5 Hornhaut (Kornea) Kapitel 5



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Transkript:

Kapitel ccvision Hornhaut (Kornea).1 Grundlagen 61.2 Diagnostik 61.3 Fehlbildungen der Hornhaut 63.4 Entzündungen der Hornhaut (Keratitis) 64. Degenerationen und Ablagerungen der Hornhaut 71.6 Dystrophien der Hornhaut 72.7 Hornhautchirurgie 74

60 Klinischer Fall Keratitis dendritica Keratitis dendritica (mit Fluoreszeinanfärbung). Mit starken Schmerzen in die Notfallpraxis An einem Samstagabend sitzt die 2-jährige Eva Richter in der augenärztlichen Notfallpraxis. Sie hat starke Schmerzen im rechten Auge und wird durch das Neonlicht im Raum genauso unangenehm geblendet wie vorher durch das Tageslicht. Auf Nachfrage von Dr. Müller berichtet Frau Richter, dass sie letztes Wochenende am Bodensee kräftig Sonne getankt habe. Seit 2 Tagen würde das rechte Auge nun zunehmend wehtun und tränen. Außerdem leide sie an einem unangenehmen Fremdkörpergefühl. Dann wollen wir mal sehen, versucht Dr. Müller die Patientin zu beruhigen. Astförmig verzweigte Epithelläsionen Bei der Inspektion bemerkt der Arzt eine starke Rötung des rechten Auges der Patientin. Bei der Spaltlampenuntersuchung findet er eine Konjunktivitis mit gemischter Injektion. Um die Hornhautoberfläche besser beurteilen zu können, appliziert Dr. Müller jeweils einen Tropfen Fluoreszein auf den Tränenfilm und bittet Frau Richter zu blinzeln. Warum sie denn Augentropfen bekäme, fragt Frau Richter erstaunt. Mithilfe des Farbstoffs können Defekte in der Hornhaut nachgewiesen werden, antwortet Dr. Müller. Bei intakter Oberfläche wird der Farbstoff durch den Lidschlag schnell weggewischt. Nur defekte Areale nehmen das Fluoreszein auf und werden so sichtbar. Schon mit bloßem Auge kann der Arzt an der rechten Hornhaut einen klassischen Befund erkennen. Um sicher zu gehen, betrachtet er das Auge unter Blaulichtbeleuchtung durch die Spaltlampe. Deutlich sieht er die für die Keratitis dendritica pathognomonischen astförmig verzweigten Epithelläsionen mit endständigen Knospen. Unbemerkte Erstinfektion Sie leiden an einer Hornhautentzündung, die durch das Herpes-simplex-Virus ausgelöst wurde, teilt Dr. Müller seiner Patientin mit. Frau Richter ist erstaunt und kann sich nicht erklären, woher sie den Virus haben könne. Die Herpes-simplex-Virus-Keratitis ist immer ein Rezidiv, beginnt Dr. Müller zu erklären. Die Erstinfektion mit dem Virus kann bereits lange Zeit zurückliegen. Vielleicht erinnern Sie sich an eine Episode mit geröteten Augen oder Lidrandbläschen, die von selbst abgeklungen ist, hakt er nach, was die Patientin verneint. Das ist nicht ungewöhnlich, erklärt ihr der Arzt. Nicht selten verläuft die Erstinfektion völlig asymptomatisch. Rezidivfreudiges Virus Wieso käme dieser Virus denn jetzt so akut wieder, möchte die Patientin wissen. Herpesviren persistieren lebenslang in Nervenzellen, ohne eine symptomatische Infektion auszulösen, beantwortet Dr. Müller die Frage. Unter bestimmten Umständen, z. B. bei ausgeprägter Sonnenlichtbestrahlung, werden die Viren reaktiviert und führen zu einer Entzündung der Hornhaut. Unsicher hakt Frau Richter nach, ob man das denn behandeln könne. Ja. Die epitheliale Keratitis heilt in der Regel auch ohne Therapie nach 2 3 Wochen ab, erklärt ihr Dr. Müller. Um die Virusmenge und damit das Auftreten weiterer Rezidive zu reduzieren, verschreibe ich Ihnen eine Aciclovir-haltige Augensalbe, die Sie bitte - mal täglich anwenden. Allerdings kann das in den Nervenzellen persistierende Virus durch dieses Virustatikum nicht eliminiert werden. Daher können auch nach Abheilung weitere Rezidive auftreten. Zu den typischen Auslösern gehören Stress, Allgemeininfektionen, UV-Bestrahlung, aber auch die Menstruation. Letztere ließe sich ja nun nicht vermeiden, erwidert Frau Richter lächelnd. Aber mit Sonnenbädern werde sie in Zukunft vorsichtig sein. Das ist in jedem Fall gut, bekräftigt der Arzt. Bei häufigen Rezidiven neigen die Viren dazu, auch tiefere Hornhautschichten zu befallen. So können mit der Zeit erhebliche Schäden an der Hornhaut entstehen. Stellen Sie sich also beim erneuten Auftreten dieser Symptome sofort wieder beim Augenarzt vor, damit rechtzeitig behandelt werden kann.

