Jahrbuch für Didaktik der Philosophie und Ethik 16 (2015)

Transkript

1 Jahrbuch für Didaktik der Philosophie und Ethik 16 (2015)

2 Jahrbuch für Didaktik der Philosophie und Ethik 16 (2015) Herausgegeben von Johannes Rohbeck

3 Philosophinnen im Philosophieunterricht ein Handbuch Herausgegeben von Ruth Hagengruber und Johannes Rohbeck Thelem 2015

4 Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter < abrufbar. Bibliographic information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche National biblio grafie; detailed bibliographic data is available in the Internet at < ISBN w. e. b. Universitätsverlag & Buchhandel Eckhard Richter & Co. OHG Bergstr. 70 D Dresden Tel.: 0351/ Fax: 0351/ Titelbild: Logo des Forschungsschwerpunktes»History of Women Philosophers and Scientists«der Universität Paderborn Thelem ist ein Imprint von w. e. b. Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Gesamtherstellung: w. e. b. Made in Germany.

5 Inhalt Vorwort 7 Ruth Hagengruber Die Geschichte der Philosophinnen 11 Ein Einblick in ihre Geschichte und ihre Argumente Teil I Die Etablierung von Philosophinnen im Schulkanon Marit Rullmann Philosophinnen in Schulbüchern 33 oder warum wir eine Quote für die Philosophiedidaktik benötigen Sarah Hutton Philosophy in Schools: a British Perspective 45 Teil II Spezifische Forschungsfelder zu Philosophinnen im Schulunterricht Maria Robaszkiewicz Hannah Arendt und die Frage, wie man politisch denken soll 53 Andreas Blank Philosophiedidaktik und Philosophinnen in der frühen Neuzeit 65 Überlegungen zu Anne Conway und Mary Astell Waltraud Ernst Donna Haraways»Manifest für Cyborgs«als Beispiel für Technikphilosophie in der Schule 77

6 Kevin M. Dear Nachdenken über das gute Leben 91 Martha Nussbaum über Gerechtigkeit und die Entwicklung menschlicher Fähigkeiten Teil III Schulpraktische Modelle für die Umsetzung Anita Rösch Texte von Philosophinnen mit Lernaufgaben erschließen 109 Barbara Brüning Gerechtigkeit ist eine»waagschale aus feinem Gold«125 Philosophinnen im Ethik- und Philosophieunterricht der Sekundarstufe I Daniela Zumpf Sappho und ihre Zugänge zu Abschied und Verlust unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt sexueller und geschlechtlicher Identitäten 149 Julia Lerius Philosophinnen im Philosophieunterricht 159 Integration von Philosophinnen in den Philosophieunterricht mit interdisziplinärem Schwerpunkt auf den Gleichheitsaspekt Zu den Autorinnen und Autoren 179 Jahrbuch für Didaktik der Philosophie und Ethik 13 (2012)

7 Vorwort Auf keinem Gebiet der Philosophiegeschichte sind in den letzten 30 Jahren so einschneidend neue Erkenntnisse erlangt worden, wie in der Erforschung der Werke von Philosophinnen. Heute liegt eine beträchtliche Menge an Material vor uns, das uns über die Geschichte der Philosophinnen von der Antike bis in die Gegenwart Auskunft gibt. Die Ergebnisse dieser Forschungen sind von erheblicher philosophiehistorischer und deshalb auch von gesellschaftlicher Relevanz.»Es gibt Länder, in denen uns erlaubt wird, zu regieren, aber keines, in dem wir erzogen werden, zu denken«, schreibt die einflussreiche Denkerin Emilie du Châtelet in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Ihre Schriften waren (immerhin) für Immanuel Kant Anlass, seine erste Publikation zu verfassen. Die reiche Tradition der Philosophinnen belehrt uns, dass Frauen, allem Ausschluss zum Trotz, nicht davon abgehalten werden konnten, über das zu reflektieren, was sie erfuhren, was sie wussten und daraus Schlüsse zu ziehen. Wir lernen zudem, dass dieser Ausschluss beileibe nicht in allen Epochen gleich stark war, ja, dass viele dieser Frauen sogar zu ihrer Zeit im Zentrum wichtiger Debatten standen. Sicherlich ist es auch erstaunlich, zu erkennen, dass die Schriften der Philosophinnen prinzipiell zugänglich waren, auch wenn sie nicht dem kanonisierten»malestream mainstream«angehörten. Es reicht, die Schriften der Philosophinnen nicht mehr willentlich auszugrenzen und zu verbieten, um sie allerorten und zu allen Zeiten auffinden zu können. Ein kleiner Teil dieser Einsichten soll in diesem Band präsentiert werden. Es ist dabei unser vorrangiges Ziel, den LehrerInnen Anregungen zu geben, indem wir aus unseren eigenen Erfahrungen und Forschungen berichten, wie wir diesen Stoff mit den Studierenden, die die künftigen LehrerInnen sein werden, erarbeiten. Bereits 1996 erhielt ich durch Dr. Peter Großkreuz vom Wissenschaftsministerium des Landes Rheinland-Pfalz den Auftrag und die Unterstützung, die Schriften der Philosophinnen zu erforschen, mit dem Ziel, Vorschläge zu unterbreiten, wie ihre Texte in den Philosophieunterricht integriert werden könnten. Mitte der neunziger Jahre verfügte ich über eine stattliche Sammlung an Texten von der Antike bis ins 19. Jahrhundert, publizierte Texte und lehrte im Philosophieunterricht aus diesen Schriften. Die Erkenntnisse, die ich durch den Ergänzungsband zum Ethikunterricht erlangt hatte, den ich 1998 an das Ministerium in Rheinland-Pfalz weiterleitete, sollten an die Studierenden weitergegeben werden. In regelmäßigen Veranstaltungen und Workshops zur LehrerInnenfortbildung habe ich mit meinem Team kontinuierlich an dem Ziel gearbeitet, die Werke von Philosophinnen in den philosophiegeschichtlichen Kanon zu integrieren und sie auch den LehrerInnen und SchülerInnen bekannt zu machen.

