12. Holzenergie-Symposium

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Transkript:

Thomas Nussbaumer (Hrsg.) 12. Holzenergie-Symposium Holzenergie-Nutzung in der Energiestrategie 2050 14. September 2012, ETH Zürich www.holzenergie-symposium.ch verenum Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederazium svizra Bundesamt für Energie

Thomas Nussbaumer (Hrsg.): 12. Holzenergie-Symposium: Holzenergie-Nutzung in der Energiestrategie 2050. Tagung an der ETH Zürich am 14. September 2012, Verenum Zürich 2012 ISBN 3-908705-24-X Bezugsquelle Holzenergie-Symposium c/o TEMAS AG, Egnacherstrasse 69, CH 9320 Arbon Telefon 071 446 50 30, Fax 071 446 50 82 Email info@holzenergie-symposium.ch Infos www.holzenergie-symposium.ch

Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 1 F. Rutschmann: Energiestrategie 2050 des Bundes und Beitrag der Holzenergie 2 L. Bretschger: Energie und Ökonomie: Auswirkungen von politischen Massnahmen 3 R. Jenni: Holzheizkraftwerk Aubrugg 4 P. Odermatt, T. Nussbaumer Holzofen mit Verbrennungsretorte und zweistufiger Verbrennung 5 M. Kiener, T. Nussbaumer: Strömungsoptimierung einer Vorschubrostfeuerung mit CFD und PIV 6 A. Lüthi: Bison Powerblock: Pelletheizung mit linear angetriebenem Dampfmotor 7 G. Marinitsch, T. Kamenik-Lingitz: Wärmekraftkopplung mit Holzvergaser und Stirlingmotor 8 W. Felsberger: Festbettvergasung mit Blockheizkraftwerk für Holz 9 D. Vogel, R. Schmid: 100 kw Heissgasturbine zur Wärmekraftkopplung mit Holz 10 T. Nussbaumer, K. Fong: Gesundheitsauswirkungen von Feinstaub aus Holzfeuerungen 11 B. Müller: Klein-Elektroabscheider: BAFU-Tagung und Konsequenzen 12 W. Vock, A. Jenni: QS Support für Holzfeuerungen ab 70 kw 13 P. Lienemann, R. Zumstein, W. Vock, N. Agorastos: Qualität von Aschen aus Holzfeuerungen 14 W. Emhofer, S. Aigenbauer: CO aus Holzpellets: Bildung, Charakterisierung und Massnahmen 15 S. Biollaz, P. Jansohn: Biomassevergasung: Stand der Technik und Trends 16 J. Kiel: Torrefaction: Fundamentals, Processes and Potential 7 11 19 31 53 71 81 89 95 103 119 129 137 147 159 173 Autorenverzeichnis 187

CO aus Holzpellets: Bildung, Charakterisierung und Massnahmen Waltraud Emhofer und Stefan Aigenbauer Bioenergy2020+, A Wieselburg Zusammenfassung Der steigende Bedarf an Biomasse zur energetischen Nutzung auch im industriellen Massstab hat einen Anstieg der Lagerkapazitäten für Holzpellets zur Folge. Holzpellets emittieren während der Lagerung giftige Gase, insbesondere Kohlenmonoxid (CO). Hohe Konzentrationen von Kohlenmonoxid können sogar tödlich auf Personen wirken, die sich in Pelletlagern oder in deren Nähe aufhalten. Im Beitrag wird zuerst darauf eingegangen, wie es zur Bildung von CO aus Holzpellets kommt und welche Einflussparameter dazu bereits untersucht wurden. Des Weiteren wird eine übliche Charakterisierungsmethode zur Bestimmung der Freisetzung von CO aus Holzpellets beschrieben, die Ausgasungsmethode in definierten Volumina. Anschliessend werden Ergebnisse eines Monitoringversuchs präsentiert, die in 31 Pelletlagern zum Zweck der Erhebung des Gefährdungspotenzials für Endkunden durch CO Freisetzung durchgeführt wurden. Ebenfalls werden die Ergebnisse einer Reihe von Technikumsversuchen zur Effektivität von unterschiedlichen Belüftungsmassnahmen für Pelletlager bis 20 Tonnen Kapazität vorgestellt. Hierzu wurden im Technikum von Bioenergy2020+ vier typische Pelletlagertypen aufgebaut und die Auswirkung von verschiedenen Belüftungsmassnahmen auf die Entwicklung der Konzentrationen von CO, CO 2, O 2 und VOC untersucht. Die Massnahmen umfassen Belüftungsöffnungen, Kaminbelüftung, verschiedene Typen von belüftbaren Storzkupplungsdeckeln und mechanische Belüftung mittels Ventilatoren. Die Ergebnisse aus all diesen Untersuchungen dienten in weiterer Folge als Entscheidungshilfe für das Austrian Standards Institute und den Verein Deutscher Ingenieure bei der Einführung von neuen Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit von Endkunden in Pelletlagern in gängigen und neuen Regelwerken. 147

