Rundschreiben 09/2018. Thema: Musterfeststellungsklage / Verbraucherrecht

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Transkript:

Rundschreiben 09/2018 Thema: Musterfeststellungsklage / Verbraucherrecht 1. Einleitung Der so genannte VW-Abgas Skandal war letztendlich Anlass, dass der Gesetzgeber ein neues zivilprozessuales Instrument eingeführt hat. Zum 1.11.2018 tritt das Gesetz zur Einführung einer Musterfeststellungsklage in Kraft. Hierzu werden verschiedene Bestimmungen, vor allem in der Zivilprozessordnung und in weiteren Gesetzen, geändert. Mit diesem Instrument bekommen Verbraucherverbände die Möglichkeit, Musterverfahren beispielsweise gegen die Hersteller von manipulierten Fahrzeugen zu führen. 2. Überblick über die wesentlichen Aspekte der Musterfeststellungsklage Mit der Musterfeststellungsklage ergibt sich für Verbraucherverbände eine neue Klagemöglichkeit gegen Unternehmen. Gedacht ist das Verfahren für Fälle, in denen eine Vielzahl von Betroffenen gegen ein bestimmtes Unternehmen Ansprüche geltend machen möchte, die auf gleichen oder zumindest weitgehend ähnlichen Sachverhalten beruhen. In dem Musterfeststellungsverfahren kann zukünftig in einem einzigen Gerichtsverfahren rechtsverbindlich geklärt werden, ob beispielsweise die Voraussetzungen für Rechtsansprüche wie z.b. Schadenersatz gegeben sind ob zwischen den beteiligten Parteien ein Rechtsverhältnis besteht, aus dem Ansprüche hergeleitet werden können In Verfahren im Zusammenhang mit dem so genannten Abgasskandal kann nunmehr beispielsweise in einem Musterfeststellungsverfahren eine Aufklärung von zahlreichen Grundsatzfragen erfolgen, die bisher Gegenstand vieler Einzelprozesse waren. Die Frage, ob beispielsweise ein Fahrzeughersteller bei bestimmten Fahrzeugmodellen eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet hat, ob die Verwendung dieser unzulässigen Abschalteinrichtung eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstellt und ob grundsätzlich sich daraus Ansprüche ergeben können, kann nunmehr in einem Musterverfahren für eine Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle geklärt werden. Bisher mussten diese Fragen in jedem Verfahren gesondert geklärt werden.

Dies führte zu erheblichem Aufwand (alleine die Erstellung eines in derartigen Verfahren grundsätzlich notwendigen Gutachtens verursacht teilweise Kosten im fünfstelligen Bereich), darüber hinaus bestand auch immer die Gefahr, dass die Gerichte gleiche Sachverhalte letztendlich unterschiedlich beurteilen, weil mit einem Sachverhalt viele Gerichte in unterschiedlichen Gerichtsbezirken befasst waren und die technischen Fragen auch von verschiedenen Sachverständigen oft auch mit unterschiedlichem Ergebnis geklärt werden. Die Musterfeststellungsklage hat zum einen Vorteile für die Verbraucher. Verbraucher, die sich zu einer Musterfeststellungsklage anmelden, müssen nicht mehr befürchten dass die Ansprüche verjähren, die Verjährung wird durch die Klage gehemmt. Darüber hinaus können die im Urteil einer Musterfeststellungsklage getroffenen Feststellungen von den Verbrauchern, die sich an dem Verfahren beteiligt haben, für ihren eigenen Prozess verwendet werden, da diese Feststellungen für Folgeprozess bindend sind. Darüber hinaus ist das Verfahren für den Verbraucher, der sich zu einer Musterfeststellungsklage anmeldet, kostenfrei. Auch für Unternehmen bringt die Musterfeststellungsklage Vorteile. Grundsätzliche Fragen können in einem Verfahren geklärt werden, auch für die Unternehmen verringert sich das wirtschaftliche Risiko, mit einer Vielzahl von Einzelverfahren überzogen zu werden oder sich Sammelklagen großer kommerzieller Rechtsdienstleister ausgesetzt zu sehen. Voraussetzung ist allerdings, dass das Verfahren von einer qualifizierten Einrichtung geführt wird. Dies sind Verbände, die in speziellen Listen (entweder in einer Liste nach 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder im Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Art. 4 der Richtlinie über Unterlassungsklagen zum Schutze der Verbraucherinteressen) eingetragen sind. Der klagende Verband bzw. die klagende Einrichtung muss darüber hinaus entweder mindestens 10 im gleichen Aufgabenbereich tätige Mitgliedsverbände oder alternativ mindestens 350 natürliche Personen als Mitglieder haben. 2

