vor allem aus Gesprächen mit Künstlern, doch auch durch Anregungen der Mitarbeiter, die oft selbst künstlerisch tätig sind und sich daher sehr gut in der täglichen Anwendung unserer Produkte auskennen, sagt Innovationsmanager Kai Kirschbaum von der boesner- Holding. Auch Inspirationen von Messebesuchen in den USA oder Italien bringen jedes Jahr frischen Wind ins Sortiment. Wir beobachten den Markt in anderen Ländern und schauen, was im Trend liegt, mit welchen Materialien Künstler dort arbeiten und fragen uns, ob dies auch für uns interessant sein könnte. Derzeit zählt die Angebotspalette über Artikel in den Geschäftsfeldern Künst ermaterial, Einrahmungen und Bücher. Neben unzähligen Farben, Pastellen, Pinseln, Blöcken und Papieren so wie einer schier unbegrenzten Auswahl an Rahmen umfasst das Buchsortiment etwa Titel rund um alle künstlerischen Themen. Damit be gleiten boesner-produkte das Kunstwerk in seiner Entstehung: von der Inspiration zur Idee, zur Materialauswahl und Umsetzung bis hin zur Präsentation, erläutert Mirko Meurer. Orte zwischen Idee und Kunst: die Niederlassungen Seit Ende der 1990er-Jahre runden immer mehr Niederlassungen ihr Angebot mit Work shops und Seminaren oder eigenen Ausstellungen und Lesungen ab. Die Idee,
9 auf diese Weise das über die Jahre erlangte Materialwissen weiterzugeben, entstand schon früh: Künstler, die uns verbunden waren, haben im Geschäft ihre Techniken vorgestellt, etwa Öl- oder Acrylmalerei oder traditionelles Papierschöpfen. Bei unseren Kunden wur den diese Veranstaltungen sehr beliebt, schaut Anke Schürmann zurück. Heutzutage verfügen die meisten boesner-häuser über große Workshop- und Ausstel lungs räume, in denen Ideen geboren und umgesetzt werden. Registrierte Kunden werden von den einzelnen Verkaufsstätten regelmäßig via Infopost über die jeweiligen Ter mine informiert, die darüber hinaus auch auf der Internetseite angekündigt werden im Jahr 2011 immerhin über Veranstaltungen! Die Themen bereiche erstrecken sich von Maltechniken über Druck und Radierung bis hin zu angren zenden Gebieten, etwa dem Selbstmarketing für Künstler oder rechtlichen Fragestellungen All dies trägt dazu bei, dass boesner-niederlassungen weitaus mehr sind als nur Bezugsquellen für Farben, Papiere oder Pinsel: Es sind Orte zwischen Idee und Kunst, Orte der Inspiration. Darüber hinaus stehen der rege Austausch und der verbindliche Kontakt mit den mehreren Hundert Lieferanten, die enge Beziehung zur Kreativ- und Kulturlandschaft, die Verbundenheit der Mitarbeiter zur Kunst und natürlich die Kunden selbst für die kreative Atmosphäre, die jedes boesner-haus auszeichnet. Die Beratung und die Weitergabe wertvoller Tipps liegen den Mitarbeitern besonders am Herzen. In spezialisierten Rahmenwerkstätten setzen sie individuelle Einrahmungen um und tragen auch ausgefallenen Kundenwünschen Rechnung. Die ruhigen Lese-Ecken in den Buchabteilungen ermöglichen ein entspanntes Prüfen der ausgewählten Lektüre, und das Angebot in den gemütlichen Cafés lädt zum Verweilen oder zum Austausch mit anderen Künstlern ein. Fortsetzung auf Seite 50
10 Jeder Mensch ist ein Künstler Zur Aktualität der Aussage von Joseph Beuys von Wolfgang Boesner Joseph Beuys, der Mann mit dem Filzhut, war ein sehr unerschrockener Charakter jemand, der in der Kunst radikal neue Wege gegangen ist. Er hat die Menschen wie kaum ein anderer Künstler vor seiner Zeit polarisiert: Die einen sind glühende Verfechter seiner Theorien und seiner Kunst, die anderen tun ihn auch heute noch ab als Scharlatan, Blender, Provokateur oder Nestbeschmutzer. Eine kleine Badewanne war es, die 1973 einen großen Kunstskandal ausgelöst hat. Joseph Beuys hatte zehn Jahre zuvor eine Babybadewanne u.a. mit Heftpflastern und Mullbinden ausgestattet. Diese Badewanne war dann Teil einer Wanderausstellung des Wuppertaler Von der Heydt-Museums. Zwei besonders emsige Reinigungskräfte suchten im Rahmen einer Veranstaltung nach einer Schüssel zum Gläserspülen, entdeckten in einem La - ger die kleine Badewanne, rückten dem scheinbaren Schmutz mit Bürste und Scheuermitteln zu Leibe. Am Ende erstrahlte die Badewanne im ursprünglichen Glanz. Das Kunstwerk löste sich geradezu im Putzeimer auf. Die Aufregung war groß: Die Raumpflegerinnen waren Heldinnen oder Kunstschänderinnen je nach Blickwinkel.
