Abgebauter Biotit im Metahalloysittuff von Reitenau/ Grafendorf
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1 Aus dem Institut für Mineralogie und Technische Geologie der Technischen Hochschule in Graz Abgebauter Biotit im Metahalloysittuff von Reitenau/ Grafendorf Von Hans KOLMER, Graz Die im Tuff als säulenförmige Einsprenglinge vorkommenden Biotite werden licht optisch, d.-t.-analytisch, röntgenographisch und elektronenoptisch auf ihre Zusammen setzung untersucht. Es zeigt sich dabei, daß der Biotit über ein Zwischenstadium von Hydrobiotit in fehigeordneten Kaolinit und teilweise in Metahalloysit ab- bzw. um gebaut worden ist. Vulkanische Tuffe und deren Abkömmlinge sind in den jungtertiären Schich ten der Oststeiermark und des südlichen Burgenlandes mehrfach zu beobachten. Einen Überblick über deren geologische Stellung gibt W. NEUBAUER (1949); die mineralogischen und physikalisch-technologischen Eigenschaften der Tuffe von 10 verschiedenen Lokalitäten wurden ausführlich von A. HAUSER und E. NEUWIRTH (1959) behandelt. Aus vielen dieser Vorkommen sind säulenförmig nach c entwickelte Biotite bekannt, die sich im Falle des Tuffes von Reitenau offensichtlich in verschie denen Stufen des Abbaues und der Umwandlung befinden; A. HAUSER und E. NEUWIRTH (1959) bezeichneten sie als Hydrobiotit. Jüngste Untersuchungen zum Abbau von Biotit, K. KAUTZ (1967, 1969) oder G. F. WALKER (1949, 1950), haben gezeigt, daß sich Biotit je nach dem vorherrschenden Milieu (ph-wert, reduzierende oder oxydierende Bedingungen, Angebot an austauschbaren Ionen) über Hydrobiotit in Montmorillonit, Vermiculit oder Chiorit bzw. Wechsellagerung der beiden letzteren umwandeln kann. P. F. KERR (1930) berichtet über eine Kaolinitisierung von Biotit über ein gelförmiges Zwischenstadium, aber auch über Vermiculit auf Grund der Tätigkeit organischer Säuren in einem Granodiorit. Als Mineralkomponenten des Tuffes von Reitenau werden Metahalloysit als Umwandlungsprodukt des Glases, Montmorillonit und Hydrobiotit angegeben, A. HAUSER und E. NEUWIRTH (1959). Es soll nun untersucht werden, in welcher Richtung eine etwaige Umwand lung des Biotits fortschritt, um solcherart Aussagen über die Milieubedingungen treffen zu können. Arbeitsmethoden Die Aufschließung des Tuffes erfolgte in Wasser, die Anreicherung der Biotit Säulchen und -Platten wurde mittels Schweretrennung (Bromoform + Alkohol) vorge nommen. Letzte Verunreinigungen wurden unter dem Binokular händisch entfernt. Bei den Trocknungsvorgängen wurde darauf geachtet, die Temperatur der Probe nicht über 4Q0 C ansteigen zu lassen, um vorhandenen Halloysit nicht zu zerstören. Die Lichtbrechung wurde in einem Gemisch von Nelkenöl und Bromnaphthalin bestimmt, die Anfärbung mit Malachitgrün entsprechend der Vorschrift von R. C. MIELENZ, M. E. KING und M. C. SCHIELTZ (1950) zit. bei R. E. GRIM (1968) durch geführt. 7 (151)
2 Die d.-t.-analytische Untersuchung erfolgte an nicht vorbehandeltem Material (Ein waage 0,10 g, Probenhalter Pt-Hülsen, Pt/Pt-Rh-Thermoelemente), ebenso die rönt genographische Untersuchung (Guinierkamera, Strahlung: CuKu). Das Material der mit Glyzerin gesättigten Probe wurde ca. 200 Stunden bei 350 C angesetzt. Als Standard für die Aufnahmen dienten sowohl Quarz als auch synth. Ct-A Die Aufbereitung des»biotits für die elektronenoptischen Aufnahmen geschah mit Ultraschall in destil liertem Wasser. Makroskopische Beschreibung und Optik Im weiß bis hellgrau gefärbten Tuff sind bereits mit