Grundlagen der Informatik
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- Waldemar Meyer
- vor 7 Jahren
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1 Grundlagen der Informatik Polymorphie, Abstrakte Klassen, Mehrfachvererbung Prof. Dr.-Ing. Thomas Wiedemann Prof. Dr. rer.nat. Ralph Großmann Fachgebiet Informatik / Mathematik Überblick zum Inhalt Klassen-3 Polymorphie Beispiele zur Polymorphie Abstrakte Klassen - rein virtuelle Funktionen Mehrfachvererbung 2 1
2 Polymorphie in Klassenhierarchien Unter Polymorphie in der OT versteht man das dynamische Binden von Elementfunktionen. Damit wird erst zur Laufzeit festgestellt, welche Elementfunktion zu einer Klasse gehörig an einer bestimmten Stelle aufzurufen ist. Dies wird durch den Klassenkontext (Objekt) ermittelt. Der Normalfall ist die statische Bindung einer Elementfunktion zur Compilezeit. D.h. der Compiler legt fest, welche Elementfunktion gerufen wird. Dadurch lässt sich bei Vererbung die Nutzung einer anderen, der Klassenzugehörigkeit des Objektes entsprechenden Elementfunktion nicht mehr erreichen. Die Auswahl der Bindungsverfahren einer Methode muss dem Compiler durch die Direktive virtual angezeigt werden. 3 Beispiel: Polymorphie in Klassenhierarchien (statisches Binden) class A //Basis-Klasse {public: void Druck(){cout<< Klasse A ;} void Nachricht(){cout<< Nachricht von ; Druck() ;}}; class B : public A //abgeleitete Klasse {public: void Druck(){cout<< Klasse B ;} }; }; void main() {A a; B b; a.nachricht(); b.nachricht(); } Der Compiler bindet statisch den Aufruf Druck()! FALSCH! d.h. es wird bei INKORREKT ausgegeben: Nachricht von Klasse A Nachricht von Klasse A 4 2
3 Polymorphie in Klassenhierarchien (dynamisches Binden) Durch Einfügen der Compilerdirektive virtual wird ein dynamisches Binden erzwungen: class A //Basis-Klasse {public: virtual void Druck(){cout<< Klasse A ;} void Nachricht(){cout<< Nachricht von ; Druck() ;}}; class B : public A //abgeleitete Klasse {public: void Druck(){cout<< Klasse B ;} }; }; void main() {A a; B b; a.nachricht(); b.nachricht(); } d.h. es wird bei KORREKT ausgegeben: Nachricht von Klasse A Nachricht von Klasse B 5 Polymorphie in Klassenhierarchien (dynamisches Binden) Der Compiler erzeugt ein dynamisches Binden über die sogenannte Virtual Address Table Technik. Die Einsprungadresse der Elementfunktion wird erst zur Laufzeit anhand des Objektes ermittelt. Durch die Anwendung a.nachricht(); wird die Elementfunktion Druck() der Klasse A benutzt während bei Anwendung auf eine Objekt b.nachricht(); der Klasse B die Elementfunktion Druck() der Klasse B benutzt wird. Die Ermittlung der jeweiligen Einsprungadresse kostet Zeit und verschlechtert damit die Performance der Applikation. Virtuelle Methoden sollten mit Bedacht eingesetzt werden! 6 3
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6 Nutzung der Polymorphie in Anwendungsprogrammen Der Aufruf verschiedener Klassenmethoden aus einer Hierarchie über eine Schleife ist die Basis vieler Verwaltungsstrukturen. Beispiel: Bildschirmaktualisierung bei grafische Systemen Voraussetzung: alle Grafikobjekte (vgl. Grafikhierarchie / Windows) sind in einer Liste oder Vektor gespeichert und verfügen über die gleiche virtuelle Methode draw() zum Zeichnen. Da kann eine Gesamtaktualisierung erfolgen mit : for (i =0; i<= GraficObjectNumber ; i++ ) { if ( Grafikpointervector[i]!= NULL ) Grafikpointervector[i]->draw(); } => sehr schnell und effizient, leicht erweiterbar durch neue, auch noch unbekannte Klassen in der Hierarchie 11 Aufrufreihenfolge der Konstruktoren und Destruktoren Bei der Konstruktion von Objekten gibt es eine exakt definierte Reihenfolge, in der die Konstruktoren der Basisklassen und der Elemente aufgerufen werden. (Die hier vorgegriffene Mehrfachvererbung wird nachfolgend behandelt: ) Gegeben sei folgende Klassendeklaration class A : public B, public C, public D { public: A() : C(45), b(5.3) {} protected: int a; double b; public: char c; }; Die Aufrufreihenfolge ist dann wie folgt: 1. Es werden die Konstruktoren der Basisklasse in der Reihenfolge ihrer Deklaration aufgerufen (B()->C()->D()) 2. Die Konstruktoren der Elemente werden ebenfalls in der Reihenfolge ihrer Deklaration aufgerufen (int()->double()->char()). 