Betreuungsrecht wie kann der Anwalt helfen?
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- Oskar Reuter
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1 Betreuungsrecht wie kann der Anwalt helfen? Wie jedes andere gerichtliche Verfahren hat auch das Betreuungsrecht Verfahrensvorschriften, die eingehalten werden müssen, zum Beispiel dann, wenn es darum geht, ob ein Betreuer bestellt werden soll oder nach dem Wunsch eines Beteiligten vielleicht besser nicht bestellt werden soll. Nach 26 FamFG hat das Betreuungsgericht die Verpflichtung, von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln, also die Tatsachen zu ermitteln, die Grundlage der zu findenden Entscheidung sind. Kommt es zu Verfahrensfehlern, kann je nach Schwere des Verfahrensfehlers die getroffene Entscheidung nichtig sein oder zumindest angreifbar. Die nachfolgenden Aspekte sind keine vollständige Liste aller denkbaren Verfahrensfehler, sondern sollen aufzeigen, dass es vielfältige Fehlermöglichkeiten gibt; derjenige, der zum Beispiel nicht wünscht, dass eine Betreuung eingerichtet oder eine bestimmte Person zum Betreuer bestellt wird, wird naturgemäß nach derartigen Verfahrensfehlern suchen lassen, um das unerwünschte Ergebnis zu verhindern. Für den Betroffenen hat meine nachfolgende Auflistung den Sinn, einen ersten Überblick darüber zu gewinnen, welche Ansatzmöglichkeiten es gibt, eine unerwünschte Entscheidung anzugreifen. Beachten Sie bitte auch den praktischen Tipp am Schluss dieser Zusammenstellung. 1. Fehler bei der Sachverhaltsermittlung Die nachfolgende Fehlerliste stellt gewissermaßen nur eine Sammlung von Überschriften dar, um Ihnen eine erste Vorstellung zu geben, an welcher Stelle die kritische Prüfung des Verfahrens ansetzen kann. Um zu ermitteln, ob die einzelnen aufgeführten Sachverhalte (Fehler) tatsächlich gegeben sind, heißt es in jedem Einzelfall jeweils tiefer einzusteigen, die Rechtsprechung und Kommentierung heranzuziehen und zu prüfen, inwieweit durch den vorliegenden Sachverhalt die entsprechenden gesetzlichen Kriterien erfüllt sind. Derartige Fehler sind also zum Beispiel: - Die persönliche Anhörung des Betroffenen war nicht erschöpfend - die einzelnen Aufgabenkreise, die dem Betreuer übertragen werden sollen, wurden nur unzulänglich hinsichtlich der Erforderlichkeit der Übertragung dieser Aufgaben geprüft - unzureichende Ermittlung zur Frage, ob eine Betreuerbestellung überhaupt erforderlich ist, wenn - eine Vorsorgevollmacht war errichtet worden die Frage, ob dennoch die Bestellung eines Betreuers erforderlich war, wurde nicht erschöpfend überprüft
2 - ein Angehöriger sollte als Betreuer bestellt werden dessen Eignung wurde nicht hinreichend überprüft - es wurde nicht ausreichend überprüft, ob eine Kontrollbetreuung erforderlich ist - unkritische, ungeprüfte Übernahme von fremdanamnestischen Angaben im Hinblick auf den Betroffenen - Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts - das Vorliegen der gesetzlich festgelegten Voraussetzungen hierfür wurde nicht hinreichend ermittelt - im Aufhebungsverfahren: der Amtspflicht zur Überprüfung der Notwendigkeit einer weiteren Aufrechterhaltung der Betreuung wurde durch unterlassene oder nicht ausreichende Ermittlungen nicht entsprochen. Während des laufenden Verfahrens können Beteiligte allenfalls das Gericht darauf hinweisen, dass aus ihrer Sicht konkrete weitere Ermittlungen noch geboten erscheinen. Dabei bleibt es dem Gericht überlassen, in welchem Umfang es derartigen Hinweisen nachgeht. Erst dann, wenn ein Beschluss vorliegt, durch den ein Betreuer bestellt oder die Bestellung abgelehnt wird, kann dagegen mit der Beschwerde vorgegangen werden. 2. Schwierigkeiten hinsichtlich der Teilnahme am betreuungsrechtlichen Verfahren Die so genannten Muss-Beteiligten, die in 7 FamFG aufgeführt sind, sind gewissermaßen automatisch am jeweiligen Verfahren beteiligt: - der Betroffene selbst - der Betreuer, jedoch nur, in dem Umfang, in dem sein Aufgabenkreis betroffen ist, - der Bevollmächtigte, soweit sein Aufgabenkreis betroffen ist, - vom Tag der Bestellung an: der Verfahrenspfleger - sofern die Betreuungsbehörde einen Antrag stellt, ist auch sie Beteiligte, wenngleich in einem gesetzlich eingeschränkten Umfang - und ein Dritter, der die Betreuung angeregt hat, sofern es für diesen um die Geltendmachung von eigenen Rechten gegen den Betroffenen geht. Weiterhin besteht die Möglichkeit, in bestimmten Verfahren (z.b. zur Bestellung eines Betreuers oder hinsichtlich der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts als Kann- Beteiligter gem. 7 Abs. 3 FamFG teilzunehmen, jedoch nur im Interesse des Betroffenen, für folgende Personen: - dem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten bzw. Lebenspartner des Betroffenen - Eltern, Großeltern bzw. Pflegeeltern des Betroffenen - Abkömmlinge des Betroffenen - Geschwister des Betroffenen - und eine Person des Vertrauens des Betroffenen. 3. Rechte des Betroffenen im betreuungsrechtlichen Verfahren