Hornhaut (Kornea) Diagnostik 61 Hornhaut (Kornea).1 Grundlagen Die Hornhaut hat eine Brechkraft von 43 dpt und damit den stärksten Anteil an der Gesamtbrechkraft des Auges (8 6 dpt). Zentral misst die Hornhautdicke 0,6 mm, peripher 0,8 mm. Der Hornhautdurchmesser beträgt beim Erwachsenen ca. 11, mm. Bei einem Durchmesser 10 mm spricht man von Mikrokornea, bei einem Durchmesser 13 mm von Megalokornea (S. 63). Die Hornhaut ist transparent und gefäßfrei. Die Sauerstoffregulation erfolgt durch Diffusion (aus der Luft). Die Ernährung erfolgt über das Kammerwasser der Vorderkammer, das perilimbale Randschlingennetz und den Tränenfilm, der außerdem bakterizide Eigenschaften (z. B. Lysozym) hat. Aufgrund der Avaskularität ist die Hornhaut infektionsanfällig, wenn Keime die epitheliale Barriere überwunden haben. Dafür besteht bei Hornhauttransplantationen ein geringeres Abstoßungsrisiko. Die Transparenz der Hornhaut wird gewährleistet durch die Avaskularität, den spezifischen Aufbau der Stromalamellen und dehydrierende Mechanismen der Endothel- und Epithelschicht sowie der hyperosmolaren Tränenflüssigkeit. Diese sorgt auch für eine glatte Oberfläche zur Gewährleistung der optischen Eigenschaften der Hornhaut. Tab..1 Die Penetration von Medikamenten muss biphasisch verlaufen: Optimale Augentropfen enthalten eine fettlösliche Phase ( durchdringen leicht das Epithel) und eine wasserlösliche Phase ( diffundieren durch das Stroma und gelangen in das Kammerwasser). Die Hornhaut setzt sich aus Schichten zusammen: Epithel, Bowman-Membran, Stroma, Descemet- Membran und Endothel (Tab..1). Die Hornhaut hat zum Schutz eine ausgeprägte sensible Innervation durch den N. trigeminus (V1). Bei Hornhautverletzungen, wie z. B. einer Erosio, treten daher starke Schmerzen auf. Die Symptomtrias Augenschmerzen, Tränenträufeln (Epiphora) und krampfhafter Lidschluss (Blepharospasmus) sind typisch für eine Hornhautschädigung..2 Diagnostik.2.1 Spaltlampenuntersuchung Aufbau Das Spaltlampenmikroskop besteht aus einem horizontal gestellten binokularen Mikroskop (Vergrößerung 8 40fach) mit seitlich schwenkbarer Lichtquelle (Abb..1), die aus unterschiedlichen Beleuchtungswinkeln (30, 4 ) eine diffuse Beleuchtung oder ein spaltförmiges Lichtbündel erzeugt. Aufbau und Funktion der Hornhaut (Abb. aus: Sachsenweger, Duale Reihe Augenheilkunde, Thieme, 2003) Schichten Aufbau Funktion 1 2 3 4 1 Epithel (ektodermal) 2 Bowman-Membran (Membrana limitans anterior) 3 Stroma (mesodermal) 4 Descemet-Membran Endothel 200 Zellen pro mm 2 (Neuralleiste) Plattenepithel mehrschichtig ( 6 Lagen), nicht verhornend Basalzellen (sehr regenerationsfähig) Limbusstammzellen (= Basalzellen am Limbus) kollagenes Bindegewebe nicht regenerationsfähig ( Narbenbildung bei Verletzungen) Kollagenfibrillen, in Stromalamellen zu orthogonalen Gittern organisiert elastische Fasern regenerationsfähige Basalmembran der Endothelzellen einschichtig, Interzellularspalten durch Zonulae occludentes verschlossenen kaum regenerationsfähig optische Grenzfläche (mit Tränenfilm) Diffusions- und Infektionsbarriere Stromadehydratation, bewirkt Hornhauttransparenz sezernieren Basalmembran Epithelhaftung (Hemidesmosomen, Ankerfibrillen) Regeneration und Wundheilung Barriere gegen Bindehautproliferation mechanischer Schutz des Stromas Elastizität und Stabilität der Hornhaut Hornhauttransparenz durch spezifischen Gitteraufbau stärkste mechanische Barriere der Hornhaut letzte Barriere vor der Perforation, z. B. bei infektiösen Hornhautulzera Diffusionsbarriere Stromadehydratation, bewirkt Hornhauttransparenz (Endothelzellverlust führt zur Hornhautquellung mit Transparenzverlust)

62 Diagnostik Hornhaut (Kornea) binokulares Mikroskop Spaltlampe Stirn- und Kinnauflage für den Patienten Abb..1 Spaltlampe. Ein Schwenkarm trägt das binokulare Mikroskop, ein anderer die variierbare Beleuchtungseinrichtung (diffuse Beleuchtung verschiedene Spaltbreiten des Lichtbündels). Beide Arme sind in einem beliebigen Winkel zueinander positionierbar. Der Patient fixiert seinen Kopf auf einer Kinnstütze. Durch seitliches Verschieben kann mittels der Spaltlampe an jeder transparenten Stelle des Auges ein optischer Schnitt gelegt werden (mit freundlicher Genehmigung durch Carl Zeiss Meditec AG). Untersuchungsmethoden, Beleuchtungsarten Untersuchungen bei diffuser Beleuchtung ermöglichen die Kontrolle von Entzündungen des vorderen Augenabschnitts, Veränderungen von Lidern, Bindehaut und Iris sowie Aussagen zur Flächenausdehnung von