Übergang von der Kindertagesstätte in die Grundschule. Prof.Dr.Rainer Dollase, Universität Bielefeld, Abt.Psychologie Essen, den 4.9.
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1 Übergang von der Kindertagesstätte in die Grundschule Prof.Dr.Rainer Dollase, Universität Bielefeld, Abt.Psychologie Essen, den
2 Das Thema hat zwei Facetten: 1. Muß die Tagesstätte auf die Schule vorbereiten und wie? 2. Sind Übergänge Krisen?
3 Gliederung 1. Sind Übergänge immer Krisen? 2. Ideen zum Übergang Kindergarten - Schule 3. Gegen Früheinschulung und Verschulung des Übergangs 4. Analyse: Warum Verschulung der Übergangszeit so schlecht? 5. Was tun?
4 1. Sind Übergänge immer Krisen?
5 Wie lernt der Mensch? Das Gehirn lernt immer (Spitzer) Chaotisch,unsystematisch in sozialen Bezügen, mit Bezugspersonen mit Sinn Ziel: realistisches Bild der Welt und der eigenen Fähigkeiten,um effektiv handeln zu
6 In einer natürlichen Umwelt kommen die Erfahrungen nicht immer systematisch, eher unsystematisch. Beständig bleibt bis zu einem gewissen Grade: 1. die Bezugspersonen 2. die räumliche Umgebung Dennoch: Überraschungen, Übergänge etc. sind normal, d.h. der Mensch ist evolutionär einigermaßen daran angepasst
7 Folge: Kinder müssen nicht systematisch, so wie in der Schule lernen Folge: Auch Übergänge sind normal und stellen oft einen Emtwicklungs- und Anpassungsreiz dar Man muß nicht immer optimal vorbereitet sein...
8 Manche passen sich leicht - andere schwer an Übergänge an Beispiel DDR: Adaptationserscheinungen
9 Die neuen Temperamentsdimensionen* 1. Aktivität- Passivität 2. Regelmäßigkeit biologischer Funktionen vs. Unregelmäßigkeit 3. Annäherung - Vermeidung (Hemmung) 4. Anpassungsvermögen 5. Sensorische Reizschwelle (hoch - niedrig) 6. Stimmungslage (negative - positive Emotionalität) (7. Intensität,später we#efa$en) (8. Ablenkbarkeit 9. Ausdauer = zusammengelegt) 7. Aufmerksamkeit/Ausdauer * nach Zentner, M. Die Wiederentdeckung des Temperaments, Fischer TB,1999
10 Stimmt immer: die Kinder und Eltern reagieren auf Übergänge individuell unterschiedlich
11 2. Ideen zum Übergang zwischen Kindergarten und Schule
12 Es gibt verschiedene Arten des Lernens 1. formelles schulisches Lernen 2. informelles, implizites, inzidentelles, situiertes Lernen
13 Falsche These: Bildung = Schule= schulisches Lernen im Kollektiv
14 Auch in einer guten Kindergartenarbeit können die Schulvoraussetzungen geschaffen werden These: ein guter Kindergarten ist die beste Schulvorbereitung
15 Modelle des Übergangs Gleichwertige Kooperation - jede Institution arbeitet anders, ist selbstreferentiell, gegenseitige Respektierung Verwischung der Unterschiede: Verschulung des Kindergartens oder Verkindergartung der Schule Übergangsregelung durch Prüfung von Zugangsvoraussetzungen
16 3. Gegen Früheinschulung und Verschulung des Übergangs
17 Die Debatte der Schulvorbereitung ist uralt - es gibt keine neuen Ideen, nur neue Worthülsen
18 HEAD START Head start = Kopfstart, Frühstart verursacht durch Sputnikschock Millionenprogramm zur frühkindlichen Bildungs- und Intelligenzförderung Beginn: Ende der 60er Jahre
19 HEAD START - Resumee Gut: entwicklungspsychologisches Konzept statt fachdidaktisches Gut: situationsorientiertes Lernen Gut: Gruppen mit max.20, zwei BetreuerInnen Gut: Teamplanung und Fortbildung Gut: partnerschaftliche Elternarbeit
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21 Vorverlagerung schulischen Arbeitens in den Head Start Programmen nicht positiv - besser: kindergartenähnliches, ganzheitliches, situationsorientiertes Arbeiten Also: keine Schulvorbereitung im Kindergarten
22 Kindergarten - Vorklassen Versuch NRW
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25 Deutscher Bildungsrat 1970 rät zur Früheinschulung der 5jährigen NRW macht Modellversuch 50 Modellkindergärten und 50 Vorklassen
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27 Was war besser? Kindergarten oder Vorklasse?
