Entomologische Blätter

Transkript

1 Ent. Bl. (2002) 98: Heft 3, 30. Juni / Entomologische Blätter Goecke & Evers, Keltern Cercyon austriacus VoGT, ist synonym zu Cercyon inquinatus WoLLASTON, 1854 (Coleoptera, Hydrophilidae) Von GüNTER HoFMANN, Stockstadt a. M. & GüNTER FLECHTNER, Frankfurt Abstract: To determine a collected Cerryon sp. unknown to us Cerryon austriacus VoGT, and Cercyan inquinatus Wou.ASTON, 1854 were compared with. As a result it turned out i:hat C. austriacus is a younger synonym to C. inquinatus. Key words: Cerryon austriacus, Cerryon inquinatus, new synonym Einleitung Anlässtich des Fundes eines Cerryon-Exemplars von ANDRE SKALE im thüringisch-bayerischen Grenzgebiet, der mit VoGT (1971) und HEBAUER (1989) in den Bänden 3 und 12 der "Käfer Mitteleuropas" nicht zu bestimmen war, wurde das Tier mit verschiedenen Cerryon spec. aus der Sammlung VoGT im Senckenberg-Museum Frankfurt (SMF) sowie mit drei Exemplaren Cerryon inquinatus WalLASTON aus dem Zoologischen Museum der Universität Lund, Schweden, (ZMUL) verglichen. Dabei kam der Verdacht auf, dass C. inquinatus und der von VoGT aus Niederösterreich beschriebene Cerryon austnacus VoGT, der gleichen Art zugehören. Ergebnisse Auf der Suche nach der Identität eines auf den Flügeldecken stark chagrinierten Cercyon mit tiefen Flügeldeckenstreifen und dünner Behaarung lieferte der Bestimmungsschlüssel in CHIESA (1959) Cercyon inquinatus WoLLASTON, Allerdings beschrieben PALM (1977) und D'ÜRCHYMONT (1940) diese Art als ausgesprochen glatt und glänzend. Vom Zoologischen Museum der Universität Lund ausgeliehenes Material aus Teneriffa und IllinoisiUSA bestätigten diese Beschreibung. Mit dünner Behaarung wird auch Cercyon austriacus von VoGT (197 4) beschrieben. Auf der Suche nach dem Halotypus in der Sammlung VOGT im Senckenberg-Museum Frankfurt blieb dieser zunächst verschollen, dafür fanden sich dort aber zahlreiche Paratypen vom Fundort des Typus in Schauboden, Niederösterreich. Eine intensive Nachsuche in der Hauptsammlung des Senckenberg-Museums erbrachte dann eine Überraschung: der gesuchte Halotypus steckte dort mit dem Etikett "Cercyon inquinatus WoLL. I typo camp. I det.