3. Schließlich wird der Konstruktor der Klasse selber aufgerufen (A()) Der Aufruf der Konstruktoren der Basisklasse C und des double-konstruktors mit expliziten Parametern ändert nichts an dieser Reihenfolge. Die Destruktoren werden später in umgekehrter Reihenfolge aufgerufen. 12 6
7 5. Begriff Abstrakte Klasse Definition: Als Abstrakte Klasse wird eine Klasse bezeichnet, von der keine Objekte erzeugt werden können. Diese Klassen sind also nicht vollständig genug, um Exemplare zu instanziieren. Abstrakte Klassen entstehen häufig durch Generalisierung im Entwurfsprozess von Klassenhierarchien. Abstrakte Klassen werden als Basisklasse von Hierarchien zur Definition von Schnittstellen eingesetzt. 13 Begriff rein virtuelle Funktion Die Schnittstellen stellen Methoden-Schnittstellen für den Nutzer dar. Durch Vorgabe von rein virtuellen Methoden in der Abstrakten Klassen soll erreicht werden, dass jede Klasse diese Methoden redefiniert, jeweils mit einer der Klasse angepassten Funktionalität. Der Anwender einer abstrakten Klasse wird faktisch gezwungen, die virtuellen Methoden zu überschreiben! Falls keine Redefinition erfolgt, ist auch die neue Klasse abstrakt! Definition: Als rein virtuelle Funktion bezeichnet man eine Elementfunktion mit folgender Definitionsanweisung: virtual <typ> <name>(<param_liste>)=0; Bsp.: virtual void print()=0; 14 7
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10 Mehrfache Vererbung Bisher wurden immer Hierarchien von Klassen aufgebaut. In bestimmten Fällen sind aber auch Kombinationen von Klassen zu einer neuen "Superklasse" sinnvoll, welche die Eigenschaften der Basisklassen in sich vereinigt. Eine einfache Option wäre der Einschluß von existierenden Klassen als Elementobjekte. Nachteilig ist dabei jedoch der zusätzliche Spezifikationsaufwand beim Aufruf der Methoden und eventuelle Probleme bei gegenseitigen Zugriff auf die jeweils anderen Objektdaten. In C++ wird deshalb das Konzept der Mehrfachvererbung unterstützt, welche eine echte Kombination mehrerer Klassen zu einer neuen Klasse bewirkt. In der Praxis ist die Mehrvererbung teilweise umstritten, da neben den Vorteilen auch einige Konflikte durch die Kombination auftreten können. Empfehlung: Sie sollten wissen, daß es die Mehrfachvererbung gibt, 19 diese aber nur wirklich bei echten Bedarf einsetzen. Mehrfache Vererbung Beispiel Angenommen es existiere noch eine Klasse versteckbar: class versteckbar { private: int versteckt; public: versteckbar() : versteckt(0) {}; void verstecken() { versteckt = 1; loesche();} void zeigen() {versteckt = 0; zeichne();} int versteckt() {return versteckt;} virtual void zeichne() = 0; virtual void loesche() = 0; }; Man stelle sich nun vor, daß man ein Objekt erzeugen will, daß sowohl ein grafisches Objekt, als auch versteckbar sein soll. Für beide Funktionalitäten sollen entsprechende Klassen bereits vorhanden sein. Ein versteckbarer Kasten würde dann als Kombination der Klassen definierbar sein: class hidekasten : public kasten, public versteckbar { public: virtual void zeichne(); virtual void loesche(); }; Die einzige Erweiterung, die eingefügt wurde, ist eine neue Funktion zeichne(), 20 da wir ja nun darauf achten müssen, ob der Kasten sichtbar ist. 10