1 Einleitung Die Märkte für industriell genutzte Biomasse zur energetischen Nutzung entwickeln sich rasch zu internationalen Rohstoffmärkten. Für das Jahr 2006 wurde die weltweite Pelletproduktion auf über 8,2 Millionen Tonnen geschätzt [1]. Bis zum Jahr 2009 hat diese Zahl auf geschätzte 10,1 Millionen Tonnen Pellets zugenommen [2]. Dieser Trend kann auch auf nationaler Ebene verfolgt werden, zum Beispiel anhand von Deutschland wo die Pelletproduktion im ersten Halbjahr 2011 höher war als in den Jahren zuvor (Bild 1). 600.000 500.000 pellet production [t] 400.000 300.000 200.000 100.000 0 1st quarter 2nd quarter 3rd quarter 4th quarter 2008 2009 2010 2011 Bild 1 Trends in der deutschen Pelletproduktion von 2008 bis 2011 [3]. Eine direkte Folge der zunehmenden Pelletproduktion und des steigenden Pellethandels ist der Anstieg der Lagerkapazitäten für Holzpellets. Während der Lagerung emittieren Holzpellets eine Vielzahl von verschiedenen Gasen, darunter Kohlenmonoxid (CO), Kohlendioxid (CO 2 ) sowie flüchtige organische Verbindungen (VOC), wie beschrieben in [4, 5]. Im Zuge der Freisetzung dieser Gase kann es zu einer Verarmung des Sauerstoffgehaltes (O 2 ) in der Lagerraumatmosphäre kommen [4]. Von allen freiwerdenden Gasen ist CO das wohl gefährlichste. Seit 2002 wurde über acht tödliche Unfälle im Zusammenhang mit freiwerdenden Gasen aus gelagerten Holzpellets berichtet. Die Unfälle ereigneten sich sowohl auf Überseetransportschiffen als auch in hauseigenen Pelletlagerräumen. Die beiden zuletzt bekannt gewordenen Vorfälle ereigneten sich in zwei Pelletlagern in Deutschland und der Schweiz und resultierten in dem tragischen Tod zweier Menschen. Als unmittelbare Konsequenz aus diesen beiden Vorfällen wurde im Jahr 2010 in Österreich mit einer Überarbeitung der ÖNORM M 7137 [6] begonnen, welche sich mit der sachgemässen Lagerung von Holzpellets beim Endkonsumenten beschäftigt. Die in der neuen Version implementierten Sicherheitsmassnahmen sollen die Konsumenten vor der Gefährdung durch aufkonzentrierte Emissionen aus den Pellets schützen. Die vorgeschlagenen Massnahmen wurden aus Experimenten von Bioenergy2020+ abgeleitet, die mit Unterstützung einer grossen Anzahl von österreichischen Firmen finanziert werden konnten. Auch in Deutschland gibt es Bestrebungen seitens des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) eine Richtlinie zum Thema Sicherheitsmassnahmen für Pelletlager bis zu einer Kapazität von 100 Tonnen zu veröffentlichen. 148