Läsionen der Hornhaut (10 16fache Vergrößerung). Untersuchungen mit spaltförmigem Lichtbündel ermöglichen bei direkter fokaler Beleuchtung mit breitem Spalt: die Beurteilung der Ausdehnung und der Form von Defekten und Infiltrationen der Hornhaut bei Maximal-Spalt und Blaulicht: die Darstellung von Epitheldefekten, die sich durch 0,1 %ige Fluoreszeinlösung anfärben lassen, da der Farbstoff an normal epithelialisierten Stellen durch den Lidschlag weggewischt wird. Mittels Bengalrosa und Lissamingrün lassen sich (ohne Blaulicht) Epithelzellveränderungen (z. B. bei trockenem Auge) darstellen (S. 36). bei schmalem spaltförmigem Lichtbündel (< 2 mm, < 0,1 mm), mit dem man an jeder transparenten Stelle des Auges einen optischen Schnitt erhält: Aussagen zur Tiefenausdehnung und Lokalisation von Hornhautläsionen sowie die Beurteilung von Hornhautepithel, -endothel und einer Katarakt bei reduzierter Spaltbreite und -höhe (1 mm, konisches Bündel): die Darstellung von Reizzuständen der Vorderkammer (Zellen, Eiweiße, Hypophyon), wie sie z. B. bei Keratitiden auftreten. Das Tyndall-Phänomen (S. 146) ist eine Streulichterscheinung an kolloiden Substanzen in Flüssigkeit (Kammerwasser). Ist neben dem Lichtspalt auch das Mikroskop seitlich eingestellt, erhält man eine spiegelnde Beleuchtung, die der Beurteilung des Tränenfilms (Fließverhalten/ Lipidmenge) dient. Im regredienten Licht wird die Hornhaut von hinten beleuchtet (senkrecht einfallendes Licht wird von der Iris reflektiert). Dabei können Trübungen, epitheliale und endotheliale Beschläge dargestellt werden. Durchleuchtet man mit dem Lichtspalt die Hornhaut seitlich ausgehend vom limbalen halbtransparenten Hornhautbereich lassen sich Ödeme anhand der Transparenzminderung der Hornhaut erkennen; dabei ist die Irisstruktur weniger kontraststark..2.2 Konfokale Mikroskopie Die konfokale Mikroskopie erlaubt eine detaillierte Darstellung des Hornhautepithels, der Keratozyten, der Nervenendigungen im Hornhautstroma und eine großflächige Darstellung des Endothels. Detailuntersuchungen von Hornhautnarben, Horhhautdystrophien und die Darstellung von Akanthamöbenzysten (S. 70) sind dadurch möglich..2.3 Endothelmikroskopie Mit dem Endothelmikroskop, einem hochauflösenden, computergestützten Mikroskop, können insbesondere die Endothelzellen der Hornhaut in vivo untersucht werden. Deren Anzahl und Geometrie werden dabei analysiert. Die Untersuchung ist bei langjährigem Kontaktlinsengebrauch, vor operativen Eingriffen sowie als allgemeine Früherkennungsmaßnahme von Hornhautschäden indiziert..2.4 Pachymetrie Die Bestimmung der Hornhautdicke erfolgt am sitzenden Patienten mit einem optischen Messaufsatz an der Spaltlampe. Ultrasonografische Methoden sind präziser und können auch am liegenden Patienten durchgeführt werden. Die präzise Dickenmessung ist eine wichtige Voraussetzung für die refraktive Hornhautchirurgie. Außerdem ist die Hornhautdicke bei der Bewertung des gemessenen Augeninnendrucks entscheidend: Je dicker die Hornhaut ist, desto höher sind die gemessenen Werte des Augeninnendrucks (S. 160)..2. Keratometrie Zur Messung der Hornhautkrümmung bzw. -topografie erfolgt eine Projektion von Testfiguren auf die Hornhaut. Die so erzeugten Spiegelbilder werden entweder visuell/manuell oder mit einem automatisierten Beobachtungssystem ausgewertet. Eine Keratometrie erfolgt v. a. zur Diagnose eines Keratokonus,

Hornhaut (Kornea) Fehlbildungen der Hornhaut 63 b a Abb..2 Keratometrie. a Zweifache Darstellung des Hornhautspiegelbildchens Kreuz/Hohlkreuz auf der Hornhaut mittels Zeiss- Ophthalmometer. Der Abstand der projizierten Bildchen ist abhängig von der Hornhautkrümmung. Hohlkreuz und Kreuz werden zur Deckung gebracht. b Abbildung der Placido-Scheibe und farbkodierte Darstellung der Hornhautoberfläche (Normalbefund). Die Skala gibt die gemessenen Radien in mm an(mit freundlicher Genehmigung der OCULUS Optikgeräte GmbH). liefert Messparameter für refraktive Eingriffe und zur Berechnung der individuellen Stärke einer zu implantierenden Intraokularlinse. Die Ophthalmometrie nach Helmholz dient der Messung der Krümmungsradien der Hornhautvorderfläche in den Hauptmeridianen. Dazu werden die Spiegelbilder von zwei auf die Hornhaut projizierten Leuchtfiguren (Hohlkreuz und Kreuz) überlagert (Abb..2a). Aus der Änderung der Projektionswinkel, die zur Deckung der Figuren erforderlich ist, und der Messdistanz lässt sich der Krümmungsradius ermitteln. Die Hornhautbrechkraft ist näherungsweise proportional zur