2 226 GüNTER HoFMANN & GüNTER FLECHTNER SHATROVSKIY 1984" versehen. In HANSEN (1999) wird C. austriacus als valide Art (Verbreitung: Österreich) geführt. Eine Veröffentlichung von SHATROVSK.IY zu dieser Art konnte nicht aufgefunden werden, auch schlugen versuchte Kontaktaufnahmen zu ihm fehl. Dieses war für uns der Anlass, den VoGT'schen Typus mit dem ausgeliehenen Material aus Lund zu vergleichen. Ein Weibchen mit dem Etikett "Teneriffa Bajamar PALM / Cercyon inquinatus WoLL. Det. TH. PALM" ist zu seiner Bestimmung laut PALM (1977) mit Typus von WoLLASTON aus Madeira verglichen worden. Die beiden anderen Exemplare, beides Männchen, stammen aus der Serie von 89 Tieren, die A. SMETANA in Illinois, USA gesammelt und in SMETANA (1979) ausführlich beschrieben hat. Zusätzlich wurden noch zwei Paratypen von Cercyon knischi J. MüLLER, 1924 aus dem Museo Civico di Storia Naturale di Trieste in den Vergleich einbezogen. Diese Art wurde schon von n'orchymont (1940) mit Cercyon inquinatus synonymisiert. Bei den Vergleichen stellte sich deutlich heraus, dass Cercyon austriacus VoGT, Cercyon knischi J. MüLLER und Cercyon inquinatus WoLLASTON der gleichen Art zugehörig sind, die aus Prioritätsgründen Cercyon inquinatus WoLLASTON, 1854 heißen muss. Nach HANsEN (1999) besitzt diese Art folgende Verbreitung: Paläarktis (Azoren, Kanarische Inseln, Madeira, Kroatien, Italien), Nearktis (USA: Illinois), Neotropis (Brasilien), Afrotropis (Maskarenen), Orientalis (Indonesien: Java), Australis (Neukaledonien). Das weltweite Verbreitungsbild mit dem Vorkommen in allen zoogeografischen Regionen und der Vorliebe für Inseln lässt auf Verschleppung durch den Menschen, eventuell schon in historischer Zeit schließen. Sie scheint gleichmäßig warme Temperaturen über das ganze Jahr hinweg zu bevorzugen. Die Körperform von C. inquinatus ist ziemlich stark konvex und ausgesprochen breit oval (Abb. 1 ). Die dorsale Oberfläche ist glänzend und besitzt eine äußerst feine, dünne und nur bei schräger Beleuchtung erkennbare Behaarung (Abb. 2). Die Grundfarbe ist ein sehr dunkles Rotbraun. Kopf und Halsschild sind insgesamt heller, der Halsschild besonders an den Rändern. Auf den Flügeldecken sind Aufhellungen um das Schildchen, an der Schulter und am Flügeldeckenende erkennbar, besonders auffällig ist aber immer der durchgehend hellere Nahtzwischenraum. Die Unterseite ist mit Ausnahme des etwas dunkleren Prosternalkiels, der Mesosternallamelle sowie der glänzenden Mittelfläche des Metasternums heller braunrot, ebenso alle Körperanhänge. Die Punktierung des Kopfes ist fein und mäßig dicht, zum Scheitel wird sie tiefer. Der Halsschild ist in Stärke und Dichte ähnlich punktiert wie die Kopfmitte, ebenso die Flügeldeckenzwischenräume, dort aber nicht ganz so dicht. Eine Mikroskulptur ist bei 100- facher Vergrößerung auf der ganzen Oberseite nicht erkennbar. Die 9 Flügeldeckenpunktstreifen sind vollständig und deutlich eingedrückt, am Apex fast bis zum Ende. Nach vorn und zur Seite hin lässt die Streifentiefe nach, so dass dort auch isolierte Punkte stehen. Die Zwischenräume sind durchgehend fast flach, nach hinten zu werden sie etwas gewölbter. Die Mesosternallamelle ist schmal (Index Länge:Breite = 4,0) und vorne sowie hinten zugespitzt. Das Metasternum besitzt keine Schenkellinien. Seine Mittelfläche ist glatt und glänzend, mäßig stark und dicht punktiert, mit zwei grubigen Vertiefungen vor dem letzten Drittel. Charakteristisch für alle untersuchten Tiere ist der Aedoeagus, insbesondere sind es die Parameren. Diese laufen auf ihrer halben Länge parallel und sind nur durch einen schmalen Zwischenraum getrennt. Danach biegen sie nach außen um und verschmälern sich, ihre feinen Spitzen sind dann

3 Cerryon austriacus VOGT, ist synonym zu Cerryon inquinatus WoiLASTON, Abb. 1: Cerryon inquinatus, Habitus (Foto: HoFMANN) Abb. 2: Cerryon inquinatus, rechte Flügeldecke mit Haaren (Foto: HoFMANN) wieder nach innen gekrümmt. Mit dem Penis zusammen ergibt sich so das Bild einer mit einem Umhang bekleideten Figur, deren Arme sich himmelwärts recken (Abb. 3a). Weder die Aedoeagus Abbildung in VoGT (197 4) noch die Paramerenzeichnung bei SMETANA (1979) geben diese Details in dieser Art und Weise wieder. Bei VoGT (197 4) ist die Form der Parameren zu wenig detailgetreu, bei SMETANA (1979) sind diese unnatürlich nach außen gespreizt dargestellt. Bei dem von VoGT (1968) als "Lyra" bezeichnetem Genitalsegment fallt auf, dass der löffelartige Mittelteil auf die Seite der rechten Seitenspange geneigt ist und diese teilweise überdeckt, was auch schon SMETANA (1979) so gezeichnet hat, nicht aber VoGT (1974). Unterschiede waren für uns in der Breite des Mittelteils zu erkennen: bei den Tieren aus Niederösterreich war es konstant schmaler als bei den Stücken aus Illinois (Abb. 3b, c). Schlüssel Die Art ist wie folgt in den Schlüssel in VoGT (1971) im Band 3 der "Käfer Mitteleuropas", S.17 nach Cerryon lateralis (MARSHAM) einzufügen: 13 Grundfarbe der Fld. dunkel rotbraun bis fast schwarz. Körper stark gewölbt. Hsch.S. meist nur bis zu den H.Ecken gerandet, der Rd. selten sehr fein eine kurze Strecke auf die Basis verlängert... 13a

