Bergtour im Nationalpark Berchtesgaden

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1 Bergtour im Nationalpark Berchtesgaden Berichte von Wilfried Bressner, Ernst Dopp und Winfried Stöckl redaktionell zusammengestellt von Gerd und Ute Turznik Fotos: Jan Petersen und Gerd Turznik Der Nationalpark Berchtesgaden liegt im Südosten Deutschlands und grenzt an das österreichische Bundesland Salzburg. Er wurde 1978 gegründet und seine Kernzone umfasst eine Fläche von 210 km 2. Ausgedehnte Wälder und steil aufragende Felsen prägen das Bild dieser Hochgebirgslandschaft. In der Kernzone wird entsprechend der Zielsetzung auf jede menschliche Nutzung verzichtet. Der Königssee und seine unmittelbare Umgebung liegen in der Pflegezone des Nationalparks. Schifffahrt, Fischerei und Almwirtschaft sind traditionelle Nutzungen. Winfried Stöckl hat, wie schon im Vorjahr, eine anspruchsvolle und abwechslungsreiche Hüttentour ausgearbeitet und vom 21. bis zum 24. Juli 2006 geführt. Mit dabei waren Barbara Lang, Ute und Gerd Turznik, Angela, Hermann und Jan Petersen, Silvia und Karl-Heinz Tomschin, Ernst Dopp und Wilfried Bressner. Freitag, Freitagmorgen, sieben Uhr am alten Minimal. Erste Sonnenstrahlen kündigen einen heißen Tag an; kurze Diskussion der Fahrtstrecke; Festlegung der ersten Rast; Abfahrt mit drei Fahrzeugen; der Tag beginnt viel versprechend. Die Entscheidung, bereits am Freitag zu fahren, erweist sich im Nachhinein als richtig denn wir erreichen unser Ziel ohne größere Staus und sind um 13:30 Uhr an der Wimbachbrücke bei Berchtesgaden, wo Silvia und Karl-Heinz zur Gruppe stoßen. Gemeinsam fahren wir noch einige Kilometer, bis wir den Ausgangspunkt unserer Bergwanderung am Obersalzberg erreichen. Es ist schwül. Die Lufttemperatur liegt nahe 30 C und fordert leichte Wanderkleidung. Kurze Hosen und T-Shirt sind angesagt. Der Aufstieg führt uns zunächst durch dichten Bergwald. Bedingt durch Waldarbeiten ist der Weg im unteren Bereich nicht mehr eindeutig gekennzeichnet.(winfried fragt einen vorbeifahrenden MTB-ler nach der Wegrichtung) Dankbar sind wir für die Schatten spendenden Bäume. Mit zunehmender Höhe nehmen Temperatur und Schwüle jedoch ab. Nach der Querung der Mautstraße zum Obersalzberg nähern wir uns der ersten Hütte. Hinter einer Biegung, ca. 100m abseits des Weges liegt malerisch in Wiesen eingebettet die Enzianhütte. Die Brennerei ist noch in Betrieb. Heute ist sie jedoch geschlossen. Ungläubig schleicht Hermann um das Holzhaus. Der Schock kann nur durch eine längere Pause auf der Bergwiese überwunden werden. Auf geht s! Noch eine Stunde bis zum Purtschellerhaus, wo Essen und Trinken auf uns warten. Der Bergwald lichtet sich und das schroffe Bergmassiv wird sichtbar. Steil geht es die letzten Meter empor, bevor Ernst mit kühlem Bier belohnt wird. Herrlich ist der Blick vom Purtschellerhaus. Vor uns liegt das weite Salzburger Land und hinter uns erhebt sich das Bergmassiv des Hohen Göll, als Ute ihre geschundenen Füße pflegt. Kurioserweise verläuft die deutsch-österreichische Landesgrenze mitten durch die Hütte. Wir trinken unser Bier in Deutschland und essen anschließend in Österreich.

