Arbeitsbericht IANUS 1/2013

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1 Arbeitsbericht IANUS 1/2013 Moritz Kütt (und Studierende) Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima Veranstaltungsbericht und ausgewählte Vorlesungsprotokolle IANUS Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft Technik und Sicherheit

2 Die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit (IANUS) beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit naturwissenschaftlich orientierter Friedensforschung. Ein Schwerpunkt ist dabei die Analyse nuklearer und biologischer Forschung, Technologien und Materialien im Hinblick auf mögliche Waffenanwendungen und effektive Kontrollmöglichkeiten, um dies zu verhindern. Dieses Spektrum hat sich deutlich durch Fragen nach der Gestaltung ambivalenter Forschung und Technologie über die zivil-militärische Dual-use-Problematik hinaus erweitert. Hinzugetreten ist die Erarbeitung konzeptioneller Ansätze (z.b. präventive Rüstungskontrolle, prospektives Technology Assessment, nuklearwaffenfreie Welt) sowie grundsätzlicher Überlegungen zur adäquaten Wahrnehmung heutiger Wissenschaft und ihrer Verantwortbarkeit. Über den interdisziplinären Studienschwerpunkt NaG ist IANUS auch Teil der Lehre an dieser Universität. Die Reihe der IANUS Arbeitsberichte erscheint in loser Folge. Inhalte sind wissenschaftliche Arbeiten sowie Berichte über Lehrtätigkeiten der Gruppe. Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit Alexanderstraße Darmstadt Telefon Fax Bitte zitieren Sie dieses Dokument als: Moritz Kütt, Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima - Veranstaltungsbericht und ausgewählte Vorlesungsprotokolle, IANUS Arbeitsbericht 01/2013

3 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 2 Protokolle zu den Vorträgen Grundlagen der Reaktorsicherheit Der Unfall in Fukushima: Unfallablauf und ergriffene Maßnahmen Auswirkungen der Reaktorhavarie von Fukushima-Daiichi in Deutschland Meteorologische Ausbreitungsrechnungen und Spurenmessungen durch den Deutschen Wetterdienst Radiological health risks following exposure to radiation Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in Japan Spezifikationen von Stresstests für Kernkraftwerke auf nationaler und europäischer Ebene Film: Radioactivists Protest in Japan since Fukushima Energieziel 2050: Was müssen wir tun? Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz World Nuclear Industry Status Report Fukushima Daiichi: the Accident and the Impact on Japan s Nuclear Policy Populärkultur als Medienstrategie: das Beispiel der japanischen Atom- Lobby QSL-Bericht und Evaluation QSL-Bericht Evaluation

4 1 Einleitung In diesem Arbeitsbericht soll über eine Veranstaltung berichtet werden, die im Sommersemester 2012 von der von der IANUS-Gruppe und dem Fachbereich Physik organisiert wurde - eine Ringvorlesung zum Reaktorunglück in Fukushima. Er enthält vor allem die von Studierenden angefertigten Protokolle zu den einzelnen Veranstaltungen. Am ereignete sich in Japan ein sehr starkes Erdbeben. Zusammen mit dem dadurch ausgelösten Tsunami forderten die Katastrophe mehr als Opfer, viele Gebäude wurden zerstört. Unter den betroffenen Anlagen befand sich auch das Kernkraftwerk Fukushima Daiichi. Das dortige Reaktoereignis ist einer der größten Unfälle nuklearer Reaktoren der Geschichte der Kernenergie. Für die Vorkommnisse in vier der sechs Reaktorblöcke wurde die höchstmögliche Einstufung auf der sog. INES-Skala vorgenommen (INES Stufe 7). Der genaue Hergang des Unglücks ist immer noch Thema vieler Untersuchungen und es sind Folgen unterschiedlichster Art zu beobachten. Zunächst sind hier natürlich die Evakuierungen und evt. nötigen Umsiedulungen aufgrund radioaktiver Verseuchung zu nennen. Aber nicht nur lokal, sondern auch global zieht der Unfall Kreise, etwa durch Stresstest von Kernkraftwerken oder dem Kernenergieausstiegsbeschluss in Deutschland. Einige von vielen Aspekten rund um den Unfall wurden in dieser Ringvorlesung aufgegriffen. Dies betraf sowohl Ursachen und direkte Folgen als auch globale Auswirkungen. Dazu haben sowohl Dozierende der TU Darmstadt als auch externe Referentinnen und Referenten über verschiedene Themen im Umfeld des Reaktorunglücks berichtet. Nicht nur nur technisch-physikalische Inhalte wurden vermittelt, sondern durch Einbezug verschiedener Disziplinen auch Beiträge beispielsweise zu biologische Strahlenfolgen, dem Wandel der Energiepolitik verschiedener Länder oder Veränderungen in der Wahrnehmung von Sicherheit. Die Vorträge richteten sich immer an allgemeines Publikum, oft wurde auch im Anschluss rege diskutiert. Die Veranstaltung wurde mit QSL-Mitteln (Mittel zur Qualitätssicherung von Studium und Lehre) des Fachbereichs Physik finanziert. Die Veranstaltung war offen für Studierende aller Fachbereiche und externe Interessierte, die von dieser Möglichkeit auch rege gebraucht machten. Meist waren knapp 200 Personen anwesend, teilweise jedoch auch mehr. Durch regelmäßige Teilnahme an der Veranstaltung und der Teilnahme an einem abschließenden Kolloquium konnten 2 CP erworben werden. Die abschließenden Kolloquien bestanden aus 90-minütigen Diskussionen in Kleingruppen und fanden nach Ende der Veranstaltung statt. Viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen fertigten auch Protokolle zu einzelnen Sitzungen an, um damit 3 CP zu erhalten. Die folgenden Kapitel enthalten nun ausgewählte Protokolle von einzelnen Studierenden. Sie eigenen sich sicherlich gut, um auf die Veranstaltung zurückzublicken und Informationen zu gewinnen. Zu den einzelnen Vorträgen finden sich auch oft die Vortragsfolien unter Hinweis: Alle in diesem Arbeitsbericht abgedruckten Protokolle sind nicht von der IANUS- Gruppe oder den Vortragenden der Ringvorlesung erstellt oder inhaltlich überarbeitet worden. Sie geben daher nur die Meinungen der einzelnen Studierenden wieder, auch sind Fehler nicht auszuschließen. 2

5 Datum Vortragende/r Titel Dr. Christoph Pistner Öko-Institut, Darmstadt Grundlagen der Reaktorsicherheit Dr. Alexander Kerner Der Unfall in Fukushima: Unfallablauf und Gesellschaft für Reaktorsicherheit ergriffene Maßnahmen Prof. PhD. Marco Durante Radiological Health Risks Following GSI/TU Darmstadt Exposure to Radiation Dr. Thomas Steinkopff Auswirkungen der Reaktorhavarie von Deutscher Wetterdienst, Offenbach/Main Fukushima-Daiichi in Deutschland Meteorologische Ausbreitungsrechnungen und Spurenmessungen durch den Deutschen Wetterdienst Prof. Dr. Gerald Kirchner Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung Fachbereichsleiter Strahlenschutz in Japan und Umwelt Bundesamt für Strahlenschutz Matthias Brettner Spezifikationen von Stresstests für Physikerbüro Bremen, Mitglied der Reaktorsicherheits- europäischer Ebene Kernkraftwerke auf nationaler und kommission Einführung von Moritz Kütt Film: Radioactivists Protest in Japan since Fukushima Christian Herforth (Vertretung für Klaus Müschen) Umweltbundesamt, Dessau Energieziel 2050: Was müssen wir tun? Mycle Schneider Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von internationaler Berater für Abgesang zu Absturz - World Nuclear Energie- und Nuklearpolitik, Industry Status Report 2012 Paris Tadahiro Katsuta Fukushima Daiichi: the Accident and the Meiji University, Tokio, Japan Impact on Japan s Nuclear Policy Dr. des. Cosima Wagner Populärkultur als Medienstrategie: das Goethe-Universität Frankfurt, Beispiel der japanischen Atom-Lobby Japanologie 3

6 2 Protokolle zu den Vorträgen 2.1 Grundlagen der Reaktorsicherheit Datum des Vortrages Vortragender Dr. Christoph Pistner, Öko-Institut e.v., Darmstadt Protokollant Moritz Wolf Hinweis: Der Inhalt des Protokolls gibt nur die Sicht der Protokollanten wieder! Diese muss nicht unbedingt der Sicht des Vortragenden entsprechen. Grundlagen der Reaktorsicherheit Sitzungsprotokoll des Vortrags von Dr. Christoph Pistner im Rahmen der Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima am Von Moritz Wolf 4

7 1 Einführung des Referenten Dr. Christoph Pistner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Öko-Institut e.v. Er arbeitet im Bereich Nukleartechnik und Anlagensicherheit in Darmstadt und befasst sich mit dem Erstellen von Gutachten und Stellungnahmen zu Themen wie unter anderem der Anlagensicherheit und Systemanalyse von Kernkraftwerken, dem kerntechnischen Regelwerk oder dem anlageninternen Notfallschutz. Nach dem Studium der Physik an der Technischen Universität Darmstadt und einer darauf folgenden Promotion wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit (IANUS) der Technischen Universität Darmstadt. Seit März 2005 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Öko-Institut tätig. Dr. Pistner ist dort an Projekten wie der technisch-wissenschaftlichen Beratung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, der Auswertung der Betriebserfahrung deutscher Kernkraftwerke oder der Aktualisierung des kerntechnischen Regelwerks beteiligt, welche von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) in Auftrag gegeben wurden. Des Weiteren ist er Vorstandsmitglied im Forschungsverbund Naturwissenschaft, Abrüstung und internationale Sicherheit (FONAS) und Mitglied im Ausschuss Anlagen- und Systemtechnik der Reaktor-Sicherheitskommission (RSK). Als der Arbeitgeber von Dr. Pistner hat sich das Öko-Institut das Ziel gesetzt, die Vision einer Welt zu verwirklichen, in der sich die Menschen nach den Grundsätzen der Nachhaltigkeit frei entfalten können [3]. Durch wissenschaftliche Forschung und Beratung werden so gemäß diesem Leitbild am Öko-Institut die Grundlagen und Strategien erarbeitet, um die Vision einer nachhaltigen Entwicklung global, national und lokal gestalten und umsetzen zu können. Das Öko- Institut setzt sich aus fünf Bereichen zusammen: Energie & Klimaschutz, Infrastruktur & Unternehmen, Nukleartechnik & Anlagensicherheit, Produkte & Stoffströme und Umweltrecht & Governance. Mit wissenschaftlicher Expertise und neuen Ideen möchte das Öko-Institut die politischen Entscheidungsträger und weitere relevante Akteure von notwendigen Veränderungen überzeugen und sie auf dem Weg dorthin unterstützen [3]. In Bezug auf das Thema der Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima ist die Position von Dr. Pistner, sowie dem Öko-Institut e.v. in der Art einzuordnen, dass so viele Lehren wie möglich aus dem Unglück gezogen werden müssen: Wie lässt sich die Anlagensicherheit (auch in Deutschland) verbessern? Welche Auswirkungen hat der Reaktorunfall auf Natur und Gesellschaft? Wie kann ein sicherer Rückbau alter Kernkraftanlagen und auch die sichere Entsorgung von radioaktivem Abfall umgesetzt werden? 2 Vortragsinhalt Der Vortrag Grundlagen der Reaktorsicherheit von Dr. Christoph Pistner ist folgendermaßen gegliedert: Zu Beginn wird auf den Stand der Kernenergienutzung und deren zukünftigen Entwicklung eingegangen. Darauf folgend gibt Dr. Pistner einen Überblick über die Grundlagen der Reaktortechnik. Der nächste Abschnitt seines Vortrags befasst sich mit der Nachkühlung von Brennelementen und der Problematik der Kernschmelze, wenn die erzeugte Wärme nicht abgeführt werden kann. Danach kommt Dr. Pistner zum Hauptthema seines Vortrages, der Reaktorsicherheit, und erläutert, mit welchen Maßnahmen und Konzepten diese gewährleistet wird. Anhand von einigen ausgewählten Ereignissen gibt er dann einen Einblick in den Betrieb von kerntechnischen Anlagen und schließt den Vortrag mit seinem Fazit ab. Dr. Pistner beginnt seinen Vortrag mit einem Abriss über die Zusammensetzung der Primärenergieträger: Der weltweite Anteil der Kernenergie an der Primärenergie ist im Vergleich zu fossilen Brennstoffen und erneuerbaren Energien klein und liegt bei 5,8%. Den größten Teil an der Primärenergie nehmen die fossilen Brennstoffe ein, mit 33,2% Öl, 27,0% Kohle und 21,1% Gas. Energie aus Biomasse und Abfallverbrennung bilden einen Anteil von 10,0%. Aus Wasserkraft gewonnene Energie macht 2,2% aus und Energie aus Sonne, Wind, etc. nur 0,7%. Die im Vortrag verwendeten Daten stammen vom Januar 2011 und sind somit vor dem Reaktorunglück in Fukushima erhoben worden. Anfang 2011 sind 442 Reaktoren mit 375 GW elektrischer Leistung am Netz. Davon befindet sich der Großteil mit über 100 Anlagen in den USA. In Deutschland sind momentan nur neun Kernkraftwerke in Betrieb [1]. Die weltweit betriebenen Kernkraftanlagen befinden sich in nur 30 Ländern (plus Taiwan), davon stehen in nur 12 Ländern mindestens 10 Kernkraftwerke und in nur 20 Ländern mindestens zwei Kernkraftwerke. Gesamt gesehen, stehen ungefähr 70% aller Anlagen in den G10 Staaten. Dabei hat die weltweite Entwicklung der Nuklearkapazitäten in den letzten Jahren ein Plateau erreicht. War das Wachstum der Nuklearkapazität ab 1965 noch in etwa exponentiell, hat es nach dem Reaktorunglück 1986 in Tschernobyl einen deutlich Dämpfer erhalten. Betrachtet man die Altersverteilung der laufenden Reaktoren, ist der Großteil zwischen 20 und 30 Jahren alt und reicht bis zu einem Alter von 44 Jahren. Das Durchschnittsalter beträgt ca. 26 Jahren. Das Durchschnittsalter der stillgelegten Reaktoren liegt bei 21,9 Jahren, das heißt das mittlere Alter der laufenden Reaktoren entspricht etwa dem mittleren Alter der bereits abgeschalteten Reaktoren. Da der Bauentscheid für viele Reaktoren in den 1960er und 1970er Jahren gefällt wurde, sind nur weniger als 40 Reaktoren jünger als 10 Jahre. Bei einer mittleren Laufzeit von 40 Jahren gehen also in den nächsten 20 Jahren 340 Reaktoren von Netz. Im weiteren Verlauf des Vortrags werden die Aussichten der Kernenergie diskutiert. Dr. Pistner zeigt verschiedene Prognosen für die Entwicklung der Nuklearkapazität in der Zukunft. Hierbei wird deutlich, dass schon vor Tschernobyl die Prognosen immer wieder revidiert wurden und von einem weniger starken aber immer noch exponentiellen Wachstum Grundlagen der Reaktorsicherheit 5

8 ausgegangen wurde. Erst eine Prognose von 2001 für die Entwicklung der Kernenergienutzung in den OECD Ländern prognostiziert das oben genannte Plateau. Auch eine weltweite Prognose von 2010 wird präsentiert. Diese diskutiert zwei Fälle: Eine hohe Prognose mit linearem Wachstum und einem Maximum von knapp 1500 GW elektrischer Leistung; und eine niedrige Prognose mit schwachem Wachstum und Annäherung an ein Plateau. Diese Prognosen reichen bis zum Jahr Um die hohe Prognose zu erfüllen (was ungefähr eine Verdreifachung der Nuklearkapazität bis 2050 entspricht), müssten ab 2011 jährlich 17,4 Anlagen pro Jahr gebaut werden, mit einer elektrischen Leistung von 1600 MW. Betrachtet man aber aktuelle Statistiken, ist die Anzahl der im Bau befindlichen Anlagen seit 1980 stark eingebrochen. Im Maximum waren 200 Anlagen gleichzeitig im Bau. Seit 15 Jahren sind nur etwa 40 Anlagen gleichzeitig im Bau, 2011 sind es 64 Anlagen. Die jüngsten Bauentscheidungen wurden vor allem in asiatischen Ländern getroffen, die auch schon länger Kernkraftwerke betreiben. 80 Anlagen sind in konkreter Planung, weitere 130 in insgesamt 27 Ländern sind in der Vorbereitung. Dr. Pistner weist darauf hin, dass mit den hinzukommenden Kernkraftanlagen, die oben genannten Prognosen nicht erfüllt werden können: Der Anteil der Kernkraft an der Primärenergie nimmt also ab und das schon vor dem Reaktorunglück in Fukushima. Im nächsten Abschnitt des Vortrags geht Dr. Pistner auf die Grundlagen der Reaktortechnik ein. Anhand von Uran 235 erklärt er, wie die Kernspaltung funktioniert: Trifft ein Neutron auf einen Uran 235 Kern, kommt es zu einer Spaltung. Dabei entstehen Spaltprodukte wie zum Beispiel Krypton 89, Barium 144 und drei weitere Neutronen. Bei der Spaltung wird eine Bindungsenergie von ca. 210 MeV freigesetzt. Davon ist der Großteil mit 83,3% kinetische Energie der Spaltprodukte. 2,4% der Bindungsenergie entfallen auf die kinetische Energie der Spaltneutronen, 3,3% auf die unmittelbar durch Gamma-Strahlung freigesetzte Energie, 4,8% auf die Energie der Neutrinos und 6,2% der Energie werden zeitlich verzögert durch weitere radioaktive Zerfälle freigesetzt. Die Energie, die zeitverzögert freigesetzt wird, ist hinsichtlich des Kühlens von alten Brennstäben oder beim Ausfall der Kühlung in einem Kernreaktor am kritischsten. Um einen Kernreaktor zu betreiben, müssen in einer Kettenreaktion sehr viele Urankerne gespalten werden, was dadurch gewährleistet wird, dass bei der Spaltung rund drei Neutronen entstehen. Da die Spaltung aber nur mit thermischen Neutronen (kinetische Energie kleiner 100meV [4]) funktioniert, müssen die in der Kettenreaktion entstandenen Neutronen abgebremst werden. Das kann mithilfe von Wasser als Moderator zwischen den Brennstäben erreicht werden, da das Wasser kinetische Energie der Neutronen absorbiert. Mit Steuerstäben zwischen den Brennelementen kann die Leistung eines Reaktors geregelt werden. Schiebt man die Steuerstäbe komplett zwischen die Brennelemente, kann die Kettenreaktion gestoppt werden, da die Steuerstäbe die Neutronen komplett absorbieren. Dr. Pistner nennt zwei verschiedene Reaktorkonzepte: Den Druckwasserreaktor (DWR) und den Siedewasserreaktor (SWR). Die beiden Reaktortypen unterscheiden sich in der Hinsicht, dass beim DWR ein Primärkreislauf und ein Sekundärkreislauf zum Transport des verdampften Wassers verwendetet werden: Innerhalb des Sicherheitsbehälters befindet sich ein Dampferzeuger, der dann über den Sekundärkreislauf den Dampf zur Turbine leitet, in der dann der Strom erzeugt wird. Beim SWR wird der Dampf direkt aus dem Reaktordruckbehälter in die Turbine geleitet. Der nächste Teil des Vortrags befasst sich mit der Nachkühlung und der Kernschmelzproblematik. Die Nachzerfallswärme bereitet dabei die größten Probleme. Selbst nach einer Sofortabschaltung eines Reaktors, durch Einfahren der Steuerstäbe, gibt es noch eine erhebliche Wärmeproduktion durch radioaktive Zerfälle. Da die Nachzerfallswärme exponentiell mit der Zeit abnimmt, ist die Nachkühlung eine große Herausforderung. Dr. Pistner veranschaulicht das an einem kleinen Rechenbeispiel: Um eine Tonne Wasser zu verdampfen (von 20 C auf 100 C), benötigt man eine Energie von 720 kwh. Block 1 von Fukushima Daiichi hat eine thermische Leistung von 1380 MW. Wird der Reaktor sofort abgeschaltet, hat er nach einer Stunde noch eine thermische Leistung von ca. 22 MW. Es müssen also 31 Tonnen Wasser pro Stunde verdampft werden, um die Kühlung zu gewährleisten. Nach einem Tag beträgt die thermische Leistung ca. 11 MW und man benötig 15 Tonnen Wasser pro Stunde zum Kühlen. Selbst ca. 3,5 Monate später beträgt die thermische Leistung noch 1 MW = 1000 kw und man benötigt ca. 1,4 Tonnen Wasser pro Stunde zum Kühlen. Da bei dem Reaktorunglück in Fukushima die Infrastruktur der ganzen Region durch den Tsunami stark beschädigt wurde, zeigt dieses Rechenbeispiel sofort auf, mit welchen massiven Herausforderungen die Arbeiter an den Reaktoren konfrontiert waren, um die Kühlung aufrecht zu erhalten. Da die kontinuierliche Kühlung nicht aufrechterhalten werden konnte, kam es unweigerlich zur Kernschmelze. Die Hülle der Brennstäbe besteht zum Großteil aus Zirkonium. Deswegen ist dessen Schmelztemperatur von 2030 K sehr kritisch. Aber schon bei einer Temperatur von 1210 K beginnt Zirkonium zu oxidieren, wobei Wasserstoff freigesetzt wird. Bei Kontakt mit Sauerstoff führt dies zu einer erhöhten Explosionsgefahr führt. Darauf folgend kommt Dr. Pistner zum Thema Reaktorsicherheit: Die wichtigsten kerntechnischen Schutzziele sind die Kontrolle der Reaktivität, die Kühlung der Brennelemente und der Einschluss radioaktiver Stoffe. Dazu stellt er das Barrierenkonzept vor: Die Brennstabhülle stellt dabei die erste Barriere dar. Als nächstes folgt der Reaktordruckbehälter als zweite Barriere. Eine Stahlbetonhülle dient als biologisches Schild gegen Strahlung. Geht man weiter nach außen folgen der Sicherheitsbehälter mit Dichthaut und das Reaktorgebäude als äußerste Barrieren. Es werden weitere zentrale Auslegungsgrundsätze für die Reaktorsicherheit vorgestellt: Dazu zählen zum Beispiel die Redundanz von wichtigen Systemen (Notstromaggregate, Umwälzpumpen, etc.), um den Ausfall einzelner System abfangen zu können, die Diversität (Kühlung beruht auf verschiedenen physikalischen Konzepten), passive Sicherheitsfunktionen, Automatisierung, Entmaschung (die Systeme sollen sich nicht gegenseitig beeinflussen), räumliche Trennung, etc. Dr. Pistner betont bei Protokolle zu den Vorträgen

9 dem Punkt der Automatisierung, dass es bei einer Notabschaltung ideal wäre, wenn in den ersten 30 Minuten kein menschliches Eingreifen notwendig wäre. Ein weiterere wichtige Maßnahme ist ein gestaffeltes Sicherheitskonzept: Die Sicherheitsebene 1 ist der Normalbetrieb (der sogenannte bestimmungsgemäße Betrieb) bei dem durch hohe Qualität des Betriebs Störungen direkt vermieden werden sollen. Als Sicherheitsebene 2 bezeichnet man den anomalen Betrieb. Dieser ist immer noch bestimmungsgemäß, doch es gilt die Anlage zu stabilisieren, sowie die Störungen zu beherrschen. Erst auf Sicherheitsebene 3 spricht man von Störfällen. Nun gilt es die Freisetzung von Radioaktivität zu vermeiden und eine langfristige Abfuhr der Nachwärme zu gewährleisten, was unter anderem durch das Sicherstellen der Unterkritikalität (keine Kettenreaktion mehr) des Reaktors erreicht wird. Sehr seltene Ereignisse oder Unfälle werden mit den Sicherheitsebenen 4a/4b/4c abgedeckt. Man unterscheidet folgende grundlegende Auslegungsstörfälle: Kühlmittelverlust (primärseitig oder sekundärseitig), Schäden an den Dampferzeugerheizrohren (DEHEIRO), Transienten (Reaktivitätsstörungen, Störungen der Wärmeabfuhr, Ausfall der Eigenbedarfsversorgung mit Strom), Einwirkungen von innen (interne Überflutung, Brand, Versagen von Großkomponenten, etc.) und Einwirkungen von außen (Erdbeben, Hochwasser, Tsunami, etc.). Von Notstandsfällen spricht man, wenn zum Beispiel die Schnellabschaltung ausfällt oder wenn massive Einwirkungen von außen stattfinden, wie ein Flugzeugabsturz oder eine Explosion. Kommt es zu einem Störfall, müssen folgende Sicherheitsfunktionen greifen: Vorrangig muss die Reaktivität unter Kontrolle gebracht werden. D.h. der Reaktor muss abgeschaltet werden und langfristig unterkritisch bleiben. Da die Brennelemente wie weiter oben beschrieben Nachwärme produzieren, muss die Kühlung gewährleistet sein. D.h. der Betrieb des primären und sekundären Kühlkreislaufs muss sichergestellt werden. Zusätzlich muss die Integrität der Brennelemente und der weiteren Barrieren überwacht werden, um eine Freisetzung von Radioaktivität zu vermeiden. Von den verschiedenen Sicherheitssystemen seien hier nur einige als Beispiele genannt: Mittels eines Zusatzboriersystems kann eine langfristige Unterkritikalität erreicht werden, da durch Zugabe von Borsäure in das Kühlwasser die Absorption von Neutronen erhöht werden kann. Des Weiteren kann man zum Beispiel durch hochgelegene Wassertanks ein Notspeisesystem umsetzen, welches ohne Pumpen auskommt. So können zum Beispiel Lecks im Kühlkreislauf einige Zeit ausgeglichen werden. Nach den Vorfällen in Three Mile Island und Tschernobyl wurde diskutiert, wie man den anlageninternen Notfallschutz verbessern kann, beziehungsweise, welche Maßnahmen bei einem Unfall besonders wichtig sind. Dazu zählt die flexible Nutzung aller vorhandenen Systeme und zusätzlicher Einrichtungen, so wie die Möglichkeit zum Eingriff in den Reaktorschutz und das Sicherheitssystem. Einer der wichtigsten Punkte ist die Druckentlastung, um weiter flüssiges Kühlmittel zur Verfügung zu haben. Auch der Wasserstoffabbau durch passive Rekombinatoren wird hervorgehoben, um die Explosionsgefahr zu mindern. Wichtige Maßnahmen stellen auch die gefilterte Druckentlastung der Sicherheitsbehälters und die Wiederherstellung der Stromversorgung dar. Im letzten Abschnitt seines Vortrages zählt Dr. Pistner einige ausgewählte Störfälle aus dem Zeitraum von 1986 bis 2009 auf. Die Bandbreite der Vorfälle reicht von Materialfehlern, über Kühlmittelverluste, bis hin zum Verlust der Eigenenergieversorgung. Auch berichtet er von internen Auslösern wie Feuer oder Explosionen, sowie externen Auslösern, wie Überflutung oder Erdbeben. In vielen Fällen wurde die Öffentlichkeit erst viele Wochen später informiert. In seinem Fazit kommt Dr. Pistner zu dem Schluss, das bei den derzeit existierenden Reaktortypen schwere Unfälle nicht auszuschließen sind. Trotz der vielfältigen Sicherheitssysteme kann nur deren Eintrittswahrscheinlichkeit verringert werden, sie können aber nicht physikalisch ausgeschlossen werden. Zudem ist trotz der Weiterentwicklung in der Reaktorsicherheit die Anzahl und die Schwere der Störungsereignisse nicht wesentlich gesunken. Dies liegt unter anderem daran, dass das komplexe System eines Reaktors noch nicht in voller Gänze verstanden ist. Dr. Pistner ist der Meinung, dass das Risiko durch die Reifung der Technik nicht eliminiert werden kann. Selbst durch neue Reaktoren der Generation IV wird sich die Situation nicht wesentlich verbessern, da diese noch nicht gebaut sind und noch viel Geld und Wissen in deren Entwicklung gesteckt werden muss. 3 Einordnung Die Reaktorsicherheit ist ein sehr wichtiges und ernstes Thema und wird gegenüber der Öffentlichkeit nicht gut genug kommuniziert. Kommt es zu einem Störfall, mauern die Energiekonzerne sehr häufig und erst Wochen später werden unter der Androhung von Untersuchungsausschüssen Informationen preis gegeben. Dabei sollte man besser den Weg der Transparenz gehen und der Öffentlichkeit zeigen, welche Maßnahmen ergriffen werden und welche technischen Sicherheitskonzepte vorhanden sind, um das Auftreten von Störfällen zu vermeiden. Dass Dr. Pistner zu dem Schluss kommt, dass eine hundertprozentige Sicherheit nicht gewährleistet werden kann, erhöht in meinen Augen noch viel mehr die Notwendigkeit zur besseren Öffentlichkeitsarbeit der Energiekonzerne. In Bezug auf den Vortrag von Dr. Alexander Kerner, vom , der sich mit dem Ablauf des Reaktorunglücks in Fukushima befasst hat, wird dann deutlich, wie selbst die besten Sicherheitskonzepte versagen können. Wenn sich zum Beispiel die Notstromaggregate genau auf Höhe des Meeresspiegels befinden und nach einem Tsunami nicht anspringen, weil die Maschinenhäuser überflutet sind [2]. Hier hätte eine räumliche Trennung möglicherweise geholfen: Ein Not Grundlagen der Reaktorsicherheit 7

