Was ist Supervision? "Du bist das Werkzeug!" Der Mensch, der Sterbende und Trauernde begleitet, ist selbst sein einziges Werkzeug. Und dieses Werkzeug muss gepflegt, gewartet, geschärft und eingestellt oder auch geschont und geputzt werden. In diesem Sinne dient Supervision der Selbstpflege und Qualitätssicherung in einem. Supervision schaut auf die Probleme der Sterbebegleitung. Aber sie schaut vor allem darauf, wie wir uns selbst als Personen gut einbringen: Was braucht's, damit ich nicht ausbrenne? Was braucht's, damit ich mich mit meinem Engagement wohlfühle? Was braucht's, damit ich eine Situation gut bewältige? So und so ähnlich könnten die Fragen in der Supervision lauten. Für die Begleitung Sterbender haben Sie vielleicht mit auf den Weg bekommen: "Es geht in der Begleitung nicht um Euch und Eure Bedürfnisse, sondern um den Sterbenden und seine Familie" In der Supervision aber sagen wir: Jetzt geht es um Dich und um die Gruppe hier, um Eure Erfahrungen, um den Austausch Eurer Kraft, um Eure Ängste und Grenzen, um Eure persönliche Entwicklung und um Eure Beziehungen... Fachlich kann man Supervision so definieren: "Supervision ist eine Form der psychologisch orientierten Beratung für Menschen, die in einem Praxisfeld tätig sind und durch die Reflexion ihrer Rolle, ihres Handelns und ihres Erlebens dieser Praxis Sicherheit, Vergewisserung und neue Spielräume für diese Rolle und diese Praxis gewinnen möchten."(frank Kittelberger) Das lateinische Wort Supervision heißt soviel wie Überblick oder Blick von oben. Genau darum geht es: Sich einmal aus seiner Arbeit herausziehen und aus einer gewissen Distanz auf das zu schauen, was man alltäglich macht: auf die Arbeit im Team mit anderen Kollegen auf die Arbeit mit Patienten, Klienten oder Kunden auf die eigene (Berufs ) Rolle und die persönlichen Ideen und Möglichkeiten, sie auszufüllen auf die Einrichtung, in der man arbeitet. 1 Die Distanz tut gut, weil man erst so manche Zusammenhänge entdeckt und dann auch besser versteht; weil man auf neue Ideen kommt oder Entscheidungen sicherer fällen kann. Wer supervidiert? Supervisoren/ innen sind in der Regel gründlich ausgebildet: sie haben selber persönliche und berufliche Reflexionsprozesse hinter sich und haben sich in einer Weiterbildung qualifiziert. Manche sind in der Deutschen Gesellschaft für Supervision zusammengeschlossen, die bestimmte Ausbildungsstandards festgeschrieben hat. Auf jeden Fall sollten Supervisorinnen über Kenntnisse und Methoden aus dem Bereich der Psychologie, Kommunikationswissenschaft und Organisationstheorie verfügen. Wichtig ist bei der Gruppen Supervision schließlich auch die Gruppe, in der man sich als Kollegen Tipps und vor allem auch Rückmeldungen gibt, die der Einzelne sonst selten so offen bekommt.dabei kommt dem Supervisor/der Supervisorin eine wichtige Rolle zu, weil er/sie aus seinem /ihrem Wissen und als 1 vgl. Supervision professionelle Beratung zur Qualitätssicherung am Arbeitsplatz, Deutsche Gesellschaft für Supervision e.v. (Hg.) 1996 Flandrische Straße 2, 50674 Köln. Als Berufsverband der Supervisornnen in Deutschland hat die DGSv (Deutsche Gesellschaft für Supervision) als Voraussetzung zur Mitgliedschaft Standards zur Qualifizierung von Supervisorinnen entwickelt, die von den meisten Weiterbildungsgängen erfüllt werden. 1
Außenstehende wichtige Hinweise geben kann und gleichzeitig eine Stütze in schwierigen Situationen bietet. Eine Supervisionsgruppe hat im Idealfall 4 8 Teilnehmende und trifft sich in einem vierwöchigen Abstand ca. 10 15 mal in dieser festen Konstellation. Eine Sitzung dauert dann ca. 1,5 bis 2 Stunden. Man kann aber auch andere Settings (so heißen fachlich solche Rahmenbedingungen) wählen. Wichtig ist auf jeden Fall, dass die Gruppe nicht zu groß ist, damit alle zu Wort kommen, sich wirklich zeigen und persönlich sprechen können. Was Supervision nicht ist Supervision ist keine Therapie, sie dient nicht zur Bearbeitung ganz privater Probleme der Teilnehmer, die nichts mit der Hospizarbeit zu tun haben. Sie ist auch etwas anderes als eine Fortbildung: Der Supervisor referiert und instruiert in der Regel nicht über die Kunst, gute Hospizarbeit zu machen, sondern hilft eher den Teilnehmenden durch seine Hinweise und Anfragen, selber die für sie geeigneten Lösungen zu