freiem Auge die oft ) 1 mm pseudohexagonalen Prismen des ehemaligen Biotits als dunkle Ein sprenglinge zu sehen. Die teilweise stark gebogenen, sogar gedrillten Säulchen bzw. Pakete sind dunkeigrünbraun oder hellgelbbraun gefärbt, in kleinen Exem plaren fast farblos. Auffällig ist die Streifung senkrecht zur Säulenachse, d. h. es haben nicht alle Teile eines Pakets die gleiche Abbau- bzw. Umwandlungsstufe erreicht. Im Zuge der Schweretrennung wurden für die Dichte der Biotit -Säulchen Werte zwischen 2,460 2,603 g cm 3 bestimmt, also beachtlich kleiner als für frischen Biotit. U. d. M. zeigtcn die dunklen Partien noch einen deutlichen Pleochroismus, eine frischem Biotit entsprechende Doppelbrechung, jedoch Brechungsquotien ten zwischen nfry 1,579 1,596 ± 0,003 (NaD). Die Achsenbilder sind deut lich, 2Va = 15. Auf Grund des geringeren Brechungsquotienten sind diese Blättchen als Hydrobiotit zu bezeichnen. Die hellen Anteile hingegen zeigen nur sehr geringe Doppelbrechung, einen Pleochroismus schwach hellgelb bis farblos, der meist nur im Zentrum der Säulchen zu sehen ist. Die Lichtbrechung in der Blättchenebene liegt unter den o. a. Werten, 1,560 1,575. Der niederste gemessene Wert betrug 1,550. Ein mit Malachitgrün durchgeführter Färbeversuch bestätigte dieses Er gebnis vollkommen. Zirka 550/o aller Blättchen absorbierten den Farbstoff und zeigten den für Kaolinit typischen Pleochroisrnus blau_grünlichblau. Jene Stel len, die noch Doppelbrechung zeigten, blieben ungefärbt. Der Ubergang zwi schen gefärbten und ungefärbten Zonen ist diffus. D.-t.-analytische und röntgenographische Untersuchung Die in Abb. 1 dargestellte D. T. A.-Kurve ist typisch für ein Mineral der Kaolingruppe. Der endotherme Effekt im unteren Temperaturbereich spricht für einen Kaolinit mit schlechtem Ordnungsgrad, ebenfalls dafür spricht die Spitzentemperatur des Hauptpeaks bei 555 C, er ist gegenüber gut kristalli siertem Kaolinit stark erniedrigt. Das Tangentenverhältnis der beiden Kurvenschenkel beträgt 2,30; ein Wert, der an der oberen Grenze des für Kaolinit angegebenen Bereiches liegt, D. A. HOLDRIDGE und F. VAUGHAN (1957). Auf Grund der röntgenographischen und der elektronenoptischen Untersuchung ist auch Metahalloysit möglich, was den für Kaolinit sehr hohen Tangenten quotienten erklären würde. Für Metahalloysit des Tuffs von Reitenau liegt die ser bei Werten > 3,20. Die Guinieraufnahme von besonders ausgesuchtem Material brachte das komplette Linienspektrum eines b-achsen fehlgeordneten Kaolinits mit den für dieses Mineral typischen stark verbreiterten, diffusen Linien und Banden, G. W. BRINDLEY in G. BROWN (1961). Neben dem fehlgeordneten Kaolinit ist 8 (152)
3 C Abb. 1: D. T. A.-Kurve von umgewandeltem Biotit aus dem MctahalloysittufT von Reitenau. Biotit eindeutig nachzuweisen, die abgeschwächten Intensitäten und die unklare Begrenzung der Linien zeigen den fortgeschrittenen Abbau zu Hydrobiotit an. Das Vorhandensein von Metahalloysit wird angenommen, wenngleich nur wegen der Verbreiterung des 001-Reflexes von Kaolinit (d = 7,22 A) zu höhe ren d-werten hin. Eine Aufnahme des mit Glyzerin gesättigten Materials zeigte keine erkennbaren Linienveränderungen; Montmorillonit ist auszuschließen. Elektronenoptische Untersuchung Die elektronenoptische Aufnahme, Abb. 2, zeigt zwei Sorten von Blättchen, solche mit eingerollten Rändern und solche, deren Rand ± scharf begrenzt ist. Die Morphologie dieser teilweise eingerollten Blättchen entspricht sehr genau dem