Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses. zur Richtlinie Ambulante Behandlung im Krankenhaus nach 116b SGB V
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- Nadine Hertz
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1 Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Richtlinie Ambulante Behandlung im Krankenhaus nach 116b SGB V Konkretisierung der Diagnostik und Versorgung von Patienten mit Anfallsleiden Vom 18. Dezember 2008 Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Sitzung am 18. Dezember 2008 beschlossen, die Anlage 3 Nr. 7 der Richtlinie Ambulante Behandlung im Krankenhaus nach 116b SGB V zuletzt geändert am 19. Juni 2008, BAnz S wie folgt zu fassen: I. Anlage 3 Nr. 7 wird wie folgt gefasst: Nr. 7. Konkretisierung der Erkrankung und des Behandlungsauftrages mittels Angabe von Diagnosen (mit ICD Kodifizierung) mit diagnostischen und therapeutischen Prozeduren Diagnostik und Versorgung von Patienten und Patientinnen mit Anfallsleiden Konkretisierung der Erkrankung: Anfallsleiden (ICD 10:G40.-, bei G40.5 nur Epilepsia partialis continua, F80.3) Konkretisierung des Behandlungsauftrages: Ambulante Diagnostik und Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Anfallsleiden Zur Diagnostik und Therapie werden im Allgemeinen folgende Leistungen erbracht. Sie sind Teil der vertragsärztlichen Versorgung, z. T. existieren Qualitätsvereinbarungen: Anamnese Körperliche Untersuchung Laboruntersuchungen Bestimmung von Arzneimittelspiegeln Neurophysiologische Untersuchungen (z. B. Langzeit-(Schlaf)-EEG) Neuropsychologische Diagnostik Psychiatrische Diagnostik und Therapie Bildgebende Untersuchungen (z.b. MRT) Medikamentöse Therapie Psychotherapie Ernährungsberatung, sofern Kinder betreut werden Schulung von Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörigen Psychosoziale Beratung und Information Hilfsmittelberatung und Verordnung
2 In Abhängigkeit vom Krankheitsverlauf oder bei Komplikationen sowie bei besonderen Fragestellungen können noch weitere Maßnahmen notwendig werden. Sächliche und personelle Anforderungen Hinsichtlich der fachlichen Befähigung, der Aufrechterhaltung der fachlichen Befähigung, den apparativen, organisatorischen, räumlichen Voraussetzungen einschließlich der Überprüfung der Hygienequalität gelten die Qualitätssicherungs- Vereinbarungen nach 135 Abs. 2 SGB V entsprechend. Darüber hinaus gilt: Die Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Anfallsleiden muss unter Koordination einer Fachärztin oder eines Facharztes für Neurologie erfolgen. Sofern Kinder und Jugendliche betreut werden, erfolgt die Koordination durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und Schwerpunkt Neuropädiatrie. Die Vertretung des Koordinators erfolgt durch einen Facharzt gleicher Fachrichtung. In die interdisziplinäre Zusammenarbeit sollen folgende Fachabteilungen und/oder Fachärzte oder Fachärztinnen bzw. Disziplinen bei Bedarf einbezogen werden: - Labormedizin - Neuroradiologie - Neurochirurgie für Fragen der Epilepsiechirurgie - Psychiatrie und Psychotherapie bzw. sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden Kinder- und Jugendpsychiatrie / Psychotherapie - Gynäkologie - Endokrinologie - ärztliche oder psychologische Psychotherapie Diese Fachdisziplinen können auch durch vertraglich vereinbarte Kooperationen mit externen Leistungserbringern, mit niedergelassenen Vertragsärztinnen oder Vertragsärzten oder anderen nach 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern eingebunden werden. Die in der Richtlinie verwendeten Facharzt-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen richten sich nach der (Muster) Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer und schließen auch diejenigen Ärzte ein, welche eine entsprechende Bezeichnung nach altem Recht führen. Folgende Leistungsbereiche sollen darüber hinaus in der Einrichtung nach 116b SGB V verfügbar sein und bei Bedarf frühzeitig mit einbezogen werden: Sozialdienst
