Holzbetonverbundbrücken Ausführungsbeispiele
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- Elsa Fürst
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1 1. Internationale Holzbrückentage 2010 Holzbetonverbundbrücken M. Flach 1 Holzbetonverbundbrücken Ausführungsbeispiele Michael Flach Univ.- Prof. Holzbaulehrstuhl Universität Innsbruck, Österreich
2 2 Holzbetonbrücken M. Flach 1. Internationale Holzbrückentage 2010
3 1. Internationale Holzbrückentage 2010 Holzbetonverbundbrücken M. Flach 3 Holzbetonverbundbrücken - Ausführungsbeispiele Zusammenfassung Holz-Beton-Verbunddecken werden bei Holzbauten verwendet, um die Tragfähigkeit, den Schallschutz und den Brandwiderstand zu erhöhen. Bei Holzbrücken bewirkt die Verwendung der Holz-Beton-Verbundtechnologie eine verbesserte Verteilung von Radlasten, erhöht die Tragfähigkeit der Fahrbahnplatte und verlängert die Lebensdauer von Brücken. Einige Erscheinungen sind aber noch unerforscht, wie z.b. das Verhalten bei Temperaturvariationen und die Langzeitentwicklung interner Spannungszustände unter Kriechen und Feuchteänderung. Beispiele aus Frankreich, Österreich und Nordamerika illustrieren verschiedene Lösungsansätze, demonstrieren den heutigen Stand der Verbundtechnik im Schwerverkehrsbrückenbau und zeigen Chancen und Forschungsbedarf der Verbundbauweise im Holzbau auf. 1. Einführung Im Laufe des letzten Jahrhunderts verdrängten viele Stahl-, Stahlbeton- und Spannbetonkonstruktionen die Holzbrücken der Vergangenheit. Seit einigen Jahren ist jedoch eine Trendwende zu beobachten. Immer mehr und immer größere Brücken werden in Holz gebaut. Die noch junge Holz-Beton-Verbundtechnologie zieht auch im Holzbrückenbau ein und öffnet neue Möglichkeiten. 2. Leichtverkehrsbrücken Bei Fußgänger- und Fahrradbrücken bietet das Holz die Vorteile der Leichtbauweise, d.h. geringes Eigengewicht bei hoher Festigkeit. Dieser Vorteil wirkt sich gerade bei großen Spannweiten positiv aus und führt zu leistungsfähigen und wirtschaftlichen Tragwerkslösungen. Die fehlende Masse führt jedoch dazu, dass die Eigenfrequenzen im ungünstigen Bereich liegen. Die Brücken sind daher bei größeren Spannweiten schwingungsempfindlich. Mit einem Dämpfungssystem können Schwingungen unter Kontrolle gebracht werden. Durch eine zusätzliche und gezielt positionierte Masse wird das System als Zweimassenschwinger so entkoppelt und gefedert, dass die Dämpfermasse den Schwingungen der Hauptmasse entgegenwirkt. Die Entscheidung, ob ein Dämpfer eingebaut werden muss, kann nach der Fertigstellung der Brücke getroffen werden. Die entsprechenden Lasten und Aussparungen müssen allerdings schon beim Entwurf berücksichtigt werden. So war es beim Wettbewerb für eine 120 m weit gespannte Schrägseilbrücke über den Drac in Grenoble geplant. Die Mehrkosten für vorbeugende Maßnahmen, die auf 10% der Baukosten geschätzt wurden, wurden diesem Projekt aber zum Verhängnis, als aus Kostengründen ein anderes Projekt - diesmal ohne Dämpfmaßnahmen - für die Ausführung gewählt wurde. Abbildung 1: Wettbewerb für eine 120 m lange Fußgängerbrücke über den Drac/F, 2001 Eine andere Möglichkeit Schwingungsprobleme in den Griff zu bekommen besteht darin, zusätzliche Masse in Form einer Holz-Beton-Verbunddecke hinzuzufügen. Diese Maßnahme erfolgte bei der 100 m langen Fußgängerbrücke in Saint Joseph, auf der Insel La Réunion/F. Die Wahl einer Verbunddecke ergab sich aus der Notwendigkeit, den Brückentisch mit Beton gegen Aufwindlasten so zu sichern, dass selbst bei Zyklonen von über 200 km/h die Schrägseile der Brücke nicht auf Druck beansprucht werden.