10 stromaggregat in 15 Metern Höhe über dem Meeresspiegel wäre wohl nicht überflutet worden. Ebenso hätte man bei der Konzeption des Reaktors mit höheren Tsunamis rechnen können. Es waren ja Schutzmauern vorhanden, nur waren diese nicht hoch genug. Die Standortwahl scheint mir bei der Planung eines Kernkraftwerks sehr wichtig zu sein und sollte nicht unterschätzt werden. Natürlich stand wohl bei der Standortwahl in Fukushima die Nähe zum Meer als nahezu unerschöpfliches Kühlwasserreservoir im Vordergrund. Man hätte die Anlage aber doch auch problemlos einige Kilometer weiter landeinwärts bauen können. Die Wasserversorgung wäre durch einen Kanal möglich gewesen und durch Deiche und Fluttore hätte man die Anlage vor dem direkten Zugriff eines Tsunamis schützen können. Ein weiteres Beispiel für eine fehlerhafte Konzeption der Sicherheitssysteme in Fukushima ist die Reduzierung von nur einem Abluftkamin für zwei Reaktorgebäude. So konnte möglicherweise Wasserstoff von Block 3 über das Abluftsystem in das Reaktorgebäude von Block 4 gelangen, wo es dann zu einer Explosion kam [2]. Wenn schon auf ein Konzept mit nur einem Abluftkamin für zwei Reaktorgebäude gesetzt wird, hätte eine Rückschlagklappe das Einströmen des Wasserstoffs verhindern können. Die technisch bessere Lösung wäre natürlich ein Abluftkamin pro Reaktorblock gewesen. Dieses Beispiel zeigt genau auf, wie kleine Sicherheitslücken einfach übersehen werden können und bei einem Störfall doch sehr große Auswirkungen haben können. Man kann nur hoffen, dass die Vorfälle in Fukushima den Betreibern von Kernkraftwerken die Augen geöffnet haben und dass die zuständigen Ingenieure ihr Sicherheitskonzept nochmal einer kritischen Prüfung unterziehen, um mögliche Sicherheitslücken ausfindig zu machen. Die Technik der Kernspaltung bietet einfach zu viel Gefahrenpotential man darf niemals mit ihr fahrlässig umgehen und darf nie aufhören, das verwendete Sicherheitskonzept zu hinterfragen und nach Verbesserungen zu suchen. Literatur [1] Bundesamt für Strahlenschutz. Stand [2] Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) mbh. Fukushima Daiichi März [3] Öko-Institut e.v. Stand [4] Wikipedia - Neutron. Stand Protokolle zu den Vorträgen

11 2.2 Der Unfall in Fukushima: Unfallablauf und ergriffene Maßnahmen Datum des Vortrages Vortragender Dr. Alexander Kerner, Gesellschaft für Reaktorsicherheit, München Protokollant Timo Röschenthaler Hinweis: Der Inhalt des Protokolls gibt nur die Sicht der Protokollanten wieder! Diese muss nicht unbedingt der Sicht des Vortragenden entsprechen. Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima Sommersemester 2011 Protokoll zum Vortrag Der Unfall in Fukushima: Unfallablauf und ergriffene Maßnahmen 19. April 2012 Referent Herr Alexander Kerner Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit Von Timo Röschenthaler 2.2 Der Unfall in Fukushima: Unfallablauf und ergriffene Maßnahmen 9

12 1. Einführung des Referenten und Einordnung in das Thema der Vorlesung Der Referent der zweiten Veranstaltung in der Vorlesungsreihe Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima war Herr Alexander Kerner von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit GmbH (GRS). Herr Kerner arbeitete nach seinem abgeschlossenen Studium der Elektro- und Informationstechnik an der TU München zunächst am Institute for Safety and Reliability. Im Jahre 2008 wechselte er zur GRS in die Abteilung Anlagensicherheit und ist seit 2011 Assistent des technisch-wissenschaftlichen Geschäftsführers. Im gleichen Jahr promovierte Herr Kerner an der TU München am Lehrstuhl für Nukleartechnik (NTech). Die Gesellschaft für Anlagensicherheit ist eine zentrale Fachorganisation in Deutschland auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit und Entsorgung. Neben Forschung und Begutachtung in mehreren Arbeitsfeldern der Nukleartechnik setzt sich die GRS für die Verbesserung der nuklearen Sicherheit ein. Nach dem Reaktorunglück in Fukushima am 11. März 2011 wertete die GRS bis Juli 2011 verfügbare Informationen aus und erstellte im Auftrag des Bundesumweltministeriums öffentliche Lageberichte. In der darauf folgenden Zeit ist die GRS an verschiedenen Projekten zur Analyse des Unfallhergangs beteiligt. Das folgende Protokoll behandelt den Vortrag Der Unfall in Fukushima: Unfallablauf und ergriffene Maßnahmen vom , welcher aus einem Bericht der GRS von März 2012 entstammt [3], um der interessierten Öffentlichkeit den Kenntnisstand ein Jahr nach dem Reaktorunglück zu vermitteln. 2. Protokoll zum Vortrag 2.1 Das Erdbeben und der folgende Tsunami Am ereignete sich vor der Ostküste Japans ein folgenschweres Erdbeben mit der Stärke 9,0 auf der Richterskala. Aufgrund der großen Vertikalverschiebung im Epizentrum bildete sich ein Tsunami, welcher die japanische Küste etwa 30 Minuten später erreichte. 55 Minuten nach dem Erdbeben erreichte die Tsunamiwelle das Atomkraftwerk Fukushima Daiichi mit einer ermittelten Wellenhöhe von 15 m [1, 2]. Die ursprüngliche Auslegung der Anlage gegen einen Tsunami betrug nur 3,1-3,7 m. Eine Bewertung der Betreiberfirma TEPCO aus dem Jahre 2008 ermittelte eine mögliche Tsunami-Wellenhöhe von bis zu 15 m. Diese Schätzung wurde allerdings verworfen, weil sie als nicht belastbar eingestuft wurde. 2.2 Aufbau und Auslegung der Reaktorblöcke Bevor Herr Kerner auf den Unfallablauf im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi einging, stellte er zunächst den Aufbau der vier betroffenen Reaktoren vor. Es handelt sich dabei um Siedewasserreaktoren vom Typ GE Mark I aus den Jahren , welche mit einer massiven Stahlkonstruktion von der Außenwelt abgetrennt sind. Über dem sogenannten Abklingbecken besteht die Dachkonstruktion der Reaktorgebäude aus einem Stahlgerüst, welches auf den Betonplatten der Reaktorummantelung befestigt ist (siehe Abbildung 1). Der Reaktorkern befindet sich im Reaktordruckbehälter (RDB) und ist von einem biologischen Schild und dem Containment umgeben. Der Reaktor mit seinen 400 Brennelementen wird zur Kühlung mit Kühlmittel umströmt. Durch Öffnungen im Reaktorkern (welche zur Einleitung der Steuerstäbe dienen) ist der 10 2 Protokolle zu den Vorträgen

13 Siedewasserreaktor im Vergleich zu Druckwasserreaktoren anfälliger gegen Kernschmelzen. Die relevanten Parameter eines Siedewasserreaktors sind dabei Massendurchsatz, Druck und der Füllstand des zur Dampferzeugung genutzten Wassers. Über Sicherheitsventile wird bei Überdruck der Dampf in die Kondensationskammer umgeleitet, welche unterhalb des Reaktors ringförmig angeordnet ist. Da es in Störfällen zur Bildung von Wasserstoff kommen kann, ist das gesamte Containment mit Stickstoff gefüllt, was die Bildung von Knallgas verhindern soll. Die Stromversorgung des Kernkraftwerks wird im Betrieb normalerweise durch Eigenversorgung sichergestellt. Für den Notfall Abbildung 1: Schnitt durch das Reaktorgebäude (Typ Mark I) [6] besteht eine externe Stromversorgung aus dem Stromnetz, sowie zwei Notstrom- Dieselaggregaten pro Reaktorblock. Diese befinden sich im Untergeschoss der angrenzenden Turbinenhalle, über eine 10 m hohe Schutzmauer abgeschottet wenige Meter über dem Meeresspiegel. In einem sogenannten Station Blackout (Ausfall der externen Stromversorgung und der Dieselaggregate) kann die Anlage über eine Dauer von 10 Stunden über Batterien mit Strom versorgt werden. Im Falle einer Notabschaltung des Reaktors beträgt die Nachzerfallsleistung noch ca. 6,5% der thermischen Leistung während des Betriebs. Nach einem Jahr beträgt diese noch immer ca. 3 MW, was Not- und Nachkühlsysteme notwendig macht, damit es zu keinen Kernschäden kommt (ab ca. 900 C). Block 1 verfügt daher über verschiedene Kühlsysteme. Das Reactor Shutdown Cooling System führt die Wärme des Reaktorkühlwassers über einen Wärmetauscher an ein Sekundärkühlsystem ab. Das primäre Kühlwasser wird danach mittels Pumpen wieder in den Druckbehälter eingeleitet. Die Pumpen werden im Notfall über die Notstromdiesel versorgt. Das Notkondensationssystem (Isolation Condenser, IC) leitet den Frischdampf aus dem Reaktor durch mit Wasser gefüllte Becken und leitet somit die thermische Energie über einen Wärmetausch ab. Dieses System ist bis auf die Stellbetätigung der Ventile (Gleichstrom, z.b. aus Notfallbatterien) autark von einer Stromversorgung betriebsfähig. Der IC kann über eine Dauer von 8 Stunden die Nachzerfallswärme aufnehmen, falls der Betrieb nicht durch Nachfüllen von Kühlwasser verlängert wird. Das Notkühlsystem (Emergency Core Cooling System, ECCS) dient der direkten Reaktorkühlung in Störfällen. Das System ist in ein Hoch- und Niederdrucksystem aufgeteilt. Das Hochdrucksystem wird über eine Turbine vom Frischdampf des Reaktors angetrieben und speist Kühlmittel in den Reaktorbehälter ein. Der Frischdampf gelangt im Anschluss in die Kondensationskammer. Das Niederdrucksystem speist bei niedrigen Drücken Kühlwasser in den Reaktorbehälter und wird von Pumpen angetrieben. Zur direkten Nachkühlung des Kerns kann das Containment Sprühsystem verwendet werden, welches zur Wärmeabfuhr aus der Kondensationskammer verwendet wird. Zum Betrieb sind ebenfalls elektrisch angetriebene Pumpen notwendig, was eine vorhandene Stromversorgung voraussetzt. Zur Einhaltung des Maximaldrucks des Containments von 5,3 bar kann über selbst öffnende Ventile der Druck des Reaktorbehälters in die Kondensationskammer abgeführt werden. Zusätzlich 2.2 Der Unfall in Fukushima: Unfallablauf und ergriffene Maßnahmen 11

14 vorgesehene Ventingventile können im Falle eine Maximaldrucks des gesamten geschlossenen Systems zur Druckentlastung geöffnet werden. Diese müssen dazu mit Gleichstrom versorgt werden. In einem solchen Fall gelangt radioaktiv kontaminiertes Material in die Umwelt. Die Blöcke 1 und 2, sowie Block 3 und 4 besitzen jeweils paarweise ein solches Ventingsystem. 2.3 Unfallablauf (Block 1) Nach der Vorstellung der technischen Hintergründe berichtete Herr Kerner über den Unfallhergang in Fukushima. Zum Zeitpunkt des Erdbebens am um 14:46 Uhr war der Reaktorblock 1 in Betrieb und wurde daraufhin automatisch notabgeschaltet. Bereits das Erdbeben beschädigte die externe Stromversorgung des Atomkraftwerks, worauf die Notstrom- Dieselaggregate in Betrieb gingen. Infolge eines direkten Druckanstiegs nach der Abschaltung von Block 1 wurde automatisch das Notkondensationssystem in Betrieb genommen. Um die zulässige Abkühlgeschwindigkeit nicht zu überschreiten wurde das System wenige Minuten nach dem Störfall manuell abgeschaltet. Innerhalb der nächsten 30 Minuten wurde das System mehrfach ein- und ausgeschaltet, um die Nachzerfallswärme aufzunehmen. Der Reaktor verhielt sich nach Aussagen des Betreibers in dieser Zeit im Rahmen der Auslegung im Störfall. Um 15:27 Uhr erreichte die Tsunamiwelle das Atomkraftwerk in Fukushima. Die Folge war eine großflächige Überflutung des Geländes. Es kam zu einer vollständigen Zerstörung wichtiger Anlagenkomponenten wie dem Nebenkühlwassersystems. Das Turbinengebäude wurde komplett überflutet, weshalb es ebenfalls zu einer Zerstörung der darin befindlichen Notstromaggregate kam. Es kam daraufhin zu einem vollständigen Stromausfall der Anlage und der damit verbundenen Unterbrechung der Parameterüberwachung. Eine erneute Inbetriebnahme des Notkondensationssystems war ebenfalls aufgrund der fehlenden Stromversorgung durch die Batterien nicht mehr möglich. Es bestand somit keine Reaktorkühlversorgung mehr. Durch die Nachzerfallsenergie wurde im Reaktor weiterhin Dampf produziert, weshalb der ansteigende Reaktordruck über die Sicherheitsventile in die Kondensationskammer automatisch abgeführt wurde. Ab 20:30 Uhr konnte eine Stromversorgung der Instrumentierung über einen mobilen Generator hergestellt werden. Eine Messung lieferte einen Containmentdruck von 6 bar, woraufhin die Druckentlastung des Containments durch Venting vorbereitet wurde. Im Verlauf der nächsten Stunden kam es zu einem weiteren Druckanstieg des Containments auf ca. 8,4 bar [4]. Noch vor der ersten manuellen Druckentlastung wurden ein Druckabfall und ein Anstieg der Strahlenbelastung gemessen. Laut TEPCO ist dies auf eine Beschädigung der Druckkammer zurückzuführen. Durch die automatische Druckentlastung des RDB über die Sicherheitsventile fiel der Kühlwasserspiegel im Reaktor immer weiter ab, was zu einer steigenden Kerntemperatur führte. Am Morgen des konnte Frischwasser mit Hilfe eines Feuerlöschwagens über das Kernsprühsystem in den RDB eingespeist werden. Nach erfolgter Evakuierung der Anlage wurde gegen 9 Uhr mit dem Venting begonnen. Die Ventile mussten aufgrund der noch immer fehlenden Stromversorgung manuell geöffnet werden. Pneumatisch gesteuerte Ventile an der Kondensationskammer konnten mit Hilfe eines Druckluftkompressors einige Stunden später zusätzlich geöffnet werden und ein deutlicher Druckabfall im Containment war die Folge. Ca. eine Stunde nach der gemessenen Druckentlastung kam es zu einer Explosion im oberen Bereich des Reaktorgebäudes, was die dort vorhandene Stahldachkonstruktion völlig zerstörte. Di Explosion war die Folge der hohen Reaktortemperaturen und einer chemischen Reaktion, bei der 12 2 Protokolle zu den Vorträgen

15 Wasserstoff gebildet wird. Mit der Umgebungsluft und dem austretenden Wasserstoff kam es zu einer Knallgasreaktion. Erst am konnte eine externe Stromversorgung der Anlage wieder hergestellt werden. Aufgrund der fehlenden Frischwassereinspeisung aus einem Meerwasserbecken war der Reaktor möglicherweise über einen längeren Zeitraum ungekühlt. Die fortlaufende Kühlung wurde in den nächsten Tagen über Pumpen sichergestellt, welche erneut Frischwasser in die Anlage speisten. 2.4 Unfallablauf (Block 2 bis 4) Herr Kerner ging im Folgenden kurz auf den Unfallhergang in den restlichen Blöcken 2-4 ein. Die Auslegung der Reaktorblöcke 2, 3 und 4 sind nahezu mit Block 1 identisch. Es bestehen geringe Unterschiede in der Stromversorgung und der Kühlsysteme. Block 2 besitzt demnach zwei Notstrom-Dieselaggregate, wobei eines davon in einem landeinwärts gelegenen Gebäude untergebracht ist. In Block 3 und 4 dagegen befinden sich die Notstromdiesel wie in Block 1 im Turbinengebäude. In Folge des Erdbebens wurden die in Betrieb befindlichen Blöcke 2 und 3 ebenfalls automatisch heruntergefahren. Die jeweiligen Notstromdiesel versorgten die Blöcke daraufhin mit Strom, da die Stromversorgung über das Netz, aufgrund der durch das Erdbeben verursachten Schäden, nicht zur Verfügung stand. Die Kühlung des RDB erfolge in Block 2 und 3 in den nächsten Minuten durch Ablassen des Überdrucks in die Kondensationskammer und zwei verschiedener Kühlsysteme. Nach dem Eintreffen des Tsunamis bestand in Block 2 ebenfalls keine Stromversorgung mehr. Die Steuerung der Kühlsysteme war somit unmöglich. In Block 3 dagegen blieben die Batterien intakt, welche allerdings nach wenigen Stunden Betrieb verbraucht waren. Der Kühlwasserstand nahm durch das Druckablassen immer weiter ab und ein Temperaturanstieg in den Reaktoren war die Folge. Am gleichen Abend wurde die Stromversorgung an Block 2 über einen Generator sichergestellt. Durch die Explosion in Block 1 entstand ein kleiner Schaden in der Verkleidung des Blocks 2, was das Entweichen brennbarer Gase ermöglichte. Am 14. März kam es in Block 3 zu einer Wasserstoffexplosion, welche auf ein undichtes Containment zurückzuführen ist [5]. Block 4 befand sich zum Zeitpunkt des Erdbebens nicht in Betrieb und alle Brennelemente waren aus dem Reaktor entfernt. Der eintreffende Tsunami verursachte vergleichbare Schäden an den Notsystemen des Blocks 4, wodurch die Kühlsysteme des Brennelementelagerbeckens nicht mehr funktionierten. Am 15. März kam es in Block 4 ebenfalls zu einer Explosion im oberen Reaktorgebäudebereich. Laut TEPCO sammelte sich Wasserstoff im Reaktorgebäude an, welches zuvor durch das verbundene Lüftungssystem von Block 3 in Block 4 gelangte. 2.5 Verursachte Kernschäden Aufgrund der zeitweise über mehrere Stunden fehlenden Kühlung der Reaktorblöcke und dem Füllstandverlust unterhalb der Reaktorkernobergrenze kam es zu einer Freilegung der Brennstäbe. Die durch die Nachzerfallsleistung immer weiter ansteigende Temperatur führte zur Beschädigung der Brennelemente bis zur Kernschmelze. Bei einer Kernschmelze gelangt die Temperatur der Brennelemente über die Schmelztemperatur des Materials. Die Schmelze fließt auf den Boden des 2.2 Der Unfall in Fukushima: Unfallablauf und ergriffene Maßnahmen 13

16 RDB und kommt dort mit der Betonummantelung in Berührung. Die dabei entstehenden Gase und die Bildung von Wasserstoff waren die Ursache der Explosionen in den Blöcken 1, 3 und 4. Der Sicherheitsbehälter der betroffenen Reaktoren wurde durch die erfolgte Kernschmelze zusätzlich beschädigt. Die tatsächlichen Kernschäden können allerdings nur durch indirekte Beobachtungen und Simulationen ermittelt werden. Es kann allerdings sicher davon ausgegangen werden, dass dieses Szenario eingetreten ist, was den Rückbau der Anlage und die Bergung des Brennmaterials in den folgenden Jahren deutlich erschwert. 3. Einordung des Vortrags 3.1 Eigene Einschätzung Laut der Aussage von Herrn Kerner verursachten die gemessenen Beschleunigungen durch das Erdbeben keine nennenswerten Schäden am Reaktorgebäude. Die erfolgten Ereignisse waren letztendlich Folge des eintreffenden Tsunamis und dem Ausfall der Stromversorgung und der damit verbundenen Kühlsysteme. Nach meiner Einschätzung waren die Sicherheitssysteme in Fukushima für einen Ernstfall nicht vollständig gewappnet. Die Kühlsysteme arbeiteten zwar größtenteils zuverlässig und die Abschaltung der Reaktoren erfolgte bereits protokollgemäß aufgrund des Erdbebens. Auch eine Auslegung des Reaktorgebäudes und die zulässige Beanspruchung durch hohe Drücke und Temperaturen scheinen ausreichend berechnet gewesen zu sein. Die Katastrophe jedoch wurde meiner Meinung nach bereits in der Planung der Anlage verursacht. Da durch den Betreiber TEPCO eine zu niedrige Wellenhöhe eines möglichen Tsunamis angenommen wurde, bestand eine zu geringe Absicherung. Die festgelegten zulässigen Werte wurden aus der Erfahrung vergangener Tsunamis gewonnen. Eine realitätsnahe Einschätzung mit einer Wellenhöhe von bis zu 15m wurde hingegen verworfen. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie essentielle Notsysteme wie die Notstromdieselaggregate auf Höhe des Meeresspiegels, nur durch eine Schutzwand vom Meer abgetrennt, platziert werden konnten. Wären diese wie in Block 2 landeinwärts auf einer Anhöhe gelegen, wäre eine Stromversorgung der Kühlsysteme deutlich wahrscheinlicher gewesen. Da ein Atomkraftwerk, wie in Fukushima, ohne Stromversorgung nicht kontrollierbar ist, hätte man hier in der Planung bereits deutlich mehr Sicherheit einbauen müssen. 3.2 Bezug zu anderen Vorträgen der Ringvorlesung Der Vortrag von Herr Kerner bildete eine sehr gute Grundlage zum Verständnis der Ereignisse vom 11. März 2011 und den Tagen danach. Die technischen Hintergründe wurden sehr verständlich wiedergegeben, was beispielsweise durch die Berichterstattung der Medien nicht möglich ist. Besonders die Folgen für die Umwelt durch die Freisetzung radioaktiven Materials wurden in den anschließenden Vorträgen deutlich gemacht. Die Hintergründe, wieso es durch die Explosionen und bereits durch das Venting zur Freisetzung kam waren durch den Vortrag von Herr Kerner im Verlauf der weiteren Vorlesung somit deutlich verständlicher Protokolle zu den Vorträgen

17 Literaturverzeichnis [1] NISA (Nuclear and Industrial Safety Agency), Report of the Japanese Government to the IAEA Ministerial Conference on Nuclear Safety Juni 2011 [2] TEPCO, The Great Japan Earthquake and Current Status of Nuclear Power Stations 31. Mai 2001 [3] GRS, Unfallablauf Radiologische Folgen, Fukushima Daiichi, Veröffentlichung März 2012 [4] INPO (Institute of Nuclear Power Operations), Special Report on the Nuclear Accident at the Fukushima Daiichi Nuclear Power Station November 2011 [5] TEPCO, Fukushima Nuclear Accident Analysis Report (Interim Report) 2. Dezember 2011 [6] Wikipedia, Aufbau eines Reaktorgebäudes mit Mark-I-Sicherheitsbehälter, mestamp= Der Unfall in Fukushima: Unfallablauf und ergriffene Maßnahmen 15

18 2.3 Auswirkungen der Reaktorhavarie von Fukushima-Daiichi in Deutschland Meteorologische Ausbreitungsrechnungen und Spurenmessungen durch den Deutschen Wetterdienst Datum Vortragender Dr. Thomas Steinkopff, Deutscher Wetterdienst, Offenbach/Main Protokollant Marco Schramm Hinweis: Der Inhalt des Protokolls gibt nur die Sicht des Protokollanten wieder! Diese muss nicht unbedingt der Sicht des Vortragenden entsprechen. Auswirkungen der Reaktorhavarie von Fukushima-Daiichi in Deutschland Sitzungsprotokoll Marco Schramm Protokoll zum Vortrag vom 26. April 2012 aus der Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima 16 2 Protokolle zu den Vorträgen