4 228 GüNTER HOFMANN & GüNTER FLECH1NER I I 0.5 mm a b Abb. 3: Cercyon inquinatus, Genitalapparat. a: Aedoeagus, b: "Lyra", Illinois, USA, c: "Lyra", Schauboden, Österreich (Originalzeichnung HOFMANN) 13a Grundfarbe der Fld. gelbbraun oder gelb. Flacher. Die S.Randlinie des Hsch. ist stets um die H.Ecken gebogen, so dass die Basis beiderseits außen auf etwa 1/3 der Breite gerandet erscheint Punktierung auf Hsch. und Fld. dichter und kräftiger, am 2. und 3. Zwischenraum hinter dem Schildchen ca. 5-6 Punkte nebeneinander. Körperform schmaler, Index Fld.länge (gemessen vom Schildchenvorderrand bis Fld.nahtende) zu größter Fld.breite 1,19-1,23, nach hinten verschmälert. Körperoberseite unbehaart. Hsch. in der Mitte dunkel mit helleren Seitenrändern, oft dunkler als die Fld. Fld. meist braunrot mit unscharfen Verdunklungen von der Mitte aus zur Seite hin, die verschieden umfangreich sein können und von leichten Andeutungen bis zur fast vollständigen Verdunklung reichen können. Nahtstreifen dunkler als die immer aufgehellte Spitze. Überall hfg lateralis (MARSH.) Punktierung auf Hsch. und Fld. weniger dicht und schwächer, am 2. und 3. Zwischenraum ca. 3-4 Punkte nebeneinander. Körperform gedrungen, Index Fld. L/B 1,10-1, 16, hinten breit abgerundet. Bei schräger Beleuchtung ist v.a. auf den Fld., aber auch auf Kopf u. Hsch. eine äußerst dünne Behaarung erkennbar. Hsch. meist etwas heller als die Fld., mit helleren Seiten-, Vorder- und Hinterrändern. Fld. dunkel braunrot, mit Aufhellungen an

5 Cerryon austriacus V OGf, ist synonym zu Cerryon inquinatus WoiLASroN, der Schulterbeule, an der Naht und der Fld.spitze. Ozeanisch und subtropisch weltweit verbreitet, in ME bisher nur in Niederösterreich a inquinatus WoLL. Danksagung Wir danken RoY DANIELSSON vom Zoologischen Museum der Universität Lund, DAMIR KovAc vom Senckenberg-Museum in Frankfurt sowie ANDREA CoLLA vom Museo Civico di Storia Naturale di Trieste für die bereitwillige Ausleibung ihres Materials sowie ALEs SMETANA für die Überlassung eines Sonderdrucks. Literatur CHIESA, A. (1959): Hydrophilidae Europae. Coleoptera Palpicornia. -Bologna, 200 pp. HANSEN, M. (1999): World Catalogue of Insects Vol. 2. Hydrophiloidea (s. str.) (Coleoptera) - Apollo Books, Stenstrup, 416 pp. HEBAUER, F. (1989): Familienreihe Hydrophiloidea (Palpicornia). -In: LoHSE, G. A., LucHT, W. H.: Die Käfer Mitteleuropas Band 12: 1. Supplementband: Goecke & Evers, Krefeld. ÜRCHYOMT, A. o' (1940): Synonymie d'un Cerryon italien.- Ball. Soc. ent. Ital. 72: 45. PALM, T. (1977): Zur K.enntnis der I<äferfauna der Kanarischen Inseln 21. Die Gattung Cerryon Leach.- Ent. scand. 8: SMETANA, A. (1979): Revision of the subfamily Sphaeridiinae of America north of Mexico (Coleoptera: Hydrophilidae). Supplementum 1- Can. Ent. 111: VoGT, H. (1964): Cerryon-Studien mit Beschreibungzweier neuer deutscher Arten.- Ent. Bl. 64 (3): VoGT, H. (1971): Hydrophilidae. 1. Unterfamilie: Sphaeridiinae.- In: FREUDE, H., HARDE, K. W. & LoHSE, G. A.: Die Käfer Mitteleuropas. Band 3: Goecke & Evers, I<refeld. VoGT, H. (1974): Cerryon-Studien II. Eine neue Cerryon-Art aus Österreich.- Ent. Bl. 70 (3): Manuskripteingang: Anschriften der Autoren: GüNTER HoFMANN, Forststraße 6e, D-=63811 Stockstadt, guenter.hofmann@t-online.de GüNTER FLECHTNER, Forschungsinstitut Senckenberg, Senckenberganlage 25, D Frankfurt, gflechtn@senckenberg.de