4 4 Holzbetonbrücken M. Flach 1. Internationale Holzbrückentage 2010 Abbildung 2: Fußgängerbrücke in Verbundbauweise mit 2 x 50 m Spannweite in Saint Joseph, La Réunion/F, 1998 Neben Fußgängerbrücken gehören auch Brücken für den Autoverkehr zu den Leichtverkehrsbrücken, vorausgesetzt die Achslasten sind auf PKW oder Kleinlastwagen begrenzt. Die 100 m lange Leichtverkehrsbrücke von Crest, F wurde als reine Holzbrücke mit einer massiven Brettsperr-holzplatte ausgeführt. Mit dieser Bauweise und einer relativ geringen Spannweite von 36 m waren keine Maßnahmen zur Begrenzung von Schwingungen erforderlich. Ähnliche Spannweiten und Lasten weist übrigens auch die Holzbrücke über die Isar in München-Thalkirchen auf, die seit einem Brand auf Leichtverkehr begrenzt wurde. Abbildung 3: 100 m Leichtverkehrsbrücke über die Drome in Crest/F, Schwerverkehrsbrücken Bei Schwerverkehrslasten stoßen Holzbrücken immer wieder an Grenzen, weil hohe Einzellasten die Sekundär- und Tertiärtragsysteme vor schwierige Probleme stellen. Die geringe Querdruckfestigkeit des Holzes ist der Normradlast von 100 kn nur gewachsen, wenn eine Lastverteilung über aufwendige und schwerfällige Stapelkonstruktionen gesichert ist. Mit Brettsperrholzplatten sind zwar schlankere Systeme auf den Markt gekommen, aber ihre Rollschubfestigkeit und die Scherfestigkeit von Fahrbahnbelägen auf Holzuntergrund reichen bisweilen nicht aus, um hohe Bremskräfte von der Fahrbahn in den Unterbau zu übertragen. Ein weiteres schwieriges Problem stellt die Verankerung von Leitplankenstützen in der Unterkonstruktion aus Holz dar. Bei hohen Anpralllasten scheitert es meist an einer fehlenden Zulassung. Reine Holzkonstruktionen können diese Anforderungen nicht oder nur mit hohem Aufwand erfüllen. Die Holz-Beton-Technologie bietet gerade hier wettbewerbsfähige Lösungsansätze, die dem Holzbau bei Brückenkonstruktionen neue Möglichkeiten eröffnen. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Systeme: die Holz-Beton- Verbundtechnologie bei der eine schubsteife Verbindung zwischen Holz und Beton vorzusehen ist, sowie die Holz-Beton-ohne-Verbund-Technologie, bei der eine klare Trennung erfolgt. Beide Ansätze stellen interessante Lösungen dar und werden hier vorgestellt.