11 Der Kunstskandal schlug hohe Wellen kaum ein Pressemedium, das das Geschehen nicht genüsslich vor einem ungläubigen Publikum ausbreitete. Die Stadt Wuppertal als Leihnehmer wurde zur Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von DM verurteilt. Beuys bekam durch das Gericht die Badewanne zugesprochen und bearbeitete sie schließlich neu. Ein ähnliches Schicksal widerfuhr 1986 einer Fettecke in der Düsseldorfer Kunstakademie, die von einer Reinigungskraft der Akademie entfernt wurde. Was man sich damals noch nicht vorstellen konnte: Joseph Beuys, dieser Spezialist für Fettecken, Filz und Kaninchenblut, sollte derjenige werden, der den damals gültigen Kunstbegriff vollkommen aus den Angeln hob und revolutionierte. Er sollte auch die Möglichkeiten der Gegenwartskunst wie kein anderer beeinflussen und erweitern. Im Mittelpunkt seiner Ideen und Konzepte steht die Forderung nach der Entwicklung der kreativen Fähigkeiten jedes einzelnen Menschen. Viel diskutiert wird bis heute sein Begriff der Sozialen Plastik : Joseph Beuys sah die Gesamtheit der Gesellschaft als eine Art kollektive Skulptur, die durch individuelles, soziales und politisches Engagement von jedem mitgestaltet werden könne und solle. Bis heute viel zitiert wird auch immer wieder seine These Jeder Mensch ist ein Künstler. Diese These mag im ersten Augenblick eher befremdlich und realitätsfern wirken. Doch sie ist nicht ganz wörtlich zu nehmen es handelt sich vielmehr um eine bewusste rhetorische Zuspitzung. Die Aufmerksamkeit des Publikums war Beuys dadurch sicher. In zahlreichen Vorträgen und Interviews hat Joseph Beuys seine These erläutert und erklärt: Jeder Mensch ist ein Künstler. Damit sage ich nichts über die Qualität. Ich sage nur etwas über die prinzipielle Möglichkeit, die in jedem Menschen steckt Das Schöpferische erkläre ich als das Künstlerische, und das ist mein Kunstbegriff. Jeder Mensch soll also ein potenzieller Künstler sein? Das hört sich schon wesentlich besser an, leichter verständlich, darin steckt Musik, darin könnte ein Stück Wahrheit stecken, ein Stück Realität. Was verbinden wir im Allgemeinen mit dem Begriff Künstler? Weshalb schmeichelt es uns in der Regel, wenn wir von unserer Umgebung als Künstler oder Künstlerin, als Lebenskünstler, als Lebenskünstlerin gesehen werden? Ein kleines 2-jähriges Mädchen macht seine ersten Malversuche mit Buntstiften. Was da entsteht, ist mehr als ungelenk, hat viel Zufälliges. Kein Plan und keine Idee stehen Pate. Und doch ruft irgendein fasziniert dreinschauender Erwachsener aus: Oh, eine Künstlerin! Das Kind blickt auf und denkt sich: Oh, Künstlerin das muss etwas Beson deres sein! Später, das Mädchen ist jetzt vielleicht 15 oder 16 Jahre alt, formuliert es seinen Traumberuf: Künstlerin will sie werden, Schlagersängerin oder Schauspielerin,
12 zumindest aber Topmodel oder vielleicht sogar ganz groß rauskommen mit Deutschland sucht den Superstar. Wenn man Passanten nach Künstlern fragt, werden in der Regel die ganz großen Namen genannt: Leonardo da Vinci, Michelangelo, Rembrandt, Rubens, van Gogh, Picasso und Gerhard Richter, häufig auch Joseph Beuys. Die meisten haben noch nicht darüber nachgedacht, dass das, was landläufig als Kunst gesehen wird, einem stetigen Wandel unterworfen ist. Was heute als Kunst gilt, gilt vielleicht morgen nicht mehr als Kunst und um gekehrt. Kunst muss auch nicht immer die ganz große Kunst sein nicht nur das ist Kunst, was in Galerien und Museen ausgestellt wird. Beuys sagt: Das Schöpferische ist das Künstlerische. Wenn wir uns gedanklich dieser These annähern und nach schöpferischen