Doxastische Subordination. Anaphern und Präsuppositionen im Kontext von Einstellungssätzen



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Transkript:

Doxastische Subordination Anaphern und Präsuppositionen im Kontext von Einstellungssätzen

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 2 Problemaufriss 1. Anaphorische Beziehungen a) Definite und indefinite Antezendens-NPs im Skopus von Einstellungsprädikaten Frank glaubt, dass eine Italienerin die Stelle bekam. # Sie war blond. Frank glaubt, dass die Italienerin die Stelle bekam. Sie war sehr überzeugend. Frank ist der Annahme, dass sich eine Italienerin und eine Französin beworben haben, und er glaubt, dass die Italienerin die Stelle bekam. # Sie war sehr überzeugend. Frank bedauert, dass eine Italienerin die Stelle bekam. Sie war nicht sehr überzeugend. Frank bedauert nicht, dass eine Italienerin die Stelle bekam. Sie war sehr überzeugend. b) Doxastische Subordination Frank glaubt, dass sich eine Italienerin beworben hat. Er bezweifelt, dass sie die Stelle bekommt. Frank bezweifelt, dass sich eine Italienerin beworben hat. # Er glaubt, dass sie die Stelle bekommt.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 3 2. Quantifier Domain Restriction a) Quantoren, Anaphern und Domain Restriction Jeder Bauer stirbt jung, weil er nicht älter als 30 wird. Jeder Bauer stirbt jung. # Er wird nicht älter als 30. Jeder Bauer stirbt jung. Die meisten [...] werden nicht älter als 30. b) Quantifier Domain Restriction im Skopus von Einstellungsprädikaten Frank glaubt, dass jeder Bauer jung stirbt. # Die meisten [...] werden nicht älter als 30. Frank glaubt, dass jeder Bauer jung stirbt. Er bezweifelt, dass die meisten [...] älter als 30 werden.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 4 3. Präsuppositionen a) Präsuppositionen im Skopus von Einstellungsprädikaten Maria hat das Rauchen aufgegeben. >> Maria hat geraucht. Frank hofft, dass Maria das Rauchen aufgegeben hat. >> Maria hat geraucht. b) Subordinative Präsuppositionstilgung Frank glaubt, dass Maria geraucht hat. Er hofft, dass sie es aufgegeben hat. >/> Maria hat geraucht.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 5 1. Anaphorische Zugänglichkeit und Subordinationsphänomene 1.1. Allgemeine Prinzipien der anaphorischen Zugänglichkeit 1.2. Subordinationsphänomene 1.2.1.Telescoping 1.2.2.Generalisierte Diskurssubordination 1.2.3.Quantifier Domain Restriction 1.2.4.Modale Subordination 1.2.5.Doxastische Subordination 1.2.6.Subordinative Präsuppositionstilgung 1.3. Intensionale Subordination. Eine Zusammenfassung 1.4. Spezifische Prinzipien der anaphorischen Zugänglichkeit 1.4.1.Die Reichweite von Anaphern-NPs (Binding-Theory) 1.4.2.Die Reichweite von Antezendens-NPs 1.4.2.1. Definite, indefinite und quantifizierende NPs 1.4.2.2. Probleme mit indefiniten und definiten NPs 1.4.2.2.1. Indefinite NPs 1.4.2.2.2. Definite NPs 1.5. Zusammenfassung

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 6 1. Anaphorische Zugänglichkeit und Subordinationsphänomene 1.1. Allgemeine Prinzipien der anaphorischen Zugänglichkeit Eine anaphorische Beziehung ist eine Beziehung zwischen zwei Nominalphrasen NP α und NP β, so dass die Interpretation der NP β (Anapher) determiniert wird durch die Interpretation der NP α (Antezendens). Semantik: [[NP α ]] = [[NP β ]] Damit eine anaphorische Beziehung zustande kommen kann, muss NP α ein potentielles Antezendens von NP β sein. Syntax: (... (... NP α NP β ) anaphorischer Skopus...)

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 7 Prinzip 1: Beschränkung für die anaphorische Zugänglichkeit NP α ist anaphorisch zugänglich (ein potentielles Antezendens) für NP β, wenn jeder Operator, der Skopus über NP α hat, auch Skopus über NP β hat. Prinzip 2: Skopusbeschränkung für Operatoren Der maximale Skopus eines Operators ist der (finite) Satzteil, in dem er an der Oberflächensyntax erscheint. (1) # Jede Witwe besitzt (einen Hund) α. (Er) β ist heiser. (2) # (Jede Witwe) α besitzt einen Hund. (Sie) β ist einsam.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 8 Auswirkungen von Prinzip 1 (1a) x y(witwe(x) Hund(y) besitzen(x, y)) Heiser(z) (2a) x y(witwe(x) Hund(y) besitzen(x, y)) Einsam(z) Wenn Antezendens und Anapher nicht unter demselben Operator stehen, dann wird das Pronomen (definite NP) als ungebundene Variable interpretiert, welche in keiner semantischen Abhängigkeit zum intendierten Antezendens steht. (Prinzip 1) Auswirkungen von Prinzip 2 (1b) # x( y(witwe(x) Hund(y) besitzen(x, y)) Heiser(x)) x(heiser(x)) (2b) # x( y(witwe(x) Hund(y) besitzen(x, y)) Einsam(x)) x(einsam(x)) Der Skopus eines Operators beschränkt sich auf die Satzgrenzen. Eine Ausdehnung des Skopus führt zu inkorrekten Interpretationen. (Prinzip 2)