Der Verband muss mindestens 4 Jahre in einer der genannten Listen eingetragen sein und muss als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung von Verbraucherinteressen durch nicht gewerbsmäßige aufklärende oder beratende Tätigkeit wahrnehmen. Darüber hinaus dürfen Musterfeststellungsklagen nicht zum Zweck der Gewinnerzielung erhoben werden. Der klagende Verband darf weiter nicht mehr als 5 % der finanziellen Mittel durch Zuwendungen von Unternehmen beziehen. Voraussetzung ist weiter, dass der klagende Verband glaubhaft macht, dass mindestens 10 Verbraucher von denselben Fall betroffen sind. Nach einer öffentlichen Bekanntgabe der Musterfeststellungsklage müssen sich innerhalb von 2 Monaten mindestens 50 Verbraucher im so genannten Klageregister wirksam angemeldet haben. Das Klageregister wird beim Bundesamt für Justiz errichtet. Aus dem Klageregister ergibt sich, bezüglich welcher Sachverhalte ein Musterfeststellungsverfahren geführt wird. Bezüglich der näheren Ausgestaltung dieses Registers wird durch das Bundesjustizministerium noch eine Rechtsverordnung erlassen werden. Wer an einem Musterfeststellungsverfahren teilnehmen will, muss sich in das Klageregister beim Bundesamt für Justiz eintragen. Mit der Eintragung nimmt der sich Eintragende am Verfahren teil. 3. Ablauf des Musterfeststellungsverfahrens Zunächst wird die Klage von dem klagenden Verband bei Gericht eingereicht und an den / die Beklagten zugestellt. Danach erfolgt die Eintragung im Klageregister. Ab Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage bis zum Ablauf des Tages vor dem 1. Termin im Verfahren können sich betroffene Verbraucher anmelden, diese Anmeldung kann auch zurückgenommen werden. Die Musterfeststellungsklage wird zulässig, wenn innerhalb von 2 Monaten nach Bekanntmachung mindestens 50 betroffene Verbraucher sich angemeldet haben. 3

