Klimaschutz als Chance - vom Ziel her denken Berliner Energietage 2018 07.Mai 2018 Dr. Michael Brand, IZES ggmbh
Vortragsgliederung Klimaschutzziele bis 2030 und bis 2050 Was wurde bisher erreicht? Sind die notwendigen Technologien verfügbar, um die Ziele zu erreichen? Was heißt Vom Ziel her denken? Wie können wir die Ziele erreichen? Suffizienz Klimaschutz als Chance Sozial-ökologischeTransformation 1
Klimaschutzziele Reduktion der Treibhausgasemissionen um 55% bis 2030 und um 80-95% bis 2050 gegenüber 1990 Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch min. 50% bis 2030 und min. 80% bis 2050 Reduktion des Primärenergieverbrauchs um 50% bis 2050 gegenüber 2008 Reduktion des Primärenergiebedarfs der Gebäude um 80% bis 2050 gegenüber 2008 Reduktion des Endenergieverbrauchs im Verkehr um 40% bis 2050 gegenüber 2005 2
Entwicklung der CO2-Emissionen seit 1990 und Reduktionsziele 3
Technologien I In einem BMWi-Projekt wurden 31 Technologien für die Energiewende von Wuppertalinstitut, FHG-ISI und IZES zusammen mit 10 weiteren Instituten nach verschiedenen Kriterien untersucht: Beitrag zu den Klimaschutzzielen Beitrag zur Energie- und Ressourceneffizienz Kosteneffizienz Inländische Wertschöpfung Forschungs- und Entwicklungsbedarf Systemintegration Gesellschaftliche Akzeptanz Ergebnis: Die notwendigen Technologien für die Energiewende und den Klimaschutz sind schon heute erkennbar und beschreibbar. Daran mangelt es nicht, sondern an der Umsetzung! 4
Technologien II Welche wurden untersucht? Erneuerbare Energien Bioenergie, Tiefengeothermie, Photovoltaik, solare Wärme und Kälte, solarthermische Kraftwerke, Windenergie, Umweltwärme Fossil basierte Kraftwerke Zentrale Großkraftwerke, dezentrale KW (Brennstoffzellen, Motoren und Turbinen, CO2- Abscheidung und speicherung, CO2-Nutzung) Infrastruktur Stromtransport und verteilung, Wärmetransport- und verteilung, Energiespeicher (elektrisch, thermisch, chemisch) Systemintegration Power-to-gas (Wasserstoff, Methanisierung), Power-to-liquids, IuK Energieeffiziente Gebäude und Gebäudetechnik Energie- und Ressourceneffizienz Prozesstechnologien, Querschnittstechnologien, Abwärmenutzung Elektromobilität (PKW und LKW) 5
Technologien III Werden die Ziele erreicht? BSP: Energieeffiziente Gebäude und Gebäudetechnik Gegenüber der Referenzentwicklung sind mit den beschriebenen Technologien 121 Mio. t CO2 bis 2050 vermeidbar und damit ein klimaneutraler Gebäudebestand erreichbar! 60% des heutigen Energiebedarfs im Gebäudebereich können bis 2050 eingespart werden, der verbleibende Energiebedarf ist vollständig aus Erneuerbaren Energien zu decken! Das Technologiefeld: Gebäudehülle und Bautechnik (z.b. Hochleistungswärmedämmung, transparente und transluzente Elemente) Gebäudesystemtechnik (z.b. Gebäudeautomation, Wärme- und Stromspeicher) Planung und Gebäudebetrieb (z.b. Informationsmanagement, Life Cycle Assessment, Monitoring und Diagnose) 6
Vom Ziel her denken Wie übersetzt man die Klimaschutzziele bis 2050 in die dann zu erwartende reale Welt? Was sagen Zukunftsforscher? Kann man einfach mal den gleichen Zeitraum (ca. 30 Jahre) zurückschauen, wie sich alles entwickelt hat? Eher nein, die Entwicklung neuer Technologien verläuft heutzutage wesentlich schneller (Tony Seba: Saubere (disruptive) Revolution 2030). Wie könnte/müsste die Welt 2050 denn aussehen? Gebäude ohne Schornstein, die keine fossilen Energien mehr verbrauchen und zusätzlich noch Energie liefern? Mobilität mit erneuerbaren Energien, auch im Flugverkehr Produktion im Stoffkreislauf und kaskadenförmige Abwärmenutzung Stromerzeugung nur noch aus erneuerbaren Energien 7
Beispielbild 2050 8 Futuristic city, village. The concept of the future. Aerial view. 3d rendering chagpg / Fotolia
