Russlands Außenhandel bleibt vom Ölpreis abhängig

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1 Russlands Außenhandel bleibt vom Ölpreis abhängig Deutsch-russischer Warenaustausch wächst seit Jahresbeginn 2017 wieder / Von Ullrich Umann Moskau (GTAI) - Russland fährt im Außenhandel einen konservativen Kurs. Der Handelsbilanzsaldo bleibt sowohl in Zeiten der Hochkonjunktur als auch in Rezessionszeiten positiv. Drückt der Ölpreisverfall den Exportwert, werden weniger Waren und Dienstleistungen im Ausland bestellt. Mit anderen Worten, bei möglichen russischen Exporteinbußen in naher und ferner Zukunft sinken auch die Lieferchancen der deutschen Wirtschaft. Seit Jahresbeginn 2017 steigen Im- und Exporte wieder. Der im August 2012 erfolgte WTO-Beitritt hat den russischen Außenhandel nicht nachhaltig belebt. Um russische Schlüsselindustrien vor zu starker internationaler Konkurrenz zu schützen, wurden unverzüglich nicht-tarifäre Hürden aufgebaut, etwa in Form einer Umweltabgabe auf importierte Kraftfahrzeuge (Abwrackprämie). Inländische Hersteller blieben von der Zusatzabgabe zunächst mehrere Monate lang verschont. Sinkende Weltmarktpreise für Erdöl und Gas führten ab 2014 zu einem Einbruch des Werts der russischen Lieferungen. Die Verhängung westlicher Wirtschaftssanktionen im Frühjahr 2014 und die Antwortmaßnahmen Russlands in Form eines Importstopps für westliche Nahrungsmittel taten ein Übriges. Das Land sieht sich seitdem einem veränderten Außenhandelsregime ausgesetzt. Dies rief Friktionen in den traditionellen Handelsströmen hervor. Deutsche Unternehmen mit einem ehemals hohen Lieferanteil in Richtung Russland waren stark betroffen. Das deutsch-russische Handelsvolumen ist 2015 und 2016 gesunken. Erst seit Jahresbeginn 2017 zeichnet sich eine Trendwende ab. Im Januar und Februar stieg der deutsch-russische Handel gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 37,3% auf 9,53 Mrd. Euro (laut Destatis). Diese Zuwächse sind sowohl im Import als auch im Export nach Russland zu verzeichnen. Außenhandel der Russischen Föderation (in Mrd. Euro; Veränderung in %) Veränderung 2015/2010 Importe ,5 Exporte ,7 Handelsbilanzsaldo ,2 Quelle: Rosstat Außenhandel nach Ländern DEUTSCHLAND BLEIBT RUSSLANDS ZWEITGRÖSSTER AUSSENHANDELSPART NER Deutschland hält seit Jahren den 2. Platz hinter der VR China im russischen Ranking der wichtigsten Lieferländer. Daran wird sich 2017 nichts ändern. Chinesische Exporteure konnten ihre Lieferanteile im Zeitraum 2010 bis 2015 ausbauen. Doch haben sich die russischen Wünsche nach einer signifikanten Steigerung des Handelsvolumens mit dem Reich der Mitte nicht erfüllt, zumindest vorerst nicht. 1

2 Deutschland bleibt Premiumpartner für die russische Wirtschaft, wenn es um technologisch hochwertige Industriegüter, anspruchsvolle Planungs- und Engineeringleistungen, einen reibungslosen After-Sales-Service und duale Berufsausbildung geht. So war die deutsche Industrie 2016 der mit Abstand größte Lieferant von Maschinen und Anlagen, vor der VR China. Auch für die russische Exportwirtschaft bleibt Deutschland ein wichtiger Markt. Die führende Position der Niederlande bei den Ausfuhren aus Russland erklärt sich mit Rotterdam als größter Zielhafen für den Ölexport. Da über diesen Hafen umfangreiche Öllieferungen für deutsche Unternehmen geleitet werden, ist die wirtschaftliche Bedeutung Deutschlands als Abnehmer für russische Exporte sogar noch höher, als es die Statistik auf den ersten Blick ausweist. MKT MKT