Menschen Ausschau halten, dann werden wir schnell fündig. Hierzu einige Beispiele, die man in dieser oder ähnlicher Form im Alltag vernehmen kann: Zu jenem Bäcker musst du gehen, seine Kuchen und Torten lassen dich dahinschmelzen. Die Zeit steht still, wenn man diese Kuchen isst. Ein wahrer Künstler, der diese Kuchen backt! Oder die besondere Empfehlung: Dieses Restaurant in der Großstadt vier Wochen vorher musst du Plätze reservieren. Die Lokalität hat nichts Spektakuläres, sie ist eher schlicht und unauffällig. Doch das Essen wird von Künstlern zubereitet, die Speisen haben etwas Magisches. Durch diese Köche entdeckst du Essen und Trinken neu! Der Zauber des Schöpferischen und seine Kraft sind in großen wie in kleinen Dingen präsent. Jetzt im Frühjahr gehen wieder Millionen von Menschen in ihren Garten. Viele sind Hobbygärtner aus Passion. Sie verstehen viel von der Materie, sind Meister der Gartengestaltung. Sie haben einen grünen Daumen und die Bäume, Gewächse und Pflanzen gedeihen prächtig. Wir sind geneigt zu sagen: Wahre Gartenkünstler. Ähnlich verhält es sich mit dem Liebesbrief, den ein junger Mann an seine Angebetete richtet: Seine Zeilen sind mit Herzblut geschrieben, er lässt seine innerste Stimme und Sehnsucht sprechen. Er offenbart sich, liefert sich aus. Der Schreiber wächst über sich hinaus, findet Worte, die so nur er formulieren kann und die so nie wieder formuliert werden können. Er schreibt einen Brief, flammend, voll lebendiger Bilder und erreicht das Herz der Geliebten. Oder etwa in der politischen Diskussionsrunde im Fernsehen: Die Teilnehmer sitzen alle mehr oder weniger steif da. Es werden Phrasen gedroschen, Schubladen gezogen, Nettigkeiten ausgetauscht, manche Ansichten wirken ideologisch, andere weltfremd. Die Argumente sind bekannt und austauschbar. Keiner ist bereit, auch nur einen Deut von seiner Position abzuweichen. Bei den Zu-
13 schau ern breitet sich Langeweile aus. Überraschend durchbricht eine Teilnehmerin die Starrheit, wie sie es anstellt, weiß man nicht. Auf jeden Fall wendet sich das Blatt. Die Diskussion wird lebendiger, man betritt Neuland, neue Gedanken finden Eingang in die Diskussion, einer ergänzt den anderen. Der ein oder andere räumt ein, doch nur einen ganz kleinen Teil der Wahrheit in der Hand zu halten. Die Diskussion wird gewagter, mehr Aspekte werden einbezogen und gewürdigt. Die Zuschauer horchen auf. Die Diskussion wird engagiert, spannend, weil unberechenbar, gar gefährlich. Am Ende können einige sagen: Ich habe mich bewegt, habe Neues erfahren, habe eine neue Erkenntnis und so etwas wie ein Glücksgefühl. Es können auch diese besonderen Momente sein, die das Schöpferische spürbar machen: Eine große Stadt, lauter Straßenverkehr. Es ist Sommer, Gluthitze. Jemand betritt eine Gedenkstätte, eigentlich flüchtet er nur vor der Hitze, möchte sich einen Augenblick im Schatten ausruhen. Drinnen unter der hohen Kuppel herrscht Totenstille. Es ist ziemlich dunkel, denn der Raum hat keine Fenster; nur in der Mitte der Decke befindet sich eine kleinere runde Öffnung. Der Raum ist ganz leer. Nur in der Mitte steht eine Statue aus Marmor. Dabei handelt es sich offensichtlich um ein Kriegsdenkmal: Eine Mutter trauert um ihren Sohn, gefallen im Krieg. Sein lebloser Körper ist in sich eingesackt, sein Kopf ruht in ihrem Schoß. Auf einmal fällt durch die kleine Deckenöffnung ein Sonnenstrahl direkt auf die Statue. Der, der nur den Schatten suchte, erstarrt. Plötzlich ist alles ganz nah: Krieg, Tod, Trauer, Verzweiflung. Die Zeit steht still. Die Hinwendung zum Schöpferischen kann Leben