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 9 a) Quantoren und andere Operatoren (Jeder Mann) α rasiert (sich) β1. # (Er) β2 kommt aus Manchester. # Wenn (jede Katze) α schnurrt, dann ist (sie) β zufrieden. # Ein Wirt, der (jedem Gast) α ein Freibier ausschenkt, macht (ihn) β glücklich. Es ist nicht der Fall, dass (ein Mann aus Hollywood) α kommt. # (Er) β ist blond. b) modale Konstruktionen Du solltest (ein Los) α kaufen. # (Es) β ist eine Million Dollar wert. Manchmal kauft Fred (ein Muffin) α beim Bäcker.?? Er isst (es) β im Büro. Du musst erst (einen Hebel) α umlegen und (ihn) β1 dann vorsichtig zurückschieben. # (Er) β2 sieht rot aus. c) Einstellungssätze Ralf glaubt, dass Suse (einen Fisch) α fing. # (Es) β war ein Zander. Jana hofft, bald (eine neue Puppe) α zu bekommen. # (Sie) β liegt im Schrank. Alex fürchtet, dass (ein Eichhörnchen) α im Küchenschrank sitzt. # (Es) β ist unter dem Sofa.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 10 Für indefinite und definite NPs scheinen die genannten Beschränkungen nicht zu gelten. (Ein Hund) α bellt. (Er) β ist heißer. Wenn (Marias Hund) α bellt, dann ist (er) β hungrig. (Hans) α schlägt seine Frau. (Dieser Typ) β ist ein Ekel. Definite und indefinite Nominalphrasen sind keine Quantoren (Operatoren). Ihre Funktion besteht darin, (freie) Variablen einzuführen, die im Diskurs gebunden werden.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 11 1.2. Subordinationsphänomene 1.2.1. Telescoping Sells 1985, Roberts 1987/1989, Poesio & Zucchi ms., Fodor & Sag 1982 (3) Jeder Student in der Syntaxklasse wurde beschuldigt, bei der Klausur geschummelt zu haben, und er wurde vom Direktor dafür getadelt. (Fodor & Sag 1982) (4) Jeder Abschlusskandidat ging zur Bühne. Er bekam sein Diplom und ging zurück auf seinen Platz. (Partee, in Roberts 1987) (5) Jedes Schachspiel besitzt einen Reservebauern. Er ist am Deckel des Spiels befestigt. (Sells 1985) Die Möglichkeit der anaphorischen Bezugnahme scheint in diesen Fällen von einer narrativen Beziehung zwischen den Sätzen abzuhängen: (3a) # Jeder Student in der Syntaxklasse wurde beschuldigt, bei der Klausur geschummelt zu haben. Er wurde gestern im Studentenclub gesehen. (4a) # Jeder Abschlusskandidat ging zur Bühne. Er kratzte sich am Ohr. (5a) # Jedes Schachspiel besitzt einen Reservebauern. Er ist mir gestern unter den Tisch gefallen.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 12 1.2.2. Generalisierte Diskurssubordination Karttunen 1976, Stenning 1978, Sells 1985 (6) Harvey wird zu jeder Tagung von einem Mädchen begleitet. Sie ist gewöhnlich sehr hübsch. (Karttunen 1976) (7) Zu jeder vollen Stunde verlässt ein Zug Boston. Er hält immer in New Haven. (Sells 1985) Adverbien der Quantifikation induzieren nach Lewis (1975) eine tripartive Struktur, die aus einem Quantor, einem Restriktor und einem nuklearen Skopus besteht: Q [Restriktor] [nuklearer Skopus] In gewöhnlichen Sätzen im Gegensatz Konditionalsätzen (Kratzer 1978, von Fintel 1994) ist die das Adverb einschränkende Bedingung (Restriktor) nur implizit gegeben: (8) Wenn Hans den Bus verpasst, dann läuft er oft nach Hause. OFT [Bus-verpassen(h)] [nach-hause-laufen(h)] [Bus-verpassen(h)] [nach-hause-laufen(h)] > [Bus-verpassen(h)] - [nach-hause-laufen(h)] (6a) GEWÖHNLICH [? ] [Sehr-hübsch(y)] # Es gibt ein bestimmtes Mädchen, dass in den meisten Situationen sehr hübsch ist.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 13 Der Restriktor eines adverbialen Quantors wird entweder durch das Antezendens eines Konditionals oder durch den Kontext determiniert. Generalisierte Diskurssubordination unter adverbialen Quantoren kann so erklärt werden, dass der Restriktor anhand des vorangehenden Satzes rekonstruiert wird. Im Zuge dieser Rekonstruktion wird das Antezendens für die Anapher des zweiten Satzes anaphorisch zugänglich gemacht: (6) Harvey wird zu jeder Tagung von einem Mädchen begleitet. Sie ist gewöhnlich sehr hübsch. (6b) GEWÖHNLICH [Mädchen(y), Begleitet-zur-Tagung(y, h)] [Sehr-hübsch(y)] Die Zahl der Fälle, in denen das Mädchen, das Harvey zur Tagung begleitet, sehr hübsch ist, ist sehr viel größer als die Zahl der Fälle, in denen es nicht hübsch ist. (7) Zu jeder vollen Stunde verlässt ein Zug Boston. Er hält immer in New Haven. (7a) IMMER [x verlässt Boston zu jeder Stunde] [x hält in New Haven] Die Menge der Züge, die Bosten zur vollen Stunde verlassen, ist eine Teilmenge der Züge, die in New Haven halten.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 14 1.2.3. Quantifier Domain Restriction Roberts 1995, Stanley & Szabo 2000, Geurts 1996, van der Sandt & Geurts 1999, von Fintel 1994 (9) Die Gäste hatten Rhabarberkuchen zum Nachtisch. Jeder bekam einen Ausschlag. (Roberts 1995) # {x: Person(x)} {x: bekommt-ausschlag(x)} {x: Gast-mit-Rhabarberkuchen-zum-Nachtisch(x)} {x: bekommt-ausschlag(x)} adverbial: nominal: Q [S 1 /Kontext] Restriktor [S 2 ] Nuklearer Skopus Q [NP+Kontext] Restriktor [VP] Nuklearer Skopus (9a) [Person(x) +?(x)] [bekommt-einen-ausschlag(x)] (9b) [Gast-mit-Rhabarberkuchen-zum-Nachtisch(x)] [bekommt-ausschlag(x)] Die implizite Variable in der Restriktorposition einer quantifikationalen Struktur hat einen anaphorischen Bezug zu anderem Material im Kontext des entsprechenden Satzes.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 15 1.2.4. Modale Subordination Roberts 1987/1989/1996, Geurts 1995/1999, Frank & Kamp ms., Landman 1986, Heim 1985 (10) Du solltest (ein Los) α kaufen. # (Es) β ist eine Million Euro wert. (11) Du solltest (ein Los) α kaufen. (Es) β könnte eine Million Euro wert sein.... (Es) β könnte eine Million Euro wert sein. Unter allen möglichen Situationen, in denen du ein Los kaufst, gibt es mindestens eine Situation, in welcher dieses Los eine Million Euro wert ist. Subordination bedeutet, dass das Material unter dem Skopus des Modaloperators im zweiten Satz semantisch nur im Hinblick auf diejenigen Situationen interpretiert wird, welche als mögliche Situationen aus dem vorangehenden Diskurs hervorgehen. Das Problem lässt sich nicht so lösen, dass man den Skopus des zweiten Operators erweitert: # x (Los(x) Kaufen(a, x) Eine-Million-Euro-wert(x)) Modalausdruck [ Kontext] Restriktor [S 1 ] nuklearer Skopus

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 16 1.2.5. Doxastische Subordination Geach 1967, Asher 1987, Saarinen 1978, van Rooy 2000, Edelberg 1992, Heim 1985 (12) Ralf glaubt, dass Suse (einen Fisch) α fing. # (Es) β war ein Zander. (13) Ralf glaubt, dass Suse (einen Fisch) α fing. Er glaubt, dass (es) β ein Zander war. (14) Ralf möchte, dass Suse (einen Fisch) α fängt. Er hofft, dass (es) β ein Zander ist. Aber: (15) John versucht, (ein Einhorn) α zu fangen, und möchte (es) β essen. # John möchte ein (Einhorn) α fangen und versucht, (es) β zu essen. (Montague 1973) (16) Alice verneint, dass ein (Eichhörnchen) α in ihrem Küchenschrank ist. # Sie hofft, (es) β lebendig zu fangen und ins Freie zu lassen. (Roberts 1996) Intentionale Identität (Geach 1967) (17) Hob denkt, dass (eine Hexe) α Bobs Gaul vernichtet hat, und Nob fragt sich, ob (sie) β auch Cobs Sau getötet hat. (Geach 1967)

