Elektrische Betriebsmittel auf der Baustelle Segen oder Fluch?
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- Berndt Bruhn
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1 Elektrische Betriebsmittel auf der Baustelle Segen oder Fluch? Einerseits ist ein effizienter Gerüstaufbau ohne den Einsatz elektrischer Betriebsmittel heutzutage nicht vorstellbar, andererseits gibt es eine ganze Reihe von Vorschriften, die einzuhalten sind. Im Wesentlichen werden sie in der berufsgenossenschaftlichen Information 608 (BGI608) behandelt. Sie erläutert die Auswahl und den Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel auf Baustellen. Wichtig ist zu erkennen, dass es hierbei nur um Vorschriften geht, die für Bau- und Montagearbeiten auf einer Baustelle gültig sind. Abbildung 1: Warnung vor gefährlicher elektrischer Spannung Was sind elektrische Betriebsmittel? Klären wir zunächst einmal den Begriff elektrisches Betriebsmittel. Elektrische Betriebsmittel im Sinne der berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschrift A3 sind alle Gegenstände, die als Ganzes oder in einzelnen Teilen dem Anwenden elektrischer Energie (z.b. Gegenstände zum Erzeugen, Fortleiten, Verteilen, Speichern, Messen, Umsetzen und Verbrauchen) oder dem Übertragen, Verteilen und Verarbeiten von Informationen (z.b. Gegenstände der Fernmelde- und Informationstechnik) dienen. Den elektrischen Betriebsmitteln werden Schutz- und Hilfsmittel gleichgesetzt, soweit an diese Anforderungen hinsichtlich der elektrischen Sicherheit gestellt werden. Ortsfeste und ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel Eine weitere Unterscheidung ist die der ortsfesten elektrischen Betriebsmittel von den ortsveränderlichen elektrischen Betriebsmitteln. Als ortsfeste elektrische Betriebsmittel bezeichnet man Einrichtungen, die nicht so leicht bewegt werden können, Beispiele aus der Gerüstbaupraxis sind ein Baustromverteiler oder ein Gerüstbauaufzug. Ortveränderliche elektrische Betriebsmittel kann man während des Betriebes bewegen oder leicht von einem Platz zum anderen bringen, während sie an den Stromkreis angeschlossen sind. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, sind folgende Beispiele zu nennen: Winden, Aufzüge, Bohrmaschinen, Handmaschinen zur Holzbearbeitung, Bauleuchten, Kabeltrommel, Verlängerungskabel usw.
2 Speisepunkte Mit Speisepunkt bezeichnet man die Schnittstelle zwischen dem Versorgungsnetz und der Baustelle. Elektrische Betriebsmittel auf Baustellen dürfen nur von besonderen Speisepunkten aus betrieben werden. Besondere Speisepunkte sind: Baustromverteiler Der Baustelle zugeordnete Abzweige ortsfester elektrischer Anlagen Transformatoren mit getrennter Wicklung Ersatzstromversorgungsanlagen Steckdosen in Hausinstallationen dürfen nicht verwendet werden!!! Speisepunkte für kleine Baustellen An den Begriff kleine Baustelle sind zwei Bedingungen geknüpft: 1. Elektrische Betriebsmittel dürfen nur einzeln benutzt werden. 2. Nur Bauarbeiten geringen Umfanges (kleiner 100 Arbeitsstunden) dürfen durchgeführt werden. Erfüllt man diese beiden Bedingungen, so dürfen als Speispunkte auch Kleinstbaustromverteiler, Schutzverteiler oder ortsveränderliche Schutzeinrichtungen eingesetzt werden. Speisepunkte für kleine Baustellen, (Kleinstbaustromverteiler, Schutzverteiler oder ortsveränderliche Schutzeinrichtungen) dürfen über Steckvorrichtungen in Hausinstallationen betrieben werden!!! Kleinstbaustromverteiler, Schutzverteiler oder ortsveränderliche Schutzeinrichtungen haben allesamt einen eigenen Fehlerstromschutzschalter, im Sprachgebrauch auch FI-Schalter genannt. Sie überwachen nachgeschaltete elektrische Betriebsmittel und verhindern das gefährliche Stromflüsse dauerhaft fließen können. Die gefährliche Berührungsspannung wird innerhalb von Sekundenbruchteilen abgeschaltet. Die Kleinstbaustromverteiler haben sich aufgrund ihrer schwierigen Anwendung (es muss eine eigene Erdung z.b. mit einem Erdspiess erfolgen) nicht durchgesetzt.