2 Sogar Barbaras neues Handy empfängt vor der Hütte das österreichische- und hinter der Hütte das deutsche Netz; was für die hervorragende Technik spricht. Noch einmal genießen wir den Blick auf das nächtliche Salzburg, bevor es ins Bettenlager geht. In der Nacht sorgen Gewitter und Regen für Abkühlung. Samstag, Fünf Uhr morgens, Winfried ist überwältigt vom Sonnenaufgang über dem Alpenvorland. Er kann das Geheimnis nicht für sich behalten und weckt einen Teil der Gruppe. Die Reaktionen sind unterschiedlich. Die Überschreitung des Hohen Göll steht heute auf dem Programm. Eine sportliche Herausforderung mit besonderem Schwierigkeitsgrad. Beim Frühstück werden letzte Erfahrungen ausgetauscht: zwei- oder besser drei Liter Wasser; Müsli Riegel oder Brot, kurze oder lange Hosen,? Jeder rüstet sich so gut es geht. Acht Stunden Wegstrecke in sengender Sonne liegen vor uns. Hinter dem Purtschellerhaus erhebt sich das Bergmassiv majestätisch und in voller Größe. Wir sind ergriffen. Langsam steigt der schmale Weg an. Vorbei an steilen Abhängen und über Geröllfelder nähern wir uns dem Kamin, die erste große Herausforderung. Gesichert durch Griffe und Seile geht es den Klettersteig steil bergauf. Aus Sicherheitsgründen durchqueren wir diese Passage einzeln. Ein wundervolles Panorama entschädigt uns für die Mühen auf dem Gipfel. Nach dem obligatorischen Foto vor dem Gipfelkreuz geht es weiter über schmale Pfade, Klettersteige und Schneefelder in Richtung Carl von Stahl-

3 Haus. Die Anstrengung ist jedem anzusehen. Pausenabstände verkürzen sich. Wasser wird knapp. Gerd, unser Fotograf, lässt sich aber nicht beirren und hält weiterhin Mensch und Pflanzen im Bild fest. Lediglich seine Nepal-erprobte Hose kann den Strapazen nicht widerstehen und reißt bis zum Stehkragen auf. Vom folgenden Hochplateau weist uns schließlich ein Schild den Weg hinab zum Stahlhaus. 500m Abstieg auf schmalen, steinigen Schotterwegen liegen jetzt vor uns. Die Gruppe ist mittlerweile weit auseinander gezogen. Kurz vor der Hütte stürzt Wilfried auf einem Geröllfeld und zieht sich eine schmerzhafte Bänderzerrung zu. Mit geschwollenem Fußgelenk benötigt er 20 Minuten für die letzten 300m. Gegen 16:00 Uhr sind alle in der Hütte angekommen. Nach einem Duschbad erwarten uns kühles Bier, gutes Essen und Hausmusik im Carl von Stahl- Haus. Utes Schienbein schillert in allen Farben das sieht nicht gut aus für den nächsten Tag. Sonntag, Wieder ist unsere Nacht sehr kurz. Winfried fängt schon um 6 Uhr mit Packen des Rucksackes an. Draußen hängen noch die Wolken an den Bergen, es ist mit 17 ºC schon angenehm warm. Während des Frühstücks entschließen sich unsere beiden Fußkranken Ute und Wilfried die Wanderung abzubrechen, wie sich später zeigt die richtige Entscheidung, denn die Stunden Wanderung hat es in sich. Die beiden werden mit der Jennerbahn nach Berchtesgaden abfahren, dort weiter mit dem Bus zur Wimbachbrücke und anschließend die 10 km durch das Wimbachtal zur Wimbachgrieshütte wandern, um dort zu übernachten und auf den Rest der Gruppe zu warten. Da die Sonne schon sehr wärmt, wird mit kurzen Hosen die Wanderung begonnen. Abmarsch ist um halb acht. Zuerst geht es recht steil bergab zur Königsbachalm und dann wieder hoch an der Tauernwand vorbei zum Seeleinsee. Der Weg dorthin führt durch ein schattiges Hochtal mit außergewöhnlicher Botanik, weshalb Gerd ständig am Ende der Gruppe ist und fotografiert.