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 17 Meine These Einstellungsoperator [doxastischer Kontext] Restriktor [S] nuklearer Skopus Die endgültige Struktur ist zwar um einiges komplizierter, doch es lässt sich vermuten, dass die anaphorischen Eigenschaften definiter Nominalphrasen (sowie quantifikationaler Ausdrücke, wenn wir mal die Quantifier Domain Restriction dazunehmen) im Kontext von Einstellungssätzen durch die Prinzipien der Rekonstruktion des doxastischen Kontextes festgelegt werden.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 18 1.2.6. Subordinative Präsuppositionstilgung (18a) Manchmal kauft Fred auch einen Kaffee. >> Fred kauft ansonsten etwas anderes als einen Kaffee. Nach Heim (1992) präsupponiert die Partikel auch, dass den Gesprächsteilnehmern eine Entität bekannt ist, die die folgende Konstituente, hier einen Kaffee, bei Beibehaltung des Wahrheitswertes des ganzen Satzes ersetzen kann. (18b) Gewöhnlich kauft Fred jeden Morgen ein Muffin. Manchmal kauft er auch einen Kaffee. >/> Fred kauft ansonsten etwas anderes als einen Kaffee. Unter allen Situationen, in denen Fred etwas am Morgen kauft, befinden sich neben anderen solche, in denen er einen Kaffee kauft. (19a) Hans hofft, dass Irene inzwischen mit dem Rauchen aufgehört hat. >> Irene hat geraucht. (19b) Hans glaubt, dass Irene geraucht hat. Er hofft aber, dass sie inzwischen damit aufgehört hat. >/> Irene hat geraucht. Die unterstrichenen Konstituenten des jeweils zweiten Satzes lösen eine Präsupposition aus, die durch Material erfüllt werden kann, welches unter dem Skopus eines anderen Operators im ersten Satz erscheint.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 19 1.3. Intensionale Subordination. Eine Zusammenfassung Generalisierte Diskurssubordination, modale Subordination und doxastische Subordination stellen einen einheitlichen Problembereich dar, den Roberts (1996) intensionale Subordination nennt: Intensionale Subordination 1 [... NP α...]... Operator intensional [... NP β...] Das entscheidende Merkmal der intensionalen Subordination liegt darin begründet, dass intensionale Operatoren wie Modalausdrücke, quantifizierende Adverbien und Einstellungsprädikate keine einstelligen Operatoren bzw. zweistelligen Relationen sind, sondern eine tripartitive, quantifikationale Struktur projizieren, deren Restriktorelement kontextuell d.h. z.b. durch den vorangehenden Diskurs konstituiert wird. Dadurch wird eine Antezendens-NP anaphorisch zugänglich gemacht. Intensionale Subordination 2 [... NP α...]... Operator intensional [... NP α...] Restriktor [... NP β...]

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 20 Bei der Quantifier Domain Restriction geht es nicht um das explizite Binden eines anaphorischen Ausdrucks, sondern um die kontextuelle Einschränkung des nominalen Restriktorarguments: Quantifier Domain Restriction [... NP α...]... Operator extensional [ NP... N(x) β...] Restriktor [... VP...] Die Hinzunahme der subordinativen Präsuppositionstilgung ergibt das folgende allgemeinste Schema der intensionalen Subordination: Intensionale Subordination 3 [... Präsupposition von π...] Operator intensional [... Präsupposition von π...] Restriktor [... π...]