3 Eine kontinuierliche Zusammenarbeit und Vernetzung soll mit den an der Versorgung dieser Patientinnen und Patienten beteiligten Einrichtungen (z. B. Integrationsfachkräfte, Werkstätten für Behinderte, Frühförderstellen (Kinder), ggf. psychosoziale Epilepsieberatungsstelle, Sozialpädiatrische Zentren (Kinder) und mit Patientenorganisationen erfolgen. Für pädiatrische Einrichtungen wird keine Mindestmenge festgelegt. Die Mindestanzahl für Erwachsene muss 330 behandelte Patientinnen und Patienten mit Anfallsleiden pro Jahr umfassen. Qualifikationsvoraussetzungen für das Behandlungsteam: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Behandlungsteams müssen über ausreichende Erfahrung in der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Anfallsleiden verfügen und sollen regelmäßig an spezifischen Fortbildungsveranstaltungen sowie interdisziplinären Fallkonferenzen teilnehmen. Verpflichtung zur Dokumentation und Auswertung: Die Einrichtungen zur ambulanten Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Anfallsleiden nach 116b SGB V führen eine Dokumentation durch, die eine ergebnisorientierte und qualitative Beurteilung der Behandlung ermöglicht. Die Einrichtungen sollen geeigneten Patientinnen und Patienten die Teilnahme an nationalen und internationalen klinischen Studien ermöglichen. Notwendig ist hierzu die Kenntnis relevanter laufender Studien, der jeweiligen Ein- und Ausschlusskriterien, der Studienprotokolle sowie die Beratung der Patientinnen und Patienten über eine Studienteilnahme. Leitlinienorientierte Behandlung: Die Behandlung soll sich an medizinisch wissenschaftlich anerkannten und qualitativ hochwertigen Leitlinien orientieren, die auf der jeweils besten verfügbaren Evidenz basieren. Überweisungserfordernis Räumliche Ausstattung: Die Räumlichkeiten für Patientenbetreuung und -untersuchung müssen behindertengerecht sein. Bei Erstzuweisung besteht ein Überweisungserfordernis durch einen Vertragsarzt oder eine Vertragsärztin (im Ausnahmefall im stationären Bereich als Konsil oder hausinterne Überweisung).
4 II. Der Beschluss tritt am Tag nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Die tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf der Homepage des Gemeinsamen Bundesausschusses unter veröffentlicht. Siegburg, den 18. Dezember 2008 Gemeinsamer Bundesausschuss Der Vorsitzende Hess
5 Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Richtlinie Ambulante Behandlung im Krankenhaus nach 116b SGB V, Anlage 3: Diagnostik und Versorgung von Patienten mit Anfallsleiden Gemäß 116b Abs. 4 SGB V ergänzt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Katalog nach 116b Abs. 3 SGB V um weitere seltene Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen sowie um hochspezialisierte Leistungen und regelt die sächlichen und personellen Anforderungen an die ambulante Leistungserbringung des Krankenhauses und ggf. ein Überweisungserfordernis. In seiner Richtlinie ambulante Behandlung im Krankenhaus nach 116b SGB V vom zuletzt geändert am hat der G-BA die Ergänzung der Kataloginhalte, die Konkretisierung, die Überprüfung und die Weiterentwicklung des Kataloges nach der Verfahrensordnung des G-BA geregelt. Die Diagnostik und Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Anfallsleiden ist bereits im Katalog seltener Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderem Krankheitsverläufen in 116b Absatz 3 SGB V und in der Richtlinie des G-BA enthalten. Ziel des Beschlusses ist daher die Ergänzung der Anlage 3 der Richtlinie Ambulante Behandlung im Krankenhaus nach 116b SGB V um die Konkretisierung des Behandlungsauftrags und der sächlichen sowie personellen Anforderungen. Hierfür wurden vom zuständigen Unterausschuss bzw. der durch ihn eingesetzten Arbeitsgruppe Experten gehört sowie eine orientierende Leitlinien- und Literatursichtung durchgeführt. Terminologisch wird beim Begriff Anfallsleiden im engeren Sinne auf die zerebralen Anfallsleiden verwiesen. Gegenstand der vorliegenden Konkretisierung sind daher die verschiedenen Formen der Epilepsie. Anfallsleiden zeichnen sich durch die Notwendigkeit einer interdisziplinären Diagnostik sowie einer kontinuierlichen, größtenteils komplexen und differenzierten medikamentösen Behandlung aus, die mit einer Reihe von unerwünschten Wirkungen einhergeht. Häufig ist die Abgrenzung von zerebralen Anfallsleiden zu Erkrankungen mit anfallsartiger Symptomatik (z. B. nicht kardiale Synkopen, Anfälle psychischen Ursprungs) schwierig. Für die Behandlung von Anfallsleiden stehen rd. zwanzig Wirkstoffgruppen mit der entsprechenden Anzahl von Spezialitäten (Medikamentenname) zur Verfügung, die gemäß der individuellen Bedingungen und Reaktionen unter kontinuierlichen Verlaufskontrollen ausgewählt und kombiniert werden % der Patientinnen und Patienten können trotz - 1 -