Krümmung. Die Messung erfolgt in den aufeinander senkrecht stehenden Meridianen. Für die Berechnung wird als Grundform der Hornhaut eine sphärische Fläche angenommen. Bei der Hornhauttopografie wird die gesamte Oberflächenform (Topografie) der Hornhaut vermessen. Dabei werdenringeaufdiehornhaut(placidoscheibe) projiziert und aus der Reflexion die Oberflächengeometrie der Hornhaut berechnet (Analyse der Radien und der Abstände zwischen den Ringen, Abb..2b). Die Geometrie der Hornhaut ist nicht rotationssymmetrisch; im zentralen Bereich ähnelt sie einer sphärischen oder torischen Fläche, peripher einer Ellipse. Der Algorithmus des sog. Placido-Disk-Verfahrens beruht auf einer sphärischen Grundfläche und ist daher für die Vermessung irregulärer Oberflächen problematisch..2.6 Hornhautsensibilität Die orientierende Prüfung der Hornhautsensibilität erfolgt durch Auslösung des Blinzelreflexes mit einem ausgezogenen Wattebausch. Eine genauere, quantitative Messung ist mittels Ästhesiometer nach Luneau möglich, bei dem der Blinzelreflex durch ein Reizhaar (mit definierter Rigidität) ausgelöst wird. Die Ästhesiometrie wird zur Überprüfung von Hornhautsensibilitätsveränderungen bei der Anwendung topischer Ophthalmica (z. B. β-blocker) und nach Hornhautaffektionen (z. B. nach Operation oder durch Herpesvirusinfektionen) eingesetzt..3 Fehlbildungen der Hornhaut 1 Key Point Anomalien betreffen Größe, Form und Transparenz der Hornhaut. Sie sind z. T. mit okulären oder nichtokulären Fehbildungen assoziiert..3.1 Größen- und Formveränderungen Eine Mikrokornea ( 10 mm) ist selten. Sie ist überwiegend beidseitig, autosomal-dominant oder -rezessiv vererbt und tritt isoliert oder in Verbindung mit anderen okulären und nichtokulären Fehlbildungen auf (z. B. Rieger- oder Ehlers-Danlos-Syndrom). Eine Mikrokornea kann mit Weitsichtigkeit, Mikrophakie, Aniridie, kongenitaler Katarakt und Glaukom assoziiert sein. Eine Makrokornea (Megalokornea 13 mm) tritt überwiegend beidseitig auf und ist X-chromosomalrezessiv vererbt. Die Hornhaut ist normal aufgebaut, z. T. geringfügig verdünnt. Es kann ein Marfan-Syndrom vorliegen. Eine Makrokornea kann mit Embryotoxon posterius, Astigmatismus, Irisatrophie, Ectopia lentis und Katarakt assoziiert sein. Eine Makrokornea kann Hinweis auf ein kongenitales Glaukom sein. Dann liegen Risse in der Descemet- Membran (Haab-Linien) vor und es besteht eine Dilatation der Bulbuswand mit Ausbildung eines Hydrophthalmus bzw. Buphthalmus (S. 163). Eine Vergrößerung des Hornhautdurchmessers beim Neugeborenen (normal: ca. 9, mm) mit Epiphora, Blendeempfindlichkeit und Hornhauttrübungen weist auf eine Glaukomerkrankung hin. Aber: Auch bei einer Mikrokornea, die im Rahmen syndromaler Erkrankungen auftritt, kann ein kongenitales Glaukom bestehen..3.2 Wölbungsanomalien der Hornhaut Keratokonus (kegelförmige Vorwölbung) Definition und Ätiologie Es handelt sich um eine kegelförmige Vorwölbung der Hornhautmitte

64 Entzündungen der Hornhaut (Keratitis) Hornhaut (Kornea) a b Abb..3 Keratokonus. a Kegelförmige Vorwölbung der seitlichen Hornhaut. b Das Placido-Scheibenbild (links) zeigt eine Verziehung und Irregularität der Abbildung. Die farblich kodierte, topografische Darstellung (rechts) zeigt einen nach unten dezentrierten Hornhautapex (Skala: gemessene Radien in mm) (mit freundlicher Genehmigung der OCULUS Optikgeräte GmbH). (Abb..3a) mit Hornhautverdünnung und Parenchymtrübung. Vermutlich ist die Vernetzung zwischen den Kollagenmolekülen gestört und auf eine Stoffwechselstörung zurückzuführen. Vererbung scheint eine bedeutsame Rolle zu spielen. Veränderungen manifestieren sich zwischen dem 1. und 30. Lebensjahr, beginnen meist unilateral, schreiten fort und betreffen beide Augen. Oft findet sich ein Keratokonus bei Ehlers-Danlos-, Marfan-, Turner- und Down-Syndrom. Häufig besteht eine allergische Disposition. Klinik und Diagnostik Die Erkrankung macht sich durch eine Sehverschlechterung bemerkbar, die durch die zunehmende Myopie und einen irregulären Astigmatismus (nicht brillenkorrigierbar) verursacht wird. Bei der Spaltlampenuntersuchung ist ein verdünntes Hornhautstroma mit feinen Streifen (Vogt-Linien) erkennbar. Reißen Endothel und Descemet-Membran ein, kommt es zu einer plötzlichen Hornhauttrübung mit Schmerzen, Visusverlust, Lichtscheu und Epiphora (akuter Keratokonus). Der Keratokonus kann mittels Strich-Skiaskopie (scherenförmige Lichtbewegungen), Ophthalmometer und Hornhauttopografie (Abb..3b) diagnostiziert werden. In