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 21 1.4. Spezifische Prinzipien der anaphorischen Zugänglichkeit 1.4.1. Die Reichweite von Anaphern-NPs (Binding-Theory) Binding Theory (Chomsky 1981) Prinzip A Ein reflexives Pronomen muss innerhalb seiner minimal regierenden Kategorie gebunden werden. Prinzip B Ein nicht-reflexives Pronomen muss innerhalb seiner minimal regierenden Kategorie frei sein. Prinzip C Ein R-Ausdruck (d. h. eine nichtpronominale, referentielle NP) muss frei sein. Ein Ausdruck β wird durch einen Ausdruck α gebunden, gdw. β mit α koindexiert ist, und α zu β in einer c- command Beziehung steht. Ein Knoten A steht in einer c-command Beziehung zu einem Knoten B, gdw. der Knoten A den Knoten B nicht direkt dominiert und der erste verzweigte Knoten, der A dominiert auch B dominiert. (C-command ist eine strukturelle Dominanz-Eigenschaft einer Phrasenstruktur) Minimal regierende Kategorie : der minimal umfassende finite Satzteil, der ein phonetisch realisiertes Subjekt enthält.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 22 Prinzip A (Reflexivpronomen) (Hans) α sieht (sich) β. (Hans) α versprach, (sich) β noch heute mit einem Rasiermesser zu rasieren. # (Hans) α hofft, dass (sich) β Maria trifft. # (Hans) α glaubt, dass Maria hofft, dass (sich) β sie heiratet. Prinzip B (Pronomen) # (Hans) α sieht (ihn) β. # (Hans) α versprach, (ihn) β noch heute mit einem Rasiermesser zu rasieren. (Hans) α hofft, dass (er) β Maria trifft. (Hans) α glaubt, dass Maria hofft, dass (er) β sie trifft. Prinzip C (Eigennamen und Kennzeichnungen) # (Hans) α sieht (Hans) β. # (Hans) α versprach, (Hans) β noch heute mit einem Rasiermesser zu rasieren. # (Hans) α hofft, daß (Hans) β Maria heiratet. (Hans) α glaubt, daß Maria hofft, daß (Hans) β sie heiratet.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 23 Probleme der Binding-Theory Der Begriff der Koindexierung bedarf weiterer Präzisierung, denn es lässt sich nicht erkennen, wie durch eine wahllose Zuordnung eines Index zwischen bevorzugten und weniger bevorzugten Lesarten unterschieden werden kann. Der Begriff der Koindexierung zeigt sich auch im Hinblick auf Pronomen als ungenügend. Personalpronomen besitzen (zumindest im Deutschen) minimale semantische Informationen sie sind geschlechtlich differenziert und diese Informationen wiederum determinieren mögliche und nicht-mögliche Bindungen mit entsprechenden Antezendens-NPs (die ebenfalls geschlechtlich differenziert sind). Ähnliches gilt für Eigennamen und Kennzeichnungen.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 24 Kennzeichnungen besitzen einen im Prinzip beliebig differenzierbaren Gehalt im Unterschied zu Pronomen und Eigennamen. Dieser Gehalt bestimmt die Wahl der Antezendens-NP. Ein (Mann aus Manchester) α betrat die Bar. Der (Mann) β bestellte einen Martini. # Ein (Mann) α betrat die Bar. Der (Mann aus Manchester) β bestellte einen Martini. Der Gehalt des nominalen Knotens von Antezendens-NP und Anapher muss in relevanter Hinsicht übereinstimmen und die Anapher-NP darf nicht semantisch differenzierter sein als die Antezendens-NP. Es ist theoretisch schwer zu fassen, worin der eigentliche Grad an Übereinstimmung besteht. Die gelungene anaphorische Beziehung in (16a) würde sich auch ergeben, wenn wir statt dem Nomen Mann die Nomen Mann aus Machester, Kerl, Typ, Herr usw. verwendet hätten. Das Pronomen er mit dem Gehalt männlich ist sozusagen der Grenzfall eine Art minimale Bestimmung, die uns bei der Determination der korrekten Antezendens-NP leiten kann. Unter bestimmte Bedingungen hätten es auch weiter ab liegende Nomen wie Betrüger oder komischer Kauz getan. Das Fehlschlagen der anaphorischen Beziehung ist ebenfalls bemerkenswert. Die Anapher enthält gegenüber dem Antezendens ein gewisses Maß an neuen Informationen, die die Verwendung dieser NP als Anapher mit dem Antezendens ein Mann verbieten. Es ist nicht zu sehen, wie sich die Beziehung erklären lässt, ohne auf die mit den entsprechenden Nomen verbundene Informationen Bezug zu nehmen.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 25 Die Syntaxtheorie ist beschränkt auf den Satzzusammenhang, so dass Diskursanaphern, die sich über mehrere Satzgrenzen hinweg erstrecken können, schon aus diesem Grunde aus dem Bereich der Binding Theory herausfallen. Die Binding Theory thematisiert nur die Verteilung von Anaphern. Ebenso wichtige und interessante Generalisierungen finden sich auch in Bezug auf den Typ des Antezendens. Auch die Reichweite eines Antezendens wird festgelegt durch seinen Typ. Definite und indefinite NPs sind in der Lage Diskursanaphern zu generieren; quantifizierende NPs bleiben, was ihr anaphorisches Potential betrifft, auf die Grenzen des Satzes beschränkt, weshalb davon abgeleitet ihre dazugehörige Anapher-NP nur pronominaler Art und kein R-Ausdruck sein kann.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 26 1.4.2. Die Reichweite von Antezendens-NPs 1.4.2.1. Quantifizierende NPs Die Reichweite, in der eine Antezendens-NP eine anaphorische Beziehung generieren kann, soll ihr anaphorisches Potential heißen. Quantifizierende Antezendens-NPs sind diskursiv inaktiv, sie können keine Diskursanaphern generieren. Sie binden Anaphern nur dann, wenn sich die anaphorische NP in demselben oder in einem untergeordneten Satzteil wie die Antezendens-NP befindet, nicht jedoch, wenn sie sich (i) in einem übergeordneten Satzteil, (ii) in einem gleichgeordneten Satzteil oder (iii) in einem anderen Satz befindet.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 27 Eine quantifikationale NP kann zwar Antezedens des Reflexivpronomens oder eines Personalpronomens in einem untergeordneten Satzteil sein, nicht aber Antezendens für ein Pronomen in einem anderen Satz. (Jeder Mann) α rasiert (sich) β1 und hofft, dass (er) β2 gut aussieht. # (Er) β3 kommt aus Manchester. (Der/ein Mann) α rasiert (sich) β1 und hofft, dass (er) β2 gut aussieht. (Er) β3 kommt aus Manchester. Da das Vorderglied eines Konditionalgefüges gleichrangig zum Hinterglied ist, kann eine quantifikationale Antezendens-NP im Vorderglied keine anaphorische NP im Hinterglied binden. # Wenn (jede Katze) α schnurrt, dann ist (sie) β zufrieden. Wenn (eine/die Katze) α schnurrt, dann ist (sie) β zufrieden. Ein Relativsatz ist dem Hauptsatz untergeordnet. Es ist nicht möglich, dass eine quantifikationale NP in diesem untergeordneten Satz als Antezendens einer pronominalen NP im Hauptsatz auftritt. # Ein Wirt, der (jedem Gast) α ein Freibier ausschenkt, macht (ihn) β glücklich. Ein Wirt, der (einem/dem Gast) α ein Freibier ausschenkt, macht (ihn) β glücklich.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 28 Wenn eine indefinite Antezedens-NP im Skopus eines quantifikationalen Operators steht, dann kann sie eine Anapher nur dann binden, wenn die Anapher im Skopus desselben Operators steht. Das gilt nicht für definite NPs. Jeder Frosch, der (ein Insekt) α sah, fraß (es) β1. # (Es) β2 war eine Fliege. Jeder Frosch, der (das Insekt) α sah, fraß (es) β1. (Es) β2 war eine Fliege. Zusammenfassung: Quantifizierende NPs Wenn wir anaphorische Beziehungen auf solche Beziehungen einschränken, in denen das Antezendens eine quantifikationale NP und die Anapher ein Pronomen ist, dann können wir sie als das Binden einer Variable durch einen Quantor auffassen, wobei sich deiktische und anaphorische Lesarten von Pronomen eventuell durch eine begleitende syntaktische Theorie der Koindexierung unterscheiden lassen.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 29 1.4.2.2. Probleme mit definiten und indefiniten NPs Definite oder indefinite Antezendens-NPs besitzen ein hohes anaphorisches Potential. Sie sind diskursiv zugänglich, d. h. in der Lage, Diskursanaphern zu generieren, bei denen die anaphorische Beziehung eine oder mehrere Satzgrenzen überwindet. Anaphorische Beziehungen mit einem definiten oder indefiniten Antezendens und/oder einer nichtpronominalen Anapher werden durch die Binding Theorie sowie die Prinzipien der anaphorischen Zugänglichkeit nur unzureichend erklärt bzw. gar nicht erfasst.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 30 1.4.2.2.1. Indefinite NPs und die Ambiguitätsthese Traditionell werden indefinite NPs (Nominalphrasen mit unbestimmten Artikel) als Quantorenphrasen interpretiert. Das steht im Widerspruch zu ihren anaphorischen Eigenschaften. (a) Falls indefinite NPs nicht selbst im Skopus eines anderen Operators stehen, gleicht ihr anaphorisches Potential dem von definiten NPs. Sie sind diskurs-zugänglich, was für eine echt quantifikationale NP nicht zutrifft. (Eine Witwe) α1 besitzt (einen kleinen Hund) α2. (Sie) β1 pflegt (ihn) β2 mit Hingabe. # Drei Witwen waren zu (jedem Skatabend) α anwesend. Ansonsten war (er) β schlecht besucht. Jede Witwe kennt (Fido) α. (Er) β ist ein stadtbekannter Straßenköter. (b) Falls indefinite NPs im Skopus eines anderen Operators stehen, dann ist ihr anaphorisches Potential auf den Skopus des übergeordneten Operators eingeschränkt. Diese Eigenschaft teilen sie mit echten Quantorenphrasen. # Jede Witwe besitzt (einen kleinen Hund) α. (Er) β ist heißer. # Drei Witwen waren zu (jedem Skatabend) α anwesend. Ansonsten war (er) β schlecht besucht. Jede Witwe kennt (Fido) α. (Er) β ist ein stadtbekannter Straßenköter.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 31 Spezifität Die einfachste Erklärung dieser Phänomene wäre die, dass wir annehmen, indefinite NPs seien ambig. Sie können einerseits als existentielle Quantoren interpretiert werden, dann verhalten sie sich wie alle anderen typischen Quantoren. Neben dieser Lesart scheinen sie eine zusätzliche spezifische Lesart zu besitzen, unter der sie sich wie definite NPs verhalten. Möglichkeit von indefiniten NPs mit weiten Skopus, die das Skopusprinzip für Quantoren verletzen würde: (20) Jeder Lehrer überhörte das Gerücht, dass ein Student zum Direktor gerufen wurde. (Fodor & Sag 1982) a. (jeder Lehrer x) (x überhörte das Gerücht (irgendein Student y (y wurde zum Direktor gerufen)))) enger Skopus b. # (jeder Lehrer x (ein je verschiedener Student y (x überhörte das Gerücht (y wurde zum Direktor gerufen)))) intermediärer Skopus (pair-list Interpretation: Lehrer-Student-Gerücht) c. (ein bestimmter Student y (jeder Lehrer x (x überhörte das Gerücht (y wurde zum Direktor gerufen)))) weiter Skopus (skopusfrei) Wenn eine indefinite NP spezifisch interpretiert wird, dann gleicht ihr Verhalten einer referentiell interpretierten definiten NP (Lesart c); wenn sie nichtspezifisch (quantifikatorisch) interpretiert wird, dann gleicht ihr Verhalten einer Quantorenphrase.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 32 Eselsätze mit indefiniten Antezendens-NPs Eselsätze (Geach 1962) kommen in zwei Varianten vor: (21) Jeder Bauer, der (einen Esel) α besitzt, schlägt (ihn) β. Indefinites Antezedens in einem relativischen Nebensatz mit einem Pronomen als Objekt-NP des Hauptsatzes (22) Wenn ein Bauer (einen Esel) α besitzt, dann schlägt er (ihn) β. Indefinites Antezedens im Vorderglied eines Konditionals mit Pronomen im gleichrangigen Hinterglied