8 8 Dabei soll nicht verhehlt werden, dass dies nicht von allen KollegInnen gleichermaßen begrüßt wurde. Dies ist nicht zu erwarten und Ähnliches wird sich in den Schulen zeigen. Durch diese Gegenwehr motiviert, entwickelte ich eine Methode, die darauf basierte, dass ich den Studierenden Texte von Philosophinnen und Philosophen, zu vergleichbaren Themen und aus verwandten Epochen in blind readings vorstellte und so mit ihnen diskutierte. Diese Erfahrungen veranlassten mich, mich immer wieder auch für anonymisierte Rezeptionsprozesse einzusetzen, die in vielerlei Hinsicht wirksam gegen Formen der Ausgrenzung sind. Diese Auffassung vertrat ich auch im Rahmen der Hochschulrektorenkonferenz 2003 in Dresden. Der Ausschluss der Texte der Philosophinnen erfolgte nur allzu oft aus einer konformistischen Haltung, die auch von Frauen geteilt wird und/oder einer misogynen Tradition entspringt, die ihre eigenen Interessen durch Abwertung behauptet. Die»geringere Bedeutung«der Philosophinnen für unsere Theorietradition ist ein Argument, das einen Zirkelschluss generiert: Was im Kanon ist, ist gut, weil es im Kanon ist! So erscheint mir auch heute noch die Maßnahme Philosophieunterricht aus anonymisiertem Material zu lehren, durchaus praktisch, auch für den Einsatz in Schulen gründete ich an der Universität Paderborn den Lehr- und Forschungsschwerpunkt History of Women Philosophers and Scientists. Derzeit zählt das Fach Philosophie, dessen Leiterin ich seit 2007 bin, nahezu 900 Studierende. Fast zwei Drittel davon sind Lehramtsstudierende erweiterten wir das Modulangebot des Sommersemesters durch Angebote aus den Schriften der Philosophinnen. Im Wintersemester 2012/13 fand die erste Vorlesung zur Geschichte der Philosophinnen statt. Aus dieser Arbeit ist das Lehrbuch zur Geschichte der Philosophinnen für Schule und Studium hervorgegangen, das in diesem Jahr publiziert wird. Wir präsentieren dort Textausschnitte, die 2600 Jahre Philosophiegeschichte der Philosophinnen umspannen. Es folgt im Aufbau den Schulcurricula und ordnet die Texte methodisch in die philosophischen Disziplinen ein. Textbeispiele zur Anthropologie, Erkenntnistheorie, Ethik, zur Politischen Philosophie, Religionsphilosophie und Metaphysik, zur Wissenschaftstheorie und Technikphilosophie können dort gefunden werden und stehen künftig als ergänzendes Material für den Philosophieunterricht zur Verfügung.1 Aus den Kompetenzen des Teams haben sich internationale Kooperationen ergeben. Nun kann im Erasmus Austausch mit der Privatuniversität Yeditepe in Istanbul ein Master im Fach Philosophie mit dem Schwerpunkt Geschichte der Philosophinnen/ Geschichte der Philosophie (History of Women Philosophers/History of Philosophy) erworben werden, der auch für andere internationale Kooperationen zum Vorbild wurde. 1 Ruth Hagengruber, Julia Lerius, Antje Niemeyer, Lehrbuch zur Geschichte der Philosophinnen für die Schule und das Studium, Heidelberg Jahrbuch für Didaktik der Philosophie und Ethik 16 (2015)

9 Vorwort 9 Ich danke Professor Dr. Johannes Rohbeck, dass er uns die Möglichkeit gegeben hat, unsere Arbeit im Jahrbuch für Didaktik der Philosophie vorzustellen. Ferner danke ich den Kolleginnen Sarah Hutton, Waltraud Ernst, Marit Rullmann, Anita Rösch und Barbara Brüning, die mit ihren Arbeiten dazu beigetragen haben, das Terrain für die Philosophinnen zu bereiten. Ich danke meinem Team, Maria Robaszkiewicz, Dr. Andreas Blank, Kevin Dear, Daniela Zumpf. Ich danke auch jenen, die hier nicht beitragen konnten, aber den Lehr- und Forschungsbereich in ihrer je eigenen Weise unterstützen: Ana Rodrigues, Max Erdmann, Julia Mühl, Jessica Harmening und Vanessa Klopries. Vor allem aber danke ich Julia Lerius, die mich vorzüglich bei der Erstellung dieses Bandes unterstützt hat. Paderborn im Mai 2015 Ruth Hagengruber