3 Nach 275 FamFG gilt der Betroffene in diesem Verfahren als verfahrensfähig; die Frage, ob der Betroffene tatsächlich noch geschäftsfähig ist, ist nicht zu prüfen. Folglich kann der Betroffene selbst rechtlich wirksam in jedem Falle mit einem Rechtsanwalt für das betreuungsrechtliche Verfahren einen Anwaltsvertrag abschließen. Im Verfahren hat der Betroffene sämtliche rechtlichen Verfahrensbefugnisse wie jeder andere Beteiligte auch, verfügt also über folgende Rechte: - Anspruch auf eigenes rechtliches Gehör, Einsicht in sämtliche Aktenvorgänge, die in der Betreuungsakte die richterliche Entscheidung vorbereiten, also zum Beispiel: das im Verfahren über den Betroffenen erhobene Gutachten, den Sozialbericht, die Ergebnisse der gerichtlichen Ermittlungen und einer Beweisaufnahme - Akteneinsicht (Ausnahme: es stehen schwerwiegende Interessen eines Beteiligten oder eines Dritten entgegen, 13 Abs. 1 FamFG) - Recht zum eigenen Tatsachenvortrag im Verfahren - eigenes Antragsrecht hinsichtlich persönlicher Anhörung des Sachverständigen zur Erläuterung des von diesem erstellten Gutachtens - Bekanntgabe der ergangenen Entscheidung - eigene Einlegung oder Rücknahme von Rechtsmitteln. Das alles gilt auch dann, wenn in diesem Verfahren für den Betroffenen ein Verfahrenspfleger bestellt wurde. Wie für die anderen Beteiligten auch, kann der Betroffene während des laufenden Verfahrens auch dann, wenn er durch einen eigenen Anwalt vertreten wird dem Gericht nur Hinweise bezüglich weiterer Ermittlungen et cetera mitteilen lassen, erst dann, wenn eine Entscheidung durch Beschluss ergangen ist, kann ein Rechtsmittel eingelegt werden. 4. Fehler im Zusammenhang mit der Bestellung des Verfahrenspflegers Ein Verfahrenspfleger ist nur dann zu bestellen, wenn der Betroffene nicht schon durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, 276 Abs. 4 FamFG. Das Gericht hat zu prüfen, ob zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen die Bestellung eines Verfahrenspflegers erforderlich ist, 276 Abs. 1 FamFG. Hierbei geht es um verschiedene Aspekte, hinsichtlich derer die verschiedenen Fallsituationen und die dazu vertretenen Entscheidungen entsprechend des jeweiligen Sachverhaltes differenzierend zu berücksichtigen sind. Häufige Fehler in der Alltagspraxis: - es wird kein Verfahrenspfleger bestellt, diese Entscheidung aber nicht begründet - es wird ein Verfahrenspfleger bestellt, aber nicht darauf geachtet, dass vorrangig ein ehrenamtlich Tätiger zu bestellen ist.
4 Auch hier besteht wieder nur die Möglichkeit, im laufenden Verfahren dem Gericht einen Hinweis zu geben. Soweit diese nicht beachtet wird, kann Rechtsmittel gegen die richterliche Entscheidung im Betreuungsverfahren eingelegt und auf diesem Weg auch der mögliche Fehler im Verfahren zur Bestellung des Verfahrenspflegers gerügt werden. In der Kommentierung wird angeregt, die gesamte Problematik der Verfahrenspfleger- Bestellung dadurch zu umgehen, dass der Anwalt des Vertrauens des Betroffenen im Verfahren über die Betreuung mandatiert wird. Aufgrund der oben bereits erwähnten gesetzlichen Regelung ( 276 Abs. 4 FamFG) entfällt bei anwaltlicher Vertretung die Notwendigkeit, einen Verfahrenspfleger zu bestellen. 