2 Bildung von CO aus Holzpellets und Charakterisierung der Freisetzung Über das Thema der Freisetzung von CO, CO 2 und VOC aus Holzpellets sind bisher bereits einige Publikationen erschienen, die sich hauptsächlich mit den Einfluss nehmenden Parametern der Lagersituation auf die Freisetzung der Gase beschäftigen. So wurde der Einfluss von Lagertemperatur, relativer Luftfeuchte und Füllstandshöhe in Laboruntersuchungen bereits 2009 durch eine Arbeitsgruppe an der University of British Columbia publiziert [7, 8]. Im Jahr 2008 wurde auch erstmals eine Publikation über die möglichen zugrundeliegenden kinetischen Reaktionsprinzipien veröffentlicht [9]. Alle diese Veröffentlichungen können jedoch die grundlegende Frage nach dem eigentlichen Bildungsweg des CO aus den Holzpellets nicht beantworten. Lediglich in der 2008 veröffentlichen Publikation von Svedberg et. al. [10] findet sich ein Hinweis darauf, dass CO als Abbauprodukt der Oxidation von im Holz vorhandenen ungesättigten Fettsäuren entstehen kann. Ein genauer Bildungsmechanismus konnte jedoch auch hier nicht beschrieben werden. Erst eine aktuell veröffentlichte Studie [11] der University of Newcastle liefert einen ersten möglichen vollständigen Oxidationsmechanismus für eine der im Holz natürlich vorhandenen ungesättigten Fettsäuren, der Linolensäure, aus dem auch die Bildung von CO hervorgeht (Bild 2). Bild 2 Bildung von CO aus der Oxidation von Linolensäure [11]. 149

Die Charakterisierung von Holzpellets hinsichtlich ihres Potenzials zur Freisetzung von CO und anderen Gasen erfolgt üblicherweise über Ausgasungsversuche in definierten Lagervolumina. Zu diesem Zweck werden bei Bioenergy2020+ Glasflaschen mit einem Volumen von 5 Litern verwendet, in welchen ca. 2 bis 3 kg Pellets über einen Zeitraum von 3 bis 7 Tagen gelagert werden (Bild 3). Bild 3 Lagerung verschiedener Holzpelletchargen in einem definierten Lagervolumen (links), Probenflasche mit aufgesetztem Messanschluss (rechts). Anschliessend wird die Zusammensetzung der Atmosphäre in der Glasflasche bestimmt und für die einzelnen Komponenten eine Freisetzung der Menge an Gas in mg Gas pro kg Pellets pro Tag errechnet. In Tabelle 1 sind einige Werte zur Charakterisierung von Holzpellets aus Fichte und Kiefer hinsichtlich der Freisetzung von CO dargestellt. Produktionsfrische Pellets zeigen immer eine deutlich höhere Freisetzung als bereits länger gelagerte Pellets. Tabelle 1 Freisetzung von CO aus Fichten- und Kiefernpellets unterschiedlichen Produktionsalters. Pelletrohstoff Produktionsalter Freigesetzte Menge an CO [Tagen] [mg CO/ kg Pellet/ Tag] Fichte 1 0,92 Kiefer 1 2,88 Fichte 300 0,02 Kiefer 330 0,05 150

