Steinigung ein Überblick

Ähnliche Dokumente
Ein Beispiel aus dem Iran

Der Fall Sakineh Mohammadi Ashtiani

Die Scharia Eine Einführung

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus: Ist die Todesstrafe gerecht? Das komplette Material finden Sie hier:

HINRICHTUNGEN UND TODESURTEILE 2014 LÄNDERÜBERSICHT

AMNESTY INTERNATIONAL LÄNDERÜBERSICHT TODESURTEILE UND HINRICHTUNGEN 2017

Menschenrechte Dokumente und Deklarationen

HINRICHTUNGEN UND TODESURTEILE 2014 LÄNDERÜBERSICHT

HINRICHTUNGEN UND TODESURTEILE 2011 LÄNDERÜBERSICHT

HINRICHTUNGEN UND TODESURTEILE 2013 LÄNDERÜBERSICHT

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. November 2008 zur Todesstrafe in Nigeria

Alkohol 19 Muslime trinken keinen Alkohol, weil es ihnen der Koran verbietet 19

AMNESTY INTERNATIONAL LÄNDERÜBERSICHT TODESURTEILE UND HINRICHTUNGEN 2016

Islam = Frieden? für legitim. Bei muslimischen Schülerinnen und Schülern steigt die Rate auf 29,2 Prozent.

AMNESTY INTERNATIONAL LÄNDERÜBERSICHT TODESURTEILE UND HINRICHTUNGEN 2016

AMNESTY INTERNATIONAL LÄNDERÜBERSICHT TODESURTEILE UND HINRICHTUNGEN 2015

HINRICHTUNGEN UND TODESURTEILE 2011 ZAHLEN UND FAKTEN

AMNESTY INTERNATIONAL LÄNDERÜBERSICHT TODESURTEILE UND HINRICHTUNGEN 2015

I Einführung in die Grundlagen der Menschenrechte 19

Hessischer Rundfunk: Sonntagsgedanken 10. Oktober Sonntag nach Trinitatis Pfarrerin Ksenija Auksutat. hr1-8:40 Uhr Darmstadt

Quiz zum Thema Todesstrafe. 1. Nenne 3 Hinrichtungsmethoden, die heute nicht mehr vollzogen werden.

10. Tätigkeitsbericht. der. Bundesrepublik Deutschland. gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1236/2005. des Rates. vom 27.

Tunesien. Herkunft der Muslime in der Schweiz. Präsidialrepublik

Der internationale Kampf gegen die Todesstrafe

Völkerrechtliche Verträge: VölkerR

Islam. Die 101 wichtigsten Fragen. Ursula Spuler-Stegemann. Verlag C.H.Beck

EUROPÄISCHES PARLAMENT ANGENOMMENE TEXTE

AMNESTY INTERNATIONAL ZUSAMMENFASSUNG TODESURTEILE UND HINRICHTUNGEN 2016

AI-Aktion gegen die Todesstrafe

APOSTASIE FLUCHTGRUND. Warum nicht-religiöse Geflüchtete auch in Deutschland nicht sicher sind und was wir dagegen tun.

Vorlesung Sanktionenrecht (2) Dr. Michael Kilchling

Inhalt. Protokoll Nr. 7 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und. Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe 164

7. Tätigkeitsbericht. der. Bundesrepublik Deutschland. gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1236/2005. des Rates. vom 27.

AMNESTY INTERNATIONAL ZUSAMMENFASSUNG TODESURTEILE UND HINRICHTUNGEN 2016

NomosGesetze. Prof. Dr. Dr. h.c. Christian Tomuschat Prof. Dr. Christian Walter. Völkerrecht. 7. Auflage. Nomos

Inhaltsverzeichnis XIII

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

Der Islam. I Mohammed und die Frühzeit - Islamisches Recht Religiöses Leben. von W. MONTGOMERY WATT ALFORD T. WELCH

Mit Gott gegen die Freiheit

Homosexualität ist seit Jahrhunderten ein Bestandteil islamischer Kultur und bis heute trotz Verfolgung in manchen Ländern überall präsent

2 eingeschränkte Religionsfreiheit und den Angehörigen ethnischer Minderheiten werden ihre verfassungsmäßigen Rechte vorenthalten. Darüber hinaus sehe

Menschenrechte - Ihr Internationaler Schutz: MenschR

Belehrung über die Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst

Irak. Herkunft der Muslime in der Schweiz. Föderale Republik

Auf der Flucht. 1) Warum flieht man eigentlich?

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

Allahs ungeliebte Kinder - Lesben und Schwule im Islam Interview zum neuen Buch von Daniel Krause

8. Tätigkeitsbericht. der. Bundesrepublik Deutschland. gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1236/2005. des Rates. vom 27.