5 1. Internationale Holzbrückentage 2010 Holzbetonverbundbrücken M. Flach 5 4. Brücken in Holz-Beton-Verbundtechnologie Die Anordnung einer Betonplatte in einer Holzbrücke hat mehrere Vorteile: Dank ihres orthotropen Aufbaus ist sie in der Lage konzentrierte Lasten aufzunehmen und zweiachsig zu verteilen. Die hohe Schubfestigkeit prädestiniert sie für die Aussteifungsaufgaben, um hohe Bremslasten, Anpralllasten und andere Horizontallasten aufzunehmen. Des Weiteren ist eine Betonplatte eine bewährte Unterkonstruktion für Fahrbahndichtungen. Dank der guten Haftung können Bremskräfte problemlos übertragen werden. Die Platte erfüllt selbst bei Leckagen noch Dichtungs- und Schutzfunktionen für die hölzerne Unterkonstruktion. Grundsätzlich sind Verbundkonstruktionen sinnvoll, wenn jeder der beteiligten Baustoffe entsprechend seinen Kapazitäten und Stärken verwendet wird. So ist minimal bewehrter Beton der preisgünstigste Baustoff für Druckbeanspruchungen, während Holz sich besonders für Zugbeanspruchungen eignet, wenn es darum geht Baustoffe wie Stahl zu ersetzten, die energieaufwendig sind und daher in Zukunft immer teurer werden. Holz-Beton- Verbundkonstruktionen sind halb so schwer wie Stahlbetondecken bei gleicher Leistung. Gegenüber reinen Holzkonstruktionen sind sie deutlich leistungsfähiger. Bei der ökologischen Bewertung gehören Holz-Beton-Verbundkonstruktion zu den besten Systemen (4). Während bei Holz-Beton-Verbundkonstruktionen im Hochbau die Temperaturveränderung keine Rolle spielt, so hat der Lastfall Temperaturvariation bei Brücken einen großen Einfluss auf das Tragverhalten von Verbundkonstruktionen. Stahl und Beton haben bekanntlich den gleichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten, so dass hier bei der Verbindung zweier Baustoffe keine Unverträglichkeiten auftreten. Nachdem sich Holz bei Temperaturveränderungen nur halb so viel verformt wie Stahl oder Beton, führt die schubfeste Verbindung von Holz mit Beton zum Aufbau interner Spannungen, sobald sich die Temperatur verändert. Bei Brücken entstehen in unseren Breiten Veränderungen von bis zu +/- 30 K. Rechnerisch gesehen entstehen dadurch Spannungen, die bis zu 30% der Gesamtbelastung erreichen können. Wie sich diese Zwangsspannungen in Wirklichkeit verhalten, hängt vom rheologischen Verhalten des Holzes ab, das heißt der Fähigkeit, Spannungen durch Kriechen abzubauen. Bisher gelang es nur durch analytische Simulationen diesen Abbau nachzuweisen (6), es fehlen Messungen, die das wirkliche Verhalten bestätigen. Dies ist auch der Grund, warum der Lastfall Temperaturveränderung mit Vorsicht betrachtet werden muss. Abbildung 4: Schwerverkehrsbrücke über die Sanne/F, 1998 Die erste Holz-Beton-Verbundbrücke, die 1998 in Frankreich gebaut wurde, ist eine 15 m weit gespannte einspurige Schwerverkehrsbrücke über die Sanne. Als Bemessungsgrundlage wurde ein 30 t LKW herangezogen. Diese kostengünstige Brücke besteht aus zwei Dreiecksbindern, die das Primärtragwerk bilden, und aus einer quer gespannten Holz- Beton-Verbunddecke. Die gewählte Brettstapelkonstruktion spannt sich zwischen den Hauptträgern über 4 m. Die Fugen der nachgiebig verbundenen Bretter gewährleisten eine Pufferwirkung und verhindern, dass sich bei Temperaturverformungen Querspannungen in Brückenlängsrichtung zwischen den Brettern aufbauen. Somit wirken sich die Temperaturveränderungen nur wenig auf die Verbundkonstruktion aus.