19 1 Einführung Der Referent Dr. Thomas Steinkopff vom Deutschen Wetterdienst hat in seinem Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung Fukushima über die Auswirkungen des Reaktorunglücks in Fukushima auf Deutschland berichtet. Dr. Steinkopff war von 1973 bis 1987 an der damaligen TH Darmstadt, wo er sein Diplom im Fachbereich Anorganische Chemie 1981 erhielt und 1987 seine Promotion abschloss, im Bereich der Sicherheitsanalyse des geplanten Endlagers Gorleben. Er arbeitet seit 1986 beim Deutschen Wetterdienst, zunächst als Mitarbeiter im Referat Radioaktivitätsüberwachung, seit 2009 als dessen Leiter.[1] Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat unter anderem die Aufgabe, Messungen der Radioaktivität in der Atmosphäre und an der Oberfläche durchzuführen. Dies ist speziell das Gebiet des Refenrenten. Im Falle austretender Radioaktivität, wie bei dem Reaktorunglück Fukushima, muss der Wetterdienst, anhand der gegebenen Daten, die Richtung und Geschwindigkeit einer radioaktiven Wolke bestimmen. Dies ist insbesondere wichtig, um eine Evakuierung der direkten Umgebung durch sicheres Terrain zu gewährleisten, sowie um Evakuierungsgebiete in der weiteren Umgebung zu bestimmen. Auch globale Phänomene sind hierbei von größter Bedeutung. So kann man die ausgetretene Radioaktivität der Chernobyl Katastrophe noch heute in Deutschland, beispielsweise in Pilzen, nachweisen. Die Beobachtung des globalen Wetters ist also auch bei weit entfernten Unglücken von entscheidender Bedeutung und wird durch den Deutschen Wetterdienst durchgeführt. 2 Vortragsinhalt Da in diesem Kapitel nur auf den Vortrag, beziehungsweise auf die Vortragsfolien [2] Bezug genommen wird, verzichten wir hier auf weitere Angabe der Quellen. 2.1 Gliederung Der Referent setzt sich zunächst mit dem Verlauf der Radioaktivitätsmessungen seit dem zweiten Weltkrieg auseinander und geht dabei auf verschiedene Störfälle und Quellen der Strahlung ein. Daran schließt sich eine Übersicht der Aufgaben des DWD an. Weiter wird eine Einführung in die verschiedenen Messmethoden und meteorologischen Produkte gegeben und die Messabläufe im Normalbetrieb, sowie Notfallsysteme werden erläutert. Im Folgenden wird auf die Katastrophe in Fukushima selbst eingegangen. Zunächst wird der zeitliche Ablauf beschrieben, woran sich verschiedene Berechnungen über die Ausbreitung der ausgetretenen Radioaktivität anschließt. Es wird auf die Messwerte der Stationen des DWD, sowie denen der Luftmessungen eingegangen. Zuletzt wird noch auf die Öffentlichkeitsarbeit eingegangen, bevor mit einer Bewertung der Ereignisse abgeschlossen wird. 2.2 Historie Seit den Bombenabwürfen von Hiroshima und Nagasaki ist man sich den Gefahren der Atomkraft bewusst. Das auch die zivile Nutzung nicht unproblematisch ist, weiß man spätestens seit dem Unglück von Chernobyl. Seit 1957 wird die Beataaktivität im Niederschlag gemessen. Zunächst war eine recht hohe Belastung nachweisbar, nachdem die oberirdischen Atomwaffentests Mitte der Sechziger eingestellt wurden, ging die Belastung zurück. Im Jahr 1986 konnte man wegen des Reaktorunglücks in Chernobyl wieder eine massiv erhöhte Betaaktivität feststellen. Danach gingen die Werte wieder auf das normale Maß zurück. Das Unglück konnte wenige Tage später in der Messstelle Regensburg in den Messwerten wahrgenommen werden. Aus den heutzutage verfügbaren Daten, kann man sich ein recht genaues Bild machen, wie die Radioaktivität sich ausbreitete. 2.3 Gesetzliche Regelung der Radioaktivitätsüberwachung und deren Umsetzung In verschiedenen Gesetzen ist die permanente Überwachung der Radioaktivität in Deutschland geregelt. Die ersten gehen bis auf das Wetterdienstgesetz von 1955 zurück. Neben dem DWD sind auch beispielsweise die Bundesanstalt für Gewässerkunde und die Internationale Atomenergieorganisation für die Auswirkungen der Reaktorhavarie von Fukushima-Daiichi in Deutschland Meteorologische Ausbreitungsrechnungen und Spurenmessungen durch den Deutschen Wetterdienst 17

20 Überwachung zuständig. Der DWD muss auf Anforderung innerhalb einer Stunde eine meteorologische Einschätzung, wie zum Beispiel Trajektorien und Konzentrationsprognosen, abgeben können. Radioaktivitätsmessdaten müssen im zwei Stunden Takt überprüft werden und auch flugzeuggestüzte Messungen der Atmosphäre müssen vorgenommen werden. Der deutsche Wetterdienst hat ein Netzwerk von 48 Messstellen, verteilt über ganz Deutschland. Gemessen werden können unter anderem aerosolgebundene Radionuklide, die Betaaktivität im Niederschlag und Sprurenmessungen verschiedener radioaktiver Isotope in der Atmosphäre. So kann ein genauer Plan der Belastungen für die Bevölkerung, sowohl räumlich als auch zeitlich, erstellt werden. Neben den stationären Messeinrichtungen verfügt der DWD auch über Flugzeuge, die eine Identifikation radioaktiver Luftmassen und Dosismengen ermöglichen und zur Verbesserung der Prognosen beitragen. Mit Hilfe all dieser Daten und moderner leistungsfähiger Computer ist der DWD in der Lage Ausbreitungsrechnungen durchzuführen. Dies geschieht auf verschiedenen Genauigkeitsskalen. Für Europa und insbesondere Deutschland wird ein Netz mit einem Gitterabstand von 7, beziehungsweise 2,8 Kilometern verwendet. Für den Rest der Welt, also die globalen Vorhersagemodelle, beträgt der Gitterabstand 30 Kilometer. Man kann damit eine Trajektorienanalyse vornehmen, das bedeutet man kann eine Aussage treffen, wohin sich Partikel, in unserem Fall radioaktive, von einem festen Ausgangspunkt wegbewegen. Dies ist nicht nur eine 2 dimensionale Projektion auf eine Karte, auch die Höhe der Partikel über der Oberfläche wird vorhergesagt. Nimmt man dazu noch ein sogenanntes Lagrangean Partikel Dispersionsmodell kann man zusätzlich die zu erwarteten Niederschläge und deren Aktivitätskonzentration prognostizieren. Der Notfallplan beschreibt genau wie Informationen weitergegeben werden. Stellt eine der Kontrolleinrichtungen einen Notfall fest, wird das Lage- und Informationszentrum eingeschaltet und entscheidet, unter Mithilfe des DWD, die Gefahr für die Bevölkerung. Stellt sich eine ernste Bedrohung dar, werden die Landesbehörden, wie beispielsweise der Katastrophenschutz benachrichtigt. 2.4 Reaktorunfall Fukushima Am 11. März 2011 ereignete sich das Erdbeben und der darauf folgende Tsunami, welche die schwere Reaktorkatastrophe in Fukushima auslöste. Am selben Tag fand beim Deutschen Wetterdienst zufällig eine Übung des Alarmplans statt. In den beiden auf das Erdbeben folgenden Tagen wurde mit der Berechnung der Trajektorien begonnen und es wurde Kontakt mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) aufgenommen. Dabei ging es unter anderem darum, ob man die Trajektorien auf der Webseite des DWD veröffentlichen sollte. Als um den 15. März klar wurde, das vom Kernkraftwerk in Fukushima-Daiichi die größte Gefahr ausging wurden die Dispersionsrechnungen auf den Bereich in der unmittelbaren Umgebung des Kraftwerks umgestellt. Am 18. März begann der DWD dann seine Daten und Berechnungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Die ersten eigenen Messergebnisse hatte der DWD dann zwischen dem 24. und 30. März zur Verfügung. Mit Hilfe der angestellten Berechnungen konnte der DWD eine sehr genaue Analyse der radioaktiven Bedrohung geben und konnte so zum Beispiel schon früh vorhersagen, dass sich die Radioaktivität in Richtung Meer treiben würde. Für die Messungen wurden unter anderem Hochvolumensammler für die gammaspektroskopische Messung von Aerosolpartikeln, mit flüssigem Stickstoff gekühlte Aktivkohle zur radioaktiven Anreicherung von Edelgasen, Niederschlags- und Flugzeugmessungen eingesetzt. In den Aerosolmessungen der DWD- Messstelle in Potsdam konnte man ab dem 26. März erhöhte Werte von Iod 131, Cäsium 137 und Cäsium 134 feststellen, die bis zum 29. März weiter zunahmen, bevor sie langsam zurückgingen. Ein ähnliches Bild zeichnete sich auch in der Messstelle in Offenbach ab. Dort konnten auch erhöhte Aktivitätswerte von Krypton 85 und Xenon 133 Isotopen gemessen werden. 2.5 Öffenliche Rolle des DWD bei den Ereignissen von Fukushima und Bewertung Wie bereits erwähnt veröffentlichte der Deutsche Wetterdienst seine Prognosen auf der eigenen Webseite. Neben den reinen Rechnungen waren auch Bewertungen und Einschätzungen auf der Seite zu finden Protokolle zu den Vorträgen

21 Die Nachfrage nach diesem Material war sehr groß, was bei dem enormen Medieninteresse auch kaum überrascht. Dabei kam es wegen eines Missverständnisses mit einem einzelnen Journalisten kurzzeitig auch zu dem Eindruck der DWD würde Messwerte zensieren. Neben dem breiten Interesse in Deutschland, war auch für die Japaner selbst der DWD eine wichtige Informationsquelle, was wegen mangelnder Daten zur tatsächlichen Freisetzung im Kraftwerk nicht ganz unproblematisch war. Abschließend ist festzustellen, dass die Dispersionsrechungen mit täglichen Berechnungen zu Ausbreitungsbedingungen eine große Hilfe für die Öffentlichkeit war, da sich damit Ankunftsort und Aktivitätskonzentration gut abschätzen ließ. Jedoch musste man beim DWD auch feststellen, das bei einer Katastrophe dieses Ausmaßes das die Personaldecke recht dünn ist, wenn gleichzeitig Berechnungen und Öffentlichkeitsarbeit erforderlich ist. Speziell in der sich ändernden Medienlandschaft des 21. Jahrhunderts hat der DWD noch Nachholbedarf. 3 Persönliche Einschätzung Der Vortrag hat verschiedene interessante Aspekte der Sicherheit für die Bevölkerung erklärt und veranschaulicht. Die Wetteranalyse ist bei der Freisetzung von Radioaktivität ein wichtiges Element um Vorkehrungen zu treffen. Im Nahbereich benötigt man präzise Analysen um eine Evakuierung der unmittelbaren Umgebung sicherzustellen und im weiteren Verlauf auch die Gebiete zu bestimmen die komplett evakuiert werden müssen. Das ist speziell in Metropolregionen und dicht besiedelten Gebieten besonders wichtig. Millionen von Menschen in Sicherheit zu bringen ist nie eine leichte Aufgabe, wenn zusätzlich eine Naturkatastrophe wie das Erdbeben und der Tsunami in Japan dazukommt, wodurch große Teile der Infrastruktur zerstört werden, ist die Lage noch dramatischer. Daher ist auch eine genaue Eingrenzung der Gebiete die unmittelbar betroffen sind besonders wichtig. Hier ist die Situation in Japan, bezüglich der Bevölkerungsdichte vergleichbar mit Deutschland, obwohl durch die bergige Landschaft in Japan eine Evakuierung natürlich noch schwieriger ist. Auch eine allgemeine Einschätzung auf einer globalen Skala ist natürlich sehr wichtig. Das der Austritt von Radioaktivität in Japan, hier bereits nach zwei Wochen deutlich messbar ist, ist erschreckend, auch wenn keine unmittelbare Bedrohung für die Bevölkerung in Deutschland bestand. Bei einer anderen Großwetterlage, hätte sich für mehr Menschen eine Bedrohung ergeben. Das es auch anders laufen kann, sieht man am Beispiel Chernobyl. Hier war durchaus eine ernsthafte Gefährdung zu befürchten. Zwar wird über die realen Auswirkungen auf die Bevölkerung noch heute gestritten, doch viele Experten glauben das schon geringe radioaktive Belastungen für ungeborenen Kinder sehr gefährlich sind [3]. Für eine genauere Analyse der Gesundheitsrisiken verweisen wir hier auf den Vortrag von Professor Durante [4], der auf dieses Thema genauer eingeht. In Anbetracht der vielen Atomkraftwerke in Europa, ist die permanente Überwachung der möglichen Trajektorien besonders wichtig. Sollte sich in unserer Nähe ein Unfall ereignen, ist die Reaktionszeit sehr kurz, so dass sofort Maßnahmen ergriffen werden müssen. Weiter ist eine umfassende Informationsweitergabe durch die Behörden entscheidend. Hier ist das Verhalten der japanischen Offiziellen sehr schockierend. Kaum Informationen erreichten die Bevölkerung und viele mussten auf ausländische Quellen wie beispielsweise den DWD zurückgreifen. Innerhalb der gesamten Vortragsreihe war dies der dritte Vortrag und der erste der sich mit den Auswirkungen auf die Bevölkerung Japans beschäftigte, nachdem die ersten beiden Referenten die technische Funktionsweise von Atomkraftwerken und deren Sicherheitsmechanismen erklärt hatten. Der Vortrag reiht sich gut ein in die Beschreibung der Vorkehrungen die von offizieller Seite gefordert sind. Während die sehr technischen Maßnahmen die in den ersten beiden Vorträgen zur Sprache kamen für einige vielleicht unverständlich waren, konnte man hier sehr gut folgen. Die gesundheitlichen Belastungen, die sich aus der Ausbreitung von Radioaktivität ergeben, wurden dann im nächsten Vortrag genauer erläutert, so dass man hier bereits einschätzen konnte welche Gefahren sich tatsächlich ergeben haben. Auch der fünfte Vortrag hatte einen direktem Bezug zu dem von Dr. Steinkopff, hier wurden die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung erläutert, wobei auch die Wetteranalyse natürlich eine entscheidende Bedeutung hat. Die weiteren Vorträge hatten eher einen gesellschaftspolitischen Charakter und keinen direkten Bezug zu diesem Vortrag Auswirkungen der Reaktorhavarie von Fukushima-Daiichi in Deutschland Meteorologische Ausbreitungsrechnungen und Spurenmessungen durch den Deutschen Wetterdienst 19

22 Abschließend bleibt zu sagen, dass dieser Vortrag die Problematik und die Signifikanz der Wetteranalyse bei atomaren Unfällen sehr gut dargestellt hat und einen guten Überblick über die Methoden und Abläufe beim Deutschen Wetterdienst gegeben hat, was mit vielen allgemeinverständlichen Grafiken erläutert wurde. Persönlich würde ich weitere Vorträge von Dr. Steinkopff besuchen und ihn weiterempfehlen. Literatur [1] Website zur Ringvorlesung Fukushima: lehrveranstaltungen/ringvorlesung_fukushima/kurzbiographie_thomas_steinkopff. de.jsp [2] Vortragsfolien von Dr. Thomas Steinkopff [3] Artikel des SWR, g27r8x/index.html [4] Vortrag von Prof. PhD. Marco Durante - Radiological health risks following exposure to radiation Protokolle zu den Vorträgen

23 2.4 Radiological health risks following exposure to radiation Datum Vortragender Prof. Marco Durante, Gesellschaft für Schwerionenforschung, TU Darmstadt Protokollantin Friederike Fassnacht Hinweis: Der Inhalt des Protokolls gibt nur die Sicht der Protokollantin wieder! Diese muss nicht unbedingt der Sicht des Vortragenden entsprechen. Radiological Health Risk following Exposure to Radiation Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima an der Technischen Universität Darmstadt am von Dr. Marco Durante Protokoll von Friederike Fassnacht 2.4 Radiological health risks following exposure to radiation 21

24 Motivation Am fand im Rahmen der Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima ein Vortrag von Dr. Marco Durante statt, der die Auswirkung von Strahlung vor Allem auf menschliche Organismen erläuterte. Im Folgenden wird Marco Durante kurz vorgestellt, bevor sein Vortrag zusammengefasst wieder gegeben und der Zusammenhang mit dem Rest der Vorlesung erläutert wird. Alle Informationen stammen, sofern nicht anders gekennzeichnet, aus dem genannten Vortrag und der dazu gehörigen PowerPoint-Präsentation. Referent Marco Durante ist Direktor des Biophysics Department an der Gesellschaft für Schwerionen (GSI) in Darmstadt. Zusätzlich hat er eine Professur im Fachbereich der Physik der Technischen Universität Darmstadt und ist Lehrbeauftragter der Temple Universität in Philadelphia (Durante, 2012). Nachdem Marco Durante sein Studium der Physik 1988 an der Universtiy of Naples Federico ii, Napoli, abgeschlossen hatte, promovierte er an der University of California, Berkely im Bereich der Strahlenbiophysik. Danach kehrte er an seine Heimatuniversität zurück. Zusätzlich war er noch für die NASA und das NIRS (Nuclear Information and Resource Service) tätig. Seit 1998 arbeitet er an der GSI und der Technischen Universität Darmstadt. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Strahlenbiologie, also die Wirkung von ionisierender Strahlung auf den menschlichen Organismus (Gesellschaft für Schwerinonenforschung, 1998). Marco Durante ist Mitglied verschiedener Vereinigungen: der German Association for Radiation Research, der European Radiation Research Society und der International Association for Radiation Research (IARR). Außerdem ist Marco Durante auch Präsident der International Association for Radiation Research (IARR) (Helmholtz-Gemeinschaft, 2012). Vortrag Der Vortrag behandelt die gesundheitlichen Folgen, die durch radioaktive Bestrahlung entstehen können, am Beispiel des Reaktorunfalls in Fukushima Dai-ichi. Zu Beginn betont Marco Durante, dass alle Aussagen, die im Laufe der Vorlesung geäußert werden, seine persönliche und nicht zwangsläufig die 22 2 Protokolle zu den Vorträgen

25 Meinung der TUD, der GSI oder der IARR wiedergeben. Dann wiederholt er zunächst den Unfallhergang. Das Erdbeben, das das Reaktorunglück auslöste, trat am um 14:46 auf und hatte eine Stärke von 9. Entscheidend für den weiteren Verlauf war allerdings der nachfolgende Tsunami mit einer angeblichen Höhe von mehr als 14m in Fukushima. Als Folge dieser beiden Ereignisse meldetet die japanische Polizei am 29. April fast Tote und zerstörte oder beschädigte Gebäude. Während des Erdbebens reagierten alle Notfallsysteme des Kraftwerkes korrekt. Die Dieselgeneratoren arbeiteten allerdings nur ordnungsgemäß, bis ihre Standorte von der Tsunamiwelle geflutet wurden. Dies führte zu einem Station Blackout und alle vorhandenen Pumpen, inklusive der Notfallsysteme, waren nicht mehr betriebsfähig. Die dadurch fehlende Kühlung führte zu den Explosionen dreier Blöcke und damit zu einer Freisetzung radioaktiver Strahlung. Glücklicherweise wehte in der Zeit vom 11. zum 14. März Westwind und ein großer Teil der Radioaktivität wurde über den Pazifik getrieben. Am 15. März drehte der Wind und brachte die radioaktive Wolke zurück über das Festland und Richtung Tokio. Zusätzlich kam es zu Niederschlägen, die zu einer erhöhten Belastung am Boden führten. Radioaktivität wurde nicht nur durch die Explosionen und Brände freigesetzt, durch die Beschädigung der Reaktorblöcke gelangten ständig radioaktive Isotope in die Luft und vor Allem auch ins Wasser. Die Meerwasserkontamination ist ein Faktor, der bis jetzt bei keinem großen Reaktorunglück aufgetreten ist. Der Vergleich mit Tschernobyl zeigt, dass die freigesetzte Radioaktivität weniger als 10% der damals freigesetzten Menge beträgt. Dieser Wert wird normalerweise in Cäsium 137 Äquivalenten angegeben. Bei dem Reaktorunfall von Tschernobyl wurde zudem eine weit größere Fläche kontaminiert, während die Bevölkerung erst spät informiert wurde. Wahrscheinlich gab es in Fukushima eine größere Freisetzung von Xenon 133, während die Sicherheitsbehälter eine Freisetzung von signifikanten Mengen Strontium, Americium und Plutonium verhindert haben. Nach dieser grundlegenden Darstellung der Fakten geht es um die Wirkung radioaktiver Strahlung auf den menschlichen Organismus. Grundsätzlich können Menschen durch zwei verschiedene Mechanismen radioaktiver Strahlung ausgesetzt sein: einmal externe Strahlenbelastung durch eine 2.4 Radiological health risks following exposure to radiation 23

26 radioaktive Umwelt, auf der anderen Seite durch interne Strahlenbelastung, wenn sie radioaktive inkorporieren. Hier ist zum Beispiel Milch zu nennen, die große Mengen Jod enthält. Ist dieses Jod radioaktiv, lagert es sich bei Konsum in der Schilddrüse an und führt zu einer fortwährenden Bestrahlung des umliegenden Gewebes. Wie stark der Effekt der Strahlung ist, hängt von der Dosis, die als abgegebene Energie pro Einheitszielmasse gegeben ist, und von weiteren Faktoren wie Strahlungsart, Alter und Geschlecht der Zielperson und bestrahltem Gewebe ab. Ist Gewebe Strahlung ausgesetzt, kommt es laut dem Standartparadigma der Biologie zu primären Interaktionen wie Anregung und Dissoziation ( Sekunden). Diese führen zu Schaden an der DNA und auch anderen Molekülen. Schaden an der DNA hat allerdings die größten Auswirkungen ( Sekunden). Es dauert mehrere Minuten bis es dann zu DNA Brüchen und Chromosom-Anomalien kommt. Bevor ganze Zellen oder Organe zu Schaden kommen, kann es Jahre dauern. Um den Einfluss von Strahlung auf den Menschen zu untersuchen, ist es wichtig, zwischen deterministischen und stochastischen Effekten zu unterscheiden: Deterministische Effekte treten auf, wenn eine bestimmte Schwellendosis erreicht ist. Ihre Schwere nimmt mit steigender Dosis zu da der zugrunde liegende Mechanismus der Zelltod ist. Das Risiko in Abhängigkeit von der Dosis lässt sich durch die sogenannten Weibull Funktionen beschreiben. Stochastische Effekte treten mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auf, die von der Dosis abhängig ist. Es kommt zu genetischen Mutationen, die zu Krankheiten wie Krebs führen. Die eigentliche Krankheit ist nicht von der Dosis beeinflusst. Stochastische Effekte können auch in nachfolgenden Generationen auftreten. In Tschernobyl gab es 21 Personen die einer Strahlung von mehr als 6,5 Gy ausgesetzt waren und unter starker Strahlenkrankheit litten. Von ihnen starben 20. In Fukushima waren sechs Arbeiter einer Dosis von 250 msv ausgesetzt. dass entspricht bei Gammastrahlung einem Wert von 0,25 Gy, also eine 24 2 Protokolle zu den Vorträgen

27 deutlich geringere Strahlenbelastung als in Tschernobyl, es kam zu keinen deterministisch bedingten Todesfällen. Naturgemäß sind stochastische Effekte schwer zu beurteilen. Im Wesentlichen gibt es die folgenden Möglichkeiten kann man durch Exploration tierischer Daten, Untersuchung menschlicher Kohorten oder der auftretenden Mechanismen Informationen gewinnen. Es gibt verschiedene Gruppen von Menschen, die Bestrahlung ausgesetzt waren, wie zum Beispiel bestimmte Krebspatienten oder Minenarbeiter der Uranminen. Am wichtigsten sind jedoch nach wie vor die Überlebenden der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, da in beiden Fällen mehr als Menschen radioaktiver Strahlung ausgesetzt waren. Betrachtet man die Todesursachen, zeigt sich, dass 0,4% der Todesfälle auf strahleninduzierte Krebsfälle in den folgenden 50 Jahren zurückzuführen sind. Aus einer lebenslangen Studie der Überlebenden der Atombomben folgt das zwischen 1950 und 2003 (letzte Auswertung der Daten) 58% der Beteiligten starben. Hierbei wurden knapp durch Krebstumore (also nicht Leukämie) verursachte Todesfälle beobachtet. Wegen der hohen Krebsrate an sich (in Industrieländern an die 30%) sind aber nur 6% der Todesfälle der zusätzlichen Strahlenbelastung zu zuschreiben. Dies ist aber immer noch deutlich mehr als bei anderen Todesarten, bei denen nur ungefähr 1% der zusätzlichen Strahlenbelastung geschuldet ist. Grundsätzlich kann man sagen, dass Strahlung alle Krebsarten verstärkt, der genaue Effekt allerdings oft schwierig zu verifizieren ist. So verdreifacht sich die Wahrscheinlichkeit für Leukämie, aufgrund der sowieso schon geringen Wahrscheinlichkeit fällt dies kaum ins Gewicht. Betrachtet man Krebstumore, ist der Zuwachs deutlich geringer, die absoluten Fallzahlen jedoch sind höher. Um den Einfluss von Strahlung genauer untersuchen zu können, wird das zusätzliche relative Risiko ERR (aus dem Englischen: Excess Relative Risk) für verschiedene Krebsarten je Geschlecht definiert. Wichtig ist hierbei auch auf eventuelle Einflüsse der Kontrollgruppe zu achten, die das Ergebnis verfälschen könnten. Neben inzwischen gut dokumentierten Effekten wie Rauchen (90% aller Lungenkrebsfälle sind Raucher) treten auch weniger offensichtliche Einflüsse auf, die das Ergebnis jedoch stark verfälschen könne. Teilweise 2.4 Radiological health risks following exposure to radiation 25

28 unterscheiden sich auch die Fallzahlen von Land zu Land massiv, was sich nicht durch biologische Gründe erklären lässt. Beispiele hierfür sind das erhöhte Auftreten von: Speißeröhrenkrebs bei japanischen Männern: In Japan ist es Sitte, dass die Männer den Reis möglichst heiß zu sich nehmen, während die Frauen noch servieren. Magenkrebs in Tibet, allerdings kein gesteigertes Risiko für andere Krebsarten wie es aufgrund der Höhenstrahlung zu erwarten wäre: In Tibet ist der Kühlschrank noch nicht weit verbreitet und Nahrungsmittel werde zum Beispiel durch Pökeln haltbar gemacht. Auch in Europa war vor der Verbreitung von Kühlschränken nach dem zweiten Weltkrieg Magenkrebs die häufigste Todesursache. Prostatakrebs in den USA (doppelt so hoch wie in Schweden, achtmal so hoch wie in Japan): Zunächst einmal gibt es eine genetische Komponenten, da Schwarze eine höheres Risiko für Prostatakrebs haben. Viel wichtiger ist allerdings das ausgeprägte Screening-Programm, so dass der Tumor oft auch bei älteren Männern entdeckt, allerdings nicht mehr behandelt wird, da andere Ursachen früher zum Tod führen. Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass die Kontrollgruppe der untersuchten Gruppe möglichst ähnlich ist. Nach Tschernobyl stieg wie erwartet die Anzahl der Fälle von Schilddrüsenkrebs, allerdings auch in der Kontrollgruppe durch erhöhte Aufmerksamkeit und Screening-Programme. In Japan wurde dem Schilddrüsenkrebs durch die Gabe von Jodtabletten und dem Verbot kontaminierte Milch vorgebeugt. Wie sich geringe oder extrem hohe Strahlenbelastungen auf den menschlichen Körper auswirken, ist aufgrund der schlechten Datenlange immer noch nicht geklärt. Der sogenannte Gold Standard existiert nur im Bereich von 0,5 bis 2,5 Sievert, der Strahlenbelastung, der die Überlebenden der Atombombe ausgesetzt waren. Es gibt immer wieder Versuche, für den niedrigen Bereich Aussagen zu treffen, aber da die Wahrscheinlichkeiten mit fallender Dosis geringer werden, ist es sehr schwierig ausreichend große Kohorten zu finden. Aktuell wird zum Strahlenschutz von der LNT (aus dem Englischen: linear, no threshold) Hypothese ausgegangen. Das heißt, das zusätzliche Risiko für eine 26 2 Protokolle zu den Vorträgen

