Übergänge gestalten vom Kindergarten in die Grundschule - ohne Brüche
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- Norbert Beckenbauer
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 Übergänge gestalten vom Kindergarten in die Grundschule - ohne Brüche Prof. Dr. Rainer Dollase, Universität Bielefeld, Abt.Psychologie greenacademy Ahlen, den
2 Kindergarten 1948/1949 Oberhausen Alstaden, St. Antonius
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4 Was wollen Eltern in Herford?(2007) Wichtigkeit von Zielen in Schulnoten, N= 152 Betreuung zu ungewöhnlichen Zeiten Stadtteilarbeit Elterncafe etc. Seniorenmitarbeit Migranten Elterntreff Koope Beratungsstellen Elternkurse U3 Angebote Erziehungsberatung Sprachförderung Vorbereitung auf Schule B B B B B B B B B B B B 1 1,5 2 2,5 3 3,5 B Note
5 Hat PISA bewiesen, daß die Kindergartenarbeit bezüglich Bildung schlecht war? Antwort: eindeutig nein - keine kausalen Beweise Die PISA Ergebnisse sind ein Problem der Sekundarstufe 1 und insbesondere der schlechten Förderung türkischer SchülerInnen Der Kindergartenbesuch ist insbesondere für türkischstämmige Kinder notwendig bei IGLU (Grundschuluntersuchung) lag Deutschland im oberen Drittel
6 Beleg 1: korrigierte PISA Ergebnisse (Stanat u.a. 2006)
7 Beleg 2: Ausländische Kinder profitieren langfristig am meisten vom Kindergartenbesuch (Spies u.a.2003)
8 Gliederung 1. Was sind Brüche? 2. Wie Kinder lernen und wie sie auf Übergänge reagieren 3. Wie unterscheiden sich 5jährige von 7jährigen? 4. Ideen zur Organisation von Übergängen 5. Ist Verschulung (des Kindergartens) eine Lösung des Übergangsproblems? 6. Praktische Möglichkeiten der Übergangsgestaltung im Alltag
9 1. Was sind Brüche?
10 Was sind Brüche? Abwechslung? Veränderung? Kontrast? Übergang? Transition? Statuspassagen? Fortschritt?
11 Brüche......schwerwiegende, subjektiv als verschlechternd empfundene,veränderung der Lebensumstände mit Symptomfolgen..
12 2. Wie Kinder lernen und wie sie auf Veränderungen reagieren
13 Wie lernt der Mensch? Das Gehirn lernt immer (Spitzer) Chaotisch,unsystematisch in sozialen Bezügen, mit Bezugspersonen mit Sinn Ziel: realistisches Bild der Welt und der eigenen Fähigkeiten,um effektiv handeln zu können und seine Bedürfnisse zu befriedigen
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15 In einer natürlichen Umwelt kommen die Erfahrungen nicht immer systematisch, eher unsystematisch. Beständig bleiben bis zu einem gewissen Grade nur die Bezugspersonen und die geographische Umgebung Dennoch: Überraschungen, Übergänge etc. sind normal, d.h. der Mensch ist evolutionär einigermaßen daran angepasst
16 Folge 1: Kleine Kinder müssen nicht systematisch, so wie in der Schule lernen Folge 2: Auch Übergänge sind normal und stellen oft einen Entwicklungs- und Anpassungsreiz dar - ein bisschen muss Schule schon was Neues sein Man muss also nicht immer optimal vorbereitet sein... der völlige Verzicht auf Kontraste/ Diskontinuitäten kann auch langweilig sein (Herausforderungen sind nötig)
17 Wie immer - jedes Kind ist anders Manche passen sich leicht - andere schwer an Übergänge an Beispiel DDR: Adaptationserscheinungen Immer: Infektionen nehmen nach Übergängen zu
18 Die NYLS ( New York Longitudinal Study ) (A.Thomas und S.Chess, Temperament and Development,New York, Brunner/ Mazel, 1977) Beginn 1956, 133 Kinder längsschnittlich bis ins Erwachsenenalter untersucht Untersuchungen mit Tests und Elterninterviews über konkrete Verhaltensweisen der Kinder Im höheren Lebensalter Interviews mit den Untersuchten selbst
19 Die neuen Temperamentsdimensionen* 1. Aktivität- Passivität 2. Regelmäßigkeit biologischer Funktionen vs. Unregelmäßigkeit 3. Annäherung - Vermeidung (Hemmung) 4. Anpassungsvermögen 5. Sensorische Reizschwelle (hoch - niedrig) 6. Stimmungslage (negative - positive Emotionalität) (7. Intensität,später weggefallen) (8. Ablenkbarkeit 9. Ausdauer = zusammengelegt) 7. Aufmerksamkeit/Ausdauer * nach Zentner, M. Die Wiederentdeckung des Temperaments, Fischer TB,1999
20 Erläuterungen (1) 1.Aktivität/Passivität = Niveau, Tempo und Häufigkeit, mit der die motorische Komponente im Verhalten hervortritt, sowie Anteile passiven vs. aktiven Verhaltens im Tagesablauf 2. Regelmäßigkeit = Vorhersagbarkeit des Auftretens biologischer Funktionen wie schlaf-wach-rhythmus, Hunger und Stuhlgang 3. Annäherung/Vermeidung = Erste Reaktion des Kindes auf neue, unvertraute Reize, seien es Menschen oder Situationen, Spielzeuge, Maßnahmen usw. 4. Anpassungsvermögen = Die Leichtigkeit, mit welcher das Kind eine anfängliche Reaktion in die von der Umwelt gewünschte Richtung verändern kann.