4 Oben angekommen gehen wir weiter, teils durch toten Wald, über das Hochgschirr ins Landtal und weiter zur Wasseralm. Von weitem hören wir Donner, kaum an der Alm angekommen, fängt es heftig an zu regnen. Zwangsweise dauert die Mittagspause etwas länger. Winfried drängt zum Gehen, da es schon nach 14 Uhr ist. Einigen von uns ist es aber noch zu nass. Winfried spendiert seine bis hierher mitgetragene Flasche Wein und einigt sich mit der Gruppe, danach weiterzugehen. Nachdem die Flasche geleert ist, hört der Regen auf und wir können zum zweiten Tagesabschnitt aufbrechen, laut Streckenbeschreibung: 8 km Länge, 450 Hm abwärts und 750 Hm aufwärts mit einer Dauer von 4 bis 4,5 Stunden. Winfried wandert voran um den Weg auszukundschaften. Der Steig ist sehr schön angelegt, es geht aber stetig berauf und bergab. Durch den Gewitterregen sind die Steine feucht und man muss sich auf den Weg konzentrieren. Gerd hat auch auf die Tube gedrückt und aufgeschlossen. Fünf Minuten abseits vom Weg auf dem Halsköpfl gibt es einen traumhaften Ausblick auf den ganzen Königssee. Die beiden warten auf Barbara und gehen an dem Abzweig ohne Rücksäcke los. Der Rest der Gruppe will gleich weiter gehen. Gerd, Barbara und Winfried genießen die Aussicht, der Abstecher hat sich gelohnt. Gerd fotografiert natürlich dort oben am Wiesenhang auch seltene und wunderschöne Blumen, unter anderem die geschützte Türkenbundlilie. Auf dem Rückweg zu den Rucksäcken kreuzt ein Bergsalamander den Weg.

5 Am Schwarzensee trifft Winfried auf den Rest der Gruppe, die eine Trinkpause gemacht hat. Er ruft Ernst zu, dass sie weitergehen sollen weil Gerd noch einige Fotos macht. Es sind so viele wunderschöne Bergblumen zusehen und die Landschaft war traumhaft. Das Wetter hat sich gebessert und die Sonne kommt wieder heraus. Zwischen Schwarzensee und Grünsee ist der Weg relativ eben, es geht vorbei an der Abzweigung Richtung Saletalm, die unten am Ende des Königssees liegt. Von der Gruppe mit Ernst hört und sieht man nichts mehr, sie müssen wohl etwas weiter weg sein. Nach dem Grünsee geht es eine Steilstufe nach oben mit vielen schrägen Holztreppen. An der letzten Abzweigung steht: Kärlinger-Haus ¼ Stunde, also fast geschafft. Die Hütte am Funtensee liegt in einem wunderschönen Hochtal. Am Haus angekommen ist es schon nach 18 Uhr. Wo sind die anderen: Ernst, Angela, Hermann, Jan und Silvia und Karl-Heinz? Es ist niemand zu sehen, weder auf der Terrasse noch in der Hütte. Es hat sich auch niemand beim Hüttenwirt gemeldet. Haben sie sich verlaufen? Haben sie sich hinunter zum Funtensee begeben? Winfried läuft noch mal ein Stück zurück und trifft dort auf eine andere Gruppe, die den gleichen Weg wie wir gegangen sind. Sie haben unsere Leute nicht getroffen. Also noch mal zurück zur Hütte. Niemand ist aufgetaucht. Wir beratschlagen uns mit dem Hüttenwirt, der meint, dass es bis 21:30 hell ist. Vermutlich haben sie einen falschen Abzweig genommen und zwar den hinunter zur Saletalm. Winfried hat keine Ruhe und will wenigstens bis zur Abzweigung gehen und hofft sie unterwegs zu treffen. Mittlerweile ist es schon nach 19 Uhr. Mit einer Trinkflasche und Regenjacke ausgerüstet geht er los und trifft sie tatsächlich oberhalb des Grünsees. Ernst erzählte dann, was passiert ist:wie vermutet hatten sie am Abzweig das Schild zum Funtensee übersehen und sind in die falsche Richtung bergab zum Königssee gegangen. Nach einer Stunde Abstieg wurde es so steil, dass sie Schwierigkeiten hatten den Weg weiterzugehen. Weiter unten sahen sie einen See. Auf einer Miniwanderkarte stellten sie mit Grauen fest: dass dies der Königssee war. Was tun? Weiter absteigen machte keinen Sinn, denn sie konnten St. Bartholomä nicht rechtzeitig erreichen. Es war mittlerweile Uhr und um 18 Uhr fuhr das letzte Schiff. Also kehrt Marsch. Alle waren geschockt und schon ziemlich müde. Sie wollten Winfried und Gerd per Handy verständigen, aber leider gab es keine Netzverbindung. Vor lauter Frust bewältigten sie nun den Aufstieg in 25 Minuten bis zum Abzweig und entdeckten das zwei Stunden zuvor übersehene Schild zum Funtensee. Kurz danach trafen sie dann auf Winfried. Abgekämpft nach 12 Stunden Marsch erreichen sie gemeinsam das Kärlinger-Haus. Barbara und Gerd haben inzwischen (eiskalt) geduscht und informieren die gerade Angekommenen, dass die Küche in einer ¼ Stunde schließt. Na dann nichts wie hin. Nach einem Wandertag über 12 Stunden hat man ja auch richtig Hunger.... Mit einigen Weizen wird dann die Bettschwere erreicht. Leider müssen wir unser Trinkgelage um 21:50 Uhr einstellen, denn ab 22 Uhr ist Bettruhe, sehr zum Leidwesen von Ernst. Montag, Der Treppenabstieg von unserem Schlafgemach im zweiten Stock um 6 Uhr fällt allen recht schwer. Das Frühstück stellt sich leider als etwas karg heraus. Beim ersten Blick vor die Tür liegt der Funtensee noch im Nebel, die Berge ringsherum werden aber von der Sonne angestrahlt