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 33 Indefinite NPs als existentieller Quantor mit weitem Skopus (spezifische Lesart): (23) x y (Esel (x) ((Bauer (y) besitzt (x, y)) schlägt (x, y))) Der weite Skopus der existentiell interpretierten indefiniten NP verletzt das Skopusprinzip. Dem kann man mit der These der Ambiguität indefiniter NPs beikommen. (23) ist wahr in einer Situation, in der es einen herrenlosen Esel gibt oder einen Esel, der Eigentum nicht von einem Bauern ist. Die spezifische Interpretation ist allenfalls eine marginale Lesart von (21) bzw. (22). Die intuitiv korrekten Wahrheitsbedingungen lassen sich durch die folgende Formel ausdrücken: x, y ((Bauer (x) Esel (y) besitzt (x, y)) schlägt (x, y)) Die indefinite NP wird hier weder als Existenzquantor noch spezifisch (sondern als Allquantor) interpretiert.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 34 1.4.2.2.2. Definite NPs Definite NPs (Nominalphrasen mit bestimmten Artikel) wurden traditionell entweder als Quantorenphrasen oder als referentielle Ausdrücke (Konstanten) interpretiert. Beide Lesarten bringen unüberwindliche Schwierigkeiten mit sich. Eselsätze mit definiten NPs als Antezendens (24) Jeder Bauer, der (den goldenen Esel) α besitzt, schlägt (ihn) β. Kennzeichnungen können nicht als quantifizierende Ausdrücke analysieren werden (Russell 1905), denn dann müssten wir müssten der Kennzeichnung weiten Skopus geben, wodurch das Skopusprinzip verletzt würde. Wir könnten aber unterstellen, dass auch definite Kennzeichnungen ambig sind und eine attributive (quantifikationale) sowie eine referentielle Lesart besitzen (Donnellan 1966).

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 35 Angenommen, wir interpretieren definite NPs (oder spezifische indefinite NPs) anhand einer Konstante (referentiell), dann erhalten wir die folgende Übersetzung für (24): x ((Bauer (x) besitzt (x, a)) schlägt (x, a)) Dieses Vorgehen birgt zunächst zwei Folgeprobleme. Es wäre zu klären, warum die spezifische Interpretation einer indefiniten NP in derartigen Konstruktionen nur eine marginale Lesart ergibt und die parallele referentielle Interpretation einer definiten NP nicht. Mit der referentiellen Interpretation der definiten Kennzeichnung (ebenso wie bei der marginalen spezifischen Interpretation einer indefiniten NP) haben wir einen zweiten Typ von anaphorischer Beziehung vorliegen, der im Unterschied zum Binden einer Variable darin besteht, dass ein Pronomen als eine durch eine andere NP eingeführte Konstante rekonstruiert wird.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 36 Dass auch die referentielle Interpretation einer definiten NP unangemessen ist, zeigen die folgenden Beispiele, in denen Eigennamen oder Kennzeichnungen als Anaphern mit einem nichtreferentiellen Antezendens gebraucht werden. (Geurts 1997) (B) Eselsätze mit nichtpronominalen definiten NPs in Anaphernposition (25) Jeder, der sein Kind Bambi nennt, lässt Bambi / das Kind später umtaufen. (26) Wenn jemand sein Kind Bambi nennt, dann wird Disney Bambi / das Kind unterstützen. Wenn wir die anaphorischen NPs durch die Verwendung von Konstanten interpretieren, dann führt das zwar nicht zu kompletten Unsinn, aber zu Lesarten, die in Bezug auf die Beispiele nur sehr marginal sind: (25a) x, y ((Person (x) Person (y) ist-kind-von (y, x) nennt- Bamby (x, y)) lässt umtaufen (x, a)) (26a) x, y ((Person (x) Person (y) ist-kind-von (y, x) nennt- Bamby (x, y)) wird von Disney unterstützt (a))

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 37 Die intuitiv korrekten Wahrheitsbedingungen lauten: (25) Jeder, der sein Kind Bambi nennt, lässt Bambi / das Kind später umtaufen. (25b) x, y ((Person (x) Person (y) ist-kind-von (y, x) nennt- Bamby (x, y)) lässt umtaufen (x, y)) (26) Wenn jemand sein Kind Bambi nennt, dann wird Disney Bambi / das Kind unterstützen. (26b) x, y ((Person (x) Person (y) ist-kind-von (y, x) nennt- Bamby (x, y)) wird von Disney unterstützt (y)) Die Eigennamen oder Kennzeichnungen in (25) und (26) können, wie (25b) und (26b) klar machen, weder quantifikational noch referentiell interpretiert werden! Statt dessen bekommen sie die Form einer Variable, welche von einem übergeordneten Quantor gebunden wird.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 38 1.5. Zusammenfassung Anaphern mit quantifikationalen Nominalphrasen als Antezendens Quantifikationale Nominalphrasen gehorchen (weitgehend) den Prinzipien der anaphorischen Zugänglichkeit. Pronomen im Skopus einer quantifikationalen NP können als Variablen interpretiert werden, die von dem entsprechenden Quantor gebunden werden. Das Binden eines Pronomens mit einer quantifikationalen Antezendens-NP gehorcht den Prinzipien der Binding Theory. Anaphern mit indefiniten Nominalphrasen als Antezendens Indefinite Nominalphrasen gehorchen nur dem Prinzip 1 der anaphorischen Bezugnahme; sie können Diskursanaphern binden. Wir haben noch keine Theorie, mit der sich Diskursanaphern analysieren lassen. Indefinite Nominalphrasen lassen in bestimmten Kontexten (Eselsätze) weder eine quantifikationale noch eine spezifische Lesart zu. Sie erscheinen eher als Variablen einführende Ausdrücke, die durch einen übergeordneten Quantor gebunden werden.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 39 Anaphern mit definiten Nominalphrasen als Antezendens Definite Nominalphrasen gehorchen den Prinzipien der anaphorischen Bezugnahme nicht; sie können Diskursanaphern binden; als Antezendens sind sie skopusfrei. Wir haben noch keine Theorie, mit der sich Diskursanaphern analysieren lassen. Definite Nominalphrasen lassen in Antezendensposition eine referentielle Lesart zu. In der Anaphernposition werden sie weder quantifikational noch referentiell, sondern als Variablen einführende Ausdrücke interpretiert. Das gilt nicht nur für Pronomen (für die diese Lesart typisch ist), sondern auch für andere Arten von definiten NPs (Eigennamen, Kennzeichnungen). Desiderata Diskursanaphern (kein Ansatz vorhanden) definite und indefinite NPs (kein Ansatz vorhanden, der korrekte Voraussagen macht) Subordinationsphänomene (kein Ansatz vorhanden)