verändern: Nach 40 Berufsjahren tritt ein Maurer in den so genannten Ruhestand. Er setzt sich jedoch nicht zur Ruhe, sondern entdeckt neue Leidenschaften: Kunst, Architektur und Politik. Um sich seinen neuen finanziellen Verhältnissen anzupassen, werden Auto und Haus verkauft. Sein erklärtes Ziel: Bewusst leben, das Leben in die Hand nehmen, die Dinge wahrnehmen und eine aktive Rolle dort spielen, wo noch ein Beitrag geleistet werden kann. Er erfindet sich neu, fühlt sich lebendig und schöpferisch wie noch nie. Ein weiteres Beispiel mag ein Unternehmer sein, der im Rahmen einer Insolvenz fast sein gesamtes Vermögen verloren hat. Er fällt jedoch daraufhin nicht in eine tiefe Depression, sondern ordnet sein Leben insgesamt neu. Ihm wird bewusst: In meinem bisherigen Leben habe ich Besitz, materielle Güter und Unternehmenswachstum ganz in den Mittelpunkt meines Lebens gestellt, das seelische und geistige Wachstum habe ich jedoch sträflich vernachlässigt. Es tut mir sehr leid, was ich damit meiner Frau und meinen Kindern angetan habe. Für alle ist sichtbar: Der Mensch blüht auf, seine schöpferischen Kräfte erwachen. Auch er gewinnt einen neuen Blick auf die Welt und widmet sich voll Leidenschaft neuen Themen.
14 Selbst das Teetrinken kann Kunst sein: Die japanische Teezeremonie gehört zu den japanischen Künsten. Das Wesen dieser Kunst liegt vielleicht darin, dass durch die absolute Hingabe an die Zeremonie innere schöpferische und künstlerische Kräfte geweckt werden. Die Kunst kennt also keine falschen Gegenstände, die sie umkreist: die Art, wie man einen Tee zubereitet, der persönliche Brief an einen alten Schulkameraden, das Gespräch mit einem Nachbarn, das Backen eines Kuchens, das Kümmern eines Arztes um einen Kranken, das Malen eines Bildes. All dies kann nach der eigenen inneren Vorstellung engagiert, unverwechselbar, authentisch und künstlerisch geschehen. Der Stoff, aus dem Kunst entsteht, hat auch mit Geld wenig zu tun. Die wesentlichen Zutaten sind: Neugier, Fantasie, Aufgeschlossenheit, Disziplin und die Vorstellung von neuen Welten. Was macht kreative, schöpferische Menschen aus, wie sind sie zu erkennen? Sie gehen in einer Sache auf. Das, was sie tun, tun sie gerne. Sie sind neugierig auf 1 nach Alexander Jeanmaire: Der kreative Funke. Handbuch für Kreativität und Lebenskunst, ars momentum Kunstverlag Fremdes und Unbekanntes. Sie sind offen für Überraschungen. Sie glauben nicht, alles schon zu wissen. Sie haben den Mut, auch Fehler zu machen und lassen sich von Fehlern nicht entmutigen. Sie haben nicht nur Ideen, sondern setzen diese auch um. 1 Joseph Beuys hat immer daran geglaubt, dass eine Gesellschaft sich dann besonders dynamisch weiterentwickelt und sich nur dann erneuern kann, wenn sehr viele Menschen ihr schöpferisches Potenzial erkennen und leben und sich ihrer Verantwortung bewusst werden. In den letzten Jahrzehnten hat sich in unserer mit sehr vielen Zwängen behafteten Konsum-Kultur sehr viel verändert. Die Menschen sind freier und selbstbewusster geworden. Die Lust am individuellen Ausdruck und an der selbstbestimmten Gestaltung wird immer größer. Materielle Güter haben nicht mehr einen so hohen Stellenwert. Die Gesellschaft ist sensibler geworden gegenüber dem, was ihr fehlt. Die Kunst und die schöpferische Tätigkeit gewinnen einen immer größeren Stellenwert. Immer mehr Menschen wollen heute eigenständiger leben ohne politische und religiöse Bevormundung. Die künstlerische Tätigkeit verspricht nicht nur die Befreiung von öder Routine und entfremdeter Arbeit sie führt auch zu einer Erweiterung des Lebens ganz allgemein.