6 6 Holzbetonbrücken M. Flach 1. Internationale Holzbrückentage 2010 Abbildung 5: Schwerverkehrsbrücke Fayette im Doppelverbund Holz-Beton und Stahl-Beton, Frankreich, 2000 Die im Jahr 2000 errichtete Fayette-Brücke ist eine zweispurige Schwerverkehrsbrücke im Doppelverbund. Die Hauptspannweite beträgt 28 m und wird von zwei Fachwerkträgern überbrückt. Die Holz-Beton-Verbund-konstruktion ist als Rippendecke ausgeführt und bildet die Fahrbahnplatte. Die BSH-Rippen spannen 7 m weit zwischen den Fachwerkuntergurten. Die darauf schubfest verbundene Stahlbetondecke verteilt die Lasten und wirkt sowohl als Tertiärtragwerk in Brückenlängsrichtung als auch als Druckplatte im Verbund. Abbildung 6: Schwerverkehrs-Holz-Beton-Stahl-Verbundbrücke Lafayette/F, 2000 Die Besonderheit dieser Verbundkonstruktion liegt in der Kombination von drei Baustoffen, die zu zwei unterschiedlichen Verbundkonstruktionen zusammengefügt wurden. Der Grund dieser Maßnahme ist die Beschränkung der Zwangsspannungen unter Temperaturänderung. Der Holz-Beton-Verbund wurde bisher nur über die kurze Spannweite in Querrichtung eingesetzt, da es keine schlüssigen Erfahrungen bei großen Spannweiten hinsichtlich des Temperaturverhaltens von Holz-Beton-Verbundkonstruktion gab.
7 1. Internationale Holzbrückentage 2010 Holzbetonverbundbrücken M. Flach 7 Über die Hauptspannweite wurde daher ein Stahl-Beton-Verbund vorgesehen, der Untergurt des Fachwerks wurde deshalb auch nicht in Holz, sondern in Stahl ausgeführt. Abgesehen davon, dass sich der Anschluss von Zugkräften über Stahl am günstigsten gestaltet, lässt sich der Stahlträger über Kopfbolzen gut mit der Betonplatte zu einem Beton- Stahl-Verbundquerschnitt verbinden, ohne dass Unverträglichkeiten unter Temperaturbelastung auftreten. Abbildung 7: Stahluntergurt mit Kopfbolzen zur Verbindung an die Betonplatte und Anschlüsse für das Fachwerk Die Brettschichtholzrippen sind im Schubmittelpunkt des Stahluntergurts angeschlossen, der als offener Querschnitt ausgeführt wurde, um Torsionsbelastungen zu vermeiden. Die fertige Verbundkonstruktion gleicht optisch einer reinen Holzkonstruktion, auch wenn gleiche Mengen an Stahl, Beton und Holz eingebaut wurden. Als Doppelverbundbrücke hat sie sich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch technisch bewährt. Weitere Holz-Beton-Verbundbrücken waren zwar in der Planung, kamen aber nicht zur Ausführung. Das spektakulärste Holzbrückenprojekt entstand im Rahmen eines Wettbewerbs für die Überquerung einer 200 m breiten und 80 m tiefen Schlucht bei St. Gervais, F. Der Entwurf sah eine überdachte Fachwerkbrücke vor, die als Dreifeldträger mit einer zentralen Spannweite von 130 m geplant war. Die einspurige Brücke war für Shuttlebusse vorgesehen und somit für Achslasten von 12 Tonnen ausgelegt. Die quer gespannte Fahrbahnplatte war als Brettstapel-Beton-Verbunddecke konzipiert, die die Lasten an die Untergurte des Fachwerks übertragen. Nachdem der Wettbewerb ergebnislos verlief, wanderte das Projekt in die Schublade, wo es auf eine neue Chance für eine Umsetzung wartet. Abbildung 8: Entwurf einer Shuttlebusbrücke in Saint Gervais/F, 1996
8 8 Holzbetonbrücken M. Flach 1. Internationale Holzbrückentage 2010 Abbildung 9: Schwerverkehrsbrücke in Kössen/AT, 2005 In Österreich wurde im Jahr 2004 eine Schwerverkehrsbrücke in Kössen ausgeschrieben. Der Entwurf für die 50 m weit gespannte Brücke lehnte sich an das Konzept der Fayette- Brücke an. Das Haupttragwerk spannt sich als überdachter Fachwerkträger in Längsrichtung. Als Nebenträger standen zwei Varianten zur Verfügung (9): Abbildung 10, 11: Ausschreibungsvariante mit Holzrippendecke Ausschreibungsvariante mit Holz-Beton- Verbunddecke In einem Fall besteht die Fahrbahnkonstruktion aus längs gespannten Untergurten in BSH, abgehängten Stahltraversen und einer in Längsrichtung tragenden Holzrippendecke aus