21 Erläuterungen (2) 5. Sensorische Reizschwelle = Die Stärke eines Reizes, die nötig ist, um eine wahrnehmbar Reaktion hervorzurufen - egal welche Art der Reaktion 6. Stimmungslage = Anzahl der positiven Reaktionen (Lächeln, Lachen, Freude, Zufriedenheit) im Verhältnis zur Anzahl der negativen Reaktionen (Weinen, Schreien, Unzufriedenheit) 7. Aufmerksamkeit/Ausdauer = Zeit, in der ein Kind sich mit einer Tätigkeit trotz vorhandener Hindernisse beschäftigen kann
22 3. Wie unterscheiden sich 5jährige von 7jährigen?
23 Unterschiede zwischen 5 und 7 Reflektionsfähigkeit komplexeres Verständnis der Welt
24 Reflektionsfähigkeit = kann sich selbst zum Objekt des Nachdenkens machen = kann darüber nachdenken, ob er recht hat ( Is this correct? Should I consider alternatives that might make more sense ) = kann eigene Schuld anerkennen
25 komplexeres Verständnis der Welt = symbolisches Denken = abstraktes Denken = kann planen = kann logische Schlüsse ziehen
26 Ein Experiment dazu...
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30 ansonsten... in vielen Bereichen auch Ähnlichkeiten (z.b Spielinteressen)... in vielen Bereichen sind 7jährige oft weiter als 5jährige (z.b. sportliche Fähigkeiten)...
31 4. Ideen zur Organisation von Übergängen
32 Zwei grundlegende Prinzipien Kontrastprinzip (Unterschiede sollen bestehen bleiben) Kontinuitätsprinzip (Unterschiede sollen verwischt werden)
33 Modelle des Übergangs Kontrastprinzip Gleichwertige Kooperation - jede Institution arbeitet anders, ist selbstreferentiell, gegenseitige Respektierung, Kooperation, Brückenjahr, Info - Austausch,Beziehungen Übergangsregelung durch Prüfung von Zugangsvoraussetzungen, meist Alter, Schulfähigkeit, individuell oder pauschal Eingewöhnungsverantwortung der aufnehmenden Institution
34 Modelle des Übergangs Kontinuitätsprinzip Verwischung der Unterschiede: Verschulung des Kindergartens oder Verkindergartung der Schule, d.h. Anpassung der abgebenden und der aufnehmenden Institution Ausdehnung von Kindergartenzeit oder Schulzeit: Früheinschulung oder Späteinschulung der Kinder Teilweise Kontinuität: z.b. personelle Kontinuität, Sprachförderungskontinuität, Programmkontinuität Eine Institution für alle Kinder von 3 bis 10 (Das Bildungshaus)
35 5. Ist Verschulung (des Kindergartens) eine Lösung des Übergangsproblems?