5. Fehler im Zusammenhang mit der persönlichen Anhörung des Betroffenen Bei der vom Gesetz ( 278 Abs. 1 FamFG) geforderten persönlichen Anhörung des Betroffenen durch das Gericht bestehen beispielsweise folgende Quellen von Verfahrensfehlern: - Ort der Anhörung fehlerhaft wäre es, wenn die Fallsituation es notwendig macht, den Betroffenen in seiner üblichen Umgebung anzuhören, die Anhörung aber anderwärts, zum Beispiel im Gerichtsgebäude, stattfindet. - Unzulängliche oder gar vollständig fehlende anfängliche Unterrichtung des Betroffenen über den Inhalt der Anhörung. - Fehler bei der Ladung der Teilnehmer an der Anhörung, beispielsweise: ein Verfahrensbevollmächtigter wird weder über den Termin informiert noch dazu geladen. - Vollständiges Unterlassen der Anhörung des Betroffenen, obwohl kein rechtlich anerkannter Grund zum Beispiel: gemäß einem ärztlichen Gutachten drohen gravierende Nachteile für die Gesundheit des Betroffenen - vorliegt. Im laufenden Verfahren kann wie oben schon mehrfach erwähnt hinsichtlich derartiger Fehler das Gericht nur entsprechend darauf hingewiesen werden. Unterbleibt dennoch die persönliche Anhörung des Betroffenen und wird ein Betreuer bestellt, so ist dies ein massiver Verfahrensfehler. Die entsprechende Entscheidung des Betreuungsgerichts wird in der Regel aufzuheben sein, sofern die Anhörung nicht in der Beschwerdeinstanz nachgeholt wird. 6. Fehler im Zusammenhang mit der Begutachtung des Betroffenen Im Kontext des notwendigen Gutachtens sind zahlreiche Verfahrensfehler denkbar, hier gleichfalls nur beispielhaft skizziert werden können: - obwohl gesetzlich erforderlich ( 280, 281 FamFG) wird vor der Bestellung des Betreuers kein Gutachten eingeholt - das Gericht beauftragt einen Arzt, der die notwendige Qualifikation des Sachverständigen (Regelfall: Facharzt für Psychiatrie) nicht hat
5 - das Gutachten entspricht nicht den Anforderungen, die an die inhaltliche Qualität zu stellen sind (zahlreiche Fehlerquellen) - dem Gutachter unterlaufen Fehler in der Vorgehensweise, zum Beispiel unterlässt er die notwendige persönliche Untersuchung - Verfahrensfehler des Gerichts, zum Beispiel unterlassene Information an den Betroffenen über die Einleitung des Verfahrens oder unterlassene Zusendung des Gutachtens an den Betroffenen, - inhaltlich: fehlende eigene kritische Würdigung des Gutachtens durch das Gericht Auch hier kann das Vorgehen des Gerichts Anordnung einer Begutachtung nicht isoliert angegriffen werden, 58 Abs. 1 FamFG; ebenso wenig stehen Rechtsmittel dagegen zur Verfügung, dass der Gutachter oder das Gericht im Verlaufe dieses Vorgangs verfahrensfehlerhaft handeln. Es sind also wiederum nur Hinweise im laufenden Verfahren möglich. Rechtsmittel kann erst gegen die Endentscheidung eingelegt werden. 7. Formfehler in der gerichtlichen Entscheidung Der gerichtliche Beschluss über die Bestellung eines Betreuers ist unwirksam, wenn folgende vom Gesetz ( 38, 39, 286 FamFG) geforderte Angaben darin nicht enthalten sind: - Bezeichnung des Betroffenen, seines gesetzlichen Vertreters, gegebenenfalls seines Bevollmächtigten - Bezeichnung des Betreuers mit detaillierten Angaben - Darlegung der Aufgabenkreise des Betreuers und der etwa vom Einwilligungsvorbehalt erfassten Aufgabenkreise. Weitere Formfehler führen zur Angreifbarkeit des Beschlusses. Inhaltlich wichtigster Fehler ist eine fehlende Begründung. Eine Begründung fehlt auch dann, wenn zwar der Beschluss mit Gründen versehen ist, aber zu einzelnen Positionen die gesetzlich erforderlichen begründenden Darlegungen fehlen, beispielsweise: es wird nicht dargelegt, weswegen es erforderlich ist, dem Betreuer genau die Aufgabenkreise zu übertragen, die ihm durch den Beschluss anvertraut werden. MEIN TIPP: Wenn Sie für eine Ihnen nahestehende Person oder für sich selbst mit diesen Themen befasst sind, rege ich an, wie folgt zu verfahren: - schaffen Sie möglichst umfassende Dokumentation, - indem Sie sämtliche die Betreuungs-Thematik betreffenden Schriftstücke sammeln und geordnet aufbewahren und - indem Sie über Besprechungen mit anderen mit diesem Verfahren befassten Personen (Sachverständige, Behörden, Gerichte) protokollartige Aufzeichnungen zeitnah
6 anfertigen, damit Sie sich auch später noch genau daran erinnern können, wer wann wem was mitgeteilt hat; - überlegen Sie, wer Sie bei Ihrem Bemühen unterstützen kann und dies voraussichtlich auch tun wird, zum Beispiel behandelnde Ärzte. Bedenken Sie bitte: Der unerwünschte Zustand wird sich von alleine nicht beseitigen, ihn zu ignorieren, hilft Ihrer Sache leider nicht; daher: - werden Sie sobald als möglich aktiv, - insbesondere aktiv darin, sich baldmöglichst fachkundigen Rechtsrat zu verschaffen, damit nicht aus Unkenntnis der Rechtslage missverständliche und später nachteilig interpretierte Äußerungen zu irgendeiner Akte erklärt werden oder die erforderlichen Erklärungen aus Unkenntnis unterbleiben. Ich helfe Ihnen gerne mit Recht!
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