29 bestimmte Erkrankung ist proportional zur erhaltenen Dosis, wobei kein Grenzwert existiert. Interessant ist in diesem Zusammenhang weiterhin, dass die natürliche Strahlenbelastung keineswegs weltweit gleich hoch ist. In Deutschland beträgt sie durchschnittlich 0,33 msv, an manchen Stellen allerdings bis zu 3,8 msv. Der höchste Wert wurde in Ramsat, Iran mit 260 msv gemessen. Strahlung hat selbstverständlich nicht nur auf den Menschen sondern auch auf die gesamte Flora und Fauna eine Auswirkung. Bekannt geworden ist hier der Tschernobyl-Baum, bei dem nur der obere Teil der Krone durch radioaktiven Niederschlag zerstört ist. Auch in der Natur treten mehr Zellmutationen auf, allerdings profitiert sie davon, dass der Mensch das radioaktiv versuchte Gelände nicht mehr bevölkert und verändert. In der Exklusionszone um Tschernobyl leben inzwischen 48 bedrohte Tierarten, unter ihnen auch Wölfte und das russische Wildschwein. Mit diesem positiven Aspekt endet der Vortrag, der einen Überblick über Strahlenfolgen auf den menschlichen Körper und deren Bewertung gegeben hat. Einordnung Die Ringvorlesung: Reaktorunglück Fukushima greift verschiedene Aspekte im Zusammenhang mit Freisetzung großer Mengen radioaktiven Materials durch das Kernkraftwerk Fukushima Dai-ichi nach dem Erdbeben mit nachfolgendem Tsunami am auf. Nachdem wir schon einige Informationen über den genauen Unfallhergang und auch die daraus entstehende Strahlenbelastung erhalten hatten, wurde in dieser Vorlesung auch die Wirkung von Strahlung auf den Menschen beschrieben. Das große Problem bei Strahlenschäden sind die deterministischen Effekte. Sie treten mitunter extrem spät nach der Strahlenbelastung auf und erhöhen Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Krankheiten. Es ist somit schwierig, absolute Aussagen über die Folgen einer bestimmten Strahlenbelastung zu treffen. So unterschieden sich zum Beispiel die veröffentlichen Zahlen für Krankheits- und Todesfällen, die durch das Reaktorunglück von Tschernobyl verursacht wurden, mitunter stark. Die offiziellen Werte der IAEA/WHO 2.4 Radiological health risks following exposure to radiation 27

30 (IAEA/WHO, 2005) liegen deutlich unter denen eines alternativen Reports (Sumner & Fairlie, 2006). Zusätzlich ist für den Bereich der Niedrigenergiedosen der Zusammenhang zwischen Dose und Risiko nicht bekannt. Es besteht ein relativer Konsens, dass es keinen Schwellwert wie bei vielen chemischen Giften gibt, das heißt auch eine extrem kleine Belastung kann potenziell schwere Folgen haben, allerdings liegt es im Ermessen des Wissenschaftler wo er die Grenze für zu beobachtende Effekte zieht. Es ist schwierig einzuschätzen, welche Position Marco Durante vertritt. Es verwundert, dass er gleich zu Beginn äußert, dass alles was gesagt und gezeigt wird seine persönliche Meinung und nicht zwangsläufig die der Organisationen, bei denen er Mitglied oder sogar Präsident ist, wiederspiegelt. Ich kann mir schwer vorstellen, dass es bei einer Gesellschaft wie der IARR nicht wenigstens einen groben Konsens gibt, wie das zusätzliche Risiko durch bestimmte Strahlenbelastungen einzuschätzen ist. Dennoch war die Vorlesung ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der möglichen Folgen der radioaktiven Freisetzung in Fukushima. Literaturverzeichnis Durante, M. (2012). Linkedin. Abgerufen am 15. Juni 2012 von de.linkedin.com/mdurante Gesellschaft für Schwerinonenforschung. (13. Oktober 1998). GSI. Abgerufen am Juni 2012 von Helmholtz-Gemeinschaft. (April 2012). Preise. Herman - Nachrichten der Helmholtz- Gemeinschaft. Berlin. IAEA/WHO. (2005). Health Effect of the Chernobyl Accident and Special Health Care Programmes. Sumner, D., & Fairlie, I. (2006). The other Report on Chernobyl (TORCH). Berlin, Bruessels, Kiev: Greens/EFA in the European Parliament Protokolle zu den Vorträgen

31 2.5 Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in Japan Datum des Vortrages Vortragender Prof. Gerald Kirchner, Fachbereichsleiter Strahlenschutz und Umwelt Bundesamt für Strahlenschutz Protokollant Florian Seck Hinweis: Der Inhalt des Protokolls gibt nur die Sicht des Protokollanten wieder! Diese muss nicht unbedingt der Sicht des Vortragenden entsprechen. Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in Japan Vortragsprotokoll zur Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima von Florian Seck Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in Japan 29

32 1 Zum Vortragenden Gerald Kirchner promovierte 1986 an der Universität Bremen zu einem Thema der Reaktorphysik und habilitierte sich 1998 ebenfalls in Bremen im Bereich der Umweltphysik. Seitdem ist er Privatdozent am Fachbereich Physik der Universität Bremen [1]. Seit 2000 ist er zudem ein Mitglied des UNSCEAR (United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation). Das Komitee befasst sich mit der Bewertung und Dokumentation von Ereignissen und Effekten, die durch die Freisetzung ionisierender Strahlung entstehen. Diese Einschätzungen dienen anderen Organisationen und Regierungen als wissenschaftliche Grundlage zur Bewertung von Strahlungsrisiken und zum Aufbau von Sicherheitsmaßnahmen [3]. Außerdem ist Gerald Kirchner seit 2001 Leiter des Bereichs Strahlenschutz und Umwelt (SW) beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), der sich unter anderem mit der Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt und der nuklearspezifischen Gefahrenabwehr befasst. Zum Fachbereich SW gehört außerdem die Notfallschutz-Zentralstelle des Bundes (ZdB) [4]. 2 Inhalt des Vortrags Seinen Vortrag zum Thema Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in Japan begann Prof. Dr. Kirchner mit einer kurzen Zusammenfassung des Unfallablaufs, wie er sich zwischen dem 11. und 15. März bei der Reaktorkatastrophe von Fukushima Daiichi ereignete. Danach erläuterte er, inwieweit die gesundheitliche Wirkung von radioaktiver Strahlung Relevanz für den Strahlenschutz und die nötigen Notfallmaßnahmen hat. Es wird unterschieden zwischen der deterministischen und der stochastischen Strahlenwirkung. Zu deterministischen oder auch akuten Strahlenschäden kommt es, wenn ein Mensch innerhalb einer kurzen Zeit einer hohen Strahlendosis (> 0, 5 Sv) ausgesetzt war. Dazu zählen zum Beispiel Rötungen der Haut, Haarausfall und Übelkeit. Sehr hohe Dosen führen nach kurzer Zeit zum Tod [5]. Bleibt die Strahlendosis unter dem genannten Schwellenwert, treten keine akuten Schäden auf. Dennoch kann die Strahlung dazu führen, dass sich Zellen verändern. Dies kann lange Zeit später stochastische Schäden wie Krebs hervorrufen. Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt dabei proportional zur Strahlendosis. Unklar ist noch, ob dieser lineare Zusammenhang auch bei sehr kleinen Dosen gilt, oder ob es auch für die stochastischen Schäden einen Schwellenwert gibt [5]. Die Ziele des Notfallschutzes sind daher die Vermeidung deterministischer Schäden und eine Reduzierung des Risikos für stochastische Schäden, so weit möglich. Mögliche Maßnahmen dazu sind, je nachdem wie hoch die effektive Dosis ist, den Aufenthalt in Gebäuden zu empfehlen, die Einnahme von Jodtabletten, Evakuierungen, sowie die temporäre oder langfristige Umsiedlung. Danach stellte Prof. Dr. Kirchner die Planung für den Fall einer nuklearen Katastrophe am Beispiel der Kernkraftwerks Biblis vor. Er unterteilte diese in drei Phasen: Vor, während und nach der Freisetzung von Radioaktivität Protokolle zu den Vorträgen

33 Nach den Bekanntwerden eines Problems in einem Kernkraftwerk geht es in der ersten Phase darum, eine Vorhersage des Unfallablaufs zu erstellen, sowie die Stärke und Art der Quelle der Radioaktivität zu bestimmen. Daraus kann im Anschluss die Ausbreitung der Radionuklide und die resultierende Strahlenexposition der Bevölkerung prognostiziert werden. Mit diesen Daten ist es dann möglich, mit der Umsetzung von Katastrophenschutzmaßnahmen zu beginnen. Diese sollten möglichst abgeschlossen sein, bevor es zur eigentlichen Freisetzung von Radioaktivität kommt. In Deutschland geht man bei den Planungen davon aus, dass zwischen der Meldung eines Störfalls und der ersten massiven Exposition 60 bis 72 Stunden zur Evakuation der Bevölkerung bleiben. Die Planungen sehen dabei vor, die Anwohner in einem Umkreis bis zehn Kilometer von der Anlage nach dem sogenannten Schlüsselloch-Prinzip zu evakuieren. Dabei wird die Bevölkerung entgegen der aktuell vorherrschenden Windrichtung aus dem unmittelbaren Gefahrengebiet gebracht. So soll sichergestellt werden, dass diese Menschen nicht in ein Gebiet evakuiert werden, das anschließend von der radioaktiven Wolke kontaminiert werden kann. Des Weiteren sieht die Planung vor, dass Jodtabletten bis zu einer Entfernung von 100 Kilometer von der Anlage an die Anwohner verteilt werden sollen. Nach der Freisetzung geht es dann darum, Entscheidungsträger mit verschiedenen Messungen zu unterstützen, so dass Einschränkungen bezüglich des Aufenthalts in bestimmten Gebieten oder des Verzehrs von Lebensmitteln getroffen werden können. Zusätzlich werden Maßnahmen zur Dekontamination eingeleitet. Danach erläuterte Gerald Kirchner die Informationsbasis, auf der die Entscheidungen über Katastrophenschutzmaßnahmen in Fukushima getroffen werden mussten. Seiner Meinung nach existierten kurz nach der Katastrophe zwar noch keine Messdaten zur Radionuklidemission in die Atmosphäre, jedoch wurden Simulationen mit plausiblen Emissionsraten und Quelltermen durchgeführt, die von den Entscheidungsträgern in Japan ignoriert wurden. Erste Maßnahmen wurden abends am 11. März mit der Evakuation der drei Kilometer-Zone und der Anordnung zum Verbleib in den Häusern in der zehn Kilometer-Zone unternommen. Am folgenden Tag wurde diese Zone dann evakuiert, bevor man mit Hilfe einer Druckentlastung, bei der radioaktive Gase freigesetzt werden, den Reaktorblock eins zu retten versuchte. Nachdem dieser jedoch explodierte, wurde schließlich auch die zwanzig Kilometer-Zone geräumt. Nach den Explosionen in den anderen Reaktorblöcken wurde die Bevölkerung in der 30 Kilometer-Zone dazu angehalten, in den Häusern zu verbleiben. Allerdings stellte sich Herr Kirchner hier die Frage, wie die Menschen ohne Versorgung über mehrere Tage in ihren Häusern bleiben sollten. Ab dem 17. März könnte mit Hilfe von Messungen der Ortsdosisleistungen und der Nuklidkonzentration in der Luft mit der Rekonstruktion der Emission aus den Kraftwerksblöcken begonnen werden. Diese ergab, dass die Eingreifrichtwerte für Jodprophylaxe überschritten waren. Nach Ansicht von Prof. Dr. Kirchners wurden auch diese Ergebnisse von den Entscheidungsträgern in Japan ignoriert. Zwar wurden Tabletten in der Präfektur Fukushima verteilt, Empfehlungen zur Einnahme gab es jedoch nur in einem Ort. Ab dem 22. April wurde schließlich die langfristige Umsiedlung für Gebiete erwogen, in denen die Jahresdosis höher als 20mSv liegt. Diese Maßnahme wurde Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in Japan 31

34 dann innerhalb eines Jahres umgesetzt. Offen bleiben nach Kirchner unter anderem die Fragen, ob das Grundwasser um Fukushima verseucht wurde und ob es ein erhöhtes Schilddrüsenkrebs-Risiko für Kinder gäbe. Zum Abschluss seines Vortrags projizierte Herr Kirchner die Ereignisse von Fukushima (bezüglich der getroffenen Maßnahmen im Katastrophenschutz) auf deutsche Kernkraftwerke. Er stellte dazu eine Studie vor, bei der zur Abschätzung der Auswirkungen einer Freisetzung von Radioaktivität vier lang andauernde, massive Expositionen angenommen wurden. Untersucht wurden die Katastrophenschutzpläne für die Kernkraftwerke Unterweser im Norden Deutschlands und Philippsburg im Süden. Für die Simulation der Ausbreitung der radioaktiven Wolke wurden reale Wetterdaten verwendet, wobei je zwei Jahreszeiten mit für die Regionen typischen Wetterlagen betrachtet wurden. Die Berechnungen schließen Gebiete in bis zu 150 Kilometer Entfernung von den Kernkraftwerken mit ein. Die Dosisintegration erfolgte über 30 Tage. Die berechneten Ergebnisse wurden anschließend mit den Eingreifrichtwerten der Katastrophenschutzmaßnahmen verglichen, um mögliche Konsequenzen ziehen zu können. Beim Kernkraftwerk Unterweser zeigt sich, dass eine Evakuierung nach dem Schlüsselloch-Prinzip bei einer typischen Juni-Wetterlage gut möglich ist, da der Wind relativ konstant aus nördlichen Richtungen kommt. Im Dezember hingegen wehen oft Winde aus verschiedenen Richtungen. So hat die effektive Dosis, die durch externe Strahlung und Inhalation aufgenommen wird, ihre höchsten Werte in einem sternförmigen Gebiet um das Kraftwerk herum. Eine Evakuation nach dem Schlüsselloch-Prinzip macht hier, obwohl sie in den Planungen so vorgesehen ist, nur wenig Sinn. Bringt man die Bevölkerung in die vom Wind abgelegene Richtung, dreht der Wind nur wenige Tage später und weht die radioaktive Wolke genau in diese Richtung. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Betrachten der Schilddrüsendosis für Kleinkinder durch Inhalation nach einem möglichen Unfall am Kernkraftwerk Philippsburg. Während im Dezember eine Evakuation nach Schlüsselloch-Prinzip in nordöstliche Richtung möglich und sinnvoll ist, sorgen drehende Winde im Oktober dafür, dass alle Windsektoren von größeren Mengen Radioaktivität getroffen werden. Vor allem in Philippsburg zeigt sich auch, dass die Beschränkung auf zehn Kilometer bei der Planung für Evakuierungen zu wenig ist. Die Gebiete, in denen die Richtwerte in der Simulation überschritten wurden, lagen oftmals bis zu 25 Kilometer vom Kernkraftwerk entfernt. Gerald Kirchner und seine Mitarbeiter im Bundesamt für Strahlenschutz wollen daher solche Simulationen für weitere Kernkraftwerk in Deutschland durchführen, um die Notfallschutzpläne zu erweitern und zu verbessern. 3 Einordnung des Vortrags Der Vortrag über die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung war meiner Meinung nach einer der interessantesten Vorträge der Ringvorlesung. Zum einen, weil der Vortrag sehr informativ war und zum anderen, weil mir erst danach klar wurde, wie schwierig sich eine Evakuierung nach einer Kata Protokolle zu den Vorträgen

35 strophe gestaltet. Insbesondere dann, wenn nach einem Erdbeben und Tsunami ein Großteil der dafür vorgesehenen Infrastruktur zerstört ist. In der Diskussion nach dem Vortrag sagte Herr Kirchner, dass die Evakuierung einer großen Stadt, für jeden der dafür zuständig ist, ein schwierige bis unlösbare Aufgabe sei und man für eine Stadt wie Tokio wohl mehrere Wochen brauchen würde. Zudem muss immer auch beachtet werden, dass die Menschen in Panik ausbrechen könnten und es dann durch Kurzschlussreaktionen zu mehr Opfern kommen kann als durch die eigentliche Katastrophe. Dennoch ist fragwürdig, warum die Entscheidungsträger in Japan lange Zeit die zur Verfügung stehenden Informationen nicht genutzt, sondern ignoriert haben. Und es stellt sich die Frage, ob wir in Deutschland besser auf den Ernstfall vorbereitet wären, oder ob auch hier alles so chaotisch ablaufen würde. Erschreckend ist auch, dass für die unterschiedlichen und sich schnell ändernden Wetterlagen an deutschen Kernkraftwerken bisher keine adäquaten Notfallpläne zur Verfügung stehen, die über das Schlüsselloch-Prinzip hinausgehen. Außerdem ist unklar, was passieren würde, wenn die großen Ausfallstraßen, die für die Evakuierungen vorgesehen sind, aufgrund von Baustellen oder Unfällen blockiert sind. Ob zwischen der Unfallmeldung des Betreiber eines Kernkraftwerks und der ersten massiven Exposition von radioaktivem Material wirklich bis zu 72 Stunden Zeit bleibt ist ebenfalls fraglich, angesichts der Informationspolitik, die die Energiekonzerne bei vergangenen Störfällen an den Tag gelegt haben. Alles in allem kann man nur hoffen, dass die zuständigen Leute im Katastrophenschutz aus der Reaktorkatastrophe von Fukushima die richtigen Schlüsse ziehen, so dass wir bei einem möglichen Unglück an einem deutschen Kernkraftwerk in Zukunft besser vor den Gefahren der Radioaktivität geschützt sein werden. 4 Quellenverzeichnis [1] Lebenslauf Kirchner: profdrhabilgeraldkirchner.html abgerufen am [2] Folien und Mitschrift des Vortrags vom [3] UNSCEAR: abgerufen am [4] Organigramm des BfS: abgerufen am [5] Strahlenschäden: html abgerufen am Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in Japan 33

36 2.6 Spezifikationen von Stresstests für Kernkraftwerke auf nationaler und europäischer Ebene Datum des Vortrages Vortragender Matthias Brettner, Physikerbüro Bremen, Mitglied der Reaktorsicherheitskommission Protokollantin Katrin Wagner Hinweis: Der Inhalt des Protokolls gibt nur die Sicht der Protokollantin wieder! Diese muss nicht unbedingt der Sicht des Vortragenden entsprechen Protokolle zu den Vorträgen

37 Verfasser: Katrin Wagner Studiengang: M.Sc. Mechanical and Process Engineering Protokoll zur Ringvorlesung "Reaktorunglück Fukushima" Thema: Spezifikationen von Stresstests für Kernkraftwerke auf nationaler und europäischer Ebene Eingereicht: Spezifikationen von Stresstests für Kernkraftwerke auf nationaler und europäischer Ebene 35

38 Einführung Der Vortrag über die Stresstests bei Atomkraftwerken auf nationaler und europäischer Ebene wurde von Herrn Dipl.-Math. Mathias Brettner gehalten. Seit 1999 ist er eines von drei Mitgliedern des Physikerbüro Bremen wurde die GbR Kollert & Donderer gegründet, die dann 1996 in Physikerbüro Bremen umbenannt wurde. Die Reaktorsicherheit stellt eine der Kernkompetenzen des Physikerbüro Bremen dar. Auf diesem Gebiet führen die Mitgleider des Physikerbüros Gutachtertätigkeiten aus. Herr Brettner ist zudem Mitglied der Reaktorsicherheitskommission (RSK). Diese ist ein "Gremium, welches mit seinem Sachverstand den jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik in der Reaktorsicherheit für Deutschland feststellt und den BMU [Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz- und Reaktorsicherheit] darin berät, inwieweit die Betreiber kerntechnischer Anlagen die Anforderungen an die erforderliche Vorsorge (Schadensund Risikovorsorge) durch entsprechende technische Einrichtungen, Organisation und Management erfüllen." [1] Inhalt des Vortrags Der Vortrag gliederte sich in drei Themenschwerpunkte: Nach einem Überblick über die Stresstests wurden Bewertungskriterien und -ergebnisse der durch die RSK durchgeführten Sicherheitsüberprüfung vorgestellt und abschließend die Vorgaben der EU Stresstests am Beispiel Erdbeben erläutert. Überblick über die Stresstests Im Rahmen der RSK Sicherheitsüberprüfung wurden alle 17 Kernkraftwerke betrachtet, die im Frühjahr 2011 in Deutschland in Betrieb waren. Die Untersuchungen fanden zwischen März und Mai 2011 statt. Dabei standen die Auswirkungen von höheren Einwirkungen, als sie bei der Auslegung der Anlagen angenommen wurden, und von nicht verfügbaren Sicherheitseinrichtungen auf die Anlagen im Fokus der Untersuchung. Die Schwerpunkte der Betrachtung waren die Auswirkungen von Erdbeben, Hochwasser, Station Blackout (SBO), Ausfall des Nebenkühlwassers und Flugzeugabstürzen auf die untersuchten Anlagen. Zudem wurde die Robustheit von Vorsorgemaßnahmen untersucht, die jedoch im Rahmen des Vortrags aufgrund der vorangeschrittenen Zeit nicht näher erläutert werden konnte. Im Rahmen der Stresstests auf europäischer Ebene wurden alle Kernkraftwerke der Mitgliedsstaaten sowie die der Ukraine und der Schweiz überprüft. Das Ziel der Un Protokolle zu den Vorträgen

39 tersuchung war, das Verhalten der Anlagen bei Extremsituationen zu analysieren, die "Verifikation von präventiven und mitigativen 1 Maßnahmen" [2], eine Schwachstellenanalyse und die Erarbeitung von Maßnahmen, die beim Verlust von Sicherheitsfunktionen eingeleitet werden können. Der zeitliche Rahmen erstreckte sich von Mai 2011 bis April Neben der "Auslegungsbasis, Einrichtungen zur Gewährleistung der vitalen Funktionen und bestehende[n] Reserven für die naturbedingten Einwirkungen"[2] wurden anlageninterne Notfallmaßnahmen, Anlagenverhalten und mögliche Gegenmaßnahmen (1) bei Ausfällen in der elektrischen Energieversorgung, (2) beim Ausfall der primären Wärmesenke und (3) beim kombinierten Ausfall der primären Wärmesenke und der Drehstromversorgung (SBO) untersucht. Bewertungskriterien und -ergebnisse der RSK Sicherheitsüberprüfung Zur Auslegung von kerntechnischen Anlagen werden üblicherweise s.g. Bemessungsereignisse zu Grunde gelegt. Treten darüber hinausgehende Ereignisse, wie sie in den Stresstests betrachet wurden - beispielsweise Erdbeben oder Hochwasser - ein, kann nicht mehr pauschal davon ausgegangen werden, dass alle Einrichtungen, die zur Erhaltung vitaler Funktionen der Anlage erforderlich sind, noch in vollem Umfang funktionstüchtig bleiben. Die Auswirkungen solcher Ereignisse und der daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Sicherheitssysteme wurden in Deutschland erstmals in Form von Stresstests untersucht. Dazu war es nötig, neue Bewertungskriterien zu definieren, die jedoch aufgrund der geringen zur Verfügung stehenden Zeit lediglich postuliert und nicht wissenschaftlich generiert werden konnten. Die Bewertungskriterien wurden nach der Höhe der vorhandenen Reserven gegen Einwirkungen auf die Anlage in Robustheitsgraden gestaffelt. Dabei wurde zwischen Robustheitsleveln "für naturbedingte Einwirkungen, Postulate, Vorsorgemaßnahmen und Notfallmaßnahmen" [2] und Robustheitsschutzgraden "für die gemäß dem RSK Anforderungskatalog ergänzend zu betrachtenden zivilisatorisch bedingten Einwirkungen" [2] unterschieden. Dabei setzt sich die Abstufung aus den Kriterien "Höhe der Einwirkung" und "Qualität der zur Beherrschung/Vermeidung verfügbaren Einrichtungen" zusammen. Ziel ist es grundsätzlich, bei auslegungsüberschreitenden Ereignissen die vitalen Funktionen der kerntechnischen Anlage aufrecht zu erhalten. Dies wird durch Sicherheits- und Notstandssysteme umgesetzt. Vorgesehene Notfallmaßnahmen dienen der Absicherung der vitalen Funktionen beim Ausfall dieser Systeme. Die Bewertungskriterien für die Auswirkungen von Erdbeben, Hochwasser, Station Blackouts und Ausfall des Nebenkühlwassers werden jeweils eingeteilt in die Kate- 1 Unfallfolgen begrenzend [1] Spezifikationen von Stresstests für Kernkraftwerke auf nationaler und europäischer Ebene 37

40 gorien Basislevel, Level 1, Level 2 und Level 3. Im Folgenden soll dies beispielhaft an den Bewertungskriterien für Hochwasser erläutert werden. Das Basislevel bedeutet hier, dass die Anlage so ausgelegt ist, dass sie einem Bemessungshochwasser mit der Auftretenswahrscheinlichkeit von einem Mal in Jahren standhält. Ein Bemessungshochwasser "ist ein Hochwasserereignis, das zur bautechnischen Dimensionierung einer [...] Anlage dient. Dieses Ereignis wird über die Wahrscheinlichkeit definiert, mit der es auftreten kann bzw. über die Zeiträume, in denen es einmal zu erwarten ist. Typische Wahrscheinlichkeiten sind: 1 Ereignis in 50, 100, 1000 oder Jahren." [3] Level 1 (bzw. 2) bedeutet, dass die entsprechende Anlage mit Auslegungsreserven gegenüber dem Bemessungshochwasser versehen ist. Für Flussstandorte können bei einem um den Faktor 1,5 (bzw. 2,0) höheren Abfluss und für Tide-Standorte bei einem um einen (bzw. zwei) Meter erhöhten Pegel gegenüber dem Bemessungshochwasser die vitalen Funktionen der Anlage erhalten werden, auch bei Versagen von Staustufen oder Deichen und den daraus folgenden erhöhten Pegelständen. Wird eine Anlage mit Level 3 eingestuft, bedeutet dies, dass ein Ausfall der vitalen Funktionen "aufgrund der Topographie und der Anlagenauslegung unter Berücksichtigung der Bewertungskriterien des Level 2" [2] selbst ohne die Berücksichtigung temporärer Maßnahmen ausgeschlossen werden kann. Abbildung 1 zeigt die Ergebnisse dieser Untersuchung. Lediglich die Kernkraftwerke Emsland (KKE) und Isar 2 (KKI 2) erfüllen die Level 3 bzw. 2. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass die Kernkraftwerke Brokdorf (KBR) und Neckarwestheim 2 (GKN 2) Level 2 und 3 nicht erfüllen und dass das Kernkraftwerk Grohnde (KWG) Level 3 nicht erfüllt. Für alle weiteren Einstufungen waren die erforderlichen Nachweise noch nicht erbracht. Abbildung 1: Bewertungsergebnisse Hochwasser (für Anlagen im Leistungsbetrieb) [Quelle: [2]] Protokolle zu den Vorträgen