15 In Anbetracht der Veränderungen und des Wandels kann man durchaus von einem Paradigmenwechsel sprechen. Das Credo dieses Paradigmenwechsels lautet: Qualität statt Quantität Originalität statt Plattheit Tiefe statt Oberflächlichkeit Nähe statt Fremdheit Wirkliche Wahrnehmung statt Flüchtigkeit Kunst statt Abklatsch Erfülltes Leben statt Tristesse Sinn statt Langeweile Freiheit statt Bevormundung. Diese Gedanken möchte ich mit einem Gedicht von Joseph Beuys abschließen. Dieses Gedicht klingt wie das Vermächtnis eines Künstlers, dessen größtes Anliegen es war, seine Mitmenschen zum Künstler-Sein zu ermutigen. Lass Dich fallen, lerne Schlangen zu beobachten, pflanze unmögliche Gärten, lade jemand Gefährlichen zum Tee ein, mache kleine Zeichen, die Ja sagen und verteile sie überall in Deinem Haus. Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit, freue Dich auf Träume. Weine bei Kinofilmen, schaukle so hoch Du kannst mit einer Schaukel bei Mondlicht. Pflege verschiedene Stimmungen, tu es aus Liebe. Glaube an Zauberei, lache eine Menge, bade im Mondlicht. Träume wilde, phantasievolle Träume. Zeichne auf die Wände, lies jeden Tag. Stell Dir vor, Du wärst verzaubert, kichere mit Kindern. Höre alten Leuten zu, freue Dich, tauche ein, sei frei. Preise Dich selbst, lass die Angst fallen, spiele mit allem. Unterhalte das Kind in Dir, Du bist unschuldig, baue eine Burg aus Decken, werde nass, umarme Bäume, schreibe Liebesbriefe. Joseph Beuys 48 49
16 Kunst braucht Inspiration: der Katalog und andere Medien Die Erfolgsgeschichte des bis heute umfassendsten Nachschlagewerks für die Praxis von Kunstschaffenden begann im Jahr 1986: Der erste boesner-katalog erschien zu nächst in Schwarz-Weiß auf nur 50 Seiten, verfasst auf einer Schreibmaschine und mit handgezeichneten Skizzen. Mit der stetig wachsenden Produktpalette und der steigenden Nachfrage ging auch eine Erhöhung der Seitenzahl und der Auflage einher. Zwölf Jahre nach Erscheinen der ersten Ausgabe wurde die Materialbibel erstmals als Farbdruck veröffentlicht mit großen Abbildungen, Zeichnungen und Farbtabellen. Im Jahr 2002 umfasste das bis dato zu einem stattlichen Kompendium angewachsene Medium erstmals über Seiten. Wie in den letzten Jahren erschien auch dieses Jahr im April der boesner-katalog 2012/2013 als Jubiläumsausgabe im besonderen Design und mit zahlreichen Highlights: So gratulieren etwa namhafte Künstler zum 30-jährigen Jubiläum und überbringen ihre ganz persönlichen Glückwünsche und Gedanken zum Thema Künstlermaterial: Era Freidzon, Günter Grass, Bruno Griesel, Leiko Ikemura, Jonathan Meese, Mike Meiré, Peter Piller, Christoph Platz, Willy Puchner, Thomas Rentmeister, Ina Riepe, Johannes Stüttgen und Georges Wenger. Auf Seiten lädt der Katalog dazu ein, neue und traditionelle Produkt welten zu entdecken, sich ins pirieren zu lassen, aber auch in der boesner-chronik einen Blick auf die Geschichte zu werfen. Jahr für Jahr erarbeitet das Team der Mediendesigner in der boesner-holding gemeinsam mit Fotografen, Autoren und Lektoren das Design des jeweiligen Katalogs. Kurz nach Erscheinen der aktuellen Ausgabe beginnen die Vorbereitungen für diejenige
17 des folgenden Jahres. Wir planen beispielsweise Atelier-Fotoshootings, bei denen wir Künstlern über die Schulter schauen und zeigen, wie sie arbeiten. Wir erarbeiten aber auch gemeinsam mit Künstlern Ideen für die großen Installationsabbildungen, und natürlich müssen viele Hundert Artikel fotografiert und in Szene gesetzt werden, erklärt Abteilungsleiterin Bianca Voss die Arbeit ihres Teams. Parallel dazu läuft die Sortimentsarbeit im Category Management der boesner-holding unter der Leitung von Gerd Ingendae: Produktvorschläge werden geprüft, in das Warenangebot aufgenommen oder ausgelistet. Für den aktuellen Katalog hat das Wittener Team zahlreiche neue Erzeugnisse entdeckt und mitentwickelt Längst hat das Sortiment auch das Internet erobert: Seit einigen Jahren ist es auch über einzusehen und zu bestellen. Neben den Niederlassungen ist der boesner Versandservice ein wichtiges Standbein der Unternehmensgruppe: Kunden, die ihre Künstlermaterialien nicht vor Ort kaufen können oder möchten, haben die Möglichkeit, sich mittels Katalog über das gesamte Sortiment zu informieren. Im Internet sind unter auch Beiträge über Kunstschaffende zu sehen, die sich bei der Arbeit beobachten und den Zuschauer mit Hinweisen aus ihrem Erfahrungsschatz an ihrem Wissen teilhaben lassen. Abgerundet wird dieses Angebot durch hauseigene Medien, die in regelmäßigen Abständen in der Wittener Holding herausgegeben werden. Die Kunstzeitschrift KUNST & material erscheint seit Sommer 2007 im Acht-Wochen-Rhythmus mit einer Auflage von Exemplaren in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Das Heft liefert nicht nur eine inspirierende Themenfülle, sondern informiert auch über aktuelle Kunstthemen und -termine. Erhältlich ist KUNST & ma terial kostenlos in allen Niederlassungen oder im Abonnement.