BSH-Rippen, die mit einer Brettsperrholzplatte verleimt ist. Im anderen Fall handelt es sich um eine quer gespannte Holz-Beton-Verbunddecke, die an die Untergurte in Stahl angeschlossen ist. In Längsrichtung war ein Beton-Stahl-Verbund vorgesehen. Nachdem während der Ausschreibung der Stahlpreis stark angestiegen war, wurde die erste Lösung wirtschaftlicher und somit ausgeführt. Es wurde damit leider die Möglichkeit vergeben, eine Verbundbrücke als Pilotprojekt mit entsprechenden Messvorrichtungen auszuführen. Ein weiteres interessantes Projekt bot sich für die Steinerbachbrücke in Osttirol an. Hier wurde untersucht, inwieweit sich Starkholz (Stammdurchmesser > 40 cm) für Brückenkonstruktionen eignet. Die Brücke war mit einer freien Spannweite von 42 m zu errichten und musste im freien Vorbau montiert werden, da die Strasse auf der anderen Seite der Brücke erst gebaut werden konnte, wenn die Brücke stand. Da sie für Schwerverkehr auszulegen war, bot sich eine Verbundbrücke an, deren Unterbau als Sprengwerk in Rundholzbauweise ausgeführt werden sollte. Die Unterkonstruktion sollte dabei als Schalung für die Betonplatte, sowie als Zugelement der Verbundkonstruktion wirken. Trotz einer erfolgreichen Machbarkeitsstudie wurde das Projekt wegen berechtigtet Zweifel nicht umgesetzt: Das geplante Bauwerk sollte in unmittelbarer Nähe eines Wasserfalls errichtet werden und wäre einer ständigen Besprühung ausgesetzt gewesen.
9 1. Internationale Holzbrückentage 2010 Holzbetonverbundbrücken M. Flach 9 Abbildung 12: Entwurf für die Steinerbachbrücke/AT, 2007 Auch im amerikanischen Bundesstaat New Hampshire stand eine Holz-Beton- Verbundbrücke zur Diskussion. Im Ort Walepol galt es eine vom Hochwasser weggespülte Brücke zu ersetzen. Die geplante Holzbrücke sollte als überdachtes Fachwerk ausgeführt werden. Nachdem die Fahrbahnplatte unterhalb der neuesten Kote für das hundertjährige Hochwassers lag, wurde vorsichtshalber von einer Holz-Beton-Verbundplatte abgesehen und auf eine für amerikanische Verhältnisse bekannte Beton-Stahl-Verbunddecke zurückgegriffen. Obwohl diese Brücke von der amerikanischen Behörde als Holzbrücke ausgeschrieben war, konnte sie sich nicht gegen eine Stahlbetonplattenbrücke durchsetzten. Die fehlende Erfahrung mit Holzbrücken, aber auch brandtechnische Auflagen führten am Ende dazu, dass die geplante Holz-Beton-Stahl-Verbundbrücke um 15% zu teuer war. Abbildung 13: Entwurf für eine 42 m weit gespannte Verbundbrücke in Walepole, New Hamphire, USA Grenzen des Holz-Beton-Verbundbrückenbaus Der Einsatz von Verbundsystemen für Holzbrücken, insbesondere für Schwerverkehrsbrücken, bietet zahlreiche Vorteile. Die Grenzen liegen vor allem im unterschiedlichen Baustoffverhalten, da das unterschiedliche Verformungsverhalten von Holz und Beton inneren Spannungen erzeugt, die das System zusätzlich belasten. Untersuchungen (6) haben gezeigt, dass bedeutende Spannungen aus der Überlagerung von Zwangskräften aus dem unterschiedlichen Temperatur- und Feuchteverhalten von Holz und Beton entstehen, die zwar zum Teil wieder abgebaut werden, aber nicht vernachlässigt werden können. Da hierzu bislang nur wenige Forschungsarbeiten erfolgt sind und so gut wie keine praktischen Langzeiterfahrungen vorliegen, ist es schwierig, die entsprechenden Kräfte und Spannungen zu bestimmen. Noch schwieriger wird es, wenn das Ermüdungsverhalten und der Einfluss von Wechsellasten auf die Holzfestigkeit einbezogen werden. Hier fehlen wichtige Grundlagen in der Holzforschung, so dass die Grenzen der Verbundtechnologie erst im Rahmen der Grundlagenforschung ermittelt werden können. Nach dem derzeitigen Stand könnte man zwar Verbundkonstruktionen bei Pilotprojekten umsetzten, der eigentliche Durchbruch der Verbundtechnologie kann aber erst erfolgen, wenn genauere Erkenntnisse über das differentielle Verhalten von Holz und Beton vorliegen.
