Barrierefreier Ausbau der Haltestelle Bessunger Straße stadteinwärts

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a) Nach Buchstabe c) wird folgender Buchstabe d) eingefügt:

Berichtsnummer X0418/001/II-02

Transkript:

Barrierefreier Ausbau der Haltestelle Bessunger Straße stadteinwärts - Genehmigungsplanung - Unterlage C9: Erschütterungstechnische Untersuchung Antragsteller: HEAG mobilo GmbH Klappacher Straße 172 64285 Darmstadt gez. M. Dirmeier Betriebsleiter BOStrab gez. F. Helfrich Darmstadt, den 06.12.2017 Darmstadt, den 06.12.2017

Erschütterungstechnische Stellungnahme VORHABEN: Barrierefreier Ausbau der Haltestelle Bessunger Straße (stadteinwärts) in der Heidelberger Straße in Darmstadt UMFANG: Prüfung der Planung auf mögliche Ansprüche für erschütterungstechnische Vorsorgemaßnahmen AUFTRAGGEBER: HEAG mobilo GmbH Klappacher Straße 172 64285 Darmstadt BEARBEITUNG: KREBS+KIEFER FRITZ AG Hilpertstraße 20 64295 Darmstadt T 06151 885-383 F 06151 885-220 AKTENZEICHEN: 20178076-VVE-1 DATUM: Darmstadt, 16.05.2017 Unterschrift Dipl.-Phys. Peter Fritz Vorstand Dieser Bericht umfasst 11 Seiten. Der Bericht ist nur für den Auftraggeber bestimmt. Jede darüberhinausgehende Verwendung unterliegt dem Urheberrecht. Eine Veröffentlichung auch im Internet ist nicht gestattet.

- 2 - Inhaltsverzeichnis 1 Sachverhalt und Aufgabenstellung 4 2 Bearbeitungsgrundlagen 4 Gesetze, Normen und Richtlinien 4 Planunterlagen und projektspezifische Informationen 5 3 Anforderungen an den Erschütterungsschutz 6 Beurteilung 6 Kriterien für eine wesentliche Änderung 8 4 Arbeitsgrundsätze und Vorgehensweise 9 5 Untersuchungsergebnisse 10 6 Zusammenfassung / Abschließende Bemerkung 11 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Anhaltswerte A für die Beurteilung von Erschütterungen 8 20178076-VVE-1 q Fassung vom 16.05.2017 q Haltestelle Bessunger Straße

- 3 - Abkürzungsverzeichnis 16. BImSchV Verkehrslärmschutzverordnung 24. BImSchV Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmenverordnung A Anhaltswert BauNVO Baunutzungsverordnung BImSchG Bundes-Immissionsschutzgesetz BImSchV Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz BVerwG Bundes-Verwaltungsgericht db(a) Dezibel (A-bewertet) Lri r F r VwVfG Änderung des Beurteilungspegels [db(a)] Änderung des Abstandes [m] Faktor Abstand zur Gleisachse [m] Verwaltungsverfahrensgesetz

- 4-1 Sachverhalt und Aufgabenstellung Die HEAG mobilo GmbH plant den barrierefreien Ausbau der Straßenbahnhaltestelle Bessunger Straße stadteinwärts in der Heidelberger Straße in Darmstadt. Im Zuge des barrierefreien Ausbaus wird das östliche Gleis im Planungsbereich der Haltestelle um 0,50 m nach Osten verschoben und die Gradiente geringfügig abgesenkt. Das westliche Gleis wird saniert und die Gradiente bleiben unverändert. Bei Eingriffen, bei denen die Gleislagen verändert werden, kann eine Erhöhung der Erschütterungsimmissionen für die nächstgelegenen Gebäude mit schutzwürdigen Nutzungen nicht ausgeschlossen werden. In der vorliegenden Untersuchung ist daher anhand von Plausibilitätsbetrachtungen darzulegen, ob es infolge der geplanten baulichen Eingriffe zu einer wesentlichen Erhöhung der Erschütterungsimmissionen kommen kann und somit ein Erfordernis für erschütterungstechnische Vorsorgemaßnahmen besteht. In Ermangelung konkreter Regelungen durch den Gesetzgeber wird hierbei auf in Fachkreisen allgemein anerkannte Regelwerke und Vorgehensweisen zurückgegriffen. 2 Bearbeitungsgrundlagen Gesetze, Normen und Richtlinien Der durchgeführten schalltechnischen Untersuchungen liegen die folgenden Gesetze, Verordnungen, Richtlinien und Regelwerke zu Grunde /1/ Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigung, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes- Immissionsschutzgesetz BImSchG) in der aktuell gültigen Fassung /2/ Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der aktuell gültigen Fassung /3/ 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung 16. BImSchV) vom 12. Juni 1990, geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 18. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2269)