3 Massnahmen zur Bewältigung der Gefährdung durch CO in Pelletlagern Im folgenden Abschnitt werden zuerst die Ergebnisse eines Monitorings vorgestellt, das zur Erhebung des Gefährdungspotenzials für Endkunden in Pelletlagern kleiner Kapazitäten (bis 20 Tonnen) durch CO-Freisetzung diente. Anschliessend werden die Ergebnisse von Untersuchungen zur Effektivität von unterschiedlichen Belüftungsmassnahmen im Technikumsversuch und in einem Feldversuch vorgestellt. 3.1 Monitoring von CO in Pelletlagern von Endkunden (< 20 t) Zur Feststellung der möglichen Gefährdung durch CO von Endkunden wurde im Zeitraum von Mai 2010 bis April 2011 in Österreich ein Monitoringversuch durchgeführt. Aufgezeichnet wurden die CO-Werte sowie die Temperatur und Luftfeuchte in 31 Pelletlagern. Ausserdem dokumentierten die Teilnehmer des Monitorings in einem Protokoll die Befüllzeitpunkte des Lagers sowie etwaige Betretungen. Die Pelletlagerkapazität der ausgewählten Lager reichte von 5 bis 20 Tonnen. In Tabelle 2 sind die Maximalkonzentrationen von CO und die Anzahl der Pelletlager, in denen diese Konzentrationen gemessen wurden, dargestellt. Der gemessene Höchstwert an CO betrug 1333 ppm. Die gesammelten Daten haben gezeigt, dass die jeweils höchsten CO-Werte typischerweise innerhalb der ersten Woche nach Befüllung des Lagers auftraten und dann kontinuierlich absanken. Abhängig von der tatsächlichen baulichen Beschaffenheit des Lagers und der Zusammensetzung der Holzpellets kann die Absinkrate der CO-Konzentration jedoch stark variieren. So zeigte sich im Vergleich von 5 Pelletlagern mit einer jeweiligen vergleichbaren maximalen CO-Konzentration von 400 bis 500 ppm, dass die Zeitspanne bis eine CO-Konzentration von weniger als 100 ppm im Lager erreicht wird, zwischen 7 und 70 Tagen dauern kann. Tabelle 2 Monitoringdaten von CO-Werten aus 31 Pelletlagern Maximaler Wert CO [ppm] Anzahl von Pelletlagern >1000 2 501-1000 3 101-500 15 31-100 6 0-30 5 151

3.2 Experimentale Untersuchungen zum Test von Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit in Pelletlagern (< 20 t) 3.2.1 Technikumsversuche zur Effektivität von Belüftungsmassnahmen Im Rahmen dieser Versuche wurden vier typische Pelletlagertypen im Technikum aufgebaut und die Effektivität von verschiedenen Belüftungsmassnahmen auf die Entwicklung der Konzentrationen von CO, CO 2, O 2 und VOC untersucht (Bild 4). Die untersuchten Belüftungsmassnahmen umfassten: Belüftungsöffnungen (z.b. Einstiegsluken) unterschiedlicher Grössen Kaminbelüftung Belüftung über drei verschiedene Typen von belüftbaren Storzkupplungsdeckeln Mechanische Belüftung mittels Ventilator. Bild 4 Pelletlagertypen aus Technikumsversuchen. 152