36 Es gibt verschiedene Arten des Lernens 1. formelles schulisches Lernen 2. informelles, implizites, inzidentelles, situiertes Lernen
37 Falsche These: Bildung = Schule= schulisches Lernen im Kollektiv
38 Auch in einer guten Kindergartenarbeit können die Schulvoraussetzungen geschaffen werden These: ein guter Kindergarten ist die beste Schulvorbereitung
39 HEAD START Head start = Kopfstart, Frühstart verursacht durch Sputnikschock Millionenprogramm zur frühkindlichen Bildungs- und Intelligenzförderung Beginn: Ende der 60er Jahre
40 HEAD START - Resümee Gut: entwicklungspsychologisches Konzept statt fachdidaktisches Gut: situationsorientiertes Lernen Gut: Gruppen mit max.20, zwei BetreuerInnen Gut: Teamplanung und Fortbildung Gut: partnerschaftliche Elternarbeit Gut: für Kinder in slums (low income families)
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42 Vorverlagerung schulischen Arbeitens in den Head Start Programmen nicht positiv - besser: kindergartenähnliches, ganzheitliches, situationsorientiertes Arbeiten Also: kein schulisches Arbeiten im Kindergarten
43 Kindergarten - Vorklassen Versuch NRW
44 Deutscher Bildungsrat 1970 rät zur Früheinschulung der 5jährigen NRW macht Modellversuch 50 Modellkindergärten und 50 Vorklassen
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48 Gesicherte Effekte früher Beschulung* *Westchester Institute for Human Services,2004, Marcon Frühe Beschulung hat im Schnitt einen leicht negativen Effekt auf die weitere Leistungskarriere 2. Die Lernmethode der Wahl für kleine Kinder ist der Situationsansatz ( Synonyme: child initiated, developmentally appropriate, in den Alltag integrierte Lerngelegenheiten) keinesfalls ein schulähnliches, strukturiertes und geplantes Lernen
49 Ähnliche Begriffe Child initiated (Initiativen gehen vom Kinde aus) Kindorientierte Pädagogik Developmentally appropriate Education (entwicklungsangemessenes Lernen) Didaktisierung der Situation Situationsansatz Integrierte Lerngelegenheiten
50 Kennzeichen guter Tagesstätten Pierrehumbert et.al.(2002),international Journal of Behavioral Development, Kennzeichen Erreichbarkeit Anregung Festigkeit Warmherzigkeit Autonomie Leistungsanregung Gute Organisation Engl.Ausdruck availability stimulation firmness warmth autonomy achievement organisation Beispiel Erzieherin auch erreichbar, wenn sie beschäftigt ist Das Kind ist meist beschäftigt Die Erzieherin ist konsequent Die Erzieherin geht positiv und warmherzig mit dem Kind um Die Erzieherin respektiert Bedürfnisse des Kindes Es sind Lerngelegenheiten vorhanden Spielgelände ist sicher
51 Im ganzheitlichen Ansatz sind selbstverständlich Anregungen durch die Erzieherin erlaubt... Die Erzieherin erschließt durch ihre Bildung die Bildung der Kinder...
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55 Also: Wir müssen lernen, auch in ganz banalen Alltagssituationen den Kindern den Reichtum menschlichen Wissens und menschlicher Kultur zu erschließen...
56 Mit der möglichen Einschulung der 5jährigen muss die Anfangspädagogik in der Grundschule eher situationsorientiert werden - d.h. die Grundschule muss sich den besonderen Lernformen der kleinen Kinder anpassen Hierin besteht Einigkeit sowohl in der Kleinkindpädagogik (Schäfer) wie auch in der Neuropsychologie (Hüther)
57 6. Praktische Möglichkeiten der Übergangsgestaltung im Alltag
58 Drei Strategien Persönliche Beziehungen zwischen allen Personengruppen fördern Die Kooperation organisatorisch verankern Sich didaktisch-methodisch austauschen
59 Praktische Möglichkeiten 1 Beziehungen knüpfen Die Kinder lernen die Schule kennen Besuche in den Klassen zur Unterrichtszeit Lehrkräfte lernen die Kinder und deren Eltern kennen Patenschaften der älteren Schüler Hausbesuche der Lehrer Treffen der ErzieherInnen mit den LehrerInnen
60 Praktische Möglichkeiten 2 organisatorisch-strukturell formelle Konferenzen von ErzieherInnen und LehrerInnen Kooperationskalender vereinbaren Zeitbudget für Kooperation einrichten
61 Praktische Möglichkeiten 3 didaktisch-konzeptionell Suche nach pädagogischen Gemeinsamkeiten gemeinsame Fortbildungen Übergreifendes Schul- und Einrichtungsprogramm Abstimmung der Sprachförderung wechselseitiges hospitieren und Rollentausch
62 Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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