Wie können wir die Ziele erreichen? Seit 2000 wurde der Ausbau der Erneuerbaren Energien über das EEG massiv gefördert. Dadurch deutliche Reduktion der Stromerzeugungskosten, die sogar schon unterhalb der (wahren) Kosten fossiler Kraftwerke liegen. Über Fördermittel wird im Gebäudebereich eine Reduzierung der fossilen Energieverbräuche angestrebt. Geht aber nur langsam voran mit niedrigen Sanierungsraten. Steigende Baukosten und demnächst wohl auch wieder steigende Zinsen wirken dagegen. Im Bereich der Wirtschaft legt man den Schwerpunkt auf freiwillige Maßnahmen (z.b. Energieeffizienz-Netzwerke). Reicht das aus? Im Verkehrsbereich ist man bekanntlich noch gar nicht vorangekommen. Kann das alles zur Zielerfüllung ausreichen? 9
Strom aus Erneuerbaren schon heute günstiger Quelle: FHG-ISE: Stromgestehungskosten Erneuerbarer Energien, März 2018
Zu langsam 11
Was ist denn zur Zielerreichung notwendig? Klare Rahmenbedingungen: CO2-Bepreisung und funktionierender Emissionshandel Abwärmenutzungsgebot und Vorgaben für die Industrieproduktion (Substitution von Materialien und Produkten, alternative Herstellung von Grundstoffen) Gebäudeenergiegesetz mit strengen Vorgaben (auch für die Bestandsgebäude) Mehr ÖPNV statt MIV Klare Emissionsvorgaben im Verkehr Zügiger Ausstieg aus der Kohleverstromung Sind die notwendigen Rahmenbedingungen durchsetzbar? Bei globalem Wettbewerb müsste das weltweit erfolgen! Oder brauchen wir noch Alternativen? Zum Beispiel (mehr) Suffizienz? 12
Suffizienz Neben Effizienz und Konsistenz wird auch Suffizienz benötigt, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Wirkung des Rebound-Effektes berücksichtigen! Unter Suffizienz versteht beispielsweise das Öko-Institut (Working Paper 2/2013) Änderungen in Konsummustern, die helfen, innerhalb der ökologischen Tragfähigkeit der Erde zu bleiben, wobei sich Nutzenaspekte des Konsums ändern. Diese Definition ist offener und neutraler als viele andere. Oft wird unter Suffizienz Konsumverzicht verstanden. Konsumbeschränkende Maßnahmen finden in der breiten Bevölkerung bislang allerdings wenig Akzeptanz! Fehlt der Politik damit die Legitimationsgrundlage? Kann und darf die Kultur des Alles IMMER (Prof. Dr. Harald Welzer) denn erhalten bleiben? 13
Klimaschutz als Chance Unsere heutige Art von Produktion und Konsum ( alles immer ) hat viele negative Begleiterscheinungen (körperliche und psychische Krankheiten, Umweltund Klimaschäden, Kriege, Verelendung, Flüchtlinge). Aber unsere moderne Gesellschaft kann sich nur dynamisch stabilisieren. Sie ist strukturell auf Wachstum, Beschleunigung und Innovation angewiesen, um sich zu erhalten (Prof. Dr. Hartmut Rosa). Wie kann da Klimaschutz funktionieren? Oder ist die Notwendigkeit des Klimaschutzes als Chance zu begreifen. Die Chance das gesamte System zu transformieren Könnten durch Suffizienz, soziale Gerechtigkeit und nachhaltiges Wirtschaften nicht auch die vielen negativen Begleiterscheinungen unserer modernen Gesellschaft reduziert werden? 14
Sozial-ökologische Transformation Aber: Große Transformationen sind nicht durch Wissen oder durch Pläne machbar Für eine sozial-ökologische Transformation gibt es bisher kein politisches Modell Die Ökonomie muss aber wieder in eine sozial gerechte und ökologische Gesellschaft eingebettet werden. Und auch eine Transformation der mentalen Infrastrukturen ist notwendig! Sehen wir doch Klimaschutz als Chance, diese Transformation in breitem Konsens gemeinsam anzugehen!? Finden wir den Mut für die notwendigen Veränderungen? 15
Zitat zum Schluss Antoine de Saint-Exupéry Der kleine Prinz Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Warum folgen wir also nicht mutig unseren Herzen? 16
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