Das Musterfeststellungsverfahren wird dann allerdings nur zwischen dem klagenden Verband und dem Unternehmen geführt. Hier gelten dann die ganz normalen allgemeinen Regelungen der Zivilprozessordnung. Die vom Verbraucher, die sich für das Verfahren angemeldet haben, gelten nicht als Verfahrensbeteiligte. Dies bedeutet dass sie kein Prozesskostenrisiko (Kosten!) tragen und beispielsweise auch als Zeugen vernommen werden können. Das Musterfeststellungsverfahren kann wie jedes Zivilverfahren durch einen Vergleich oder ein Urteil beendet werden. Kommt es zu einem Urteil, wird in dem Urteil das Bestehen oder Nichtbestehen bestimmter Rechtsverhältnisse und / oder Tatsachen festgestellt. Beispielsweise könnte in einem Verfahren bezüglich der Abgasmanipulationen von Dieselfahrzeugen das Gericht in seinem Urteil feststellen, dass der betroffene Autohersteller vorsätzlich und bewusst rechtswidrig manipulierte Abgasreinigungsanlagen zum Einsatz gebracht hat. Das Verfahren kann auch durch einen Vergleich erledigt werden, mit welchem beispielsweise Einigkeit über die Feststellung bestimmter Tatsachen erzielt wird, möglicherweise aber auch Leistungen an die zum Verfahren angemeldeten Verbraucher vereinbart werden. Aus dem Musterfeststellungsverfahren können die angemeldeten Verbraucher (sofern es nicht zu freiwilligen Leistungen des Unternehmens kommt) keine direkten Ansprüche ableiten. Die Erwartung, mit einem Verfahren ähnlich der Sammelklage, die es in anderen Rechtssystemen gibt, schnell und ohne Kostenrisiko direkt zu Geld zu kommen, wird durch die Musterfeststellungsklage nicht erfüllt. Die konkreten individuellen (finanziellen) Ansprüche müssen auf der Grundlage der im Musterfeststellungsverfahren festgestellten Tatsachen und Rechtsverhältnisse vom einzelnen Betroffenen geltend gemacht werden. Anspruchsvoraussetzungen, die jeder einzelne noch zusätzlich darzulegen hat (beispielsweise bestehende einzelne vertragliche Vereinbarungen oder ähnliches) müssen dann in diesem Verfahren geklärt werden. Hierzu stehen dann sämtliche auch bisher zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel zur Verfügung, also beispielsweise die Anrufung außergerichtlicher Schlichtungsstellen, die Durchführung eines gerichtlichen Mahnverfahrens oder die Erhebung einer Zivilklage. Erst in diesem Verfahren fallen dann auch Kosten für den einzelnen an (die nach den allgemeinen Vorschriften auf die Beteiligten entfallen). 4

4. Details zu einzelnen Regelungen 4.1. Zuständiges Gericht, Gerichtsstand Zuständig für Musterfeststellungsverfahren sind grundsätzlich die Oberlandesgerichte. Das Verfahren ist an dem für den Firmensitz des beklagten Unternehmens zuständigen Oberlandesgericht zu führen. Die einzelnen Bundesländer können auch ein Oberlandesgericht oder ein oberstes Landesgericht bestimmen, welches für den Bezirk mehrerer Oberlandesgerichte die Zuständigkeit für Musterfeststellungsverfahren bekommt. 4.2. Klagebefugnis Wie schon erwähnt, ist Voraussetzung einer zulässigen Musterfeststellungsklage, dass diese von einer qualifizierten Einrichtung, also einem entsprechend qualifizierten Verband, der die Voraussetzungen des 606 Abs. 1 BGB erfüllt, erhoben wird. Der Verband muss mindestens zehn Verbände im gleichen Aufgabenbereich oder mindestens 350 natürliche Personen als Mitglieder haben mindestens vier Jahre in der Liste nach dem Unterlassungsklagengesetz oder dem Verzeichnis der europäischen Kommission über Unterlassungsklagen zum Schutze der Verbraucherinteressen eingetragen sein in Erfüllung der satzungsgemäßen Aufgaben Verbraucherinteressen weitgehend durch nicht gewerbsmäßige aufklärende oder beratende Tätigkeit wahrnehmen Musterfeststellungsklagen nicht zum Zweck der Gewinnerzielung erheben und nicht mehr als 5 % der finanziellen Mittel durch Zuwendungen von Unternehmen beziehen. Die Voraussetzungen müssen in der Klageschrift dargelegt werden. Weiterhin ist in der Klageschrift darzulegen, dass von den Feststellungszielen die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens zehn Verbrauchern abhängen. 5