18 Der über Seiten starke Band Kunstwelten ist 2011 zum ersten Mal erschienen und stellt einhundert ausgewählte Künstler aus unterschiedlichen Bereichen der Bildenden Kunst vor. Das Buch spiegelt damit die zeitgenössische Kunst im deutschsprachigen Raum wider. Das Kompendium wird durch Fachbeiträge von Dieter Bege mann, Klaus Honnef, David Hornemann v. Laer und Wolfgang Ullrich ergänzt. Nach dem Erfolg der ersten Ausgabe wird im September 2012 eine zweite Ausgabe erscheinen. Der jüngste Standort: Zürich Die neueste boesner-niederlassung hat Ende März 2012 ihre Pforten in der Werkerei in Zürich eröffnet: inmitten der Zürcher Kreativwirtschaft und auf einer Fläche von knapp Quadratmetern, eingerichtet von der geschäftsführenden Gesellschafterin Ulrike Berger und ihrem Team. Die Niederlassung führt das vollständige Sortiment und hält eine riesige Auswahl an Bilderrahmen und Leisten sowie eine gut sortierte Kunstbuchabteilung bereit. In einer Projektwoche der F+F Schule für Kunst und Mediendesign in Zürich haben Studierende großformatige Bilder gestaltet, die anlässlich der Eröffnung an der Fassade der neuen Niederlassung präsentiert wurden. Die Vernissage der Kunstwerke fand im Rahmen der feierlichen Pre-Opening-Veranstaltung statt. Die Eröffnung wurde zudem durch eine spannende Kampagne im Internet unter dem Titel Jeder Mensch ist ein Künstler Auch du begleitet, bei der binnen kürzester Zeit zahlreiche boesner-fans ihre eigenen Kunstwerke auf facebook präsentiert haben. Mehr Informationen:
19 Kunst möglich machen: ein Ausblick Aus der Idee, ein Unternehmen zu gründen, das Künstlern die Arbeit erleichtert, ist in drei Dekaden Europas größter Künstlermaterial-Spezialist geworden. Gefragt, welche Entwicklungslinien er für die Zukunft sieht, antwortet Holding-Geschäftsführer Mirko Meurer: Kunst gilt oft als Seismograf und manchmal auch als Auslöser gesellschaft licher Veränderungen. Wir hören und schauen hin, beobachten, welche Entwicklung die Kunst vollzieht Die Vielfalt der Themen, Ausdrucksformen und Materialien, die Künstler für ihre Arbeit nutzen, war nie größer als heute. Das Internet erschließt neue Möglichkeiten, Kunst zu präsentieren und zu vermarkten und bietet immer mehr Menschen aller Altersgruppen die Chance, ihr Interesse an Kunst und Kreativität auszudrücken und zu teilen. Zugleich stellen gesellschaftliche und politische Veränderungen sicher geglaubte Überzeugungen in Frage und verstärken das Bedürfnis nach Tradition und Bewahrung. So rücken auch vergessen geglaubte künstlerische Techniken und Formen wieder in den Vordergrund des Interesses. Der Trend zur Digitalisierung und Entmaterialisierung wird balanciert durch den Wunsch, Praktisches und Greifbares zu produzieren und auch in gesellschaftlichen Belangen die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Mirko Meurer: In Zeiten der Veränderung verändern sich die Blickwinkel und entstehen Chancen, Kunst, Kultur und Kreativität in neuem Kontext zu interpretieren. Für boesner bedeutet dies, sein Sortiment kontinuierlich zu erweitern, neue Materialbereiche hinzuzufügen und alle Möglichkeiten des Internets für das Angebot und die Präsentation seiner Produkte zu erschließen. boesner wird daher auch zukünftig sich und seinem Selbstverständnis treu bleiben: Kunst möglich machen. Mit preiswertem Material und allem, was Kunst braucht.