41 Bei der Bewertung der Anlagen hinsichtlich eines Fluszeugabsturzes werden die Kriterien in mechanische und thermische Schutzgrade unterteilt. Mechanischer Schutzgrad bedeutet, dass die Anlage mit der Last-Zeit-Funktion, die in den RSK-Leitlinien festgehalten ist, ausgelegt wurde und dass ihre vitalen Funktionen bei einer Last-Zeit- Funktion eines entsprechenden Flugzeugs erhalten werden können. Bei Schutzgrad 1 ist dies ein Militärflugzeug vom Typ Starfighter, bei Schutzgrad 2 ein mittleres Verkehrsflugzeug und bei Schutzgard 3 ein großes Verkehrsflugzeug. Thermischer Schutzgrad bedeutet, dass die vitalen Funtionen der Anlage erhalten werden können, auch im Falle von Freisetzungen und Brand infolge eines Flugzeugabsturzes. Auch hier werden die Schutzgrade 1 bis 3 vergeben, wobei die Flugzeugtypen analog zu den mechanischen Schutzgraden anzusetzen sind. Vorgaben der EU Stresstests für Erdbeben Im Rahmen der Stresstests auf europäischer Ebene gab es im Gegensatz zur RSK Sicherheitsüberprüfung keine Bewertungskriterien. Hier wurden Berichte der Betreiber der kerntechnischen Anlagen bewertet. Da in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Auslegungsgrundlagen vorlagen, wurden diese zunächst von den Staaten offengelegt. Im Rahmen des Vortrags wurden die Vorgaben des EU Stresstests am Beispiel von Auswirkungen durch Erdbeben erläutert. Als Auslegungsbasis dient sowohl die Höhe der Einwirkung des Bemessungserdbebens sowie die "Methodologie zur Ermittlung der Bemessungseinwirkung" [2]. Zu den Vorkehrungen, die die Anlage gegen Einwirkungen von Erdbeben schützen sollen, zählen einerseits Systeme zur Erhaltung eines sicheren Zustands und andererseits Prozeduren um Reaktorkerne zu schützen. Ein Vergleich der europäischen Kernkraftwerke bezüglich der Sicherheit gegen Einwirkungen verursacht durch Erdbeben gestaltet sich schwierig, da sich die nationalen Regelwerke hinsichtlich der angenommenen Erdbebeneinwirkungen stark unterscheiden. Diese können probabilistisch, also auf Grundlage von Auftretenswahrscheinlichkeiten, oder deterministisch, also bezogen auf in der Vergangenheit aufgetretene Erdbeben in der entsprechenden Region, z.b. "stärkstes Erdbeben im Umkreis von 200 km seit Aufzeichnungsbeginn", ermittelt werden. Hinsichtlich der Anzahl an erforderlichen Sicherheitseinrichtungen, wie beispielsweise Notstromaggregaten, formuliert der Stresstest auf europäischer Ebene keine Mindestanforderungen. Zusammenfassung In diesem Vortrag zu Stresstests auf nationaler und europäischer Ebene wurde ein Überblick über mögliche Gefahren und vorgesehene Maßnahmen und Schutzeinrich Spezifikationen von Stresstests für Kernkraftwerke auf nationaler und europäischer Ebene 39

42 tungen für kerntechnische Anlagen gegeben. Anschließend wurden die Kriterien und Ergebnisse der RSK Sicherheitsüberprüfung vorgestellt. Die Bewertungskriterien wurden am Beispiel der Gefahr für die Anlagen durch Hochwasser erläutert. Im Bezug auf die Stresstests auf europäischer Ebene wurden die Vorgaben beispielhaft für die Bedrohung durch Erdbeben offengelegt. Eigene Einschätzung Der Vortrag war sehr hilfreich, um einen qualifizierteren Eindruck über die nationalen und europäischen Stresstests zu erhalten, als es durch die öffentlichen Medien möglich war. Allerdings ist es sehr verblüffend, dass eine solche Form von Stresstests erst nach dem Reaktorunglück im AKW Fukushima Daiichi für kerntechnische Anlagen in Deutschland eingeführt wurde. Prominent wurde der Begriff Stresstest im Zuge der Finanzkrise und der Stresstests für Banken Er entstammt allerdings der Medizin: Bei medizinischen Stresstests soll die Reaktion auf körperliche und/oder seelische Belastung ermittelt werden. [4] Doch wurde der Begriff erst durch die Stresstests für Atomkraftwerke so häufig verwendet, dass er zum Wort des Jahres 2011 gewählt wurde. [4] Es kommt unweigerlich die Frage auf, wieso solche Belastungstests für Atomkraftwerke nicht schon viel früher durchgeführt wurden, beispielsweise im Zuge der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke in Deutschland Damals war bereits klar, dass keines der deutschen Kernkraftwerke baulichen Schutz vor Terroranschlägen oder im Falle einer Kernschmelze Schutz vor Verstrahlung der Umwelt bietet. Der 2011 von der RSK durchgeführte Stresstest ist noch ausbaufähig, da - wie im Vortrag bereits erwähnt - in der Kürze der Zeit die Bewertungskriterien nicht wissenschaftlich erarbeitet sondern lediglich postuliert werden konnten und da zur vollständigen Bewertung aller deutschen Atomkraftwerke zahlreiche Nachweise nicht vorlagen. Im Vergleich dazu hatten die Stresstests auf europäischer Ebene noch weniger Aussagekraft, da hier die Berichte der Betreiber als Bewertungsgrundlage verwendet wurden. Es wäre wünschenswert, auch hier auf ein unabhängiges Gremium zurückgreifen zu können, was eine Bewertung vornehmen kann. Es bleibt zu hoffen, dass durch die detailgetreue Analyse des Unfallhergangs in Fukushima Daiichi, die von Dr. A. Kerner von der Gesellschaft für Reaktorsicherheit in einem der Vorträge der Ringvorlesung vorgestellt wurde, Rückschlüsse auf notwendige Sicherheitsmaßnahmen und -einrichtungen für noch in Betrieb befindliche Anlagen gezogen werden können, die in zukünftigen Belastungstests miteinbezogen werden können Protokolle zu den Vorträgen

43 Literaturverzeichnis [1] [2] BRETTNER, Mathias: Spezifikationen von Stresstests für Kernkraftwerke auf nationaler und europäischer Ebene. Präsentation im Rahmen der Ringvorlesung "Reaktorunglück Fukushima" an der TU Darmstadt am [3] [4] - alltagssprache-geschafft html I 2.6 Spezifikationen von Stresstests für Kernkraftwerke auf nationaler und europäischer Ebene 41

44 2.7 Film: Radioactivists Protest in Japan since Fukushima Datum der Veranstaltung Protokollantin Anja Fath Zu dieser Veranstaltung wurde anstelle eines Vortrages der Film "Radioactivists Protest in Japan since Fukushima"gezeigt. Moritz Kütt gab dazu eine kurze Einführung. Protokoll-Film Radioactivists Japanische Widerstandsbewegung gegen Atomkraft 18. September 2012, Anja Fath 42 2 Protokolle zu den Vorträgen

45 Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 2 2 Der Film Inhaltliche Gliederung des Films Personen- und Ereignisauflistung Film-Inhalt Zusammenfassung Inhaltliche Einordnung Film: Radioactivists Protest in Japan since Fukushima 43

46 1 Einführung In Zusammenhang mit der Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima wurde der Dokumentarfilm Radiactivists von den Studentinnen Julia Leser und Clarissa Seidel gezeigt. Diese Ringvorlesung behandelt verschiedene Aspekte der Ursachen und Folgen des nukleraren Unglücks im Frühjahr Diese werden nicht nur aus technologischer Sichtweise von Referenten erörtert, sondern auch weitergehend unter sozialen Aspekten. Vor über einem Jahr erschütterte das starke Tohoku-Erdbeben Japan. Das damalige Erdbeben mit einer Stärke von 9,0 M W ([7]) löste nicht nur einen Tsunami aus, der auf Japan zuraste und Opfer forderte, sondern hatte auch eine der größten nuklearen Katastrophen in der Geschichte der Kernenergie zur Folge. Diese Katastrophe verursachte nicht nur in Japan ein grundsätzliches Umdenken im Bezug auf Atomenergie, sondern Welt weit. Das Ausmaßan Veränderung beschränkte sich aber nicht nur auf neue Technologien, sondern weitete sich auch auf die sozialen Strukturen der japanischen Gesellschaft aus. An dieser Stelle knüpft der Film von Julia Leser und Clarissa Seidel an. Beide hielten sich zu der Zeit des Erdbeben in Tokio auf und verließen Japan nachdem der erste Reaktor explodierte. Als im nachhinein in Japan die erste Anti-Atomkraft-Demonstration stattfand, entschieden sich beide für eine Rückkehr nach Tokio um diese neue Protestbewegung in ihrem historischen und sozialen Kontext darzustellen und den Aktivisten die Möglichkeit zu geben, über ihren Kampf gegen Atomkraft zu sprechen. ([2]) 2 Der Film Der 70 minütige Dokumentarfilm Radioactivists bemüht sich die Stimmung in der japanischen Bevölkerung zu der Zeit nach dem Reaktorunglück Fukushima einzufangen. Zeitlich kann dieser eingeordenet werden nach der ersten Demonstration gegen Atomkraft, während der zweiten und im Ausblick auf die Dritte. Um die Bürgerbewegung, die Aufbruchstimmung in der japanischen Bevölkerung und die ihnen gegenüberstehende Hindernisse dem Zuschauer näherer zu bringen, sprechen die beiden Produzentinnen über die Auswirkungen und Bedeutung der aktuellen Proteste mit Intellektuellen, Sozial- und Politikwissenschaftlern, die im Verlauf des Protokolls vorgestellt werden. 2.1 Inhaltliche Gliederung des Films Der Film in japanischer Sprache mit deutschen Untertiteln behandelt die verschiedenen Aspekte der Widerstandsbewegung in Japan als Folge des Unglücks durch Interviewausschnitte und Textpassagen, Video- und Bildeindrücken. Dabei lassen sich die dargestellten Inhalte in vier Themengebiete unterteilen. Das eigentliche Unglück mit den persönlichen Erinnerungen der interviewten Personen und die historische Bedeutung dessen, ist eines der immer wieder aufgegriffenen Themen im Film. Neben diesem ist die japanische Gesellschaft an sich ein häufig angesprochenes Themenfeld, da dieses eng mit dem Ablauf der Demonstrationen verknüpft ist und für deren Interpretation unabdingbar. Das dritte Thema, auf das sich die Dokumentation konzentriert und welches als Hauptthema bezeichnet werden kann, ist die eigentliche Widerstandsbewegung, insbesondere liegt die Konzentration hierbei auf den Organisationsstrukturen und deren Bedeutung für den Gesellschaftswandel. Als viertes Thema zeigt der Film einen Abschnitt über die Jugendbewegung Human Recovery Project. 2.2 Personen- und Ereignisauflistung Um die Aussagen der Personen im Verlauf des Protokolls besser Einschätzen zu können, werden im Folgenden die Personen vorgestellt und eine chronologische Auflistung der Ereignisse mit den wichtigsten Fakten gegeben, die im Film immer wieder durch Textpassagen eingeblendet werden. Interviewpartner: Protokolle zu den Vorträgen

47 Yoshitaka Mori (Soziologe) Yoshihiko Ikegami (Ehemaliger Herausgeber der philosophischen Zeitschrift Gendai Shiso (Modernes Denken)) Chigaya Kinoshita (Politikwissenschaftler) Hajima Matsumoto (Gründer von Shiroto No Ran (Aufstand der Amateure) und Organisator der Koenji-Demonstration am 10.April) Keisuke Narita (Besitzer eines Infoshops für Aktivisten in Tokio und Organisator der Anti- AKW-Demonstration in Koenji am 10. April) Human Recovery Project (Kollektiv aus Punk- und Rockbands in Tokio) Chronologische Auflistung der wichtigsten Ereignisse: 11. März 2011 strakes Erdbeben vor Japans Küste (Stärke 9 M W ), das einen Tsunami verursacht März von 6 Reaktorblöcken des AKW Fukushima Daiichi werden zerstört. In den Reaktorblöcken 1 bis 3 ereignen sich Kernschmelzen und Radioaktives Material wird freigesetzt Menschen sind von Evakuierungen oder Empfehlungen zum Verlassen ihres Wohnorts betroffen.[3]. 10. April Anti-AKW-Demonstration von Shiroto No Ran in Koenji Beteiligte und damit eine der größten Demonstrationen seit den 70ern 6. Mai 2011 Premier Minister Kan kündigt an Das AKW Hamaoko vom Netz zu nehmen 7. Mai Anti-AKW-Demonstration von Shiroto No Ran in Shibuya Menschen Juni 2011 Zahl der Vermissten und Toten liegt offiziell bei über Juni Anti-AKW-Demonstration von Shiroto No Ran in Shinjuko. Mehr als Menschen nehmen Teil. 2.3 Film-Inhalt Der Film beginnt mit der Aufzählung der Fakten zu dem Unfallhergang durch Textpassagen (siehe 2.2). Im Anschluss wir die Reaktion auf den Unfall als Thema von Y. Ikegami und C. Kinoshito aufgegriffen. Beide erklären ihre Fassungslosigkeit und Hilflosigkeit, über die Medien nur zusehen, aber nicht eingreifen zu können. Auch wird die Beschreibung der Japaner von ausländischen Medien als stoisch angesprochen, was Y. Ikegamis Meinung nach der 10 jährigen Gehirnwäsche der Eliten zu zuschreiben sei. Als Beispiel dafür nennt er die Tatsache, dass das einzige Land, das jemals von Atombomben getroffen wurde, dennoch die Atomkraft als friedlich ansieht. Dies wurde aus der Sicht vieler Interviewpartner durch die Jahre lange Pro-Atomkraft-Propaganda der Regierung erreicht. Die Reaktionen auf den Unfall gingen in der Bevölkerung sehr auseinander wie Y. Mori erzählt. Bis zum jetzigen Zeitpunkt sorgt das Unwissen über die Auswirkungen der radioaktiven Strahlung für eine Unentschlossenheit Tokyo zu verlassen oder zu bleiben. Abgesehen von den ersichtlichen Schäden, zeigt sich der größte Einfluss des Ereignis in der Wirkung auf die japanische Gesellschaft und der entstandenen Protestaktion. Alle interviewten Personen betonen, dass das Ereignis nicht nur das Problem der Atomkraft mit seinen Gefahren in das Bewusstsein der Menschen gerückt hat, sondern auch die Defizite der japanischen Gesellschaft.Der immer da gewesene Glaube an die Beständigkeit Japans wurde zutiefst erschüttert. In der japanische Gesellschaft gelten Wohlstand, Bequemlichkeit und wirtschaftlicher Erfolg (bzw. der japanische Kapitalismus) als erstrebenswert wie Y. Mori anmerkt. Vor diesem Hintergrund wurden 54 Atomkraftwerke (AKWs) in Japan gebaut. Neben der eigentlichen Gefahr der Atomkraft, hat die Politik der AKWs seit 1990 eine neue Berufsgruppe der Tagelöhner, auch freeter genannt, geschaffen, welche die Gefahr der nuklearen Energiegewinnung nicht scheuen. Diese Menschen wurden bei dem Unglück geopfert Film: Radioactivists Protest in Japan since Fukushima 45

48 Nachdem die Japaner ihren Wohlstand in den letzten Jahren als selbsverständlich angenommen haben, wurden sie durch das Unglück gezwungen sich und die Gesellschaft wieder bewusster wahr zunehmen. Dies führte dazu das nach Optimierung streben zu überdenken und die bisher vorherrschende Lebensweise zu analysieren. Der Mangel an Zusammengehörigkeit, so H. Matsumoto, Mitbegründer der Organisation Shiroto No Ran, wurde durch die Katastrophe erst sichtbar. Als unmittelbare Folge treten nun neue Strukturen in der Gesellschaft auf wie z.b. Gebrauchtwarenläden, welche die Veränderung der Strukturen im Hinblick auf den Kapitatlismus widerspiegeln. Im weiteren Verlauf des Films werden die Widerstandsbewegung gegen Atomkraft, aber auch die Missstände in Japan von verschiedenen Personen, sowohl Außenstehenden als auch Beteiligeten beleuchtet (siehe 2.2). Dabei werden durch Bilder von den Demonstrationen und Vorbereitung nicht nur der eigentliche Widerstand gezeigt, sondern durch die Interviews auch immer der Bezug zu dem Antrieb der Organisatoren und Teilnehmer und der Bezug zur japanischen Gesellschaft hergestellt. Tiefe Einblicke werden hierbei durch die beiden Interviewpartner H. Matsumoto und K. Narita, die beide Mitorganisatoren der Demonstrationen sind, gegeben. Die Bedeutung und Wirkung auf die japanische Gesellschaft wird von dem Soziologen Y. Mori beleuchtet, der die erste Demonstration in Koenji als Außenstehender beobachtete. Wie von C. Kinoshita angemerkt hat es seit den Studentenbewegungen in den 70ern, keine richtigen Proteste mehr gegeben. Und noch immer werden Demonstrationen nur mit politischen Ideologien in Verbindung gebracht, nicht als einfaches Werkzeug, seine Meinung auf der Straße kund zu tun. Daran fehlte es Japan seit dieser Zeit. Die neue Widerstandsbewegung Shiroto No Ran entspringt auch nicht gemeinsamen politischen Prinzipien oder Ideologie, sondern auf persönlichen Beziehungen, wie der Soziologe Y. Mori anmerkt. Der politisch klingende Name Shiroto No Ran, bezeichnet nur einen Gebrauchtwarenladen der Region, nämlichen den von H. Matsumoto. In diesem startete die neue Bewegung. Der Besitzer war schon seit 1990 gegen Atomkraft, nachdem er persönlich von einem nuklearen Unfall in dem AKW Tokai betroffen war. Die Gebrauchtwarenläden, die in der Zeit nach dem Unfall entstanden, bieteten eine Plattform auf der sich Leute unterschiedlicher Herkunft treffen und die Norm des reinen Strebens nach Geld, abgelehnt wird. Mit K. Nariata, dem Besitzer eines Infoshops für Aktivisten in Tokyo und mit Hilfe der neuen Medien wie Twitter und Facebook, schafften sie es innerhalb von nur 10 Tagen die erste Demonstration in Koenji am 10. April 2011 mit Teilnehmern zu organisieren. Damit haben sie das bisherige Verhalten der Japaner durchbrochen und den Menschen auf der Straße wieder eine Stimme verliehen. Der große Erfolg treibt H. Matsumato an, ab diesem Datum jeden Monat eine Demonstration zu machen, um das Problem in den Köpfen der Menschen akut zu halten. Die Demonstrationen beginnen immer mit Reden von Politikern und Organisatoren und werden von Livebands unterstützt. Im Anschluss setzt sich der Zug an Demonstranten in Bewegung durch den jeweiligen Bezirk. Die Stimmung wirkt dabei gelöst und befreit, aber dennoch immer das eigentliche Thema durch Plakate und weiteres präsentierend. Im Verlauf des Dokumentarfilms wird die Vorbereitung auf die zweite Demonstration in Shibuya gezeigt und die Ängste und Hoffnungen der Veranstalter aufgegriffen. Die Bilder der Vorbereitung zeigen, wie diese organisiert werden. Man sitzt zusammen in einer Gruppe und diskutiert bei Essen und Bier. Die Reihenfolge des Demonstrationszuges wird besprochen aber auch Probleme mit der Polizei und die Erwartungen an die Teilnehmerzahl. Während das Datum der zweiten Demonstration am 7. Mai 2011 näher rückt, werden die Organisatoren beim Basteln von Schildern, Plakaten und T- Shirts mit der Kamera begleitet. Die Vorbereitung der Demonstration wird für einige zur einzigen Lebensaufgabe, neben der der allgemeine Alltag wie bei H.Matsumoto keinen Platz mehr findet. Seine und K. Naritas Sorge um manglende Teilnehmerzahlen soll sich nicht bewahrheiten. Am 7. Mai gehen wieder Menschen auf die Straße. 3 Tage zuvor wird ein großer Artikel über H. Matsumoto in einer Zeitung veröffentlicht, der Matsumoto und die Bewegung wieder in das Gedächnis der Menschen ruft, wie ein interviewter Passant erklärt. Es zeigt sich durch den Artikel, dass die Bewegung von den Medien ernst genommen wird. Die Demonstration selbst wird wieder durch Reden verschiedener Persönlichkeiten gegen das System, die Regierung und Atomkraft gestartet. Im Anschluss wird durch den Zug durch den Bezirk Präsenz auf den Straßen demonstriert Protokolle zu den Vorträgen

49 Viele Menschen tragen dabei selbst gebastelte Schilder oder Kostüme und die Versuche der Polizei den Zug zu trennen, scheitern an der bloßen Menschenmenge. Die Polizeipräsenz offenbart auch eines der größten Probleme der Organisatoren. K. Narita erklärt, dass in Japan Menschen bis zu 23 Tagen in polizeilichem Gewahrsam gehalten werden können, ohne Anklage zu erheben. Die Demonstranten müssen sich also der Gefahr bewusst sein, dass ihnen eine Verhaftung bevor stehen kann. Dies spiegelt sich in dem Verhalten der Demonstranten wieder, welches im Vergleich zu anderen Demonstrationen weltweit, sehr gesittet ist. Aufzuhalten ist die Bewegung dennoch nicht, was nicht nur die Demonstrationen in Koenji und Shibuta zeigen, sondern auch die Dritte am 11. Juni mit Teilnehmern. Am Ende der Dokumentation wird ähnlich wie zu Beginn durch Einblenden von Bildern der Juni Demonstration gezeigt, wie diese sich weiterentwickelt hat. Die Teilnehmern wirken gelöster und ausgelassener und mit ist sie die größte bisher. Mit dieser Demonstration, hat H. Motsumoto sein vorhaben erreicht, sich gegen die Gesellschaft aufzulehenen. Das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Atomkraftproblematik wächst ständig und die Ablehnung von Atokraft liegt zum Zeitpunkt des Filmes, laut einer Umfrage, schon bei 70%. Die Regierung muss sich jetzt dieser neuen Bewegung stellen. Schon nach der ersten Demonstration folgten politische Maßnahmen, wie das Abschalten des AKW Hamaoka. Aber nicht nur bei diesen Demonstrationen steigt die Teilnehmerzahl, sondern es bilden sich in ganz Japan mehr und mehr kleinere Organisationen. Der Film macht klar, dass die Menschen ihre Chance nun nutzen, das System nach dem Schicksalsschlag in Frage zu stellen und insbesondere den Faktor Gemeinschaft neu zu überdenken. In diesem Zusammenhang geht der Dokumentarfilm auf eine andere Organisation ein. Die Gruppe Human Recovery Project von jugendlichen Musikern unterstützt durch ihre Musik auf Demonstrationen nicht nur den Kampf gegen die Atompolitik Japans, sondern hilft auch vor Ort an den besonders vom Unglück betroffenen Orten. Dabei helfen sie beispielsweise bei der Suche nach Vermissten oder verteilen Lebensmittel. Diese zuvor nicht in Japan vorhandene Art der Hilfe in Form kleiner Gruppen, zeigt die weit greifenden Folgen der Katastrophe. Wie alle interviewten Personen in ihren Interviews anmerken, ist die Betrachtung der Widerstandsbewegung als reine Anti-AKW-Bewegung zu einfach. Der Auslöser des Umdenkens war zwar ein nuklearer Unfall, die Folgen beschränken sich aber nun nicht mehr nur auf die Atomkraftpolitik, sondern auch auf das Selbstbild der Japaner und deren Gesellschaft. 2.4 Zusammenfassung Der Film stellt deutlich dar, dass Japan auf Grund der Katastrophe nicht nur an einem Technologischen Scheideweg steht, sondern auch gesellschaftlich. Die gesellschaftlichen Strukturen beginnen sich zu verändern, nachdem die Katastrophe wie ein Weckruf wirkte. Es bilden sich Organisationen, die nicht aus gemeinsamen politischen Ideologien handeln, sondern auf gemeinsame Interessen und persönliche Beziehungen beruhen. Die Möglichkeit seine Meinung auf der Straße zu vertreten und gehört zu werden, wird von der japanischen Bevölkerung wieder wahrgenommen. Durch die Katastrophe bildet ein neues Gemeinschaftsgefühl unter der jungen Bevölkerung, wie die Gruppe Human Recovery Project beweist, die aktiv Notdürftigen in den zerstörten Gegenden hilft und musikalisch Demonstrationen unterstüzt. Soziologen und Politikwissenschaftler aus den gezeigten Intviews sind sich einig, dass Japan vor einer Wende steht. Wie diese genau aussehen wird, wird sich zeigen müssen. 3 Inhaltliche Einordnung Um die angesprochenen Themen mit den Aussagen der interviewten Personen und die Demonstrationen richtig einzuordnen, muss man sich genauer mit der Japanischen Gesellschaft beschäftigen. Insbesondere die Ausgangssituation, die im März 2011 vorhanden war, muss betrachtet werden. Hier spielen verschiedene Faktoren wie Wirtschaft, frühere Demonstrationsbewegungen und Japans Kriegsgeschichte eine Rolle. Seit dem 70ern ging die Produktivität Japans zurück. In den Film: Radioactivists Protest in Japan since Fukushima 47

50 90ern platze dann die bubble economy und Japan geriet in eine Deflationsspirale und einher ging die Arbeitslosigkeit. Dies war und ist nicht leicht für ein Land mit einer traditionell ausgeprägten Arbeitsdiziplin, in dem das Augenmerk des Staates auf der Ausbildung und Steigerung der Produktivität durch Automatisierung liegt([6]). Ein erster Unzufriedensheit Faktor und Kritikpunkt der Gesellschaft mag also in diesem Bereich liegen. Gleichzeitig muss man die in Japan vorherrschende Atompolitik betrachten. In dem einzigen Land der Welt, das schon von Atombomben getroffen wurde, das die Folgen der Radioaktiviät unmittelbar erlebte, gibt es keine gesellschaftlich verankerte Anti-Nuklear-Bewegung. Der Horror von Hiroshima und Nagasaki hat die Japaner in ihrer Haltung zur Kernenergie einseitig geprägt. Die Menschen sind gegen Atomwaffen. Aber sie sind nicht gegen Atomenergie, sagt Philip White vom Citizens Nuclear Information Center (CNIC) in Tokio. Ein Grund sei eine von der Regierung konsequent verfolgte Kampangne. Es gibt im Sprachgebrauch eine deutliche Unterscheidung, so White. Die Regierung spricht von kaku heki - sie nutzt das im japanischen negativ belegte Wort nuklear immer im Zusammenhang mit Waffen. In Abgrenzung dazu gibt es genshi ryoku -die Atomenergie. Damit vermittelt die Regierung den Eindruck, beides habe nichts miteinander zu tun. ([4]) Ähnliches spricht auch die Referentin Cosima Wagner in ihrem Vortrag Populärkultur als Medienstrategie: das Beispiel der japanischen Atom-Lobby an. Jeder größere Konzern in Japan besitzt sein eigenes Maskottchen, dem die Aufgabe zukommt, den Menschen die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens näher zu bringen. Auch die Nuklearindustrie wollte nicht auf diese Tradition verzichten. Pluto-kun, zu Deutsch der Kleine Pluto, wurde in den 1990er-Jahren von der staatliche nukleare Forschungsorganisation PNC ins Leben gerufen, um den Japanern die Angst vor dem für die Kernenergie gebräuchlichen Schwermetall Plutonium zu nehmen. Einen grünen Hut mit Antennen tragend, erklärte Pluto-kun in einem kontroversen Aufklärungsvideo die Vorteile der friedlichen Nutzung von Plutonium, einem zentralen Bestandteil zur Entwicklung von Schnellbrütern, in welche die japanische Energiebranche damals viel Hoffnung setzte([1]). Der Glaube an die friedliche Nutzung der Kernenergie sitzt demzufolge tief und wurde erst durch die Katastrophe in Fukushima erschüttert. Als dritten Faktor muss man die Demonstrations Kultur der Japaner betrachten. In den 60er Jahren gab es große Studentenproteste in Japan ([8]). Organisiert wurde sie von einer Dachorganisation von Studenten, die 1948 gegründet wurde (Zengeakuren). Diese spielten eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Sicherheitsvertrag Japans mit der USA. In dieser Zeit radikalisierte sich die Gruppe und spaltete sich in verschiedene Gruppierungen. Während der 68/69er Proteste war die weltweite Studentenbewegung auch in Japan zu spüren. Allerdings wurde nicht nur gegen den Vietnamkrieg protestiert, sondern auch das Augenmerk auf spezifische japanische Probleme gerichtet wie die zunehmende Urbanisierung z.b. Enteignung der Bauern und Umweltverschmutzung. Seit dem Abklingen dieser Bewegungen sind in Japan keine großen Proteste mehr veranstaltet worden. Über 30 Jahre später setzt nun der Film über eine Gegenbewegung an. Die Katastrophe scheint etwas in der japanischen Gesellschaft gelöst zu haben, was lange nicht zu Tage getreten ist. Die Menschen mache ihrem Kummer wieder öffentlich und begegnen Gleichgesinnten. Die bisherige, insbesondere von der westlichen Welt propagierte Wegwerfgesellschaft, wird in Frage gestellt, wodurch sich Gebrauchtwarenläden bilden und das Thema Wiederverwertung aufkommt. Auch wird die soziale Abschottung, die auch durch die neuen Medien unterstüzt wird, kritisiert. Es bilden sich kleine Organisationen bzw. Gruppen. Probleme werden selber angegangen und nicht mehr auf die Regierung gewartet, der, wie man den Interviews entnehmen kann, nicht mehr vertraut wird. Eine neue Wende in Japans Kultur, da Regierung einen großen Einfluss auf die Meinung auch bzgl. der AKW in Japan hatte. Der Glaube an die friedliche Energiegewinnung durch Atomkraft kann durch Japans Regierung nicht mehr aufrecht erhalten werden. In 2011 wurden die meiste Kernreaktoren abgeschaltet und das erneuerbare-energien-eesetz nach deutschem Vorbild eingeführt. Nachdem in 2012 alle Kernreaktoren abgeschaltet waren, wurde diesen Sommer wieder ein Reaktor des Werkes Ohi ans Netz angeschlossen. Auch die großen Protestaktionen konnten dies nicht verhindern ([5]) Protokolle zu den Vorträgen