- 5 - /4/ 24. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmenverordnung 24. BImSchV) vom 4. Februar 1997 in ihrer berichtigten Fassung vom 16. Mai 1997 /5/ Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.12.2010, BVerwG 7 A 14.09 /6/ DIN 4150, Teil 1 Erschütterungen im Bauwesen: Vorermittlung von Schwingungsgrößen, Juni 2001 /7/ DIN 4150, Teil 2 Erschütterungen im Bauwesen: Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden, Juni 1999 Planunterlagen und projektspezifische Informationen Zur Bearbeitung wurden die nachfolgenden Planunterlagen, Schriftsätze und sonstigen Informationen herangezogen: /8/ Digitale Planung des barrierefreien Ausbaus der Haltestelle Bessunger Straße, erhalten vom Ingenieurbüro Durth Roos am 07.04.2017 /9/ Angaben zur Verkehrsstärke (DTV, Angaben zum SV), erhalten von der Stadt Darmstadt am 12.05.2017 /10/ Angaben zur Verkehrsbelastung Straßenbahn, erhalten von der Stadt Darmstadt am 07.04.2017 /11/ Flächennutzungsplan der Stadt Darmstadt, Stand März 2017

- 6-3 Anforderungen an den Erschütterungsschutz Beim Betrieb schienengebundener Fahrzeuge kommt es im Kontaktbereich zwischen Rad und Schiene zu Schwingungsanregungen, die auf Störungen des stationären Abrollvorganges zurückzuführen sind. Verantwortlich hierfür sind einerseits Inhomogenitäten der Schiene, andererseits auch das Rad selbst, das in der Regel einen ungleichmäßigen Verschleiß erfährt. Die impulsförmige Anregung des Radsatzes und des Gleiskörpers wiederum hat die Anregung von Eigenschwingungen des Gesamtsystems zur Folge. Die aus den dynamischen Lasten resultierenden Schwingungen des Gleisoberbaus werden über den Untergrund auf nahestehende Gebäude übertragen, die ihrerseits zu Schwingungen angeregt werden. Die auftretenden Schwingungsamplituden sind in der Regel so gering, dass Bauwerksschäden als Folge der dynamischen Beanspruchung ausgeschlossen werden können. Dennoch können Schwingungen bereits bei geringen Schwingstärken zu Beeinträchtigungen des Wohlbefindens von Menschen in Gebäuden führen. Über die Geschossdecken werden Schwingungen des Gebäudekörpers auf den Menschen übertragen, die vom Körper direkt als mechanische Schwingungsimmissionen wahrgenommen werden. Weiterhin führen die in ein Bauwerk eingeleiteten Schwingungen zu einer Schallabstrahlung der Raumbegrenzungsflächen in Form von hörbarem (sekundärem) Luftschall. Selbst Immissionen, die als mechanische Schwingungen nicht mehr spürbar sind, können dann akustisch wahrnehmbar sein. Die Rechtsgrundlage für Ansprüche auf Erschütterungsschutzmaßnahmen ist in 74 (2) des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) begründet. Hiernach sind dem Träger eines Vorhabens Vorkehrungen oder die Einrichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen mit angemessenem Aufwand zum Schutzzweck nicht realisierbar, so besteht ein entsprechender Entschädigungsanspruch für die Betroffenen. Beurteilung Im Gegensatz zur schalltechnischen Problemstellung existieren derzeit keine gesetzlichen Bestimmungen, in denen Grenzwerte für Erschütterungsimmissionen festgelegt sind. Daher werden die in Fachkreisen anerkannten Anhaltswerte ge-