11 Mehrfache Vererbung Beispiel II Eine Implementierung der Funktion zeichne könnte so erfolgen: void hidekasten::zeichne() { if (!versteckt) kasten::zeichne(); } Der Aufruf via kasten::zeichne() zeigt auch gleich eine Lösung auf, wie Funktionen aus Basisklassen, die auch in der abgeleiteten Klasse vorhanden sind explizit aufgerufen werden können. Man stellt den Klassennamen der Basisklasse direkt vor den Methoden- oder Elementnamen. Dies entspricht dem bereits bekanntem scope-operator ::. Einige Probleme der Mehrfachvererbung werden nachfolgend 21 diskutiert. Probleme bei der Mehrfachvererbung I 1. Mehrdeutigkeiten durch gleiche Namen Durch die mehrfache Vererbung kann es zu Mehrdeutigkeiten kommen. Haben zwei oder mehr Basisklassen das gleiche Element oder die gleiche Methode (wobei Gleichheit sich bei Methoden außer auf den Namen auch noch auf die gleiche Parameterliste bezieht), so kommt es bei einem Aufruf zu einer Mehrdeutigkeit. Diese kann innerhalb von Klassenmethoden aufgelöst werden, indem man den Klassennamen direkt vor dem Methoden- bzw. Elementnamen angibt, getrennt durch den Scope ::-Operator. (basisklasse::methode(parameterliste)). Dabei ist es nicht notwendig, daß die beschriebene Klasse diesen Namen direkt zur Verfügung stellt. Es genügt, wenn eine ihrer Basisklassen diesen Namen implementiert
12 Behebung von Mehrdeutigkeiten bei der Mehrfachvererbung class A { public: int x; void f(); void g(int); }; class AB : public A, public B { }; AB ab; Gleiche NAMEN class B { public: int x; void f(); void g(char); }; ab.x = 3 // Fehler! x ist in A und in B definiert --> Mehrdeutigkeit ab.a::x = 3; // ok: Explizit das x aus Klasse A ansprechen. ab.f(); // Fehler! Auch eine Mehrdeutigkeit ab.g('c'); // ok: Durch den Parameter vom Typ char eindeutige Zuordnung durch den Compiler möglich Eine andere Möglichkeit Mehrdeutigkeiten auszulösen wäre in der abgeleiteten Klasse zwei neue Funktionen zu definieren, die jeweils eine der gleichlautenden aus einer Basisklasse aufrufen. Der Compiler gibt nur Fehlermeldungen über Mehrdeutigkeiten aus, wenn der entsprechende Name auch benutzt wird. Andernfalls existiert auch kein Problem und somit wäre eine Fehlermeldung überflüssig. 23 Probleme bei der Mehrfachvererbung II Mehrdeutigkeiten durch mehrmaliges Vorkommen einer Basisklasse class A { public: int x; }; class Aa : public A {... }; class Ab : public A {... }; class B : public Aa, public Ab {... }; B b; b.x; // Fehler! Mehrdeutigkeit Diese Mehrdeutigkeit kann aber wie oben beschrieben aufgehoben werden, indem mit dem Scope-Operator eine der beiden Basisklassen explizit angesprochen wird: b.aa::x; 24 12
13 Probleme bei der Mehrfachvererbung II 2. Option zur Vermeidung des mehrfachen Auftretens von Basisklassen Man kann eine Ableitung als virtual deklarieren. Die entsprechende Basisklasse ist dann für künftige Vererbungen virtuell und wird bei mehrfacher Vererbung nur einmal eingebunden. class A { public: int x; }; class Aa : public virtual A {... }; // virtuelle Ableitung class Ab : virtual public A {... }; // Reihenfolge beliebig class B : public Aa, public Ab {... }; B b; b.x; // Keine Mehrdeutigkeit: Klasse A nur einmal vorhanden Der Vorteil ist, daß zum einen Speicherplatz gespart wird und zum anderen auch Mehrdeutigkeiten verschwinden. Die Basisklasse wird nur noch einmal aufgenommen, so daß der Aufruf eindeutig ist! 25 Probleme bei der Mehrfachvererbung II Wird die Basisklasse einmal public virtual und einmal private virtual abgeleitet, so wird in davon abgeleiteten Klassen die public -Ableitung dominieren. Der Konstruktor der virtuellen Basisklasse muß in obigem Beispiel von der Klasse B explizit aufgerufen werden, wenn nicht der Default-Konstruktor benutzt werden soll. Bei nichtvirtuellen Basisklassen ist es nicht möglich indirekte Basisklassen explizit zu initialisieren. Wenn die Basisklassen von B Konstruktoren zur Verfügung stellen, kann eine Definition des Konstruktors von B z. B. folgendermaßen aussehen: B::B(int a, int b, char c, char d) : A(a, b), Aa(c), Ab(d) {} 26 13
Überblick. 5. Objekt und Klasse, Elementfunktionen
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