Die Basis-Sicherung. Eine Kronensicherung zur Erhaltung von geschädigten Altbäumen

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1 Die Basis-Sicherung Eine Kronensicherung zur Erhaltung von geschädigten Altbäumen Marcus Pietruschinski, Baumpflegeteam Bodensee, Owingen An mehreren Standorten in Süddeutschland ist es bei stärkeren Windereignissen an Altbäumen mit kodominanten Stämmlingen zum Einreißen von Zwieseln beziehungsweise zum Ausbrechen von Stämmlingen gekommen, obwohl Kronensicherungen als Bruchsicherungen regelkonform eingebaut waren (Abbildung 1). Hierdurch werden die betroffenen Bäume stark geschädigt und die Lebenserwartung verkürzt sich bzw. sie werden vorzeitig gefällt. Es stellt sich die Frage, wie sich solche Ausbrüche verhindern lassen, um ökologisch und historisch wertvolle und wichtige Altbäume zu erhalten. Ein Lösungsansatz hierfür bietet die so genannte Basis-Sicherung. Hierbei handelt es sich um eine Kronensicherung, die sehr tief im Bereich der Vergabelung eingebaut wird (Abbildung 2). Die Basis-Sicherung soll als statische Sicherung horizontal ohne Durchhang eingebaut werden und dient als Ergänzung zu Kronensicherungen (Bruchsicherungen), die in 2/3 Höhe eingebaut sind. Sie verhindert das Ausbrechen von Stämmlingen und somit auch mögliche Sach- und Personenschäden. Abbildung 1: Die Vergabelung war vormals eingerissen. Trotz statischer Kronensicherungen in zwei Ebenen konnte der Ausbruch des Stämmlings nicht verhindert werden. In der Praxis findet diese Art der Kronensicherung jedoch nur sehr selten Verwendung, da Kronensicherungen üblicherweise höher eingebaut werden. Lediglich die aus baumchirurgischen Zeiten übrig gebliebene Verbolzung von

2 eingerissenen Vergabelungen wirkt auch im Bereich der Vergabelung als statische Sicherung. Da es sich bei der Verbolzung um ein Verfahren handelt, das zu sehr starken Verletzungen am Baum führt, kommt diese selten zum Einsatz und ist bei schwach abschottenden Baumgattungen/-arten und bei vitalitätsgeschwächten Altbäumen nicht zu empfehlen. Hier stellt die statische Basis-Sicherung eine verletzungsfreie Alternative zur Verbolzung dar. Um die Funktionalität einer Basis- Sicherung zu gewährleisten muss sie sehr straff eingebaut werden, da sich die Stämmlinge im Vergabelungsbereich nicht bewegen dürfen. Aus diesem Grund werden die Gurtbänder häufig abgechockt ( gewürgt ) angebracht. Einwachsungen der Gurtbänder sind bei regelmäßiger Kontrolle und Austausch nur sehr selten zu erwarten, da Altbäume nur noch ein geringes Dickenwachstum haben. Für die Basis-Sicherung kommen Abbildung 2: Die Basis-Sicherung muss sehr dicht an der Vergabelung eingebaut werden. Empfehlenswert ist eine maximale Einbauhöhe des zweifachen Stämmlingsdurchmessers oberhalb der Vergabelung. handelsübliche Materialien wie Gurtbänder und Stahlseile zum Einsatz. Um die hohen Kräfte aufnehmen zu können, müssen jedoch Materialien mit hohen Mindestsystembruchlasten verarbeitet werden. Aus diesem Grund wird sehr häufig zu Gurtbändern in Kombination mit Stahlseilen gegriffen (Abbildung 3). Für die Verwendung von Stahlseilen ist jedoch systembedingt ein Mindestmaß an Raum zwischen den Stämmlingen erforderlich. Ist dieser Platz nicht vorhanden, kann anstelle des Stahlseiles ein Schäkel verwendet werden (Abbildung 4). Im Bereich der Vergabelung gestaltet sich der Einbau der Basis-Sicherung häufig schwieriger als in der oberen Krone, da hier keine Äste zum Anbringen der Gurtbänder vorhanden sind. Um ein Herunterrutschen an den Stämmlingen zu verhindern, kann eines der Gurtbänder zweimal um den Stämmling gelegt werden (Abbildung 5). Aus diesem Grund kommen hierfür längere Gurtbänder als üblich zum Einsatz.