Die experimentellen Aufbauten dienten erstens zur Untersuchung und zur Bewertung der Effektivität von natürlichen Belüftungsmassnahmen im Vergleich mit mechanischen Belüftungsmassnahmen. Zweitens wurde eine vergleichende Untersuchung der Effektivität der drei getesteten, belüftbaren Storzkupplungsdeckel durchgeführt, sowie eine erste Versuchsserie zum Testen einer Kaminlösung zur Belüftung eines Pelletlagers bei unterschiedlichen Temperaturbedingungen. Schliesslich wurde noch die Effektivität der im Moment am häufigsten empfohlenen Sicherheitsmassnahme vor Betreten eines Pelletlagers, der 15-minütigen Belüftung durch Öffnen der Lagertür, untersucht. Die Kernergebnisse aus diesen Versuchen lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Spontane natürliche Belüftung (z.b. durch Öffnen der Lagerraumtür) vor Betreten konnte nicht in jedem Fall eine ausreichende Belüftung zur Senkung der CO-Konzentrationen unter ein ungefährliches Niveau sicherstellen. 2. Kontinuierliche natürliche Belüftung mit belüftbaren Storzkupplungsdeckeln senkte die CO-Konzentrationen im Pelletlager signifikant (um ~50% innerhalb der ersten Woche). 3. Der Vergleich der Effektivität der untersuchten belüftbaren Storzkupplungsdeckel zeigte im Technikumsversuch keine Unterschiede zwischen den einzelnen Lösungen und lediglich eine Abhängigkeit von Leitungslänge und Leitungsdurchmesser der dahinterliegenden Befüllleitung. 4. Kontinuierliche natürliche Belüftung in Verbindung mit 15-minütiger spontaner Belüftung unmittelbar vor Betreten des Pelletlagers stellt für Pelletlager bis zu 20 Tonnen ausreichende Sicherheit vor Betreten her. 5. Belüftungen mittels Kaminlösungen sind effektiver als Lüftungsöffnungen mit ähnlichen Öffnungsgrössen. 6. Spontane mechanische Belüftung vor Betreten zeigte sich als die beste Lösung für Lager, die nicht über kontinuierliche natürliche Belüftung ventiliert werden können, sowie für Lagertypen in welchen mit besonders hohen CO-Konzentrationen gerechnet werden muss (besonders dicht ausgeführte Lagerlösungen). 153

3.2.2 Feldversuche zur Effektivität eines Typs belüftbarer Storzkupplungsdeckel Im Rahmen dieses Feldversuches wurden 18 Pelletlager < 20 t ausgewählt, in welchen, ähnlich dem im Abschnitt 3.1 beschriebenen Monitoring, die Konzentrationen von CO sowie die Temperatur und die Luftfeuchte aufgezeichnet wurden (Tabelle 3). Alle Lager wurden zu Beginn der Datenaufzeichnung frisch mit Pellets befüllt und über den Zeitraum von einer Woche wurden die Daten aufgezeichnet. Bei 10 der 18 ausgewählten Lager wurden belüftbare Storzkupplungsdeckel an ausseitig endenden Befüllleitungen des Gebäudes angebracht. Die verbleibenden 8 Pelletlager wurden ebenfalls mit Datenloggern ausgestattet, ohne jedoch eine Belüftungsmassnahme anzubringen. Tabelle 3 Feldmessungsdaten von 18 belüfteten und unbelüfteten Pelletlagern. n.d. = nicht dokumentiert. belüftet unbelüftet Arithmetisches Mittel Max. CO CO nach Lagerkapazität Rel. # Wert 1 Woche Temperatur Luftfeuchte [t] [ppm] [ppm] [ C] [%] 1 7,6 153 80 22 55 2 6 93 70 35 40 3 4 93 45 22 51 4 8 271 145 18 52 5 5 53 33 21 51 6 7 258 107 17 65 7 20 0 0 19 63 8 12 10 0 12 70 9 6 18 0 17 57 10 n.d. 20 8 28 40 11 3 67 20 20 60 12 5 316 190 20 40 13 6 357 175 21 50 14 11 507 285 20 52 15 3,5 62 0 19 43 16 5 266 135 22 46 17 6,5 0 0 22 49 18 4,5 217 100 20 47 154