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33 Wegen der Ergebnisse, die zum Teil keine Unterschiede und einige für den Kindergarten erbrachten, wurden keine Vorklassen eingerichtet und die Früheinschulung war kein Thema mehr
34 Gesicherte Effekte früher Beschulung* *Westchester Institute for Human Services,2004, Marcon Frühe Beschulung hat im Schnitt einen leicht negativen Effekt auf die weitere Leistungskarriere 2. Die Lernmethode der Wahl für kleine Kinder ist der Situationsansatz ( Synonyme: child initiated, developmentally appropriate, in den Alltag integrierte Lerngelegenheiten) keinesfalls ein schulähnliches, strukturiertes und geplantes Lernen
35 Ähnliche Begriffe Child initiated (Initiativen gehen vom Kinde aus) Kindorientierte Pädagogik Developmentally appropriate Education (entwicklungsangemessenes Lernen) Didaktisierung der Situation Situationsansatz Integrierte Lerngelegenheiten
36 Kennzeichen guter Tagesstätten Pierrehumbert et.al.(2002),international Journal of Behavioral Development, Kennzeichen Erreichbarkeit Anregung Festigkeit Warmherzigkeit Autonomie Leistungsanregung Gute Organisation Engl.Ausdruck availability stimulation firmness warmth autonomy achievement organisation Beispiel Erzieherin auch erreichbar, wenn sie beschäftigt ist Das Kind ist meist beschäftigt Die Erzieherin ist konsequent Die Erzieherin geht positiv und warmherzig mit dem Kind um Die Erzieherin respektiert Bedürfnisse des Kindes Es sind Lerngelegenheiten vorhanden Spielgelände ist sicher
37 Kurz- und Langzeiteffekte von frühen Bildungsversuchen (u.a.marcon, 2002) Fade out Effekte (frühe Lernvorsprünge verschwinden mit der Zeit) Sleeper Effekte (keine Kurzzeiteffekte - erst später zeigen sich Unterschiede; Bsp.: CI) Diskontinuitätseffekte (Arbeitsweise im Elementarbereich paßt nicht zum Primarbereich) Geringer Transfer (Lerngewinne beschränken sich auf das Erlernte, Bsp: supercalifragilistic ) Mini-Effekte (Lerngewinne sind im Durchschnitt zwar vorhanden, aber praktisch bedeutungslos) Differentielle Effekte (Was gut ist für den kognitiven Lernfortschritt ist nicht unbedingt gut für andere Lernbereiche; z.b. CI)
38 Neu Optimale Gruppengröße: 15 Kinder, eine Betreuerin besser als 25 mit zwei Kinder aus low income families sollen mindestens 2,5 Stunden täglich, 5 Tage lang,mindestens 2 Jahre lang den Kindergarten besuchen DI = direct instruction bei stark benachteiligten Kindern gelegentlich für
39 Ganz Neu Patrick A. Puhani und Andrea M. Weber TU Darmstadt 2005 Does the Early Bird Catch the Worm?, Bericht Nr. 151, Arbeitspapiere für Volkswirtschaftslehre
40 Puhani & Weber 2005 Untersuchung der früh-(ca. mit 6) und später (ca. mit 7)eingeschulten Kinder anhand der IGLU Daten und anderer Datensätze Späteingeschulte im 4.Schuljahr deutlich besser
41 Originalzitat We find robust and significant positive effects on educational attainment for pupils who enter school at seven instead of six years of age: Test scores at the end of primary school increase about 0.42 standard deviations and years increase by almost half a year.
42 4. Analyse: Warum Verschulung so schlecht?
43 Hypothese: Neue Bildungsdiskussion ist Folge falscher Realisierung des Situationsansatzes bzw. des situierten Lernens - der offene Kindergarten wurde vielerorts als laissez faire Stil interpretiert
44 Hypothese: Das Kollektiv hat im Kleinkindalter Nachteile und erzwingt vor Ort ein offenes, situationsorientiertes Arbeiten - schulähnliches Arbeiten ist kaum möglich
45 Es folgt: ein naturwissenschaftliches Experiment... Achten Sie auf disziplinierungswürdiges Fehlverhalten
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49 Besser: situiertes Lernen. Über die Fliege lernen wir etwas, wenn eine Fliege in unser Blickfeld gerät... Voraussetzung: Erwachsenen, die zur Spontanpädagogik und zum geschickten Gruppenmanagement fähig sind
50 5. Was tun?
51 Für die Früheinschulung sprechen keinerlei fachliche Argumente, die sich auf Bildungserfolg beziehen Früheinschulungsversuche sofort stoppen oder generös handhaben... oder: Verkindergartung der Schule... Übrigens: Finnland und Schweden schulen auch mit 7 Jahren ein
52 Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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