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 40 2. DRT Eine Einführung 2.1. Das basale Fragment I. Klassische DRT 2.1.1.Der DRS Konstruktionsalgorithmus 2.1.2.DRS-Subordination und die Relation der DRS-Zugänglichkeit 2.1.3.Generalisierte Quantoren und Duplexbedingungen 2.2. Das basale Fragment II. Lambda-DRT 2.2.1.Lambda-Konversion und Wörterbuch 2.2.2.Diskursanaphern in Lambda-DRT 2.2.3.Zusammenfassung 2.3. Die Presupposition-Binding-Theory 2.3.1.Das Projektionsproblem für Präsuppositionen 2.3.2.Präsuppositionen als Anaphern. Der Anaphoric Loop

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 41 2. DRT Eine Einführung 2.1. Das basale Fragment I. Klassische DRT (Kamp & Reyle 1993) 2.1.1. Der DRS Konstruktionsalgorithmus Ein syntaktischer Phrase-Marker wird anhand eines DRS-Konstruktionsalgorithmus in eine DRS (eine formale Sprache mit einer eindeutigen semantischen Interpretation) übersetzt. (27) John kaufte ein Buch. Es faszinierte ihn. (27a) S NP VP John V kaufte NP ein Buch

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 42 DRS-Konstruktionsregel für Eigennamen x John (x) S x VP V kaufte NP ein Buch DRS-Konstruktionsregel für indefinite NPs

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 43 S x, y John (x) Buch (y) x VP V y kaufte DRS-Konstruktionsregel für VPs x, y John (x) Buch (y) kaufte (x, y) (28) [x, y John(x), Buch(y), kaufte(x, y)]

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 44 (28) [x, y John(x), Buch(y), kaufte(x, y)] Syntax (informal) Die DRS (28) beschreibt graphisch eine abstrakte Informationsstruktur, die zwei Teile besitzt. Der eine Teil ist das Universum der DRS, der andere die Menge der Bedingungen. Eine DRS ist somit ein geordnetes Paar <U K, Con K >, das aus zwei Mengen besteht, dem Universum U K und der Menge der Bedingungen Con K. Die DRS (28) hat in ihrem Universum zwei Diskursreferenten, x und y. Ihre Bedingungen bestehen aus Eigenschaftszuschreibungen für x und y. Die Bedingungen bilden n-stellige DRS-Prädikate, die n Diskursreferenten als Argumente besitzen. (28) [x, y John(x), Buch(y), kaufte(x, y)] Semantik (informal) Um die Wahrheitsbedingungen für (28) zu formulieren, müssen wir den Begriff der korrekten Einbettung definieren: (28) besitzt eine korrekte Einbettung in ein Modell M = <D, [[ ]]>, gdw. es eine Belegungsfunktion f gibt, die die Diskursreferenten x und y auf Elemente im Bereich D abbildet, so dass f(x) John und f(y) ein Buch ist, und <f(x), f(y)> [[kaufen]]. Eine DRS K ist wahr in einem Modell M, gdw. es eine korrekte Einbettung von K in M gibt.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 45 Anmerkungen (a) Intuitiv kann man sich vorstellen, eine DRS sei eine Art kleines Modell, welches in einem größeren eingebettet wird. Wenn es möglich ist, das kleine Modell der DRS in unser angenommenes Bewertungsmodell einzubetten, dann ist die DRS bezüglich dieses Modells wahr. (b) Zu beachten ist die metasprachliche existentielle Quantifikation über Belegungsfunktionen. Diese führt dazu, dass z. B. indefinite NPs solange sie in einfachen Kontexten wie (27) auftreten ebenso wie in traditionellen Ansätzen eine existentiell quantifizierende Funktion besitzen. (28) ist daher äquivalent zu dem PL-Ausdruck (29): (29) x,y (John (x) Buch (y) kaufte (x, y)) (c) Die metasprachliche existentielle Quantifikation betrifft nur diejenigen Diskursreferenten, welche in der Basis-DRS vorkommen. Wenn indefinite NPs (die Diskursreferenten einführen) im Skopus z.b. eines anderen Quantors stehen, dann werden sie nicht als existentielle Quantoren interpretiert! (d) Einer der Vorteile von DRT liegt in der Möglichkeit, einen zusammenhängenden Diskurs darstellen zu können. Die Konstruktionsalgorithmen für einen Phrase-Marker eines Satzes S werden gewöhnlich nicht als eine Abbildung (Übersetzung) des Satzes in eine DRS beschrieben, sondern als eine Transformation einer bestehenden DRS K 1 in eine erweiterte DRS K 2 in Rücksicht auf einen Satz S: K 2 = K 1 + S. Wir haben es daher mit einem dynamischen Ansatz zu tun, der die Bedeutung eines Satzes als sein Diskursveränderungspotential beschreibt.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 46 Sehen wir uns also den folgenden kleinen zusammenhängenden Diskurs und seine Übersetzung in eine erweiterte DRS an. (27b) S x, y John (x) Buch (y) kaufte (x, y) NP VP es V NP faszinierte ihn DRS-Konstruktionsregel für Pronomen

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 47 S x, y, u, v John (x) Buch (y) kaufte (x, y) u = y v = x u VP V v faszinierte DRS-Konstruktionsregel für VPs

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 48 x, y, u, v John (x) Buch (y) kaufte (x, y) u = y v = x faszinierte (u, v) Lineare Notation [x, y John(x), Buch(y), kaufte(x, y), faszinierte(y, x)]

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 49 2.1.3. DRS-Subordination und die Relation der Zugänglichkeit CR.PRO Liegt eine der beiden Konfigurationen S VP NP VP oder V NP PRO PRO vor, dann führe die folgenden Operationen aus: 1. Führe einen neuen Diskursreferenten in das Universum der DRS ein. 2. Substituiere den NP-Knoten der auslösenden Konfiguration durch den eingeführten Diskursreferenten. 3. Füge eine Bedingung β = α ein, wobei β der neue Diskursreferent und α ein passender Diskursreferent aus dem Universum der DRS ist.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 50 Was ein passender Diskursreferent ist, wird im allgemeinen von syntaktischen, semantischen und pragmatischen Faktoren bestimmt. Im Prinzip müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: a) Die Bedingungen der Anapher β müssen eine Obermenge der Bedingungen bilden, die mit dem Antezedens α verbunden sind (semantische Identität ). b) Das Antezedens muss von der Anaphernposition aus zugänglich sein. Die Beziehung der Zugänglichkeit zwischen zwei Diskursreferenten ist entscheidend für die Thematisierung anaphorischer Beziehungen, denn ein Diskursreferent β kann nur dann durch einen Diskursreferenten α gebunden werden, wenn α für β zugänglich ist, d. h. wenn er sich in einer DRS befindet, die von der DRS, welche β enthält, erreichbar ist. (Zugänglichkeit ist ein DRS-Äquivalent für c-command bzw. Skopus.) (30) Wenn (ein Bauer) α1 (einen Esel) α2 besitzt, dann schlägt (er) β1 (ihn) β2. (30a) x, y Bauer(x) Esel(y) Besitzt(x, y) u, v u =? v =? Schlägt(u, v) [ [x, y Bauer (x), Esel (y), besitzt (x, y)] [z 1,z 2 z 1 =?, z 2 =?, schlägt (z 1, z 2 )]]