finden. Eine Supervisorin ist also keine Therapeutin und bringt selber nicht unbedingt Erfahrungen in der Sterbe und Trauerbegleitung mit. Supervison in der Hospizgruppe Supervision in einer Hospizgruppe trägt dem Thema der Hospizarbeit Rechnung: Gegenstand von Supervision für ehrenamtliche Hospizhelfer/ innen sind Szenen, Probleme und Konflikte aus der ehrenamtlichen Arbeit. Hier stehen die Erfahrungen in der Begleitung im Vordergrund, die erlebten Belastungen oder z.b. Konflikte, wenn Ehrenamtliche zwischen Sterbenden und deren Angehörigen zwischen die Stühle geraten oder Konflikte in der eigenen Familie, die die Arbeit zu belastend findet. Supervision kann auch ein Raum sein, in dem die Teilnehmenden Rituale und Symbole entwickeln und ausprobieren, die helfen, Unaussprechliches zum Ausdruck zu bringen und so zu bewältigen. Supervision macht auch vor spirituellen Fragen nach dem Lebenssinn nicht halt. Dabei kann es zum Beispiel darum gehen, die Beziehungsgestaltung zwischen dem ehrenamtlichen Helfer und dem Sterbenden mit den ihm Nahestehenden zu reflektieren: Wie kann am Anfang ein fruchtbarer Kontakt zustande kommen? Wie können beide Seiten sich annähern? Welche Nähe ist in dieser konkreten Beziehung für eine Begleitung notwendig und möglich? Wieviel Distanz sollte dennoch bleiben? Hilfen zu entwickeln für den Umgang mit einem schwierigen Kranken oder einer zerstrittenen Familie; Fragen nach der Rollengestaltung in der Begleitung zu klären: Welche Rolle nimmt der Helfende gegenüber dem Sterbenden ein? Was ist sein Platz im Familien, Nachbarschafts und Freundeskreissystem des Kranken? Welche Aufgaben sollte er übernehmen? Welche besser nicht? Wieviel Zeit will und kann der Helfende investieren? Wie können Grenzen des Engagements ausdrücklich gemacht werden gegenüber den Hilfesuchenden? Welche ist die Rolle des Ehrenamtlichen im Zusammenspiel mit anderen beteiligten Hauptamtlichen (Pflegedienst, Familienhilfe, Seelsorger etc.)? Wie können Ehrenamtliche reagieren, wenn es da Konflikte gibt? eigene Gefühle etwa die Traurigkeit über das Dahinschwinden des Kranken, den Ekel vor den Exkrementen, die Wut über die Kinder eines Sterbenden, die nur auf das Erbe warten (einige extreme Beispiele) einmal rauszulassen und ins Fließen zu bringen; Gefühle, die aus der Begleitung schon lange im Bauch des Helfers rumoren. Dazu gehört auch, die Dankbarkeit für eine 2
gelungene Begegnung, die den Helfenden sehr bereichert hat, anderen mitzuteilen. Gerade dafür ist eine Supervisionsgruppe ein geeigneter und geschützter Raum; zu erkunden, wie sehr eigene Gefühle die Reaktionen des Begleitenden bestimmen; die Angst vor der eigenen Sterblichkeit zu bearbeiten, an die Begleitende angesichts von Sterben, Tod und Trauer immer wieder neu geführt werden: die Angst wahrzunehmen, sie wiederzuerkennen und neue kreative Formen des Umgangs ihr zu suchen; 2 die Zusammenarbeit in der Hospizgruppe, zwischen ehrenamtlichen Helfern und Hauptamtlichen, zwischen Hospiz und Pflegedienst und Ärzten zu reflektieren und zu verbessern sowie Konflikte zu bearbeiten. (Christoph Drolshagen, in: Ida Lamp (Hrsg.) Hospizarbeit konkret, Gütersloh2001) Arbeitsweisen Bei den Arbeitsweisen und Inhalten der Supervision kann man die Fallarbeit von der Arbeit an Themen der Gruppe unterscheiden. Fallarbeit meint die Reflexion konkreter Hospizbegleitungen in den jeweiligen Kontexten (Privathaushalt, Altenheim, Krankenhaus). Supervision der Gruppe hat oft mit der Zusammenarbeit im Team, mit Konflikten oder Arbeitsabläufen zu tun. Supervision im Hospizbereich steht wie auch sonst unter Schweigepflicht, die für den Supervisor / die Supervisorin wie für die Teilnehmer/innen gilt bezüglich Informationen aus den Begleitungen, aber auch über alles, was die Ehrenamtlichen selber von sich mitteilen und zeigen. Finanzierung Supervision gibt es nicht umsonst. Honorare für Supervisoren liegen bei 80 / Unterrichtsstunde. In vielen Bundesländern wird die Supervision für Ehrenamtliche mit Landesmitteln gefördert. Die Deutsche Hospiz Stiftung fördert Supervision in der Hospizarbeit. Anträge finden Sie auf der Homepage. Ergebnis einer qualifizierten Begleitung der Begleitenden und von regelmäßiger Supervision ist, dass Ängste gemindert und Kräfte freigesetzt werden. Dann erleben die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hospizes Supervision auch nicht als Belastung, sondern als Lohn und Anerkennung für ihre Arbeit. 2 vgl. Johann Christoph Student, Fünf Thesen zur Fortbildung von Sterbebegleiterinnen, infokara 2/1998 3