6 medikamentöser Kombinationstherapie die Therapieziele der Anfallsfreiheit bzw. der Verlängerung des anfallsfreien Intervalls nicht erreichen. Für einen kleinen Teil dieser Gruppe kommen operative Eingriffe am Gehirn oder der Einbau von Nervenstimulatoren (Vagusnervstimulation) in Frage. Die Prüfung der Indikation für diese Verfahren erfordert spezifische, umfangreiche diagnostische Maßnahmen. In der Diagnostik, der Therapie sowie der schulischen, beruflichen und sozialen Integration von Patientinnen und Patienten von Anfallsleiden kommt einer psychosozialen Betreuung eine besondere Bedeutung zu. Ein wesentlicher Anteil der Betroffenen befindet sich im Kindes- und Jugendalter. Für diese Zielgruppe ist eine enge Zusammenarbeit mit Frühförderstellen, sozialpädiatrischen Zentren und Schulen notwendig. Patientinnen und Patienten mit Anfallsleiden sind häufig erheblich in ihrer Lebensqualität und in ihrer Berufsausübung eingeschränkt. Sie stellen besondere Herausforderungen an Diagnostik und Therapie und profitieren von einer spezialisierten Betreuung unter Koordination von Fachärtinnen oder Fachärzten für Neurologie oder Fachärztinnen und Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin vorzugsweise mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie. Die in Anlage 3 niedergelegte Konkretisierung der diagnostischen und therapeutischen Prozeduren sowie der sächlichen und personellen Anforderungen basieren auf den Ergebnissen der Expertenanhörung. Sie fokussieren auf die qualitativ hochwertige spezialisierte Diagnostik und Therapie in einem interdisziplinären Behandlungsteam. Die genannten Leistungen sind Bestandteil der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung, so dass der Nutzen und die medizinische Notwendigkeit gemäß 28 der Verfahrensordnung als hinreichend belegt gelten. Die Prävalenz von Anfallsleiden beträgt nach Angaben der wissenschaftlichen Literatur mindestens 0,5% sowohl der Erwachsenen als auch der Kinder und Jugendlichen, das sind rd Personen. Davon sind rd. 20% (80.000) Kinder und Jugendliche. Die Prävalenz der erwachsenen Personen mit Anfallsleiden beträgt rd Bei der Festlegung von Mindestmengen für die Behandlung von Erkrankungen nach Anlage 3 orientiert sich der Gemeinsame Bundesausschuss grundsätzlich an einem Richtwert von 0,1% der bundesweit prävalenten Fälle. Zur Sicherung entsprechender Kompetenz durch Behandlungserfahrung im Team des zur Behandlung nach 116 b SGB V bestimmten Krankenhauses wird gemäß 6 Abs.1 Satz 4 der Richtlinie durch den G-BA die Mindestbehandlungsanzahl für Erwachsene auf 330 Patienten pro Jahr festgelegt. Es bestehen keine ausreichenden Gründe, auf die Festlegung von Mindestmengen wie in 6 Abs. 1 Satz 4 der Richtlinie ambulante Behandlung im Krankenhaus nach 116 b SGB V - 2 -
7 beschrieben, zu verzichten. Gemäß 6 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie Ambulante Behandlung im Krankenhaus nach 116b SGB V gelten die Mindestmengen nicht für Kinder und Jugendliche, wenn diese in pädiatrischen Abteilungen behandelt werden. Der Bundesärztekammer wurde gemäß 91 Abs. 5 SGB V Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Unterausschuss hat die Stellungnahme in seiner Sitzung am beraten und einzelne Anregungen berücksichtigt, insbesondere wurde der Passus zu den Facharztbezeichnungen überarbeitet. Siegburg, den 18. Juni 2009 Gemeinsamer Bundesausschuss gem. 91 SGB V Der Vorsitzende Hess - 3 -
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