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 51 Die DRS (30a) ist eine DRS mit zwei unvollständigen Bedingungen, deren Vervollständigung einer syntaktischen Beschränkung, der Zugänglichkeit, unterliegt. Um Zugänglichkeit zu definieren benötigen wir zunächst den Begriff der DRS-Subordination, den wir rekursiv folgendermaßen definieren können: DRS-Subordination: Wenn K j Konstituente einer komplexen Bedingung von K i ist, dann ist K j subordiniert zu K i ; und wenn K n Konstituente einer komplexen Bedingung von K n-1 ist und K n-1 subordiniert zu K ist, dann ist auch K n subordiniert zu K. (Transitivität.) Der Begriff der Zugänglichkeit eines Diskursreferenten α für einen Diskursreferenten β lässt sich dann in einer rekursiven Definition formulieren: DRS-Zugänglichkeit: Wenn K = K o oder K subordiniert zu K o ist, dann gilt: (1) Wenn α, β U K, dann ist α zugänglich für β; (2) wenn K subordiniert zu K ist, β U K und α U K, dann ist α zugänglich für β; (3a) wenn α U K, β U K und K K, dann ist α zugänglich für β; (4) sonst ist α nicht zugänglich für β. Die Beschränkung besagt grob folgendes: Um alle zugänglichen Diskursreferenten α zu finden, die für einen Diskursreferenten β zugänglich sind, müssen wir in die Universen von DRSs blicken, die sich links oder superordiniert zu dem Universum befinden, in welchem β deklariert ist.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 52 Beispiele für die Relation der Zugänglichkeit (DRS-Subordination) (31) John kaufte kein Buch. (# Es liegt auf dem Tisch.) [ K1 x John (x), liegt-auf-dem-tisch (z), z =?, [ K2 y Buch (y), kaufte (x, y)]] K 1 K 2, nicht: K 2 K 1 (32) Entweder kaufte John einen Roman oder er kaufte eine Bibel. (# Stolz zeigte er sie seiner Frau.) [ K1 x John (x) [ K2 y Roman (y), kaufte (x, y)] [ K3 z Bibel (z), kaufte (x, z)]] K 1 K 2, K 1 K 3, nicht: K 2 K 3, K 3 K 2, K 2 K 1, K 3 K 1 Die Relation der Zugänglichkeit erlaubt es uns, die unvollständige DRS (30a) anhand der dritten Anweisung aus CP.PRO weiter zu entwickeln, indem wir u mit x und v mit y identifizieren, da sich diese entsprechend (3a) in der relevanten Zugänglichkeitsrelation zueinander befinden: (30a) [ [x, y Bauer (x), Esel (y), besitzt (x, y)] [z 1,z 2 z 1 =?, z 2 =?, schlägt (z 1, z 2 )]] (30b) [ [x, y Bauer (x), Esel (y), besitzt (x, y)] [u,v u = x, v = y, schlägt (u, v)]] (30c) [ [x, y Bauer (x), Esel (y), besitzt (x, y)] [ schlägt (x, y)]] (30c) ist äquivalent mit dem prädikatenlogischen Ausdruck: x, y ((Bauer (x) Esel (y) besitzt (x, y)) schlägt (x, y)) (30c) liefert uns somit die intuitiv korrekten Wahrheitsbedingungen für die problematischen Eselsätze.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 53 2.1.3. Generalisierte Quantoren und Duplexbedingungen Neuere Entwicklungen auf dem Gebiet der generalisierten Quantoren haben gezeigt, dass Quantorenphrasen der natürlichen Sprache nicht so wie der Existenz- oder Allquantor der Prädikatenlogik funktionieren. 1 Quantoren stellen im allgemeinen eine Relation zwischen zwei Mengen dar (sie sind daher Relationen zweiten Grades), nämlich der Menge von Individuen, die durch den benachbarten N-Knoten des Quantors definiert wird (Restriktor), und der Menge von Individuen, die durch die Verbalphrase determiniert wird (nuklearer Skopus). Eine quantifikationale NP gibt deshalb Anlass zu einer komplexen, tripartitiven semantischen Struktur, die (terminologisch) aus einem Operator (dem Quantor), einem Restriktor und einem nuklearen Skopus besteht. [[Operator] Det [Restriktor] N ] DP [nuklearer Skopus] VP ] S 1 Vgl. die Arbeiten zu generalisierten Quantoren in Barwise & Cooper 1981, van Benthem & ter Meulen 1985 und Gärdenfors 1987.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 54 Kamp & Reyle (1993) führen in Anlehnung an die Theorie generalisierter Quantoren ein allgemeines dreiteiliges repräsentationales DRS-Format für quantifikationale Strukturen, sog. Duplex-Bedingungen, ein. Duplex-Bedingungen werden in DRT als eine dreiteilige Struktur der Form K 1 <Q u> K 2 dargestellt, so daß K 1 und K 2 DRSs, Q ein Quantor und u der Diskursreferent ist. (33) S DP VP Det N Jeder Mann kaufte ein Buch (Operator) (Restriktor) (nuklearer Skopus) DRS-Konstruktionsalgorithmus für quantifikationale Strukturen (33a) [ [x Mann (x)] <jeder* x> [y Buch (y), kaufte (x, y)]]

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 55 Die Semantik von Duplexbedingungen Generalisierte Quantoren sind Relationen (zweiter Ordnung) zwischen Mengen von Individuen. Die Standarddefinition von jeder beispielsweise lautet jeder*(a, B) ist wahr, gdw. A B, bzw. A (A B) (33a) [ [x Mann (x)] <jeder* x> [y Buch (y), kaufte (x, y)]]... ist demnach wahr, gdw. die Menge der Männer eine Teilmenge der Individuen ist, die ein Buch kaufen. In DRT muss diese Beziehung wiederum mittels Belegungsfunktionen ausgedrückt werden: a) informal, universelle Quantifikation Eine Belegung f ist eine korrekte Einbettung für eine DRS der Form [ [K 1 ] <jeder x> [K 2 ]], gdw. wenn es eine Belegung g gibt, so dass g eine Erweiterung von f an der Stelle x ist und g eine korrekte Einbettung für K 1 liefert, und jede Erweiterung h der Belegung g eine korrekte Einbettung für K 2 liefert.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 56 b) formal, verallgemeinert M f [ [K 1 ] <Q x> [K 2 ]], gdw. <{g(x) g ist eine Erweiterung von f an der Stelle x g ist eine korrekte Einbettung von K 1 in M}, {h(x) h ist eine Erweiterung von g an der Stelle x h ist eine korrekte Einbettung von K 1 K 2 in M}> [[Q*]] M wobei Q* der generalisierte Quantor ist, der mit dem Ausdruck Q assoziiert ist, und K 1 K 2 die Vereinigung von K 1 und K 2 ist. Einige Standarddefinitionen für Determinatoren, die als generalisierte Quantoren übersetzt werden, lauten: [[jeder* (A, B)]] = w, gdw. A B [[einige* (A, B)]] = w, gdw. A B [[kein* (A, B)]] = w, gdw. A B = [[die meisten* (A, B)]] = w, gdw. A B > A B [[viele* (A, B)]] = w, gdw. A B > n