51 Literatur [1] Asienspiegel. Der süße Plutonium-Junge [2] C. Seidel und J. Leser. Radioactivists-Regie [3] G. für Anlagen und Reaktorsicherheit. Fukushima Daiichi 11. März Unfallablauf Radiologische Folgen [4] Spiegel. Anit-AKW-Protestin Japan - als Einzelkämpfer gegen die Kernkraft. a html, [5] Spiegel. Japan fährt trotz massiver Proteste Reaktor hoch [6] Wikipedia. Japan. [7] Wikipedia. Tohoku Erdbeben Erdbeben_2011. [8] Wikipedia. Zengakuren Film: Radioactivists Protest in Japan since Fukushima 49

52 2.8 Energieziel 2050: Was müssen wir tun? Datum des Vortrages Vortragender Christian Herforth, Umweltbundesamt, Dessau Protokollant Dennis Hesse Christian Herforth vertrat Klaus Müschen, der in frühen Ankündigungen als Vortragender genannt wurde. Hinweis: Der Inhalt des Protokolls gibt nur die Sicht des Protokollanten wieder! Diese muss nicht unbedingt der Sicht des Vortragenden entsprechen. P r o t o k o l l Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima Energieziel 2050: Was müssen wir tun? Christian Herforth Protokollant: Dennis Hesse 50 2 Protokolle zu den Vorträgen

53 Der hier protokollierte Vortrag trägt den Titel Energieziel 2050: Was müssen wir tun? und wird von Christian Herforth in Vertretung für Klaus Müschen gehalten. Der Vortrag findet am statt und ist damit die achte von insgesamt elf Veranstaltungen der Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima. Christian Herforth ist Angestellter des Umweltbundesamtes (UBA) in Dessau. Das UBA ist Deutschlands zentrale Umweltbehörde und hat die Aufgabe die Bundesrepublik Deutschland wissenschaftlich zu unterstützen. Dies beinhaltet unteranderem den Vollzug von Umweltgesetzen, Naturschutz und Reaktorsicherheit in allen Angelegenheiten des Immissionsschutzes, und die Information der Öffentlichkeit zum Umweltschutz. Das UBA beschäftigt sich zurzeit unteranderem mit der Frage, ob auch nach dem Reaktorunglück in Fukushima die Nutzung von Kernenergie zu verantworten ist. Damit beeinflusst das UBA maßgeblich die Zukunft der Kernenergie in Deutschland. (UBA (2012)) Der Vortrag beginnt mit einer Einleitung in das Thema in der gezeigt wird, warum eine Energiewende notwendig ist. Anschließend werden die vom UBA erarbeiteten Konzepte und Studien vorgestellt. Der Vortrag endet mit einer Diskussion, in der auf Fragen vom Publikum eingegangen wird. Warum ist eine Energiewende überhaupt notwendig? Hier sind zwei Hauptgründe zu nennen. Zunächst das Risikopotential der Kernenergie, das durch das Reaktorunglück in Fukushima höher ist, als bisher angenommen. Zum anderen erfordern der Treibhauseffekt und der damit verbundene Klimawandel ein Umdenken in der Energieversorgung. Hierbei muss zwischen dem natürlichen Treibhauseffekt, der für eine Durchschnittstemperatur auf der Erdoberfläche von 15 C anstatt -18 C sorgt und dem durch die Industrialisierung hervorgerufene Treibhauseffekt, der für einen voran streitenden Klimawandel sorgt unterscheiden werden. Zweit genannter entsteht durch den Anstieg von Treibhausgasen wie CO 2 und Methan. Diese reflektieren die von der Erde abgestrahlte Wärme und sorgen somit für einen Anstieg der globalen Mitteltemperatur. Ein ungebremster Treibhausgasausstoß hätte einen Temperaturanstieg von 6 C zur Folge. Erste Folgen sind das beschleunigte Schmelzen von Gletscher und Polkappen, Dürren und Überschwemmungen. Hieraus leiten sich politische Anforderungen ab. Die Treibhausgase müssen global gesenkt und dadurch der Temperaturanstieg auf 2 C begrenzt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der Trägheit des Klimasystems auch nach einem absoluten Stopp von Treibhausgasemissionen die Temperatur zunächst anstiege. (Herforth C. (2012)) Mit 80% Anteil an den Treibhausgasemissionen ist der Energiesektor der Hauptverantwortliche. Damit ist der wichtigste Schritt zur Energiewende die Energiebedingten Emissionen zu senken. Dies ist nur durch eine Umstrukturierung des gesamten Energiesystems möglich. Das Energiekonzept von 2010 und das Energiepaket von 2011 bilden die aktuelle Energiepolitik der Bundesregierung ab. Demnach sollen bis 2050 die erneuerbaren Energien den Hauptanteil am Energiemix ausmachen. Die Ziele des Energiekonzepts sind klar formuliert. Bis 2020 soll eine Reduktion der Treibhausgasemissionen von Energieziel 2050: Was müssen wir tun? 51

54 40% erzielt werden. Dies soll durch eine Einsparung der Primärenergie von 20% sowie ein Anteil der erneuerbaren Energie von 35% des produzierten Stroms erreicht werden. Im Jahr 2050 sollen die Treibhausgasemissionen um 80% reduziert werden. Dies wird durch eine Primärenergieeinsparung von 50% und einem Anteil der erneuerbaren Energie von 80% realisiert. (Herforth C. (2012)) Im Energiepaket sind verschiedenen Gesetze wie zum Beispiel das Erneuerbare-Energie-Gesetz enthalten. Dieses sichert den Betreibern von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien für eine Dauer von 20 Jahren einen festen Vergütungssatz pro Kilowattstunde Strom. Außerdem ist hier die vorrangige Abnahme des Stroms aus erneuerbaren Energien festgelegt. Das Erneuerbare-Energie-Gesetz fördert damit erneuerbare Energien und ermöglicht einen wirtschaftlichen Betrieb (Bundesverband WindEnergie e.v. (2012)). Ebenfalls im Energiepaket enthalten ist das Atomgesetz. Dieses stellt einen geordneten Betrieb sicher und regelt die geordnete Beendigung der Kernenergie. Nach dem Reaktorunglück in Fukushima findet ein Atommoratorium statt. Hier wird durch die Ethikkommission eine Risikoneubewertung durchgeführt und der Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022 beschlossen (BMU (2012)). Die Maßnahmen zur Umsetzung sind in der Novellierung des Atomgesetzes festgehalten. Demnach werden die acht ältesten Kernkraftwerke sofort vom Netz genommen. Unter dem Aspekt der gesicherten Leistung ist dies möglich, da im deutschen Kraftwerkspark derzeit Reservekapazitäten von rund 10 GW Leistung bestehen. Die verbleibenden Kraftwerke werden stufenweise abgeschaltet, bis schließlich 2022 kein Strom mittels Kernenergie gewonnen wird. Die entstehende Differenz zwischen Angebot und Bedarf soll hauptsächlich durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Zusätzliche Erdgas-GuD-Kraftwerke können als Netzstützung errichten werden. (UBA (2011)) Dem UBA zufolge ist bereit im Jahr 2017 ein dauerhaft vollständiger Atomausstieg möglich. Dabei kommt es weder zu Versorgungsengpässen noch ist dadurch mit deutlich höheren Strompreisen zu rechnen. Atomstromimporte aus dem Ausland sind aktuell allein preisgetrieben und nicht notwendig. Ein Atomstromaussteig bis 2022 stellt also kein Problem dar. (UBA (2011)) Das UBA geht sogar einen Schritt weiter und zeigt in der Studie Energieziel 2050: 100% Strom aus erneuerbaren Quellen, dass eine Vollversorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien durchaus realistisch ist. Demnach lässt sich die Stromversorgung Deutschlands vollständig auf erneuerbare Energien umstellen. Dies ist bereits mit dem heutigen Stand der Technik möglich. Hierfür muss der Strom sehr effizient genutzt und erzeugt werden. Um dieses Ziel bis 2050 zu erreichen, sind frühzeitige und klare politische Entscheidungen notwendig. In drei Szenarien untersucht das Umweltbundesamt die Umstellung auf Strom aus 100% erneuerbaren Energien. Die aktuelle Studie basiert auf dem Szenario Regionenverbund. Hier verwenden alle Regionen Deutschlands ihre eigenen Potentiale für erneuerbare Energien aus. Durch einen deutschlandweiten Stromaustausch werden die Regionen mit geringerem Potential mit überschüssiger Energie aus anderen Regionen Protokolle zu den Vorträgen

55 versorgt. Ein geringer Anteil Strom wird aus Nachbarstaaten importiert. Den Berechnungen zufolge kann die Stromversorgung bis 2050 vollständig auf erneuerbaren Energien basieren und trotzdem die Versorgungssicherheit jederzeit gewährleistet werden. Dies wird durch aufeinander abgestimmte Erzeugungsarten, Energiespeicher und Lastmanagement ermöglicht. Auf diese Weise wird das Problem der Fluktuationen umgangen. Neben den Änderungen in der Stromversorgung müssen zusätzlich Energieeinsparmaßnahmen ausgeschöpft werden. Hierzu zählt vor allen eine verbesserte und effektivere Gebäudedämmung. Der Studie liegt die Annahme zugrunde, dass sich die Rahmenbedingungen der Energieversorgung nicht ändern. Dazu zählen ein gleich bleibender Markt sowie ein vergleichbares Nutzungsverhalten der Verbraucher. In einer Folgestudie will das Umweltbundesamt zwei mögliche Alternativen zum Szenario Regionenverbund untersuchen, das Szenario International Großtechnologie und das Szenario Lokal Autark. (UBA (2010)) Christian Herforth zeigt in seinem Vortrag die Notwendigkeit eines grundlegenden Umbaus der Energieversorgung. Energiewende bedeutet einen Aufbruch in das neue Zeitalter der Energie. Mit dem Ziel bis 2050 die Treibhausgasemissionen um 80% zu reduzieren nimmt Deutschland eine Vorbildfunktion ein. Das UBA weist mit den Untersuchungen nach, dass ein Atomausstieg bis 2022 ohne nennenswerte Nachteile zu realisieren ist. Hierfür ist ein Ausbau der erneuerbaren Energien und Energiesparmaßnahmen notwendig. Das Energiekonzept von 2010 und das Energiepaket von 2011 bilden die aktuelle Energiepolitik der Bundesregierung ab. Sie enthalten Gesetze in denen der Atomausstieg und der Ausbau von erneuerbaren Energien geregelt werden. In der Studie Energieziel 2050: 100% Strom aus erneuerbaren Quellen demonstriert das UBA ein Szenario, in dem Deutschland ausschließlich durch erneuerbare Energie versorgt wird. Damit liefert das UBA wissenschaftlich fundierte Ergebnisse, auf dessen Basis politische Entscheidungen getroffen werden können. Desweiteren stellt das UBA der Öffentlichkeit Informationen zur Verfügung. Dadurch wird die Angst der Bevölkerung vor möglichen Folgen des Atomausstiegs genommen. Mit seinem Vortrag bildet Christian Herforth das fehlende Glied in der Vorlesungsreihe Reaktorunglück Fukushima. Nachdem vorangegangene Vorträge den Unfallablauf und dessen akuten Auswirkungen auf Mensch und Umwelt thematisierten, beschäftigt sich Christan Herforth mit den Auswirkungen auf die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland und insbesondere den umstrittenen Atomausstieg. Im Folgevortrag von Mycle Schneider werden die Reaktionen auf Fukushima anderer Länder vorgestellt. Demnach ist Deutschland nicht das einzige Land, das in absehbarer Zeit ohne Atomenergie auskommen will. Auch Belgien und Japan reagieren mit dem Abschalten von Kernkraftwerke. Andere Länder, wie zum Beispiel China, Niederlande und Taiwan haben Neubauprojekte und Laufzeitverlängerungen aufgegeben und die Sicherheitsrichtlinien verschärft. Andere Länder hingegen, wie zum Beispiel Frankreich, USA und Großbritannien setzen auch nach Fukushima weiterhin auf Kernenergie. Mit Frankreichs zahlreichen Atomkraftwerken am Energieziel 2050: Was müssen wir tun? 53

56 Rhein bleibt die Frage, ob wir durch einen Atomausstieg in Deutschland wirklich sicherer sind. Doch wenn gezeigt wurde, dass eine wirtschaftliche und nachhaltige Energieversorgung ohne Kernenergie möglich ist, könnten sich auch diese Länder politisch neu orientieren. (Schneider M. (2012)) Mit den vom UBA durchgeführten Studien wird gezeigt, dass ein Atomausstieg bis 2022 und sogar eine 100% auf erneuerbaren Energien basierte Stromversorgung in Deutschland technisch möglich ist. Wie und vor allem wer die Umstrukturierung finanzieren soll, wird jedoch nicht aufgeführt. Ohne die Förderung durch Subventionen sind erneuerbare Energien zurzeit nur bedingt wirtschaftlich. Ein Ausbau zu 100% erneuerbare Energie kann nicht vom Staat gefördert werden. Hier müssten also die Energiekonzerne selbst die Kosten tragen. Ob es dann noch lukrativ ist, in Deutschland Anlagen zu errichten, ist fragwürdig und mit dem Risiko verbunden, dass deutsche Unternehmen lieber im Ausland in konventionelle Kraftwerke investieren. Dies hätte zur Folge, dass die Bundesregierung auf Stromimporte aus Nachbarländern angewiesen wäre. Ein weiteres Problem, dass in den Studien des UBA nicht berücksichtigt wurde, sind die zahlreichen Bürgerinitiativen in denen Anwohner gegen Stromtrassen und Windräder protestieren. Da Windenergie einen bedeutsamen Anteil am Energiemix übernehmen soll und eine Stromversorgung aus erneuerbaren Energien ohne einen Ausbau und Anpassung des Stromnetzes nicht möglich ist, muss auch hierfür eine Lösung gefunden werden. Andernfalls riskiert man zusätzliche Kosten und erhebliche Verzögerungen in der Planung und Durchführung von Ausbauten durch Bürgerproteste Protokolle zu den Vorträgen

57 Literaturverzeichnis: Herforth C. (2012). Energieziel 2050: Was müssen wir tun? Vorlesungsfolien UBA (2012). Retrieved , from Bundesverband WindEnergie e.v. (2012). Retrieved , from BMU (2012). Retrieved , from UBA (2011). Umstrukturierung der Stromversorgung in Deutschland UBA (2010). Energieziel 2050: 100% Strom aus erneuerbaren Quellen Schneider M. (2012). Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz 2.8 Energieziel 2050: Was müssen wir tun? 55

58 2.9 Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz World Nuclear Industry Status Report 2012 Datum des Vortrages Vortragender Mycle Schneider, internationaler Berater für Energie- und Nuklearpolitik, Paris Protokollant Christian Meyer Hinweis: Der Inhalt des Protokolls gibt nur die Sicht des Protokollanten wieder! Diese muss nicht unbedingt der Sicht des Vortragenden entsprechen. Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz Darstellung eines Vortraginhaltes Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit Christian Meyer Studiengang: FB 16 - Mechanical and Process Engineering (M.SC.) Eingereicht: Dienstag, 23. Oktober 2012 Moritz Kütt Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit Technische Universität Darmstadt Alexanderstr. 35 D Darmstadt 56 2 Protokolle zu den Vorträgen

59 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis I 1 Allgemeine Informationen Der Dozent Einleitung und Gliederung des Vortrages Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz Aktueller Stand und vergangene Entwicklung der Kernenergie Zukünftige Entwicklung der Kernkraft Alternative Energiequellen im Vergleich zur Kernenergie Direkte Auswirkungen des Fukushima Unfalls auf die Kernenergie Zusammenfassung 4 4 Einordnung Persönliche Stellungnahme Bezug des Vortrages zur Vorlesungsreihe... 5 Literaturverzeichnis 6 Inhaltsverzeichnis I 2.9 Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz World Nuclear Industry Status Report

60 1 Allgemeine Informationen 1.1 Der Dozent Mycle Schneider ist ein in Paris lebender, unabhängiger internationaler Berater für Energie- und Nuklearpolitik. Er wurde 1959 in Köln geboren und gründete auf Grund seiner Interessen für die zivile und militärische Nutzung von Atomenergie 1983 die Energieagentur WISE-Paris, die er bis 2003 leitete war er gleichzeitig für das Europäische Parlament als Berater für den Umgang und Transport von nuklearem Material tätig initiierte er die Herausgabe des jährlich erscheinenden World Nuclear Industry Status Report, dessen Hauptautor er bis heute geblieben ist. Zwischen 1991 und 1998 arbeitete er zudem an einigen wissenschaftlichen Studien und Berichten, für die er 1997 den Right Livelihood Award (Alternativer Nobelpreis) erhielt. 1 In der Zeit von 1998 bis 2003 war er Berater des französischen Umweltministerbüros und des belgischen Energieministers. Zwischen 2004 und 2009 unterrichtete er an der Ecole de Mines in Nantes, Frankreich. Gleichzeitig beriet er in der Zeit zwischen 2000 und 2010 gelegentlich das deutsche Umweltministerium. Seit 2007 ist er zudem Mitglied des an der Princeton University ansässigen International Panel on Fissile Material (IPFM). Insgesamt hielt Mycle Schneider an Universitäten und Ingenieursschulen in Kanada, China, Deutschland, Frankreich, Japan, Österreich, Südkorea und den USA Vorträge und beriet 13 Länder, sowie das Europäische Parlament in nuklearen Fragen. Diese Kompetenzen ermöglichen ihm einen umfassenden Blick auf die Entwicklung der Kernenergienutzung vor und nach dem Reaktorunfall im Atomkraftwerk Fukushima, Japan, was ihn in die Lage versetzt, die Folgen dieses Unfalls zu beurteilen und die zukünftige Bedeutung von Atomstrom einzuschätzen Einleitung und Gliederung des Vortrages Am 11. März 2011 ereignete sich im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi der schwerste Reaktorunfall seit Tschernobyl. Ausgelöst durch ein starkes Erdbeben, führte ein gewaltiger Tsunami zum fast vollständigen Ausfall der Stromversorgung im Kernkraftwerk, worauf vier der insgesamt sechs Reaktoren schwer beschädigt wurden. Als Folge traten erhebliche Mengen radioaktiver Stoffe aus, was eine großflächige Kontamination des Umlandes auslöste. Daraufhin mussten mehr als Menschen ihre Häuser verlassen. Dieser Unfall ruft somit die fast vergessenen Folgen des Tschernobyl- Unfalls erneut in Erinnerung und wird die zukünftige Nutzung der Atomenergie wesentlich beeinflussen. Inwiefern dies bereits der Fall ist, soll auf den nachfolgenden Seiten dargestellt werden. 3 Die folgende Ausarbeitung liefert dazu eine Zusammenfassung des Vortrages Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz von Mycle Schneider, gehalten am an der Technischen Universität Darmstadt im Zuge einer Vorlesungsreihe über die Auswirkungen des Unglücks. Der Vortrag gliedert sich dazu im Wesentlichen in vier Teile. Zu Beginn erfolgt die Darstellung der aktuellen Zahlen und der vergangenen Entwicklung bezüglich Anzahl und Alter der Reaktoren, erzeugten Strommengen, Ländern mit Kernkraftwerken und Kraftwerksbau. Der zweite Teil zeigt die geplanten Reaktorabschaltungen und den sich daraus ergebenden Ersatzstrombedarf. Darauf folgt ein Blick auf alternative Energiequellen und deren zukünftige Entwicklung im Vergleich zu Kernkraftwerken, insbesondere im Hinblick auf die Stromkosten. Als letztes werden die direkten Folgen von Fukushima in ausgesuchten Ländern betrachtet. Grundsätzlich verfolgt der Dozent bei seinen Darstellungen das Ziel, die Trends aufzuzeigen, anstatt lediglich Zahlen zu nennen. Dies hat den Vorteil der deutlich höheren Aussagekraft. 1 Right Livelihood Award Foundation 2 IANUS-Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft Büttner u. a. März 2012 Allgemeine Informationen Protokolle zu den Vorträgen

61 2 Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz 2.1 Aktueller Stand und vergangene Entwicklung der Kernenergie Um den aktuellen Stand der Kernenergie beurteilen zu können, muss zunächst ein Blick auf die weltweite Entwicklung von Kernkraftwerken seit ihrer Entstehung in den fünfziger Jahren geworfen werden. Dabei ist auffällig, dass es in den siebziger und achtziger Jahren zwei große Wellen von Reaktorinbetriebnahmen gab, während Abschaltungen eher selten waren. Seit den neunziger Jahren nahmen diese jedoch zu und übertreffen seit dem Jahr 2000 die Anzahl der Inbetriebnahmen. Zuletzt löste 2011 das Unglück in Fukushima eine Welle von Abschaltungen aus. Die Reaktoren teilen sich dabei zur Zeit auf 34 Länder auf, wobei seit den neunziger Jahren lediglich Mexiko, China, Rumänien und der Iran hinzukamen, während gleichzeitig drei Länder, darunter Italien, ihr Atomprogramm beendeten. Wird nun die Entwicklung der Gesamtanzahl der sich am Netz befindlichen Reaktoren betrachtet, so zeigt sich zunächst ein starker Anstieg zwischen 1960 und 1989, der dann jedoch bis 2000 stark nachlässt ist dann mit 444 Reaktoren der Höhepunkt erreicht. Im Jahr 2012 sind davon noch 428 Stück in Betrieb. Trotz der Abschaltungen in den letzten 10 Jahren ist die produzierte Gesamtstrommenge jedoch kaum abgesunken, da abgeschaltete Anlagen zum Teil durch größere neue ersetzt oder bestehende Anlagen erweitert wurden. Das Durchschnittsalter der Reaktoren beträgt 27 Jahre, wobei die Anlagen der siebziger Jahre mittlerweile mehr als 40 Jahre in Betrieb sind. Werden die obigen Betrachtungen nun lediglich auf die EU-Staaten beschränkt, so zeigt sich, dass dort bereits einige Jahre früher mit der Abschaltung von Reaktoren begonnen wurde, die grundsätzlichen Trends jedoch die gleichen sind. Die Anzahl der 2012 in Betrieb befindlichen Reaktoren beträgt 132, bei einem Durchschnittsalter von 28 Jahren. Ein abschließender Blick auf den weltweiten Anteil von Atomstrom an der Gesamtstrommenge zeigt, dass der Anteil von Kernenergie von 17 % in den neunziger Jahren auf 11% in 2011 gesunken ist, was hauptsächlich mit einem deutlich gesteigerten Strombedarf, aber auch mit der Abschaltung einiger Reaktoren zusammenhängt. Die Hauptproduzenten von Atomstrom waren bis vor dem Unglück von Fukushima die USA (800 TWh), Frankreich (420 TWh), Russland (170 TWH) und Japan (165 TWh). Deutschland liegt mit 110 TWh auf Platz 6 noch vor China mit 100 TWh. 2.2 Zukünftige Entwicklung der Kernkraft Während im letzten Abschnitt die bisherige Entwicklung der Kernenergie aufgezeigt wurde, soll nun ein Blick in die Zukunft geworfen werden. Dazu erfolgt zunächst eine weltweite Betrachtung auf die aktuell im Bau befindlichen Atomkraftwerke. In diesem Zusammenhang wurden im Juni geplante Reaktoren registriert. Einige weitere Projekte in Japan wurden dabei schon ausgeschlossen, da dort ein Weiterbau als unwahrscheinlich erscheint. Die Neubauten fallen hauptsächlich auf China (26 Stück), Russland (10) und Indien (7). Da sich jedoch manche Reaktoren bereits seit 30 oder mehr Jahren im Bau befinden, ist die Fertigstellung bei einigen der 59 Reaktoren fraglich. Die Bauzeiten unterscheiden sich im Gegensatz zu früher heute sehr stark. So liegt die Bauzeit pro Reaktor in China mitunter nur bei 4-5 Jahren, während andere Länder im Schnitt 14 Jahre benötigen. Weiterhin soll ein Blick auf die zukünftige Abschaltung von Reaktoren geworfen werden. Dazu müssen zunächst die bisherigen Stilllegungen betrachtet werden. Bei diesen lag das durchschnittliche Alter der Reaktoren bei gerade einmal 24 Jahren, wobei nur wenige älter als 35 waren. Dies lässt die Unsicherheiten auf Grund mangelnder Erfahrung für Laufzeiten jenseits der 40 Jahre, wie sie teilweise geplant werden, erkennen. Für die Zukunft wird daher mit zwei Möglichkeiten gerechnet. Zum ersten eine feste Laufzeit von 40 Jahren. Dabei ergibt sich die Außerbetriebstellung von 67 Reaktoren bis zum Jahr 2020 mit einem Ersatzenergiebedarf von Mw. Das weitaus größere Problem entsteht allerdings in den Jahren 2021 bis 2030, in denen 209 Reaktoren mit einer Gesamtleistung von Mw vom Netz gehen müss- Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz World Nuclear Industry Status Report