fortgeschrittenen Fällen kann die kegelförmige Vorwölbung auch ohne Hilfsmittel beobachtet werden: Beim Blick nach unten und hochgezogenem Oberlid ist die spitzkegelige Kontur an der Verformung der Lidkante erkennbar (Munson- Zeichen). Therapie Eine Visusverbesserung kann anfangs noch durch eine Brille und bei suffizienter Adhäsion des Tränenfilms durch formstabile Kontaktlinsen (angepasste Krümmung der Innenfläche) erreicht werden. Mit der photooxidativen Vernetzung besteht u. U. eine Möglichkeit, das Fortschreiten eines Keratokonus im Frühstadium aufzuhalten. Dabei wird durch Riboflavin-Augentropfen und eine UVA-Licht-Bestrahlung die Kollagenquervernetzung angeregt, um eine ausreichende mechanische Stabilität der Hornhaut zu erhalten. Hornhauttrübungen können auftreten. Eine Hornhauttransplantation ist indiziert, wenn andere Behandlungsmöglichkeiten nicht mehr ausreichen oder eine Narbenbildung eingetreten ist. Keratoglobus (kugelförmige Wölbung) Der Keratoglobus ist eine seltene, genetisch bedingte kugelförmige Wölbung der Hornhautoberfläche mit Verdünnung der gesamten Hornhaut, die ebenfalls auf eine Kollagenschwäche zurückzuführen ist. Die Diagnose wird spaltlampenmikroskopisch und mittels Placido-Scheibe gestellt. Therapeutisch ist wegen der irregulären Hornhautverkrümmung keine Brillenversorgung möglich. Da die Randbereiche der Hornhaut betroffen sind, muss eine Kontaktlinsenversorgung mit bis auf die Sklera reichenden, harten Kontaktlinsen erfolgen. Auch bei einer Keratoplastik muss das Hornhauttransplantat entsprechend groß sein (erhöhte Gefahr einer Transplantatabstoßung, da Kontakt zum gefäßhaltigen Limbus besteht). Cornea plana (Abflachung der Hornhaut) Bei der seltenen Cornea plana ist die Hornhaut abgeflacht und hat nahezu den gleichen Krümmungsradius wie die Sklera. Zusätzlich besteht eine periphere Parenchymtrübung..4 Entzündungen der Hornhaut (Keratitis) 1 Key Point Die meisten infektiösen Keratitiden sind bakteriell bedingt (90 %). Besonders gefährlich sind Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa. Eine nichtinfektiöse Keratitis kann immunologisch bedingt sein oder infolge einer Benetzungsstörung entstehen. Diese Erkrankungen können in ein Hornhautulkus (u. U. mit Perforationsgefahr) münden.

Hornhaut (Kornea) Entzündungen der Hornhaut (Keratitis) 6.4.1 Grundlagen Ätiologie und Pathogenese Eine infektiöse Keratitis kann im Prinzip durch jeden Erreger ausgelöst werden, wenn die Abwehrfunktionen der Hornhaut (Diffusionsbarriere, Regenerationsfähigkeit) durch Defekte des Hornhautepithels herabgesetzt ist, z. B. bei unterschiedlichen Keratopathien und infolge von Verletzungen (chirurgische Maßnahmen, Fremdkörper, Kontaktlinsen, toxische Faktoren) der Spüleffekt und antimikrobielle Wirkung der Tränenflüssigkeit fehlt, z. B. infolge einer Keratoconjunctivitis sicca der reflektorische Lidschluss ungenügend ist, wie z. B. beim Lagophthalmus und bei neuroparalytischen Störungen. Begünstigende Faktoren sind außerdem Lidrandentzündungen, Dakryozystitis und Tränenwegsverschluss sowie eine schlechte Immunabwehr des Patienten (z. B. Diabetes mellitus, Immunsuppression). Formen der nichtinfektiösen Keratitis entwickeln sich infolge von Benetzungsstörungen durch ungenügenden Lidschluss (Keratopathia e lagophthalmo) reduzierte Hornhautsensibilität mit herabgesetzter Lidschlagfrequenz bei Läsion des N. trigeminus (Keratopathia neuroparalytica) immunologischen Mechanismen bei Abstoßungsreaktionen (Graft-versus-Host- Disease) Typ-IV-Hypersensitivitätsreaktionen auf infektiöse Erreger (z. B. bei Mykobakterieninfektionen oder Morbus Reiter). Einteilung und Diagnostik Die folgende morphologische Einteilung unterscheidet eine Keratitis nach ihrer Lokalisation als: Keratitis punctata superficialis mit epithelialer bzw. subepithelialer Lokalisation und z. T. diagnostisch wegweisendem Anfärbemuster (Fluoreszein): superiore HH: Fremdkörper, Keratoconjunctivitis vernalis interpalpebrale HH: Keratoconjunctivitis sicca und neuroparalytica, Keratitis photoelectrica, seborrhoische Blepharitis inferiore HH: Lagophthalmus, Trichiasis, Entropium, Staphylokokkenblepharitis tiefe Keratitis mit stromaler und/oder endothelialer Beteiligung: Unterschieden werden nichtulzerierende (Epithel und Bowman-Membran intakt) und ulzerierende Formen. Bei stromaler Keratitis findet sich eine Mitbeteiligung der Iris (gemischte Injektion) sowie ein Vorderkammerreizzustand (Endothelbeschläge, Hypopyon). marginale Keratitis: Sie manifestiert