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

Türkei. Herkunft der Muslime in der Schweiz. Demokratische Republik

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

05c / Muslime in der Schweiz. Herkunft der Muslime in der Schweiz. Kosovo. Republik. Landesflagge Religiöse Bezüge: Keine

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

Ausländische Ärztinnen/Ärzte

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

Die Verteilung nach Bundesländern und Hauptstaatsangehörigkeiten kann den folgenden Tabellen entnommen werden:

Anwesende Bevölkerung nach Wohnsitz und Geschlecht im 6. Bezirk: Jakomini, Stand

ISLAM der Muslime in Österreich. Univ.-Prof. Dr. Ednan Aslan, M.A. Wien, 16. März 2016

Anwesende Bevölkerung nach Wohnsitz und Geschlecht im 6. Bezirk: Jakomini, Stand

Ausländische Ärztinnen/Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

dtv Völkerrechtliche Verträge

Herausgegeben von der Kommission Solidarität mit bedrängten und verfolgten Christen. Titelbild ohne Text

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/ Wahlperiode

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

z.b. als Einstieg zum Gebet im moslemischen Fastenmonat Ramadan kleine Kärtchen anfertigen, mit den Namen der islamischen Nationen (s.

Somalia. Herkunft der Muslime in der Schweiz. Zerfallener Staat mit Übergangsregierung. Landesflagge Religiöse Bezüge: Keine

Anwesende Bevölkerung nach Wohnsitz und Geschlecht im 4. Bezirk: Lend, Stand

Anlass. Diese Information soll Antworten zu den wichtigsten Aspekten des Themas geben.

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

Ein Projekt der katholischen und evangelischen Beauftragten für Religions- und Weltanschauungsfragen

INHALT ISLAMISCHE KULTUR UND KOLONIALE MODERNE

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

Afghanistan. Herkunft der Muslime in der Schweiz. Islamische Republik

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

Follow-up Test - Klasse 6 (BP Gymnasium) I. Multiple Choice (22cr ) Kreuze eine Lösung an es ist immer nur eine Lösung richtig!

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

Ethik Frau Hellwig

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

Meine Damen und Herren!

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

Die Evangelische Allianz in Deutschland. Menschenrechte Wie der Islam sie versteht

BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE

SCHULUNTERRICHT ZUM THEMA TODESSTRAFE STAND 30. APRIL

Ehrgewalt in Deutschland

Transkript:

Steinigung ein Überblick Wo wird gesteinigt? Steinigungsurteile oder Steinigungen ohne Urteile sind in den vergangenen Jahren aus den Ländern Afghanistan, Nigeria, Iran, Irak, Jemen, Nigeria, Pakistan, Saudi-Arabien, Somalia, Sudan und den Vereinigten Arabischen Emiraten bekannt geworden. Darüber hinaus hat es in einigen Ländern Einzelfälle gegeben, die für das betreffende Land untypisch sind; z.b. eine Steinigung durch ethnische Somali im Norden Kenias, bei der das Opfer durch das Eingreifen der Polizei am Leben blieb. Durch internationale Proteste konnte einer Reihe von Menschen dieses Schicksal erspart werden. Informationen dazu finden Sie bei den beispielhaften Seite 1

Fällen. Wie wird gesteinigt? Das Opfer wird so lange von einer Menschenmenge mit Steinen beworfen, bis der Tod eintritt. Die Steingröße wird nach islamischem Recht und Brauch so gewählt, dass das Opfer möglichst langsam und qualvoll stirbt. Zum Teil werden die Opfer im Boden eingegraben, damit sie nicht fliehen können. Für welche Delikte wird gesteinigt? Die Todesstrafe durch Steinigung wird in der überwiegenden Zahl von Fällen auf Ehebruch angewandt, in seltenen Fällen auch bei Blasphemie oder Homosexualität. Der Koran selbst erwähnt zwar die Steinigung, schreibt sie aber nicht als Hinrichtungsform vor. Die Steinigung als Strafmaß zieht ihre Legitimität aus dem Hadith, d.h. den als vorbildlich angesehenen gesprochenen und geschriebenen Aufzeichnungen des Propheten Mohammed. Mohammed hat zu seinen Lebzeiten eine Reihe von Frauen und Männern steinigen lassen. Darunter auch Nichtmuslime, insbesondere Juden. Das islamische Recht sieht die Steinigung zwingend nur für Ehebruch vor, und zwar für verheiratete Männer ebenso wie für verheiratete Frauen. Für eine Reihe anderer Delikte schreibt das islamische Recht die Todesstrafe ebenfalls zwingend vor, sie stellt aber die Art der Hinrichtung in das Ermessen des Richters. Im Falle von Verderbenstiften auf Erden könnte das in der Islamischen Republik Iran Seite 2