62 ten. Bei der zweiten Möglichkeit wird mit einer Laufzeitverlängerung über 40 Jahre hinaus kalkuliert. Dabei würden die Abschaltungen bis 2020 deutlich auf 19 Reaktoren gesenkt, allerdings bliebe das Problem zwischen 2021 und 2030 mit einer Stilllegung von 194 Reaktoren nahezu unverändert bestehen. Aus diesen Zahlen wird deutlich, dass die Abschaltung von Kernkraftwerken eine deutliche Entwicklung von alternativen Energien erfordert. 2.3 Alternative Energiequellen im Vergleich zur Kernenergie Im vergangenen Abschnitt wurde bereits erwähnt, dass die Abschaltung von Kernkraftwerken mit einem deutlichen Anstieg alternativer Energien einhergehen muss. Die folgende Betrachtung soll dazu auf Basis der Wirtschaftlichkeit einen Vergleich zwischen der Kernenergie und ihren Alternativen darstellen. Dabei fallen vor allem bei den alternativen Energien wie Solar, Geothermie und Windkraft die positiven Technologiekurven auf. Dies bedeutet, dass in diesen Bereichen die Kosten für die Stromerzeugung in den vergangenen Jahren deutlich gefallen sind und auch in Zukunft noch weiter fallen werden. Gleichzeitig ist bei Kernkraftwerken ein negativer Trend auszumachen. So wird bei diesen sowohl die Installation der Leistung, als auch die Erzeugung des Stroms deutlich teurer, was deren Rentabilität einschränkt. Die Aktienkurse der letzten Jahre von Kernenergieunternehmen verdeutlichen dabei diesen Abwärtstrend. Des Weiteren schätzen Geldgeber den Bau von neuen Atomkraftwerken als sehr riskant ein, da die Gefahr einer Kostenexplosion besteht. Zusätzlich gelten solche Neubauten als rufschädigend und politisch riskant. Die Folge davon ist, dass von 2004 bis 2011 die Investitionen in erneuerbare Energien weltweit von geschätzten 22 auf 260 Milliarden US-Dollar pro Jahr gestiegen sind, während die Investitionen in Kernenergie 2010 lediglich einen Wert von 33 Milliarden erreichen konnten, um dann nach dem Unglück in Fukushima auf 5 Milliarden abzustürzen. Dieser Trend setzt sich auch bei der Betrachtung der ans Netz gegangenen Kapazitäten fort. So wurden mit deutlich steigender Tendenz seit dem Jahr 2000 ca. 221 GWe aus Windkraft und weitere 66 GWe aus Solarenergie mit dem Netz verbunden, während die Kernenergie um lediglich 6 GWe mit fallender Tendenz zunahm. Ganz ähnlich verhalten sich dementsprechend auch die produzierten Strommengen. Dabei nahm seit 2000 die produzierte Strommenge durch Windenergie um 330 TWh und durch Solarenergie um 40 TWh zu, während sich die Atomstrommenge um lediglich 78 TWh mit fallender Tendenz steigerte. Ein Blick auf Deutschland zeigt, dass 2011 erstmals die durch alternative Energiequellen produzierte Strommenge mit 112 TWh die Stromproduktion der Kernkraftwerke (102 TWh) übersteigt. All die genannten Zahlen spiegeln jedoch lediglich den Stand von 2011 wieder und bilden somit den Einfluss des Atomunglücks in Fukushima gar nicht oder nur unzureichend ab. Daher sollen im nächsten Kapitel die direkten Folgen des Unfalls dargelegt werden. 2.4 Direkte Auswirkungen des Fukushima Unfalls auf die Kernenergie Im Nachfolgenden sollen die direkten Auswirkungen des Atomunfalls in Fukushima auf die Atompolitik ausgesuchter Länder beleuchtet werden. So hat Belgien im Oktober 2011 seinen vollständigen Ausstieg aus der Kernenergie bis 2025 bekannt gegeben. Weiterhin stoppt Bulgarien den Neubau von 2 Reaktoren und auch in China findet ein Umdenken statt. Als Folge wurden in der Zeit zwischen 2011 und 2012 in China keine neuen Baustellen begonnen. Zudem mussten sich zwei in 2011 fertiggestellte Reaktoren einer genauen Sicherheitsprüfung unterziehen. Zusätzlich wird das Programm für erneuerbare Energien deutlich beschleunigt. So ist eine Aufstockung der Windkraft um MW und der Solarenergie um MW in Planung, was ca. 13 Kernreaktoren entspräche. Insgesamt ergäbe sich damit ein fast 50%iger Anteil von Ökostrom. Auch in Frankreich ist eine Reduktion des Atomstromanteils von bislang 75% auf 50% angedacht. Hinzu kommen verschärfte Sicherheitskontrollen und Nachbesserungen für alle Kernkraftwerke, was Kosten im Bereich von über 10 Milliarden Euro verursachen wird. Gleichzeitig sollen die erneuerbaren Energien wesentlich deutlicher gefördert werden als bisher. Dieses Umdenken spiegelt sich vor allem in der Meinung der Bevölkerung wieder. So sind mittlerweile mehr als 75% der Menschen in Frankreich für den Ausstieg aus der Kernenergie. In Italien stimmten sogar 94% der Bevölkerung gegen einen Wiedereinstieg in die Atomkraft. Die deutlich- Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz Protokolle zu den Vorträgen

63 sten Veränderungen nach Fukushima fanden entsprechend in Japan statt. Dort hinterließ der Unfall in der Bevölkerung ein tiefes Trauma, das mehrheitlich zu einer Ablehnung der Atomenergie führt. Nach dem Unfall wurden bis zum aktuellen Stand im Juni 2012 alle Atomkraftwerke des Landes zeitweilig außer Betrieb genommen und ein Gesetz über erneuerbare Energien erlassen. Lediglich die USA sieht die Kernenergie als bedeutend an. Dennoch entsteht auch dort Widerstand seitens der Geldgeber für neue Projekte. Betrachtet man nun abschließend die Meinung der Menschen weltweit, so stimmen im Durchschnitt 69% für einen Stop zukünftiger Kernenergieprojekte und 73 % halten sogar die Kernenergie für keine zukunftsweisende Energiequelle Zusammenfassung Am 11. März 2011 ereignete sich im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi der schwerste Reaktorunfall seit Tschernobyl mit einer erheblichen Freisetzung an radioaktivem Material, was einen Blick auf die Kernenergie vor und nach dem Unglück notwendig macht. Der Kernenergieboom begann in den siebziger Jahren und erreichte nach einer leichten Stagnation in den Neunzigern im Jahr 2002 mit einer Anzahl von 444 Reaktoren weltweit seinen Höhepunkt. Seit dieser Zeit ist ein rückläufiges Verhalten zu beobachten, so dass Atomstrom im Jahr 2011 mit einem Anteil von lediglich 11% an der Gesamtstrommenge nur noch eine begrenzte Rolle einnimmt. Ein Blick auf bereits abgeschaltete Reaktoren zeigt deren Höchstalter von zumeist unter 30 Jahren, was die geplanten Laufzeiten von über 40 Jahre als kritisch erscheinen lässt. Wird dennoch von diesen Laufzeiten ausgegangen, so zeigt sich anhand von mindestens 194 notwendigen Abschaltungen zwischen 2020 und 2030 die Notwendigkeit der schnellen Entwicklung von alternativen Energiequellen. Diese werden jedoch im Vergleich zur Kernenergie immer rentabler, was zum einen mit technologischen Fortschritten aber auch mit der Verteuerung der Kernenergie begründet werden kann. Zudem erscheint der Bau von Kernkraftwerken zunehmend als politisch riskant, so dass die alternativen Energien die Kernkraft schon seit einigen Jahren deutlich überholt haben. Werden dazu noch die Folgen des Atomunglücks hinzugerechnet, so sind die Zukunftsaussichten des Atomstroms sehr gering. Seit dem Unfall begann ein globales Umdenken, das viele Länder zum Atomausstieg oder zum Stop aktueller Projekte veranlasst hat. Dass 73 % aller Menschen weltweit gegen eine zukünftige Atomnutzung stimmen, verdeutlicht diesen Trend. 4 Einordnung 4.1 Persönliche Stellungnahme Der atomare Unfall im Kernkraftwerk Fukushima hat die Erinnerungen an das Unglück in Tschernobyl mit all seinen Folgen erneut erwachen und somit den Widerstand in der Bevölkerung gegen die Kernenergie wachsen lassen. Insbesondere der Umstand, dass solch ein schwerwiegender Unfall in einem hochtechnisierten Land wie Japan geschehen kann, zeigt deutlich die Gefahren der Kernkraft und hat die Menschen rund um die Welt für dieses Thema empfänglich gemacht. Zwar wäre gerade in Europa und vor allem in Deutschland der Widerstand der Bevölkerung in den kommenden Jahren vermutlich auch ohne Unglück gestiegen, was besonders in Bezug auf die Diskussionen über Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke ersichtlich war, dennoch hätte die Politik aller Wahrscheinlichkeit nach das Problem auf die lange Bank geschoben. Dies war jedoch nach Fukushima nicht mehr möglich, wollte man keine Wählerstimmen verlieren. Somit trug das Unglück 4 Schneider Schneider, Froggatt, Thomas 2011 Zusammenfassung Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz World Nuclear Industry Status Report

64 deutlich zum Beschluss einer schnelleren Energiewende in Europa bei. In der restlichen Welt ist dieser Effekt noch viel stärker einzuschätzen. Gerade in China, wo in den letzten Jahren die meisten Kernkraftwerke entstanden, schienen Bedenken bezüglich der Sicherheit von wirtschaftlichen Betrachtungen verdrängt zu werden. Und gerade das mögliche Gefahrenpotential von Kernkraftwerken ist nicht zu unterschätzen und legt daher eine Abkehr von dieser Technologie nahe. Sicherheitsrisiken entstehen vor allem durch Umweltkatastrophen, Kriege, Terroranschläge oder einfache technische Pannen, die durch das zum Teil hohe Alter der Kraftwerke auftreten können. So möchte die Politik zum Teil Laufzeiten von mehr als 40 Jahren erzielen. Bedenkt man nun die Tatsache, dass dabei nur wenige Erfahrungswerte vorliegen, da die meisten abgeschalteten Kraftwerke lediglich ca. 30 Jahre liefen, so bringt dies eine gewisse Unsicherheit mit sich. Hinzu kommt die Müllproblematik der abgebrannten Brennstäbe. Um all diese Probleme in den Griff zu bekommen, sind hohe Investitionen nötig, die die Stromherstellung verteuern. Da gleichzeitig die alternativen Energien immer rentabler und beliebter werden, werden diese wohl in Zukunft den Vorzug erhalten. Trotz dieser aus Sicht der Umwelt positiven Entwicklung werden größere Probleme bei der Energieumstellung entstehen. Zwar wurden in den letzten Jahren deutliche Fortschritte seitens der alternativen Energien, allen voran der Windenergie, gemacht, doch reichen diese noch nicht aus, um alle Kernkraftwerke nach 40 Jahren vom Netz zu nehmen. Zudem muss eine sichere Grundversorgung gewährleistet sein, die durch Wind- und Solarenergie nur bedingt sichergestellt ist und möglicherweise eine zusätzliche Verbrennung von fossilen Brennstoffen erfordert, was der angestrebten Reduktion der CO 2-Emissionen nicht zuträglich wäre. Ein weiteres großes Problem stellt das verfügbare Stromnetz dar, das bisher auf die Einspeisung durch einige wenige Kraftwerke ausgelegt ist. Ein Umbau auf die flächendeckende Einspeisung durch z.b. Windparks würde Unsummen von Geld verschlingen. Diese Schwierigkeiten werden vermutlich die Abschaltung der Kernkraftwerke verzögern und stellen daher die Herausforderungen der nächsten Jahre dar Bezug des Vortrages zur Vorlesungsreihe Der in dieser Ausarbeitung zusammengefasste Vortrag stellt den 9. Teil der insgesamt 11-teiligen Vortragsreihe über das Atomunglück in Fukushima dar. Nachdem im Vorfeld des vorliegenden Vortrages bereits der Ablauf und die technischen Hintergründe des Atomunfalls, die Folgen auf die Umwelt, die Stimmung in der Bevölkerung, sowie die aktuellen Sicherheitsvorkehrungen für Kernkraftwerke thematisiert wurden, wird hier zunächst die allgemeine Situation der Kernenergie vor dem Unfall betrachtet, um daraus einerseits die Folgen des Unfalls auf den Umgang mit der Kernenergie und andererseits die möglichen Alternativen hinsichtlich regenerativer Energien ableiten zu können. Dabei wird die bereits in vorherigen Vorträgen erwähnte Stimmungslage der Bevölkerung und deren Einfluss nochmals aufgegriffen, um daraus wirtschaftliche Folgen für die Kernenergie zu ermitteln. Die bereits in diesem Vortrag ermittelten Folgen für die japanische Atompolitik werden im Folgevortrag nochmals näher thematisiert. 6 Grießmeier, Jerome 2009 Einordnung Protokolle zu den Vorträgen

65 Literaturverzeichnis Büttner u. a. März 2012 BÜTTNER, Uwe ; DOKTER, Sven ; GÜLLMANN, Verena ; KAULARD, Jörg ; KILIAN- HÜLSMEYER, Yvonne ; MAY, Horst ; MILDENBERGER, Oliver ; STAHL, Thorsten ; WETZEL, Norbert: Fukushima Daiichi : 11. März Unfallablauf Radiologische Folgen. März Unfallablauf Radiologische Folgen Grießmeier, Jerome 2009 GRIEßMEIER; JEROME: Atomkraft. URL Überprüfungsdatum IANUS-Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft 2012 IANUS-INTERDISZIPLINÄRE ARBEITSGRUPPE NATURWISSENSCHAFT, Technik und Sicherheit: Mycle Schneider. URL Überprüfungsdatum Right Livelihood Award Foundation RIGHT LIVELIHOOD AWARD FOUNDATION: Mycle Schneider (France) : Joint Award with Jinzaburo Takagi (1997). URL Überprüfungsdatum Schneider SCHNEIDER, Mycle: Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz : The World Nuclear Industry Status Report 2012 (Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima). Darmstadt, URL Überprüfungsdatum Schneider, Froggatt, Thomas 2011 SCHNEIDER, Mycle; FROGGATT, Antony; THOMAS, Steve: Nuclear Power in a Post-Fukushima World : 25 years after the Chernobyl accident. The world nuclear industry status report URL Überprüfungsdatum Literaturverzeichnis Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang zu Absturz World Nuclear Industry Status Report

66 2.10 Fukushima Daiichi: the Accident and the Impact on Japan s Nuclear Policy Datum des Vortrages Vortragender Tadahiro Katsuta, Meiji University, Tokio, Japan Protokollant Marcus Schulze (marcusschulze17@web.de) Hinweis: Der Inhalt des Protokolls gibt nur die Sicht des Protokollanten wieder! Diese muss nicht unbedingt der Sicht des Vortragenden entsprechen. Ringvorlesung zum Reaktorunglück Fukushima Fukushima Daiichi: the Accident and the Impact on Japan's Nuclear Policy Marcus Schulze (marcusschulze17@web.de) Fachbereich 11 - Material- und Geowissenschaften Vorlesungsprotokoll zur Vorlesung vom 28. Juni 2012 Dozent: Dr. Tadahiro Katsuta i 64 2 Protokolle zu den Vorträgen

67 Inhaltsverzeichnis Einführung des Referenten Vortragsinhalt Einordnung Literaturverzeichnis 5 ii 2.10 Fukushima Daiichi: the Accident and the Impact on Japan s Nuclear Policy 65

68 1. Einführung des Referenten Die Vorlesung der Veranstaltung "Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima" vom 28. Juni 2012 wird von Dr. Tadahiro Katsuta gehalten und hat den Titel "Fukushima Daiichi: the Accident and the Impact on Japan's Nuclear Policy". Dr. Tadahiro Katsuta ist aus Japan angereist, wo er gegenwärtig Privatdozent an der Meiji- Universität in Tokio ist. Im Jahr 1997 hat er seinen Doktor in Plasma-Physik an der Universität Hiroshima gemacht. Seit 1999 beschäftigt sich Tadahiro Katsuta auf vielfältige Weise mit dem Thema Kernenergie. In ökonomischer Hinsicht bearbeitete er das Thema bis 2005 als Analyst für das Citizens Nuclear Information Centre in Tokio. Sein weiterer Werdegang legt den Fokus auf die Folgen der Kernenergie. So war er bis 2008 an der Universität Tokio, wo er sich mit dem Management separierten Plutoniums der Wideraufbereitungsanlage Rokkasho (Präfektur Aomori) beschäftigte. Nach einem Aufenthalt an der Universität Princeton (USA), wo er sich an dem Programm "Science and Global Security" engagierte, [02] kehrte er zurück nach Tokio. Seit 2009 ist er an der Meiji-Universität in Tokio, wo er in den Gebieten Beseitigung und der Behandlung von Kernabfällen und der Wiederaufbereitung forscht. Durch den Vorfall in Fukushima (2011) erweiterte sich sein Forschungsfeld um die Behandlung der technischen und politischen Folgen dieses Unfalls. [01] Anhand dieses Werdegangs erkennt man seine Spezialisierung auf Themen, die sich mit den Problemstellungen nach der Stromerzeugung durch Kernenergie beschäftigen beziehungsweise mit den Folgen durch Expositionen. Dementsprechend ordnet er sich auch im Rahmen der Vorlesungsreihe etwas weiter hinten ein, da er sich mit der langfristigen Aufarbeitung beschäftigt. Sein Schwerpunkt liegt dabei aber weniger auf technischen Aspekten. Vielmehr geht es um die politischen und sozialen Folgen des Unglücks. Diese Inhalte schließen sich an die 2011 stattgefunden Erweiterung seines Forschungsfeldes an. 2. Vortragsinhalt Der Vortrag von Tadahiro Katsuta mit dem Titel "Fukushima Daiichi: the Accident and the Impact on Japan's Nuclear Policy" teilt sich in zwei etwa gleichgroße Themengebiete: Der erste Teil beschäftigt sich mit dem Unfall an sich. Der Unfallablauf sowie die getroffenen Maßnahmen werden skizziert. Zudem werden zukünftige Entwicklungen, vor allem im gesundheitlichen Bereich, angesprochen. Ein zentraler Aspekt sind die anschließend gestellten Fragen, die das Krisenmanagement und die Reaktionen auf das Unglück kritisch untersuchen. Im zweiten Teil wird eine weitere Facette des Unglücks in Fukushima angesprochen, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht in den Fokus gerückt ist. Dabei handelt es sich um politische und vor allem soziale Auswirkungen. Das soziale Leben unter Beeinflussung der freigesetzten Radioaktivität und die Entwicklung der Energiepolitik werden hierbei vorgestellt. Anschließend gibt es noch Schlussfolgerungen und Empfehlungen für den zukünftigen Umgang mit Kernenergie. Zu den wesentlichen Inhalten des Vortrages zählt nicht unbedingt der Anfang, an dem der Unfallablauf zusammengefasst wird. Dieser Teil hat einen einleitenden Charakter. Die darauffolgende Veranschaulichung der Freisetzung von radioaktivem Material ist ein wichtiger Schritt auf der Hinführung zur Darstellung der Einflüsse des Protokolle zu den Vorträgen

69 Unglücks auf die Bevölkerung. Die Einordnung findet durch den Vergleich mit der Atombombe statt, die 1945 von amerikanischen Truppen über Hiroshima abgeworfen wurde. Die japanische Nuclear and Industrial Safety Agency (NISA) veröffentlichte, dass der freigesetzte Cäsium-137-Gehalt dem Wert von 168 dieser Atombomben entspricht. Für Iod-131 und Strontium-90 sind es jeweils der 2,5- beziehungsweise der 2,4-fache Wert der Atombombe, die über Hiroshima abgeworfen wurde. Diese Angaben veranschaulichen die gesundheitlichen Ausmaße für die Bevölkerung und sind somit Tadahiro Katsutas Einstieg in die Maßnahmen, die getroffen wurden, um die japanische Bevölkerung, insbesondere in der Gegend um Fukushima, zu schützen. Es ist ein wesentlicher Aspekt seines Vortrages das Volk in den Mittelpunkt zu rücken und die Auswirkungen für die Menschen zu beschreiben. Um diese Intention zu unterstreichen verwendet Tadahiro Katsuta viele Fotografien, die die Situation der Menschen in den Gefahrengebieten zeigen. Zudem präsentierte er Inhalte, die eine richtige und vor allem rechtzeitige Reaktion der Verantwortlichen auf das Unglück in Frage stellen. Die Evakuierung hätte, seiner Meinung nach, schneller eingeleitet werden müssen. Zudem kam es zu dem Fall, dass aufgrund schlechter Informationspolitik Menschen in ein Gebiet evakuiert wurden, das auch einer hohen Strahlenbelastung ausgesetzt war. Ein anderes Beispiel zeigt, dass die Regierung auch auf direkten Hinweis der japanischen Atomenergiebehörde (International Atomic Energy Agency - IAEA) Evakuierungen nicht schnell genug durchgeführt hat. Einigen Radien der Evakuierungszonen wurden zu gering gewählt. Es sind diese Kritikpunkte, die im Zentrum des Vortrages stehen. Ebenfalls findet eine Relativierung der veröffentlichten Zahlen bezüglich der gesundheitlichen Probleme der Bevölkerung statt. Es sei nur ein geringer Anteil an Daten ausgewertet worden. Desweiteren werden kritische Fragen zu dem richtigen Verhalten bezüglich der Unfallprävention und dem Verhalten während des Unfallablaufes gestellt. Tadahiro Katsuta stellt im Zuge dieser Kritik die nachstehend beschriebenen Annahmen. Viele Versäumnisse seien schon im Vorfeld geschehen. Die Mitarbeiter des Kraftwerkes seien nicht richtig ausgebildet gewesen und hätten nicht über das nötige Wissen verfügt, mit einer solchen Ausnahmesituation umzugehen. Ursache dafür, und ein weiteres Problem, sei gewesen, dass eine solche Situation, in der Erdbeben und Tsunami in kurzer Zeit und solcher Stärke auftreten, in der Planung des gesamten Kraftwerkes nicht berücksichtigt wurde. Es resultiert die Frage inwiefern das Kraftwerk an die örtlichen Begebenheiten angepasst war. Als Beispiel sind die tiefliegenden Notstromgeneratoren zu nennen, obwohl das Atomkraftwerk immer mit Überschwemmung rechnen musste, da es direkt am Meer und in einer Erdbebenregion liegt (siehe erste Vorlesung der Ringvorlesung "Reaktorunglück Fukushima" vom 'Grundlagen der Reaktorsicherheit' von Dr. Christoph Pistner, Ökoinstitut Darmstadt). Eine mangelnde Risikoabschätzung schlägt sich auch in anscheinend nicht durchgeführten Tsunami-Gegenmaßnahmen nieder. Obwohl die japanische Gesellschaft für ziviles Ingenieurwesen schon 2002 auf die Gefahr von Tsunamis hingewiesen habe, seien von TEPCO keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen wurden. Dementsprechend sei auch die Angleichung der Sicherheitsvorkehrungen an internationale Standards nicht durchgeführt worden. Diese Nachlässigkeiten im Vorfeld resultieren auch in Fehler während des Unglücks an sich. Absprachefehler oder eventuell auch absichtliche Missachtungen von Messungen und Sicherheitshinweisen zwischen einzelnen Gremien, wie beispielsweise der zentralen und der lokalen Regierung, haben zu unverzeihlichen Verzögerungen geführt, deren Ausmaße nicht direkt abzuschätzen sind Fukushima Daiichi: the Accident and the Impact on Japan s Nuclear Policy 67

70 Anschließend wurden Bilder und kurze Videoaufnahmen von Unglücksort gezeigt. Eine Expeditionsgruppe hielt sich kurzzeitig im näheren Gebiet um die Reaktoren auf, wobei die gezeigten Aufnahmen entstanden sind. Dieses Material erlaubt es dem Zuhörer sich die bis dato ausgeprägt diskutierte Situation besser vor Augen führen zu können. Die bewegten Bilder dienen zudem als Übergang zu dem zweiten großen Themenkomplex, der in diesem Vortrag behandelt wird: Die Auswirkungen des Unglücks auf den Menschen und das soziale Leben, sowie Politik und Wirtschaft. Die Landwirtschaft in der Präfektur Fukushima weist ein Jahr nach dem Unglück eine Vielzahl an Produkten vor, die das erlaubte Maß an radioaktiven Stoffen überschreiten. Viele Wirtschaftszweige stehen damit einem enormen Umsatzeinbruch gegenüber, dessen Kompensation fraglich ist. Genauso ist noch nicht vorhersagbar wie lange diese Produkte belastet sind. Direkt damit verbunden ist der Export solcher und anderer belasteter Güter. Viele Länder haben ein Einfuhrverbot für japanische Güter mit Verdacht auf radioaktiver Belastung verhängt. Der Imageschaden ist noch nicht zu bemessen. Der Erfolg der Image-Kampagne der japanischen Regierung [03] ist fraglich. Ebenso ist die Tourismusbranche von dem Unglück betroffen. Der Rückgang in den Zahlen beläuft sich auf 27,8 % gemäß den Angaben der japanischen nationalen Tourismusorganisation, bezogen auf das Jahr Doch nicht nur Lebensmittel sind von der Kontamination betroffen. Dasselbe gilt auch für Gebäude, Wasser, Umwelt und Menschen. Unterstrichen werden diese Tatsachen immer wieder durch Fotoaufnahmen aus den betroffenen Gebieten. Ein Bild zeigt Schulkinder in Fukushima City im Mai Die Schulen werden also wieder besucht und zu ihrer Sicherheit tragen die Kinder einen Mundschutz. Die Einrichtung eines Komitees zur Kompensation der 'nuklearen Schäden' fand am 11. April 2012 statt. Dahinter steht die Idee, durch das Unglück entstanden Schäden in den Bereichen Evakuierung, Landwirtschaft, Fischerei, Försterei und Güterproduktion, sowie die durch Fehlinformation verursachte Schäden finanziell zu kompensieren. Ungefähr 4,5 Milliarden US-Dollar sollen im Zuge dieses Projekts schon ausgegeben worden sein. Eine weitere Reaktion auf das Unglück in Fukushima ist die Verstaatlichung der Betreiberfirma TEPCO. Gleichzeitig muss sich der Verbraucher auf steigende Strompreise einstellen. Die Stromversorgung durch TEPCO ist um 40 % zurückgegangen, was zu drastischen Stromsparmaßnahmen führte, die sich in regelmäßigen Stromabschaltungen widerspiegeln. Teilweise waren alle 54 Atomkraftwerke abgeschaltet. Nur zwei davon sind aus Strombedarfsgründen mittlerweile wieder am Stromnetz. Der Bevölkerung wurde zudem aufgefordert Strom zu sparen. Doch abgesehen von der Verstaatlichung TEPCOs finden auch Umstrukturierungen in den energiepolitischen Gremien Japans statt. Durch Abschaffung der Kommission für Nuklear-Sicherheit (NSC - Nuclear Safety Commission), sowie der Trennung der Abteilung für Nuklear-Sicherheit der NISA von dem Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie (METI - Ministry of Economy, Trade and Industry) wird die Möglichkeit gegeben eine neue Abteilung zu Regulierung nuklearer Energienutzung im Ministerium für Umwelt zu schaffen. Das Ziel ist dabei eine möglichst unabhängige Einrichtung ins Leben zu rufen. Auch wenn diese vorerst nur temporär existiert. Die Idee eines Wechsels der japanischen Energiepolitik spiegelt sich in der Einberufung einer 'öffentlichen Diskussion' wider, die sowohl Gegner als auch Befürworter der Kernenergie anhören soll. Die Zukunft der japani- 1 Der Trend zeigt jedoch eine Erholung der Besucherzahlen [04] Protokolle zu den Vorträgen