3 Abbildung 3: Schematische Darstellung einer Basis-Sicherung mit Gurtbändern und Stahlseilen. Für Stämmlinge, die sehr eng gewachsen sind und somit über eine lange Strecke keine Möglichkeit bieten, eine Basis- Sicherung einzubauen, wurde die umlaufende Stammsicherung entwickelt (Abbildung 6). Hierbei handelt es sich um ein hochfestes Textilband, das im Vergabelungsbereich um den Baumstamm bzw. um die Stämmlinge gespannt wird. Dies kann auch in mehreren Ebenen erfolgen, speziell wenn die Stämmlinge eng beieinander stehen. Um negative Auswirkungen wie etwa Assimilatestau für den Baum so gering wie möglich zu halten, werden Kunststoffmatten unterlegt. Sie sorgen dafür, dass es lediglich punktuell zu Anpressungen am Baum kommt. Um ein Einwachsen zu verhindern, sind regelmäßige Überprüfungen und bei Bedarf ein Nachstellen des Textilbandes erforderlich. Die Basis-Sicherung kann bei verschiedenen Fallkonstellationen an Altbäumen als Ergänzung zu bereits vorhandenen Kronensicherungen zum Einsatz kommen Bäume mit V-förmigen Vergabelungen (Druckzwiesel), bei denen die Vergabelung eingerissen ist. In diesem Fall verhindert die Basis-Sicherung das Ausbrechen des Stämmlings. Bei Bäumen mit einer Fäule im Vergabelungsbereich und noch ausreichenden Restwandstärken; auch in diesem Fall wird das Ausbrechen eines Stämmlings verhindert.

4 Abbildung4: Schematische Darstellung einer Basis-Sicherung mit Gutbändern und Schäkel. Diese Art der Verbindung kommt zur Anwendung, wenn nicht genügend Platz für ein Stahlseil vorhanden ist. Für den Einsatz einer Basis-Sicherung sprechen mehrere Gründe. Mit relativ geringem Aufwand ermöglicht ihr Einbau, Altbäume, die kodominante Vergabelungen aufweisen, zu erhalten und die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Bei der Basis-Sicherung handelt es sich im Vergleich zur Verbolzung um ein verletzungsfreies Verfahren, das besonders gut geeignet ist geschwächte bzw. schwach abschottende Gehölze zu sichern. Abbildung 5: Das Gurtband dieser Basis-Sicherung ist am dünneren Stämmling doppelt umschlungen, um ein Herunterrutschen zu verhindern.

5 Die Basis-Sicherung birgt auch Nachteile. Aufgrund der niedrigen Einbauhöhe und der daraus resultierenden geringen Hebellänge müssen Materialien mit hohen Mindestsystembruchlasten verwendet werden. Durch den straffen Einbau der Materialien kann es durch das Dickenwachstum des Baumes zum Einwachsen der Gurtbänder kommen. Deshalb sind regelmäßige Kontrollen und kürzere Austauschintervalle als bei herkömmlichen Kronensicherungen erforderlich. Abbildung 6: Die umlaufende Stammsicherung ist eine Variante der Basis-Sicherung, wenn die Stämmlinge sehr eng beieinander stehen. Zur Anwendung kommt hierfür ein hochfesten Textilband. In der ZTV-Baumpflege ist die Basis-Sicherung nicht aufgeführt. Sie ist somit nicht Gegenstand der anerkannten Regeln der Technik. Die ZTV-Baumpflege ist die Grundlage für ein fachgerechtes Verhalten im Normalfall. Bei Altbäumen mit großen Kronen und umfangreichen Schäden handelt es sich jedoch um Sonderfälle, bei denen von den anerkannten Regeln der Technik abgewichen werden kann. In der Praxis wird die Basis-Sicherung bereits seit mehreren Jahren erfolgreich unter anderem auf der Insel Mainau am Bodensee angewendet. Dort hatten in der Vergangenheit häufig auftretende Sommergewitter mit starken Winden zum Einreißen von V-förmigen Vergabelugen und zum Ausbrechen von Stämmlingen bei Bäumen mit Kronensicherungen geführt. Deshalb war es wichtig, an diesem touristisch stark frequentierten Ort mit umfangreichem Altbaumbestand Verfahren zu entwickeln, die auch bei extremen

6 Wetterereignissen die Verkehrssicherheit gewährleisten und gleichzeitig die Altbäume in ihrem Erscheinungsbild so lange wie möglich erhalten. Literatur: DUJESIEFKEN, D.; LIESE, W. 2008: Das Codit-Prizip. Von den Bäumen lernen für eine fachgerechte Baumpflege, Haymarket Media, Braunschweig, 159 S. GILMAN, E. F., 2012: An illustrated Guide to Pruning, 3. Ausgabe, Delmar, Clifton Park, 476 S. KLUG, P., 2006: Praxis Baumpflege - Kronenschnitt an Bäumen, Arbus-Verlag, Steinen, 191 S. PIETZARKA, U., 2008: Grundlagen eines fachgerechten Gehölzschnitts In: Roloff, A., (Hrsg.) Baumpflege, Ulmer Verlag, Stuttgart, SCHRÖDER, K. 2002: Die Auffangsicherung, integrales Element der Kronensicherung, bi GaLaBau : SINN, G., 2009: Baumkronensicherungen, Ulmer Verlag, Stuttgart, 87 S. SMILEY, E. T.; LILLY, S. 2001: Tree support systems: Cabling, Bracing, and Guying, Best Management Practices, International Society of Arboriculture, Champaign, 30 S. ZTV-Baumpflege 2006: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Baumpflege. 5. Auflage, Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung, Landschaftsbau, Bonn, 71 S. Text und Fotos: Marcus Pietruschinski Zeichnungen: Roland Fuchs

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