Nur unter diesen Voraussetzungen ist die Klage überhaupt zulässig, weiter ist erforderlich, dass sich mindestens 50 Verbraucher der Klage durch Eintragung in das Klageregister anschließen. Einer Musterfeststellungsklage können sich nur Verbraucher anschließen. Verbraucher ist nach 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden können. Freiberufler und Gewerbetreibende im Rahmen ihrer selbstständigen / freiberuflichen Tätigkeit, Unternehmen usw. können sich der Musterfeststellungsklage nicht anschließen. Grundsätzlich besteht wohl aber die Möglichkeit, zwischen den Streitparteien eines Verfahrens zu vereinbaren, dass das Ergebnis eines von einer Verbraucherorganisation angestrebten Musterfeststellungsverfahrens einem Verfahren zugrunde zu legen, dass beispielsweise zwischen zwei Unternehmen anhängig ist. Dies muss aber vereinbart werden, eine Bindungswirkung vom Gesetz her gibt es nicht. 4.3. Bekanntmachung, Anmeldung, Klageregister, Aussetzung von Verfahren Beim Bundesamt für Justiz wird das Klageregister als Register für Musterfeststellungsklagen geführt. Die Einsicht in das Klageregister ist unentgeltlich. Zu einem Klageverfahren angemeldete Verbraucher können Auskunft über die zu ihrer Anmeldung erfassten Angaben verlangen. Das Bundesamtes für Justiz hat dem Gericht auf Anforderung ein Auszug aller im Klageregister zu einer Musterfeststellungsklage erfassten Angaben über Personen, die sich fristgerecht für zur Eintragung angemeldet haben, zu erteilen. Das Gericht übermittelt eine Abschrift des Auszuges an die Parteien. Die Parteien können einen schriftlichen Auszug aller im Klageregister erfassten Angaben über die Personen, die sich fristgerecht angemeldet haben, anfordern. 6

Nach Einreichung und Zustellung der Klage ist diese im Klageregister öffentlich bekanntzumachen. Die öffentliche Bekanntmachung ist vom zuständigen Gericht innerhalb von 14 Tagen nach Klageerhebung zu veranlassen, wenn die Klageschrift die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt. Im Klageregister sind alle notwendigen Angaben zur Klage, zum Verfahren und dessen Folgen zu veröffentlichen. Darüber hinaus hat das Gericht die öffentliche Bekanntmachung von Terminsbestimmungen, Hinweisen und Zwischenentscheidungen im Klageregister zu veranlassen, wenn dies zur Information der Verbraucher, die sich dem Verfahren angeschlossen haben, erforderlich ist. Die öffentliche Bekanntmachung von Terminen muss spätestens eine Woche vor dem Terminstag erfolgen. Wird das Musterfeststellungsverfahren beendet, ist dies ebenfalls unverzüglich im Klageregister zu veröffentlichen. Bis zum Ablauf des Tages vor Beginn des 1. Termins in dem Musterfeststellungsverfahren können sich Verbraucher zur Eintragung in das Klageregister anmelden, wenn ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von den Feststellungszielen der Klage abhängen. Für die Anmeldung ist die Angabe von Name und Anschrift des Verbrauchers Bezeichnung des Gerichts und des Aktenzeichens der Musterfeststellungsklage Bezeichnung des Beklagten des Musterfeststellungsverfahrens Gegenstand und Grund des Anspruchs oder des Rechtsverhältnisses des Verbrauchers erforderlich. Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben sind zu versichern die Angaben zum Betrag der Forderung sollen in der Anmeldung enthalten sein. Eine inhaltliche Prüfung erfolgt nicht. Die Anmeldung kann bis zum Ablauf des Tages der mündlichen Verhandlung in der 1. Instanz zurückgenommen werden. Sowohl die Anmeldung als auch die Rücknahme müssen in Textform erfolgen. 7