71 schen Energie ist aber noch nicht absehbar. Der einstige Plan den Anteil der Kernenergie bis 2030 auf 53 % anzuheben wird wohl nicht durchsetzbar sein [05]. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist jedoch genauso ungewiss. Abschließend kann gesagt werden, dass die langfristigen Auswirkungen, sowohl auf finanzieller, als auch auf gesundheitlicher und wirtschaftlicher Ebene nicht abschätzbar sind. Gleichzeitig bringt sich Japan aufgrund vorhandener Mängel in der Informationsweitergabe und -verarbeitung wieder ins Gespräch. Im Volk hat sich eine spontane Welle des Widerstands gebildet. Auch hier muss die Zukunft zeigen wie die japanische Regierung damit umgeht. Die Aussagen des japanischen Premierministers auf dem G8-Gipfel im Mai 2011, dass er sich für die Verbesserung nuklearer Sicherheit und den weiterhin friedvollen Einsatz der Kernenergie ausspricht könnten ein Hinweis darauf sein. Zusammenfassend ist anzumerken, dass Tadahiro Katsuta das Unglück in Fukushima mit dem Schwerpunkt auf dessen Auswirkungen auf die Bevölkerung beleuchtet und das Handeln der Verantwortlichen sehr kritisch betrachtet und hinterfragt. In diesem Sinne zeigt er das Fehlverhalten und die Lücken beispielsweise in der Informationsverarbeitung auf. Davon ausgehend sensibilisiert er den Zuhörer für die durch diese Fehler zusätzlich entstanden Belastung für die Bevölkerung (zu späte Evakuierung u.ä.). Er legt die jetzige Situation dar, in dem er die entstanden wirtschaftlichen und sozialen Probleme benennt und die Aussichten für die nächsten Jahre aufzeigt. Auch in dieser Betrachtung steckt Kritik. Denn ein komplette Abkehr von der Kernenergie, sowie sie vom Volk teilweise gefordert wird, steht nicht direkt in Aussicht. Andererseits sollte wohl auch aufgezeigt werden, dass die Bevölkerung ohne die Atomkraftwerke jetzt schon unter enormen Stromsparzwang steht. Eine Lösung, die alle zufriedenstellt wird, wie es meistens der Fall ist, wohl nicht zeitnah umsetzbar sein. 3. Einordnung Der Vortrag von Tadahiro Katsuta ist die 10. und damit gleichzeitig vorletzte Veranstaltung im Rahmen der Ringvorlesung "Reaktorunglück Fukushima". Viele der bis dahin gehaltenen Vorträge hatten einen eher technischen Bezug gehabt. Angefangen beim Unfallablauf und Themen der Reaktorsicherheit, über die meteorologischen Ausbreitungsrechnungen und die Definition von Stresstests bis hin zu den medizinischen Auswirkungen der Strahlenexposition. Der Vortrag von Tadahiro Katsuta reiht sich mehr in das Themengebiet des Filmes 'Radioactivists' ein. Auch wenn die Vorlesung zu Beginn den Unfallablauf nochmal anspricht, so liegt die Kernaussage doch bei der Belastung für die Bevölkerung und die Kritik an Regierung und Betreiberkonzern. Der Dozent gibt dem Unglück in Fukushima damit ein neues Gesicht. Nicht zuletzt auch durch die Aufnahmen von der Unfallstelle, die das Ganze etwas greifbarer gestalten. Damit ist der Vortrag am Ende der Ringvorlesung auch sehr gut platziert. Zum einen weil er viele Inhalte vorangegangener Vorträge als Grundlagen voraussetzt. Darunter fallen neben dem generellen Ablauf des Unglücks ("Der Unfall in Fukushima: Unfallablauf und ergriffene Maßnahmen" vom ) die Einschätzung von Strahlendosen und deren Auswirkungen auf den menschlichen Körper ("Radiological health risks following exposure to radiation" vom ), der Evakuierungsplan der Bevölkerung ("Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in Japan" vom ), sowie die Fukushima Daiichi: the Accident and the Impact on Japan s Nuclear Policy 69

72 Einordnung der Reaktion der japanischen Regierung im Bezug auf die Energiepolitik im international Vergleich ("Atomkraft weltweit nach Fukushima: Von Abgesang und Absturz" vom ) und teilweise auch Wissen zu dem Informationsstand der Japaner während des Unglücks ("Auswirkungen der Reaktorhavarie von Fukushima-Daiichi in Deutschland - Meterologische Ausbreitungsrechnungen und Spurenmessungen durch den Deutschen Wetterdienst" vom ). Alle dieses fokussiert sich nochmal in dem besprochenem Vortrag. Zum anderen ist die Platzierung des Vortrages auch aufgrund der Beschäftigung mit zukünftigen Problemen passend gewählt. Die Diskussion über die zukünftige Energiepolitik Japans enthält eine Menge Gesprächsstoff und wird sich vermutlich noch lange führen lassen. Abgesehen von dem bisher erwähnten bringt der Vortrag völlig neue Aspekte ins Gespräch, die vorher noch nicht auf diese Weise dargelegt wurden. Darunter fallen die wirtschaftliche Folgen, wie dem Exporteinbruch, aber auch die Frage wie die evakuierten Menschen nun weiterleben sollen. Persönlich halte ich den Vortrag von Tadahiro Katsuta für äußerst gelungen. Der Grund dafür ist wohl derselbe, weshalb ich auch die Vorlesung zum Ablauf des Reaktorunglücks so gut finde: Die Basis für den Vortrag sind reale, nachvollziehbare, aktuelle Geschehnisse, die auf eine äußerst einfühlsame Art und Weise vorgetragen wurden. Der Dozent hat die Probleme der Bevölkerung sehr deutlich herausgearbeitet und einen Einblick in das japanische Krisenmanagement gegeben. Wie ich schon im vorhergehenden Abschnitt herausgearbeitet habe, halte ich auch den Zeitpunkt für diesen Vortrag für richtig, da im Vorfeld schon viele nötige Grundlagen herausgearbeitet wurden. Der besondere Reiz lag auch in der Herkunft des Dozenten. Dazu kam noch, dass er selbst schon vor Ort gewesen ist. Er wusste eben wirklich wovon er redet und konnte das auch transportieren. Unterstützt wurde dies alles durch den eher emotionalen Inhalt, was immer wieder mit den gezeigten Bildern unterstrichen wurde. Für mich war dieser Vortrag sehr gelungen. Ich konnte eine Menge Denkanstöße mitnehmen und mit diesem Wissen wird man auch den zukünftigen Nachrichtenverlauf mit anderen Augen betrachten können. 4. Literaturverzeichnis [01] Webseite der Veranstalter 'Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit' [02] [03] [04] Artikel in der Zeitschrift 'Focus' vom "Japan blüht auf" - [05] Protokolle zu den Vorträgen

73 2.11 Populärkultur als Medienstrategie: das Beispiel der japanischen Atom-Lobby Datum des Vortrages Vortragende Dr. des. Cosima Wagner, Goethe-Universität Frankfurt, Japanologie Protokollant Philipp Arnemann Hinweis: Der Inhalt des Protokolls gibt nur die Sicht des Protokollanten wieder! Diese muss nicht unbedingt der Sicht der Vortragenden entsprechen. Protokoll zum Vortrag Populärkultur als Medienstrategie: das Beispiel der japanischen Atom-Lobby 05. Juli 2012 Referentin: Frau Dr. des. Cosima Wagner, Goethe-Universität Frankfurt, Japanologie Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima - Sommersemester 2012 Protokollant: Philipp Arnemann Anrechnung der Lehrveranstaltung als benotete Studium Generale Leistung am Fachbereich 16 der Technischen Universität Darmstadt 2.11 Populärkultur als Medienstrategie: das Beispiel der japanischen Atom-Lobby 71

74 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis I Einleitung Vorstellung der Referentin Der Vortragsinhalt Ansätze der kulturwissenschaftlichen Technikforschung allgemein und Erkenntnisse der kulturwissenschaftlichen Technikforschung in Bezug auf Japan Inszenierung von Technik: Atomkraft und Populärkultur in Japan Musterbeispiel 1: Pluto-kun Musterbeispiel 2: AmiAya Populärkultur und die Atomkraftgegner Einordnung des Vortrages Eigene Einschätzung und Stellungnahme zu dem Vortrag Bezug des Vortragsthemas zu den anderen Vorträgen in der Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima Anhang II 5.1. Abbildungsverzeichnis II 5.2. Abkürzungsverzeichnis II 5.3. Literaturverzeichnis II Protokoll zum Reaktorunglück Fukushima I 72 2 Protokolle zu den Vorträgen

75 1. Einleitung Im Rahmen der Ringvorlesung Reaktorunglück Fukushima an der Technischen Universität Darmstadt wurden die Ereignisse vom 11. März im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi erörtert und diskutiert [1]. Dabei greift die Vorlesungsreihe neben physikalisch-technischen Aspekten, wie z.b. den Aufbau der betroffenen Reaktoren und des Sicherheitssystems dieser Reaktoren, auch gesellschaftliche Aspekte der Ereignisse auf. In diesem Kontext ist der letzte Vortrag der Vorlesungsreihe, den Frau Dr. des. Cosima Wagner von der Goethe-Universität Frankfurt am 05. Juli 2012 vorgetragen hat, zu sehen. Der Titel des Vortrags lautete Populärkultur als Medienstrategie: das Beispiel der japanischen Atom-Lobby. Ziel des Vortrags ist es, einen Einblick in die medialen Kommunikationsstrategien der japanischen Atom-Lobby zur Kreation eines sicheren und friedlichen Bildes der Atomenergie zu geben. 2. Vorstellung der Referentin Frau Dr. des. Cosima Wagner absolvierte von 1991 bis 2000 ihr Studium der Japanologie und Geschichte in Marburg und Berlin. Innerhalb dieser Zeit verbrachte sie ihr akademisches Jahr in Kyoto an der Kyoto Nihongo Gakko [2]. Seit dem Oktober 2003 arbeitet Frau Dr. Wagner als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Sprach- und Kulturwissenschaften am Institut für Orientalische und Ostasiatische Philologen im Bereich Japanologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt. Dort schloss sie im Juli 2008 ihre Promotion ab, wobei ihr Dissertationsthema wie folgt hieß: Robotopia Nipponica - Recherchen zur Akzeptanz von Robotern in Japan. Ihre Forschungsschwerpunkte an der Goethe-Universität Frankfurt sind die kulturwissenschaftliche Technikforschung im Bereich der Roboter in Japan, die Alltags- und Konsumgeschichte Japans seit 1945, die Objektgeschichte und der soziale Wandel in Japan nach 1945 sowie die japanische Populärkultur und japanische Konsumgüter in Asien [2]. 3. Der Vortragsinhalt Als Folge der Reaktorunfälle am 11. März 2011 ist in Japan eine Debatte auf nationaler Ebene über die gesellschaftliche Akzeptanz und die Zukunft der Atomenergie entstanden. Nachdem alle Reaktoren des Landes für Sicherheitschecks heruntergefahren wurden, ist am 05. Juli 2012 der erste japanische Atomreaktor wieder ans Netz gegangen, jedoch begleitet von heftigen Protesten seitens der Bevölkerung. Gemäß Frau Dr. Wagner stellt sich somit die Frage, warum in dem einzigen Land der Welt, welches zwei Atombombenabwürfe erleiden musste, Atomkraft überhaupt als Energiequelle verwendet wird und nicht auf alle Zeit gebannt wurde Ansätze der kulturwissenschaftlichen Technikforschung allgemein und Erkenntnisse der kulturwissenschaftlichen Technikforschung in Bezug auf Japan Bevor Frau Dr. Wagner das Thema Populärkultur in Zusammenhang mit der Atom-Lobby sowie Fallbeispiele hierfür vorstellte, ging sie zunächst auf die kulturwissenschaftliche Technikforschung ein. Laut ihr können Roboter wie auch Atomreaktoren als Ausgangspunkt für die Analyse der Interdependenz zwischen technisch-wissenschaftlichem und gesellschaftlichem Wandel in Japan angesehen werden, da beide Technologien Teil der Kultur der japanischen Industriegesellschaft sind. Der Technikphilosoph Dr. Oliver Parodi weist zudem darauf hin, dass sich durch die Frage nach dem sinnstiftenden kulturellen Hintergrund von Technik neue Erkenntnisse über diese, sowie die Zusammenhänge von Technischem und Kulturellem gewinnen lassen [3]. So wird im Kontrast zu einer anderen Kultur die kulturelle Prägung von Technik besonders offensichtlich. 1 Für eine genaue Darstellung des Unfallablaufs und der radiologischen Folgen sei auf die folgende Literatur verwiesen: [5]. Protokoll zum Reaktorunglück Fukushima Populärkultur als Medienstrategie: das Beispiel der japanischen Atom-Lobby 73

76 Wie in anderen Industriegesellschaften auch, ist die japanische Lebenswelt technisch überformt. Der Technikphilosoph Günter Ropohl hat hierfür den Begriff des Technotops, eine Wortzusammensetzung aus Biotop und Technik, verwendet und weist damit auf die vom Menschen vorgenommene Technisierung der Umwelt hin. Die Betonung dabei liegt auf der grundsätzlichen Gemachtheit der Technik durch den Menschen, bei der es auch immer Wahloptionen und aktive Entscheidungen für oder gegen eine neue Art der Technik gibt. Ropohl schreibt diesbezüglich: Ich gehe davon aus, dass die Menschen, wie ihre Geschichte, auch ihre Technik selber machen. Nicht nur die einzelnen technischen Hervorbringungen sind selbstverständlich Menschenwerk, sondern auch die technische Entwicklung als Gesamtprozess ist kein übermenschliches Schicksal, keine naturwüchsige Selbstbewegung, sondern das Resultat menschlicher Entscheidungen und Handlungen. Auch wenn gewisse Komplikationen in sozialen Prozessen nicht zu verkennen sind, ist die Technisierung doch im Prinzip zielbewusster Planung, Steuerung und Kontrolle zugänglich ([4], S. 19). Laut Frau Dr. Wagner macht dies die aktuelle Diskussion um den Einsatz von Next Generation Robotern in Japan ebenso deutlich wie auch in Deutschland die Debatte um den Atomausstieg infolge der Atomkatastrophe von Fukushima. Zudem können gemäß Frau Dr. Wagner Roboter auch als gutes Fallbeispiel für die Verbindung von Kultur und Technik dienen, da ihre Entstehung eng mit den Vorstellungen von Mensch und Maschine verbunden ist. Um das japanische Verhältnis von Mensch und Maschine am Beispiel von Next Generation Robotern zu verstehen, ist es laut Frau Dr. Wagner erforderlich nicht nur den Robotern selbst, sondern auch Robotervisionen und Leitbildern sowie deren Wandel im Verlauf der Geschichte besondere Beachtung zu schenken. Wichtige Quellen für die Analyse dieser Visionen und Leitbilder waren für ihre Dissertation nicht nur populärwissenschaftliche Studien, sondern auch Maßnahmenkunde der japanischen Regierung und Werke der Populärkultur. Roboter und Atomkraft gehen dabei eine enge Kooperation ein, indem viele Roboterfiguren der Populärkultur durch Atomkraft angetrieben sind. Als Beispiel hierfür kann Astroboy angesehen werden. Er dient als Leitbild der japanischen Robotik und drückt aus, dass der Roboter als Freund des Menschen dient und personifiziert, dass Atomkraft jetzt im Gegensatz zu den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki im Guten als Energiequelle, die den Roboter antreibt, genutzt wird. Der Traum von der Energieunabhängigkeit der japanischen Inseln dank Atomkraft und insbesondere der Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen als Element eines Brennstoffkreislaufes, mit dessen Technik Japan weltweit als Plutonium-Supermacht anerkannt werden sowie Geschäfte machen wollte, weisen auf die Bedeutung von Atomkraft und die Stellung von Technologischem allgemein in Japan hin. Wie der japanische Wissenschaftshistoriker Shigeru Nakayama in zahlreichen Studien dargelegt hat, erfolgte eine Schwerpunktlegung auf Wissenschaft und Technik als staatlich geförderte Nationalinteressen seit der Meiji-Zeit ( ). Diese Schwerpunktlegung erfolgte um der kolonialen Bedrohung des Landes durch westliche Mächte seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entgegen zu wirken und um, pragmatisch betrachtet, Einnahmequellen zu entwickeln. In der Meiji-Zeit wurden Wissenschaft und Technologie dabei als Einheit aufgefasst und der Primat der staatlichen Wissenschaftsförderung als Technikforschungsförderung entstand. Da im 19. Jahrhundert selbst in den führenden Staaten keine nationale Wissenschaftspolitik existierte, haben sich, gemäß Frau Dr. Wagner laut Nakayama, die Regierung der Meiji-Zeit eines Try and Error Verfahrens bedienen müssen und viel Know-how in Form von ausländischen Forschern, Medizinern, Ingenieuren, etc. eingekauft. Diese Aktivitäten können auch als Aufbau einer Public Science auf Initiative der Regierung gesehen werden. In der Nachkriegszeit dagegen hat sich die technikbezogene Forschung von einer freien Wissenschaft zu einer technonationalistischen Unternehmung gewandelt. Hierbei ist die ökonomische Bedeutung vor der wissenschaftlichen Erkenntnis in den Vordergrund getreten. Dies ist als problematisch zu betrachten, da somit die Forschung und Entwicklung von Technologie noch stärker abhängig von den Interessen privater Unternehmen sowie nationaler Interessen der Regierung geworden sind und somit die Ergebnisse Protokoll zum Reaktorunglück Fukushima Protokolle zu den Vorträgen

77 der technischen Forschung der Öffentlichkeit in der Regel nicht zugänglich sind. Entgegen dieser Entwicklung forderte Nakayama die Entstehung einer Public Service Science. Diese ist dadurch definiert, dass die Wissenschaft von öffentlichen Einrichtungen mit Steuergeldern finanziert werde und daher dem Steuerzahler (in der Plicht stehend) eine Dienstleistung erbringen müsse. Speziell den Ingenieuren und Wissenschaftlern kommt hierbei eine besondere Rolle zur Überwindung des Wissensgefälles zwischen den Technikproduzenten und Techniknutzern zuteil, da sie die Fachkenntnisse besitzen und über die Funktionsweisen sowie die Folgen der Nutzung von Technik Bescheid wissen. Sie sind somit in der Lage nachteilige Entwicklungen für den Bürger bezüglich der Technik aufzuzeigen, was zu einer Verhinderung dieser führen kann. Diese Position vertritt auch der französische Ingenieur Frederic Kaplan, der in seiner Analyse zur Zähmung der Maschine für die Kultur im japanisch-europäischen Vergleich ausgeführt hat, dass es für den Ingenieur neben den Bau der Maschine unerlässlich sei sich auch über die psychologischen, soziologischen und philosophischen Auswirkungen seiner Erfindung Gedanken zu machen. Die enge Verknüpfung von Wissenschaft und Technik in Japan ist auch an der Verschmelzung der Begriffe Wissenschaft und Technik in der japanischen Sprache ersichtlich. Im Japanischen existiert nur ein Wort für beide Begriffe. Dies kann laut Frau Dr. Wagner als symptomatisch für die seit dem 19. Jahrhundert entstandene nationale Bedeutung des technologischen Know-hows des Staates Japan im internationalen Mächtevergleich und den Fokus des staatlichen Interesses auf den technischen Fortschritt gesehen werden. Der Atomkraft und alle industriellen sowie universitären Forschungen zur Atomenergietechnologie kam dabei nach dem 2. Weltkrieg im Verlauf der Jahrzehnte eine symbolhafte Bedeutung zu, da Japan eine Unabhängigkeit des Landes von dem Import von fossilen Brennstoffen zur Energieversorgung erreichen wollte. Die staatlichen Fördermaßnahmen zum Aufbau einer Atomindustrie folgten in diesem Sinne folglich einem technonationalistischen Industriepolitikmuster, wobei eine mangelnde Einbindung von zivilen Interessen festgestellt werden kann Inszenierung von Technik: Atomkraft und Populärkultur in Japan Für die Untersuchung der kulturellen Fingierung von Technik allgemein weist der Techniksoziologe Heinz Hörning auf den Ritualcharakter von Technikobjekten hin. Dieser trete häufig in Form von dramatischen Inszenierungen zu Tage und sei durch eine Vermischung von Fiktion und Realität gekennzeichnet. Laut Hörning gilt: "Auch technische Objekte und Aggregate sind Teil und Anlass von kulturellen Produktionen, in denen Technik in dramatische Inszenierungen gesetzt und zelebriert wird [...]. Diese Produktionen nehmen teil an der Prägung von Lebensstilen, Weltbildern und Mythen, sie versuchen oft, Fiktion und Realität in einen umfassenden Symbolismus der modernen Welt zu synthetisieren. Nicht nur in Film, Fernsehen und Werbung, in Comic-Books, in Presse und politischer Rhetorik, sondern vor allem auch in Messen und Ausstellungen, bei Rockkonzerten und Raketenstarts wird unermüdlich Technik in Szenen und Situationen der Moderne stilisiert. Diese sind Rituale, die in Form selektiver Modelle den Alltag und dessen Restriktionen und Routinen überschreiten und dabei gerade durch Ausblendungen und Fokussierungen von Aufmerksamkeit die Interpretation von Technik zu prägen suchen" ([6], S. 88). Als Beispiel für die von Hörning beschriebene Inszenierung kann die Atompropaganda in Japan gesehen werden. Zur Verdeutlichung dieser Propaganda sollen die Musterbeispiele Pluto-kun und AmiAya dienen Musterbeispiel 1: Pluto-kun Bezüglich der staatlichen Lenkung und Beaufsichtigung der Atomenergie in Japan kann man von einer Dualstruktur der Atomenergie in Japan sprechen. Der eine Zweig stellt einen Forschungszweig dar, während der andere Zweig für die kommerzielle Atomenergieindustrie steht. Stellvertretend für den Protokoll zum Reaktorunglück Fukushima Populärkultur als Medienstrategie: das Beispiel der japanischen Atom-Lobby 75

78 Forschungszweig steht das Japan Atomic Energy Research Institute (JAERI), welches ein Teil der Japan Atomic Energy Agency (JAEA) wurde [7]. Ein Vorläufer der JAEA, die Power Reactor and Nuclear Fuel Development Corporation (PNC) hatte das Aufklärungsvideo Pluto-kun über die Ungefährlichkeit von Plutonium 1993 als Informationsvideo in dessen Informationszentren verwendet. In diesem Video 2 erklärt die Animefigur Pluto-kun, siehe Abbildung 1, dass er leider zuerst in Atombomben eingesetzt wurde, obwohl er gegen Krieg ist und es liebt für friedliche Zwecke eingesetzt zu werden. Im Folgenden beschreibt Plutokun dann die Vorteile der friedlichen Nutzung von Plutonium und was es für Missverständnisse bezüglich seiner Person gäbe. So ist es laut Pluto-kun nicht realistisch eine Atombombe aus dem Plutonium, welches für Atomkraftwerke verwendet wird, herstellen zu können. Darüber hinaus erklärt er oberflächlich, dass Plutonium eine Gefahr für den Menschen darstellt, wenn es in den Blutkreislauf gelangt oder über die Lunge in den Körper gelangt. Zudem könne die Alphastrahlung, die er emittiere, allein von einem Blatt Papier gestoppt werden. In Abbildung 1: Pluto-kun einer anderen Szene, in der ein Junge ein plutoniumhaltiges Getränk zu sich nimmt, erklärt er, dass Plutonium nicht gefährlich ist, wenn man es trinkt, da es fast vollständig wieder ausgeschieden wird aufgrund der schlechten Löslichkeit. Eine Verseuchung des Trinkwassers mit Plutonium wäre somit nicht gefährlich für die Menschen. Zum Schluss erklärt Pluto-kun, dass die Gefahren von Plutonium oft übertrieben dargestellt werden, da viele Menschen Plutonium mit radioaktiver Strahlung und Atombomben verbinden. Laut ihm ist er kein Monster, sondern eine zuverlässige Energiequelle. Gemäß Frau Dr. Wagner sorgte das Aufklärungsvideo von Pluto-kun für so heftige Kritik, so sprach z.b. die US-Energiebehörde von einer klaren Verharmlosung der schwerwiegenden Auswirkungen von Plutonium, dass die PNC einlenkte und das Aufklärungsvideo nicht mehr in ihren Informationszentren ausstrahlte. Die Animefigur Pluto-kun jedoch dient weiterhin im Besucherinformationszentrum Atomworld in Japan zur Erklärung der Funktionsweise der Atomenergietechnologie Musterbeispiel 2: AmiAya Herausgeber des Medienformats AmiAya ist die Japan Atomic Energy Relations Organization (JAERO), die 1969 mit dem Ziel die friedliche Nutzung von Atomenergie zu fördern und auch das Wissen über diese Technologie zu verbreiten gegründet wurde. Gestützt auf eine soziologische Studie, die experimentell erfasste, wie Atomwerbung auf Menschen wirkt, ist die Grundidee von AmiAyA 3, dass zwei Modelkellnerinnen aus Tokio in jeder Episode ein Besucherzentrum der JAERO anschauen, um sich vor Ort über die Atomenergie zu informieren und zu schauen, was es für Lebensmittel vor Ort zu kaufen gibt, damit sie diese anschließend in Tokio in ihrem Cafe zubereiten können. Charakteristisch für AmiAya ist, dass die beiden Darstellerinnen Ami und Aya größten Teils erstaunt über die Technik schauen, auf Erklärungen über die Atomtechnologie mit zum Teil naiven Floskeln wie z.b. Ach, so ist das!, Das ist ja interessant oder Das ist ja ganz sicher! antworten. Eine kritische Auseinandersetzung bzw. Hinterfragung der Erklärungen ist kein Bestandteil dieses Medienformats Populärkultur und die Atomkraftgegner Die Populärkultur wird nicht nur von Atomkraftfreunden als Medienstrategie verwendet. Auch die Atomkraftgegner in Japan greifen mittlerweile zu dem Mittel der Populärkultur und entwickeln ihre eigenen Maskottchen oder greifen auf bekannte Maskottchen der Atom-Lobby zurück, um ihr Anliegen zu verdeutlichen. Als Beispiel hierfür kann die Initiative Auf Wiedersehen, kleiner Monju eines anonymen Atomkraftgegners gesehen werden. Es handelt sich hierbei um ein Kinderbuch, indem die Animefigur Monju, ein kleines Kind und zugleich eine Anspielung auf das Kernkraftwerk Monju, über 2 3 Das Video ist unter folgender URL abrufbar: Der Internetauftritt von AmiAya ist unter folgender URL erreichbar: Protokoll zum Reaktorunglück Fukushima Protokolle zu den Vorträgen

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