sich in Form von Infiltraten bis hin zu Ulzerationen oder vaskulären Läsionen im Limbusbereich. Sie tritt bei der Staphylokokkenblepharitis (Hypersensitivitätsreaktion), peripheren Hornhautdegenerationen (Ulcus Mooren, Morbus Terrien) und bei immunologischen Systemerkrankungen auf. Ein Hypopyon (Eiterspiegel in der Vorderkammer, Abb..4) entsteht durch Absinken polymorphkerniger Leukozyten in der Vorderkammer. Ein Hypopyon tritt auf bei bakteriellen Entzündungen (z. B. Ulcus corneae serpens), wenn die Keime die Hornhaut durchwandern bzw. bei Hornhautperforation und bei Endophthalmitis. Die häufigste Ursache eines nichtinfektiösen Hypopyons ist eine HLA-B27-assoziierte Uveitis anterior. Hyphäma beschreibt, dass Blut in der Vorderkammer ist (Spiegelbildung bei aufrechter Körperhaltung, Abb..). Sie kann Folge einer Verletzung, einer Blutung aus Iris- oder Kammewinkelgefäßen, einer Rubeosis iridis, einer akuten hämorrhagischen Iritis oder Infektion sein. Ein Pannus corneae entsteht infolge degenerativer Prozesse (Pannus degenerativus) oder einer Entzündung (Pannus inflammatorius). Es bildet sich Bindegewebe zwischen Hornhautepithel und Bowman- Membran bzw. Stroma aus. Abb..4 Abb.. Hypopyon. Eiterspiegel in der Vorderkammer. Hyphäma. Blutspiegel in der Vorderkammer.

66 Entzündungen der Hornhaut (Keratitis) Hornhaut (Kornea) Tab..2 Bakterielle Keratitis: Erregerspezifische klinische Differenzierung Erreger Charakteristika (gram) Staphylokokken (epididermidis, aureus) (gram +) Streptococcus pneumoniae (gram +) Pseudomonas aeruginosa (gram -) Haemophilus influenzae Proteus mirabilis (gram -) Klebsiella (gram -) Moraxella (gram -) langsam progredient; Ulkus zentral, tief, eitrig; z. T. Hypopyon; abgegrenztes, weißgrau/cremefarbenes Stromainfiltrat sehr schmerzhaft rasch fortschreitendes Ulkus mit oberflächlicher Ausbreitung und sog. kriechendem Rand, der zentrale Rand ist unterminiert Neovaskularisationen fast immer steriles Hypopyon (Hypopyonkeratitis) ggf. gleichzeitig Dakryozystitis sehr schmerzhaft zunächst grau-gelbes Infiltrat, dann rasch fortschreitendes Ulkus mit grünlichem, mukopurulentem Sekret und Hypopyon, z. T. Ringabszess hohe Einschmelzungsgefahr mit Hornhautperforation innerhalb von Stunden, Endophthalmitis möglich Ulcus oberflächlich, peripher (auch nicht eitrig) rasche, aggressive Ulkusbildung Ulkus, meist ohne Hypopyon schmerzloses, langsam fortschreitendes ovales Ulkus der unteren Kornea geringer Vorderkammerreiz Therapie (lokal) z. B. Ofloxacin, Gentamicin, Bacitracin, Erythromycin, (Cefazolin) bei Resistenz: Vancomycin (Reserve) z. B. Bacitracin, (Cefazolin)Erythromycin, Ofloxacin bei Resistenz: Vancomycin (Reserve) z. B. Moxifloxacin, Tobramycin, (Cefazolin), (mit erhöhter Konzentration = fortified drops), + ggf. systemisch Doxycyclin (wegen Kollagenolyse) Cefazolin, Ciprofloxacin, Polymyxin B, Tetracyclin z. B. Gentamicin, Ciprofloxacin, (Cefazolin) z. B. Gentamicin, Polymyxin B Erythromycin, Gentamicin, Ofloxacin, (Cefazolin).4.2 Infektiöse Keratitis Bakterielle Keratitis Ätiologie Am häufigsten lösen Staphylokokken (St. aureus) und Streptokokken (St. pneumoniae) sowie Pseudomonas aeruginosa eine Keratitis aus. Seltenere Erreger sind Klebsiellen, Proteus, Moraxella, Neisserien und Mykobakterien (nach LASIK-OP, S. 26). Meist besteht eine Eintrittspforte in Form eines Epitheldefekts. Gonokokken, Diphtheriebakterien, Hämophilus und Listerien überwinden auch intaktes Epithel. Ca. 30 % aller bakteriellen Keratitiden, insbesondere durch aggressivere gramnegative Keime, treten bei Kontaktlinsenträgern (v. a. weiche Linsen) auf. Klinik Die Keratitis äußert sich durch Visusminderung, Schmerzen, Photophobie, Epiphora und eitriges Sekret. Symptomatik, Befund und Verlauf sind erregerabhängig (Tab..2). Zunächst bestehen eine Konjunktivitis mit Chemosis und eine Keratitis superficialis. Schreitet die Infektion fort, bildet sich ein stromales Infiltat. Esbestehtein Vorderkammerreizzustand, je nach Ausprägung mit Hypopyonbildung (Abb..6a). Im weiteren Verlauf können Einschmelzung und Ulzeration folgen. Kurz vor einer drohenden Perforation ist das Ulkus zentral klar und die noch intakte Descemet- Membran wölbt sich als Descemetozele vor (Abb..6b). Häufigste Erreger eines rasch fortschreitendes Hornhautulkus (= Ulcus serpens corneae) mit Gefahr einer Perforation sind Streptococcus pneumoniae und Pseudomonas aeruginosa. Komplikationen Eine fortschreitende Ulzeration kann zu einer Hornhautperforation führen mit der Gefahr einer