- 7 - mäß DIN 4150-2 /7/ herangezogen. Bei Einhaltung dieser Anhaltswerte kann davon ausgegangen werden, dass die Erschütterungen keine erheblich belästigenden Einwirkungen darstellen, die als niedrigste Qualifikationsstufe schädlicher Umwelteinwirkungen anzusehen sind. Da die DIN 4150-2 und die darin ausgewiesenen Anhaltswerte nicht direkt auf Erschütterungsereignisse aus dem schienengebundenen Verkehr ausgerichtet sind und die Grenze der Zumutbarkeit von Erschütterungszunahmen bisher gesetzlich nicht definiert ist, muss das Erfordernis von Erschütterungsschutzmaßnahmen im Einzelfall geprüft werden. Eine gegebenenfalls vorhandene Vorbelastung durch bereits bestehende Schienenverkehrswege ist hierbei zu berücksichtigen. Die Beurteilung erfolgt anhand der Kriterien Au für die maximale bewertete Schwingstärke KBFmax und Ar für die Beurteilungsschwingstärke KBFTr. Ist KBFmax kleiner oder gleich dem unteren Anhaltswert Au, so werden die Anforderungen der Norm erfüllt. Dann gilt als nachgewiesen, dass die schienenverkehrsinduzierten Erschütterungsimmissionen nicht als erheblich belästigend einzustufen sind. Übersteigt die maximale bewertete Schwingstärke den unteren Anhaltswert, erfolgt die Beurteilung in einem weiteren Prüfschritt auf Basis der Beurteilungsschwingstärke KBFTr im Vergleich zu dem Beurteilungsanhaltswert Ar. Die Anhaltswerte A zur Beurteilung von Erschütterungsimmissionen in Wohnungen und vergleichbar genutzten Räumen werden in der DIN 4150-2 jeweils in Abhängigkeit von der Art der baulichen Nutzung der Umgebung des Einwirkungsortes sowie für den Tag- und den Nachtzeitraum unterschieden. In Tabelle 1 sind die Anhaltswerte angegeben.

- 8 - Zeile 1 2 3 4 5 Einwirkungsort Einwirkungsorte, in deren Umgebung nur gewerbliche Anlagen und gegebenenfalls ausnahmsweise Wohnungen für Inhaber und Leiter der Betriebe sowie für Aufsichtspersonal und Bereitschaftspersonen untergebracht sind Einwirkungsorte, in deren Umgebung vorwiegend gewerbliche Anlagen untergebracht sind Einwirkungsorte, in deren Umgebung weder vorwiegend gewerbliche Anlagen noch vorwiegend Wohnungen untergebracht sind Einwirkungsorte, in deren Umgebung vorwiegend oder ausschließlich Wohnungen untergebracht sind Besonders schutzbedürftige Einwirkungsorte, z. B. in Krankenhäusern, Kurkliniken, soweit sie in dafür ausgewiesenen Sondergebieten liegen tags nachts Au Ar Au Ar 0,40 0,20 0,30 0,15 0,30 0,15 0,20 0,10 0,20 0,10 0,15 0,07 0,15 0,07 0,10 0,05 0,10 0,05 0,10 0,05 Tabelle 1: Anhaltswerte A für die Beurteilung von Erschütterungen Für oberirdisch geführten Schienenverkehr des ÖPNV nennt die DIN 4150-2 eine Sonderregelung. Gemäß Ziffer 6.5.3.3 dürfen dann die Au- und Ar-Werte nach DIN 4150-2 um den Faktor 1,5 angehoben werden. Dieser Faktor ist bei den in Tabelle 1 angegebenen Anhaltswerten noch nicht berücksichtigt. Kriterien für eine wesentliche Änderung Nach anerkannter Praxis ist im Zusammenhang mit baulichen Eingriffen in Schienenverkehrswege ähnlich zur Vorgehensweise bei der Beurteilung des primären Luftschalls nach der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) zunächst zu prüfen, ob sich aus dem Vorhaben eine wesentliche Erhöhung der Erschütte-

