Haute Route im Sommer Hochtourenwoche von Chamonix nach Zermatt Tourenbericht von Michael Bragard

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Transkript:

Haute Route im Sommer Hochtourenwoche von Chamonix nach Zermatt Tourenbericht von Michael Bragard 2 8. 0 8. 1 0 0 3. 0 9. 1 0

D ie erhabene Sprache der N atur, die Töne der bedürftigen M enschheit lernt nur der W anderer kennen. Johann Wolfgang von Goethe Quelle: Google Earth

1. Tag (Sa.): Le Tour Refuge Albert 1ér

Wer bei leichtem Dauerregen wartend vor der stillstehenden Seilbahn Charamillon (1453) herumsteht, kann eigentlich nur zur OASE-Gruppe gehören. Als Ernst, unser Bergführer, eintraf, wurden Steigeisen, Gurt und allerhand Kleinkram wie Karabiner, Seilschlingen, etc. verteilt. Seine Aufforderung, wir sollten uns bei diesem Sauwetter zügig in die trockene Bahn begeben, machte ihn gleich sehr sympathisch. Eigentlich wenig verwunderlich, regnete es an der Bergstation angekommen weiterhin, so dass wir uns entschlossen, erst einmal einen Kaffee zu trinken und den weiteren Aufstieg zur Refuge Albert 1ér (2707) gemütlich anzugehen. Vom vermutlich sehr schönen Weg dorthin sahen wir aufgrund von dichtem Nebel leider recht wenig. Abends dann gab es den Bezug der ordentlichen Lager, gutes Essen, Einstellen der Steigeisen und kurz vor dem Schlafengehen die Offenbarung von Ernst, dass er den Weg auch zum ersten Mal gehen würde, was aber kein Problem wäre

2. Tag (So.): Refuge Albert 1ér Cabane d Orny

Der starke Wind in der Nacht hatte tatsächlich ganze Arbeit geleistet und sämtliche Wolken, Nebel, Regen einfach verschoben. Nach dem Frühstück ging es gegen 6 Uhr bis an den Rand des Glacier du Tour, wo die Steigeisen angelegt wurden. Etwas wackelig, aber doch zügig ging es die ersten Meter auf dem Gletscher Richtung Col du Tour (3281). Dieses Col haben wir nie erreicht, denn nach eingehendem Kartenstudium stellten wir fest, dass wir uns auf 3400hm befanden und somit über das Ziel hinaus geschossen waren. Während wir Pause machten, suchte Ernst nach abenteuerlichen alternativen Gradüberschreitungen. Nach kurzer Rücksprache mit einem entgegenkommenden Bergführer wurden wir 40m in der Senkrechten abgeseilt. Obwohl die meisten unserer Gruppe so was bisher noch nicht gemacht hatten, und die Gesichtsausdrücke Anspannung verrieten, war es rückblickend eine der eindrucksvollsten Situationen der ganzen Tour. Als alle sicher unten waren, ging es weiter über die Cabanna du Trient (3170) bis zum Tagesziel Cabane d`orny (2826). Als wir uns beim Hüttenwirt für das Gruppenfoto bedankten, entgegnete dieser lachend: Danke sagte man vor Erfindung des Geldes. Eine tolle Hütte und ein entspannter Abend!

3. Tag (Mo.): Cabane d Orny Cabane de Chanrion

Frühes Aufstehen und Abmarsch waren wir inzwischen schon fast gewohnt, der nächtliche Neuschnee war hingegen eine Überraschung. So starteten wir bei 5 C und leichtem Schneefall von der Hütte immer bergab Richtung Champex. Wir erlebten einen tief beeindruckenden, im Minutentakt zyklisch wechselnden Übergang zwischen Wolken, Sonne, Schnee und Regen. Je tiefer wir kamen, desto mehr wanderten wir in die Wolken, die unter uns lagen. So entschlossen wir uns für den Sessellift, der bei starkem Wind und Nebel mit Rucksack vor dem Bauch und Kamera vor dem Kopf einen Balanceakt zwischen anfrierenden Fingern und unbeabsichtigtem Abwerfen der ausgeteilten Wärmedecke darstellte. Nach kurzer Wartezeit brachte uns eine sehr freundliche Taxifahrerin an den Fuß der Staumauer des Lac Mauvoisin. Dort angekommen machten wir nur eine kurze Brotzeit, da wir uns einig waren, dass man besser oberhalb als am Fuße der massiven ca. 250m hohen Staumauer steht. Weiter ging es wieder bei leichtem Schneefall bis zur Cabane de Chanrion (2462). Trotz einfacher Hüttenkost und einer nahezu ausgebuchten Unterkunft, war die Stimmung am Abend sehr harmonisch und wir gingen aufgrund der Strapazen des Tages sehr früh ins Lager.