3 Außenhandel nach Warengruppen DEUTSCHE EXPORTE NACH RUSSLAND HABEN IHREN ZENIT VORERST ÜBER SCHRITTEN Der Rückgang russischer Einfuhren, darunter aus Deutschland, im Zeitraum 2010 bis 2015 ist durch vier grundlegende Faktoren ausgelöst worden: den Ölpreisverfall, die westlichen Wirtschaftssanktionen, die russischen Gegensanktionen und die Politik der Importsubstitution. Eine Änderung an dieser Konstellation ist vorläufig nicht zu erwarten. Einzig die Ölpreise auf den Weltmarkt könnten 2017 leicht steigen, was - sofern es überhaupt eintritt - den russischen Außenhandel beleben dürfte. Die seit 2014 stark gesunkenen Öl- und Gaspreise haben Russlands Finanzkraft als eine der größten Exportnationen für Kohlenwasserstoffe signifikant geschwächt. Zusätzlich schneiden die westlichen Finanzmarktsanktionen die größten russischen Banken und staatlichen Konzerne bei westlichen Bankenkonsortien ab. Folglich wurden im Ausland weniger Waren und Dienstleistungen bestellt; die Handelsbilanz blieb zwar positiv, das Handelsvolumen ist aber gesunken. Auf die Struktur der Importe haben sich die westlichen Sanktionen auf Dual-Use-Güter, auf Technologie zum Fracking und für Tiefseebohrungen sowie die Krim-Sanktionen ausgewirkt. Seither werden aus Deutschland weniger Industriegüter, darunter Hochpräzisions-Werkzeugmaschinen, spezielle Bohr- und Förderausrüstungen, Pumptechnik und dergleichen geliefert. Das 2014 verhängte russische Einfuhrverbot für westliche Lebensmittel erklärt den Lieferrückgang in dieser Warengruppe. Die russische Politik der Importsubstitution zwingt wiederum Technologielieferanten aus dem Ausland, die Lokalisierung - zumindest von Teilen - der Produktion voranzutreiben und damit Einfuhren zu ersetzen. Ausgenommen sind nur Anbieter von Waren und Dienstleistungen mit Alleinstellungsmerkmalen, die bei öffentlichen Ausschreibungen durch keinerlei Wettbewerber aus einem Mitgliedsstaat der Eurasischen Wirtschaftsunion bedrängt werden. Einfuhr nach Warengruppen (in Mio. US$) 3

4 Warengruppe SITC-Code Gesamt , ,0 Nahrungsmittel/lebende Tiere , ,8 Getränke/Tabak , ,6 Rohstoffe , ,2 Mineralische Brennstoffe , ,2 Tierische/pflanzliche Öle , ,0 Chemische Erzeugnisse , ,4 Vorerzeugnisse , ,5 Maschinen , ,0 Elektronik 75, 76, , ,2 Elektrotechnik 77 minus , ,4 Straßenfahrzeuge , ,9 Schienen-, Wasser-, Luftfahrzeuge , ,8 Fertigerzeugnisse , ,4 Sonstiges , ,7 Quelle: UN Comtrade MINERALISCHE BRENNSTOFFE DOMINIEREN WEITERHIN DIE AUSFUHREN Der kometenhafte Aufstieg der Landwirtschaft, begleitet von Rekordernten bei Weizen, führte zu einer Verdoppelung der Agrarausfuhren 2015 im Vergleich zu Investitionen in die chemische und pharmazeutische Industrie sowie Kunststoffchemie erweiterten das Angebot an Erzeugnissen, die für den Export zur Verfügung standen. Durch die Rubelabwertung sah sich die chemische Industrie zudem in der Lage, auf dem Weltmarkt günstige Preise anzubieten. Die Liefersteigerungen bei Maschinen, elektrotechnischen Erzeugnissen und Fahrzeugen gehen teilweise auf das Konto von Produktionsniederlassungen ausländischer Investoren. So diente der Export unter anderem der besseren Kapazitätsauslastung, nachdem der russische Markt in Zeiten der Rezession wesentlich weniger Produkte aufgenommen hat, als ursprünglich von den Investoren angenommen. Auch bei diesen Exporten hat der billige Rubel geholfen. Mineralische Brennstoffe sind mengen- und wertmäßig aber das mit Abstand wichtigste Exportprodukt geblieben, trotz Preisverfall. An diesem Gesamtbild wird sich 2017 nichts grundlegendes ändern. Ausfuhr nach Warengruppen (in Mio. US$) 4

5 Warengruppe SITC-Code *) Gesamt , ,7 Nahrungsmittel/lebende Tiere , ,1 Getränke/Tabak 1 605, ,0 Rohstoffe , ,1 Mineralische Brennstoffe , ,1 Tierische/pflanzliche Öle 4 584, ,4 Chemische Erzeugnisse , ,0 Vorerzeugnisse , ,6 Maschinen , ,3 Elektronik 75, 76, , ,1 Elektrotechnik 77 minus , ,7 Straßenfahrzeuge , ,5 Schienen-, Wasser-, Luftfahrzeuge , ,4 Fertigerzeugnisse , ,3 Sonstiges , ,3 Quelle: UN Comtrade KONTAKT Edda Wolf +49 (0) Ihre Frage an uns Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck auch teilweise nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt Germany Trade & Invest Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. 5