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 57 Die Darstellung von Quantoren anhand von Duplex-Bedingungen zusammen mit der gegebenen Semantik impliziert, dass ein generalisierter Quantor Q* immer der folgenden Bedingung genügt: Für jede Menge A und B gilt: Q*(A, B) Q*(A, A B) Barwise und Cooper (1981) nennen diejenigen generalisierten Quantoren, welche diese Bedingung erfüllen, Quantoren, die auf ihrem ersten Element A fortleben (live on); und sie vertreten die These, dass alle Quantoren der natürlichen Sprache diese Eigenschaft besitzen. Dies ist eine wichtige Eigenschaft generalisierter Quantoren, denn daraus folgt, dass das Material im nuklearen Skopus (dem zweiten Argument B) immer eine zusätzliche Beschreibung einer Situation ist, die schon durch den Restriktor (A) beschrieben wurde. Dies ergibt eine intuitive Erklärung dafür, warum bei der Definition der Zugänglichkeit die Diskursreferenten in der DRS K 1 zugänglich für die Diskursreferenten in der DRS K 2 sind, wenn diese Bestandteile einer komplexen DRS der Form K 1 <Q u> K 2 sind. Wir können dem gemäß die Bedingung (3a) in der Definition für die Zugänglichkeit durch die Bedingung (3b) ersetzen: (3b) wenn α U K1, β U K2 und K 1 <Q x> K 2, dann ist α zugänglich für β.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 58 Die vorgestellte klassische Version von DRT wird mit fast allen üblichen anaphorischen Phänomenen und den spezifischen Eigenschaften definiter und indefiniter NPs fertig. Desiderata die Übersetzungsalgorithmen sind nicht kompositional, sondern kontextspezifisch anaphorische Bindungen sind nur für pronominale Anaphern erklärt bisher kein Unterschied zwischen definiten und indefiniten NPs keine Erklärung der verschiedenen Subordinationsphänomene keine Möglichkeit, Präsuppositionen zu behandeln

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 59 2.2. Das basale Fragment II. Lambda-DRT (Asher 1993) 2.2.1. Lambda-Konversion und Wörterbuch - Eine kompositionale Version von DRT unter Ausnutzung des Lambda-Operators - Die semantischen Informationen werden direkt im Wörterbuch aufgelistet und statt eines komplizierten Konstruktionsalgorithmus gibt es eine einzige Operation, mit der sich ein Phrase-Marker in einem Zug in einen DRS-Ausdruck übersetzen lässt: Die Lambda-Konversion (funktionale Applikation). Funktionale Applikation Wenn δ ein verzeigter Knoten mit den Töchtern α und β ist, und wenn [[α]] eine Funktion ist, deren Bereich [[β]] enthält, dann [[δ]] = [[α]] ([[β]]).

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 60 Nomen oder Verben werden als prädikative DRS folgendermaßen repräsentiert: Mann λx[ Mann (x)] kaufte λyλx[ kaufte (y) (x)] Buch λx[ Buch (x)] Quantifikationale Determinatoren Ein quantifikationaler Determinator wie jeder führt eine komplexe subordinierte DRS mit einem deklarierten Diskursreferenten ein, der als ein Argument für eine prädikative DRS dient, welche auf eine der prädikativen DRS-Variable im Prozess der DRS-Konversion angewendet wird. jede/r/s λpλq [ [x P (x)] <jeder* x> [ Q (x)]] Det Q λpλr [ [x P (x)] <Q* x> [ R (x)]] Der indefinite Artikel Die Aufgabe des indefiniten Artikels besteht darin, einen Diskursreferenten einzuführen. Er kann daher folgendermaßen übersetzt werden: ein/e λpλq [x P (x), Q (x)]

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 61 (34) S DP VP D N V DP jeder Mann kaufte ein Buch Erster DP Knoten λpλq [ [x P (x)] <jeder* x> [ Q (x)]] (λy[ Mann (y)]) = λq [ [x Mann (x)] <jeder* x> [ Q (x)]] Zweiter DP-Knoten λpλq [y P (y), Q (y)] (λz[ Buch (z)]) = λq [y Buch (y), Q (y)] VP-Knoten λq [y Buch (y), Q (y)] (λyλx[ kaufte (y) (x)]) = λx [y Buch (y), kaufte (y) (x)] S-Knoten λq [ [x Mann (x)] <jeder* x> [ Q (x)]] (λx [y Buch (y), kaufte (y) (x)]) = (34a) [ [x Mann (x)] <jeder* x> [ Buch (y), kaufte (x, y)]]

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 62 Weitere Wörterbucheinträge Satz-Negation und Disjunktion nicht λp [ [ P]] oder λqλp [ [ P] [ Q]] Adverbiale Quantoren immer λpλq [ [ P] <immer > [ Q]] Der bestimmte Artikel Die Übersetzung des bestimmten Artikels unterscheidet sich von der des unbestimmten durch die zusätzliche Einführung einer partiellen Bedingung, die den anaphorischen Charakter zum Ausdruck bringen soll: der/die/das/ D λpλq[x P (x), Q (x), x =?]

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 63 Pronomen Pronomen sind (syntaktisch gesehen) Determinatoren, deren nominale Argumentstelle meist phonetisch leer bleibt (aber: wir Philosophen). Für die Übersetzung von Pronomen in der 3. Pers. Sg. stehen uns zwei Alternativen offen. Variante 1 Wir können den N-Knoten immer als semantisch leer ansehen und Pronomen eine einfachere Übersetzung als dem definiten Artikel geben: Variante 2 er/sie/es λq[x Q (x), x =?] Wir können das Pronomen wie einen definiten Artikel behandeln und das phonetisch leere Nomen anhand einer prädikativen DRS übersetzen, die ihre Argumente auf sich selbst abbildet. er/sie/es λpλq[x P (x), Q (x), x =?] N λx[ x] λpλq[x P (x), Q (x), x =?] (λx[ x]) λq[x Q (x), x =?] Das Resultat ist (auf Höhe des DP-Knotens) in beiden Fällen dasselbe.

Doxastische Subordination Holm Bräuer, April 2003 64 Eigennamen und definiten Kennzeichnungen bilden keine eigenständigen Kategorien: Eigennamen Während Eigennamen als Nomen regulär durch prädikative DRS übersetzt werden, liefern sie uns als DPs mit dem leerem Determinator partielle DRS, die unvollständig sind. (aber: Hast du den Peter gesehen?) DP D N D John [[John]] λx[ John (x)] [[ D ]]([[John]]) λq[x John (x), Q (x), x =?] Definite Kennzeichnungen Definite Kennzeichnungen unterscheiden sich von Eigennamen als DPs lediglich darin, dass die prädikative DRS keinen Namen, sondern ein gewöhnliches Nomen (Prädikat) enthält: [ DP [ D der] [ N Mann]] [[der]]([[mann]]) λq[x Mann (x), Q (x), x =?]