Mein Profil Ida Lamp Collenbachstr.124 40476 Düsseldorf www.ida lamp.de info@ida lamp.de 0211 480525 Ich arbeite seit 1986 freiberuflich in unterschiedlichen Beratungskontexten. Für Supervision bin ich v.a. durch mein Weiterbildungsstudium Psychosoziale Beratung qualifiziert; ich bin ausgebildet als Psychodrama Assistentin, NLP Practitiner und Kommunikationstrainerin. Von Hause aus bin ich Theologin und war von 1999 2004 Seelsorgerin in einem Hospiz, bringe also eigene Hospizerfahrungen und Erfahrungen in der Begleitung von Sterbenden in den Kontexten Zuhause, Altenheim und Krankenhaus mit. Meine eigene Arbeit lasse ich regelmäßig supervidieren. 4
Anhang As ein bewährtes Beispiel stelle ich Ihnen eine Handreichung des Neuwieder Hospizverein e.v. vor, mit deren Hilfe der Verein seine Ehrenamtlichen über Supervision informiert 3 : Handreichung für Ehrenamtliche Mitarbeiter/ innen des Neuwieder Hospiz e.v. zum Thema Supervision Ehrenamtliche Arbeit in der Begleitung Schwerstkranker und Sterbender ist eine sehr anspruchsvolle und herausfordernde Tätigkeit. Sie werden als Begleiter/ innen mit den Grenzen des Lebens und mit Schicksalen konfrontiert. Sie kommen als Außenstehende in eine Familie oder andere Beziehungssysteme und müssen oft recht schnell Ihren eigenen Platz und Ihre Rolle definieren. Sie erleben eine Beziehung zu einem anderen Menschen, die von großen Schwankungen in der Nähe und Distanz geprägt sein kann. Daher ist es dem Neuwieder Hospiz e.v. wichtig, dass Sie gerade in der Zeit der Begleitung auch vom Verein her gut beheimatet sind. Dazu dienen Abende der Fortbildung und des Austausches. Eine fachlich spezielle Einrichtung ist in diesem Kontext die Supervision für Ehrenamtliche in der Begleitung Schwerkranker und Sterbender. Supervision soll dazu dienen, den Austausch unter den Begleitenden zu ermöglichen: über die eigene Begleitungsarbeit zu erzählen und Ideen anderer dazu mitzunehmen aufzutanken beeindruckende und belastende Erlebnisse mit Hilfe der Gruppe zu verarbeiten die Begleiterrolle im Beziehungsnetz des Kranken und in der Spannung zwischen Nähe und Distanz zu klären über die Ziele der eigenen Arbeit nachzudenken neue fachliche Ideen und Impulse mitzunehmen. Nun einige ganz konkrete Informationen zur Supervision: Immer dann, wenn eine Begleitung auf Sie zukommt, nehmen Sie verbindlich gleichzeitig an der Supervision teil. Die Supervision findet monatlich zu einem festen Termin in Neuwied statt. Sie können wählen zwischen zwei halboffenen Supervisions Gruppen und somit zwischen einer Supervisorin und einem Supervisor und zwei Terminen: Eine Gruppe trifft sich (montags abends 19 21 Uhr), die andere (mittwochs 17 19 Uhr). Zur Arbeitsweise in der Supervision: Zu Beginn einer jeden Sitzung nach einem kurzen Anfangsimpuls berichtet jede/r kurz von seinem/ihrem Einsatz. Wer möchte, kann dann genauer über seine/ihre Begleitung erzählen, um offene Fragen zu klären oder eine Rückmeldung aus der Gruppe zu bekommen. Es können auch ggf. sich aus den Begleitungen ergebende fachliche Fragen erörtert werden. Für die von Ihnen eingebrachten Inhalte und für die Sitzungen gilt die Schweigepflicht aller Beteiligten. Wenn die Begleitung beendet ist, nehmen Sie an mindestens noch einer Sitzung teil für einen Rückblick. Wenn Sie möchten, können Sie auch noch für einige Sitzungen weiterhin kommen. Die Liste der Termine, den Tagungsort, den Namen und die Adresse des/r Supervisors/in erhalten Sie im Büro des Neuwieder Hospiz e.v. und des Ambulanten Hospiz Neuwied. Dieser Handreichung liegt ein Konzept von einer halboffenen Gruppe zugrunde, an der nur diejenigen Ehrenamtlichen teilnehmen, die aktuell in einer Begleitung sind. Fernen arbeiten hier die Supervisoren/ innen mit gestaltenden und strukturierenden Elementen, die sich in der Arbeit mit Ehrenamtlichen bewährt haben, im beruflichen Feld dagegen oft wegfallen zugunsten der Dynamik der Gruppe selber. 3 Autor: Christoph Drolshagen; Informationen zur Arbeit mit diesem Konzept beim Neuwieder Hospizverein e.v., Marktstraße 69, 56564 Neuwied 5