10 10 Holzbetonbrücken M. Flach 1. Internationale Holzbrückentage 2010 Die Wirtschaftlichkeit ist vorläufig mit Näherungslösungen noch nicht gegeben. Erst unter Annahme realistischer Kenngrößen kann ein wettbewerbstaugliches Verbundkonzept entstehen. 6. Holz-Beton-ohne Verbund-Tragsysteme Die Holz-Beton-Verbundtechnologie wurde bisher bei kleineren Spannweiten eingesetzt, so dass für diesen Bereich bereits Erfahrungen vorliegen. Beim Wettbewerb für eine 54 m lange Schwergewichtsbrücke über die Autobahn A89, F wurde eine Holzkonstruktion zwar ausdrücklich gewünscht, eine Verbundlösung wurde wegen fehlender Erfahrung jedoch ausgeschlossen. Erschwerend kam hinzu, dass die Verankerung der entsprechenden Leitplanken nur für eine Unterkonstruktion in Beton zugelassen war. Somit verblieb als einzige Lösung eine Holz-Beton-ohne-Verbund-Konstruktion. Für das Tragsystem wurde eine Unterkonstruktion in Brettschichtholz vorgeschlagen. Vorgefertigten Plattenelementen aus hochfestem Beton bildeten den Überbau und den Randträger zur Verankerung der Leitplanken. Abbildung 14: Schwerverkehrsbrücke über die Autobahn A 89, Frankreich, 2001 Das Haupttragwerk besteht aus 5 Brettschichtholz-Balken, die sich als Durchlaufträger über die gesamte Länge erstrecken. Räumliche BSH-Streben stützen die Balken ab und ergänzen sie zu einem Sprengwerk. Die vorgefertigten Betonteile aus Hochleistungsbeton B50 ruhen mittels Teflongleitlagern auf den Balken. Somit kann sich die Betonplatte unabhängig vom Unterbau bewegen. Die Übertragung der Horizontalkräfte und die Sicherung gegen Abheben werden über punktförmige Verbindungsmittel gewährleistet, ohne die Unabhängigkeit des Unterbaus von der Betonkonstruktion einzuschränken. Abbildung 15: Hauptträger der Brücke über die A 89 Um die Wechselwirkungen und Verbindungskräfte zwischen Holz- und Betonkonstruktion zu berechnen, wurde ein globales Finite Elemente Computermodell erstellt. Einige der Zwischenlager mussten gegen Abheben gesichert, andere mussten zur Übertragung von Horizontalkräften als Festpunkte ausgebildet werden. Am Ende gelang es zwar ein zuverlässiges Tragwerk zu erstellen, die gewonnene Erfahrung zeigte jedoch, dass es einfacher ist, zwei unterschiedliche Baustoffe schubfest miteinander zu verbinden als sie unabhängig voneinander auszuführen. Schließlich ist es auch schade, wenn ein Holz- Beton-System nicht wie Verbundquerschnitt von einer Reduzierung der statischen Höhe profitieren kann!