4. Tag (Di.): Cabane de Chanrion Cabane des Vignettes

Das angekündigte bessere Wetter, welches für die folgenden langen Gletscheretappen absolute Voraussetzung ist, kam pünktlich. Nach dem Frühstück gegen 5.45 Uhr ging es von der Cabane de Charion kontinuierlich leicht bergauf, bis wir am Gletscherbruch des riesigen Glacier d Otemma standen. Ernst zeigte uns auf der wenige Jahre alten Karte sehr anschaulich, wie schnell dieser Gletscher sich in letzter Zeit zurückgezogen hat. Unabhängig von persönlicher Meinung, sei jedem, der Klimawandel nur abstrakt aus der Sofa- oder Bürostuhlperspektive kennt, diese imposante Lehrstunde der gigantischen Dimensionen der Natur dringend empfohlen solange dies noch möglich ist. Plötzlich hörten wir trotz inzwischen schönstem Wetter ein sehr schnell lauter werdendes Grollen. Dann ein ohrenbetäubender Donner, ausgelöst von einem schweizerischen Kampfjet im Tiefflug unter 100m direkt über unseren Köpfen! Gefolgt wurde dieses Spektakel von unangenehmem Kerosingestank, welcher uns die ansonsten kristallklare Luft bewusst machte. Wir waren froh, als wir am Nachmittag nach dieser langen Etappe die Cabane de Vignettes (3160) erreichten.

5. Tag (Mi.): Cabane des Vignettes Cabane de Bertol

Heute soll es zur höchsten Hütte der Tour, der Cabane de Bertol (3262) gehen. Der reguläre Weg sieht hier einen Abstieg nach Arolla (2002) vor. Ernst hielt uns aber für ausreichend fit, einen Bogen über Italien zu laufen und dadurch zwar einen weiteren Weg, aber weniger Höhenmeter zu gehen. Obwohl die Etappe dadurch ca. 9h dauerte, bot sich immer wieder ein tolles Panorama und der komplette Tag führte uns über Gletscher. Der finale Anstieg zur Cabane de Bertol ist derzeit über Leitern gelöst, da im letzten Jahr wohl beträchtliche Teile der Wegekonstruktion talwärts gestürzt sind. Irgendwie haben wir die Nacht in dieser Hütte nicht so entspannt wie sonst geschlafen. Die exponierte Lage der Wind umtosten Unterkunft war aber auch ein besonderes Erlebnis. Der nächtliche Ausblick mit Matterhorn unter den Gürtelsternen des Orion waren allein die ganze Reise wert, selbst wenn es auf dieser Hütte keinerlei fließendes Wasser gab.

6. Tag (Fr.): Cabane de Bertol Zermatt

Der letzte Tag, die längste Etappe, der höchste Gipfel: Ernst wollte möglichst früh von dieser gefühlt wackeligen Hütte aufbrechen, d.h. Frühstück um 4.30 Uhr, Abmarsch 5.00 Uhr. Obwohl anfangs recht kalt, wirkten heißer Tee und ein zügiger Aufstieg zum Tête Blanche (3710) Wunder. Sonnenaufgang im Gipfelaufstieg, oben dann starker Wind, 10 C, ungemütlich, aber ein klarer Blick zum direkt gegenüberliegenden imposanten Matterhorn entschädigten! Zermatt liegt auf 1600 hm, d.h. nun liegen über 2100 hm Abstieg vor uns, wobei die letzten paar Meter von Furi aus per Lift abgekürzt wurden. In Zermatt ist man durch den Massentourismus sehr schnell zurück in der Zivilisation. Nach einer warmen Dusche im Hotel wunderten wir uns beim abschließenden Abendessen, wie schnell die Woche vergangen war. Eine tolle OASE-Tour!

Einen herzlichen Dank an Ernst, der uns jederzeit sicher und mit viel Spaß geführt hat. Kurz vor dem Entstehen dieses Bildes auf dem Tête Blanche meinte er zum schnaufenden Publikum etwa: Jo mei, grundsätzlich oimal, wenn s a persönliche Erstbesteigung is, mach i drobn a Kopfstand. Kamera: Nikon D90, Nikkor 18-55 mm, Nikkor 55-200mm VR Michael Bragard, Nov. 2010