20 Treffpunkte für die Kunst die Niederlassungen Ob in Deutschland und Österreich, in Frankreich oder in der Schweiz es gibt kaum Orte, an denen sich ständig so viele Menschen treffen, deren Stärke es ist, mit ihrem Schaffen das Neue in die Welt zu bringen. Die Niederlassungen bilden die Basis des Erfolgs von boesner. Dabei sind sie weitaus mehr als nur Verkaufsstätten boesner-häuser bieten alles, was Kunst und Kreativität brauchen. Die besondere Atmosphäre lädt ein zu inspirativen Momenten beim Stöbern durch das Sortiment, im Austausch mit anderen Künstlern oder beim Verweilen in anregendem Umfeld: Umgeben von hoch wertigem Künstler - material, beim Gespräch im Café oder bei der gemütlichen Lektüre von Zeitschriften und Büchern in den Lese-Ecken der umfangreichen Buchabteilungen. Den Mitarbeitern liegt eine professionelle Beratung im Hinblick auf die Wünsche der Kunden besonders am Herzen. Sie sind vielfach selbst künstlerisch aktiv und geben ihr Know-how gern weiter. Die Spezialisten in den Rahmenabteilungen sind bei der Auswahl des geeigneten Passepartouts, spezieller Rahmenanfertigungen oder konservatorischer Gläser gern behilflich denn Einrahmung ist Vertrauenssache. Das gesamte Sortiment von Artikeln ist auch über den boesner Versandservice erhältlich, der telefonisch oder per Fax montags bis samstags erreichbar ist. Noch bequemer ist die Bestellung über den Online-Shop der 24 Stunden rund um die Uhr zur Verfügung steht Der Weg zur Kunst ist einfach zu finden: boesner gibt es 37 Mal in Europa
21 Die boesner-häuser, ihr Gründungsjahr, ihre Geschäftsführung: Witten 1985 Martina Kalbe 2 Köln 1987 Carmen Gieselmann 3 Forstinning 1989 Stefan Christl 4 Witten 1994 Jörg Vester 5 Unterentfelden (CH) 1994 Ulrike Berger 6 Leinfelden-Echterdingen 1997 Georg F. Schauer 7 Frankfurt am Main 1998 Jochen Schmelzer 8 Berlin-Marienfelde 1999 Michael Harnacke 9 Wien (A) 1999 Sascha Kuntel 10 Hamburg 2000 Markus Feldmüller 11 Bordeaux (F) 2001 Stephan Kinseher 12 Glinde 2001 Markus Feldmüller 13 Nürnberg 2002 Stefan Christl 14 Hannover 2003 Nikolaus von der Assen 15 Freiburg 2004 Frank Brauer 16 Perl 2004 Christoph Schmelzer 17 Graz (A) 2004 Sascha Kuntel 18 Augsburg 2005 Stefan Christl 19 Bremen 2005 Nikolaus von der Assen 20 Dresden 2005 Michael Harnacke 21 Karlsruhe 2005 Georg F. Schauer 22 Leipzig 2005 Michael Harnacke 23 Neu-Ulm 2005 Roland Oppitz 24 Oldenburg 2005 Nikolaus von der Assen 25 Osnabrück 2005 Nikolaus von der Assen 26 Paris I (F) 2005 Loïc Thibaut 27 Berlin-Prenzlauer Berg 2006 Michael Harnacke 28 Düsseldorf 2006 Christoph Klümpen 29 Münster 2006 Martina Kalbe 30 Münchwilen (CH) 2006 Hansueli Berger 31 Aarberg (CH) 2007 Ulrike Berger 32 Bad Reichenhall 2008 Stefan Christl 33 Mutterstadt 2008 Jochen Schmelzer 34 Trier 2008 Christoph Schmelzer 35 Berlin-Charlottenburg 2009 Michael Harnacke 36 Paris II (F) 2011 Loïc Thibaut 37 Zürich 2012 Ulrike Berger 54 55
22 Zum 30-jährigen Unternehmensjubiläum vergibt boesner in diesem Jahr erstmalig einen Kunstpreis und würdigt damit herausragende Leistungen der bildenden Kunst. Die Fachjury aus Kunstwissenschaftlern, Kuratoren und Museumsfachleuten hat aus rund Bewerbungen aus 60 Nationen ausgewählt. Die ersten drei Preise vergibt die Jury an Monika Grzymala ( Euro), Christian Henkel (5.000 Euro) und Peter Pumpler (2.500 Euro). Den Sonderpreis der Jury (1.500 Euro) erhält Naho Kawabe für Ihre Arbeit Sealed. Wir sind überwältigt von der Vielzahl qualitativ und innovativ hochwertiger Arbeiten, die eingereicht wurden. Mit dem boesner art award möchten wir uns vor der Kunst verbeugen und den Künstlern Danke sagen, erklärt Unternehmensgründer Wolfgang Boesner. 