Soweit ein Verbraucher bereits vor Bekanntmachung des Musterfeststellungsverfahrens im Klageregister eine Klage gegen den Beklagten erhoben hat, setzt das für dieses Verfahren zuständige Gericht das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung bzw. zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahren aus, wenn der Verbraucher sich zu dem Musterfeststellungsverfahren anmeldet. Das Verfahren bleibt ausgesetzt, bis das Musterfeststellungsverfahren beendet ist oder der Verbraucher seine Anmeldung zurücknimmt. 4.4. Besonderheiten der Musterfeststellungsklage Eine Musterfeststellungsklage schließt die Erhebung weiterer Musterfeststellungsklagen gegen den gleichen Beklagten aufgrund desselben Lebenssachverhalts und derselben Feststellungszielen aus, solange das Verfahren nicht ohne Entscheidung in der Sache beendet wird. Solange eine Musterfeststellungsklage anhängig ist, kann ein hierzu angemeldeter Verbraucher aufgrund des gleichen Streitgegenstandes und des gleichen Lebenssachverhalts und der gleichen Feststellungsziele keine Klage erheben. Im Wesentlichen gelten im Übrigen für das Verfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung. 4.5. Vergleich Wird zwischen den Parteien des Musterfeststellungsverfahrens ein Vergleich abgeschlossen, kann dieser auch mit Wirkung für und gegen die angemeldeten Verbraucher geschlossen werden. Das Gesetz sieht insbesondere Regelungen vor, was in einem Vergleich enthalten sein soll. Ein Vergleichsabschluss bedarf anders als im regulären Zivilverfahren der Genehmigung durch das Gericht. Das Gericht hat zu prüfen, ob der Vergleich unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes als angemessene Beilegung des Streits zu erachten ist. 8

Soweit das Gericht den Vergleich genehmigt, wird den zu diesem Zeitpunkt angemeldeten Verbrauchern der der genehmigte Vergleich mit einer Belehrung über dessen Wirkung, über die Möglichkeit zum Austritt aus dem Vergleich und die hierzu geltenden Form- und Fristvorschriften zugestellt. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des genehmigten Vergleichs kann jeder angeschlossene Verbraucher seinen Austritt aus dem Vergleich erklären. Dies muss dem Gericht gegenüber schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Mit dem Austritt vom aus dem Vergleich wird allerdings die Anmeldung zur Musterfeststellungsverfahren nicht gegenstandslos. Der Anschluss gilt vielmehr weiter. Ein vom Gericht genehmigter Vergleich wird nur wirksam, wenn weniger als 30 % der angemeldeten Verbraucher ihren Austritt aus dem Vergleich erklären. In diesem Fall stellt das Gericht durch Beschluss die Wirksamkeit des Vergleichs fest. Der Vergleich wirkt dann auch für und gegen die angemeldeten Verbraucher, die den Austritt nicht erklärt haben. 4.6. Bekanntmachung und Bindungswirkung des Musterfeststellungsurteils Ein Musterfeststellungsurteil ist nach seiner Verkündung im Klageregister öffentlich bekanntzumachen. Öffentlich bekanntzumachen ist auch die Einlegung eines Rechtsmittels gegen das Musterfeststellungsurteil, ebenso die Rechtskraft des Urteils. Das Musterfeststellungsurteil bindet jedes Gericht, das in einem Rechtsstreit zwischen einem angemeldeten Verbraucher und dem Beklagten zu entscheiden hat, soweit dessen Entscheidung die Feststellungsziele und den Lebenssachverhalt des Musterfeststellungsverfahrens betreffen. Die Bindungswirkung fällt aber weg wenn der angemeldete Verbraucher seine Anmeldung wirksam zurückgenommen hat. 9

4.7. Rechtsmittel Gegen ein Musterfeststellungsurteil findet die Revision statt. Das Gesetz geht davon aus, dass Musterfeststellungsverfahren stets grundsätzliche Bedeutung haben und deshalb eine Revision grundsätzlich zulässig ist. 4.8. Verjährungshemmung Ein Musterfeststellungsverfahren hat verjährungshemmende Wirkung. Die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Verbraucher im Klageregister wirksam angemeldet hat, hemmt die Verjährung der Ansprüche des Verbrauchers, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zu Grunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage. Während des Laufes des Musterfeststellungsverfahrens tritt somit keine Verjährung der Ansprüche ein. Erst nach Abschluss des Musterfeststellungsverfahrens läuft die Verjährung weiter. Bei einer Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister endet die Verjährungshemmung 6 Monate nach Rücknahme der Anmeldung. 10