6 Die Route soll eigentlich über das Hundstodgatterl (2188NN) auf den höchsten Punkt der heutigen Wanderung führen. Diesmal macht Winfried einen Verhauer und wir gehen einen anderen Weg zum Trischübelpass. Diese Route erweist sich als kürzer und führt durch Bergwald über schmale Pfade und stellenweise Treppen aufwärts. Oben am Pass hat man einen grandiosen Blick auf den Großen Hundstod und die Watzmannsüdseite sowie Hocheisspitze und Hochkalter, nach dem Watzmann der zweithöchste Berg der Region. Der Weg führt dann 600 Hm bergab zur Wimbachgrießhütte Dort treffen wir unsere erholten und ausgeschlafenen Wanderer Ute und Wilfried, inzwischen auch wieder gehfähig. Nach einem gemeinsamen Mittagessen wandern wir durch das Wimbachtal in Richtung Berchtesgaden, immer mit Aussicht auf Hochkalter und Watzmann, zum Ziel an der Wimbachbrücke. Je weiter wir Richtung Ausgang des Tales kommen, desto heißer wird es. An der Wimbachklamm sind es wieder 30 ºC. Wir vermissen die schöne Bergluft, ohne Schwüle und Hitze. Am Parkplatz angekommen werden die restlichen Autos geholt. Ein Teil unserer Gruppe macht am Chiemsee noch einen Badestopp, die anderen fahren auf direktem Weg nach Hause

7 Winfried hat die Bergwanderung akkurat vorbereitet. Wir waren teilweise stundenlang allein unterwegs, abseits der Touristen- Routen in weitgehend unberührter Natur. Wir sahen im Nationalpark traumhafte Landschaften, haben tolle Blicke auf die Bergwelt geworfen und dank Gerd viele z.t. seltene Alpenblumen gesehen. Es war eine sehr anspruchsvolle Wanderung mit unvergesslichen Momenten. Hier gibt s den ganzen Bericht zum Download als pdf