offiziell auch die Kreuzigung sein. (Art. 190 u. 195, Art. 83, Gesetz über die islamischen Strafen, Iran, 1991). Allerdings sind aus dem Iran bisher keine Fälle von Kreuzigungen bekannt geworden. Die Todesstrafe ist im islamischen Recht für eine Reihe von Delikten zwingend vorgeschrieben. In den meisten Fällen liegt die Art der Hinrichtung dabei im Ermessen des Schariarichters. Zu diesen Delikten gehören: Homosexualität bei Männern Kampf gegen Gott und Verderbenstiften auf Erden. Je nach Schwere des Vergehens ist die Hinrichtung nicht obligatorisch, sondern es sind auch Amputationen oder Verbannung möglich. Abfall vom Islam. Analverkehr ( fleischlicher Verkehr entgegen dem Gesetz der Natur mit einem Mann oder einer Frau ). In Nordnigeria ist dafür die Steinigung bei Verheirateten vorgesehen bzw. 100 Hiebe bei Unverheirateten. Inzest. Verkehr mit Personen, mit denen kein Ehevertrag geschlossen werden dürfte, wird wie Inzest bewertet. Sodomie. Derjenige, der sexuellen Kontakt mit einem Tier hatte, und auch das Tier werden getötet. Bei einigen Delikten, die mit Auspeitschung oder Amputationen geahndet werden, wird die Todesstrafe bei mehrfacher Wiederholung der Tat verhängt. Weibliche Homosexualität wird beispielsweise mit 100 Peitschenhieben bestraft, beim vierten Male wird die Todesstrafe vollstreckt. Wie oft kommt es zu Steinigungen? Die Zahl der vollstreckten Steinigungen ist unbekannt. Das liegt zum einen daran, dass eine Recherche in der Mehrheit der Fälle durch die örtlichen Gegebenheiten in der Praxis nicht möglich ist. Nicht nur Seite 3

in Regionen mit schwacher staatlicher Struktur, wie in Somalia oder Wasiristan, sind solche Recherchen und alles andere, was als Kritik an der Scharia ausgelegt wird, selbst für Einheimische lebensgefährlich. Mitglieder der IGFM Sektion Nigeria berichteten von Imamen, die die Mitglieder ihrer Gemeinde aufforderten, Ortsfremden keinerlei Auskunft über Scharia-Urteile und deren Vollstreckung zu geben. Die Ursache für die schwierige Informationslage liegt aber auch im Wesen der Steinigung als einem Quasi- Ehrenmord, der religiös legitimiert wird. Gerade dann, wenn nicht der offizielle Scharia-Rechtsweg eingehalten wurde und die Steinigung stärker den Charakter eines Ehrenmordes hat, wird sie umso mehr durch eine Mauer des Schweigens vertuscht. Woher stammt diese Hinrichtungsart? Das Wissen über die Steinigung in frühen Kulturen ist sehr lückenhaft. In jedem Falle scheint die Steinigung aber eine sehr alte Hinrichtungsform zu sein, die weltweit an mehreren Stellen in sehr verschiedenen Kulturen bekannt war. Steinigungen waren nicht nur eine Strafe Seite 4

der Israeliten. Auch im antiken Griechenland vor der römischen Herrschaft waren Steinigungen verbreitet, wenn auch nicht häufig. Sie wurden in erster Linie für Verrat und schwere religiöse Vergehen vollstreckt. Im präkolumbischen Mittelamerika sollen Ehebrecher gesteinigt worden sein. Vereinzelt gibt es Hinweise auf Steinigungen bei den keltischen Iberern (ausschließlich für Vatermörder) und einzelne Berichte von Steinigungen bei Etruskern, im vorchristlichen Skandinavien und durch baltische Slawen. In wieweit es sich dabei um Einzelfälle gehandelt hat, und ob Steinigungen im vorislamischen Afrika, in Mittel- und Ostasien vollstreckt wurden, ist der IGFM nicht bekannt. Im Widerspruch zu internationalen Rechtsnormen Seite 5

Seite 6

Die Steinigung verstößt wegen ihrer außerordentlichen Grausamkeit nicht nur gegen die Grundsätze der Menschlichkeit, sie steht auch im krassen Widerspruch zu internationalem Recht. Die Steinigung verstößt gegen die Artikel 3 und 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und die Artikel 6 und 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, die das Recht auf Leben und das Verbot von Folter und unmenschlicher Bestrafung festschreiben. Sie steht ebenso in eklatantem Widerspruch zur Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen und zum Zweiten Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe. Die Steinigung für Vergehen wie Ehebruch verstößt zudem gegen allgemeine Rechtsgrundsätze, da es sich um eine völlig unangemessene Bestrafung handelt. Seite 7