3 Schutzverteiler sind da schon eher geeignet, sie dürfen mit maximal vier Steckdosen (230V/16A) und einer Steckdose (400V/16A fünfpolig) ausgestattet sein. Abbildung 2: Kleinstbaustromverteiler In der Praxis der Tagesbaustellen in Gerüstbaubetrieben haben sich die ortsveränderlichen Schutzeinrichtungen bewährt. Dies sind Schutzschalter, die zwischen dem einzusetzenden Betriebsmittel und der Steckdose in der Hausinstallation verwendet werden. Sie müssen der DIN VDE 0661 entsprechen und mit zusätzlicher Überwachung von Spannung auf dem Schutzleiter, Bruch des Schutzleiters und Aufrechterhaltung der Schutzleiterfunktion bei Fremdspannung ausgestattet sein. Diese Geräte werden auch PRCD-S-Geräte genannt, was eine englische Abkürzung ist und wie folgt übersetzt werden kann: PRCD = Portable Residual Current Device (dt.: tragbare Reststromeinheit); S = safety (dt.:sicherheit). Sie besitzen einen Ein- und Ausschalter sowie einen Schalter für die Testfunktion. Auf der einen Seite befindet sich der Netzstecker für den Anschluss in die Hausinstallation, auf der anderen Seite ist eine Steckbuchse zum Anschluss der zu betreibenden elektrischen Betriebsmittel. Die Bedienungsanleitungen der unterschiedlichen Hersteller sind zu beachten. Abbildung 3: PRCD-S-Gerät
4 Kabeltrommel Kabeltrommeln werden im Vorschriftendeutsch als Leitungsroller bezeichnet. Kabeltrommeln müssen aus einer Gummischlauchleitung vom Typ H07RN-F oder gleichwertig bestehen. schutzisoliert sein; Tragegriffe, Kurbelgriffe und Trommelgehäuse müssen aus Isolierstoff bestehen oder damit überzogen sein mit einer Überhitzungsschutzeinrichtung ausgerüstet sein. ausreichende mechanische Festigkeit für den Einsatz unter erschwerten Bedingungen aufweisen. mindestens der Schutzart IP X 4 entsprechen, was bedeutet mindestens Spritzwasser geschützt (die Steckdosen sind mit Schutzklappen versehen). Solche Kabeltrommeln gehören nicht auf die Baustelle!!! Diese Kabeltrommel entspricht nicht den vorgehend dargestellten Vorgaben: Der Tragegriff ist nicht schutzisoliert, die Steckdosen sind nicht mit Spritzschutzklappen versehen und die Gummischlauchleitung entspricht nicht dem Typ H07RN-F. Abbildung 4: Eine für die Baustelle unzulässige Kabeltrommel
5 Bauleuchten Bauleuchten müssen der VDE entsprechen. zusätzlich mindestens der Schutzart IP 23 entsprechen (Schutz gegen Berührung mit den Fingern und mittelgroße feste Fremdkörper, Schutz gegen Sprühwasser aus senkrechter Richtung und schrägen Richtungen bis herunter zu 30 über der Waagerechten). als Bodenleuchten mindestens der Schutzart IP 55 entsprechen (Schutz gegen Berührung mit Hilfsmitteln jeglicher Art und schädliche Staubablagerungen im Innern, Schutz gegen Strahlwasser). als bewegliche Netzanschlussleitung eine Gummischlauchleitung vom Typ H07RN- F oder gleichwertig für rauen Betrieb geeignet sein (siehe Symbole > Hammer) als Handleuchten der Schutzklasse II oder III entsprechen; Körper, Griff und äußere Teile der Fassung müssen aus Isolierstoff bestehen. Handgeführte Elektrowerkzeuge Handgeführte Elektrowerkzeuge müssen mindestens der Schutzart IP 2 X entsprechen (Schutz gegen Fremdkörper und Staub (>12mm). als bewegliche Netzanschlussleitung aus einer Gummischlauchleitung vom Typ H07RN-F oder gleichwertig bestehen, bis 4m Leitungslänge kann auch der Typ H05RN-F ausreichend sein. für rauen Betrieb geeignet sein (siehe Symbole > Hammer). bei besondere Umgebungsbedingungen und besonderen Betriebsbedingungen geschützt werden, z.b. Wetterschutz, Schutzhauben, Verwendung von Schutzkleinspannungen oder Schutztrennung.