Bild 5 zeigt deutlich, dass die Installation der belüftbaren Storzkupplungsdeckel zu einem charakteristischen Belüftungsmuster im Lager führt, das vor allem durch die Temperaturunterschiede zwischen Pelletlager und Aussentemperatur bestimmt wird. Obwohl die Anzahl der untersuchten Lager zu klein ist, um statistisch signifikante Werte zur Effektivität der Belüftungsmassnahme abzuleiten, lassen die Ergebnisse doch den eindeutig positiven Effekt zur Senkung der CO-Konzentration in Pelletlagern erkennen. In dieser Studie konnten die maximal auftretenden CO-Konzentrationen durch die Belüftungsmassnahme im Schnitt um 60% reduziert werden. 500 ventilated non-ventilated concentration of CO [ppm] 400 300 200 100 0 08.09 09.09 10.09 11.09 12.09 13.09 14.09 15.09 time [days dd.mm] Bild 5 Vergleich des CO-Konzentrationsverlaufs in einem belüfteten (unausgefüllte Symbole) und einem unbelüfteten Pelletlager (ausgefüllte Symbole). 4 Schlussfolgerungen Die Ergebnisse aus bisherigen Forschungsarbeiten zur Freisetzung von CO und anderen Gasen aus Holzpellets liefern bereits wichtige Aussagen über den Einfluss von verschiedenen Parametern wie Lagertemperatur, Produktionsalter, bauliche Beschaffenheit des Lagers und Holzsorte. Zu den bisher noch kaum erforschten Parametern zählen unter anderem die Geschichte des Pelletrohstoffes bis zur Verpressung, der Pressvorgang an sich sowie die genaue Zusammensetzung der Fettsäuren des Holzrohstoffes. Des Weiteren ist die bisher angewandte Methodik der Charakterisierung von Holzpellets hinsichtlich des Freisetzungsverhaltens mittels Ausgasungsversuchen zwar gut evaluiert und reproduzierbar, dabei aber langwierig und teuer und daher für eine schnelle Charakterisierung direkt nach der Produktion oder im Handel nicht praktikabel. Trotz der oben erwähnten, offenen Forschungsfragen kann festgehalten werden, dass zum jetzigen Zeitpunkt zumindest für Fichten- und Kiefernpellets bereits die Bandbreite an möglichen Freisetzungsraten für CO gut erforscht ist. Dies erlaubt eine gute Abschätzung der Anforderungen an Belüftungsmassnahmen für Pelletlager unterschiedlicher Grössenordnungen und bietet die Grundlage für die Implementierung von Sicherheitsmassnahmen für Pelletlager in Regelwerken und Normen. 155

5 Auswirkungen auf Regelwerke Als Reaktion auf die tragischen Unfälle durch Freisetzung von CO und anderen Gasen aus Holzpellets sowie auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse aus wissenschaftlichen Experimenten zu diesem Thema sind nun sowohl nationale als auch internationale Standardisierungsgremien gefordert, sich für eine rasche Implementierung von Sicherheitsmassnahmen zum Schutz vor giftigen Gasen in Pelletlagern einzusetzen. In Österreich hat das Austrian Standards Institute (ASI) bereits mit der Überarbeitung der ÖNORM M 7137 begonnen. Die neue Version wird sich mit dem Schutz von Endkunden vor den Risiken durch Freisetzung von CO und VOC aus Holzpellets in Pelletlagern bis zu 30 Tonnen beschäftigen. Um dieses Risiko zu bewältigen, werden Mindestanforderungen an eine natürliche, kontinuierliche Belüftung von Pelletlagern (z.b. durch die Benutzung von belüftbaren Kupplungsdeckeln) vorgeschrieben. Ausserdem werden die bereits weit verbreiteten Empfehlungen für zusätzliche Belüftungsmassnahmen vor Betreten von Pelletlagern in den normativen Text mit aufgenommen. Mit einer Veröffentlichung des neuen Normvorschlags kann noch im Jahr 2012 gerechnet werden. Die Aktivitäten des VDI in Deutschland sind weitgehend mit den Arbeiten in Österreich koordiniert. Die geplante VDI-Richtlinie mit dem Arbeitstitel VDI 3464 Emissionsreduktion Lagerung von Holzpellets bei Konsumenten wird auch die Lagerung von grösseren Mengen an Holzpellets bis 100 Tonnen Kapazität abdecken. Daraus ergeben sich auch andersartige Regelungen bezüglich der Belüftungsmassnahmen, z.b. verpflichtende, mechanische Belüftung vor Betreten von Lagern mit grossen Kapazitäten. Auch das Thema Arbeitssicherheit wird aufgegriffen und das Mitführen von CO-Warngeräten für Personal in Gefährdungszonen behandelt. Im Moment befindet sich die Richtlinie im Gründruck. Ausserdem beteiligt sich Bioenergy2020+ im Moment auch an einem Projekt im Rahmen des 7. Europäischen Rahmenprogrammes, welches zum Ziel hat, das in Europa vorhandene Know-how zu diesem Thema zu vereinen und auch auf CEN und ISO Levels einzubringen. 6 Danksagung Die in diesem Beitrag beschriebenen Arbeiten wurden im Rahmen der FFG Basisprogramme unter der Projektnummer 285867 gefördert. Des Weiteren sei den 23 an dem Projekt beteiligten Industriepartnern für ihre finanzielle Unterstützung gedankt. 156