11 1. Internationale Holzbrückentage 2010 Holzbetonverbundbrücken M. Flach 11 Parallel zur statischen Bearbeitung erfolgte im Rahmen einer Doktorarbeit eine wissenschaftliche Untersuchung zur Erfassung des Langzeitverhaltens (6). So wurden zeitabhängige 4 D Finite Elemente für eine Computersimulation berechnet, um die Entwicklung von Zwangsspannungen in Abhängigkeit interaktiver Parameter wie Klimazyklen, Feuchteänderung, Temperatureinflüsse und Kriechen zu studieren. Erste Ergebnisse belegen, dass Kriechen und Relaxation Zwangskräfte zumindest teilweise abbauen. Diese Untersuchungen waren ein erster Schritt zum besseren Verständnis der Langzeitwirkung von Verbundsystemen. Weitere vertiefende wissenschaftliche Arbeiten wären aber noch notwendig (7). Eine andere Holz-Beton-ohne-Verbund-Brücke kam 2004 in Avoudray in Frankreich zur Ausführung. Diese 45 m lange Schwerverkehrsbrücke wurde als Schrägseilbrücke ausgeführt. Die Abspannungen übernehmen Stahltraversen, die wiederum vier durchlaufende Längsrippen in BSH unterstützen. Die darüber liegende Betonplatte trägt die Fahrbahnlasten in Querrichtung, sie lagert mittels Gleitlager auf den BSH-Rippen. Abbildung 16: Schwerverkehrsbrücke im Holz-Beton-ohne-Verbund in Avoudray/F, Zusammenfassung Die Holz-Beton-Verbundtechnologie eröffnet zweifellos neue Möglichkeiten für Schwerverkehrsbrücken in Holz. Das mangelnde Wissen über das differentielle Verhalten zwischen Holz und Beton schränkt augenblicklich noch den Einsatz dieser neuen Technologie ein. Erst wenn mehr Erfahrungen und Messungen von weiteren Pilotprojekten vorliegen, kann das Potential dieser Technologie wirtschaftlich und technisch weiterentwickelt werden. 8. Literaturangaben [1] Steurer A.: Holz/Beton-Verbund im Brückenbau, Tragende Verbundkonstruktionen mit Holz, 31th edition, Weinfelden, Austria, 1999 [2] Schickhofer G.: Vorstellung der Murbrücke, St. Georgen/St. Lorenzen Europa- Holzbrücke, Wood Bridge Construction Seminar, University of Vienna, Austria, Mai 1993 [3] Flach M., Frenette C.D.: Le retour du bois, Tracés, no128-12, Lausanne, 2002, pp.18-23
12 12 Holzbetonbrücken M. Flach 1. Internationale Holzbrückentage 2010 [4] Kappeli Th.: Energie- und Stoffflussanalyse für Deckensysteme in Holz und Beton, Diploma Thesis, SISH Biel, Schweiz 1993 [5] Kuhlmann U., Schänzlin J.: Erweiterung des Anwendungsbereichs von Holz-Beton- Verbunddecken durch Erfassung von Kriechen und Schwinden am Beispiel der Brettstapel-Beton-Verbunddecke, AIF - Research Report, Stuttgart, 2002 [6] Bou Said E.: Constribution à la modélisation des effets différés du bois et du béton sous conditions climatiques variables, Application aux structures mixtes Bois- Béton, Ph.D.Thesis, INSA de Lyon, F, 2003 [7] Calvi D.: Kunstbauten benötigen Forschung und Entwicklung, 10. Internationales Holzbau-Forum, Garmisch, Dezember 2004 [8] Flach M., Frenette C.D.: Wood-concrete-composite-technology in Bridge Construction, Proceeding der WCTE Konferenz 2004, Lathi, Finland, Juni 2004 [9] Reinhard Exenberger, von Kössen bis zum Lechtal, neue Brücken in Tirol, 13. Internationales Holzbau-Forum in Garmisch, Dezember 2007 [10] Flach M. «Lechtal, Tal der Holzbrücken Zeitschrift Brückenbau, Verlagsgruppe Wiederspahn, Ausgabe
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