6 GS-Prüfzeichen Berufsgenossenschaftliche Prüfstelle: Fachausschuss Elektrotechnik EG-Konformitätszeichen (CE-Zeichen) Doppelte oder verstärkte Isolierung (Schutzklasse II) Für rauen Betrieb Tropfwassergeschützt Sprühwassergeschützt Regenwassergeschützt Spritzwassergeschützt Strahlwassergeschützt Wasserdicht Abbildung 5: Wichtige Symbole auf elektrischen Betriebsmitteln für Gerüstbaubetriebe Prüfung der elektrischen Betriebsmittel Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel auf Bau- und Montagestellen sind regelmäßig auf ordnungsgemäßen Zustand zu prüfen. Dies ist von einer Elektrofachkraft oder bei Verwendung geeigneter Prüfgeräte von einem elektrotechnisch unterwiesenen Mitarbeiter unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft durchzuführen. Die Festlegung der Prüffristen gehört zur Unternehmerverantwortung. Die Festlegung wird in der Gefährdungsbeurteilung dokumentiert. Die BGI 608 Auswahl und Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel auf Baustellen gibt in einer Tabelle bei normaler Beanspruchung im Hochbau einen Richtwert von sechs Monaten vor. Liegt die auftretende Fehlerquote bei der Prüfung unter 2%, kann die Prüffrist verlängert werden. Die Prüfung ist auf dem elektrischen Arbeitsmittel in Form eines Aufklebers zu dokumentieren. Zudem sollte man die Prüfergebnisse auf Listen dokumentieren. Die Zuordnung erfolgt am einfachsten über die Serien- oder Gerätenummer. Eine Prüfpflicht eines jeden Mitarbeiters vor Gebrauch der elektrischen Betriebsmittel ist weiterhin verpflichtend vorgeschrieben.
7 Fazit: Steckdosen in Kellern, Hausfluren oder Wohnungen sind tabu. Sie können nur unter Zwischenschaltung von Schutzverteilern oder ortsveränderlichen Schutzeinrichtungen und den Vorgaben der kleinen Baustellen genutzt werden. Elektrische Betriebsmittel sollten bevor sie auf die Baustelle gebracht werden, auf sichtbare Schäden geprüft werden. Nur wer mängelfreie und geprüfte elektrische Betriebsmittel auf der Baustelle verwendet, kann einen reibungslosen Bauablauf gewähren. Elektrische Unfälle, Stillstandzeiten und unproduktive Stunden lassen sich vermeiden, wenn die Mitarbeiter im strukturierten Umgang mit den elektrischen Betriebsmitteln unterwiesen und eingewiesen sind. Regelmäßige Prüfungen sorgen nicht nur für elektrische Betriebssicherheit, sie verschaffen dem Gerüstbauunternehmer auch den Überblick über den Bestand und den Zustand der elektrischen Betriebsmittel. Literatur: 1) Berufsgenossenschaftliche Vorschrift A3 Elektrische Anlagen und Betriebsmittel 2) Berufsgenossenschaftliche Information 608 Auswahl und Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel auf Baustellen 3) basik-net aktuell, Ausgabe September 2009 Stromversorgung auf der Baustelle Abbildungen: Alle Grafiken / Tabellen wurden durch VR Arbeitssicherheit im Gerüstbau erstellt. Die Bilder stammen aus dem eigenen Archiv oder wurden mir freundlicherweise für die Veröffentlichung freigegeben.
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