30 Jahre boesner wären nicht möglich gewesen ohne die Mitwirkung der Kunstschaffenden, ohne das lebendige Miteinander von Künstlern und Unternehmen. Die feierliche Preisverleihung findet am 23. No vember 2012 in Kooperation mit dem Märkischen Museum Witten statt. Anschließend sind dort die Siegerarbeiten sowie weitere ausgewählte Werke aus den Bewerbungen bis zum 3. Februar 2013 im Rahmen einer Sonder ausstellung zu sehen. Eine exklusive Katalogpublikation wird den boesner art award 2012 begleiten. Den ersten Platz belegt die Installationskünstlerin Monika Grzymala. Sie überzeugte die Jury mit ihren temporären Raumzeichnungen, in denen Materialien wie handgeschöpfte Washi-Papiere, Klebeband, Blätter und Zweige Verwendung finden. Der Moment, wenn Zeichnung in den Raum tritt und die Linie zur Skulptur wird fasziniert Monika Grzymala, die nach ihrer Berufsausbildung zur Steinbildhauerin und Restauratorin an den Kunsthochschulen Karlsruhe, Kassel und Hamburg Bildende Kunst und Bildhauerei studierte. Derzeit bereitet sich die Künstlerin mit einem neuen ortsspezifischen Projekt auf die Teilnahme an der 18. Sydney Biennale 2012 vor. Webseite der Künstlerin
23 Christian Henkel belegt mit seiner Serie Amateur Standard den zweiten Platz. Hier verwendet der 35-Jährige zum Großteil gebrauchte Alltagsgegenstände gesellschaftlichen Abfall, der einer Neukontextuierung unterzogen wird, beschreibt Christian Henkel. So komponiert der Künstler differenzierte Assemblagen, in denen Holz und Metall, aber auch selbst gegossene Bronze, Keramik und Hinterglasmalerei zum Einsatz kommen. Christian Henkel studierte an der Hochschule für Bildende Künste Dresden Bildhauerei. Seine Arbeiten wurden jüngst unter anderem in der Schau Kunstpreis Junger Westen der Stadt Recklinghausen und im Kunstpavillon Innsbruck präsentiert. Webseite des Künstlers: Virtuosen Umgang mit der reinen Farbe zeigt Peter Pumpler (49), dem die Jury den dritten Platz zuerkannte. Seine innovativen Farbkompositionen knüpfen an gestische Traditionen an, die Acrylfarbe selbst wird zum Bild. Sein künstlerischer Ansatz macht zum Teil den konventionellen Bildträger überflüssig, der innovative Zugriff auf das Material erzeugt bewusste Spuren: Die Farbe verlässt die begrenzte Fläche, erobert den umgebenden Raum und führt den Werkprozess deutlich vor Augen. Peter Pumpler studierte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karls ruhe sowie der Hochschule für Bildende Kunst Braunschweig. Seine Arbeiten waren unter anderem in Porto Alegre (Brasilien), in New York so - wie in Frankfurt zu sehen. Webseite des Künstlers: Mit ihrer Bodeninstallation Sealed überzeugte die japanische Künstlerin Naho Kawabe die Jury, sodass ihre Arbeit mit einem Sonderpreis ausgezeichnet wird. Naho Kawabe arbeitet in Sealed als wesentliches Gestaltungsmerkmal mit un fixiertem Holzkohlestaub, der im Muster exotisch wirkender Spitzen das ein fließende Licht nicht reflektiert und die Wahrnehmung auf die Probe stellt. Die 36-Jährige begann ihre Ausbildung an der Musashino Art Universität in Tokio und führte ihre Studien bis zum Diplom an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg fort. Installationen von Naho Kawabe sind momentan in Osaka (Japan, Port Gallery T) und in Hamburg (Kunsthaus und FRISE, mit The Bee to Bee Net) zu sehen. Webseite der Künstlerin:
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