- 9 - rungsimmissionen ergibt. Gemäß einschlägiger Studien zur Wahrnehmbarkeitsschwelle der Veränderung von Erschütterungsimmissionen bedarf es der Erhöhung einer bestehenden Vorbelastung um mindestens Δ 25 %, so dass nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen von einer wesentlichen Erhöhung ausgegangen werden kann. Diese wesentliche Erhöhung ist notwendige Voraussetzung für Vorsorgemaßnahmen. Soweit darüber hinaus die gebietsspezifischen Anhaltswerte gemäß DIN 4150-2 überschritten werden, ergibt sich hieraus das Erfordernis erschütterungstechnischer Vorsorgemaßnahmen. Für den sekundären Luftschall wird in Anlehnung an die schalltechnische Problemstellung bei der Bewertung nach 16. BImSchV eine Erhöhung der Beurteilungspegel von mindestens DLri 3 db(a) als wesentlich erachtet. Ein Anspruch auf Vorsorgemaßnahmen ergibt sich demgemäß infolge einer wesentlichen Erhöhung der Beurteilungspegel bei gleichzeitiger Immissionsrichtwertüberschreitung. Die beschriebene Vorgehensweise bei der Beurteilung von Erschütterungen wurde inzwischen höchstrichterlich durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21.12.2010 bestätigt. 4 Arbeitsgrundsätze und Vorgehensweise Für die erschütterungstechnischen Belange genügt im Rahmen dieser erschütterungstechnischen Stellungnahme eine verbalargumentative Aufbereitung der Sachverhalte, da auf Grund der sehr geringen Änderungen der Gleislage im Zuge der Gleiserneuerung keine signifikanten Änderungen der Erschütterungseinwirkungen und des sekundären Luftschalls, die zu einer Verschlechterung der Situation führen, zu erwarten sind.

- 10-5 Untersuchungsergebnisse Faktoren, die zu einer Erhöhung der Schwingungsimmissionen in den umliegenden Gebäuden mit schutzwürdigen Nutzungen führen können, sind einerseits Veränderungen der Abstandsverhältnisse zwischen Gleisachsen und Baukörpern, andererseits betriebliche Veränderungen, beispielsweise die Erhöhung des Verkehrsaufkommens. Betriebliche Veränderungen sind derzeit nicht absehbar. Im Rahmen der geplanten Gleiserneuerung erfolgt an 1 Stelle in der Nähe schutzwürdiger Nutzungen eine Gleislageverschiebung. Das östliche Gleis rückt um Δr = 0,50 m an die Bebauung Heidelberger Straße 92 heran. Die mittlere Entfernung des Gleispaares reduziert sich von ca. 9,32 m auf ca. 8,82 m. Die bestehenden Gleise sind Spurstangengleise auf einer Schottertragschicht mit Asphalteindeckung bzw. in Teilabschnitten mit Betoneindeckung. Die Schiene ist nicht bituminös untergossen. Nach Auskunft der HEAG mobilo ist eine Gleiserneuerung des Rillengleises auf Betonschwellen, deren Schwellenfächer ausbetoniert werden und mit Asphalteindeckung versehen werden. Zur Reduzierung von Körperschallemissionen wird eine elastische Zwischenlage eingebaut. So wird im vorliegendem Fall in jedem Fall keine Verschlechterung, sondern aller Voraussicht nach eine Verbesserung zu erwarten sein. Insofern kann sich eine Änderung der Erschütterungseinwirkung nur auf Grund eines unterschiedlichen Abstands in Bestand und Planung zu nächstgelegenen schutzwürdigen Nutzungen ergeben. Dieser Abstand wird mit Hilfe des Faktors berücksichtigt. F = log r / log r1 r r1 Abstand zur nächstgelegenen Gleisachse in der Bestandssituation Abstand zur nächstgelegenen Gleisachse nach der Baumaßnahme

- 11 - Für das vorhandene Gebäude Heidelberger Straße 92 lässt sich ein Faktor von F = log 9,32 / log 8,82 = 1,0253 berechnen. Dies würde eine prozentuale Erhöhung um ca. 2,5 % bedeuten. Erhöhungen in dieser Größenordnung sind als nicht wesentlich einzustufen. Ein Anspruch auf erschütterungstechnische Vorsorgemaßnahmen besteht somit nicht. 6 Zusammenfassung / Abschließende Bemerkung Im Zuge des barrierefreien Ausbaus der Haltestelle Bessunger Straße in der Heidelberger Straße in Darmstadt wurde untersucht, ob aus der erforderlichen Gleislageverschiebungen um bis zu 0,50 m Ansprüche auf erschütterungstechnische Vorsorgemaßnahmen resultieren können. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: q Aus den geplanten Umbaumaßnahmen resultieren keine wesentlichen Erhöhungen der Immissionen aus Erschütterungen. Ein Erfordernis für erschütterungstechnische Vorsorgemaßnahmen ergibt sich daher aus der geplanten Baumaßnahme nicht und es wird nicht zu einer signifikanten Erhöhung der Immissionen aus Erschütterungen kommen. AUFGESTELLT: Dipl.-Ing. Mario Graefen GEPRÜFT: Dipl.-Ing. (FH) Matthias John-Tschoeppe