bei A. HAUSER und E. NEUWIRTH (1959, Abb. 2) abgebildeten Meta halloysit, obwohl die hier gezeigten Exemplare um einen Faktor 5 10 größer sind. Beugungsaufnahmen davon zeigen eine Serie diffuser, nicht zu vermessender Ringe. Die übrigen Blättchen sind sowohl fehlgeordneter Kaolinit als auch Hydrobiotit, vgl. z. B. R. E. GRIM (1968, Fig. 6 4); eine exakte Unterschei dung ist nur mit Elektronenbeugung zu treffen, die für Hydrobiotit klare Lauepunkte, für den Kaolinit ein dem Metahalloysit sehr ähnliches Bild liefert. Aus Abb. 2 gehen auch die ungefähren Mengenanteile hervor: einem über wiegenden Anteil von fehigeordnetem Kaolinit und Hydrobiotit steht ein ge ringerer von Metahalloysit gegenüber. Montmorillonit und Halloysit sind aus zuschließen. Diskussion In einer vorläufigen Mitteilung kann anhand von Ergebnissen der optischen, d.-t.-analytischen, röntgenographischen und elektronenoptischen Untersuchung an ab- bzw. umgebauten Biotiteinsprenglingen aus dem Metahalloysittuff von Reitenau/Grafendorf gezeigt werden, daß sich Biotit über das Zwischenstadium 9 (153)
4 ~1. ~ ~ 1~ 1 Abb. 2: Elektronenoptische Aufnahme von umgewandeltem Biotit aus dem Meta halloysittuff von Reitenau x. 10 (154)
5 Hydrobiotit in Metahalloysit und fehlgeordneten Kaoiinit umwandelt. Offen muß noch bleiben, welches der beiden letztgenannten Minerale das Endglied dieser Reihe darstellt. Dem Anschein nach waren hier andere Bedingungen bzw. Agenzien für die Umwandlung maßgebend als jene, die bei K. KAUTz (1969) zu Chlorit, Vermi culit und Montmorillonit führten. Wie weit organische Säuren bzw. Humin säuren, P. F. KERR (1930), für den gezeigten Umbau verantwortlich sind, müßte erst geklärt werden. Zum Zeitpunkt der Drucklegung werden ähnliche Biotite«aus anderen Tuffen der Oststeiermark untersucht. Abschließend möchte ich auch an dieser Stelle dem Forschungszentrum für Elektronenmikroskopie für die Anfertigung der elektronenoptischen Aufnah men und Herrn Dozent Dr. 14. KRI5CHNER, TH Graz, für die Röntgenaufnahme meinen herzlichen Dank aussprechen. Literaturverzeichnis BRINDLEY, G. W.: Kaolin, serpentine and kindred minerals. Kap. II, in G. BROWN: The X-ray identification and crystal-structures of clay minerals. Min. Soc. London, GRIM, R. E.: Clay mineralogy. 2. Aufl. McGraw-HILL, New York, HAU5ER, A., & NEUWIRTH, E.: Die vulkanischen Tuffe und ihre tonigen Abkömmlinge in der Nordoststeiermark. Veröffentlicht von A. BRANDL & H. FLÜGEL, BHM, 104, H. 12, , HOLDRIDGE, D. A., & VAUGHAN, F.: The kaolin minerals (kandites), Kap. IV, , in: R. C. MAcKENzIE: The differential thermal investigation of clays. Min. Soc. London, KAUTZ, K.: Zur Frage der Montmorillonitbildung aus Biotit; Untersuchungen an einem rezenten See-Sediment aus Griechenland. N. Jb. Miner. Mh., 7/8, , Laborversuche zum Abbau von Biotit. Contr. Mineral. and Petrol., 24, , KERR, P. F.: Kaolinite from a Brooklyn subway tunnel. Amer. Mineral., 15, , MIELENz, R. C., KING, IvE E., & ScHIELTZ, M. C.: Staining Test, Rept. 7, Amer. Petrol. Inst. Project 49, Columbia University. New York NEUBAUER, W.: Das Alter der Tuffe im Gebiet Friedberg Grafendorf (Nordoststeier mark) mit einem Beitrag zur Geologie der Friedberger Tertiärbucht. Sitzber. Akad. Wiss. Wien, math.-nat. Kl. 158, , WALKER, G. F.: The decomposition of biotite in the soil. Mineral. Mag., 28, 693, Trioctahedral mincrals in the soil clqs of northeast Scotland. Mineral. Mag., 29, 72, 195C. 11 (155)
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