7 Literatur [1] Heinimö, J.; Junginger, M. (2009).: Production and trading of biomass for energy An overview of the global status, Biomass and Bioenergy, Vol. 33, No 9, 2009, 1310-1320 [2] Sikkema, R.; Steiner, M.; Junginger, M.; Hiegl, W.; Hansen, M. T.; Faaij, A.: The European wood pellet markets: current status and prospects for 2020, Biofuels, Bioproducts and Biorefining, Vol. 5, No 3, 2011, 250-278 [3] Deutscher Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV): Pelletproduktion auf Rekordkurs, Onlineausgabe von ERNEUERBARE ENERGIEN DAS MAGAZIN http://www.erneuerbareenergien.de/pelletproduktion-auf-rekordkurs/150/482/31556/, abgerufen am 12. August 2011 um 13:35 Uhr [4] Svedberg, U.; Högberg, H-E.; Högberg, J.; Galle, B.: Emission of Hexanal and Carbon Monoxide from Storage of Wood Pellets, a Potential Occupational and Domestic Health Hazard, The Annals of Occupational Hygiene, Vol. 48, No 4, 2004, 339-349 [5] Arshadi, M.; Geladi, P.; Gref, R.; Fjällström, P.: Emission of Volatile Aldehydes and Ketones from Wood Pellets under Controlled Conditions, The Annals of Occupational Hygiene, Vol. 53, No 8, 2009, 797-805 [6] ÖNORM M 7137: Presslinge aus naturbelassenem Holz - Holzpellets - Anforderungen an die Pelletslagerung beim Endkunden, 2003 [7] Kuang, X.; Shankar, T.J.; Bi, X.T.; Lim, C.J.; Sokhansanj, S.; Melin, S.: Rate and peak concentrations of off-gas emissions in stored wood pellets-sensitivities to temperature, relative humidity, and headspace volume, The Annals of Occupational Hygiene, Vol. 53, No 8, 2009, 789-796 [8] Kuang, X.; Shankar, T.J.; Sokhansanj, S.; Lim, C.J.; Bi, X.T.; Melin, S.: Effects of headspace and oxygen level on off-gas emissions from wood pellets in storage, The Annals of Occupational Hygiene, Vol. 53, No 8, 2009, 807-813 [9] Kuang, X.; Shankar, T.J.; Bi, X.T.; Sokhansanj, S.; Lim, C.J.; Melin, S.: Characterization and kinetics study of off-gas emissions from stored wood pellets, The Annals of Occupational Hygiene, Vol. 52 No 8, 2008, 675-683 [10] Svedberg, U.; Samuelsson, J.; Melin, S.: Hazardous Off-Gassing of Carbon Monoxide and Oxygen Depletion during Ocean Transportation of Wood Pellets, The Annals of Occupational Hygiene, Vol. 52, No 4, 2008, 259-266 [11] Bogdan, J.; Dlugogorski, Z.; Kennedy, E. M.; Mackie, J. C.: Mechanism of Formation of Volatile Organic Compounds from Oxidation of Linseed Oil, Industrial & Engineering Chemistry Research, Vol. 51, No 16, 2012, 5653 5661 157

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