Endophthalmitis (S. 14). Die Iris kann in die entstandene Hornhautöffnung prolabieren und anwachsen (vordere Synechien). Als Folge bildet sich eine weiße Hornhautnarbe, ein sog. Leukoma adhaerens. Verwachsungen zwischen Iris und Linse (hintere Synechien) begünstigen ein Sekundärglaukom. Diagnostik Für Gramfärbung, Bakterienkultur und Antibiogramm erfolgt ein Bindehaut-Abstrich (Lokalanästhesie verfälscht das Ergebnis). Bei Ulzera für mikrobiologische/ mikroskopische Untersuchungen Materialentnahme mit dem Hockeymesser von Ulkusgrund und -rand (Lokalanästhesie: Proparcain). Therapie Bis zum Erregernachweis und Antibiogramm lokale Therapie mit einem Breitsprektrumantibiotikum zunächst (halb-)stündlich über 2 3 Tage, weiter 4 /d über insgesamt 12 Tage. Bei Vorlie-

Hornhaut (Kornea) Entzündungen der Hornhaut (Keratitis) 67 a b Abb..6 Ulcus corneae. a Bakterielles Hornhautulkus zentral mit Hypopyon, durch die Stromatrübung ist der Einblick und die Beurteilung der Vorderkammer stark reduziert. b Tiefes Hornhautulkus (Keratitis neuroparalytica), das bis zur Descemet-Membran reicht ( Descemetozele). gen einer Ulzeration müssen die Tropfen deutlich häufiger appliziert werden (z. B. in den ersten 6 h alle 1 min). Das Antibiotikum wird als Augentropfen verabreicht, da Salben keine ausreichend wirksamen Konzentrationen erreichen. Die Monotherapie mit einem Breitspektrumfluorchinolon ist üblich (Ciprofloxacin, Ofloxacin, Moxifloxacin). Für gramnegative Keime eignen sich Aminoglykoside (Gentamicin, Amikacin, Tobramicin), außerdem Cephalosporine (Cefazolin, Cefuroxim, Ceftazidim). Für Streptokokken oder Staphylokokken ist Bacitracin (in Deutschland nur in Kombinationspräparaten) geeignet. Cephalosporin- und Vancomycin- Augentropfen sind nicht als Fertigpräparat im Handel erhältlich und müssen spezifisch hergestellt werden. 2 Praxistipp Bei einer lokalen Antibiotikatherapie ist der Lidschluss nach Tropfenapplikation und der Druck auf den Canaliculus communis wichtig, da sonst das Antibiotikum durch die Tränenpumpe in die Nase gelangt. Bei intraokularer Beteiligung sowie Gonokokken-, Meningokokken- und Hämophilusinfektionen erfolgt eine systemische Therapie. Routinemäßig erfolgt wegen der Irisbeteiligung und des intraokularen Reizzustandes eine Zykloplegie (Atropin 1 % 3 täglich). Bei bakteriellem Hornhautulkus sind Kortikosteroide initial kontraindiziert. Da es aber durch eine Leukozyteninvasion nach ca. 10 24 Stunden zu einer immunassoziierten Schädigung (v. a. bei Pseudomonas) mit Gefahr der späteren Narbenbildung kommt, werden etwa ab dem 3.. Behandlungstag zusätzlich lokale Steroide verabreicht. Bei einschmelzendem Ulkus oder Perforation kann eine Keratoplastik à chaud (S. 74) und damit die Entfernung des Erregerresevoirs oder eine Amnionmembranaufnähung (S. 7) zur Beschleunigung der Epithelialisierung erforderlich sein. Virale Keratitis Bei einer Herpeskeratitis handelt es sich in der Regel um eine endogene Reaktivierung des Herpes-simplex-Virus (HSV) oder des Varizella-zoster-Virus (VZV) im Trigeminusbereich. Auslöser der Reaktivierung sind u. a. Allgemeininfekte, Immundefizienz oder UV-Exposition. Adenoviren sind häufige Keratitiserreger. Seltener sind Keratitiden durch Masern-, Röteln- und Zytomegalieviren. Die Herpeskeratitis hat viele verschiedene Ausprägungsformen. Typische klinische Merkmale sind der einseitige Befund und die herabgesetzte Hornhautsensibilität. Herpes-simplex-Keratitis Ätiologie und Pathogenese 90 % der Erwachsenen sind Träger des HSV Typ 1. Eine primäre okuläre Infektion durch HSV kann sich als Blepharitis mit klaren Vesikeln und Rötung der Lidhaut (später Verkrustung) oder als vesikulöse Blepharokonjunktivitis manifestieren. Eine primäre HSV-Keratitis ist selten. Meist kommt es erst bei sekundärer Reaktivierung zu einer Beteiligung der Hornhaut. Auch die Lider (Bläschenbildung) und die Bindehaut (follikuläre Konjunktivitis) können betroffen sein. Klinik In der Regel ist die Entzündung einseitig. Es bestehen starke Schmerzen, Fremdkörpergefühl, Epiphora, Photophobie und eine Konjunktivitis mit gemischter Injektion sowie begleitend eine regionale Lymphadenopathie. Bei Befall des Hornhautstromas tritt in Abhängigkeit vom Ausmaß der Trübung eine Visusminderung auf. Je nach Lokalisation der Entzündung lassen sich verschiedene Formen unterscheiden, die auseinander hervorgehen oder nebeneinander bestehen können: epitheliale Keratitis (Keratitis dendritica): Im Frühstadium besteht eine unspezifische Keratitis.

68 Entzündungen der Hornhaut (Keratitis) Hornhaut (Kornea) Später treten typische astförmig ( dendritisch ) verzweigte Epithelläsionen mit endständigen Knospen auf, die sich mit Fluoreszein darstellen lassen und dann auch mit bloßem Auge erkennbar sind (Abb..7). Bei weiterem Fortschreiten konfluieren die Läsionen zu einer Keratitis geographica. Die Hornhautsensibilität ist herabgesetzt. stromale Keratitis: Sie kann aus einer epithelialen Keratitis hervorgehen oder primär auftreten. Es werden 2 Formen unterschieden: interstitielle Form: Hornhautepithel intakt, weißliche Infiltrationen im Stroma (stromale Immunkomplexe) ulzerierende Form ( herpetisches Ulkus, aktives Virus im Stroma): Hornhautepitheldefekte, häufig bakterielle Superinfektion; Gefahr der Stromaeinschmelzung und Hornhautperforation Endotheliitis (disziforme Keratitis): Sie entsteht durch HSV-Viren aus dem Kammerwasser. Eine epitheliale Läsion liegt nicht vor. Im Bereich des erkrankten, zerstörten Endothels entsteht eine scheibenförmige disziforme Hornhauttrübung infolge eines meist fokalen Stromaödems. Es finden sich Descemet-Falten und retrokorneale Immunpräzipitate. Die herpetische Uveitis tritt eigenständig und im Rahmen der Herpeskeratitis auf. Es handelt sich um eine granulomatöse Entzündung mit speckigen Hornhautrückflächenbeschlägen und geringem VK-Reizzustand. Irishyperämie und Sektoratrophie des Pigmentblattes ( Kirchenfensterphänomen ) können entstehen. Abb..7 Keratitis dendritica. Mit Fluoreszein angefärbte, astförmig verzweigte Epithelläsionen. EXKURS Die Keratitis metaherpetica ist Folge einer trophischen Störung der Hornhaut mit herabgesetzter Hornhautsensibilität und reduzierter Tränensekretion nach HSV-Infektion. Wegen einer gestörten Epithelhaftung sind Erosion bis Ulkus möglich. Entsprechend erfolgt die Behandlung (Verbandskontaktlinse, Tarsorrhaphie, Amnionmembrantransplantation). Eine Abgrenzung zur aktiven viralen Herpeskeratitis kann schwierig sein und diese muss im Zweifel behandelt werden. Eine Schädigung der Hornhaut infolge einer zu intensiven Lokaltherapie bei HSV-Infektion muss ausgeschlossen werden. Komplikationen Nach wiederholten Rezidiven bildet sich eine vaskularisierte Hornhautnarbe aus. Als Folgen einer Uveitis treten z. B. Rubeosis iridis oder hintere Synechien auf. Ein Sekundärglaukom kann als Folge einer Trabekulitis mit Beteiligung des Kammerwinkelendothels und Abflussstörung ( Posner- Schlossmann-Syndrom, S. 13) entstehen. Bei immunsupprimierten Patienten kann es durch das Herpes-simplex-Virus zu einer Retinitis, Neuritis n. optici oder durch Dissemination zur lebensbedrohlichen Herpessepsis kommen. Ein akutes retinales Nekrosesyndrom (S. 10) tritt auch bei immunkompetenten Patienten auf. Diagnostik Die Diagnose wird meist klinisch nach dem spaltlampenmikroskopischen Befund gestellt (Fluoreszein-Färbung). Spezielle virologische Nachweisverfahren (direkter Virusnachweis mittels PCR aus Oberflächenabstrich oder Vorderkammerpunktat) sind nur bei komplizierten Verläufen oder bei unsicheren klinischen Zeichen notwendig. Therapie Da Herpesviren im Ganglion trigeminale persistieren, kann eine endgültige Heilung einer HSV-Infektion nicht erreicht werden. Durch die antivirale Therapie wird die Virusreplikation kontrolliert, es erfolgt aber keine Elimination. Die Therapie umfasst: lokale Virustatika (z. B. Aciclovir, Trifluorthymidin): Die epitheliale Keratitis heilt in der Regel ohne Therapie nach 2 3 Wochen ab. Um die Virusmenge und damit das Auftreten von Rezidiven zu reduzieren, werden Augentropfen verabreicht (u. U. vorherige Wischabrasio); Salbe bei der stromalen und der endothelialen disziformen Keratitis. Systemische Virustatika (z. B. Aciclovir) werden bei der stromalen Keratitis sowie bei der Endotheliitis bzw. disziformen Keratitis eingesetzt. Zur Senkung der Rezidivrate kann eine langfristige systemische Prophylaxe indiziert sein. lokale Antibiotika (z. B. Moxifloxacin) zusätzlich bei ulzerierenden Verläufen